GRÜNE ZEITEN ZEITSCHRIFT FÜR GRÜNE POLITIK IN NIEDERSACHSEN Ausgabe 01/15 [ April 2015 ] Gesundheits- und Verbraucherschutz Antibiotikaeinsatz reduzieren, Hygienestandards einhalten Keine Kohle mehr Termine Samstag, 18. April 2015 Bundesweiter Aktionstag gegen TTIP Samstag 7. und Sonntag, 8. November 2015 Landesdelegiertenkonferenz in Osnabrück Freitag bis Sonntag, 20. bis 22. November 2015 Bundesdelegiertenkonferenz in Halle (Saale) Der Landesvorstand Die LANDESGESCHÄFTSSTELLE Meta Janssen-Kucz Landesvorsitzende [email protected] Tel: 0511 - 12 60 85 - 11 Gabi Kutsche Geschäftsführung [email protected] Tel: 0511 - 12 60 85 - 22 Stefan Körner Landesvorsitzender [email protected] Tel: 0511 - 12 60 85 - 21 Jens Williges Finanzen [email protected] Tel: 0511 - 12 60 85 - 66 Matthias Wiebe Landesschatzmeister [email protected] Katja Sauer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit [email protected] Tel.: 0511 - 12 60 85 - 44 Sybille Mattfeldt-Kloth Beisitzerin und frauen- und genderpolitische Sprecherin [email protected] Johanna Forys Öffentlichkeitsarbeit [email protected] Tel.: 0511 - 12 60 85 - 33 Djenabou Diallo-Hartmann Beisitzerin [email protected] Martin Köne Kommunalreferat [email protected] Tel.: 0511 - 12 60 85 - 88 Peter Schmithüsen Beisitzer [email protected] Renate Westphale Organisation [email protected] Tel: 0511 - 12 60 85 - 24 Christine Helmhold Organisation [email protected] Tel.: 0511 - 12 60 85 - 23 Sören Creutzig Gliederungsservice [email protected] Tel: 0511 - 12 60 85 - 89 Dominik Stanke GRÜNE JUGEND Niedersachsen [email protected] Tel: 0511 - 12 60 85 - 77 Impressum Grüne Zeiten Zeitschrift von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Niedersachsen Erscheinungsweise 3 x jährlich Herausgabe und Verlag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Landesverband Niedersachsen, Odeonstr. 4, 30159 Hannover, Tel 0511/12 60 85 - 0, Fax 0511/12 60 85 - 85, [email protected], www.gruene-niedersachsen.de Redaktion Katja Sauer (V.i.S.d.P.) und Johanna Forys; Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Fotos Archiv/privat; Eisbär © st_iv - Fotolia.com; Krankenhaus © lightpoet - Fotolia.com; Hochschule © Clemens Löcker - flickr; GRÜNE JUGEND; Satz und Layout p*zwe, dacorpo design Druck unidruck, Hannover Auflage 6.200 02 Grüne Zeiten 01-2015 editorial Liebe Freundinnen und Freunde, auf unserer Landesdelegiertenkonferenz in Stade haben wir als Vorstand mit dem Leitantrag Für mehr Gesundheits- und Verbraucherschutz: Antibiotikaeinsatz reduzieren – Trinkwasser schützen! ein wichtiges Thema gesetzt. In der Debatte und an den Änderungsanträgen wurde deutlich, dass wir einen Schwerpunkt mit vielen unterschiedlichen Facetten angepackt haben. Dieser findet sich auch in dieser Ausgabe der GRÜNE ZEITEN wieder. Die Massentierhaltung und ihre Folgen für Menschen und Umwelt stellen insbesondere für uns in Niedersachsen ein großes Problem dar. Das vermehrte Auftreten multiresistenter Keime aus der Landwirtschaft ist ein Alarmzeichen gegen den Missbrauch von Antibiotika als Schmiermittel für die gewinnmaximierte Tiermast. Vor allem für die Krankenhäuser stellen diese Keime eine besondere Herausforderung dar. Dass Tierhalter inzwischen in Krankenhäusern als Risikopatienten betrachtet werden, zeugt davon, wie ernst die Lage ist. Wenn gängige Antibiotika ihre Wirksamkeit verlieren, bedeutet das aber nicht einfach einen Ansstieg der Sterberate von Alten und Kranken. Zahlreiche Operationen, die wir als Standardeingriffe nicht mehr fürchten, bergen ohne wirksame Antibiotika ungewohnte Risiken. Das Leben in einer Welt nach den Antibiotika wird sich deutlich von unserem gewohnten unterscheiden. len von Niedersachsen ist das Grundwasser zu stark belastet. Der umfassende Trinkwasserschutz muss ein grünes Kernanliegen bleiben. Es geht um den Schutz der Gesundheit der Menschen. Der Handlungsbedarf ist mehr als deutlich, die grüne Agrarwende in Niedersachsen bedeutet ein Mehr an Verbraucher-, Tier- und Umweltschutz. Diese Themen sollten wir auf allen politischen Ebenen weiter aktiv bearbeiten und damit einen guten politischen Aufschlag für die vor uns liegenden Kommunalwahlen im September 2016 machen. Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen und freuen uns auf eure Rückmeldungen zu dieser Ausgabe der GRÜNE ZEITEN. Meta Janssen-Kucz und Stefan Körner Landesvorsitzende Eine weitere Facette ist der Schutz des Trinkwassers, unseres Lebensmittels Nummer eins. Es wird unter anderem durch Gülle gefährdet. Ein Blick auf die Karte der Nitratbelastung ist erschreckend: In großen Tei- INHALT 03...............................................................Editorial 04................................................Landesvorstand 12.........................................................Klimaschutz 06...............................................................LDK Stade 07........GESUNDHEITS- UND VERBRAUCHERSCHUTZ 15........................................................Grüne Jugend 14......................................Kohlekraftwerk Stade 16...........................................Landtagsfraktion 11..............................................Hochschulpolitik Grüne Zeiten 01-2015 03 landesvorstand Der Landesvorstand stellt sich vor Auf der Landesdelegiertenkonferenz in Stade haben wir unseren Landesvorstand neu gewählt. Wir haben gefragt, wie sie überhaupt bei den Grünen gelandet sind und welche Themen sie bewegen: Landesvorsitzende, MdL Meta Janssen-Kucz 53 Jahre, KV Leer/Ostfriesland Landesschatzmeister Matthias Wiebe 54 Jahre, KV Lüneburg Beisitzerin Djenabou Diallo Hartmann 29 Jahre, KV Hannover 04 Grüne Zeiten 01-2015 Wie bist du bei den Grünen gelandet? Für mich waren der Ausstieg aus der Atomenergie und Klimaschutz wichtige politische Themen. Dazu kam die Grüne Politik für mehr Frauenrechte und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Anfang der 90er Jahre haben mich die Grünen Frauen in der Gemeinde Moormerland, die aktiv für mehr Ökologie, mehr soziale Gerechtigkeit und gegen die Volkszählung eingetreten sind, motiviert, Mitglied bei den Grünen zu werden. Was willst du bei den Grünen bewegen? Der Atomausstieg und die Energiewende stehen ganz oben auf meiner politischen Agenda. Im Mittelpunkt meines politischen Handelns stehen Gesundheits- und Verbraucherschutz sowie eine solidarische weltoffene Gesellschaft und umfassende BürgerInnenrechte. Dazu gehört auch das Streiten für „Eine Welt“, und dass Grüne Politik nicht vor der Haustür aufhört. Mein Motto: Die Dinge sind nie so, wie sie sind. Sie sind immer das, was man aus ihnen macht. (Jean Anouilh) Wie bist du bei den Grünen gelandet? Ich war zunächst in der Bürgerinitiative (BI) „Lebensberg“- Keine A 39 aktiv. Als die Grünen in Adendorf 2006 KandidatInnen für die Listenaufstellung suchten, rief der BI-Vorsitzende die Mitglieder auf, sich politisch zu engagieren. Die Vorstellung, dass die Grünen in einer Gemeinde mit 10.000 Einwohnern nicht im Gemeinderat vertreten sind, bewog mich, mich für die Grünen zu engagieren. Was willst du bei den Grünen bewegen? Gemeinsam mit den Grünen möchte ich für mehr Umweltbewusstsein