— AUSGABE 27 — - Concunia GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
› Editorial
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
In unserem ersten „Concunia-Public“ für das Jahr 2015 möchten wir
Ihr Augenmerk insbesondere auf aktuelle Entwicklungen im Haushaltsund Rechnungswesen lenken. Entwicklungen aus unterschiedlichen
Bereichen zeigen die Dynamik in diesem Bereich.
Andreas Jürgens
Geschäftsführer
Wirtschaftsprüfer und
Steuerberater
Des Weiteren haben wir auch diesmal aktuelle Entscheidungen und
Entwicklungen aus dem Bereich des Steuerrechts für Sie zusammengestellt und aufgearbeitet.
Im Bereich der Entsorgung weisen wir darauf hin, dass für einen Abwasserbetrieb auch die Erstattung aus Strom- und Energiesteuer möglich ist.
Auch verschiedene rechtliche Themen haben wir weiterhin für Sie zusammengestellt.
Wir wünschen Ihnen hierbei eine erkenntnisreiche Lektüre!
Ihr Concunia-Team
1
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
› Inhalt
S. 03
Führung und Steuerung
1. Neuer Leitfaden für Compliance-Management-Systeme
S. 03
Haushalts-und Rechnungswesen
1. Reform des HGB durch das BilRUG – mehr als nur eine Rechnungslegungsreform
2. Kredite und kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Gemeinden und Gemeindeverbände
3. Entwurf des Gesetzes zur Beschleunigung der Aufstellung kommunaler Gesamtabschlüsse in NRW
4. Aufgabe der Obergrenze des Schweizer Franken – Konsequenzen für den Jahresabschluss 2014
5. Bundestag zu europäischen Rechnungslegungsstandards
6. Änderung des Ansammlungszeitraums bei der Ansammlungsrückstellung
(BFH-Urteil vom 03.07.2014)
S. 07
Steuern
1. Leistungsaustausch zwischen Kommunen im Zusammenhang mit der Errichtung
von „Park-and-Ride“-Stellplätzen
2. Steuerbefreiung für Zuschüsse für Mensa
3. BMF aktualisiert Ausführungen zu Kapitalerträgen aus Betrieben gewerblicher Art
4. Umsatzsteuerliche Beurteilung der Verpachtung dauerdefizitärer Einrichtungen
durch jPdöR
5. BFH-Entscheidung zum Vorsteuerabzug einer Gemeinde aus der Lieferung eines
Fahrzeugs, welches die Gemeinde sowohl hoheitlich als auch unternehmerisch
verwendet
6. Betrieb von Stadthallen u. ä. nicht begünstigte Dauerverlustgeschäfte
7. Regelbesteuerung bei Schwimmbädern
S. 12
Ver- und Entsorgung
1. Rückstellungen wegen Kostenüberdeckungen nach dem Kommunalabgabengesetz
(KAG) für das Land NRW
2. Strom- und Energiesteuererstattungen: Finanzgericht bestätigt Abwasserentsorgungsunternehmen als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes
S. 13
Recht
1. Eckpunkte für neues Vergaberecht
(Beschluss des Bundeskabinetts vom 07.01.2015)
2. Mindestlohn – Anrechnung von Zulagen, Zuschlägen und anderen Vergütungsbestandteilen
3. Mindestlohn – Aufzeichnungspflichten
4. Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit in NRW
5. Änderung der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
6. Die Übernahme von Jahresfehlbeträgen sowie von Bürgschaften durch einen Landkreis für Kliniken des Kreises verstößt nicht gegen das europäische Beihilferecht
(Urteil des OLG Stuttgart vom 20.11.2014).
2
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
› Führung und Steuerung
1.
Neuer Leitfaden für Compliance-Management-Systeme
Am 15.12.2014 ist der Leitfaden für Compliance-Management-Systeme von der internationalen Organisation für Normung (ISO) in Kraft getreten. Durch die Norm soll Unternehmen und Organisationen geholfen werden, regelwidriges Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitern zu vermeiden.
Zentraler Aspekt des Compliance-Managements ist die Risikobewertung. Demnach
haben die Verantwortlichen die Wahrscheinlichkeit des Eintretens von ComplianceVerstößen zu bewerten und gegen identifizierte Risiken entsprechende Maßnahmen
zu ergreifen.
Zentraler Aspekt ist die
Risikobewertung
Zwar handelt es sich bei dem Leitfaden um kein verbindliches Regelwerk, sondern nur
um eine Empfehlung, aber voraussichtlich werden sich diese bald zu einem Maßstab
für den Pflichtumfang von Führungskräften entwickeln.
Bei dem Umfang des Compliance-Management-Systems stellt der Leitfaden klar auf
die Größe, Struktur, Natur und Komplexität der jeweiligen Organisation ab.
› Haushalts-und Rechnungswesen
1.
Reform des HGB durch das BilRUG – mehr als nur eine Rechnungslegungsreform
Die Überarbeitung des BilRUG auf Basis des Reg-E (Regierungsentwurf) im Vergleich
zum Ref-E (Referentenentwurf) hat bei vielen für eine Überraschung gesorgt. Die Änderungen sind zwar in Art und Umfang vielschichtig, dennoch ist positiv herauszustellen, dass der Gesetzgeber von der Umsetzung zahlreicher Änderungen, die durch RL
2013/34/EU möglich wären, abgesehen hat. So wurde bspw. von der Kodifikation des
Grundsatzes der Wesentlichkeit oder wirtschaftlichen Betrachtungsweise sowie zulässigen Bewertung auf Neubewertungsbasis und einer Ausdehnung der ZeitwertBilanzierung abgesehen. Hinsichtlich der Bewertungsvorgaben ist der deutsche Gesetzgeber der bereits eingeschlagenen Linie durch das BilMoG treu geblieben. Insofern werden sich aus der Umstellung auf das HGB in der Fassung des BilRUG (spätestens für das Geschäftsjahr 2016) keine Bewertungseffekte ergeben.
