Musterlösung 1. Klausur

Klausur I - Pflichtübung aus Finanzrecht, 6.2.2015
Dr. Mario Perl, LL.M.
Die Arbeitszeit beträgt 30 Minuten. Achten Sie auf die Fragestellung, antworten Sie kurz und sachgerecht; für Antworten, die nicht gefragt wurden, werden auch keine Punkte vergeben.
Bei Unklarheiten im Sachverhalt treffen Sie Annahmen.
Schreiben Sie nur auf der ausgeteilten Angabe. Der freie Platz hat keine Bedeutung für die notwendige Länge der
Beantwortung.
Sollten Sie während der Prüfung mit einer Gesetzesausgabe angetroffen werden, die mehr als reine Paragraphenverweise und Unterstreichungen enthält, wird Ihnen diese abgenommen. Außerdem ist Folgendes zu beachten:
Prüfungen, bei denen unerlaubte Hilfsmittel mitgenommen oder verwendet werden, werden nicht beurteilt. Die
Prüfung wird jedoch auf die Gesamtzahl der Wiederholungen angerechnet (§ 10 Abs 6a der Satzung der Universität
Wien).
Punkte:
15,5 – 17: Sehr gut
13,5 – 15: Gut
11,5 – 13: Befriedigend
9 – 11: Genügend
0 – 8,5: Nicht genügend
Nachname:
_______________________
Vorname:
_______________________
Punkte gesamt:
Matrikelnummer: _______________________
Note:
_______
________________
1. Einkommensteuer [2 P]
Herr Tax ist Österreicher und lebt und arbeitet seit zwei Jahren in Deutschland. Er hat in Kitzbühel ein
Ferienhaus, indem er sich maximal 90 Tage pro Jahr aufhält. In der restlichen Zeit steht das Ferienhaus
leer. Nehmen Sie zu folgenden Fragen aus ertragsteuerlicher Sicht Stellung:
a) In welchem Umfang ist Herr Tax aufgrund des obigen Sachverhaltes in Österreich steuerpflichtig? [1]
Herr Tax ist in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig, daher mit seinem Welteinkommen, weil er in
Österreich einen Wohnsitz hat (Ferienhaus)[0,5]. Die Ausnahme von der unbeschränkten Steuerpflicht aufgrund der Zweitwohnsitzverordnung kommt mangels Vorliegen der Voraussetzungen nicht
zur Anwendung [0,5]
[Doralt 2014/15 Tz 10, 11]
1
Klausur I - Pflichtübung aus Finanzrecht
b) Nehmen Sie an Herr Tax ist sowohl in Deutschland als in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.
Wie kann eine Doppelbesteuerung seiner Einkünfte verhindert werden? [1]
Durch Anwendung des DBAs zwischen Österreich und Deutschland kann eine Doppelbesteuerung
grundsätzlich verhindert werden[0,5]; bei Zuteilung des Besteuerungsrechtes an den DBAQuellenstaat erfolgt die Entlastung entweder durch Befreiung oder Anrechnung durch den Ansässigkeitsstaat [0,5].
[Doralt 2014/15 Tz 176 ff]
2. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer [4 P]
An der vermögensverwaltend tätigen GmbH & Co KG ist die G GmbH als Komplementärin ohne Kapitalbeteiligung, Herr Tax als Kommanditist mit 40% Kapitalbeteiligung und Frau Tax mit 60% Kapitalbeteiligung beteiligt. Die Tätigkeit der KG beschränkt sich auf die Vermietung von Eigentumswohnungen.
Beurteilen Sie die folgenden ertragsteuerlichen Fragen:
a) Die GmbH erhält für die Übernahme der Haftung eine angemessene Haftungsprovision und eine angemessene Geschäftsführervergütung. Welche Einkünfte (Einkunftsart(en)) werden von der GmbH
erzielt (Haftungsprovision und Geschäftsführervergütung)? [1]
Die GmbH ist nicht am Gewinn/Verlust der KG beteiligt, erzielt aber aus der Haftungsprovision und
der Geschäftsführervergütung Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 7 Abs 3 KStG) [1]
[Doralt 2014/15 Tz 208/1]
b) Welche Einkünfte (Einkunftsart(en)) werden von Herr und Frau Tax erzielt (Gewinnanteile)? Begründen Sie kurz warum! [1,5]
Aus der Vermietungstätigkeit der KG liegen bei Beiden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
vor. [0,5] Damit sind ausschließlich außerbetriebliche Einkünfte gegeben, weshalb eine Miteigentümergemeinschaft vorliegt. [0,5] Personengesellschaften unterliegen als solche weder dem EStG noch
dem KStG(Durchgriffsprinzip). Der Gewinn wird vielmehr den Gesellschaftern(Herr und Frau Tax) direkt zugerechnet. [0,5]
[Doralt 2014/15 Tz 123ff, 141]
c) Wie erfolgt die Einkünftefeststellung der Gewinnanteile von Herr und Frau Tax? [1,5]
Einkünfte von außerbetrieblich tätigen (vermögensverwaltenden) Personengesellschaften führen zu
außerbetrieblichen Einkünften (Vermietung und Verpachtung); die Gewinnanteile werden für alle
Beteiligten gesondert festgestellt [0,5]und den Miteigentümern quotenmäßig zugerechnet (Feststellungsbescheid). [0,5] Das Ergebnis der gesonderten Einkünftefeststellung wird dann den ESt‐
Bescheiden der Miteigentümer zugrunde gelegt. [0,5]
[Doralt 2014/15 Tz 123, 127, 141]
2
Klausur I - Pflichtübung aus Finanzrecht
3. Einkommensteuer [4 P]
Frau Tax betreibt einen Buchhandel als Einzelunternehmerin. Sie überlegt nun im Alter von 65 Jahren
und einer 30-jährigen Bestandsdauer das Unternehmen endgültig zu verkaufen.
