GRÜNE ZEITEN April 2015 - Bündnis 90/Die Grünen

GRÜNE ZEITEN
ZEITSCHRIFT FÜR GRÜNE POLITIK IN NIEDERSACHSEN
Ausgabe 01/15 [ April 2015 ]
Gesundheits- und
Verbraucherschutz
Antibiotikaeinsatz reduzieren, Hygienestandards einhalten
Keine Kohle mehr
Termine
Samstag, 18. April 2015
Bundesweiter Aktionstag gegen TTIP
Samstag 7. und Sonntag, 8. November 2015
Landesdelegiertenkonferenz in Osnabrück
Freitag bis Sonntag, 20. bis 22. November 2015
Bundesdelegiertenkonferenz in Halle (Saale)
Der Landesvorstand
Die LANDESGESCHÄFTSSTELLE
Meta Janssen-Kucz Landesvorsitzende
[email protected]
Tel: 0511 - 12 60 85 - 11
Gabi Kutsche Geschäftsführung
[email protected]
Tel: 0511 - 12 60 85 - 22
Stefan Körner Landesvorsitzender
[email protected]
Tel: 0511 - 12 60 85 - 21
Jens Williges Finanzen
[email protected]
Tel: 0511 - 12 60 85 - 66
Matthias Wiebe Landesschatzmeister
[email protected]
Katja Sauer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
[email protected]
Tel.: 0511 - 12 60 85 - 44
Sybille Mattfeldt-Kloth Beisitzerin und frauen- und
genderpolitische Sprecherin
[email protected]
Johanna Forys Öffentlichkeitsarbeit
[email protected]
Tel.: 0511 - 12 60 85 - 33
Djenabou Diallo-Hartmann Beisitzerin
[email protected]
Martin Köne Kommunalreferat
[email protected]
Tel.: 0511 - 12 60 85 - 88
Peter Schmithüsen Beisitzer
[email protected]
Renate Westphale Organisation
[email protected]
Tel: 0511 - 12 60 85 - 24
Christine Helmhold Organisation
[email protected]
Tel.: 0511 - 12 60 85 - 23
Sören Creutzig Gliederungsservice
[email protected]
Tel: 0511 - 12 60 85 - 89
Dominik Stanke GRÜNE JUGEND Niedersachsen
[email protected]
Tel: 0511 - 12 60 85 - 77
Impressum Grüne Zeiten Zeitschrift von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Niedersachsen Erscheinungsweise 3 x jährlich Herausgabe und
Verlag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Landesverband Niedersachsen, Odeonstr. 4, 30159 Hannover, Tel 0511/12 60 85 - 0, Fax 0511/12 60 85 - 85, [email protected], www.gruene-niedersachsen.de Redaktion Katja Sauer (V.i.S.d.P.) und Johanna Forys; Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht
unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Fotos Archiv/privat; Eisbär © st_iv - Fotolia.com; Krankenhaus © lightpoet - Fotolia.com; Hochschule © Clemens Löcker - flickr; GRÜNE JUGEND; Satz und Layout p*zwe, dacorpo design Druck unidruck, Hannover Auflage 6.200
02 Grüne Zeiten 01-2015
editorial
Liebe Freundinnen und Freunde,
auf unserer Landesdelegiertenkonferenz in Stade haben wir als Vorstand mit dem Leitantrag Für mehr
Gesundheits- und Verbraucherschutz: Antibiotikaeinsatz reduzieren – Trinkwasser schützen! ein
wichtiges Thema gesetzt. In der Debatte und an den
Änderungsanträgen wurde deutlich, dass wir einen
Schwerpunkt mit vielen unterschiedlichen Facetten
angepackt haben. Dieser findet sich auch in dieser
Ausgabe der GRÜNE ZEITEN wieder.
Die Massentierhaltung und ihre Folgen für Menschen
und Umwelt stellen insbesondere für uns in Niedersachsen ein großes Problem dar. Das vermehrte Auftreten multiresistenter Keime aus der Landwirtschaft
ist ein Alarmzeichen gegen den Missbrauch von Antibiotika als Schmiermittel für die gewinnmaximierte
Tiermast. Vor allem für die Krankenhäuser stellen diese Keime eine besondere Herausforderung dar. Dass
Tierhalter inzwischen in Krankenhäusern als Risikopatienten betrachtet werden, zeugt davon, wie ernst die
Lage ist. Wenn gängige Antibiotika ihre Wirksamkeit
verlieren, bedeutet das aber nicht einfach einen Ansstieg der Sterberate von Alten und Kranken. Zahlreiche Operationen, die wir als Standardeingriffe nicht
mehr fürchten, bergen ohne wirksame Antibiotika
ungewohnte Risiken. Das Leben in einer Welt nach
den Antibiotika wird sich deutlich von unserem gewohnten unterscheiden.
len von Niedersachsen ist das Grundwasser zu stark
belastet. Der umfassende Trinkwasserschutz muss ein
grünes Kernanliegen bleiben. Es geht um den Schutz
der Gesundheit der Menschen.
Der Handlungsbedarf ist mehr als deutlich, die grüne
Agrarwende in Niedersachsen bedeutet ein Mehr an
Verbraucher-, Tier- und Umweltschutz. Diese Themen sollten wir auf allen politischen Ebenen weiter
aktiv bearbeiten und damit einen guten politischen
Aufschlag für die vor uns liegenden Kommunalwahlen im September 2016 machen.
Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen und freuen
uns auf eure Rückmeldungen zu dieser Ausgabe der
GRÜNE ZEITEN.
Meta Janssen-Kucz und Stefan Körner
Landesvorsitzende
Eine weitere Facette ist der Schutz des Trinkwassers,
unseres Lebensmittels Nummer eins. Es wird unter
anderem durch Gülle gefährdet. Ein Blick auf die Karte der Nitratbelastung ist erschreckend: In großen Tei-
INHALT
03...............................................................Editorial
04................................................Landesvorstand
12.........................................................Klimaschutz
06...............................................................LDK Stade
07........GESUNDHEITS- UND VERBRAUCHERSCHUTZ
15........................................................Grüne Jugend
14......................................Kohlekraftwerk Stade
16...........................................Landtagsfraktion
11..............................................Hochschulpolitik
Grüne Zeiten 01-2015 03
landesvorstand
Der Landesvorstand
stellt sich vor
Auf der Landesdelegiertenkonferenz in Stade haben wir unseren Landesvorstand
neu gewählt. Wir haben gefragt, wie sie überhaupt bei den Grünen gelandet sind und
welche Themen sie bewegen:
Landesvorsitzende, MdL
Meta Janssen-Kucz
53 Jahre, KV Leer/Ostfriesland
Landesschatzmeister
Matthias Wiebe
54 Jahre, KV Lüneburg
Beisitzerin
Djenabou Diallo
Hartmann
29 Jahre, KV Hannover
04 Grüne Zeiten 01-2015
Wie bist du bei den Grünen gelandet? Für mich waren der Ausstieg aus der
Atomenergie und Klimaschutz wichtige politische Themen. Dazu kam die Grüne Politik für mehr Frauenrechte und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Anfang der 90er Jahre haben mich die Grünen Frauen in der Gemeinde Moormerland, die aktiv für mehr Ökologie, mehr soziale Gerechtigkeit und gegen die
Volkszählung eingetreten sind, motiviert, Mitglied bei den Grünen zu werden.
Was willst du bei den Grünen bewegen? Der Atomausstieg und die Energiewende stehen ganz oben auf meiner politischen Agenda. Im Mittelpunkt meines
politischen Handelns stehen Gesundheits- und Verbraucherschutz sowie eine
solidarische weltoffene Gesellschaft und umfassende BürgerInnenrechte. Dazu
gehört auch das Streiten für „Eine Welt“, und dass Grüne Politik nicht vor der
Haustür aufhört. Mein Motto: Die Dinge sind nie so, wie sie sind. Sie sind immer
das, was man aus ihnen macht. (Jean Anouilh)
Wie bist du bei den Grünen gelandet? Ich war zunächst in der Bürgerinitiative (BI)
„Lebensberg“- Keine A 39 aktiv. Als die Grünen in Adendorf 2006 KandidatInnen für
die Listenaufstellung suchten, rief der BI-Vorsitzende die Mitglieder auf, sich politisch
zu engagieren. Die Vorstellung, dass die Grünen in einer Gemeinde mit 10.000 Einwohnern nicht im Gemeinderat vertreten sind, bewog mich, mich für die Grünen zu
engagieren. Was willst du bei den Grünen bewegen? Gemeinsam mit den Grünen
möchte ich für mehr Umweltbewusstsein und Toleranz in der Bevölkerung werben.
