wir vor ort: neue arbeitsplätze bei der spedition hammer

mehrwerk
WERKSTATT IM BLICKPUNKT – DAS MAGAZIN
Ausgabe 48 – Mai 2015
WIR VOR ORT: NEUE ARBEITSPLÄTZE
BEI DER SPEDITION HAMMER
Werkstatt 4.0 – unser flexibles Inklusions-Konzept nutzt das
Instrument der Betriebsintegrierten Arbeitsplätze
Editorial
mehrwerk
DIE GESELLSCHAFT BRAUCHT AUCH IN ZUKUNFT
WERKSTÄTTEN, NICHT NOTWENDIG ALS EINEN ORT
ODER ALS GEBÄUDE, ABER GEWISS ALS EIN SYSTEM
PROFESSIONELLER BEGLEITUNG UND FÖRDERUNG.
NORBERT ZIMMERMANN ÜBER DAS KONZEPT WERKSTATT 4.0 –
EIN THEMENSPECIAL ERWARTET SIE DAZU IN DER NÄCHSTEN AUSGABE
Liebe Leserinnen und Leser!
INHALTSVERZEICHNIS
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Editorial
Kurz notiert
Check-in, Neukunde MTB, Imagefilm
Betriebsrestaurant
Frisches Catering im Herzen der Stadt
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Werkstatthelden
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„Wir sind eine Familie“
Kalle Kraut ist ein Mann mit Eigenschaften
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Digitale Medien
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Gesundheitsvorsorge
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Kurz notiert
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Tipps und Termine
Impressum
Werkstatt startet Pilotprojekt
Kein Fall für den Betriebsarzt
Kochbuch „Kreative Gastronomie“, Mobil.Pro.Fit.
Schwerpunktthema: Betriebsintegrierte
Arbeitsplätze
20 Theaterprojekt
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Werkstattregeln
23 Bilderalbum
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Kurz notiert
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Kurz notiert
Neue Broschüre des Werkstattrates
Neue Leitung Sozialdienst, Neues aus dem
Berufsbildungsbereich, Werkstättenmesse
Vorhang auf und Bühne frei
Jubilarfeiern: 111 Mal Danke
26 Bilderalbum
Karneval: Werkstatt janz jeck
Zehn Jahre Qualitätsmanagement,
Studie Sozialbilanz
Neuer Titel, neue Gestaltung – sicherlich haben Sie schon auf den ersten
Blick festgestellt, dass unser Magazin nun anders aussieht. Wir hoffen:
attraktiver, informativer, lesenswerter auch für Sie. So wie wir als Werkstatt im Wandel sind, so soll auch unsere wichtigste Publikation mit
der Zeit gehen. Und wir wollen – der neue Titel „mehrwerk“ drückt es aus –
selbstbewusster auftreten.
Denn Werkstätten sind nun einmal besondere Unternehmen, bei uns geht
es um mehr als Umsatz und Gewinn. Wir schaffen einen gesellschaftlichen
Mehrwert. Menschen mit einer Behinderung, die auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt keine oder kaum Chancen haben, nehmen bei uns am Arbeitsleben teil. Sie finden bei uns eine Aufgabe. Jede und jeder Beschäftigte ist
ein wichtiger Teil unseres Unternehmens. Für jeden Menschen ist es wichtig,
Arbeit zu haben, gebraucht zu werden. Arbeit gehört zur Menschenwürde.
Ich hoffe sehr, dass der Mehrwert von Werkstätten auch in Berlin gesehen
wird. Dort erarbeitet die Bundesregierung in diesen Monaten ein neues Teilhabegesetz. Es wird großen Einfluss auf die Werkstatt der Zukunft haben.
Das Stichwort heißt Inklusion im Arbeitsleben. Klar ist: Werkstätten müssen
und wollen sich mehr öffnen, neue Formen von (Zusammen)Arbeit schaffen.
Dass wir dabei auf einem guten Weg sind, zeigt das Schwerpunktthema
dieser Ausgabe: Betriebsintegrierte Arbeitsplätze als Chance für den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (Seite 8). Sie sind ein wichtiger
Bestandteil unseres Konzeptes Werkstatt 4.0, dem wir in der nächsten
Ausgabe ein Themenspecial widmen. Inklusion ist dabei keine Einbahnstraße, nach dem Motto: Alle raus aus der Werkstatt. Vor allem Menschen
mit schweren Behinderungen, die diese Chance so nicht haben, brauchen
einen verlässlichen und professionellen Rahmen für die Teilhabe am Arbeitsleben. Dafür braucht die Gesellschaft auch in Zukunft Werkstätten, nicht
notwendig als einen Ort oder als Gebäude, aber gewiss als ein System
professioneller Begleitung und Förderung.
Ihr Norbert Zimmermann, Geschäftsführer
Hinweis: In unseren Texten sind Frauen und Männer stets gleichermaßen gemeint.
Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir jedoch meist die männliche Form.
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mehrwerk
Kurz notiert
„CHECK-IN“ – WIR BILDEN AUS
Über dreißig Schülerinnen und Schüler und fast ebenso viele Eltern und Lehrer informierten sich Ende Februar beim „Checkin-Tag“ über unsere Ausbildungsangebote. Mit Präsentationen, offenen Fragerunden im Konferenzraum (Foto) und Führungen
stellten wir unser Unternehmen vor. David Castero Borrego, 18, Hauptschüler aus Stolberg, interessierte sich für die Ausbildung zum Beikoch: „Ich war erstaunt, wie groß diese Werkstatt ist und wie viele verschiedene Sachen hier gemacht werden
können.“ Denise Horbach, 15, von der Gesamtschule Brand interessierte sich insgesamt für die Werkstatt. „Ich habe nicht
gedacht, dass wir alles angucken dürfen und auch die Arbeit in der Verpackungsindustrie sehen können.“ Der „Check-in-Tag“
wurde zum ersten Mal in der Stadt Aachen angeboten. Ein herzliches Dankeschön an unsere aktuellen
Auszubildenden, die den Gästen Einblick in ihren
Ausbildungsalltag gaben und so die beste Werbung
für unser Unternehmen sind.