und Toleranz in der Bevölkerung werben. Im Landesvorstand möchte ich weiterhin für eine gerechte und soziale Politik in Niedersachsen arbeiten und dabei die geordneten Finanzen im Landesverbandshaushalt weiter beibehalten. Mein Motto: Frage nicht Dein Land, was es für Dich tun kann, frage Dich, was Du für Dein Land tun kannst. (J.F. Kennedy.) Dieses Motto sollten sich viel mehr BürgerInnen zu eigen machen und sich ehrenamtlich engagieren. Wie bist du bei den Grünen gelandet und was willst Du bewegen? Als ich im Mai 2005 nach Deutschland kam, habe ich festgestellt, dass man auf Grund seiner Herkunft und seines Aussehens im Alltag anders behandelt wird. Für mich war schnell klar, dass die Grünen sich mehr als alle anderen Parteien, für Toleranz, Respekt und Chancengleichheit für alle einsetzen – unabhängig der Herkunft. Ich bin 2012 bei den Grünen eingetreten, um selber aktiv Diskriminierung zu bekämpfen. Was willst du bei den Grünen bewegen? Ich möchte mich dafür einsetzen, dass Niedersachsen noch weltoffener wird, die Bereitschaft zu Integration bei ZuwandererInnen und Deutschen stärken und dafür kämpfen, dass Menschen, die zu uns kommen, eine echte Willkommenskultur erleben. Wir müssen die Einwanderung zukunftsfähig gestaltet. Nur wenn Politik und Gesellschaft zusammenarbeiten, kann eine gute Integration der Flüchtlinge gelingen. Mein Motto: Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt. (Mahatma Gandhi) landesvorstand Landesvorsitzender Stefan Körner 38 Jahre, KV Regionsverband Hannover Beisitzerin und frauen- und genderpolitische Sprecherin Sybille Mattfeldt-Kloth 60 Jahre, KV Helmstedt Beisitzer Peter Schmithüsen 50 Jahre, KV Nienburg Wie bist du bei den Grünen gelandet? Der Regierungswechsel 1998 zu RotGrün hat bei mir einen regelrechten Euphorieschub ausgelöst, nachdem ich bis dahin in meinem politischen Leben nur den gefühlt ewigen Kanzler Kohl kannte. Während ich mich anfangs mehr als Anhänger von Rot-Grün insgesamt empfunden habe, hat es mir die Regierung Schröder leicht gemacht, zu sehen, wo ich stehe: Als Schröder 2005 die rot-grüne Koalition einfach weggeworfen hat, habe ich mich entschieden, Farbe zu bekennen und bin Grünes Mitglied geworden. Was willst du bei den Grünen bewegen? Grüne Positionen dürfen nicht als Schön-Wetter-Themen hinter Belangen von Wirtschaft und Arbeitsplätzen zurückstehen. Der Kampf für eine konsequente Energiewende, eine andere Landwirtschaft, mehr Natur- und Umweltschutz und eine offene Gesellschaft stehen für mich dabei ganz vorne. Mein Motto: Die besten Dinge im Leben sind nicht die, die man für Geld bekommt. (Albert Einstein) Wie bist du bei den Grünen gelandet? Die Grünen sind nicht nur eine Umweltpartei, sondern auch immer schon eine emanzipatorische Partei. Das heißt, die Gleichstellung Minderberechtigter war und ist das Thema, was mich bei Grünen besonders interessiert. Darum musste ich bei den Grünen mitmachen.Was willst du bei den Grünen bewegen? Mein Spezialthema ist die Geschlechtergerechtigkeit. Frauen sind in Führungspositionen von Wirtschaft und Verwaltung noch immer unterrepräsentiert. Ihr Erwerbseinkommen ist um 22 Prozent geringer als das der Männer, was durch niedrigere Rentenbeiträge zu späterer Altersarmut führt. Ich will mich daher für die eigenständige wirtschaftliche Sicherheit von Frauen einsetzen. Mein Motto: Nur gemeinsam sind wir stark! Das heißt, solange nicht Männer ganz selbstverständlich in Kitas und Grundschulen arbeiten, sind wir von Geschlechtergerechtigkeit noch weit entfernt. Wie bist du bei den Grünen gelandet? Ich wurde in den 80er Jahren unter dem Eindruck des Waldsterbens, des atomaren Wettrüstens und der Katastophe von Tschernobyl erwachsen. Die Grünen waren schon damals für mich die einzige politische Option. Eine flammende Rede von Bärbel Höhn auf dem Neujahrstreffen der Grünen in Nienburg gab mir den entscheidenden Impuls in die Partei einzutreten und mich persönlich zu engagieren. Was willst du bei den Grünen bewegen? Ich möchte dazu beitragen, dass unsere Antworten auf die entscheidenden Zukunftsfragen unserer Gesellschaft wie zur sozialen Gerechtigkeit, Energie- und Agrarwende, Bildungschancengleichheit und zum Klimaschutz bei den Menschen auch ankommen und unsere Lösungsvorschläge auch die nötige politische Mehrheit finden. Inhaltlich will ich die Diskussion zum bedingungslosen Grundeinkommen bei den Grünen wiederbeleben und die Medien- und Netzpolitik mehr in den Fokus unserer Debatten rücken. Mein Motto: zuhören, verstehen, gemeinsam gestalten. Grüne Zeiten 01-2015 05 LDK Stade nachhaltig GRÜN Grüne Beschlüsse nicht nur für heute, sondern auch für morgen und übermorgen trafen die rund 170 Delegierten auf unserer Landesdelegiertenkonferenz (LDK) im Februar in Stade. Gleich zu Beginn diskutierten die Anwesenden in einer aktuellen Stunde über die Chancen und Herausforderungen, die sich für die Kommunen durch Flüchtlinge in Niedersachsen ergeben. Einig waren sich alle RednerInnen darin, dass wir seit der rot-grünen Regierungsübernahme schon eine Vielzahl von Verbesserungen für Flüchtlinge erreicht haben und eine Willkommenskultur in der Gesellschaft verankert haben. Gleichwohl gibt es aufgrund des anhaltenden Zulaufs weiter Handlungsbedarf. Wenn wir die Stimmung im Land nicht kippen lassen wollen, müssen Land und Bund die Kommunen stärker unterstützen, beispielsweise mit Förderprogrammen für den sozialen Wohnungsbau und für Sprachkurse. Auch in Zukunft wird es aktuelle Stunden auf unseren Landesdelegiertenkonferenzen geben. Hier wollen wir Raum geben für aktuelle Themen, die ohne Antragsfristen mit den Delegierten offen diskutiert werden sollen. ! Wir fordern einen anderen Umgang mit Antibiotika in der Tier- und in der Humanmedizin, Reserve-Antibiotika haben in der Tiermedizin nichts zu suchen. Entscheidender Hebel für den Gesundheits- und Trinkwasserschutz ist ein Umbau der Art und Weise unserer Landwirtschaft. Zudem müssen wir über eine konsequent ausgeführte Hygiene die Ausbreitung von Keimen in Krankenhäusern eindämmen. Mehr zu dem Beschluss findet ihr auf Seite 7, ein Interview mit Dr. Imke Lührs, Mitbegründerin der Ärzteinitiative gegen Massentierhaltung, findet ihr auf Seite 9 und 10. Mit dem Beschluss Klimagipfel zum Erfolg bringen fordern wir ehrgeizige, international verbindlich vereinbarte Maßnahmen, um sich dem Klimawandel wirksam entgegenzustellen. Wir müssen die Energiewende weiter vorantreiben und dabei die lokalen AkteurInnen unterstützen. Auch die Industrie müssen wir in die Pflicht nehmen. Weitere Informationen zum Klimawandel findet ihr im Interview mit dem Klimaexperten Stefan Wittig auf den Seiten 12 und 13. Turnusgemäß haben wir in Stade einen neuen Landesvorstand gewählt: Meta Janssen-Kucz und Stefan Körner sind zu den Vorsitzenden gewählt worden. Matthias Wiebe ist in seinem Amt als Landesschatzmeister bestätigt worden. Djenabou Diallo-Hartmann, Sybille Mattfeldt-Kloth und Peter Schmithüsen unterstützen den Vorstand als BeisitzerInnen. Sybille ist außerdem zur frauen- und genderpolitischen Sprecherin gewählt worden. Eine Kurzvorstellung unseres Vorstandes findet ihr auf den Seiten 4 