Gesetzgeber hat nicht
alle möglichen Änderungen umgesetzt
Keine Bewertungseffekte
Allerdings werden zukünftig zahlreiche Anpassungen in der Berichterstattung und der
Abgrenzung einzelner Posten notwendig sein. Die neuen definitorischen Abgrenzun-
3
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
gen und Auswirkungen auf die Darstellung im Jahres- und Konzernabschluss verdeutlichen, dass das BilRUG mehr als eine Rechnungslegungsreform ist. Zum einen werden sich künftig insbesondere Art und Umfang der Umsatzerlöse ändern. Zum anderen kommt es, auf Grund des Wegfalls von außerordentlichen Sachverhalten und des
Ausweises von BilMoG-Beträgen, zu einer neuen Definition des EBIT. Dies hat zur
Folge, dass ggf. Kreditverträge oder Vergütungsvereinbarungen anzupassen sind.
Änderung Definition
Umsatzerlöse
Im weiteren Gesetzesverlauf ist mit keinen wesentlichen Anpassungen mehr zu rechnen. Nach Möglichkeit sollte der Gesetzgeber die Umsetzungsfrist nicht bis zum
20.07.2015 ausnutzen, sondern vorher Rechtssicherheit schaffen. Insbesondere betrifft dies die vorzeitige Anwendung der erhöhten Schwellenwerte für das Geschäftsjahr 2014.
2.
Kredite und kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Gemeinden und Gemeindeverbände
Im Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales (34-48.05.01/02 – 8/14
– vom 16.12.2014) werden Neuerungen bei den Krediten für Investitionen und zur
Umschuldung sowie den Krediten zur Liquiditätssicherung (vgl. 89 GO NRW) erläutert.
Auf redaktionelle Änderungen wird im Folgenden nicht eingegangen.
Bei den Kreditkosten der Kredite für Investitionen und zur Umschuldung ist die Zinsbelastung von entscheidender Bedeutung. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist
beim Abschluss und während der Laufzeit eines Kredites immer auf die mögliche Zinsentwicklung und auf eine ausgewogene Strukturierung des Schuldenportfolios zu
achten. Dies ermöglicht es den Gemeinden, auf Zinsänderungsrisiken bzw. -chancen
hinreichend reagieren zu können. Gemeinden sind im Rahmen der Investitionsförderung haushaltsrechtlich dazu befugt, Kredite aufzunehmen und ihre Beteiligung zur
Verfügung zu stellen. Dies stellt nach Auffassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht keine Bankgeschäfte im Sinne des Kreditwesengesetzes KWG dar.
Das Konzernprivileg nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG ist anwendbar, unter der Voraussetzung, dass eine Allein- oder Mehrheitsgesellschafterstellung der Gemeinde als Mutter
oder die Verpflichtung zur Vollkonsolidierung in den Gesamtabschluss nach § 116
Abs. 2 und 3 GO NRW i. V. m. § 50 GemHVO NRW besteht. Bei der Weitergabe von
Krediten sind die Vorgaben des europäischen Rechts für staatliche Beihilfen und steuerliche Auswirkungen zu beachten.
Bei der Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung ist die Bildung eines Liquiditätsverbundes (Cashpooling) möglich. Ein Liquiditätsverbund bedeutet, dass die Gemeinde und ihre Beteiligungen die jeweils zur Verfügung stehende Liquidität auf einem
gemeinsamen Konto zusammenführen. Das Einrichten steht unter dem Vorbehalt der
Wirtschaftlichkeit nach § 75 Abs. 1 GO NRW. Der Liquiditätsverbund ist nicht als erlaubnispflichtiges Bankgeschäft zu bewerten. Das Anwenden des Konzernprivilegs
nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG ist unter der o. g. Voraussetzung zulässig. Es ist des Wei-
Ausgewogene Strukturierung des Schuldenportfolios
Konzernprivileg ist
anwendbar
Cashpooling möglich
4
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
teren zulässig, selbständige gemeindliche Unternehmen und Einrichtungen der Gemeinde in den Liquiditätsverbund aufzunehmen, sofern die finanzwirtschaftliche Verantwortung nicht alleine von der Gemeinde getragen wird. Risiken und Chancen müssen hierbei benannt, zugeordnet, bewertet und abgewogen werden. Die organisatorischen Verantwortlichkeiten trägt die Gemeinde. Werden Dritte in den Liquiditätsverbund aufgenommen, ist eine wirksame Kontrolle den Dritten gegenüber sicherzustellen. Insgesamt darf die Einrichtung eines Liquiditätsverbundes nicht zu einem
Überschreiten des in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrages an Krediten
zur Liquiditätssicherung führen. Der Höchstbetrag ergibt sich nach dem Grundsatz
realistischer Planung.
3.
Entwurf des Gesetzes zur Beschleunigung der Aufstellung kommunaler Gesamtabschlüsse in NRW
Der Gesetzesentwurf der Landesregierung NRW zum „Gesetz zur Beschleunigung der
Aufstellung kommunaler Gesamtabschlüsse“ sieht vor, dass die Anzeige des Gesamtabschlusses des Haushaltsjahres 2015 die Gesamtabschlüsse der Haushaltsjahre
2011 bis 2014 enthalten muss, soweit diese noch nicht der Aufsichtsbehörde angezeigt wurden. Die Gesamtabschlüsse der Jahre 2011 bis 2014 können in der Form der
vom Bürgermeister nach § 116 Abs. 5 i. V. m. § 95 Abs. 4 Gemeindeordnung für das
Land Nordrhein-Westfalen bestätigten Entwurfsfassung beigefügt werden. Der Rat ist
hierüber zu unterrichten. Somit erfolgt faktisch eine Freistellung von der Prüfungspflicht für Jahre 2011 bis 2014.
4.
Aufgabe der Obergrenze des Schweizer Franken – Konsequenzen für den Jahresabschluss 2014
Durch die am 15.01.2015 getroffene Entscheidung der Schweizer Nationalbank wird
die Koppelung des Schweizer Franken an den Euro aufgegeben. Für den Jahresabschluss 2014 stellt sich ein wertbegründendes Ereignis dar, da es bei der Bewertung
auf den Kurs ankommt, zu dem am Stichtag tatsächlich Markttransaktionen stattfinden
(können). Eine Wertaufhellung kann insofern nicht vorliegen. Eine Berücksichtigung im
Jahresabschluss 2014 kann daher für die Bewertung nicht erfolgen. Eine Angabe im
Lagebericht erachten wir für geboten, soweit die Körperschaft davon betroffen ist.