Frisches
Betriebsrestaurant
mehrwerk
Catering
IM HERZEN DER STADT
NEUKUNDE
BESTECKKÄSTEN AUS HOLZ
Für das niederländische Catering-Unternehmen Albron produziert die Holzwerkstatt derzeit 8.400 Besteckkästen in neun Größen. Der neue Auftrag
kommt von unserem Partner MTB, einer Werkstatt für behinderte Menschen mit Sitz in Maastricht. MTB übernimmt für Albron verschiedene
Aufgaben. Da sie jedoch keinen Holzbereich hat, gab MTB den Auftrag
für die Besteckkästen an uns weiter. Das Team von Bereichsleiter Paul
Hamacher (im Bild links, mit Kevin Fore) übernimmt fast alle Produktionsschritte: die Holzrahmen zuschneiden, die Kästen mit Nägeln zusammenschießen und das Logo „Onze Keuken“ einbrennen. Nur für das Lasern der Bestecksymbole ist derzeit noch eine externe Firma zuständig. Geliefert werden die
Kästen in Teilmengen über das Jahr verteilt.
Seit Anfang des Jahres versorgt unser Café Life auch die Beschäftigten des Generalvikariats
mit frischen und leckeren Mahlzeiten. Die Kantine befindet sich in einem alten Klostergebäude unweit des Doms. Rund 70 Portionen gehen hier täglich über die Theke. Gekocht wird
in unserem Betriebsrestaurant in der Borchersstraße. Zum Serviceteam gehört Kenny SekaBakenda, 20 (Foto). Ihm macht die Arbeit viel Freude. Auch die Gäste sind sehr zufrieden.
„Wir freuen uns täglich über das reichhaltige Salatbuffet, die frisch zubereiteten Mahlzeiten
und den aufmerksamen und freundlichen Service. Die Qualität überzeugt uns alle. Und längst
schon sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Lebenshilfe für uns zu netten Kollegen
geworden“, sagt Karl Kampermann, Leiter der Hauptabteilung Personal im Generalvikariat.
Außer Kenny sind Heiko Hilkert, Georg Bräutigam und Jasmin Griegnard mit Küchenchefin
Christine Horenbeek im Einsatz. Neben der Essenausgabe übernehmen sie im Konferenzservice auch die Bereitstellung von Getränken und kleinen Snacks. Die Zusammenarbeit ist
zunächst auf drei Jahre befristet. Sie war nach der erfolgreich bestandenen Ausschreibung
des Generalvikariats zustande gekommen. Insgesamt beschäftigen wir im Café Life mit den
beiden Betriebsrestaurants nun bereits 23 Menschen.
IMAGEFILM – DIE WERKSTATT
IN SIEBEN MINUTEN
Was leisten wir? Was ist unser Auftrag? Warum sind wir viele Unternehmen
unter einem Dach? Antworten auf diese Fragen gibt es jetzt zum ersten Mal
auch in bewegten Bildern. Die Idee, einen Imagefilm zu machen, hatte Produktmanagerin Martina Knauf. Für die Dreharbeiten war sie mit Kameramann
Achim Nelles in allen Arbeitsbereichen der Werkstatt unterwegs. Auch Luftaufnahmen wurden gemacht. Mehr als zehn Stunden Filmmaterial kamen so
zusammen. In Absprache mit den Bereichs- und Gruppenleitern entstanden
dann zunächst Filme über die einzelnen Bereiche. Das beste Material wiederum wurde für den Imagefilm geschnitten. Den Text spricht die TV-Journalistin Gaby Dufern. Außer auf der Internetseite zeigen wir den Film zukünftig
unseren Gästen und Besuchergruppen oder bei Messen und Vorträgen.
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Imagefilm anschauen auf
www.werkstatt-ac.de
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mehrwerk
Werkstatthelden
KALLE KRAUT
EIN MANN MIT EIGENSCHAFTEN
Mehr Lob von Gruppenleiter Volkmar
Noppeney ist kaum denkbar: „Kalle hat
Spaß an der Arbeit. Er ist kaum krank,
immer pünktlich und hilfsbereit. Und vor
allem bringt er meistens gute Laune mit.“
Auch Andrea Plum, die ihn 37 Jahre lang
in ihrer Gruppe hatte („Wir sind zusammen alt geworden“), hebt als Erstes seine
positive Ausstrahlung hervor: „Kalle hat
auf jeden Pott einen Deckel.“
Immer gut gelaunt: Kalle Kraut (rechts, mit Gruppenleiter Volkmar Noppeney)
ist seit Gründung der Werkstatt 1968 ein beliebter und zuverlässiger Mitarbeiter.
WERKSTATTHELDEN
In unserem Unternehmen arbeiten viele interessante Persönlichkeiten. Menschen mit
sympathischen Macken, Menschen mit ungewöhnlichen Hobbys, Menschen, die still und
zuverlässig ihre Arbeit tun, kurz: Menschen, die man einfach mögen muss. Lesen Sie den
zweiten Teil der Serie „Unsere Helden“.
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Ein Gespräch mit Kalle Kraut landet nach
kurzer Zeit fast immer beim Thema Flugzeuge. Oder beim Angeln. Eins von beiden. „Ich hab da gerne Spaß dran, am
Angeln“, erzählt er in kurzen, schnellen
Sätzen. „Ja, ich hab mal einen gefangen.
War nicht klein! Papa war Angler, hatte
Glück gehabt.“ Dabei strahlt er sein Gegenüber an. Und wechselt abrupt das
Thema. „Wat schreibste da?“ Wer ihn
kennt, weiß: Kalle ist ein leidenschaftlicher Flieger und Angler. Weniger in
der Praxis, eher theoretisch. „Er kann
Fischarten benennen oder eine Cessna
von einer Piper unterscheiden“, berichtet
Gruppenleiter Noppeney. Aber wirklich in
ein Flugzeug steigen oder angeln gehen?
Das wolle Kalle nicht. Woher kommt die
Leidenschaft fürs Fliegen und Angeln?
Licht ins Dunkel bringt die Nachfrage bei
Kalles Bruder Erwin Kraut. „Wir sind eine
flugbegeisterte Familie. Unser Vater und
Großvater waren beide Jagdflieger, der
Großvater im ersten Weltkrieg sogar noch
in der kaiserlichen Armee.“ Erwin Kraut
selbst ist seit vierzig Jahren Sportflieger
und als selbständiger Unternehmer hat er
Flugzeugpropeller hergestellt und in alle
Welt verkauft.