und 5. Mehr Demokratie an den Hochschulen fordert der Antrag, den der Landesvorstand gemeinsam mit der GRÜNEN JUGEND Niedersachsen und campus grün Niedersachsen erarbeitet hat und den die Delegierten mit sehr großer Mehrheit verabschiedet haben. Wir wollen direkt gewählte Hochschulgremien stärken und die Mitbestimmung für Studierende ausbauen. Für Drittmittelprojekte fordern wir einen kritischen und transparenten Umgang. Mehr zu dem Beschluss sowie eine Kurzvorstellung von campus grün Niedersachsen findet ihr auf Seite 11 dieser Ausgabe. Mit großer Mehrheit haben wir den Antrag Für mehr Gesundheits- und Verbraucherschutz: Antibiotikaeinsatz reduzieren, Trinkwasser schützen! beschlossen. Diese und die vielen weiteren Beschlüsse der LDK Stade könnt ihr auf unserer Homepage nachlesen: http://gruene.lv/beschluessestade2015 06 Grüne Zeiten 01-2015 Gesundheits- Und verbraucherschutz Für mehr Gesundheits- und Verbraucherschutz: Antibiotikaeinsatz reduzieren, Trinkwasser schützen! Allein in Deutschland ziehen sich nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene jährlich rund eine Million Menschen im Zusammenhang mit einer stationären oder ambulanten Behandlung eine Infektion zu – umgangssprachlich auch Krankenhausinfektion genannt. Mindestens 10.000 Menschen sterben durch diese Infektion. Um diesem Problem zu begegnen müssen wir die Ursachen von Krankenhausinfektionen bekämpfen und die Ausbreitung vor allem von multiresistenten Keimen eindämmen. Wir Grüne sind davon überzeugt, dass ein Umbau der Art und Weise unserer Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion die entscheidenden Hebel für den Gesundheits- und Trinkwasserschutz sind. Konsequent ausgeführte Hygiene im Krankenhaus ist der Schlüssel, um die Ausbreitung von Krankenhauskeimen einzudämmen. Mit unserem LDK-Beschluss aus Stade haben wir ein umfassendes Forderungspaket beschlossen: Antibiotika: Umgang und Vergabepraxis ändern Sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin brauchen wir eine bessere Aufklärung, da durch den zu sorglosen Umgang mit Antibiotika die Entstehung von Resistenzen begünstigt wird. In der Tiermedizin fordern wir einen Ausstieg aus der sogenannten Metaphylaxe. Es kann nicht sein, dass ganze Tierbestände mit Antibiotika behandelt werden, obwohl nur einzelne Tiere erkrankt sind. Keine Notfall-Antibiotika in der Tiermedizin Der Bund muss endlich über eine entsprechende Novelle des Bundesarzneimittelgesetzes sicherstellen, dass sogenannte Notfall- oder Reserveantibiotika ausschließlich in der Humanmedizin eingesetzt werden. Gelingen kann das nur mit wirksamen Kontrollen und empfindlichen Sanktionen bei Verstößen. Tierschutz durch artgerechte Tierhaltung Nur wenn wir die Haltungsbedingungen so verändern, dass die Tiere grundlegende arteigene Bedürfnisse ausleben können, werden Antibiotikagaben in großem Stil überflüssig. Daher fordern wir, dass der im Grundgesetz verankerte und in der Bundesgesetzgebung fixierte Tierschutz endlich verbindlich umgesetzt wird. Stickstoffdüngung konsequent reduzieren Der Bund muss endlich die EU-Nitratrichtlinie zum Schutz der VerbraucherInnen umsetzen. Bei der anstehenden Novelle der Düngeverordnung muss sichergestellt werden, dass Dünger nur noch in der Menge und zu den Zeiten ausgebracht wird, in der eine weitgehend vollständige Verwertung sichergestellt werden kann. Denn die Überschüsse können in das Grundwasser und damit in unser Trinkwasser gelangen. Hygienestandards in Kliniken erhöhen Die weitere Ausbreitung multiresistenter Keime können wir unter anderem durch ein verpflichtendes Screening vor der PatientInnen-Aufnahme in die stationäre Behandlung vermeiden. Zudem fordern wir, dass Kliniken mit mehr als 400 Betten hauptamtliche Hygienebeauftragte einsetzen müssen, um das Infektionsrisiko mit Krankenhauskeimen gezielt zu senken. Eine weitere Forderung ist die breite Aufklärung und Fortbildung von allen Beteiligten im Pflege- und Krankenhausbereich, ambulant wie stationär. Den ganzen Beschluss könnt ihr auf unserer Homepage lesen unter http://gruene.lv/3th. Grüne Zeiten 01-2015 07 Gesundheits- Und verbraucherschutz Krankenhausinfektionen: Hygiene ist die beste Waffe Der Anstieg von Infektionen in Krankenhäusern durch multiresistente Keime stellte das medizinische Personal zu Beginn der Nullerjahre vor große therapeutische Herausforderungen: verlängerte Behandlungsdauer, erhöhte Sterblichkeit und höhere Behandlungskosten. Daraufhin verschärfte das Bundesministerium für Gesundheit im Jahr 2011 gemeinsam mit der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) die Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von MRSA in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen. An diese so genannte KRINKO-Empfehlung hal- nahme im Krankenhaus auf multiresistente Keime untersucht. In der Regel gehören dazu Menschen, die während der vergangenen zwölf Monate bereits im Krankenhaus waren oder bei denen eine frühere Infektion mit MRSA (Keim, der gegen das Antibiotikum Methicilin resistent ist) bekannt ist. Außerdem zählen diejenigen als Risikopersonen, die Kontakt mit landwirtschaftlichen Nutztieren haben. Wer einen multiresistenten Keim auf seinem Körper trägt, merkt davon in der Regel nichts. Bei abwehrgeschwächten Personen kann es aber leicht zu einer Infektion kommen; das heißt, sie erkranken durch den Keim. Das betrifft besonders PatientInnen im Krankenhaus. Aber nicht alle Krankenhausinfektionen sind durch resistente Erreger bedingt, sondern auch Keime ohne besondere Resistenzen können unter den genannten Umständen zu Infektionen führen. Trotz ähnlicher Rahmenregelungen sind multiresistente Keime in den Niederlanden im Vergleich zu Deutschland weniger verbreitet und Infektionen treten weniger häufig auf. Die Gründe dafür sind vielfältig: ten sich laut Landesgesundheitsamt die Krankenhäuser in Niedersachsen. Wie diese Empfehlungen im Detail umgesetzt werden, bestimmt jedes Krankenhaus selbst. Dies ist nötig, da die Einrichtungen sich in Raum- und Personalausstattung sowie den behandelten Erkrankungen unterscheiden. An erster Stelle steht eine konsequent ausgeführte Basishygiene. Neben der Reinigung und Desinfektion von Flächen und Gegenständen bedeutet das auch: PflegerInnen, Reinigungsfachkräfte und ÄrztInnen müssen sich vor und nach jedem Kontakt mit PatientInnen die Hände waschen und desinfizieren. Denn wie auch auf der Straße erfolgt die Übertragung von (multiresistenten) Keimen im Krankenhaus von Mensch zu Mensch, also oft über die Hände des Personals. Parallel zur Basishygiene gibt es Verfahrensregeln zur Erkennung von Infektionen sowie deren Bekämpfung. Zum Beispiel werden bestimmte Personengruppen als RisikopatientInnen eingestuft und als solche bei Auf08 Grüne Zeiten 01-2015 Zum einen konnten die Niederlande die Verbreitung von multiresistenten Keimen erfolgreich eindämmen, da dort die Erreger schon in den 1980er Jahren als Ursache für Infektionen in Krankenhäusern identifiziert wurden. Das zentralisierte Gesundheitssystem ermöglicht zudem regelmäßige Kontrollen durch eine übergeordnete Einrichtung. Zum anderen geht man davon aus, dass in den Niederlanden Keime weniger Möglichkeiten haben, Resistenzen gegen Antibiotika zu bilden, da dort der Antibiotikagebrauch geringer ist als in Deutschland. Je häufiger Menschen Antibiotika einnehmen oder Tieren Antibiotika verabreicht werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich resistente Keime weiter verbreiten. Weitere Informationen unter http://www.mrsa-net.nl, http://www.mrsa-netzwerke.niedersachsen.de/, http://www.bmg.bund.de/themen/praevention/ krankenhausinfektionen.html Gesundheits- Und verbraucherschutz „ Es geht um EINE Gesundheit für Mensch und Tier!