5.
wertbegründendes
Ereignis
Bundestag zu europäischen Rechnungslegungsstandards
Am 05.03.2015 wurde die Beschlussempfehlung der EU-Kommission zur Einführung
harmonisierter Rechnungslegungsstandards für alle öffentlichen Ebenen in der EU
(EPSAS) einstimmig vom Deutschen Bundestag beschlossen.
Das bisherige Ziel der EU-Kommission, qualitativ hochwertige, vergleichbare Daten
zur Prävention von Finanz- und Wirtschaftskrisen zu erfassen, hält der Deutsche Bun-
Bundestag äußert sich
kritisch
5
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
destag aktuell nicht für durchsetzbar. Er führt einerseits die immensen Kosten von
mehreren Milliarden Euro alleine für Deutschland an sowie die kaum umsetzbaren
Ziele der EU-Kommission angesichts der unterschiedlichen Verwaltungsstrukturen in
den EU-Mitgliedstaaten. Des Weiteren vertritt der Deutsche Bundestag die Ansicht,
dass die Erfassung und Bewertung von Vermögen und Verbindlichkeiten Transparenz
und Vergleichbarkeit garantieren sollen. Dies sei allerdings nur mit einheitlichen Maßstäben möglich.
In seiner Beschlussempfehlung an die Bundesregierung fordert der Deutsche Bundestag:
­ Die bestehende Entscheidungsfreiheit bezüglich der kameralen und doppischen
Systeme der Haushaltsplanung, -führung und Rechnungslegen soll bestehen bleiben; doppische und periodengerechte Buchführung sollen bei einer Entwicklung
von EPSAS allenfalls auf freiwilliger Basis eingeführt werden.
­ Wahlrechte und Ermessensspielräume sollen weitgehend ausgeschlossen werden
und die Grundsätze der Objektivierung, Rechenschaft, Ordnungsmäßigkeit und
Kontrolle sollen Berücksichtigung finden.
­ Im Zentrum der Entwicklung europäischer Rechnungslegungsstandards sollen die
nationalen Rechnungslegungs-Stellen für öffentliche Haushalte stehen, um die demokratische Legimitation zu sichern.
Offen bleibt die Frage, ob die EU eine Harmonisierung öffentlicher Rechnungslegungsstandards erreichen kann, die den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit genügen, die Wahlfreiheit zwischen kameraler und doppischer Rechnungslegung beibehält und die Zielsetzung einer harmonisierten Rechnungslegung bei
einem vertretbaren Kosten- und Verwaltungsaufwand umsetzen kann.
6.
Änderung des Ansammlungszeitraums bei der Ansammlungsrückstellung (BFHUrteil vom 03.07.2014)
Kommt es bei einer Ansammlungsrückstellung (bspw. für eine Abbruchverpflichtung)
zu einer Verlängerung des Ansammlungszeitraums, ist die Rückstellung rückwirkend
zu korrigieren. Zur Bestimmung des Verteilungsmaßstabes wird allein auf den Bilanzstichtag abgestellt, was bei einer Verlängerung des Ansammlungszeitraumes einen
Zugriff auf das Besteuerungssubstrat des Vorjahres ermöglicht. Das Stichtagsprinzip
führt dazu, dass die bisherige Passivierung aufzulösen ist, wenn nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag die Gründe für die Bildung (und demgemäß auch für ihre Beibehaltung) entfallen sind, und dass mit Rücksicht auf die Höhe der Rückstellung der
Bilanzausweis jährlich an die Verhältnisse des Bilanzstichtages anzupassen und der
bisherige Ansatz ggf. zu korrigieren ist.
Rückstellung ist zu
korrigieren
6
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
› Steuern
1. Leistungsaustausch zwischen Kommunen im Zusammenhang mit der Errichtung
von „Park-and-Ride“-Stellplätzen
In einem vom Hessischen FG entschiedenen Fall betrieb eine Gemeinde eine „Parkand-Ride“-Anlage am Bahnhof, deren Errichtung durch eine nahe gelegene Großstadt
zum Zwecke der Verminderung des Autoverkehrs aus Mitteln der Stellplatzablösungen
bezuschusst wurde. Der Zuschuss ist vertraglich vereinbart, zweckgebunden und wird
ausschließlich zur Mitfinanzierung von dauernd als „Park-and-Ride“-Stellplätze nutzbaren Parkständen gewährt. Das Hessische FG sah die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch zwischen den beiden Kommunen und damit für eine umsatzsteuerbare Leistung als erfüllt an. Die vertraglich gegenseitig vereinbarte Schaffung von öffentlichem Parkraum im Interesse der Großstadt durch die Gemeinde sei derart mit der
Zahlung des Zuschusses verknüpft, dass sie sich auf die Erlangung dieser Gegenleistung richtet. Hierzu ergänzt die OFD Frankfurt/M., dass auch der fehlende Einfluss auf
die konkrete Ausgestaltung der Parkplätze zu keiner anderen Beurteilung führt, denn
nicht in der konkreten Ausgestaltung, sondern in der Zweckbindung der Stellplätze für
den Pendelverkehr und in der damit verbundenen Entlastung der Stadt vom Individualverkehr liegt die den Leistungsaustausch begründende Leistung der Gemeinde für
den erhaltenen Zuschuss (Entgelt). (OFD Frankfurt/M. Vfg. v. 09.12.2014 – S 7100 A –
269 – St110)
Leistungsaustausch wird
bejaht
2. Steuerbefreiung für Zuschüsse für Mensa
Zuschüsse zum Betrieb einer Mensa können gemäß Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL
steuerbefreit sein, auch wenn die Mensa nicht von einem Studentenwerk, sondern von
einer GmbH betrieben wird. Eine Steuerbefreiung nach nationalem Recht § 4 Nr. 18
oder Nr. 23 UStG ist hier nicht anzuwenden, da die GmbH weder ein amtlich anerkannter Wohlfahrtsverband noch Mitglied in solch einem Wohlfahrtsverband ist
(Nr. 18) noch wenn ein Dritter die Jugendlichen zu Ausbildungszwecken bei sich aufnimmt (BFH, Urteil v. 28.09.2006, V R 57/05, BStBl. 2007 II S. 846) (Nr. 23a) (FG
Rheinland-Pfalz, Urteil v. 07.08.2014 – 6 K 1387/11).