Und das Angeln? „Ganz einfach: Wir
haben im Garten einen Teich mit Goldfischen.“ Da habe Kalle stundenlang mit
einer Angel davorgesessen. Noch heute
fahren sie an Besuchswochenenden raus
zum Flugplatz nach Merzbrück. „KarlHeinz ist ein ganz lieber Mensch“, sagt
sein Bruder. „Ich halte meine schützende
Hand über ihn. Wenn etwas ist, bin ich
da.“ In zwei Jahren wird Kalle Kraut sein
fünfzigstes Dienstjubiläum feiern. Damit
gehört er zu den zehn Dienstältesten der
Werkstatt. „Ich bin der älteste Jung. Ich
bin noch lange nicht fort“, setzt Kalle
Kraut auf seine unnachahmliche Art den
Deckel drauf.
Nachdem der Vater gestorben und die
Mutter ins Altersheim gezogen war,
wohnte Kalle fünf Jahre bei seinem
Bruder. „Natürlich haben wir Kalle
immer auf den Flugplatz mitgenommen. Er kann von weitem ein
Flugzeug am Geräusch erkennen.“
ZUR PERSON
EIN LEBEN MIT DER LEBENSHILFE
Karl-Heinz („Kalle“) Kraut wird am 5. Oktober 1953 geboren. Kurz
nach der Geburt erkrankt er an einer Hirnhautentzündung. Als
12-Jähriger kommt er in den Sonderkindergarten Alfonsstraße, die
erste Einrichtung der 1962 gegründeten Lebenshilfe Aachen. Im
Alter von 14 Jahren wechselt Kalle in die sogenannte Anlernwerkstatt im Forsthaus Siegel, aus der heraus später die Werkstatt für
Behinderte gegründet wird. Hier arbeitet er fast vier Jahrzehnte
in der Gruppe von Andrea Plum im Bereich Verpackung. Danach
wechselt er für zwei Jahre in die Gruppe von Guido Offermann. Seit
2012 ist Kalle Kraut in der Seniorengruppe von Volkmar Noppeney.
Bis 2009 lebte er zunächst bei den Eltern, dann bei seinem älteren
Bruder Erwin in Haaren. Heute ist eine Wohngemeinschaft im Haus
Panneschopp der Lebenshilfe sein Zuhause. „Hier fühlt er sich pudelwohl“, sagt sein Bruder.
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mehrwerk
BIAP
Eine riesige Halle im Gewerbegebiet auf der Hüls, im Raum verteilt sechs große Sortier- und Packtische:
Hier schlägt das Herz des Logistik-Centers der Aachener Spedition Hammer. Im Auftrag des IT-Herstellers
Devolo verschickt Hammer von hier aus Adapter für drahtlose Internetverbindung in alle Welt. An vier
Tischen wird gerade gearbeitet. In Spitzenzeiten verpacken die Teams 15.000 Einheiten am Tag. Logistikleiter Frank Moll, 43, hat den Überblick: „Wir beschäftigen Festangestellte und Zeitarbeiter. Und seit
Oktober gehören acht Mitarbeiter der Werkstatt dazu.“
Zur Gruppe zählen Ali Haydar Akdag, Nathalie Blanke, Ferdi Bostanci, Stefanie Kalf, Harald Kiesewalter, Patrizia Knapik,
Tobias Knörchen und Paul Wodolaskin. Als Gruppenleiter steht
ihnen der erfahrene Christian Hildebrandt zur Seite. Über fünfzehn Jahre hat er bereits die Außenarbeitsgruppe bei Zentis
betreut. „Was wir hier machen? Wir blistern“, beschreibt Hildebrandt es kurz und knapp. Handgriff für Handgriff werden
Adapter, Ladekabel, Verpackungskarton und Infoblatt in die
Kunststoffverpackung gelegt. Am Ende des Tisches steht die
Blistermaschine, an der die Kunststoffhülle verschweißt wird.
Die Maschine darf nur ein Mitarbeiter von Hammer bedienen.
Heute ist Mahin Ghasemichapi, eine quirlige und herzliche Frau,
die Tischführerin. Sie kümmert sich um diesen Arbeitsschritt.
Anschließend werden die verschweißten Einheiten in Kartons
gepackt und auf Paletten gestapelt. „Auf einer Palette sind 12
Kartons mit 168 Einheiten. Unser Rekord sind 18 Paletten an
einem Tag“, berichtet Mahim Ghasemichapi stolz. Mit den neuen
Kollegen aus der Werkstatt versteht sie sich bestens.
„WIR SIND
EINE FAMILIE“
BETRIEBSINTEGRIERTE ARBEITSPLÄTZE
BEI DER SPEDITION HAMMER
Ali Haydar Akdag gefällt die Arbeit bei Hammer sehr gut. Er ist einer
der Zuverlässigsten im Team, sagt Gruppenleiter Hildebrandt.
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Das Hammer-Werkstatt-Team (v. l.): Frank Moll, Leiter des
Logistik-Centers, Tischführerin Mahin Ghasemichapi und
Christian Hildebrandt, Gruppenleiter der Lebenshilfe-Werkstatt.
Auch Frank Moll bestätigt: „Das Betriebsklima in unserer Halle
ist hervorragend. Die Beschäftigten der Werkstatt sind voll integriert, einige helfen manchmal an anderen Tischen aus. Wir
sind eine Familie.“ Auch der Pausenraum wird gemeinsam genutzt. „Wir haben allerdings einen Vorteil“, sagt Gruppenleiter
Hildebrandt. „Im Gegensatz zu den Kolleginnen und Kollegen
von Hammer bekommen wir von unserer Küche in der Neuenhofstraße ein warmes Mittagessen geliefert.“
WAS SIND BETRIEBSINTEGRIERTE
ARBEITSPLÄTZE (BIAP)?
Ein Betriebsintegrierter Arbeitsplatz ist ein Einzelarbeitsplatz für einen
Werkstattbeschäftigten in einem Betrieb des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Der oder die Beschäftigte wird bei der Arbeit von qualifizierten Fachkräften der Werkstatt betreut. Betriebsintegrierte Arbeitsplätze erweitern die
beruflichen Perspektiven und bieten die Chance auf Vermittlung. In unserem Unternehmen gibt es derzeit 80 BiAP-Stellen, im Bereich des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) sind es rund 1.800.
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mehrwerk
BIAP
Werkstattregeln
mehrwerk
Werkstattregeln
in Leichter Sprache
In den Werkstattregeln sind Dinge festgelegt, die jeden einzelnen beschäftigten Mitarbeiter in seinem Arbeitsalltag
betreffen. Hier geht es zum Beispiel um Arbeitszeit und
Urlaub. Oder darum, wie man sich in der Werkstatt zu verhalten hat, damit es allen gut geht. Damit alle Mitarbeiter
diese Regeln auch gut verstehen und beachten können,
hatte der Werkstattrat von der Geschäftsleitung den Auftrag bekommen, diese in Leichte Sprache zu übersetzen.
