Japanische Touristen bleiben weg Blogger lernen Leipzigs

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Japanische Touristen bleiben weg
Für dieses Jahr sind alle Buchungen im Auerbachs Keller storniert – auch eine Folge der Legida-Demos
n Die Auswirkungen der Legida-Demonstrationen und der Ausschreitungen durch Linksautonome auf die Geschäfte von Leipziger Unternehmern
werden immer deutlicher. Jetzt ist
auch der Tourismus betroffen. Im
Auerbachs Keller haben die japanischen Reiseveranstalter für alle angemeldeten Reisegruppen ihre Buchungen storniert. Das erklärte Bernhard
Rothenberger, Chef des traditionsreichen Restaurants, während eines Pressetermins des Deutschen Hotel- und
Gaststättenverbands (Dehoga) unlängst in Dresden.
Die Bilder aus Leipzig sind längst um die
Welt gegangen. Während einer der vergangenen Legida-Demonstrationen war
auch ein japanisches Fernsehteam vor Ort.
Das zeigt offenbar Wirkung. Und auch die
allgemeine Sicherheitslage in Deutschland
wird in Japan sensibel eingeschätzt. Das
japanische Außenministerium hat zwar
keine formelle Reisewarnung ausgesprochen. Dennoch wird zu besonderer Vorsicht bei Reisen aufgerufen – allerdings
nicht wegen Pegida/Legida, sondern wegen
der Terrorgefahr. Gewarnt wird auf der
Homepage des japanischen Außenministeriums vor großen Menschenansammlungen. Verwiesen wird auf den AntiterrorEinsatz in Bremen, Drohungen gegen den
Karnevalsumzug in Braunschweig, PegidaDemonstrationen in Dresden und
Deutschland als potenziellem Ziel islamistischer Terror-Organisationen.
„Wir Deutschen sind härter im Nehmen“,
sagt Bernhard Rothenberger. Auf einen Japaner würden Bilder von Gewalt und Zerstörung ganz anders wirken. Etwa 4000 bis
5000 Gäste aus dem ostasiatischen Land
kommen normalerweise jedes Jahr in den
Auerbachs Keller – bei rund 350 000 Gästen insgesamt. Kein ganz großer Einschnitt,
trotzdem fehlen dem Unternehmer die
treuen Kunden. „Der Imageschaden für
Leipzig ist aber ein ganz anderer.“ Rothen-
Japanische Reisegruppen gehören zum Bild der Stadt. Werden die Touristen aus Fernost jetzt weniger?
berger geht dennoch davon aus, dass sich
die Lage wieder beruhigt.
Der Wirt hat aus seiner Buchhaltung Vergleichszahlen gezogen und alle Tage mit Legida-Demonstrationen den entsprechenden
Tagen im Vorjahr gegenübergestellt. Unter
dem Strich sind durch das Demo-Geschehen 30 Prozent weniger Gäste gekommen,
der Umsatz ist um 39 Prozent gesunken. An
manchen Demo-Tagen liegt der Umsatzverlust bei 65 Prozent im Vergleich zum gleichen Tag im Vorjahr.
Auf der internationalen Tourismusmesse
ITB in Berlin sei Legida in Gesprächen mit
der japanischen Niederlassung der Deutschen Zentrale für Tourismus kein Thema
gewesen, beruhigt Volker Bremer, Geschäfts-
führer der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH (LTM), der aber ebenfalls hofft,
dass sich das Thema bald erledigt hat. Denn:
2014 lag Japan mit 12 690 Übernachtungen
(plus 8,7 Prozent) in den Top 10 der Leipziger Auslandsmärkte. Der Anteil der japanischen Übernachtungen liegt bei 0,45 Prozent an den Gesamtübernachtungen von 2,8
Millionen. Für den Wirtschaftsfaktor Tourismus sei von Bedeutung, ob Kongressentscheider sich aus Imagegründen für andere Kongress- und Tagungsstandorte
außerhalb Sachsens entscheiden, so LTMChef Bremer. „Da Kongresse aber langfristig
geplant werden und für die nächsten Jahre
zum Teil bereits terminiert sind, sind hier
Auswirkungen erst ab 2017 zu erwarten.“
Foto: Volkmar Heinz
Von der fernöstlichen Skepsis offenbar nicht
betroffen ist das internationale Bachfest, das
vom 12. bis 21. Juni in Leipzig stattfindet
und traditionell viele Besucher aus Japan
anlockt. Der Vorverkauf laufe sehr gut, sagte
eine Sprecherin des Festivals. Viele ausländische Gäste hätten schon Ende 2014 gebucht,
lange vor den Legida-Demos. Stornierungen
aus Japan aufgrund der politischen Situation
seien ihr nicht bekannt. Vergangenes Jahr
waren 65 000 Besucher aus 32 Nationen zu
den Konzerten des Bachfestes nach Leipzig
gekommen. Am stärksten waren neben nationalen Besuchern Gäste aus den USA, Australien, der Schweiz, den Niederlanden,
Großbritannien, Kanada und Japan vertreten.