“ Interview mit Dr. Imke Lührs zu Antibiotikaresistenzen Sie warnen vor dem post-antibiotischen Zeitalter, warum? Die moderne Medizin ist in vielen Bereichen auf die Rückfallposition der Antibiotika angewiesen. Das gilt besonders dort, wo unsere Patienten in ihrer Infektabwehr geschwächt sind, beispielsweise in der Intensivmedizin. Diese Kranken sterben heute häufig nicht mehr an ihrer ursprünglichen Krankheit, sondern an einer durch Antibiotika nicht mehr behandelbaren Infektion mit multiresistenten Keimen. Die können sie sich im Krankenhaus holen, durch mangelnde Hygiene, aber sie bringen sie auch von zuhause mit. Resistente Keime können überall entstehen, wo Antibiotika gegeben werden, also auch in der Tierhaltung. Andere Länder z. B. die Niederlande sind da weiter. Was machen die Niederlande anders als Deutschland? Die Strukturen sind dort etwas anders. Es gibt z. B. nicht so viele kleine Krankenhäuser wie in Deutschland, die keinen eigenen Hygieniker haben. Vor allem aber ist das Problem der resistenten Keime dort früher in das Bewusstsein getreten. So konnte in den Imke Lührs Internistin aus Bremen, ist Mitbegründerin der Ärzteinitiative gegen Massentierhaltung. Die Initiative sieht die Massentierhaltung als einen der wesentlichen Auslöser der Antibiotika-Resistenzen an und fordert im Interesse der Gesundheit der Menschen eine Abkehr von der Massentierhaltung. Weitere Informationen findet ihr im Internet unter www.aerzte-gegen-massentierhaltung.de. vergangenen Jahren der Antibiotika-Einsatz sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin deutlich reduziert werden. Die Menge hat sich in der Tiermedizin in drei Jahren um 50 Prozent senken lassen. Aber auch die Ärzte setzen Antibiotika restriktiver ein. In den Niederlanden gibt es etwa zehn mal so viele Krankenhaushygieniker pro Krankenhausbett wie in Deutschland. Diese sind nicht nur für die Entwicklung und Einhaltung von Hygienevorschriften zuständig, sondern beraten die Ärzte auch beim Einsatz von Antibiotika. Außerdem gibt es einen deutlich besseren Personalschlüssel im Pflegebereich. Doch haben auch die Niederlande ein Problem mit den multiresistenten Darmkeimen, da genau so wie hier belastetes Fleisch verkauft wird. Wie können wir die Hygiene im Krankenhaus verbessern ? Wir müssen dringend bei Risikopatienten ein verbindliches Screening auf MRSA einführen, sowie im positiven Fall auch definierte Maßnahmen ergreifen. Im Prinzip sind die erforderlichen Hygienemaßnahmen bekannt. Doch fehlt es oft auch am Personal zur Umsetzung der Vorschriften. Wir müssen also den Personalschlüssel verbessern. Zudem müssen wir die Kommunikation der Krankenhäuser untereinander und mit den weiter betreuenden ambulanten Ärzten und Pflegeeinrichtungen vernünftig regeln, damit die Kranken besser weiter betreut werden. Auch brauchen wir mehr regelmäßige und verpflichtende Fortbildungen für alle im Gesundheitswesen tätigen Personen zu den Themen multiresistente Keime, Antibiotika und Hygiene. Die Krankenhäuser müssen besser und häufiger kontrolliert werden, dafür wiederum brauchen wir mehr Experten in den Gesundheitsämtern. Uns fehlen aber auch Daten, da es für die meisten multiresistenten Erreger keine Meldepflicht gibt. Das Ausmaß des Problems ist gar nicht genau bekannt und wahrscheinlich viel größer, als wir momentan wissen. Wer übernimmt die Kosten für all das? Ein MRSA-Test kostet weniger als 15 Euro, die Kosten für die Behandlung eines infizierten Patienten betragen aber 3.000 bis 20.000 Euro. Davon zahlen die Kassen nur einen Teil und die Kliniken bleiben auf den übrigen Kosten sitzen. Wenn man Infektionen verhindert, spart man also unmittelbar Geld. Grüne Zeiten 01-2015 09 Gesundheits- Und verbraucherschutz Was muss sich in der Tiermedizin ändern? Die Landwirtschaftsminister von neun Bundesländern haben sich im Januar für ein Verbot der Reserveantibiotika und der Mengenrabatte bei der Behandlung von Tiergruppen ausgesprochen. Auch die Europäische Kommission hat kürzlich in einem ExpertenHearing diese Forderung erhoben. wenn wir die Haltungsbedingungen für die Tiere ändern – weg von der industriellen Massentierhaltung, die nicht ohne Antibiotika auskommt, hin zu kleineren bäuerlichen Betrieben mit einer tiergerechten Haltung. Die momentane Subventionspolitik fördert aber vor allem die großen Betriebe und Massenschlachthöfe. Außerdem muss rasch – wie in Dänemark – der finanzielle Anreiz für die Tierärzte wegfallen Medikamente zu verkaufen. Die Tierärzte haben wichtige andere Aufgaben in der Landwirtschaft zu erfüllen, nämlich für gesunde Haltungsbedingungen zu sorgen und die Tierhalter zu beraten. Das muss verpflichtend sein und entsprechend honoriert werden. Denn letztlich können wir die Menge der eingesetzten Antibiotika in der Tiermedizin nur reduzieren, Was muss noch passieren ? Die Politik ist gefragt, unsere Forderungen umzusetzen. Wir Steuerzahler finanzieren die Landwirtschaft zu einem ganz erheblichen Teil über Subventionen. Deshalb kann und muss man es nicht dem Markt überlassen, wie in Deutschland und Europa Tiere gehalten werden. Da muss eingegriffen werden, damit unsere Umwelt und unsere Gesundheit nicht weiter geschädigt werden. Grenzüberschreitender Kampf gegen Keime: Interregio-Projekt Ems-Dollart-Region Von und gemeinsam mit den KollegInnen aus den Niederlanden lernen: Das ist das Ziel von EurSafety Health-net. Die Mitglieder des grenzüberschreitenden Netzwerks von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeeinrichtungen sowie niedergelassenen ÄrztInnen aus der Ems-Dollart-Region einigten sich im Jahr 2010 darauf, gemeinsam die Verbreitung von Krankenhaus-Problemkeimen effizienter zu bekämpfen und zu kontrollieren. Alten- und Pflegeeinrichtungen in der Ems-DollartRegion sind mittlerweile mit dem EurSafety-Qualitätssiegel ausgezeichnet. Der Projektkoordinator und Präsident des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes Dr. Matthias Pulz ist sich sicher, dass EurSafety Health-net eine „AufbruchWittmund Jever stimmung erzeugt hat, über die Landkreisgrenzen hinWilhelmshaven Aurich weg.