Eine Arbeitsgruppe des Werkstattrats (Foto v. l. Regina
Offergeld, Sandra Bledziewski, Max Haberland) hat sich
dann zusammengesetzt und erst einmal gelernt, wie man
Texte in Leichter Sprache formuliert. Das war gar nicht so
einfach. Dazu waren aber die Tipps und Tricks aus einem
Regelbuch des Netzwerks People First Deutschland e. V.
Fertig zum Versand: Im Schnitt schafft die achtköpfige
Gruppe der Werkstatt 15 Paletten am Tag.
UNSERE PARTNER
Die Spedition Hammer ist einer der größten Logistikdienstleister in der
Region und betreibt Stützpunkte in über 25 Ländern. 2013 erzielte das
Unternehmen mit 500 Mitarbeitern einen Umsatz von 78 Mio. Euro.
Im Cluster Logistik der RWTH Aachen sind wir mit Hammer und vielen
weiteren Unternehmen gemeinsam aktiv. www.hammer-ac.de
sehr hilfreich. Zuerst wurden lange Sätze in kurze Sätze
geteilt. Jeder Satz sollte nämlich nur eine Aussage treffen. Der schwere Satz „Die Mitarbeiter können zwischen
einer Vergütung oder Freizeitausgleich für die abgeleisteten Mehrarbeitsstunden wählen“ wurde nun zum leicht
verständlichen „Für deine Überstunden kannst du Geld bekommen. Oder du kannst Freizeit dafür bekommen“. Auch
sollen kurze einfache Wörter benutzt werden. Also Bus
statt Omnibus. Schwere Wörter, die sich nicht einfach ausdrücken lassen, sollen mit einem Bindestrich getrennt werden. Ein Beispiel dazu ist Arbeits-Unfähigkeits-Bescheinigung. Das Ergebnis ist eine Broschüre der Werkstattregeln
in Leichter Sprache, die an alle Mitarbeiter verteilt wurde.
Die devolo AG entwickelt seit 2002 innovative Produkte für die Datenkommunikation und ist heute Weltmarktführer im Powerline-Segment.
www.devolo.de
DAS BEISPIEL PRO-IDEE
„EINE GROSSE BEREICHERUNG“
Bereits seit 2006 haben wir Betriebsintegrierte Arbeitsplätze beim Versandhaus Pro-Idee, das zur Aachener Junghans-Gruppe gehört. Derzeit arbeiten hier über dreißig Beschäftigte in zwei Arbeitsgruppen.
Dirk Rohleder, Betriebsleiter Logistik bei Pro-Idee, sagt: „Der Einsatz
von Menschen mit Behinderungen wird in unserer Firmengruppe unter zwei gleichrangigen Aspekten betrachtet, unter dem wirtschaftlichen und unter dem sozialen. Menschen mit Behinderungen können
und werden in alle Arbeitsprozesse problemlos integriert. Sie tragen
einen ausgezeichneten Beitrag zum Erfolg der Firmengruppe bei. Durch
die Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderungen haben wir die
Berührungsängste verloren und die Kollegen werden in allen Bereichen
gleichermaßen akzeptiert.“
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Dirk Rohleder, Betriebsleiter
Logistik bei Pro-Idee.
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mehrwerk
Kurz notiert
BERUFLICHE BILDUNG
IM KASTEN
Nicht zu übersehen sind die neuen Schaukästen des Berufsbildungsbereichs (BBB). Sie informieren über die Aktivitäten zum jeweils aktuellen Schulungsthema. Neu
aufgestellt ist auch das Team im BBB. Unter der Leitung
von Elke Mingers sind hier jetzt Sonja Erhardt (Foto, links),
Cornelia Cordes und Sarah Spriewald (nicht im Bild) als Dozentinnen tätig. Aktuell entwickeln sie das Konzept weiter.
Ergänzend zum bisherigen Blockunterricht richten sie den
Blick auf die individuelle Förderung. Neue Dinge lernen,
sich im Arbeitsbereich fit fühlen und die persönliche Förderung – diese Ziele sollen durch neue Unterrichtsmaterialien und Methoden besser erreicht werden. Im Berufsbildungsbereich lernen Schulabgänger und Berufseinsteiger
die verschiedenen Arbeitsbereiche der Werkstatt kennen
oder machen Praktika außerhalb der Werkstatt. Außerdem
gibt es regelmäßig Schulungen in verschiedenen Bereichen, zum Beispiel in Kulturtechniken, in der praktischen
beruflichen Förderung oder mit Mobilitätstrainings.
ZEHN JAHRE
QUALITÄTSMANAGEMENT
NEUE LEITUNG
IM SOZIALDIENST
„Mein Tag ist eine Wundertüte“, sagt Elke Mingers. Die
49-jährige Sozialarbeiterin leitet seit Oktober letzten Jahres
den Sozialdienst unserer Werkstatt. Zu ihrem Aufgabenbereich gehört auch die Koordination des Berufsbildungsbereiches. „Natürlich habe ich regelmäßige Termine und Gespräche
mit Mitarbeitern, Betreuern und Gruppenleitern. Aber jeden
Tag kommen aktuelle und unvorhergesehene Dinge dazu.“ Sie
fühlt sich von den Kolleginnen und Kollegen sehr gut aufgenommen. „Mittlerweile kenne ich nicht nur die Strukturen,
sondern habe auch ein Gespür dafür bekommen, was wo gebraucht wird.“ Bevor die gebürtige Aachenerin zur Lebenshilfe
kam, war sie beim Alexianer Wohnverbund als Teamleiterin
für Außenwohngruppen und Betreutes Wohnen tätig. „Die
Kenntnisse im Umgang mit psychisch Kranken und Menschen
mit geistiger Behinderung, die ich hier erworben habe, kommen mir jetzt natürlich zugute.“ In unserem Haus ist sie erste Ansprechpartnerin für Lehrer, Eltern und die Reha-Berater
der Arbeitsagentur. Wichtig findet sie, dass in ihrer täglichen
Arbeit der Kontakt zu den Beschäftigten nicht verloren geht.
MESSE – WERKSTATTRAT
WAR IN NÜRNBERG DABEI
Auf der diesjährigen Werkstättenmesse vom 12. bis 15. März in Nürnberg
war der Werkstattrat durch Max Haberland, den ersten Vorsitzenden, die
Frauenbeauftragte Andrea Bongard und Sandra Bledziewski vertreten.