Steuerbefreiung nach
MwStSystRL
3. BMF aktualisiert Ausführungen zu Kapitalerträgen aus Betrieben gewerblicher Art
Mit Schreiben vom 09.01.2015 (Gz IV C 2 – S 2706-a/13/10001 DOK 2015/0000125)
hat das BMF seine Ausführungen zu Auslegungsfragen zu § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG
bei Betrieben gewerblicher Art (BgA) als Schuldner der Kapitalerträge aktualisiert.
Das Schreiben ersetzt das bisherige Schreiben vom 01.09.2002 in der durch das
BMF-Schreiben vom 08.08.2005 geänderten Fassung. Mit dem Schreiben hat das
7
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
BMF seine Ausführungen insbesondere an die BFH-Rechtsprechung der Jahre 20072013 angepasst und einige Billigkeitsregelungen zur Erleichterung der praktischen
Umsetzung eingefügt. § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG regelt die Kapitalertragsteuerpflicht für
Kapitaleinkünfte der Trägerkörperschaft von Betrieben gewerblicher Art mit (Buchstabe a) und ohne (Buchstabe b) eigene Rechtspersönlichkeit.
Von der Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 a EStG werden BgA mit einer eigenen
Rechtspersönlichkeit umfasst. Diese müssen alle Merkmale einer juristischen Person
des öffentlichen Rechts erfüllen, insbesondere in vollem Umfang rechtsfähig sein. Um
einen solchen BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt es sich insbesondere bei
den nach Landes- oder Kommunalrecht errichteten Anstalten des öffentlichen Rechts
wie die öffentlich-rechtlich als rechtsfähige Anstalten betriebenen Sparkassen, Landesbanken und Versicherungen sowie Kreditinstitute, welche nicht nach § 5 Abs. 1
Nr. 2 KStG steuerbefreit sind.
Wird der BgA bei der Kommune als Regie- oder Eigenbetrieb geführt, so handelt es
sich insoweit um einen nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betrieb gewerblicher
Art im Sinne des § 4 KStG ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Ermittelt dieser den
Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich oder hat er Umsätze einschließlich der
steuerfreien Umsätze – ausgenommen die Umsätze nach § 4 Nr. 8 bis 10 des UStG –
von mehr als € 350.000 im Kalenderjahr oder einen Gewinn von mehr als € 30.000 im
Wirtschaftsjahr, so gilt gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 b EStG der erzielte Gewinn des BgA
als automatisch an die kommunale Trägerkörperschaft ausgeschüttet, soweit der Gewinn nicht zulässigerweise den Rücklagen zugeführt wurde.
Die Zuführung des Gewinns zu den Rücklagen ist bei Eigenbetreiben grundsätzlich
möglich und gilt als erfolgt, soweit der Gewinn nicht an die Trägerkörperschaft ausgeschüttet wurde. Bei Regiebetrieben kann die Trägerkörperschaft hingegen über den
Gewinn grundsätzlich unmittelbar verfügen. Für eine Rücklagenbildung ist nach Auffassung der Finanzverwaltung daher kommunalrechtlich grundsätzlich kein Raum. Für
Zwecke des § 20 Abs. 1 Nr.10 b EStG wird aus Billigkeitsgründen jedoch auch im
Rahmen des neuen BMF-Schreibens die Rücklagenbildung anerkannt, soweit der
Zweck des BgA ohne die Rücklagenbildung nachhaltig nicht erfüllt werden kann. Hinsichtlich der Regiebetriebe ist damit festzustellen, dass die Rücklagenbildung eines
konkreten Zweckes bedarf und nicht lediglich zur Vermeidung der Kapitalertragsteuer
gebildet werden kann. Gilt der Gewinn als ausgeschüttet, so entsteht auf diesen Gewinn, soweit für den Gewinn nicht das steuerliche Einlagenkonto als verwandt gilt,
gemäß § 43 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 c und
§ 20 Abs.1 Nr. 10 b EStG Kapitalertragsteuer in Höhe von 15 % der Kapitalerträge
sowie der Solidaritätszuschlag i. H. v. 5,5 % der KapESt.
Zu beachten ist hierbei, dass die Verrechnung einer Gewinnausschüttung mit dem
steuerlichen Einlagekonto nur noch anerkannt wird, wenn eine Bescheinigung gemäß
§ 27 Abs. 3 KStG vorgelegt wird (vgl. BMF Schreiben vom 10.10.2013). Wird eine
Bescheinigung gemäß § 27 Abs. 3 KStG hingegen nicht erteilt, gilt das steuerliche
BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit
BgA ohne eigene
Rechtspersönliche
Unterscheidung zwischen Eigenbetrieben
und Regiebetrieben
Bescheinigung für
Verrechnung des steuerlichen Einlagekontos
zwingend
8
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
Einlagekonto nicht als verwandt und die Ausschüttungen unterliegen bei der Trägerkörperschaft der Kapitalertragsteuer. Dies gilt auch für Bescheinigungen bei Eigenund Regiebetrieben, die nach dem 31.12.2013 auszustellen sind. Eine nachträgliche
Ausstellung der Bescheinigung, insbesondere bei vGA, ist hingegen nicht möglich.
Neben den Regelungen zur Rücklagenbildung bei Regiebetrieben und der Abgrenzung steuerlich relevanter BgA betreffen die Billigkeitsregelungen insbesondere die
Behandlung von Mitunternehmeranteilen als eigenständigen BgA und den Umstand,
dass die Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft nicht auf den Regiebetrieb
durchschlägt, sondern sich insoweit nach den allgemeinen Grundsätzen richtet.
Die Anpassung der Verwaltungsauffassung an die Rechtsprechung betrifft insbesondere
­ die Behandlung der phasengleichen Vereinnahmung des Gewinns von Regiebetrieben als Kapitalerträge der Trägerkörperschaft,
­ die Regelungen zum Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos nach dem
Systemwechsel am 01.01.2001,
­ die Behandlung der Verluste von Eigen- und Regiebetrieben,
­ den Gewinntransfer bei Eigenbetrieben sowie
­ den Verlustausgleich bei Regiebetrieben und die Berücksichtigung im steuerlichen
Einlagekonto.
Gilt der Gewinn als ausgeschüttet, so entsteht auf diesen Gewinn, soweit für den Gewinn nicht das steuerliche Einlagekonto als verwandt gilt, gemäß § 43 a Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 c und § 20 Abs.1 Nr. 10 b EStG Kapitalertragsteuer in Höhe von 15 % der Kapitalerträge sowie der Solidaritätszuschlag
i. H. v. 5,5 % der KapESt.