“ Die gesamte WeserDazu tauschten die TeilEmden Friedeburg Delfzijl Ems-Region habe davon nehmenden rund Varel Winsum Leeuwarden profitiert. Es gelte nun, vier Jahre lang Drachten Groningen die Nachhaltigkeit regelmäßig Leer Bad Zwischenahn Oldambt des Erreichten Erfahrungen Oldenburg sicherzustellen. und Fachwissen Assen Friesoythe Papenburg Ohne die Araus zum Umgang mit multiEmsteck beit der durch resistenten Erregern. Neben dem Meppen EU-Mittel fiNetzwerken lag der Fokus des Cloppenburg Hoogeween Emmen nanzierten Provon der Europäischen Union fijektkoordinatorin stellt dies eine nanzierten Projekts auf der konseLingen große Herausforderung dar. quenten Umsetzung der bestehenden Hygieneregeln. Schon heute ist klar: Der Kampf geDiejenigen teilnehmenden Krankenhäuser, die alle gen antibiotikaresistente Erreger geht weiter. Denn vereinbarten Qualitätsziele einhielten, konnten ein die Niederlande stehen genauso wie Niedersachsen Qualitäts- und Transparenzsiegel zu erlangen. Auch schon vor der nächsten Aufgabe: die Verbreitung von für Alten- und Pflegeeinrichtungen gab es ein derar- antibiotikaresistenten Darmkeimen beim Menschen, tiges Siegel. Dieses Anreizsystem scheint erfolgreich deren mögliche Übertragung aus der industriellen gewesen zu sein: Rund 50 Krankenhäuser und 220 Tiermast derzeit intensiv untersucht wird. 10 Grüne Zeiten 01-2015 Hochschulpolitik Mehr Demokratie an den Hochschulen Nach zwei Jahren Regierungsbeteiligung ist die grüne Handschrift in der Hochschulpolitik Niedersachsens klar erkennbar. Unsere grüne Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic hat mit dem Hochschulentwicklungsvertrag und Zielvereinbarungen bereits einiges für mehr studentische Mitbestimmung, gute Arbeitsbedingungen und Transparenz an den Hochschulen auf den Weg gebracht. Doch liegt auch noch viel Arbeit vor uns. Mit sehr großer Mehrheit stimmten die Delegierten auf der LDK in Stade für den gemeinsam von Landesvorstand, GRÜNER JUGEND Niedersachsen und campus grün Niedersachsen erarbeiteten Antrag Mehr Demokratie an den Hochschulen. Damit fordern wir einen Kulturwandel an Hochschulen hin zu mehr Demokratie und Transparenz: Studierende sollten möglichst viele Entscheidungen, die sie direkt betreffen, mitgestalten können. Daher wollen wir direkt gewählte Hochschulgremien stärken und die Mitbestimmung für Studierende ausbauen. Die gleichberechtigte Mitgestaltung muss jedoch für alle an der Universität gelten, also auch für ProfessorInnen und MitarbeiterInnen. Wir wollen zudem bessere Arbeitsbedingungen und sichere Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen gewährleisten. Eine weitere Forderung ist der kritische und transparente Umgang mit Drittmittelprojekten. Den Beschluss in voller Länge findet ihr auf unserer Homepage unter http://gruene.lv/3tf. CAMPUS GRÜN NIEDERSACHSEN stellt sich vor Wir sind der niedersächsische Landesverband grüner und grün-alternativer Hochschulgruppen und haben uns im Juli 2014 gegründet. Das heißt, dass wir für ganz Niedersachsen die grünen Interessen der Studierenden vertreten und eine Austausch- und Vernetzungsplattform für unsere Mitgliedsgruppen bieten. Grün heißt für uns: Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur, soziale Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit, Antifaschismus, Antirassismus, Feminismus und Gendergerechtigkeit sowie natürlich Demokratie. Dafür setzen wir uns an unseren Hochschulen und darüber hinaus ein. Zur Demokratie gehört für uns auch untrennbar die paritätische, studentische Mitbestimmung an Hochschulen. Dieses Ziel, genauso wie die Zivil- und Transparenzklausel und andere wichtige Forderungen wie zum Beispiel bessere Arbeitsbedingungen und Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen, wollen wir gemeinsam mit euch in Niedersachsen endlich verwirklichen. Vertreten werden wir durch zwei Sprecher*innen und eine*n Koordinator*in. Diese werden durch die Landeskonferenz, in der die Vertreter*innen der Mitgliedshochschulgruppen jedes halbe Jahr zusammenkommen, für ein Geschäftsjahr gewählt. Zurzeit sind Berit Schütze und Imke Byl unsere Sprecherinnen und Ercan Kilic unser Koordinator. Wenn ihr in einer unabhängigen grünen oder grünalternativen Hochschulgruppe in Niedersachsen aktiv seid und uns kennenlernen möchtet, oder wenn ihr Fragen oder Anregungen habt, schreibt einfach eine Mail an [email protected]. Wir freuen uns auch, wenn ihr campus grün Niedersachsen bei Facebook liket und uns auf unserer Homepage besucht www.campusgruen-nds.de. Berit Schütze und Imke Byl Grüne Zeiten 01-2015 11 Klimaschutz „ Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung, die wir nur verringern, nicht aber vermeiden können“ Um sich dem Klimawandel wirksam entgegen zu stellen, brauchen wir ehrgeizige, international verbindlich vereinbarte Maßnahmen. Der Klimagipfel, der im Dezember 2015 in Paris stattfinden wird, darf kein weiterer Gipfel der warmen Worte und Unverbindlichkeiten werden. Mit unserem LDK-Beschluss Klimagipfel zum Erfolg bringen fordern wir die Bundesregierung auf, endlich mit ambitionierten Klimazielen voranzugehen und mehr für Energieeinsparung und -effizienz sowie den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu tun. Wir müssen die Energiewende weiter vorantreiben und dabei die lokalen AkteurInnen unterstützen. Auch die Industrie müssen wir in die Pflicht nehmen und ihr klare klimapolitische Vorgaben machen sowie echte Anreize für klimaverträgliche Produktionsweisen schaffen – um nur einige Forderungen aus dem Beschluss aufzuführen. Den Beschluss in voller Länge findet ihr unter http://gruene.lv/3tg. Wie genau sehen die Folgen des Klimawandels eigentlich aus und was muss konkret passieren? Was muss die Politik leisten? Diese und weitere Fragen haben wir dem Klimaexperten Stefan Wittig gestellt: Kann der Klimagipfel in Paris erfolgreich sein? Es ist eher unwahrscheinlich, dass Paris ein einstimmiges Abkommen zum Ergebnis haben wird, welches die Treibhausgasemissionen so deutlich reduziert, dass das 2-Grad-Ziel erreicht wird. Man muss leider sagen, dass das Abkommen von Kyoto zwar für die Unterzeichner erfolgreich war, aber der globale Kohlendioxid (CO2)-Ausstoß deutlich zugenommen hat. 12 Grüne Zeiten 01-2015 Ohne verbindliche Zusagen, die auch mit Sanktionen geahndet werden können, kann Klimaschutz nicht erfolgreich sein. Die Erkenntnisse der Wissenschaft sind eindeutig: Der Klimawandel ist unvermeidbar, er kann nur verringert werden. Es muss in den nächsten zehn bis 20 Jahren etwas passieren, denn die durch den heutigen Aus- Klimaschutz stoß von Treibhausgasen angeschobenen Prozesse im Klimasystem können sich selbstständig verstärken. Je länger wir warten, umso anstrengender, aber auch umso teurer wird es sein, gegenzusteuern. Wie sehen die Klimafolgen aus? Die Temperatur wird sich erhöhen, die Niederschlagsverteilung im Jahresverlauf wird sich ändern und der Meeresspiegel wird langfristig weiter steigen. Wir werden stärkere Klimaschwankungen haben, Stürme, Sturmfluten aber auch Starkregen-Ereignisse werden zunehmen. an die Klimafolgen anpassen. Wir müssen bestimmen, wo die Gefährdung am größten ist und dort rechtzeitig entsprechende Maßnahmen einleiten. Dabei müssen wir beachten, dass alle gesellschaftlichen Reaktionen auf den Klimawandel, sei es für Klimaschutz oder Klimaanpassung, auch Folgen haben. Diese Folgen sind manchmal sogar stärker als die unmittelbaren Folgen des Klimawandels. Als Beispiel seien hier Biogasanlagen genannt, für die intensiv Mais angebaut wird. Die Auswirkungen dieser großflächigen Monokulturen auf die Biodiversität sind heute größer, als die durch den