Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 1 www.kinderjugendgesundheit.at Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 www.kinderjugendgesundheit.at Wien, April 2015 Impressum Herausgeber, Medieninhaber und Hersteller Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit Hersteller- und Verlagsort Wien Sitz Hermanngasse 29/1, A-1070 Wien [email protected] www.kinderjugendgesundheit.at Zustelladresse Graumanngase 7/C-2, A-1150 Wien ZVR-Zahl 822 894 006 Endredaktion Martina Wolf, [email protected] Mag.a Sarah Koller, [email protected] AutorInnen-Angaben direkt bei den einzelnen Beiträgen Layout Anna Kromer Blickspur – Visual Communication [email protected] Gestaltung Daniela Koller Grafik & WebDesign [email protected] Foto © Christian Schwier, fotolia.com Druck druck.at – Druck- und HandelsgmbH. Aredstraße 7, A-2544 Leobersdorf [email protected] Logo Dorothee Schwab illustration und grafik design [email protected] Homepage Fraunberger & Sohn www.christian.fraunberger.at [email protected] Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in Österreich ist mir ein großes Anliegen. Als Gesundheits ministerin und Kinderärztin möchte ich die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass alle Kinder die M öglichkeit haben, sich zu gesunden Erwachsenen zu entwickeln. Bereits im Herbst 2011 präsentierte das Bundesministerium für Gesundheit die von zahlreichen Expertinnen und Experten erarbeitete Kinder- und Jugendstrategie, die seitdem jährlich überarbeitet und weiterentw ickelt wird. Das nächste Update wird im Frühsommer 2015 veröffentlicht und wird sich mit dem Schwerpunkt »Gesundheitliche Chancengerechtigkeit« auseinandersetzen. Die Gesundheit Österreich GmbH arbeitet im Auftrag des BMG an einem Bericht zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, der ebenfalls im Frühsommer 2015 veröffentlicht und uns viele wertvolle Informationen geben wird. Weitere Vorhaben sind die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes und die Gratis-Zahnspange für schwere Fehlstellungen, die Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre ab 1. Juli 2015 erhalten. Damit können sich alle Eltern, eine medizinisch notwendige Kieferregulierung für ihre Kinder leisten. Es gibt bereits zahlreiche Maßnahmen, um den Kindern in Österreich einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Dennoch dürfen wir uns nicht zurücklehnen und uns mit dem Erreichten zufrieden geben. Die sich ständig verändernden Lebensrealitäten stellen uns immer wieder vor neue Herausforderungen und verlangen, dass wir die Gesundheitsleistungen für Kinder und Jugendliche kontinuierlich weiterentwickeln. Die Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit ist dabei für uns eine wichtige Partnerin. Ich danke allen, die sich für das Wohl der Kinder und Jugendlichen in Österreich einsetzen! Dr.in Sabine Oberhauser, MAS Bundesministerin für Gesundheit Foto © BMG Johannes Zinner Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren! Es freut mich, dass der 6. Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit 2014 nunmehr in seiner fertigen Version vorliegt – ich bin davon überzeugt, dass es sich dabei wieder um ein sehr gelungenes und informatives Werk handelt. Aus der Sicht meines Ressorts, des Arbeits- und Sozialministeriums, finde ich aber nicht nur den Bericht selbst, sondern vor allem auch das Jahresthema 2015 und 2016 – »Armut & Gesundheit« – von besonderem Interesse. Zum Thema Armut im Allgemeinen möchte ich an dieser Stelle nur kurz erwähnen, dass wir in unserem Fachbereich erst vor kurzem den aktuellen »Sozialbericht 2013-2014«, der alle 2 Jahre erscheint und die wichtigsten Maßnahmen und Entwicklungen im Sozialressort zusammenfasst, vorgestellt haben. Im Zeitraum der Berichterstattung sind zum einen der positive Beitrag des österreichischen Sozialstaats bei der Abfederung der Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise festzustellen, zum anderen stehen wir weiterhin vor großen Herausforderungen: Wenngleich Österreich bereits seit Mitte 2011 die im EU-Vergleich niedrigste Arbeitslosigkeit aufweist, stellte sich die Arbeitsmarktlage in den letzten beiden Jahren zunehmend angespannt dar. Allerdings sinkt die Armut in Österreich, während sie in