a) Welche Einkünfte wurde Frau Tax erzielen, wenn sie das Einzelunternehmen veräußern würde? [1]
Frau Tax würde Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 23 EStG (Veräußerungsgewinn nach § 24 EStG)
erzielen [1].
[Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 128]
b) Welche Begünstigungen könnten in diesem Fall zur Anwendung kommen. Gehen Sie davon aus, dass
sie die Geschäftsräumlichkeiten des Buchhandels lediglich angemietet hat. [1,5]
Frau Tax steht für einen Veräußerungsgewinn nach § 24 EStG folgende Befreiungen alternativ zu:
1. Verteilung des Veräußerungsgewinnes auf drei Jahre [0,5]
2. Hälftesteuersatz für den Veräußerungsgewinn [0,5]
3. Steuerfreibetrag von EUR 7.300 [0,5]
[Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 129]
c) Welche ertragsteuerlichen Konsequenzen hätte es, wenn sie die Buchhandlung anstelle des Verkaufs unentgeltlich ihrer Tochter übertragen würde? [1,5]
Bei einem unentgeltlichen Betriebsübergang unterbleibt die Besteuerung der stillen Reserven vorerst
[1]. Es kommt daher zu keiner Ermittlung des Veräußerungsgewinnes, sondern der Rechtsnachfolger
(die Tochter) führt die Buchwerte der Buchhandlung fort [0,5]
[Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 92]
4. Körperschaftsteuer, Einkommensteuer [4 P]
Herr Tax ist Alleingesellschafter der G GmbH. Er kauft von der G GmbH ein Grundstück um
EUR 300.000 (Buchwert EUR 50.000,Verkehrswert EUR 500.000). Beurteilen Sie den Sachverhalt aus
Sicht der G GmbH sowie von Herrn Tax und begründen Sie Ihre Lösung.
a) G GmbH [2,5]
Es liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von EUR 200.000 vor, [1] weil die Vermögenszuwendung der Gesellschaft an den Gesellschafter allein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und äußerlich nicht in Erscheinung tritt. Gesellschaftsebene: Die G GmbH hat gem § 7 Abs 3
KStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 450.000. [1] Die verdeckte Gewinnausschüttung vermindert den Gewinn der Gesellschaft nicht. [0,5]
b) Herr Tax [1,5]
Gesellschafterebene: Die Anschaffungskosten des Grundstücks bei Herrn Tax sind in Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung und damit um EUR 200.000 zu erhöhen. [0,5] Die verdeckte Gewinnausschüttung unterliegt der KESt in Höhe von 25% [1]
[Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 209]
3
Klausur I - Pflichtübung aus Finanzrecht
5. Körperschaftsteuer [3 P]
Die inländische G GmbH hält in ihrem Betriebsvermögen Beteiligungen. Bestimmen Sie in folgenden
Fällen die ertragsteuerlichen Auswirkungen bei der G GmbH:
a) Die G GmbH hält 9 % an der deutschen D GmbH. Die D GmbH schüttet den Gewinn an die Gesellschafter aus [1]
Die Gewinnausschüttung der D GmbH an die G GmbH ist von der Körperschaftsteuer gem § 10 Abs 1
Z 5 KStG unabhängig von der Beteiligungshöhe und Behaltedauer befreit. [1]
[Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 211]
b) Die G GmbH veräußert ihre Anteile an der deutschen D GmbH um EUR 500.000 (Buchwert
EUR 300.000) [1]
Da es sich nicht um eine internationale Schachtelbeteiligung handelt, ist der Veräußerungsgewinn
von EUR 200.000 körperschaftsteuerpflichtig [0,5] und unterliegt einem Steuersatz von 25%. [0,5]
[Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 211, 221]
c) Die G GmbH veräußert ihren seit drei Jahren gehaltenen 20%-Anteil an einer operativ tätigen USKapitalgesellschaft, US Inc., um EUR 400.000 (Buchwert EUR 450.000) [1]
Da es sich um eine internationale Schachtelbeteiligung handelt, ist die steuerliche Behandlung des
Verlustes davon abhängig, ob von der Option zur Steuerpflicht bei Anschaffung Gebrauch gemacht
wurde:
Ohne Option: Veräußerungsverlust ist steuerneutral [1] oder alternativ:
Mit Option: Veräußerungsverlust ist steuerlich wirksam [1], Siebentelverteilung!
[Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 211]
4