Im Landesvorstand möchte ich weiterhin für eine gerechte und soziale Politik in Niedersachsen arbeiten und dabei die geordneten Finanzen im Landesverbandshaushalt
weiter beibehalten. Mein Motto: Frage nicht Dein Land, was es für Dich tun kann,
frage Dich, was Du für Dein Land tun kannst. (J.F. Kennedy.) Dieses Motto sollten sich
viel mehr BürgerInnen zu eigen machen und sich ehrenamtlich engagieren.
Wie bist du bei den Grünen gelandet und was willst Du bewegen? Als ich im
Mai 2005 nach Deutschland kam, habe ich festgestellt, dass man auf Grund
seiner Herkunft und seines Aussehens im Alltag anders behandelt wird. Für
mich war schnell klar, dass die Grünen sich mehr als alle anderen Parteien, für
Toleranz, Respekt und Chancengleichheit für alle einsetzen – unabhängig der
Herkunft. Ich bin 2012 bei den Grünen eingetreten, um selber aktiv Diskriminierung zu bekämpfen. Was willst du bei den Grünen bewegen? Ich möchte mich
dafür einsetzen, dass Niedersachsen noch weltoffener wird, die Bereitschaft zu
Integration bei ZuwandererInnen und Deutschen stärken und dafür kämpfen,
dass Menschen, die zu uns kommen, eine echte Willkommenskultur erleben.
Wir müssen die Einwanderung zukunftsfähig gestaltet. Nur wenn Politik und
Gesellschaft zusammenarbeiten, kann eine gute Integration der Flüchtlinge gelingen. Mein Motto: Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für
diese Welt. (Mahatma Gandhi)
landesvorstand
Landesvorsitzender
Stefan Körner
38 Jahre, KV Regionsverband
Hannover
Beisitzerin und frauen- und
genderpolitische Sprecherin
Sybille Mattfeldt-Kloth
60 Jahre, KV Helmstedt
Beisitzer
Peter Schmithüsen
50 Jahre, KV Nienburg
Wie bist du bei den Grünen gelandet? Der Regierungswechsel 1998 zu RotGrün hat bei mir einen regelrechten Euphorieschub ausgelöst, nachdem ich bis
dahin in meinem politischen Leben nur den gefühlt ewigen Kanzler Kohl kannte. Während ich mich anfangs mehr als Anhänger von Rot-Grün insgesamt
empfunden habe, hat es mir die Regierung Schröder leicht gemacht, zu sehen,
wo ich stehe: Als Schröder 2005 die rot-grüne Koalition einfach weggeworfen
hat, habe ich mich entschieden, Farbe zu bekennen und bin Grünes Mitglied
geworden. Was willst du bei den Grünen bewegen? Grüne Positionen dürfen
nicht als Schön-Wetter-Themen hinter Belangen von Wirtschaft und Arbeitsplätzen zurückstehen. Der Kampf für eine konsequente Energiewende, eine
andere Landwirtschaft, mehr Natur- und Umweltschutz und eine offene Gesellschaft stehen für mich dabei ganz vorne. Mein Motto: Die besten Dinge im
Leben sind nicht die, die man für Geld bekommt. (Albert Einstein)
Wie bist du bei den Grünen gelandet? Die Grünen sind nicht nur eine Umweltpartei, sondern auch immer schon eine emanzipatorische Partei. Das heißt, die
Gleichstellung Minderberechtigter war und ist das Thema, was mich bei Grünen besonders interessiert. Darum musste ich bei den Grünen mitmachen.Was
willst du bei den Grünen bewegen? Mein Spezialthema ist die Geschlechtergerechtigkeit. Frauen sind in Führungspositionen von Wirtschaft und Verwaltung noch immer unterrepräsentiert. Ihr Erwerbseinkommen ist um 22 Prozent
geringer als das der Männer, was durch niedrigere Rentenbeiträge zu späterer
Altersarmut führt. Ich will mich daher für die eigenständige wirtschaftliche Sicherheit von Frauen einsetzen. Mein Motto: Nur gemeinsam sind wir stark!
Das heißt, solange nicht Männer ganz selbstverständlich in Kitas und Grundschulen arbeiten, sind wir von Geschlechtergerechtigkeit noch weit entfernt.
Wie bist du bei den Grünen gelandet? Ich wurde in den 80er Jahren unter
dem Eindruck des Waldsterbens, des atomaren Wettrüstens und der Katastophe von Tschernobyl erwachsen. Die Grünen waren schon damals für mich
die einzige politische Option. Eine flammende Rede von Bärbel Höhn auf dem
Neujahrstreffen der Grünen in Nienburg gab mir den entscheidenden Impuls
in die Partei einzutreten und mich persönlich zu engagieren. Was willst du bei
den Grünen bewegen? Ich möchte dazu beitragen, dass unsere Antworten
auf die entscheidenden Zukunftsfragen unserer Gesellschaft wie zur sozialen
Gerechtigkeit, Energie- und Agrarwende, Bildungschancengleichheit und zum
Klimaschutz bei den Menschen auch ankommen und unsere Lösungsvorschläge auch die nötige politische Mehrheit finden. Inhaltlich will ich die Diskussion zum bedingungslosen Grundeinkommen bei den Grünen wiederbeleben
und die Medien- und Netzpolitik mehr in den Fokus unserer Debatten rücken.
Mein Motto: zuhören, verstehen, gemeinsam gestalten.
Grüne Zeiten 01-2015 05
LDK Stade
nachhaltig
GRÜN
Grüne Beschlüsse nicht nur für heute, sondern auch
für morgen und übermorgen trafen die rund 170
Delegierten auf unserer Landesdelegiertenkonferenz
(LDK) im Februar in Stade. Gleich zu Beginn diskutierten die Anwesenden in einer aktuellen Stunde
über die Chancen und Herausforderungen, die sich
für die Kommunen durch Flüchtlinge in Niedersachsen ergeben. Einig waren sich alle RednerInnen darin,
dass wir seit der rot-grünen Regierungsübernahme
schon eine Vielzahl von Verbesserungen für Flüchtlinge erreicht haben und eine Willkommenskultur in
der Gesellschaft verankert haben. Gleichwohl gibt es
aufgrund des anhaltenden Zulaufs weiter Handlungsbedarf. Wenn wir die Stimmung im Land nicht kippen
lassen wollen, müssen Land und Bund die Kommunen stärker unterstützen, beispielsweise mit Förderprogrammen für den sozialen Wohnungsbau und für
Sprachkurse.
Auch in Zukunft wird es aktuelle
Stunden auf unseren Landesdelegiertenkonferenzen geben. Hier
wollen wir Raum geben für aktuelle
Themen, die ohne Antragsfristen
mit den Delegierten offen diskutiert
werden sollen.
!
Wir fordern einen anderen Umgang mit Antibiotika
in der Tier- und in der Humanmedizin, Reserve-Antibiotika haben in der Tiermedizin nichts zu suchen.
Entscheidender Hebel für den Gesundheits- und
Trinkwasserschutz ist ein Umbau der Art und Weise
unserer Landwirtschaft. Zudem müssen wir über eine
konsequent ausgeführte Hygiene die Ausbreitung
von Keimen in Krankenhäusern eindämmen. Mehr
zu dem Beschluss findet ihr auf Seite 7, ein Interview
mit Dr. Imke Lührs, Mitbegründerin der Ärzteinitiative gegen Massentierhaltung, findet ihr auf Seite 9
und 10.
Mit dem Beschluss Klimagipfel zum Erfolg bringen
fordern wir ehrgeizige, international verbindlich vereinbarte Maßnahmen, um sich dem Klimawandel
wirksam entgegenzustellen. Wir müssen die Energiewende weiter vorantreiben und dabei die lokalen AkteurInnen unterstützen. Auch die Industrie müssen
wir in die Pflicht nehmen. Weitere
Informationen zum Klimawandel
findet ihr im Interview mit dem Klimaexperten Stefan Wittig auf den
Seiten 12 und 13.
Turnusgemäß haben wir in Stade einen neuen Landesvorstand
gewählt: Meta Janssen-Kucz und
Stefan Körner sind zu den Vorsitzenden gewählt worden. Matthias
Wiebe ist in seinem Amt als Landesschatzmeister bestätigt worden.