Höhe der Steuer
4. Umsatzsteuerliche Beurteilung der Verpachtung dauerdefizitärer Einrichtungen
durch jPdöR
Juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) betreiben dauerdefizitäre Einrichtungen wie Schwimmbäder, Stadthallen oder Jugendzentren häufig nicht selbst,
sondern schalten Unternehmer des privaten Rechts ein. Vielfach verpachtet die jPdöR
die Einrichtung an den Betreiber und gewährt ihm zum Unterhalt und zum Betrieb der
dauerdefizitären Einrichtung einen Zuschuss oder Verlustausgleich, der die Pacht
überschreitet.
Für die umsatzsteuerliche Betrachtung ist es im Einzelfall zu begutachten, ob die Verpachtung eine unternehmerische Tätigkeit seitens der jPdöR ist. Hierzu ist eine Unterteilung in drei Fallgestaltungen möglich, die im Folgenden erläutert werden.
9
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
Verpflichtet sich die jPdöR im Pachtvertrag zur Zahlung eines Zuschusses oder eines
Verlustausgleiches an den Betreiber, liegt eine tatsächliche und rechtliche Verknüpfung zwischen der vereinnahmten Pacht und dem gewährten Zuschuss bzw. Verlustausgleich vor. Der Zuschuss bzw. der Verlustausgleich stellt eine Rückzahlung der
Pacht i. S. v. § 17 Abs. 1 S. 1 UStG dar und hat zur Folge, dass die jPdöR nicht gegen
Entgelt vermietet und daher nicht als Unternehmerin tätig wird.
Fehlt es indes an einer Verknüpfung zwischen Pacht und Zuschuss bzw. Verlustausgleich, ist eine Verrechnung nicht zulässig. Dies hat zur Folge, dass die jPdöR die
Einrichtung gegen Entgelt verpachtet. Die Verpachtung kann eine nicht umsatzsteuerbare Beistellung sein oder im Rahmen eines Leistungsaustausches erfolgen. Somit ist
das Vorliegen einer Geschäftsbesorgung des Betreibers an die jPdöR zu prüfen. Verpflichtet sich der Betreiber gegenüber der jPdöR, den Betrieb aufrechtzuerhalten oder
nach Wunsch der jPdöR zu betreiben, liegt eine Geschäftsbesorgungsleistung an die
jPdöR vor mit der Folge, dass der Zuschuss bzw. Verlustausgleich Entgelt darstellt.
Die Verpachtung an den Betreiber stellt bei der jPdöR eine Leistungsbeistellung i. S. v.
Abschn. 1.1 Abs. 6f UStAE dar, was für eine steuerbare Leistung spricht. Da der Beistellung aber kein Bereicherungs- und Leistungswille zugrunde liegt, ist der Leistungswille insgesamt zu verneinen und die Verpachtung ist eine nicht umsatzsteuerbare Beistellung.
Erbringt der Betreiber hingegen keine Geschäftsbesorgungsleistung an die jPdöR,
stellt die Verpachtung eine entgeltliche Leistung dar. Damit die jPdöR als Unternehmerin tätig ist, muss darüber hinaus ein Betrieb gewerblicher Art i. S. v. § 4 KStG vorliegen. Dies ist der Fall, wenn die Umsätze des Betreibers nachhaltig die Grenze von
30.678 Euro überschreiten (§ 4 Abs. 4 KStG i. V. m. R 6 Abs. 5 Sätze 6 und 7 KStR
2004).
Bei tatsächlicher und
rechtlicher Verknüpfung
kein Unternehmen nach
UStG
Bei Geschäftsbesorgung
ist Pacht als Leistungsbeistellung möglich
Verpachtung als entgeltliche Leistung
5. BFH-Entscheidung zum Vorsteuerabzug einer Gemeinde aus der Lieferung eines
Fahrzeugs, welches die Gemeinde sowohl hoheitlich als auch unternehmerisch
verwendet
In einem vom BFH entschiedenen Fall hat ein Unternehmer einer jPdöR ein Fahrzeug
geliefert und mit dem Leistungsempfänger vereinbart, dass an diesem Fahrzeug Werbeflächen angebracht werden und für die Vertragslaufzeit dort bleiben müssen (Werbemobil). Das Fahrzeug wurde nicht ausschließlich für unternehmerische, sondern
auch für hoheitliche Zwecke genutzt.
Hinsichtlich der Zuordnungsmöglichkeit zum Unternehmen ist anzumerken, dass die
Kommune auch bei jeder hoheitlich begründeten Fahrt die Werbung zeigt und so das
Werbemobil gleichzeitig für Zwecke ihrer unternehmerischen Tätigkeit nutzt. Diese
gleichzeitige Nutzung führt zu einer hälftigen Verwendung für wirtschaftliche Zwecke.
Daraus folgt, dass die Schwelle von zehn Prozent nach § 15 Abs. 1 S. 2 UStG immer
überschritten wird und das Fahrzeug dem Unternehmen zugeordnet werden kann.
50 %-Regel
10
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
Da auch das werbewirksame Abstellen des Fahrzeugs eine unternehmerische Leistung darstellen kann, würde sich das gezahlte Entgelt auch darauf erstrecken, was die
Aufteilung der Vorsteuer schwieriger macht, als wenn man (ausschließlich) die Fahrten zugrunde legen würde. Diesbezüglich hat der BFH bestätigt, dass es Sache des
Unternehmers sei, die Aufteilungsmethode zu wählen. Lediglich die Beurteilung, ob
die Methode sachgerecht sei, ist Aufgabe des Finanzamtes und des Finanzgerichtes.
Sache des Unternehmens, die Aufteilungsmethode zu wählen
6. Betrieb von Stadthallen u. ä. nicht begünstigte Dauerverlustgeschäfte
Das Finanzgericht Münster hat im Verfahren, das nicht zu einem Urteil geführt hat,
festgestellt, dass es sich bei dem Betrieb von Stadthallen u. ä. nicht um begünstigte
Dauerverlustgeschäfte nach § 8 Abs. 7 KStG handelt. Somit werden Verluste in diesem Bereich als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet ggf. mit der Folge einer
Kapitalertragssteuerpflicht. Weiterhin wies das Finanzgericht darauf hin, dass eine
mittelbare begünstigte Tätigkeit nicht ausreiche, um eine eigenständige Begünstigung
anzunehmen. So ist es nicht ausreichend, wenn die Stadthalle an Sportvereine oder
andere Vereine verpachtet, die selbst eine begünstige Tätigkeit i. S. d. § 8 Abs. 7
KStG ausüben.