Insgesamt kamen knapp 19.000 Besucher zu der Messe, die das gesamte
Spektrum dessen zeigt, was Werkstätten für behinderte Menschen leisten.
Außerdem gibt es viele Fachvorträge. Andrea Bongard (Foto) hielt einen
Vortrag über ihre Arbeit und die Novellierung der Werkstätten-Mitwirkungs-Verordnung (WMVO). Danach ist zu erwarten, dass jede Werkstatt
die Position einer Frauenbeauftragten einrichten muss.
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Im Jahr 2005 wurden wir erstmals nach DIN EN ISO 9001:2000
zertifiziert. Die Qualitätsmanagement-Norm dient als Nachweis, dass ein Unternehmen bei der Umsetzung des Qualitätsmanagements bestimmte Standards erfüllt. Dazu zählen
zum Kundenorientierung, Verantwortlichkeit der Führung oder
kontinuierliche Verbesserung. Hans-Dieter Kratz, QM-Beauftragter (Bild links, mit Betriebsrätin Martina Lintzen und
Geschäftsführer Norbert Zimmermann), ergänzt: „Das Besondere war, dass wir als erstes Unternehmen in Deutschland
gleichzeitig auch die Kriterien der sogenannten MAAS-BGW
(Managementanforderungen zum Arbeitsschutz der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege)
in unser QM-System einbezogen haben.“ Das heißt, dass Regelungen für die Arbeitssicherheit ebenfalls Teil des Managementsystems sind.
Damit wird auch der Arbeitsschutz zertifizierbar. Für Kratz und
sein Team hat sich der Aufwand gelohnt: „Vor allem sind wir
heute rechtssicher. Wir wussten schon damals, dass wir gut
sind. Nun können wir dies auch schriftlich nachweisen, alles
ist nun auch rechtlich untermauert.“ Martina Lintzen ist im
QM-Prozess als Projektmanagerin besonders bei der Planung
und Durchführung der internen und externen Audits beteiligt.
DEUTLICHES PLUS
FÜR DIE GESELLSCHAFT
Zum ersten Mal hat jetzt eine bundesweite Studie die Sozialbilanz von Werkstätten für behinderte Menschen berechnet. Dafür
wurden die Daten von 26 Werkstätten ausgewertet. Das Ergebnis: Werkstätten sind wertschöpfend. Unterm Strich erzeugen
sie ein deutliches Plus für die Gesellschaft. Hochgerechnet
verschaffen Werkstätten der öffentlichen Hand pro Jahr Einnahmen und Einsparungen in Höhe von etwa 6 Milliarden
Euro im Vergleich zu Investitionen in Höhe von 5,6 Milliarden Euro. Bereits 2012 hatten wir den „sozialen Wert“ unseres
Unternehmens untersuchen lassen. Die Studie finden Sie auf
unserer Internetseite.
300.000
70.000
3 Mrd. €
2,7 Mrd. €
Werkstattbeschäftigte
Fachkräfte
Direkte Einkommen
Direkte Nachfrage
6 Mrd. €
Direkte und induzierte Nachfrage
6 Mrd. €
Einnahmen der öffentlichen Hand
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mehrwerk
Digitale Medien
herantasten. Begleitet werden sie dabei von einer Mitarbeiterin
des Sozialen Dienstes und einer Studentin der Sozialen Arbeit.
Der 60-jährige Spriewald ist IT-Fachmann und seit einigen Jahren als Vertrauensperson des Werkstattrats tätig. Sascha Rombach, 30, ist seit 2004 bei uns beschäftigt und wie Max Haberland im Werkstattrat aktiv. Mit einem normalen Computer kann
er wegen seiner Spastik nichts anfangen.
DIE TASTATUR IST FÜR SASCHA EINE
UNÜBERWINDLICHE BARRIERE. DAS IPHONE,
DAS AUF DER ABLAGE SEINES ROLLSTUHLS
BEFESTIGT IST, KANN ER BEDIENEN.
Erste Erfahrungen mit dem Sprachassistenten namens Siri hat er
bereits gemacht. Nun geht es darum, die vielen Siri-Befehlssätze und weitere Hilfen des Betriebssystems kennenzulernen. Die
erste Vorführung klappt reibungslos. Sascha Rombach befiehlt:
„Rufe Gerd an!“ Und Siri, die freundliche Stimme aus dem Smartphone, antwortet: „Gerd Spriewald wird angerufen.“ Spriewalds
Smartphone klingelt. Dann wird es schon schwieriger. Sascha
fragt: „Wann ist mein nächster Termin?“ Siri: „Du hast einen
Termin um 17 Uhr. Magst du mehr dazu wissen?“ Sascha: „Was
ist das Thema?“ Siri: „Das Thema lautet Termin.“ Tja, meint Gerd
Spriewald, in so einer Sackgasse lande man am Anfang häufiger.
Es komme eben darauf an, Siri korrekt mit Daten zu „füttern“.
„Aber das ist Übungssache“, macht er Sascha Mut. Die beiden
haben sichtlich Vergnügen daran, sich an die Besonderheiten
dieser Technik heranzutasten. Sie sind wie Meister und Lehrling,
die sich gemeinsam auf unbekanntes Gelände vorwagen.
Am Ende des Wegs soll ein Konzept für neue Arbeitsbegleitende
Maßnahmen (ABM) zur Berufsbildung der Beschäftigten stehen.
Bisher hat Spriewald Computerkurse gegeben. Das war relativ
einfach. „Jetzt gilt es herauszufinden, wie eine solche ABM auf
die möglichen Zielgruppen in der Werkstatt zugeschnitten werden kann. Denn die jeweiligen körperlichen und intellektuellen
Voraussetzungen der Beschäftigten sind sehr unterschiedlich.“
Aufbruch in die digitale Welt: Sascha Rombach (links) und
Gerd Spriewald tasten sich gemeinsam vor.