Djenabou Diallo-Hartmann, Sybille Mattfeldt-Kloth
und Peter Schmithüsen unterstützen den Vorstand als
BeisitzerInnen. Sybille ist außerdem zur frauen- und
genderpolitischen Sprecherin gewählt worden. Eine
Kurzvorstellung unseres Vorstandes findet ihr auf den
Seiten 4 und 5.
Mehr Demokratie an den Hochschulen fordert der Antrag, den der
Landesvorstand gemeinsam mit der
GRÜNEN JUGEND Niedersachsen
und campus grün Niedersachsen
erarbeitet hat und den die Delegierten mit sehr großer Mehrheit
verabschiedet haben. Wir wollen
direkt gewählte Hochschulgremien stärken und die
Mitbestimmung für Studierende ausbauen. Für Drittmittelprojekte fordern wir einen kritischen und transparenten Umgang. Mehr zu dem Beschluss sowie
eine Kurzvorstellung von campus grün Niedersachsen
findet ihr auf Seite 11 dieser Ausgabe.
Mit großer Mehrheit haben wir den Antrag Für mehr
Gesundheits- und Verbraucherschutz: Antibiotikaeinsatz reduzieren, Trinkwasser schützen! beschlossen.
Diese und die vielen weiteren Beschlüsse der LDK
Stade könnt ihr auf unserer Homepage nachlesen:
http://gruene.lv/beschluessestade2015
06 Grüne Zeiten 01-2015
Gesundheits- Und verbraucherschutz
Für mehr Gesundheits- und Verbraucherschutz:
Antibiotikaeinsatz reduzieren,
Trinkwasser schützen!
Allein in Deutschland ziehen sich nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene jährlich rund eine Million Menschen im Zusammenhang mit einer stationären oder ambulanten Behandlung eine Infektion zu – umgangssprachlich auch Krankenhausinfektion genannt. Mindestens 10.000 Menschen sterben durch diese Infektion.
Um diesem Problem zu begegnen müssen wir die Ursachen von Krankenhausinfektionen bekämpfen und
die Ausbreitung vor allem von multiresistenten Keimen eindämmen. Wir Grüne sind davon überzeugt,
dass ein Umbau der Art und Weise unserer Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion die entscheidenden Hebel für den Gesundheits- und Trinkwasserschutz sind. Konsequent ausgeführte Hygiene im
Krankenhaus ist der Schlüssel, um die Ausbreitung
von Krankenhauskeimen einzudämmen. Mit unserem
LDK-Beschluss aus Stade haben wir ein umfassendes
Forderungspaket beschlossen:
Antibiotika:
Umgang und Vergabepraxis ändern
Sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin
brauchen wir eine bessere Aufklärung, da durch den
zu sorglosen Umgang mit Antibiotika die Entstehung
von Resistenzen begünstigt wird. In der Tiermedizin fordern wir einen Ausstieg aus der sogenannten
Metaphylaxe. Es kann nicht sein, dass ganze Tierbestände mit Antibiotika behandelt werden, obwohl nur
einzelne Tiere erkrankt sind.
Keine Notfall-Antibiotika in der Tiermedizin
Der Bund muss endlich über eine entsprechende Novelle des Bundesarzneimittelgesetzes sicherstellen,
dass sogenannte Notfall- oder Reserveantibiotika
ausschließlich in der Humanmedizin eingesetzt werden. Gelingen kann das nur mit wirksamen Kontrollen und empfindlichen Sanktionen bei Verstößen.
Tierschutz durch
artgerechte Tierhaltung
Nur wenn wir die Haltungsbedingungen so verändern,
dass die Tiere grundlegende arteigene Bedürfnisse ausleben können, werden Antibiotikagaben in großem Stil
überflüssig. Daher fordern wir, dass der im Grundgesetz verankerte und in der Bundesgesetzgebung fixierte Tierschutz endlich verbindlich umgesetzt wird.
Stickstoffdüngung konsequent reduzieren
Der Bund muss endlich die EU-Nitratrichtlinie zum
Schutz der VerbraucherInnen umsetzen. Bei der anstehenden Novelle der Düngeverordnung muss sichergestellt werden, dass Dünger nur noch in der
Menge und zu den Zeiten ausgebracht wird, in der
eine weitgehend vollständige Verwertung sichergestellt werden kann. Denn die Überschüsse können
in das Grundwasser und damit in unser Trinkwasser
gelangen.
Hygienestandards in Kliniken erhöhen
Die weitere Ausbreitung multiresistenter Keime können wir unter anderem durch ein verpflichtendes
Screening vor der PatientInnen-Aufnahme in die stationäre Behandlung vermeiden. Zudem fordern wir,
dass Kliniken mit mehr als 400 Betten hauptamtliche
Hygienebeauftragte einsetzen müssen, um das Infektionsrisiko mit Krankenhauskeimen gezielt zu senken. Eine weitere Forderung ist die breite Aufklärung
und Fortbildung von allen Beteiligten im Pflege- und
Krankenhausbereich, ambulant wie stationär.
Den ganzen Beschluss könnt ihr auf unserer Homepage lesen unter http://gruene.lv/3th.
Grüne Zeiten 01-2015 07
Gesundheits- Und verbraucherschutz
Krankenhausinfektionen:
Hygiene ist die beste Waffe
Der Anstieg von Infektionen in Krankenhäusern durch
multiresistente Keime stellte das medizinische Personal
zu Beginn der Nullerjahre vor große therapeutische Herausforderungen: verlängerte Behandlungsdauer, erhöhte Sterblichkeit und höhere Behandlungskosten. Daraufhin verschärfte das Bundesministerium für Gesundheit
im Jahr 2011 gemeinsam mit der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO)
die Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von
MRSA in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen. An diese so genannte KRINKO-Empfehlung hal-
nahme im Krankenhaus auf multiresistente Keime untersucht. In der Regel gehören dazu Menschen, die
während der vergangenen zwölf Monate bereits im
Krankenhaus waren oder bei denen eine frühere Infektion mit MRSA (Keim, der gegen das Antibiotikum
Methicilin resistent ist) bekannt ist. Außerdem zählen
diejenigen als Risikopersonen, die Kontakt mit landwirtschaftlichen Nutztieren haben.
Wer einen multiresistenten Keim auf seinem Körper
trägt, merkt davon in der Regel nichts. Bei abwehrgeschwächten Personen kann es aber
leicht zu einer Infektion kommen; das
heißt, sie erkranken durch den Keim.
Das betrifft besonders PatientInnen
im Krankenhaus. Aber nicht alle Krankenhausinfektionen sind durch resistente Erreger bedingt, sondern auch
Keime ohne besondere Resistenzen
können unter den genannten Umständen zu Infektionen führen.
Trotz ähnlicher Rahmenregelungen
sind multiresistente Keime in den Niederlanden im Vergleich zu Deutschland weniger verbreitet und Infektionen treten weniger häufig auf. Die
Gründe dafür sind vielfältig:
ten sich laut Landesgesundheitsamt die Krankenhäuser
in Niedersachsen. Wie diese Empfehlungen im Detail
umgesetzt werden, bestimmt jedes Krankenhaus selbst.
Dies ist nötig, da die Einrichtungen sich in Raum- und
Personalausstattung sowie den behandelten Erkrankungen unterscheiden.
An erster Stelle steht eine konsequent ausgeführte Basishygiene. Neben der Reinigung und Desinfektion von
Flächen und Gegenständen bedeutet das auch: PflegerInnen, Reinigungsfachkräfte und ÄrztInnen müssen
sich vor und nach jedem Kontakt mit PatientInnen die
Hände waschen und desinfizieren. Denn wie auch auf
der Straße erfolgt die Übertragung von (multiresistenten) Keimen im Krankenhaus von Mensch zu Mensch,
also oft über die Hände des Personals.
Parallel zur Basishygiene gibt es Verfahrensregeln zur
Erkennung von Infektionen sowie deren Bekämpfung.
Zum Beispiel werden bestimmte Personengruppen als
RisikopatientInnen eingestuft und als solche bei Auf08 Grüne Zeiten 01-2015
Zum einen konnten die Niederlande die Verbreitung
von multiresistenten Keimen erfolgreich eindämmen, da
dort die Erreger schon in den 1980er Jahren als Ursache
für Infektionen in Krankenhäusern identifiziert wurden.
Das zentralisierte Gesundheitssystem ermöglicht zudem
regelmäßige Kontrollen durch eine übergeordnete Einrichtung.
Zum anderen geht man davon aus, dass in den Niederlanden Keime weniger Möglichkeiten haben, Resistenzen gegen Antibiotika zu bilden, da dort der Antibiotikagebrauch geringer ist als in Deutschland. Je häufiger
Menschen Antibiotika einnehmen oder Tieren Antibiotika verabreicht werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich resistente Keime weiter verbreiten.