Wird die Stadthalle für hoheitliche Zwecke genutzt, ist eine Spartenrechnung für die
Stadthalle einzurichten, wobei die Erträge und Aufwendungen, die der hoheitlichen
Nutzung zuzuordnen sind, auszusondern sind.
Betrieb als verdeckte
Gewinnausschüttung
Mittelbare begünstigte
Tätigkeit reicht nicht aus
Spartenrechnung
7. Regelbesteuerung bei Schwimmbädern
Nach BMF-Schreiben vom 28.10.2014 (SIS 14 28 23) sind Saunaleistungen aus dem
Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG ab
01.07.2015 ausgenommen, da sie kein verordnungsfähiges Heilmittel i. S. v. § 4 der
Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinie/HeilM-RL) in Verbindung
mit dem sog. Heilmittelkatalog sind. Dadurch stellt sich beim Zusammentreffen von
Schwimmbad- und Saunaleistungen die Frage nach dem zutreffenden Steuersatz.
Die Ermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG bezieht sich auf unmittelbar mit dem
Betrieb eines Schwimmbads verbundene Umsätze, wobei der Begriff Schwimmbad
richtlinienkonform i. S. einer Sportanlage auszulegen ist, d. h. das Schwimmbad muss
– unabhängig von der Absicht des einzelnen Besuchers – zur Ausübung einer sportlichen Betätigung geeignet sein bzw. die Möglichkeit hierzu bieten. Das ist z. B. der
Fall, wenn es Unterteilungen in Schwimmbahnen enthält, mit Startblöcken ausgestattet ist oder eine angemessene Tiefe oder ein angemessenes Ausmaß des Schwimmbeckens aufweist.
Saunaleistungen unterliegen der Regelbesteuerung
Schwimmbäder unterliegen nur ermäßigtem
Steuersatz, wenn sie als
Sportanlage gelten
11
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
Bietet das Schwimmbad zusätzlich auch einen Saunabereich an, ist nach den
Grundsätzen der Einheitlichkeit der Leistung zu prüfen, ob hierfür der Regelsteuersatz
oder der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist. In der Regel ist jede Leistung als eigene und selbständige Leistung zu betrachten. Ggf. können aber unter bestimmten
Umständen mehrere formal eigenständige Leistungen, die getrennt erbracht werden,
als einheitlicher Umsatz angesehen werden, wenn sie voneinander abhängig sind.
Zur Trennung der Entgelte bei Abgabe mehrerer unterschiedlich zu besteuernder Leistungen zu einem pauschalen Gesamtverkaufspreis ist der einheitliche Preis unter Anwendung der einfachstmöglichen Aufteilungsmethode sachgerecht aufzuteilen
(vgl. BMF-Schreiben vom 28.11.2013).
› Ver- und Entsorgung
1. Rückstellungen wegen Kostenüberdeckungen nach dem Kommunalabgabengesetz
(KAG) für das Land NRW
­ Rückstellungen für Kostenüberdeckung nach dem Kommunalabgabengesetz
(KAG)
Der Kläger ist ein Zweckverband verschiedener Städte und Gemeinden in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er strebt keinen Gewinn an. Entstehende Kostenüberdeckungen im Sinne des länderrechtlichen Kommunalabgabegesetzes sind auszugleichen. Der Kläger wies in seinen Bilanzen der Streitjahre (03-06)
Zuführungen zu Rückstellungen für Kostendeckung aus. Das FA rechnete die Rückstellungen einkommenserhöhend hinzu und setzte die Körperschaftsteuer fest. Die
hiergegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg. Der BFH hat in der Revision
entschieden, dass die Kostenüberdeckung dem Grunde nach zu berücksichtigen ist,
jedoch können bei einem mehrjährigen Kalkulationszeitraum erst nach Ablauf dieses
Kalkulationszeitraums Rückstellungen gebildet werden.
Rückstellungen für Kostenüberdeckungen sind somit erst mit Ablauf des Kalkulationszeitraums einzubuchen und nicht zum Ende der vorhergehenden Wirtschaftsjahre. Die
Pflicht zum Ausgleich der Kostenüberdeckungen gilt wirtschaftlich erst als am Ende
des Kalkulationszeitraums entstanden, sodass für die Rückstellungen der Vorjahre
keine Grundlage existiert.
Rückstellungen dürfen
erst am Ende des Kalkulationszeitraums gebildet
werden
­ Rückstellungen in der Energiewirtschaft
Strom- und Gas-Netzbetreiber schließen mit Energieversorgungsunternehmen zivilrechtliche Verträge, die zur entgeltlichen Nutzung des Versorgungsnetzes berechti-
Rückstellungen für Mehrerlöse
12
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
gen. Das Entgelt wird durch die zuständigen Landesregulierungsbehörden auf eine
sogenannte Obergrenze reguliert. Übersteigen die erzielten Erlöse einer Kalkulationsbzw. Regulierungsperiode die für diesen Zeitraum zugrunde gelegenen Netzkosten,
so ist der Mehrbetrag in der Folgeperiode gegenüber den Versorgungsunternehmen
auszugleichen und das genehmigungsfähige Entgelt mindert sich entsprechend.
2. Strom- und Energiesteuererstattungen: Finanzgericht bestätigt Abwasserentsorgungsunternehmen als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes
Abwasserentsorgungsunternehmen stehen unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund eines noch nicht rechtskräftigen Urteils des Finanzgerichts Düsseldorf vom
21.01.2015 (Az.: 4 K 1956/13 VSt) möglicherweise die für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes (UdPG) geltenden strom- und energiesteuerlichen Erstattungsansprüche zu. Das Finanzgericht hat die Revision gegen das Urteil zum Bundesfinanzhof
nicht zugelassen. Wenn die Finanzverwaltung nicht Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb eines Monats einlegt, wird das Urteil rechtskräftig.