Europa steigt. Ein aus meiner Sicht sehr wichtiges Faktum ist: Armutsbekämpfung trägt zur sozialen Stabilität und Sicherheit der gesamten Gesellschaft bei. Wenn man nun die thematische Verbindung »Armut & Gesundheit« näher betrachtet, so möchte ich betonen, dass eine umfassende und zukunftsorientierte Gesundheitspolitik Sozialpolitik ist und umgekehrt – geringeres Einkommen geht leider oftmals vermehrt mit schlechterem gesundheitlichen Zustand einher. Daher müssen wir seitens der politischen Verantwortung alles dazu beitragen, dass Armut und soziale Ausgrenzung in unserem Land weiter mit Erfolg verringert und die gesundheitliche Versorgung weiterhin auf eine möglichst breite Basis gestellt wird. In diesem Sinne wünsche ich der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit in der Erfüllung ihrer Aufgaben weiterhin alles Gute und viel Erfolg! Herzlichst, Rudolf Hundstorfer (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, Liebe Mitglieder, ich freue mich Ihnen den nunmehr »sechsten Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich« vorlegen zu können. Einerseits beinhaltet er wiederum grundsätzliche Überlegungen zur Situation der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich sowie eine Bilanz über die wesentlichen Entwicklungen des letzten Jahres. Andererseits eröffnen wir damit einen weiteren uns wichtigen Arbeitsschwerpunkt: Armut und gesundheitliche Chancengerechtigkeit bei Kindern und Jugendlichen. Diese Schwerpunktsetzung wurde im März 2014 von unserer Mitgliederkonferenz für die Jahre 2015/16 beschlossen und wir freuen uns sehr, dass wir für diese Aufgabe und für den gemeinsamen Weg über die nächsten zwei Jahre die Armutskonferenz als Kooperationspartner gewinnen konnten. Dieses Vorhaben hat erfreulich große Resonanz gefunden. Das Thema »Gesundheitliche Chancengerechtigkeit« wird zeitgleich auch im Umsetzungsprozess der Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie sowie in den Österreichischen Rahmengesundheitszielen priorisiert, es hat im Regierungsprogramm in den Kapiteln Gesundheit, Familie und Soziales Einzug gefunden und soll auch im Arbeitsprogramm des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger und in der Gesundheit Österreich GesmbH vorrangig behandelt werden. Auch viele andere Organisationen haben in Folge ihre Aktivitäten und Inhalte darauf abgestimmt. Das ist groß artig, weil eine Bündelung der Kräfte doch deutlich mehr bewegen kann. Ein ganz zentraler Aspekt ist uns dabei, direkt aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen auf die Thematik zu schauen. Natürlich sind sie in vielerlei soziale Kontexte eingebunden und ein Kind ist nicht denkbar ohne seine Umwelt. Aber nichts desto trotz: Kinder und Jugendliche sind Subjekte eigenständiger Rechte und als solche auch sichtbar zu machen und zu behandeln. Sie haben ein, in der UN-Kinderrechtskonvention, international verbrieftes Recht auf »höchst mögliche Gesundheit und angemessenen Lebensstandard«. Österreich hat diese Konvention 1992 anerkannt und ganz aktuell mit März 2015 auch den bisherigen Erfüllungsvorbehalt zurückgenommen. Nun gilt es sie auch zu leben. In der Hoffnung, dass uns dies gemeinsam gelingt und mit besten Grüßen Klaus Vavrik (Präsident der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit) Inhalt Zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 15 Organigramm34 Die Liga und das Jahr 2014 35 Gastbeiträge:41 Kindergesundheit und Armut: Daten, Zusammenhänge, Ursachen 43 Armutsbegriff und Chancengleichheit für Kinder in der Gesellschaft 54 Kinderarmut und Gesundheit 58 Interviews zum Thema Kinderarmut und Gesundheit 66 Beiträge Institutioneller Mitglieder: 79 Berufsverband Kinderkrankenpflege Österreich 81 Berufsverband Österreichischer PsychologInnen 82 Bundesverband Österreichischer Kinderschutzzentren 83 Ergotherapie Austria – Bundesverband der ErgotherapeutInnen Österreichs 84 Gesellschaft für Sensorische Integration in Österreich (GSIÖ e.V.) 85 Österreichischer Berufsverband der MusiktherapeutInnen 86 Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie 87 Österreichisches Hebammengremium 88 Österreichischer Kinderschutzbund und Verein für gewaltlose Erziehung 89 Pikler-Hengstenberg-Gesellschaft-Österreich90 