Klimawandel verursachten. Was bedeutet das konkret für Niedersachsen? Da der mittlere Meeresspiegel steigt, werden auch die Sturmfluten an der Küste extremer. Diese wiederum sind, aufgrund der begradigten und vertieften Flüsse, weit im Landesinneren spürbar. Unsere heutigen Deiche werden nicht ausreichen, dem zu begegnen. Die Erhöhung und Verstärkung der Küstenschutzanlagen wird daher aktuell vorgenommen. Durch die zunehmende Flächenversiegelung und die damit einhergehende Überhitzung werden sich die Lebensbedingungen verschlechtern. Die (finanziellen) Schäden durch extreme Wetterereignisse sind schon heute immens: Oftmals sind Verkehrsinfrastrukturen nach Starkregen-Ereignissen nicht nutzbar, das wiederum unterbricht die regionalen Liefer- und Wertschöpfungsketten. Wir müssen uns also nicht nur fragen, wie wir die Treibhausgasemissionen verringern können, sondern auch, wie wir uns an veränderte Klimabedingungen anpassen können und wollen. Was muss also passieren? Wenn wir in Paris kein globales Klimaschutzabkommen erreichen, sollten einzelne Länder eine Vorreiterrolle übernehmen. Die sogenannten Industriestaaten müssen ihre moralische Pflicht ernst nehmen und multilateral tätig werden. So will die EU etwa den CO2Ausstoß bis 2030 – im Vergleich zu 1990 – um mindestens 40 Prozent verringern. Deutschland hat zwar nur einen kleinen Anteil an den globalen Treibhausgasemissionen, sollte aber mit gutem Beispiel voran gehen. Dazu müssen wir unseren Ressourcenverbrauch überdenken – was übrigens nicht mit einem Verlust an Lebensqualität einhergehen muss. Deutschland hat es seit 1990 geschafft, den Treibhausgas-Ausstoß zu verringern. Doch darf man nicht verschweigen, dass Deutschland – wie viele andere Industrieländer auch – treibhausgasintensive und umweltschädliche Produktionsweisen in andere Länder ausgelagert hat, beispielsweise nach China. Inwiefern? Der Klimawandel ist unvermeidbar. Doch je geringer und langsamer der Klimawandel vonstattengeht, desto leichter ist die Anpassung und desto kleiner werden auch die Schäden sein. Wir müssen zunächst einmal weiterhin Klimaschutz betreiben und uns parallel dazu Ihre Forderungen an die Politik? Wir müssen den Umgang mit dem Klimawandel als globale Gemeinschaftsaufgabe betrachten. Alle gesellschaftlichen Bereiche, die vom Klimawandel betroffen sind, müssen den Klimawandel zur Kenntnis nehmen, in ihre Entscheidungen einbinden und übergreifende Handlungsstrategien entwickeln. Dafür müssen wir auch neue Strukturen bei den Behörden und politisch Verantwortlichen schaffen. Wir brauchen eine fachbereichs- und länderübergreifende Planung und Zusammenarbeit. Wenn wir schon heute den Klimawandel gemeinsam mitdenken und innovative Lösungen entwickeln, können wir alle von einer weniger anfälligen und nachhaltigeren Gesellschaft profitieren. Denn eins muss uns bewusst sein: Nichts zu tun ist die teuerste Alternative und die nächsten Generationen werden die Beseitigung der Schäden zu schultern haben. Der Diplom-Biologe Stefan Wittig aus Bremen arbeitet für das Umweltgutachterbüro BIOCONSULT vor allem in Forschungsprojekten zu den Auswirkungen der Klimaänderung und der Anpassung an den Klimawandel in Deutschland. Er war in den interdisziplinären Projekten für die Koordination verschiedener Forschungsaspekte und Entwicklung von Informationssystemen verantwortlich und hat zu den ökologischen Folgen des Klimawandels gearbeitet. Im kürzlich abgeschlossenen Verbundprojekt „nordwest2050“ war er für die Entwicklung von regionalen Klimaszenarien zuständig und hat den Arbeitsbereich Verwundbarkeitsanalyse koordiniert. Grüne Zeiten 01-2015 13 Kohlekraftwerk Stade Kohle statt Atom? Aus drei mach eins Gastbeitrag des Kreisverbands Stade Vor zehn Jahren gab es in Stade Planungen für gleich drei Kohlekraftwerke. Inzwischen haben der französische Konzern Electrabel nach einem Scheitern vor dem Verwaltungsgericht, und Eon aufgrund der weisen Erkenntnis, dass mit Kohlekraftwerken kein Geld zu verdienen ist, aufgegeben. Geblieben ist Dow Chemical, dessen Chemiewerk in Stade mit einem kontinuierlichen Bedarf von 600 Megawatt der zweitgrößte deutsche Stromverbraucher ist. Um international konkurrenzfähig zu sein, braucht der Betrieb billigen Strom und das ist – da der internationale Emissionszertifikatshandel bislang kläglich gescheitert ist – leider immer noch der Kohlestrom. Rückhalt in der Bevölkerung Aufgrund der großen wirtschaftlichen Bedeutung von DOW Chemical für die Region und ihrer klugen Unternehmenskommunikation gibt es sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung eine große Zustimmung zu allen Projekten. Sei es zum Kraftwerk oder zur Nutzung von Asbest in den Produktionsanlagen. Dennoch hat sich gegen die Planungen des Kohlekraftwerks hier ein breites Bündnis aus BUND, NABU, Deutsche Umwelthilfe (DUH), Greenpeace, der Umweltorganisation AUN, der Bürgerinitiative (BI) Stade-Altes Land und der BI Haseldorfer Marsch von der anderen Elbseite und den Grünen aus dem Kreisverband gebildet. Trotz kompetenter, personeller und finanzieller Unterstützung der KlimaAllianz und der DUH sowie rund 10.000 Einwendungen gegen den Bebauungsplan, der das Kohlekraftwerk ermöglichen soll, billigte der Rat Ende 2014 mit großer Mehrheit das Kraftwerk. Kraftwerk mit grünem Siegel Die Grünen haben sich auf allen Ebenen immer wieder deutlich gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke ausgesprochen – so auch der Landesverband Nieder14 Grüne Zeiten 01-2015 sachsen auf der vergangenen Landesdelegiertenkonferenz in Stade. Das Regierungshandeln sieht jedoch deutlich anders aus. Das gerade ans Netz gegangene Kraftwerk Moorburg wurde unter Schwarz-Grün in Hamburg von einer grünen Umweltsenatorin genehmigt. Auch das geplante Kraftwerk der Dow wird genehmigt werden – von der SPD als innovative Technik euphorisch begrüßt, von den Grünen stillschweigend gebilligt. Im Koalitionsvertrag wurde ein Mindestwirkungsgrad von 55 Prozent festgelegt. Da das geplante Kraftwerk nicht nur Strom, sondern auch Prozesswärme für das Chemiewerk produziert, meistert es diese Hürde locker. Im ersten Entwurf des Landesraumordnungsprogramms (LROP) wurde diese Vereinbarung dahingehend konkretisiert, dass sie für alle im LROP festgelegten Großkraftwerke gilt, aber nicht für sogenannte Industriekraftwerke wie das der Dow. Der Genehmigung steht also zumindest landesrechtlich nichts mehr im Wege.Trotzdem bleibt das Kraftwerk ein Klimakiller mit einem jährlichen CO2-Ausstoß von rund 5 Mio. Tonnen – aber mit grünem Gütesiegel. Das macht die Arbeit als GrüneR vor Ort nicht einfacher. Unsere Hoffnungen setzen wir vor Ort auf die Normenkontrollklage der Umweltverbände gegen das Kraftwerk und auf die wirtschaftliche Vernunft der Dow. Unüberhörbar ist, dass heute weder der Betreiber Vattenfall noch die Stadt Hamburg mit dem Steinkohlekraftwerk in Moorburg glücklich sind. Beide hätten sich unter den heutigen gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen nicht mehr für diese Investition entschieden. Irgendwann wird sich auch bis in die USA herumsprechen, dass mit Kohle keine Kohle zu machen ist. Die DOW sucht augenscheinlich immer