Weitere Informationen unter http://www.mrsa-net.nl,
http://www.mrsa-netzwerke.niedersachsen.de/,
http://www.bmg.bund.de/themen/praevention/
krankenhausinfektionen.html
Gesundheits- Und verbraucherschutz
„ Es geht um EINE Gesundheit
für Mensch und Tier!“
Interview mit Dr. Imke Lührs zu Antibiotikaresistenzen
Sie warnen vor dem post-antibiotischen
Zeitalter, warum?
Die moderne Medizin ist in vielen Bereichen auf die
Rückfallposition der Antibiotika angewiesen. Das gilt
besonders dort, wo unsere Patienten in ihrer Infektabwehr geschwächt sind, beispielsweise in der Intensivmedizin. Diese Kranken sterben heute häufig nicht
mehr an ihrer ursprünglichen Krankheit, sondern an
einer durch Antibiotika nicht mehr behandelbaren
Infektion mit multiresistenten Keimen. Die können
sie sich im Krankenhaus holen, durch mangelnde
Hygiene, aber sie bringen sie auch von zuhause mit.
Resistente Keime können überall entstehen, wo Antibiotika gegeben werden, also auch in der Tierhaltung.
Andere Länder z. B. die Niederlande sind da weiter.
Was machen die Niederlande
anders als Deutschland?
Die Strukturen sind dort etwas anders. Es gibt z. B.
nicht so viele kleine Krankenhäuser wie in Deutschland, die keinen eigenen Hygieniker haben. Vor allem aber ist das Problem der resistenten Keime dort
früher in das Bewusstsein getreten. So konnte in den
Imke Lührs
Internistin aus Bremen, ist Mitbegründerin der
Ärzteinitiative gegen Massentierhaltung.
Die Initiative sieht die Massentierhaltung als einen
der wesentlichen Auslöser der Antibiotika-Resistenzen an und fordert im Interesse der Gesundheit
der Menschen eine Abkehr von der Massentierhaltung. Weitere Informationen findet ihr im Internet
unter www.aerzte-gegen-massentierhaltung.de.
vergangenen Jahren der Antibiotika-Einsatz sowohl
in der Human- als auch in der Tiermedizin deutlich
reduziert werden. Die Menge hat sich in der Tiermedizin in drei Jahren um 50 Prozent senken lassen.
Aber auch die Ärzte setzen Antibiotika restriktiver ein.
In den Niederlanden gibt es etwa zehn mal so viele
Krankenhaushygieniker pro Krankenhausbett wie in
Deutschland. Diese sind nicht nur für die Entwicklung
und Einhaltung von Hygienevorschriften zuständig,
sondern beraten die Ärzte auch beim Einsatz von Antibiotika. Außerdem gibt es einen deutlich besseren
Personalschlüssel im Pflegebereich. Doch haben auch
die Niederlande ein Problem mit den multiresistenten
Darmkeimen, da genau so wie hier belastetes Fleisch
verkauft wird.
Wie können wir die Hygiene im
Krankenhaus verbessern ?
Wir müssen dringend bei Risikopatienten ein verbindliches Screening auf MRSA einführen, sowie im
positiven Fall auch definierte Maßnahmen ergreifen.
Im Prinzip sind die erforderlichen Hygienemaßnahmen bekannt. Doch fehlt es oft auch am Personal zur
Umsetzung der Vorschriften. Wir müssen also den
Personalschlüssel verbessern. Zudem müssen wir die
Kommunikation der Krankenhäuser untereinander
und mit den weiter betreuenden ambulanten Ärzten und Pflegeeinrichtungen vernünftig regeln, damit die Kranken besser weiter betreut werden. Auch
brauchen wir mehr regelmäßige und verpflichtende
Fortbildungen für alle im Gesundheitswesen tätigen
Personen zu den Themen multiresistente Keime, Antibiotika und Hygiene.
Die Krankenhäuser müssen besser und häufiger
kontrolliert werden, dafür
wiederum brauchen wir
mehr Experten in den Gesundheitsämtern.
Uns fehlen aber auch Daten, da es für die meisten
multiresistenten Erreger
keine Meldepflicht gibt.
Das Ausmaß des Problems ist gar nicht genau
bekannt und wahrscheinlich viel größer, als wir momentan wissen.
Wer übernimmt die Kosten für all das?
Ein MRSA-Test kostet weniger als 15 Euro, die Kosten
für die Behandlung eines infizierten Patienten betragen aber 3.000 bis 20.000 Euro. Davon zahlen die
Kassen nur einen Teil und die Kliniken bleiben auf den
übrigen Kosten sitzen. Wenn man Infektionen verhindert, spart man also unmittelbar Geld.
Grüne Zeiten 01-2015 09
Gesundheits- Und verbraucherschutz
Was muss sich in der Tiermedizin ändern?
Die Landwirtschaftsminister von neun Bundesländern
haben sich im Januar für ein Verbot der Reserveantibiotika und der Mengenrabatte bei der Behandlung
von Tiergruppen ausgesprochen. Auch die Europäische Kommission hat kürzlich in einem ExpertenHearing diese Forderung erhoben.
wenn wir die Haltungsbedingungen für die Tiere ändern – weg von der industriellen Massentierhaltung,
die nicht ohne Antibiotika auskommt, hin zu kleineren bäuerlichen Betrieben mit einer tiergerechten
Haltung. Die momentane Subventionspolitik fördert
aber vor allem die großen Betriebe und Massenschlachthöfe.
Außerdem muss rasch – wie in Dänemark – der finanzielle Anreiz für die Tierärzte wegfallen Medikamente
zu verkaufen. Die Tierärzte haben wichtige andere
Aufgaben in der Landwirtschaft zu erfüllen, nämlich
für gesunde Haltungsbedingungen zu sorgen und die
Tierhalter zu beraten. Das muss verpflichtend sein
und entsprechend honoriert werden.
Denn letztlich können wir die Menge der eingesetzten Antibiotika in der Tiermedizin nur reduzieren,
Was muss noch passieren ?
Die Politik ist gefragt, unsere Forderungen umzusetzen. Wir Steuerzahler finanzieren die Landwirtschaft
zu einem ganz erheblichen Teil über Subventionen.
Deshalb kann und muss man es nicht dem Markt
überlassen, wie in Deutschland und Europa Tiere gehalten werden. Da muss eingegriffen werden, damit
unsere Umwelt und unsere Gesundheit nicht weiter
geschädigt werden.
Grenzüberschreitender Kampf gegen Keime:
Interregio-Projekt Ems-Dollart-Region
Von und gemeinsam mit den KollegInnen aus den
Niederlanden lernen: Das ist das Ziel von EurSafety
Health-net. Die Mitglieder des grenzüberschreitenden Netzwerks von Krankenhäusern, Alten- und
Pflegeeinrichtungen sowie niedergelassenen ÄrztInnen aus der Ems-Dollart-Region einigten sich im Jahr
2010 darauf, gemeinsam die Verbreitung von Krankenhaus-Problemkeimen effizienter zu bekämpfen und zu kontrollieren.
Alten- und Pflegeeinrichtungen in der Ems-DollartRegion sind mittlerweile mit dem EurSafety-Qualitätssiegel ausgezeichnet.
Der Projektkoordinator und Präsident des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes Dr. Matthias Pulz
ist sich sicher, dass EurSafety
Health-net eine „AufbruchWittmund Jever
stimmung erzeugt hat, über
die Landkreisgrenzen hinWilhelmshaven
Aurich
weg.“ Die gesamte WeserDazu tauschten die TeilEmden Friedeburg
Delfzijl
Ems-Region habe davon
nehmenden rund
Varel
Winsum
Leeuwarden
profitiert. Es gelte nun,
vier Jahre lang
Drachten
Groningen
die Nachhaltigkeit
regelmäßig
Leer
Bad
Zwischenahn
Oldambt
des Erreichten
Erfahrungen
Oldenburg
sicherzustellen.
und Fachwissen
Assen
Friesoythe
Papenburg
Ohne die Araus zum Umgang mit multiEmsteck
beit der durch
resistenten Erregern. Neben dem
Meppen
EU-Mittel
fiNetzwerken lag der Fokus des
Cloppenburg
Hoogeween Emmen
nanzierten Provon der Europäischen Union fijektkoordinatorin stellt dies eine
nanzierten Projekts auf der konseLingen
große Herausforderung dar.
quenten Umsetzung der bestehenden
Hygieneregeln.