In dem Verfahren beim FG Düsseldorf hatte die Klägerin vorgetragen, dass ein Großteil der Gebühreneinnahmen auf die Errichtung und Instandhaltung des Abwasserentsorgungsnetzes entfällt, was aus stromsteuerlicher Sicht auf Grundlage der WZ 2003
eine Bautätigkeit darstellt. Bautätigkeiten fallen in den Abschnitt F der WZ 2003
("Bauwesen") und sind damit dem Betrieb zuzuordnen. Das FG Düsseldorf ist dieser
Argumentation gefolgt. Aus strom- und energiesteuerlicher Sicht ist das klagende Abwasserunternehmen somit schwerpunktmäßig im Bauwesen tätig und kann die Entlastungsmöglichkeiten für das Produzierende Gewerbe geltend machen.
Abwasserunternehmen
gehören zum Produzierenden Gewerbe
Geschäftsführer bzw. Betriebsleiter von Abwasserunternehmen sollten prüfen lassen,
ob ihnen den Grundsätzen der vorgenannten Rechtsprechung folgend Erstattungsansprüche gem. §§ 9b, 10 StromStG und §§ 54, 55 EnergieStG zustehen könnten. Dazu
ist zu ermitteln, wie hoch der Gebührenanteil ist, der auf die Bautätigkeiten im Vergleich zu den sonstigen Gebührenbestandteilen entfällt.
› Recht
1. Eckpunkte für neues Vergaberecht (Beschluss des Bundeskabinetts vom
07.01.2015)
Anlässlich der bis April 2016 umzusetzenden EU-Vergaberichtlinien wird das Vergaberecht reformiert und anhand der Eckpunkte „Einfachere Strukturen“, „Schnellere Verfahren“, „Soziale und ökologische Aspekte“ und „Daseinsvorsorge durch Kommunen“
werden u. a. die unterschiedlichen Regelwerke für die Vergabe von Lieferungen und
13
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
Dienstleistungen zusammengeführt. Weiterhin soll ein weitgehend digitalisierter Beschaffungsprozess für effizientere Vergabeverfahren sorgen. Die öffentliche Hand soll
stärker als bisher soziale, ökologische und innovative Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im Einklang mit dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz berücksichtigen dürfen. So hat das Bundeskabinett am 03.01.2015 den Beschluss gefasst.
Digitalisierung
Vergabefremde Kriterien
2. Mindestlohn – Anrechnung von Zulagen, Zuschlägen und anderen Vergütungsbestandteilen
Seit dem 01.01.2015 hat der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Stundenlohn von
mindestens 8,50 € zu zahlen. Anspruch hat gem. § 1 Abs. 2 MiLoG jeder beschäftigte
Arbeitnehmer in Deutschland. Diese Regelung klingt auf den ersten Blick durchaus
einfach. Aber was geschieht, wenn der Arbeitnehmer Zulagen oder Zuschüsse erhält
(z. B. für Nachtarbeit und Überstunden). Des Weiteren stellt sich die gleiche Frage für
sonstige Zahlungen und Zuwendungen, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer
gewährt. Wirken solche Leistungen sich auf den Mindestlohn aus? Sind sie miteinzuberechnen oder gilt der Mindestlohn ausschließlich für das „normale Gehalt“? Diese
Fragestellung hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geklärt. Dies hat zur Folge, dass
bis zur gerichtlichen Klärung dieser Fragestellung Uneinigkeit herrschen wird. Auf
Grundlage von vergangenen Urteilen und Meinungen in der Literatur wird im Folgenden diesen Fragen nachgegangen.
Die Auffassung in der Literatur, die auf Grundlage der Rechtsprechung des EuGH an
eine „Normalleistung“ anknüpft und nur eine Anrechnung vornehmen will, wenn sich
das Verhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der von ihm erhaltenen
Gegenleistung nicht verändert, ist abzulehnen.
Die Anrechnung anderweitiger Vergütungsbestandteile stellt darauf ab, welchen
Zweck diese Leistungen verfolgen. Liegt eine funktionale Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Leistung vor, kann eine Anrechnung vorgenommen werden. Es können
alle Zahlungen, die innerhalb der gesetzlichen Fälligkeitszeiträume als Ausgleich für
geleistete Arbeit gezahlt werden, auf den Mindestlohn angerechnet werden. Dies gilt
sowohl für Zulagen und Zuschläge als auch für Leistungen im Rahmen von Zahlungen
und Zuwendungen, die leistungs- oder erfolgsabhängig innerhalb der gesetzlichen
Fälligkeitszeiträume gewährt werden.
Vergütungsbestandteile, die die Betriebszugehörigkeit honorieren oder den Urlaub
erleichtern, schließt der arbeitsleistungsbezogene Begriff des Mindestlohns aus. Gleiches gilt für vermögenswirksame Leistungen.
Bei funktionaler Gleichwertigkeit kann Verrechnung vorgenommen
werden
Nicht zum Mindestlohn
gehörende Bestandteile
Hat der Gesetzgeber – wie in § 6 Abs. 5 ArbZG für die Nachtarbeit – durch zwingen-
14
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
des Recht eine eigenständige Zahlungspflicht mit abweichender Zweckbestimmung
geschaffen, sind insoweit entsprechende Zahlungen nicht auf den Mindestlohn anzurechnen. Kalenderjährliche Zuwendungen sind mit Blick auf § 2 MiLoG grundsätzlich
auszugrenzen. Lediglich wenn ein arbeitsleistungsbezogener Bezug gegeben ist und
die Abrechnung auf eine monatliche Auszahlung je 1/12 umgestellt wird, können solche Zahlungen berücksichtigt werden. Da der § 1 MiLoG eine Bezahlung in Euro verlangt sind gewährte Sachleistungen nicht mit einzubeziehen.
Abweichende Zweckbestimmung
3. Mindestlohn – Aufzeichnungspflichten
Seit dem 01.01.2015 gilt ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 €
brutto pro Stunde. Vom Mindestlohn ausgenommen sind bestimmte Arbeitnehmergruppen wie z. B. Praktikanten, Auszubildende, Jugendliche unter 18 Jahren ohne
Berufsausbildung und Langzeitarbeitslose.
Im Bereich der geringfügigen Beschäftigungen (sog. Minijobs) kann die Anpassung
des Stundenlohns zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führen, wenn
der monatliche Höchstbetrag von 450,00 € überschritten wird. Um Nachzahlungen und
Beanstandungen zu vermeiden, sollten vorsorglich die Einhaltung der 450,00-€Grenze und damit einhergehend die Arbeitsverträge inhaltlich hinsichtlich der Stundenzahl und des Stundenlohns überprüft werden.