noch einen Partner für das Kraftwerk. Wir bleiben politisch dran. Die Hoffnung für den Klimaschutz stirbt zuletzt. Reinhard Elfring (Fraktionsvorsitzender im Rat der Hansestadt Stade) u. a. Grüne Jugend Die GRÜNE JUGEND – Der kleine Quälgeist der Partei oder das linke Korrektiv? Ein Bericht des vergangenen halben Jahres vom Landesvorstand der GJN Der Überblick: Umweltseminar, Gender-Tag, Green-Grrrls*-Seminar, Landesdelegiertenkonferenz (LDK) und Landesmitgliederversammlung (LMV)-Vorbereitungsseminar waren unsere wichtigsten Wochenenden; dazu einige Pressemitteilungen und Demonstrationen. Seit Neujahr ist viel los: Kurz nach dem Jahreswechsel hatten wir in Suderburg eines der wohl gemütlichsten, aber auch spannendsten Seminare in der GJN-Geschichte. Neben umweltpolitischen Diskussionen über Landesraumordnung oder die Stromtrasse SuedLink bei Kaminfeuer erlebten wir hier auch einen Pegida-freien Spaziergang durch den Wald, während der erste und letzte richtige Schneefall des Jahres einsetzte konnten wir etwas mehr Kontroverse in den Parteitag bringen. Selbst wenn unser Änderungsantrag, die zivile Forschung konsequent umzusetzen und als Gesetz festzuschreiben, abgelehnt wurde, so werden wir doch weiter dafür streiten. Selbstverpflichtungen sind zwar ein nettes Mittel, aber leider unwirksam, wie die Frauenquote zeigt. Der „Kampf“ für echte zivile Forschung geht weiter. Inhaltliche Auseinandersetzungen halten uns aber nicht vom gemeinsamen Auftreten ab, so beispielsweise gegen Nazis wie bei Bragida, Hagida oder auf dem Mit dem Gendertag im Februar zu den Themen Rape Culture, Intersektionalität sowie sexueller Gewalt an Frauen* mit Behinderung haben wir unser neues eintägiges Veranstaltungsformat fortgesetzt. Anfang März haben wir uns auf dem Green Grrrls*-Seminar mit verschiedenen Themen rund um Feminismus und Genderpolitik beschäftigt. Hier gab es Workshops unter anderem zu Netzfeminismus und Frauen* im Antifaschismus, und außerdem hatten wir die Möglichkeit uns zu vernetzen und gegenseitig zu empowern. Auch die LDK im Februar war für uns wichtig. Mit zwei Anträgen, zur Finanzierung der Kirchen und zur aktuellen Hochschulpolitik AfD-Parteitag in Bremen – dem Rechtsruck haben wir uns stachelig zur Gegenwehr gesetzt. Gemeinsames Vorgehen bewährte sich in der Vergangenheit auch in der Frage des Klassenfahrten-Boykotts. Die Demo des Landesschüler*innenrates wurde von uns mitorganisiert und vom „Alt-Landesvorstand“ politisch weitergetragen. Auch wenn sich langsam etwas bewegt, gilt es: Dran bleiben! Dran bleiben ist auch unser Motto in Bezug auf die Förderschule Sprache. Wir sind weiterhin dafür, die Förderschule Sprache schnellstmöglich zu überwinden – wie Rot-Grün es im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat. Mit unserem LMV-Vorbereitungsseminar zu dem Thema „Flucht und Asyl“ haben wir schon mal einen Grundstein gelegt, der eine vielversprechende LMV garantiert! Hier wählen wir auch unseren Landesvorstand neu. Auch für die Zeit nach der LMV planen wir bereits: Beispielsweise wollen wir vom 15. bis 17.05.2015 einen Kommunalkongress zur Vorbereitung auf die Kommunalwahl im Herbst 2016 veranstalten. Unser Motto „Jung-GrünStachelig“ gilt also weiter für uns. Sicher, ein ab und an anstrengender Quälgeist können wir sein. Jugendlicher Idealismus ist aber auch ab und an nötig. Der gemeinsame politische Diskurs zwischen der von uns liebevoll genannten „Alt-Partei“ und uns als GRÜNER JUGEND ist nicht immer einfach, aber dafür sicher konstruktiv und nötig. Für die GRÜNE JUGEND der Landesvorstand: Lennart, Sarah, Katinka, Pippa, Svenja, Leonie, Marcel und Timon Grüne Zeiten 01-2015 15 16 ANZEIGE VON BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN IM NIEDERSÄCHSISCHEN LANDTAG L © CC BY-SA 2.0, flickr.com | israel_photo_gallery EDITORIA KENNISET N FARBNIEEDEBRSEAC BUNT! HSEN Lie be Freundinnen und Freunde, die Pegida-Aufmärsche beschränken sich in Niedersachsen mittlerweile vornehmlich auf kleine Ansammlungen organisierter Nazis. Die Debatten, ob man mit Pegida reden müsse, sind abgeflaut. Die öffentliche Aufmerksamkeit wendet sich wieder anderen Themen zu. Ein Grund, aufzuatmen? Sicherlich ist es gut, dass dieses Forum für Abschottung und Fremdenfeindlichkeit nicht mehr so viel Aufmerksamkeit bekommt. Doch die Angst vor Fremden und der Wunsch nach Abgrenzung sind nach wie vor tief in der Gesellschaft verankert. Damit ist es nicht vorbei, nur weil die Menschen ihre Ressentiments und Ängste nicht mehr in dem Maße auf die Straße tragen. Ich glaube, wir müssen ganz woanders ansetzen. Zuhören müssen wir nicht denen, die ausgrenzen wollen – sondern denen, die sich ausgegrenzt und bedroht fühlen. Wir können zum Beispiel helfen, dass Menschen, die vor Krieg und Verfolgung zu uns fliehen, hier ein neues Zuhause finden. Zentrale Unterbringungen sind dabei ganz sicher der falsche Weg. Menschen innerhalb von Europa hin- und herzuschieben ist ebenfalls unwürdig. KOALITIONSCHECK BILDUNGSPOLITIK: MEHR QUALITÄT UND MEHR GERECHTIGKEIT Dritte Fachkraft für Krippen-Gruppen finanziert Turbo-Abi abgeschafft Mehr Lernqualität in unseren Ganztagsschulen ermöglicht Schullaufbahnempfehlung in der Grundschule durch intensive Elternberatung ersetzt © fotolia Qualifizierungsoffensive für die Inklusion eingeleitet .com | mosta fa fawzy Neugründung von Gesamtschulen erleichtert ANZEIGE VON BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN IM NIEDERSÄCHSISCHEN LANDTAG Die antisemitischen Vorfälle der letzten Wochen sehe ich mit großer Sorge. 70 Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges müssen wir alles daran setzen, dass sich Jüdinnen und Juden in Deutschland sicher fühlen können. Hier ist die Politik gefragt, Mittel für politische Bildung bereitzustellen und Strategien gegen Antisemitismus zu entwickeln. Dabei sollten auch die kleineren Zeichen nicht unterschätzt werden. Der Platz am Landtag wird bald in Hannah-Arendt-Platz umbenannt. Die Grüne Landtagsfraktion erinnert an die Opfer des Nationalsozialismus und tagt im April in der Gedenkstätte Bergen-Belsen. Und nicht zuletzt reise ich gemeinsam mit einer kleinen Gruppe von Abgeordneten nach Israel um den Bürgermeister von Nazareth zu besuchen. Wir alle stehen in der Verantwortung, uns für das friedliche Zusammenleben aller Menschen einzusetzen. Auch und gerade wir als Landtags-Grüne. FLÜCHTLINGE IN NIEDERSACHSEN ZAHLEN & ERFOLGE 15.416 Asyl-Erstanträge wurden 2014 in Niedersachsen gestellt 240 60 Es grüßt euch herzlich, Anja Piel, Fraktion svorsitzende 17 0 Zahl der Sprachlernklassen vervierfacht Landkreise oder Städte mit Wertgutscheinsystem – Diskriminierende Gutschein-Praxis abgeschafft! WIRD GRÜNER VERFASSUNG KOMMUNAL HSTELLUNG, MEHR BETEILIGUNG MEHR GLEIC © CC BY-NC-SA 2.0, flickr.com | hdzimmermann Belit Onay, Sprecher für BürgerInnenbeteiligung und Kommunalpolitik Wir arbeiten derzeit intensiv an einer Generalüberholung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG). Natürlich ist für uns Grüne die Stärkung der Gleichstellungsarbeit ein wesentlicher Punkt. Deshalb werden Kommunen ab 20.000 EinwohnerInnen künftig eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte mit einem Stellenanteil von mindestens 50 Prozent beschäftigen. Außerdem stärken wir die Mitbestimmung vor Ort. Dafür werden die Beteiligungs-Quoren für erfolgreiche Bürgerbegehren und -entscheide deutlich abgesenkt. Bislang scheiterten Bürgerbegehren zudem häufig daran, dass ein Finanzierungsvorschlag für die angestrebte Veränderung vorgelegt werden musste. Auch diese Hürde wird künftig entfallen. Anstelle einer Bürgerbefragung wird zudem eine Einwohnerbefragung eingeführt, bei der auch EinwohnerInnen mit nicht-deutschem Pass stimmberechtigt sind. Mit diesen und vielen weiteren Verbesserungen bekommt das NKomVG eine klare grüne Handschrift. 