Vereinigung Österreichischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten 91 Caritas der Erzdiözese Wien – Hilfe in Not 92 Die Boje – Ambulatorium für Kinder und Jugendliche in Krisensituationen 93 Kinderhospiz Netz – Wiens erstes Kinderhospiz 94 MOKI-Mobile Kinderkrankenpflege 95 Verein ProMami NÖ 96 Rudolf Ekstein Zentrum – Sonderpädagogisches Zentrum für integrative Betreuungsformen 97 SOS-Kinderdorf Österreich 98 Unabhängiges Kinderschutzzentrum Wien 99 Wiener Hilfswerk 100 Arbeitsgemeinschaft Psychoanalytische Pädagogik (APP) 101 IGfB – Internationale Gesellschaft für Beziehungskompetenz 102 bOJA – Bundesweites Netzwerk Offene Jugendarbeit 103 Elternwerkstatt – Verein im Dienst von Kindern, Eltern und PädagogInnen 104 KiB children care – Verein rund ums erkrankte Kind 105 Nanaya – Zentrum für Schwangerschaft, Geburt und Leben mit Kindern 106 Plattform Elterngesundheit 107 SPORTUNION Österreich 108 Welt der Kinder 109 Beiträge der Beiräte 111 Eltern-Selbsthilfe-Beirat113 Wissenschaftlicher Beirat 114 Beiträge der Stakeholder 115 Kinder und Jugendgesundheit im Jahr 2014 – ein Überblick des BM für Gesundheit 117 Kinder- und Jugendlichengesundheit im Fokus der Sozialversicherung 120 Kontaktdaten122 Prim. Dr. Klaus Vavrik Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Präsident der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit Zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Schwerpunktthema 2015/16: Armut und gesundheitliche Chancengerechtigkeit bei Kindern und Jugendlichen in Österreich Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, Ich freue mich Ihnen den sechsten »Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich« vorlegen zu können. Er wird einerseits wieder grundsätzliche Überlegungen und eine Bilanz über die wesentlichen Entwicklungen des letzten Jahres zur Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich beinhalten und andererseits – wie nun schon zum dritten Mal – einen weiteren inhaltlichen Arbeitsschwerpunkt eröffnen: Armut und gesundheitliche Chancengerechtigkeit bei Kindern und Jugendlichen. Diese Schwerpunktsetzung wurde im März 2014 von unserer Mitgliederkonferenz für die Jahre 2015/16 beschlossen und wir freuen uns sehr, dass wir für diese Aufgabe und für den gemeinsamen Weg über die nächsten zwei Jahre die Armutskonferenz als Kooperationspartner gewinnen konnten. Über die diversen Verknüpfungen und Kontakte des Kinderliga-Netzwerkes wurde dieses Vorhaben auch entsprechend gestreut und hat erfreulicher Weise große Resonanz erhalten. Das Thema »Gesundheitliche Chancengerechtigkeit« wird zeitgleich auch im Umsetzungsprozess der Kinder- und Jugendg esundheitsstrategie sowie der Österreichischen Rahmengesundheitsziele priorisiert, es hat im Regierungsprogramm in den Kapiteln Gesundheit, Familie und Soziales Einzug gefunden und soll nun auch im Arbeitsprogramm des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger und in der Gesundheit Österreich GesmbH vorrangig behandelt werden. Auch viele andere Organisationen haben in Folge ihre Aktivitäten und Inhalte darauf abgestimmt. Das ist großartig, weil eine Bündelung der Kräfte doch deutlich mehr bewegt. Inwiefern Armut insbesondere für Kinder, Jugendliche und deren Familien in Österreich eine Problemlage darstellt und in welchem Bezug A rmut und Gesundheit zueinander stehen, das wird in spannenden Gastbeiträgen von Martin Schenk, Elisabeth K apferer und Clemens Sedmak sowie von Antje Richter-Kornweitz erörtert. Ich möchte an d ieser Stelle ein paar einleitende Worte beisteuern. Da wir heute erst am Beginn unserer Schwerpunkta rbeit stehen, geht es hier in einem ersten Schritt bloß einmal um die Schaffung von Bewusstsein, um das Markieren von Themen und das Stellen von F ragen, nicht aber schon um inhaltliche Vertiefung oder Lösungsvorschläge. Ein wesentlicher Aspekt scheint uns aber zu sein, grundsätzlich aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen auf die T hematik zu schauen. Natürlich sind sie in vielerlei soziale Kontexte eingebunden und ein Kind ist nicht denkbar ohne seine Umwelt. Aber nichts desto weniger oder ungeachtet dessen: Kinder und Jugendliche sind Subjekte eigenständiger Rechte. Sie müssen auch in diesem Sinne gesehen und behandelt werden.