Schon heute ist klar: Der Kampf geDiejenigen teilnehmenden Krankenhäuser, die alle gen antibiotikaresistente Erreger geht weiter. Denn
vereinbarten Qualitätsziele einhielten, konnten ein die Niederlande stehen genauso wie Niedersachsen
Qualitäts- und Transparenzsiegel zu erlangen. Auch schon vor der nächsten Aufgabe: die Verbreitung von
für Alten- und Pflegeeinrichtungen gab es ein derar- antibiotikaresistenten Darmkeimen beim Menschen,
tiges Siegel. Dieses Anreizsystem scheint erfolgreich deren mögliche Übertragung aus der industriellen
gewesen zu sein: Rund 50 Krankenhäuser und 220 Tiermast derzeit intensiv untersucht wird.
10 Grüne Zeiten 01-2015
Hochschulpolitik
Mehr Demokratie an
den Hochschulen
Nach zwei Jahren Regierungsbeteiligung ist die grüne Handschrift in der Hochschulpolitik Niedersachsens
klar erkennbar. Unsere grüne Wissenschaftsministerin
Gabriele Heinen-Kljajic hat mit dem Hochschulentwicklungsvertrag und Zielvereinbarungen bereits einiges für mehr studentische Mitbestimmung, gute
Arbeitsbedingungen und Transparenz an den Hochschulen auf den Weg gebracht. Doch liegt auch noch
viel Arbeit vor uns.
Mit sehr großer Mehrheit stimmten die Delegierten
auf der LDK in Stade für den gemeinsam von Landesvorstand, GRÜNER JUGEND Niedersachsen und
campus grün Niedersachsen erarbeiteten Antrag
Mehr Demokratie an den Hochschulen. Damit fordern wir einen Kulturwandel an Hochschulen hin zu
mehr Demokratie und Transparenz: Studierende sollten möglichst viele Entscheidungen, die sie direkt betreffen, mitgestalten können. Daher wollen wir direkt
gewählte Hochschulgremien stärken und die Mitbestimmung für Studierende ausbauen. Die gleichberechtigte Mitgestaltung muss jedoch für alle an der
Universität gelten, also auch für ProfessorInnen und
MitarbeiterInnen. Wir wollen zudem bessere Arbeitsbedingungen und sichere Beschäftigungsverhältnisse
an den Hochschulen gewährleisten. Eine weitere Forderung ist der kritische und transparente Umgang mit
Drittmittelprojekten.
Den Beschluss in voller Länge findet ihr auf unserer
Homepage unter http://gruene.lv/3tf.
CAMPUS GRÜN NIEDERSACHSEN
stellt sich vor
Wir sind der niedersächsische Landesverband grüner
und grün-alternativer Hochschulgruppen und haben
uns im Juli 2014 gegründet. Das heißt, dass wir für
ganz Niedersachsen die grünen Interessen der Studierenden vertreten und eine Austausch- und Vernetzungsplattform für unsere Mitgliedsgruppen bieten.
Grün heißt für uns: Gleichgewicht zwischen Mensch
und Natur, soziale Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit, Antifaschismus, Antirassismus, Feminismus und Gendergerechtigkeit sowie natürlich Demokratie. Dafür setzen
wir uns an unseren Hochschulen und darüber hinaus
ein. Zur Demokratie gehört für uns auch untrennbar die paritätische, studentische Mitbestimmung an
Hochschulen. Dieses Ziel, genauso wie die Zivil- und
Transparenzklausel und andere wichtige Forderungen
wie zum Beispiel bessere Arbeitsbedingungen und Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen, wollen wir
gemeinsam mit euch in Niedersachsen endlich verwirklichen.
Vertreten werden wir durch zwei Sprecher*innen
und eine*n Koordinator*in. Diese werden durch die
Landeskonferenz, in der die Vertreter*innen der Mitgliedshochschulgruppen jedes halbe Jahr zusammenkommen, für ein Geschäftsjahr gewählt. Zurzeit sind
Berit Schütze und Imke Byl unsere Sprecherinnen und
Ercan Kilic unser Koordinator.
Wenn ihr in einer unabhängigen grünen oder grünalternativen Hochschulgruppe in Niedersachsen aktiv
seid und uns kennenlernen möchtet, oder wenn ihr
Fragen oder Anregungen habt, schreibt einfach eine
Mail an [email protected].
Wir freuen uns auch, wenn ihr campus grün Niedersachsen bei Facebook liket und uns auf unserer
Homepage besucht www.campusgruen-nds.de.
Berit Schütze und Imke Byl
Grüne Zeiten 01-2015 11
Klimaschutz
„ Der Klimawandel ist eine globale
Herausforderung, die wir nur verringern, nicht aber vermeiden können“
Um sich dem Klimawandel wirksam entgegen zu stellen, brauchen wir ehrgeizige, international verbindlich
vereinbarte Maßnahmen. Der Klimagipfel, der im Dezember 2015 in Paris stattfinden wird, darf kein weiterer
Gipfel der warmen Worte und Unverbindlichkeiten werden. Mit unserem LDK-Beschluss Klimagipfel zum Erfolg bringen fordern wir die Bundesregierung auf, endlich mit ambitionierten Klimazielen voranzugehen und
mehr für Energieeinsparung und -effizienz sowie den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu tun. Wir müssen
die Energiewende weiter vorantreiben und dabei die lokalen AkteurInnen unterstützen. Auch die Industrie
müssen wir in die Pflicht nehmen und ihr klare klimapolitische Vorgaben machen sowie echte Anreize für klimaverträgliche Produktionsweisen schaffen – um nur einige Forderungen aus dem Beschluss aufzuführen. Den
Beschluss in voller Länge findet ihr unter http://gruene.lv/3tg.
Wie genau sehen die Folgen des Klimawandels eigentlich aus und was muss
konkret passieren? Was muss die Politik leisten? Diese und weitere Fragen
haben wir dem Klimaexperten Stefan Wittig gestellt:
Kann der Klimagipfel in Paris erfolgreich sein?
Es ist eher unwahrscheinlich, dass Paris ein einstimmiges Abkommen zum Ergebnis haben wird, welches
die Treibhausgasemissionen so deutlich reduziert,
dass das 2-Grad-Ziel erreicht wird. Man muss leider
sagen, dass das Abkommen von Kyoto zwar für die
Unterzeichner erfolgreich war, aber der globale Kohlendioxid (CO2)-Ausstoß deutlich zugenommen hat.
12 Grüne Zeiten 01-2015
Ohne verbindliche Zusagen, die auch mit Sanktionen
geahndet werden können, kann Klimaschutz nicht erfolgreich sein.
Die Erkenntnisse der Wissenschaft sind eindeutig: Der
Klimawandel ist unvermeidbar, er kann nur verringert
werden. Es muss in den nächsten zehn bis 20 Jahren
etwas passieren, denn die durch den heutigen Aus-
Klimaschutz
stoß von Treibhausgasen angeschobenen Prozesse im
Klimasystem können sich selbstständig verstärken. Je
länger wir warten, umso anstrengender, aber auch
umso teurer wird es sein, gegenzusteuern.
Wie sehen die Klimafolgen aus?
Die Temperatur wird sich erhöhen, die Niederschlagsverteilung im Jahresverlauf wird sich ändern und der
Meeresspiegel wird langfristig weiter steigen. Wir
werden stärkere Klimaschwankungen haben, Stürme,
Sturmfluten aber auch Starkregen-Ereignisse werden
zunehmen.
an die Klimafolgen anpassen. Wir müssen bestimmen,
wo die Gefährdung am größten ist und dort rechtzeitig
entsprechende Maßnahmen einleiten.
Dabei müssen wir beachten, dass alle gesellschaftlichen Reaktionen auf den Klimawandel, sei es für Klimaschutz oder Klimaanpassung, auch Folgen haben.
Diese Folgen sind manchmal sogar stärker als die unmittelbaren Folgen des Klimawandels. Als Beispiel seien hier Biogasanlagen genannt, für die intensiv Mais
angebaut wird. Die Auswirkungen dieser großflächigen Monokulturen auf die Biodiversität sind heute
größer, als die durch den Klimawandel verursachten.
Was bedeutet das konkret für Niedersachsen?