DAS SMARTPHONE
MACHT UNS UNABHÄNGIGER
WERKSTATT STARTET PILOTPROJEKT „DIGITALE MEDIEN“
Nachrichten senden, Telefonnummern wählen, Termine machen – immer mehr Menschen mit Behinderung nutzen dafür
die intelligenten Bedienungshilfen von Smartphones. Mit dem
Pilotprojekt „Digitale Medien“ wollen wir jetzt herausfinden,
wie wir unsere Beschäftigten dabei noch besser unterstützen
können. „Vom Klapphandy haben wir uns schon vor längerer
Zeit verabschiedet“, sagt Max Haberland. Der 36-jährige Rollstuhlfahrer ist Vorsitzender des Werkstattrats. „Mittlerweile
haben alle Mitglieder des Werkstattrats ein Smartphone. Unsere Termine stimmen wir nur noch über WhatsApp ab. Und wir
arbeiten mittlerweile fast papierlos.“ Da Max Haberland nicht
lesen kann, lässt er sich seine E-Mails und Kurznachrichten von
der Computerstimme vorlesen. „Das klappt einwandfrei, ich bin
heute viel weniger davon abhängig, dass mir andere helfen.“
Bei einem Treffen mit dem Werkstattrat hatte Geschäftsführer
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Norbert Zimmermann, selbst fast immer online, schließlich eine
Idee. Kann man die technischen Möglichkeiten der kleinen mobilen Geräte nicht auch für die berufliche Förderung nutzen?
Natürlich gilt in der Werkstatt ein Handyverbot während der
Arbeit. Doch könnten Smartphones und Tablets nicht bestimmte
Aufgaben vor, während oder nach der Arbeit erleichtern helfen?
Zum Beispiel die Diktierfunktion, die beim Tippen, Starten von
Apps und Lesen von Kalendern hilft. Oder die Wheelmap, eine
mobile App zum Finden und Markieren rollstuhlgerechter Orte.
Am Ende des Treffens war das Pilotprojekt „Digitale Medien“
geboren. Was ist derzeit technisch überhaupt möglich? Welche
Bedienungshilfe eignet sich für wen? Und wie müssen Inhalte
aufbereitet sein, damit auch Menschen mit geistigen Behinderungen sie verstehen? An diese Fragen wollen sich nun Sascha
Rombach und Gerd Spriewald in dem Pilotprojekt gemeinsam
„SIRI, WAS KANNST DU EIGENTLICH?“
TIPPS UND INFOS ZU SIRI UND CO.
User: „Ich liebe Dich, Siri.“
Siri: „Oh. Sicher sagst Du das zu allen Deinen AppleProdukten.“
Siri, die sprachgesteuerte Eingabehilfe von Apple, versteht freie
Wortwahl. Ihre Bedienung ist einfach, angenehm und manchmal auch unterhaltsam, denn sie ist nicht an die Verwendung
konkreter Befehle geknüpft. So erhalten Sie zum Beispiel auf
die Frage „Brauche ich heute Gummistiefel?“ eine Auskunft über
die Wetterverhältnisse. Das Geheimnis: Appels Server gruppieren Begriffe und ordnen sie einer Kategorie zu. Gummistiefel,
Regenschirm oder Regenjacke verknüpfen sie automatisch mit
dem Thema Wetter.
User: „Ich bin müde.“
Siri: „Ich hoffe, Du fährst nicht gerade mit dem Auto.“
UNSER TIPP: LERNEN SIE SICH KENNEN UND
WERDEN SIE FREUNDE
Fragen Sie einfach „Siri, was kannst Du?“. Siri greift auf die
Funktionen Ihres IPhones ebenso zu, wie auf Ihre Apps. So können Sie zum Beispiel Kontakte anrufen und Kalendereinträge
verwalten, SMS oder WhatsApp-Nachrichten versenden, Posts
in sozialen Netzwerken erstellen, die Navigation bedienen, Wecker und Timer einstellen und Informationen aus dem Internet
erhalten ohne den Bildschirm zu berühren.
Das Beste: Siri lernt. Erklären sie der Spracherkennung, wer Ihre
Mutter ist und sie wird zukünftig bei „Rufe meine Mutter an“
den richtigen Kontakt anwählen. Speichern Sie einen Kontakt
mit Ihren eigenen Kontaktdaten und erklären Sie Siri, wer Sie
sind. So kann zum Beispiel die Frage beantwortet werden „Wie
lange brauche ich heute zur Arbeit?“. Verbessern Sie die Aussprache bei Fehlern, werden diese in Zukunft vermieden. Je genauer Sie anfangs sind, desto mehr wird das Programm Ihnen
nützlich sein können.
User: „Was hältst Du von Android?“
Siri: „Ich denke da anders.“
SPRACHERKENNUNGSSYSTEME FÜR
ANDROID-SMARTPHONES UND PC
Natürlich stehen auch für Android-Smartphones gut funktionierende Spracherkennungssysteme mit ähnlichen Funktionalitäten, wie zum Beispiel Vlingo oder Aivc, zur Verfügung. Google
Now bietet zudem mit seinem digitalen Assistenten „OK Google“
eine Anwendung, die auch am PC funktioniert.
User: „Was hast Du an?“
Siri: „Alumosilikatglas und rostfreien Edelstahl.
Nett, nicht?“
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mehrwerk
Gesundheitsvorsorge
Kein Fall
für den Betriebsarzt
GESUNDHEITSVORSORGE
IN DEN WERKSTÄTTEN
So weit musste es wohl kommen. Erst als Heike Berka zuhause die Treppe hinunterfiel, nahm sie das
Problem ernst. Der Sturz hätte schlimmer ausgehen können. Zum Glück hatte sie nur Prellungen, blaue
Flecken und Abschürfungen. Allerdings konnte sie sich kaum bewegen und beim besten Willen nicht zur
Arbeit gehen. Eigentlich hätte sie schon viel früher eine Auszeit nötig gehabt. Jetzt zwingt mich mein
Körper wohl dazu, dachte sie. Denn erschöpft und gestresst fühlt sich Heike Berka schon seit Monaten.
Die 58-Jährige liebt ihre Aufgabe und sie mag die Menschen mit teils schweren Behinderungen in ihrer
Gruppe. Sie hat ein wunderbares Team, sagt sie. Doch irgendwann geht es los.
Sie merkt, dass sie immer weniger belastbar ist. Die Wochenenden, die sie meist in der Eifel verbringt, sind immer weniger erholsam. Ein Grund, ahnt sie, ist die Geräuschkulisse im
Gruppenraum. Mit zunehmendem Alter kann sie die manchmal
hohe Lautstärke immer weniger verkraften. Irgendwann kann sie
kaum noch schlafen. Doch sie verdrängt das Thema.