Björn Meine, Klaus Staeubert
Blogger lernen Leipzigs lukullische Szene kennen
15 Web-Autoren aus Leipzig und ganz Deutschland beim ersten Leipziger Greenwalk
n „Leben, um davon zu erzählen“,
heißt es bei Gabriel García Márquez.
„Essen, um davon zu bloggen“, hieß
es Mitte März für 15 Foodblogger, die
sich einen ganzen Tag lang durch acht
Leipziger Cafés und Restaurants gefuttert haben, um online live darüber
zu berichten. Blogger-Events heißen
solche Treffen, bei denen sich die gut
vernetzten Online-Autoren in der
realen Welt treffen.
Die Idee zum Greenwalk haben die Master-Studentinnen und Wahl-Leipzigerinnen Liv Rothhaar, Julia Horti, Dinah
Braun und Lucy Sonnet als Seminarprojekt an der Universität Halle entwickelt
und umgesetzt.
Im Café Goodies in der Nikolaistraße bot sich
an jenem Sonnabend Mitte März ein merkwürdiges Bild: Anstatt zu essen, hantieren die
Gäste mit Kameras und Smartphones über
LIEBIGSTRASSE AKTUELL
|
ihren Tellern. „Wie schmeckt das Dessert?“,
auch für Klassiker aus Omas Hausschatz befragt eine junge Frau und schaut durch ihre
geistern sich Autoren und Leser. „Ich suche
Kamera auf die kleinen Kostproben aus Cedie goldene Mitte. Ich bin ganz scharf auf die
realien, Joghurt und Früchten. „Keine Ahalten Rezepte meiner Großmutter, interpretienung, ich muss erst mal posten“, lautet die
re sie aber gerne neu“, erklärt Mara Hörner.
Antwort der Tischnachbarin, die gerade konDie 34-Jährige aus Karlsruhe betreibt schon
zentriert auf ihrem
Telefon tippt.
„Foodblogger“ nennen sich Autorinnen
und Autoren, die
meist auf eigenen
Webseiten
(Blogs)
aber auch in sozialen
Medien wie Facebook
oder Instagram rund
ums Essen (Food),
Kochen und Genießen berichten. Im
Trend liegen vegane
und vegetarische
Foto: W. Zeyen
Kreationen, aber Die Blogger beim Leipziger Greenwalk.
seit einigen Jahren ihren eigenen Foodblog als
Hobby. „Dort kann ich mich ausleben und
auch mal flapsig sein“, so die Rechtsanwältin,
„es geht auch viel um persönliche Dinge, Erlebnisse und Erinnerungen, die man mit dem
Essen hat.“
Dass ein Foodblog mehr als eine Rezeptesammlung im Internet ist, bestätigt auch die
25-jährige Liv Rothhaar: „Es ist eher wie ein
öffentliches Tagebuch.“ Valeen Kölling vom
Café Goodies fand die Idee sofort überzeugend: „Wir haben ja neu eröffnet und das ist
eine gute Gelegenheit, uns vorzustellen“, so
die 25-Jährige. „Ein Blogger-Event hatten wir
selbst in Berlin noch nicht, wo wir mit dem
Café angefangen haben.“
Ob es eine weitere Auflage des Greenwalks geben wird, ist ungewiss. „Die Blogger haben
uns schon gelöchert, wann das nächste Treffen
ist“, erzählt Julia Horti, „doch wir müssen erst
einmal die Masterarbeit schreiben, bevor wir
das nächste Projekt angehen“. Roman Kreusch