Da der mittlere Meeresspiegel steigt, werden auch die
Sturmfluten an der Küste extremer. Diese wiederum
sind, aufgrund der begradigten und vertieften Flüsse,
weit im Landesinneren spürbar. Unsere heutigen Deiche werden nicht ausreichen, dem zu begegnen. Die
Erhöhung und Verstärkung der Küstenschutzanlagen
wird daher aktuell vorgenommen. Durch die zunehmende Flächenversiegelung und die damit einhergehende Überhitzung werden sich die Lebensbedingungen verschlechtern. Die (finanziellen) Schäden durch
extreme Wetterereignisse sind schon heute immens:
Oftmals sind Verkehrsinfrastrukturen nach Starkregen-Ereignissen nicht nutzbar, das wiederum unterbricht die regionalen Liefer- und Wertschöpfungsketten. Wir müssen uns also nicht nur fragen, wie wir die
Treibhausgasemissionen verringern können, sondern
auch, wie wir uns an veränderte Klimabedingungen
anpassen können und wollen.
Was muss also passieren?
Wenn wir in Paris kein globales Klimaschutzabkommen erreichen, sollten einzelne Länder eine Vorreiterrolle übernehmen. Die sogenannten Industriestaaten
müssen ihre moralische Pflicht ernst nehmen und multilateral tätig werden. So will die EU etwa den CO2Ausstoß bis 2030 – im Vergleich zu 1990 – um mindestens 40 Prozent verringern. Deutschland hat zwar
nur einen kleinen Anteil an den globalen Treibhausgasemissionen, sollte aber mit gutem Beispiel voran gehen. Dazu müssen wir unseren Ressourcenverbrauch
überdenken – was übrigens nicht mit einem Verlust
an Lebensqualität einhergehen muss. Deutschland hat
es seit 1990 geschafft, den Treibhausgas-Ausstoß zu
verringern. Doch darf man nicht verschweigen, dass
Deutschland – wie viele andere Industrieländer auch –
treibhausgasintensive und umweltschädliche Produktionsweisen in andere Länder ausgelagert hat, beispielsweise nach China.
Inwiefern?
Der Klimawandel ist unvermeidbar. Doch je geringer
und langsamer der Klimawandel vonstattengeht, desto leichter ist die Anpassung und desto kleiner werden
auch die Schäden sein. Wir müssen zunächst einmal
weiterhin Klimaschutz betreiben und uns parallel dazu
Ihre Forderungen an die Politik?
Wir müssen den Umgang mit dem Klimawandel als
globale Gemeinschaftsaufgabe betrachten. Alle gesellschaftlichen Bereiche, die vom Klimawandel betroffen sind, müssen den Klimawandel zur Kenntnis
nehmen, in ihre Entscheidungen einbinden und übergreifende Handlungsstrategien entwickeln. Dafür
müssen wir auch neue
Strukturen bei den Behörden und politisch Verantwortlichen schaffen. Wir
brauchen eine fachbereichs- und länderübergreifende Planung und
Zusammenarbeit. Wenn
wir schon heute den Klimawandel
gemeinsam
mitdenken und innovative Lösungen entwickeln,
können wir alle von einer weniger anfälligen und
nachhaltigeren Gesellschaft profitieren. Denn eins
muss uns bewusst sein: Nichts zu tun ist die teuerste
Alternative und die nächsten Generationen werden
die Beseitigung der Schäden zu schultern haben.
Der Diplom-Biologe Stefan Wittig aus Bremen arbeitet für das Umweltgutachterbüro BIOCONSULT vor allem in Forschungsprojekten zu den Auswirkungen der
Klimaänderung und der Anpassung an den Klimawandel in Deutschland. Er war in den interdisziplinären
Projekten für die Koordination verschiedener Forschungsaspekte und Entwicklung von Informationssystemen verantwortlich und hat zu den ökologischen
Folgen des Klimawandels gearbeitet. Im kürzlich abgeschlossenen Verbundprojekt „nordwest2050“ war
er für die Entwicklung von regionalen Klimaszenarien
zuständig und hat den Arbeitsbereich Verwundbarkeitsanalyse koordiniert.
Grüne Zeiten 01-2015 13
Kohlekraftwerk Stade
Kohle statt Atom? Aus drei mach eins
Gastbeitrag des Kreisverbands Stade
Vor zehn Jahren gab es in Stade Planungen für gleich
drei Kohlekraftwerke. Inzwischen haben der französische Konzern Electrabel nach einem Scheitern vor
dem Verwaltungsgericht, und Eon aufgrund der weisen Erkenntnis, dass mit Kohlekraftwerken kein Geld
zu verdienen ist, aufgegeben.
Geblieben ist Dow Chemical,
dessen Chemiewerk in Stade
mit einem kontinuierlichen Bedarf von 600 Megawatt der
zweitgrößte deutsche Stromverbraucher ist. Um international konkurrenzfähig zu sein,
braucht der Betrieb billigen
Strom und das ist – da der internationale Emissionszertifikatshandel bislang kläglich gescheitert ist – leider immer noch der
Kohlestrom.
Rückhalt in der
Bevölkerung
Aufgrund der großen wirtschaftlichen Bedeutung von
DOW Chemical für die Region
und ihrer klugen Unternehmenskommunikation gibt es sowohl in der Politik als
auch in der Bevölkerung eine große Zustimmung zu
allen Projekten. Sei es zum Kraftwerk oder zur Nutzung von Asbest in den Produktionsanlagen. Dennoch
hat sich gegen die Planungen des Kohlekraftwerks
hier ein breites Bündnis aus BUND, NABU, Deutsche
Umwelthilfe (DUH), Greenpeace, der Umweltorganisation AUN, der Bürgerinitiative (BI) Stade-Altes Land
und der BI Haseldorfer Marsch von der anderen Elbseite und den Grünen aus dem Kreisverband gebildet.
Trotz kompetenter, personeller und finanzieller Unterstützung der KlimaAllianz und der DUH sowie rund
10.000 Einwendungen gegen den Bebauungsplan,
der das Kohlekraftwerk ermöglichen soll, billigte der
Rat Ende 2014 mit großer Mehrheit das Kraftwerk.
Kraftwerk mit grünem Siegel
Die Grünen haben sich auf allen Ebenen immer wieder deutlich gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke
ausgesprochen – so auch der Landesverband Nieder14 Grüne Zeiten 01-2015
sachsen auf der vergangenen Landesdelegiertenkonferenz in Stade. Das Regierungshandeln sieht jedoch
deutlich anders aus. Das gerade ans Netz gegangene
Kraftwerk Moorburg wurde unter Schwarz-Grün in
Hamburg von einer grünen Umweltsenatorin genehmigt. Auch das geplante Kraftwerk der Dow wird genehmigt
werden – von der SPD als innovative Technik euphorisch
begrüßt, von den Grünen stillschweigend gebilligt. Im Koalitionsvertrag wurde ein Mindestwirkungsgrad von 55 Prozent
festgelegt. Da das geplante
Kraftwerk nicht nur Strom, sondern auch Prozesswärme für das
Chemiewerk produziert, meistert es diese Hürde locker. Im
ersten Entwurf des Landesraumordnungsprogramms
(LROP)
wurde diese Vereinbarung dahingehend konkretisiert, dass sie
für alle im LROP festgelegten
Großkraftwerke gilt, aber nicht
für sogenannte Industriekraftwerke wie das der Dow. Der Genehmigung steht also zumindest
landesrechtlich nichts mehr im Wege.Trotzdem bleibt
das Kraftwerk ein Klimakiller mit einem jährlichen
CO2-Ausstoß von rund 5 Mio. Tonnen – aber mit
grünem Gütesiegel. Das macht die Arbeit als GrüneR
vor Ort nicht einfacher.
Unsere Hoffnungen setzen wir vor Ort auf die Normenkontrollklage der Umweltverbände gegen das
Kraftwerk und auf die wirtschaftliche Vernunft der
Dow. Unüberhörbar ist, dass heute weder der Betreiber Vattenfall noch die Stadt Hamburg mit dem
Steinkohlekraftwerk in Moorburg glücklich sind. Beide hätten sich unter den heutigen gesetzlichen und
politischen Rahmenbedingungen nicht mehr für diese
Investition entschieden. Irgendwann wird sich auch
bis in die USA herumsprechen, dass mit Kohle keine
Kohle zu machen ist. Die DOW sucht augenscheinlich
immer noch einen Partner für das Kraftwerk. Wir bleiben politisch dran. Die Hoffnung für den Klimaschutz
stirbt zuletzt.
Reinhard Elfring (Fraktionsvorsitzender im Rat der Hansestadt Stade) u. a.
Grüne Jugend
Die GRÜNE JUGEND – Der kleine Quälgeist
der Partei oder das linke Korrektiv?