18 ANZEIGE VON BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN IM NIEDERSÄCHSISCHEN LANDTAG IM INTERVIEW Was macht Niedersachsen zum Windenergieland Nr. 1? Wie gehst du in die zweite Hälfte der Wahlperiode? SUSANNE MENGE Sprecherin für Verkehr, Häfen und Schifffahrt Wie überzeugst du von deinen Themen? VOLKER BAJUS Sprecher für Umwelt, Energie und Kulturpolitik Du bist seit der Schulzeit politisch aktiv. Was treibt dich an? Die Themen lagen vor der Haustür: Naturschutz, Friedensbewegung, Anti-Atom-Politik. So kam ich zu den Grünen. Mir ist es wichtig, eigene Wege zu gehen und meiner Überzeugung treu zu bleiben. Mich beschäftigt, dass wir mit unserer Wirtschafts- und Lebensweise die Grenzen des Wachstums längst überschritten haben. Du bist auch kulturpolitischer Sprecher: Was ist eigentlich „grüne Kulturpolitik“? Kultur schafft Lebensqualität, das ist insbesondere für ländliche Räume überlebenswichtig. Grüne Kulturpolitik knüpft an bestehende Traditionen an und baut Brücken zu modernen und multikulturellen Initiativen. Menschen sollen selbst Kultur machen und kreativ werden können. Als verkehrspolitische Sprecherin setzt du dich für eine zukunftsfähige Mobilität ein. Was bedeutet das konkret? Wir brauchen Mobilitätskonzepte, die vom Auto unabhängig machen. Dabei möchte ich auch Vorbild sein und habe mein Auto abgeschafft. Für Menschen, die auf dem Land leben, ist das natürlich nicht so einfach. Hier muss bei Bus und Bahn vieles besser werden. Was kann Niedersachsen für den internationalen Klimaschutz tun? Das „reiche“ Mitteleuropa ist in einer besonderen Verantwortung gegenüber den Ländern des Südens, weil es sein CO2-Konto schon kräftig überzogen hat. Niedersachsen ist bei Ökostrom und Windenergie stark. Um das Klima zu schützen, müssen und können wir bei uns zeigen, wie eine 100% ökologische und erneuerbare Energieversorgung aussieht. Rot-Grün regiert seit zwei Jahren. Was war für dich persönlich der größte Erfolg? Wir nehmen jetzt mehr Geld für den öffentlichen Personennahverkehr in die Hand und fördern den Ausbau von Radwegen. Du bist in Oldenburg Mitglied der grünen AG Postwachstumsökonomie. Nachhaltiger Konsum – was bedeutet das für dich im Alltag? Ich kaufe zum Beispiel überwiegend auf dem Wochenmarkt ein, denn ich koche leidenschaftlich gerne. Dort bekomme ich regionale und biologische Produkte der Saison. Und ich achte darauf, möglichst keine Lebensmittel wegzuwerfen. Was motiviert dich für deine politische Arbeit? Gerechtigkeit ist das zentrale Motiv für mich, Politik zu machen. Das wurde mir quasi in die Wiege gelegt: Ich bin der vierte von fünf Brüdern, da stand Teilen und Gerechtigkeit von klein auf im Mittelpunkt. Mir ist es wichtig, für Anregungen offen zu bleiben und mit neuen Impulsen Bewegung in die Landespolitik zu bringen. Interviews und Bilder: Anne Trenczek, Judith Petersen Kommt die Lehrerin auch heute noch manchmal durch? ANZEIGE VON BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN IM NIEDERSÄCHSISCHEN LANDTAG 19 NIEDERSACHSEN DSTRATEGRIE BREITBANES INTERNET FÜ ALLE! SCHNELL An der digitalen Gesellschaft kann nur teilhaben, wer Zugriff auf ein schnelles und verlässliches Internet hat. Doch noch immer warten zahlreiche Haushalte und Unternehmen auf einen schnellen Anschluss, knapp ein Drittel der bewohnten Fläche in Niedersachsen ist betroffen. Die grüne Fraktion hat sich deshalb für die Niedersächsische Breitbandstrategie stark gemacht: Bis 2020 sollen möglichst alle Haushalte mit 30 Mbit/s versorgt sein, das ermöglicht schnelle Downloads sowie die Nutzung von Streaming-Diensten in hoher Bildqualität. © CC BY-NC-SA 2.0, flickr.com | qscag Maaret Westphely, Sprecherin für Wirtschaft und Regionalentwicklung Für den Ausbau werden 60 Millionen Euro und weitere Zuweisungen vom Bund bereitgestellt. Wir wollen die Landkreise stärken und in die Lage versetzen, den Breitbandausbau selbst in die Hand zu nehmen. Als Grüne wollen wir sicherstellen, dass die Investitionen für eine nachhaltige Infrastruktur eingesetzt werden. Wir werden daher genau prüfen, welche Technologie für den Ausbau am sinnvollsten ist. In Frage kommen die Optionen Glasfaser und schnelle Kupferkabel mit sogenanntem Vectoring. L-KENNZEICHNUNGLEBENSMNITEIETE RN LERNEN VON DE Miriam Staudte, Sprecherin für Verbraucherschutz und Tierschutz „Kein Ei mit der 3!“ Mit diesem erfolgreichen Slogan haben wir nach Einführung der europäischen Eierkennzeichnung gegen Käfig-Eier mobilisiert. Käfig-Eier sind mittlerweile aus den Supermärkten verschwunden und der Anteil der Bio-Eier ist überdurchschnittlich. Doch noch immer werden Käfig-Eier in Eiernudeln oder Backmischungen verwendet, weil die Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Produkte nicht gilt. © Franziska Meusel Das Beispiel zeigt: Wo die Herkunft eindeutig erkennbar ist, greifen VerbraucherInnen lieber zu hochwertigeren Produkten – auch wenn sie etwas teurer sind. Eine Kennzeichnung brauchen wir also auch für verarbeitete Lebensmittel, insbesondere für Fleischprodukte. Auf der Packung der Hähnchen-Keule des WerderSponsors scharren glückliche Hühner vor einem Fachwerkbauernhof. Eine klare Kennzeichnung würde deutlich machen, dass es sich um ein Produkt aus der Massentierhaltung handelt. Damit es in Hühnerställen bald anders aussieht, fordert Niedersachsen mit einigen anderen Bundesländern eine neue Fleischkennzeichnung analog zur Eierkennzeichnung. IMPRESSUM: Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Niedersachsen, Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz 1, 30159 Hannover, T 0511-3030-4201, F 0511-3030-994201 [email protected], www.fraktion.gruene-niedersachsen.de, www.twitter.com/grueneltnds, www.facebook.com/grueneltnds Redaktion: Theresa Junge (V.i.S.d.P.),Franziska Wosniok, Satz und Layout: Sabine Panse, dacorpo-design.de und p*zwe, Fotoporträts: Tom Figiel anzeige Wie bekomme ich die Kontrolle über meine Daten zurück? Alles rund um die EU-Datenschutzreform findet sich in der neuen Broschüre von Jan Philipp Albrecht. Wer sind die Radikalen Rechten im Europäischen Parlament nach den Europawahlen 2014 und was sind ihre Themen? Nachzulesen in der dritten Auflage von „Europa Rechtsaußen“ von Jan Philipp Albrecht. Die neuen Broschüren können gegen eine Gebühr von 0,50 € zzgl. Versandkosten hier bestellt werden: Versand von Bündnis 90/DIE GRÜNEN Weidendamm 1 15831 Groß-Kienitz [email protected] www.eshop.gruene.de
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