“ Kinder haben ein Recht auf höchst mögliche Gesundheit und auf angemessenen Lebensstandard Die internationale UN-Kinderrechtekonvention aus 1989 formuliert in Ihrem Artikel 24: »Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf das e rreichbare Höchstmaß an Gesundheit sowie auf Inanspruchnahme von Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit an.« und in Artikel 27: »Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf einen seiner körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung angemessenen Lebensstandard an.« Die Verantwortung hierfür wird primär den Eltern und »allen anderen für das Kind verantwortlichen Personen« zugeordnet. Die Vertragsstaaten werden aufgefordert »gemäß ihren innerstaatlichen Verhältnissen und im Rahmen ihrer Mittel« dafür Sorge zu tragen und bei Bedürftigkeit entsprechende Hilfs- und Unterstützungs programme vorzusehen. Der österreichische Nationalrat hat diese UN-KRK im Jahr 1992 ratifiziert, aber mit einem teilweisen »Erfüllungsvorbehalt« versehen, welcher bis dato unterbunden hat, dass diese Inhalte tatsächlich praktisch anwendbares Recht geworden sind. Das österreichische BVG über die Rechte von Kindern hat im November 2011 schließlich einige wenige Aspekte 15 Zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 daraus in Verfassungsrang erhoben und versucht, diese mit eigenen Formulierungen nachzuvollziehen. So heißt es dort in Artikel 1: »Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die F ürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit. Bei allen, Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen, muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.« Eine weitere Differenzierung der Inhalte oder konkretere Positionierung zu den Rechten auf Gesundheit und L ebensstandard gibt es darin nicht. Im Gegenteil, der Abs. 7 des BVG-KR schränkt die obige Formulierung aus Gründen »der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des wirtschaftlichen Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer« wieder ein. Ganz aktuell wurde am 10.3.2015 vom Ministerrat der oben zitierte Erfüllungsvorbehalt zurück genommen. Dies ist ein wichtiges Zeichen für die Unterstützung und Wertschätzung der Grundrechte junger Menschen in Österreich. Was es für eine Auswirkung auf die faktische Rechtsprechung hat, muss erst noch abgewartet werden. Armut ist mehr als »fehlendes Geld« Einige sehr bedeutsame Aspekte im Themenbogen »Armut« möchte ich hier einleitend nur kursorisch benennen, kann sie aber im Rahmen dieses Beitrags nicht näher behandeln. 1. Wohlstand und Gesundheit sind weltweit sehr unterschiedlich verteilt. Insofern leben Kinder und Jugendliche in Industriestaaten natürlich in einem »privilegierten« Wohlstandsniveau gegenüber vielen anderen Regionen der Welt. Verfügbarkeit von N ahrung, Zugang zu Bildung, soziale Sicherungs systeme, u.v.a.m. sind grundsätzlich vorhanden und gewährleistet (wenn auch mit sehr unterschiedlicher Durchlässigkeit und mit immer wieder erschreckenden »blinden Flecken« einzelnen Gruppen gegenüber). 16 2. Armut von Kindern und Jugendlichen gibt es nicht nur in der Dimension von Einkommens- oder Geldarmut ihrer Eltern. Kinder leiden häufig auch unter Armut an sozialen Kontakten, an Spracharmut, unter dem Mangel an Orientierung gebenden Beziehungen, Zeit, Freude, Förderung, Zuversicht, u.a.m. Auch diese Armutsdimensionen schränken die Entwicklungsmöglichkeit und Potentialentfaltung von Kindern und Jugendlichen erheblich und nachhaltig ein. Sie sind mit dem Mangel an finanziellen Möglichkeiten zwar oftmals verknüpft, für viele Kinder aber auch völlig unabhängig von den materiellen Ressourcen, eine leidvolle Lebenserfahrung. 3. Wohlstand ist nicht gleichzusetzen mit Wohlbefinden. Das Diktat unserer heutigen gewinn orientierten Maximierungsgesellschaft von ständig »größer, weiter, schneller, besser« und dem scheinbar unumgänglichen Wachstumserfordernis bringt Menschen in ihrer Mehrfachbelastung gehörig unter Druck. Es lässt Kinder, unabhängig vom materiellen Hintergrund, häufig in vereinsamenden, dissonanten, krankmachenden Systemen aufwachsen. Für das subjektive Erleben von Wohlbefinden braucht es aber ausreichend Erfahrung von Anerkennung, Selbstwirksamkeit und Gemeinschaft. 