Ein Bericht des vergangenen halben Jahres vom Landesvorstand der GJN
Der Überblick: Umweltseminar,
Gender-Tag, Green-Grrrls*-Seminar, Landesdelegiertenkonferenz
(LDK) und Landesmitgliederversammlung (LMV)-Vorbereitungsseminar waren unsere wichtigsten
Wochenenden; dazu einige Pressemitteilungen und Demonstrationen. Seit Neujahr ist viel los:
Kurz nach dem Jahreswechsel
hatten wir in Suderburg eines der
wohl gemütlichsten, aber auch
spannendsten Seminare in der
GJN-Geschichte. Neben umweltpolitischen Diskussionen über
Landesraumordnung oder die
Stromtrasse SuedLink bei Kaminfeuer erlebten wir hier auch einen
Pegida-freien Spaziergang durch
den Wald, während der erste und
letzte richtige Schneefall des Jahres einsetzte
konnten wir etwas mehr Kontroverse in den Parteitag bringen.
Selbst wenn unser Änderungsantrag, die zivile Forschung konsequent umzusetzen und als Gesetz
festzuschreiben, abgelehnt wurde,
so werden wir doch weiter dafür
streiten.
Selbstverpflichtungen
sind zwar ein nettes Mittel, aber
leider unwirksam, wie die Frauenquote zeigt. Der „Kampf“ für
echte zivile Forschung geht weiter.
Inhaltliche
Auseinandersetzungen halten uns aber nicht vom
gemeinsamen Auftreten ab, so
beispielsweise gegen Nazis wie
bei Bragida, Hagida oder auf dem
Mit dem Gendertag im Februar
zu den Themen Rape Culture,
Intersektionalität sowie sexueller
Gewalt an Frauen* mit Behinderung haben wir unser neues
eintägiges Veranstaltungsformat
fortgesetzt.
Anfang März haben wir uns auf
dem Green Grrrls*-Seminar mit
verschiedenen Themen rund um
Feminismus und Genderpolitik beschäftigt. Hier gab es Workshops
unter anderem zu Netzfeminismus und Frauen* im Antifaschismus, und außerdem hatten wir die
Möglichkeit uns zu vernetzen und
gegenseitig zu empowern.
Auch die LDK im Februar war für
uns wichtig. Mit zwei Anträgen,
zur Finanzierung der Kirchen und
zur aktuellen Hochschulpolitik
AfD-Parteitag in Bremen – dem
Rechtsruck haben wir uns stachelig zur Gegenwehr gesetzt.
Gemeinsames
Vorgehen
bewährte sich in der Vergangenheit
auch in der Frage des Klassenfahrten-Boykotts. Die Demo des
Landesschüler*innenrates wurde
von uns mitorganisiert und vom
„Alt-Landesvorstand“
politisch
weitergetragen. Auch wenn sich
langsam etwas bewegt, gilt es:
Dran bleiben!
Dran bleiben ist auch unser Motto in Bezug auf die Förderschule Sprache. Wir sind weiterhin
dafür, die Förderschule Sprache
schnellstmöglich zu überwinden –
wie Rot-Grün es im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat.
Mit unserem LMV-Vorbereitungsseminar zu dem Thema „Flucht
und Asyl“ haben wir schon mal
einen Grundstein gelegt, der eine
vielversprechende LMV garantiert! Hier wählen wir auch unseren Landesvorstand neu. Auch
für die Zeit nach der LMV planen
wir bereits: Beispielsweise wollen
wir vom 15. bis 17.05.2015 einen
Kommunalkongress
zur
Vorbereitung
auf die Kommunalwahl im
Herbst
2016
veranstalten.
Unser Motto
„Jung-GrünStachelig“ gilt
also weiter für
uns. Sicher, ein
ab und an anstrengender
Quälgeist können wir sein. Jugendlicher Idealismus ist aber auch ab und an nötig.
Der gemeinsame politische Diskurs zwischen der von uns liebevoll genannten „Alt-Partei“ und
uns als GRÜNER JUGEND ist nicht
immer einfach, aber dafür sicher
konstruktiv und nötig.
Für die GRÜNE JUGEND der Landesvorstand:
Lennart, Sarah, Katinka, Pippa, Svenja,
Leonie, Marcel und Timon
Grüne Zeiten 01-2015 15
16
ANZEIGE VON BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN IM NIEDERSÄCHSISCHEN LANDTAG
L
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EDITORIA
KENNISET N
FARBNIEEDEBRSEAC
BUNT!
HSEN
Lie be Freundinnen und Freunde,
die Pegida-Aufmärsche beschränken sich in Niedersachsen mittlerweile vornehmlich auf kleine Ansammlungen organisierter Nazis. Die Debatten, ob
man mit Pegida reden müsse, sind abgeflaut. Die öffentliche Aufmerksamkeit wendet sich wieder anderen Themen zu. Ein Grund, aufzuatmen?
Sicherlich ist es gut, dass dieses Forum für Abschottung und Fremdenfeindlichkeit nicht mehr so viel
Aufmerksamkeit bekommt. Doch die Angst vor
Fremden und der Wunsch nach Abgrenzung sind
nach wie vor tief in der Gesellschaft verankert. Damit
ist es nicht vorbei, nur weil die Menschen ihre Ressentiments und Ängste nicht mehr in dem Maße auf
die Straße tragen. Ich glaube, wir müssen ganz woanders ansetzen. Zuhören müssen wir nicht denen, die
ausgrenzen wollen – sondern denen, die sich ausgegrenzt und bedroht fühlen. Wir können zum Beispiel
helfen, dass Menschen, die vor Krieg und Verfolgung
zu uns fliehen, hier ein neues Zuhause finden. Zentrale Unterbringungen sind dabei ganz sicher der falsche
Weg. Menschen innerhalb von Europa hin- und herzuschieben ist ebenfalls unwürdig.
KOALITIONSCHECK
BILDUNGSPOLITIK: MEHR QUALITÄT UND MEHR GERECHTIGKEIT
Dritte Fachkraft für Krippen-Gruppen finanziert
Turbo-Abi abgeschafft
Mehr Lernqualität in unseren Ganztagsschulen ermöglicht
Schullaufbahnempfehlung in der Grundschule durch
intensive Elternberatung ersetzt
© fotolia
Qualifizierungsoffensive für die Inklusion eingeleitet
.com |
mosta
fa fawzy
Neugründung von Gesamtschulen erleichtert
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Die antisemitischen Vorfälle der letzten Wochen sehe ich mit großer Sorge. 70 Jahre nach Ende des zweiten
Weltkrieges müssen wir alles daran
setzen, dass sich Jüdinnen und Juden
in Deutschland sicher fühlen können.
Hier ist die Politik gefragt, Mittel für
politische Bildung bereitzustellen und
Strategien gegen Antisemitismus zu
entwickeln. Dabei sollten auch die kleineren Zeichen nicht unterschätzt werden. Der Platz am Landtag wird bald
in Hannah-Arendt-Platz umbenannt.
Die Grüne Landtagsfraktion erinnert
an die Opfer des Nationalsozialismus
und tagt im April in der Gedenkstätte
Bergen-Belsen. Und nicht zuletzt reise
ich gemeinsam mit einer kleinen Gruppe von Abgeordneten nach Israel um
den Bürgermeister von Nazareth zu
besuchen.
Wir alle stehen in der
Verantwortung, uns
für das friedliche
Zusammenleben
aller Menschen einzusetzen.
Auch und gerade wir als Landtags-Grüne.
FLÜCHTLINGE
IN NIEDERSACHSEN
ZAHLEN & ERFOLGE
15.416
Asyl-Erstanträge
wurden 2014 in
Niedersachsen gestellt
240
60
Es grüßt euch herzlich,
Anja Piel, Fraktion
svorsitzende
17
0
Zahl der Sprachlernklassen
vervierfacht
Landkreise oder Städte mit Wertgutscheinsystem – Diskriminierende
Gutschein-Praxis abgeschafft!
WIRD GRÜNER
VERFASSUNG
KOMMUNAL
HSTELLUNG, MEHR BETEILIGUNG
MEHR GLEIC
© CC BY-NC-SA 2.0, flickr.com | hdzimmermann
Belit Onay, Sprecher für BürgerInnenbeteiligung und Kommunalpolitik
Wir arbeiten derzeit intensiv an einer Generalüberholung des Niedersächsischen
Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG). Natürlich ist für uns Grüne die Stärkung der Gleichstellungsarbeit ein wesentlicher Punkt. Deshalb werden Kommunen ab 20.000 EinwohnerInnen künftig eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte mit einem Stellenanteil von mindestens 50 Prozent beschäftigen.