Seit dem 01.01.2015 gelten darüber hinaus strengere Aufzeichnungspflichten bei Minijobbern und in bestimmten Branchen. Innerhalb einer Woche nach Erbringung der
Arbeitsleistung sind Beginn, Ende und Dauer der Arbeits- und Pausenzeiten zu dokumentieren. Die Unterlagen sind zwei Jahre aufzubewahren.
Ggf. Arbeitsverträge
anpassen
Besondere Aufzeichnungspflicht
4. Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit in NRW
Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungen des Gesetzes über kommunale
Gemeinschaftsarbeit (GkG) (i. d. F. der Bekanntmachung vom 01.10.1979, zuletzt
geändert durch Gesetz vom 23.10.2012) durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit (vom 03.02.2015) aufgeführt. Von Begriffsergänzungen oder -substitutionen wird abgesehen.
Laut § 9 Absatz 2 n. F. enthält die Verbandssatzung nun zusätzlich die Bestimmung
über „das Recht zur einseitigen Kündigung der Verbandsmitgliedschaft, wenn zugleich
das Verfahren zur Auseinandersetzung geregelt wird“.
Des Weiteren wurde das GkG um § 15a „Bildung der Verbandsversammlung in besonderen Fällen“ ergänzt. Eine weitere Änderung wurde in § 16 mit der Ergänzung
eines neuen Absatzes 3 vorgenommen. Sie erlaubt der Verbandsversammlung auf
Neuer § 15a GkG
15
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
Vorschlag der Verbandsvorsteherin bzw. des Verbandsvorstehers die Einstellung einer
Geschäftsleitung zu beschließen und ihr Aufgaben zur selbständigen Erledigung zu
übertragen.
Der Dritte Teil, Abschnitt V, wird neu tituliert und trägt nicht mehr den Namen „Gesetzlicher Zweckverband“ sondern „Zusammenschluss und Eingliederung von Zweckverbänden“. § 22 a. F. „Voraussetzungen“ wird in „Zusammenschluss“ umbenannt und neu
gefasst. Er erlaubt die Bildung eines neuen Zweckverbandes und beschreibt den Zusammenschluss des alten und neuen Zweckverbandes. Weiterhin wird § 22 n. F. um
einen (neuen) § 22a „Eingliederung“ mit entsprechenden inhaltlichen Regelungen erweitert.
Aufgabenübertragung
auf eine Geschäftsleitung
Zusammenschlüsse
5. Änderung der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
Die Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.07.1994, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.12.2013) wurde
durch das Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung für das Land NordrheinWestfalen (vom 03.02.2015) geändert.
Der bestehende § 108a „Arbeitnehmermitbestimmung in fakultativen Aufsichtsräten“
wird inhaltlich erweitert und neu strukturiert. Ein neu eingefügter Absatz 2 beinhaltet
Regelungen zur Besetzung von Aufsichtsratsmandaten mit Arbeitnehmervertretern,
etwa dass die Arbeitnehmervertreter im Unternehmen beschäftig sein müssen. Die
neuen Absätze 5 bis 7 geben Regelungen zur Wahl der Vorschlagsliste und ihrer Frist
vor sowie eine Informationsweitergabe der für den Aufsichtsrat bestellten Arbeitnehmervertreter an das gesetzlich zur Vertretung berufene Organ des Unternehmens.
Der neu eingefügte § 108b trägt den Titel „Regelung zur Vollparität“ und ergänzt den
§ 108a unter Beachtung verschiedener Tatbestände.
Überarbeitung des
§ 108a GO NRW
neuer § 108b GO NRW
Dem § 134 wird folgender Satz angefügt: „§ 108b tritt mit Ablauf des 28.02.2021 außer
Kraft. “
6. Die Übernahme von Jahresfehlbeträgen sowie von Bürgschaften durch einen Landkreis für Kliniken des Kreises verstößt nicht gegen das europäische Beihilferecht (Urteil des OLG Stuttgart vom 20.11.2014).
Ausgleichszahlungen für Defizite, Investitionszuschüsse und die Gewährung von Bürgschaften, die ein Landkreis für seine in den Krankenhausplan nach § 4 des Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg aufgenommenen Kreiskliniken erbringt, sind
gemäß Artikel 106 Abs. 2 AEUV i. V. m. der Freistellungsentscheidung der Kommission
(2005/842/EG) von der Notifizierungspflicht freigestellt.
16
—
AUSGABE 27
MÄRZ 2015
—
› Impressum
Der Newsletter Concunia Public erscheint in der Regel alle 3 Monate.
Herausgeber
Concunia GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Steuerberatungsgesellschaft
Grevener Str. 105
48159 Münster
Tel. 0251 / 322 015-0
[email protected]
www.concunia.de
Trotz sorgfältiger und gewissenhafter Arbeit können mögliche Fehler in diesem
Newsletter nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Eine Haftung für den Inhalt kann
trotz sorgfältiger Bearbeitung nicht übernommen werden.
Pflichtangaben nach DL-InfoV
Zuständige Aufsichtsbehörde und zugleich zuständige Kammern für unsere Berufsträger sind die Wirtschaftsprüferkammer, Rauchstr. 26, 10787 Berlin und die Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe, Erphostr. 43, 48145 Münster. Die Geschäftsführer und
Mitarbeiter der Concunia GmbH führen die gesetzlichen Berufsbezeichnungen „Wirtschaftsprüfer“, „Steuerberater“. Sämtliche Berufsbezeichnungen sind in der Bundesrepublik Deutschland verliehen worden. Es besteht eine Berufshaftpflichtversicherung
in dem nach § 323 Abs. 2 S. 1 HGB bezeichneten Umfang bei der Versicherungsstelle
Wiesbaden, Dotzheimer Str. 23, 65185 Wiesbaden. Weitere Angaben unter
www.concunia.de.
Concunia GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Steuerberatungsgesellschaft
Sitz der Gesellschaft: Münster
Amtsgericht Münster HRB 11673
Geschäftsführer: Andreas Jürgens, Ute Jürgens
Prokura: Christian Trost, Kathrin Graf, Christoph Maniura, Jan-Claas Hille
17