„DIE GEFÜHLE DER ÜBERLASTUNG, DAS WAR
EIN SCHLEICHENDER PROZESS. ABER ICH
WOLLTE WEITER FUNKTIONIEREN, MEINEN
KOLLEGEN KEINE MEHRARBEIT ZUMUTEN.“
„Geht nicht gibt‘s nicht, hieß es schon in meiner Ausbildung
zur Krankenschwester“, sagt Heike Berka. Im November letzten
Jahres wird es schlimm: Sie bekommt nachts kein Auge mehr
zu, schleppt sich zur Arbeit. Anfang Dezember erinnert sie sich
an den Gesundheitstag in der Firma, bei dem sie einige Untersuchungen hat machen lassen. Vom Team des Betriebsarztes
hatte sie einen positiven Eindruck. Und so greift sie endlich zum
Telefon, um mit der Praxis einen Termin zu vereinbaren. „Das
Gespräch mit der Psychologin hat mir sehr gut getan. Sie hatte
viel Verständnis und ich fühlte mich bestätigt: Nicht die Arbeit
an sich, sondern der Lärm ist die Ursache für meine Schlafstörungen.“ Sie bekommt Tipps, wie sie besser herausfinden kann,
was sie braucht, was ihr gut tut. Doch eine Krankschreibung
lehnt Heike Berka ab. Kurze Zeit später, es ist kurz vor Weihnachten, passiert der Unfall zu Hause. Nun hat sie viel Zeit zum
Nachdenken.
Auf Empfehlung der Psychologin beginnt Heike Berka mit autogenem Training. Das Ergebnis: Sie kann wieder besser abschalten. Und schlafen. Nach den Weihnachtsferien empfiehlt ihr der
Betriebsarzt einen angepassten Gehörschutz. Das Gerät filtert
störende Geräusche heraus. Zurzeit wird geprüft, ob die Anschaffung im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM, siehe Infokasten) möglich ist. „Ich finde es gut,
dass sich die Firma so engagiert. Für mich habe ich gelernt, dass
es normal ist, wenn die Belastbarkeit mit den Jahren abnimmt.
Deswegen muss man keine Schuldgefühle haben.“
Heike Berka in ihrem „Reich“. Seit fast 25 Jahren ist sie Gruppenleiterin im Heilpädagogischen Arbeitsbereich in der Neuenhofstraße. Ihr
Spezialgebiet sind Autismus-Spektrum-Störungen.
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WAS WIR FÜR DIE
GESUNDHEIT TUN
Für alle Mitarbeiter unseres Unternehmens, ob mit oder ohne
Behinderung, gibt es eine Vielzahl von Angeboten, vor allem
durch unser Sportlehrerteam. Beim Gesundheitsschutz für das
Fachpersonal geht es vor allem um das psychische Wohlbefinden. So werden etwa im Rahmen der Personalentwicklung die
Kosten für Supervision übernommen. Außerdem gibt es Kurse für autogenes Training, Yoga und Wirbelsäulengymnastik.
Sportliche Aktivitäten in der Freizeit fördert das Unternehmen
im Rahmen des Aachener Firmenlaufs. In Zusammenarbeit mit
dem Betriebsarzt Dr. Michael Suchodoll fand 2014 zudem ein
Gesundheitstag für das Fachpersonal statt.
BETRIEBLICHES
EINGLIEDERUNGSMANAGEMENT
FÜR DAS FACHPERSONAL
Als Arbeitgeber sind wir zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) verpflichtet. Seit Herbst 2014 gibt es dazu
eine Betriebsvereinbarung. Ziel des BEM ist, eine Arbeitsunfähigkeit von Mitarbeitern zu überwinden bzw. der Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen. Ist ein Mitarbeiter im Laufe eines Jahres
länger als sechs Wochen arbeitsunfähig, kann er das Angebot
nutzen und sich an das sogenannte Integrationsteam wenden.
Gemeinsam mit dem Betroffenen entwickelt das Team dann einen Vorschlag, wie die Wiedereingliederung gestaltet werden
soll. Dieser Vorschlag wird dann der Geschäftsleitung vorgelegt.
KONTAKT ZUM
INTEGRATIONSTEAM
Ansprechpartner sind Martina Lintzen und Ralf Bohr vom
Betriebsrat sowie Frank Velten, Bereichsleitung Metall. Dokumente und Formulare zum BEM sind auch im Qualitätsmanagement-Handbuch frei zugänglich.
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mehrwerk
Kurz notiert
Tipps und Termine
TOLLE REZEPTE
AUS VIER LÄNDERN
TIPPS UND
In der vorletzten Ausgabe hatten wir über das EU-Projekt „Lebenslanges Lernen“ berichtet. Dabei
haben wir mit Einrichtungen der Behindertenhilfe aus Österreich, Belgien, Rumänien und Italien
zum Thema „Kreative Gastronomie“ zusammengearbeitet. Bei gegenseitigen Besuchen wurde vor
allem gemeinsam gekocht unter dem Motto „Menschen mit Behinderung kreieren Köstlichkeiten
aus regionalem Anbau“. So ist ein interessantes Kochbuch mit Rezepten aus vier Ländern entstanden. Wer sich über das Projekt informieren und das eine oder andere Rezept nachkochen will,
findet das Kochbuch auf unserer Internetseite werkstatt-ac.de zum Herunterladen. Als Appetitanreger, hier ein zur Jahreszeit passendes Rezept vom Café Life:
4
Pers.
Spargelragout
Spargel schälen und in schmale Scheibchen schneiden. Spargelspitzen separieren. In einer Pfanne Butter erhitzen und die Spargelscheibchen und Spargelspitzen anbraten. Spargelspitzen beiseite
stellen. Mit Weißwein löschen, mit Sahne & Creme fraiche auffüllen, anschließend 10 Minuten köcheln lassen. Mit Salz & Pfeffer,
Kerbel und Zitronensaft abschmecken. Mit den Spargelspitzen garnieren und mit in Butter gebratener Entenleber servieren.
Auftaktveranstaltung: Wir sind eines
von acht Unternehmen, die am Projekt
„Mobil.Pro.Fit.“ der Städteregion Aachen
teilnehmen (vorne rechts: Max Haberland,
Werkstattrat, dahinter Mariele Storms).
UMWELTFREUNDLICH
MOBIL
Jedes Unternehmen produziert Verkehr, auch die Werkstatt. Mitarbeiter und Beschäftigte kommen mit Bus und Pkw zur Arbeit.