Außerdem stärken wir die Mitbestimmung vor Ort. Dafür werden
die Beteiligungs-Quoren für erfolgreiche Bürgerbegehren und
-entscheide deutlich abgesenkt. Bislang scheiterten Bürgerbegehren zudem häufig daran, dass ein Finanzierungsvorschlag für die
angestrebte Veränderung vorgelegt werden musste. Auch diese Hürde wird künftig entfallen. Anstelle einer Bürgerbefragung
wird zudem eine Einwohnerbefragung eingeführt, bei der auch EinwohnerInnen mit nicht-deutschem Pass stimmberechtigt sind. Mit diesen und vielen weiteren Verbesserungen bekommt
das NKomVG eine klare grüne Handschrift.
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ANZEIGE VON BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN IM NIEDERSÄCHSISCHEN LANDTAG
IM INTERVIEW
Was macht Niedersachsen zum Windenergieland Nr. 1?
Wie gehst du in die zweite
Hälfte der Wahlperiode?
SUSANNE MENGE
Sprecherin für Verkehr, Häfen und Schifffahrt
Wie überzeugst du von deinen Themen?
VOLKER BAJUS
Sprecher für Umwelt, Energie und Kulturpolitik
Du bist seit der Schulzeit politisch aktiv.
Was treibt dich an?
Die Themen lagen vor der Haustür: Naturschutz, Friedensbewegung, Anti-Atom-Politik. So kam ich zu den
Grünen. Mir ist es wichtig, eigene Wege zu gehen und
meiner Überzeugung treu zu bleiben. Mich beschäftigt,
dass wir mit unserer Wirtschafts- und Lebensweise die
Grenzen des Wachstums längst überschritten haben.
Du bist auch kulturpolitischer Sprecher:
Was ist eigentlich „grüne Kulturpolitik“?
Kultur schafft Lebensqualität, das ist insbesondere für ländliche Räume überlebenswichtig. Grüne
Kulturpolitik knüpft an bestehende Traditionen
an und baut Brücken zu modernen und multikulturellen Initiativen. Menschen sollen selbst Kultur
machen und kreativ werden können.
Als verkehrspolitische Sprecherin setzt du dich für
eine zukunftsfähige Mobilität ein. Was bedeutet das
konkret?
Wir brauchen Mobilitätskonzepte, die vom Auto unabhängig machen. Dabei möchte ich auch Vorbild sein
und habe mein Auto abgeschafft. Für Menschen, die
auf dem Land leben, ist das natürlich nicht so einfach.
Hier muss bei Bus und Bahn vieles besser werden.
Was kann Niedersachsen für den internationalen
Klimaschutz tun?
Das „reiche“ Mitteleuropa ist in einer besonderen Verantwortung gegenüber den Ländern des
Südens, weil es sein CO2-Konto schon kräftig
überzogen hat. Niedersachsen ist bei Ökostrom
und Windenergie stark. Um das Klima zu schützen, müssen und können wir bei uns zeigen, wie
eine 100% ökologische und erneuerbare Energieversorgung aussieht.
Rot-Grün regiert seit zwei Jahren. Was war für dich
persönlich der größte Erfolg?
Wir nehmen jetzt mehr Geld für den öffentlichen Personennahverkehr in die Hand und fördern den Ausbau
von Radwegen.
Du bist in Oldenburg Mitglied der grünen AG Postwachstumsökonomie. Nachhaltiger Konsum – was bedeutet das für dich im Alltag?
Ich kaufe zum Beispiel überwiegend auf dem Wochenmarkt ein, denn ich koche leidenschaftlich gerne. Dort
bekomme ich regionale und biologische Produkte der
Saison. Und ich achte darauf, möglichst keine Lebensmittel wegzuwerfen.
Was motiviert dich für deine politische Arbeit?
Gerechtigkeit ist das zentrale Motiv für mich, Politik zu machen. Das wurde mir quasi in die Wiege gelegt: Ich bin der vierte von fünf Brüdern, da
stand Teilen und Gerechtigkeit von klein auf im
Mittelpunkt. Mir ist es wichtig, für Anregungen
offen zu bleiben und mit neuen Impulsen Bewegung in die Landespolitik zu bringen.
Interviews und Bilder: Anne Trenczek, Judith Petersen
Kommt die Lehrerin auch heute
noch manchmal durch?
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NIEDERSACHSEN
DSTRATEGRIE
BREITBANES
INTERNET FÜ ALLE!
SCHNELL
An der digitalen Gesellschaft kann nur teilhaben,
wer Zugriff auf ein schnelles und verlässliches Internet hat. Doch noch immer warten zahlreiche
Haushalte und Unternehmen auf einen schnellen Anschluss, knapp ein Drittel der bewohnten
Fläche in Niedersachsen ist betroffen. Die grüne
Fraktion hat sich deshalb für die Niedersächsische Breitbandstrategie stark gemacht: Bis 2020
sollen möglichst alle Haushalte mit 30 Mbit/s
versorgt sein, das ermöglicht schnelle Downloads sowie die Nutzung von Streaming-Diensten in hoher Bildqualität.
© CC BY-NC-SA 2.0, flickr.com | qscag
Maaret Westphely, Sprecherin für Wirtschaft und Regionalentwicklung
Für den Ausbau werden 60 Millionen Euro und
weitere Zuweisungen vom Bund bereitgestellt.
Wir wollen die Landkreise stärken und in die
Lage versetzen, den Breitbandausbau selbst in die Hand zu nehmen. Als Grüne wollen wir sicherstellen, dass die Investitionen für eine nachhaltige Infrastruktur eingesetzt
werden. Wir werden daher genau prüfen, welche Technologie für den Ausbau am sinnvollsten
ist. In Frage kommen die Optionen Glasfaser und schnelle Kupferkabel mit sogenanntem Vectoring.
L-KENNZEICHNUNGLEBENSMNITEIETE
RN LERNEN
VON DE
Miriam Staudte, Sprecherin für Verbraucherschutz und Tierschutz
„Kein Ei mit der 3!“ Mit diesem erfolgreichen Slogan haben wir nach Einführung der europäischen
Eierkennzeichnung gegen Käfig-Eier mobilisiert.
Käfig-Eier sind mittlerweile aus den Supermärkten
verschwunden und der Anteil der Bio-Eier ist überdurchschnittlich. Doch noch immer werden Käfig-Eier
in Eiernudeln oder Backmischungen verwendet, weil
die Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Produkte
nicht gilt.
© Franziska Meusel
Das Beispiel zeigt: Wo die Herkunft eindeutig erkennbar ist, greifen VerbraucherInnen lieber zu hochwertigeren Produkten – auch wenn sie etwas teurer sind.
Eine Kennzeichnung brauchen wir also auch für verarbeitete Lebensmittel, insbesondere für Fleischprodukte.
Auf der Packung der Hähnchen-Keule des WerderSponsors scharren glückliche Hühner vor einem Fachwerkbauernhof. Eine klare Kennzeichnung würde
deutlich machen, dass es sich um ein Produkt aus der
Massentierhaltung handelt. Damit es in Hühnerställen bald anders aussieht, fordert Niedersachsen mit
einigen anderen Bundesländern eine neue Fleischkennzeichnung analog zur Eierkennzeichnung.
IMPRESSUM:
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Niedersachsen, Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz 1, 30159 Hannover, T 0511-3030-4201, F 0511-3030-994201
[email protected], www.fraktion.gruene-niedersachsen.de, www.twitter.com/grueneltnds, www.facebook.com/grueneltnds
Redaktion: Theresa Junge (V.i.S.d.P.),Franziska Wosniok, Satz und Layout: Sabine Panse, dacorpo-design.de und p*zwe, Fotoporträts: Tom Figiel
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Wie bekomme ich
die Kontrolle
über meine Daten zurück?
Alles rund um die
EU-Datenschutzreform
findet sich in der neuen Broschüre
von Jan Philipp Albrecht.
Wer sind die
Radikalen Rechten
im Europäischen Parlament nach den Europawahlen
2014 und was sind ihre Themen?
Nachzulesen in der dritten Auflage von „Europa
Rechtsaußen“ von Jan Philipp Albrecht.
Die neuen Broschüren können gegen eine Gebühr von
0,50 € zzgl. Versandkosten hier bestellt werden:
Versand von Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Weidendamm 1
15831 Groß-Kienitz
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