Lkw liefern Ware an oder bringen sie zu Kunden. Zwischen den
beiden Standorten fahren Mitarbeiter hin und her. Das alles belastet die Umwelt. Wie können wir den Verkehr umweltfreundlicher machen? Auf diese Frage erhoffen wir uns Antworten vom
Projekt „Mobil.Pro.Fit.“. Es wurde vom Bundesdeutschen Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management e. V. ins Leben gerufen.
Eine von zehn Modellkommunen ist die Städteregion Aachen. Sie
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mehrwerk
hat das Projekt jetzt mit zunächst acht kleinen und mittelständischen Unternehmen gestartet. Gefördert werden vier Workshops und drei individuelle Beratungstermine. Dabei werden
wir in den nächsten zwölf Monaten die betriebliche Mobilität
unter die Lupe nehmen. Das Ziel ist, die Verkehre nachhaltiger
und klimafreundlicher zu gestalten, etwa durch den Einsatz von
Carsharing oder Dienst-Pedelecs. Dass Umweltschutz außerdem
Geld sparen kann, hat schon das Projekt „Ökoprofit“ gezeigt. Daran hatten wir uns 2011 erfolgreich beteiligt.
Termine
LEBENSHILFE-TERMINE
CAFÉ LIFE
Mai
Familienaktionstag
Juni
Juli
14
der Lebenshilfe im Tierpark, 10 bis 17 Uhr
www.lebenshilfe-aachen.de
16
26
Juni
Clubnachmittag (Sommerspezial)
Mai
Themenabend
13
des Lebenshilfe FeD im Werk Hergelsmühlenweg,
14 bis 17 Uhr, www.fed-aachen.de
Sept
Lebenshilfe-Fest
26
50 Jahre Kita Mirabilis, 40 Jahre Frühförderung,
40 Jahre Kita Waldmeister, 14 bis 17 Uhr, Lintertstr. 33
09
Aug
08
Lese-Frühstück
jeweils 10 Uhr
„La Mancha“
Themenabend
„Der Heilige Laurentius“
Für die Themenabende ist eine Reservierung
erforderlich. www.cafelife-ac.com
AUSSTELLUNGEN
Wien:
In Kürze reisen sechs Künstler der Gruppe „willsosein“ in die österreichische Hauptstadt, um ihre Werke in
„Michl´s Café“ zu präsentieren. Die Vernissage findet am 17. Mai statt. Das Michl´s ist ein Projekt der Wien Work, ein
gemeinnütziges Unternehmen der Sozialwirtschaft: www.michls.at.
Aachen: Am 1. Juni startet eine Dauerausstellung in den Räumlichkeiten des „FIR – RWTH Aachen campus“
(www.fir.rwth-aachen.de). Im FIR haben wir vor einem Jahr bereits den Konferenzservice übernommen. Parallel stellen
wir wegen der großen Nachfrage zum zweiten Mal im Friseur-Salon Dümenil (Hof 12, 52062 Aachen) aus. Ebenso
werden wir in den neuen Räumlichkeiten der LEWAC (Jülicher Str. 352) Bilder ausstellen. www.willsosein.de
Impressum
Herausgeber: Lebenshilfe Aachen Werkstätten & Service GmbH, Neuenhofstr. 170, 52078 Aachen
Tel. 02 41 / 92 81 10, [email protected], www.werkstatt-ac.de
V.i.S.d.P.: Norbert Zimmermann, Geschäftsführer
Konzeption, Text, Redaktion: gossen-kommunikation.de
Gestaltung: POWER+RADACH werbeagentur, power-radach.de
Fotos: Werkstätten & Service GmbH, Christian Charlier, Siegbert Gossen
Druck: mtb, Maastricht, Auflage: 2.000
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mehrwerk
Theaterprojekt
Vorhang auf
& Bühne frei
Im Herbst 2014 haben wir zum zweiten Mal ein Projekt mit der
Theaterschule Aachen für Schauspiel und Regie durchgeführt.
Dabei haben neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zehn Wochen lang Schauspielunterricht genommen, um ein Stück auf
die Bühne zu bringen, das es noch nie gab: „Sherlock Holmes:
Mord im Nebel“. Nachdem unsere Schauspieler und Projektleiter
Friedhelm Hogen in ihre selbst gewählten Rollen geschlüpft waren, galt es zunächst, sich darin wohl zu fühlen und das jeweilige Thema zu finden. Unter der Leitung von Theaterregisseurin
Katharina Weishaupt fanden schließlich Sherlock Holmes, Inspektor Hicks von Scotland Yard und sechs weitere Schauspieler
zusammen. Das Stück spielt im Jahr 1914 in London und die Pre-
20
miere war am 4. Dezember 2014, also ziemlich genau hundert
Jahre später. Nach dem großen Erfolg der Premiere folgte dann
am 5. März 2015 die zweite Aufführung. Auch diesmal durften
die Zuschauer 40 Minuten staunen, sich fürchten und vor allem
viel lachen.
GESAMTLEITUNG
REGIE
Ingeborg Meier
Katharina Weishaupt
FOTOGRAFIE
TECHNIK
Gabriele Roßler und Kurt Steinle
Kerstin Lünenschloss
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mehrwerk
mehrwerk
Bilderalbum
Bilderalbum
mehrwerk
Theaterprojekt
Theaterprojekt
111 MAL
&
„Danke“
VIER MAL
„Auf Wiedersehen“
Im März haben wir im Rahmen einer Feier erneut Mitarbeiter ausgezeichnet, die seit 10,
15, 20, 25, 30, 35, 40 und sogar 45 Jahren bei uns arbeiten. Bei dieser Gelegenheit wurden
auch die Mitarbeiter, die das Rentenalter erreicht haben, in den Ruhestand verabschiedet.
Insgesamt gab es in diesem Jahr 111 Jubilare und vier Rentner. Angesichts dieser Vielzahl
wurde die Feier auf zwei Termine aufgeteilt. Alle Geehrten erhielten eine persönliche Urkunde und ein individuelles Geschenk.
SCHAUSPIELER
Sherlock Holmes
Lady Evelyn
Lord Rubbel
22
Manuel Diamantopoulos
Sandra Bledziewski
Nico Michels
Mr. Jack
Fräulein Indira
Gärtner
Malte Müller
Taraneh Afkhami
Dennis Drechsler
Inspektor Hicks
Lord Rutherford
Elisabeth
Jonas Lander
Friedhelm Hogen
Melanie Schönen
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mehrwerk
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Bilderalbum
mehrwerk
Bilderalbum
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mehrwerk
Bilderalbum
Karneval
NEUENHOF
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HAAREN
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