4. Materielle Armut ist in einer Wohlstandsgesellschaft wie der unsrigen zwar in deutlich geringerer Zahl zu finden, aber sie ist in ihrer Wirkung oft hoch segregativ und diskriminiert Einzelne in stärkerer Form. Sie bedingt mehr das Problem eines Außenseiter-Empfindens in der Peer-Group-Sozietät, wenn etwa ein Mobiltelefon nötig ist, um am sozialen Leben teilzunehmen. 5. Kinder leiden unter Armut mehrfach. Einmal unmittelbar unter dem Mangel etwa an Nahrungsmittel, Kleidung, Heizung, Gesundheitsversorgung, K ultur- Freizeit- und Sportaktivitäten sowie die damit oftmals verbundene Ausgrenzung und Demütigung. Sie leiden aber auch unter den Zukunftsängsten und der Perspektivenlosigkeit der Erwachsenen, welche häufiger gereizt, nervös oder auch depressiv verstimmt sind und vermehrt zu Medikamenten, Alkohol oder Drogen greifen. Eltern etwa, die ihre Erwerbslosigkeit als persönliches Versagen erleben, tendieren zu größerer Strenge und zu strafendem Erziehungsverhalten. Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 6. Weitere soziale Risikofaktoren wie Migrations biographie, das Sorgen um chronisch oder psychisch kranke Eltern, das Erleben von Vernachlässigung oder Gewalt, u.a.m. verstärken häufig die Folgen von Armut zusätzlich. 7. Bildung ist die effektivste Maßnahme gegen die transgenerationale »Vererbung« von Armut. 8. In der allgemeinen, gängigen Armutsdiskussion und den entsprechenden Statistiken, werden Kinder und Jugendliche in institutioneller Unterbringung (Mutteru./o.-Kind-Heimen, Jugendhilfeeinrichtungen, Wohngemeinschaften, Gefängnissen, Asylunterkünften, ...) systematisch ausgeklammert und übersehen. 9. Kinder werden – wie in vielen anderen gesellschaftspolitischen Materien auch – in der Sozialberichterstattung kaum als eigenständig zu untersuchende Subjekte oder Bevölkerungsgruppe, sondern lediglich als Teil armutsbedrohter Haushalte oder gar als U rsache für Armutsbedrohung von Haushalten wahrgenommen1 . Kinder und Jugendliche aber sind Subjekte eigenständiger Rechte. Nicht bloß »Teil« oder gar »Schuld« bzw. »Verursacher« einer Familienarmut. Gesundheitliche Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche beginnt daher bei der Gleichwürdigung ihrer Rechte! Ungleichheit bezüglich Lebensstandard und Gesundheit ist auf verschiedenen Ebenen festzustellen: Ungleichheit auf Grund der Gruppenzugehörigkeit, Ungleichheit innerhalb der Bevölkerungsgruppe und Ungleichheit auf Grund der Art der Erkrankung. Ungleichheit auf Grund der Gruppenzugehörigkeit Die oben angeführten Rechte auf ein »Höchstmaß an Gesundheit« sowie auf »angemessenen Lebens standard« müssen natürlich in Relation zum allgemeinen Wohlstand einer Gesellschaft gesetzt und an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Landes gemessen werden. Österreich gilt laut internationalem Währungsfond (April 2014) als 11. reichstes 1 Kinderarmut in Österreich; Sozialökonomische Forschungsstelle & Volkshilfe, 10/2013 Land der Welt und 3. reichstes Land der EU. Mit 27,9 Milliarden Euro liegen wir im B ereich der Gesundheitsausgaben an der 5. Stelle weltweit und wiederum an der 3. Stelle der EU2. Da wäre also auch für Gesundheit und Lebensstandard des Einzelnen ähnliches zu erwarten. Dem gegenüber weist die UNICEF in ihrer Studie »Measuring child poverty« aus 2013 Österreich an der 18. Stelle von 29 Ländern aus. Allein die Zugehörigkeit zur Gruppe der Kinder und Jugendlichen birgt ein s ystematisches Armutsrisiko in sich. In Österreich liegt die allgemeine Armutsgefährdungsquote in der Gesamtbevölkerung bei 13%, jene von Kindern und Jugendlichen aber seit vielen Jahren höher (derzeit 15,4%). Statistisch steigt die Armutsbedrohung für Kinder in Haushalten mit zunehmender Kinderzahl kontinuierlich an. Bei Haushalten mit drei oder mehr Kindern liegt sie aktuell bei 28%. Noch stärker betroffen sind nur jene in Ein-ElternHaushalten mit 36%. Dies erscheint gerade in einer kinderarmen Gesellschaft mit sich verändernden Lebensformen, wo die Kinder der nächsten Generation aus vielen Gründen dringend gebraucht werden und das Familienbild sich hin zu kleineren Einheiten wandelt, höchst paradox. Auch beim Thema der Gesundheitsausgaben ist schon alleine die Gruppenzugehörigkeit von Kindern und Jugendlichen mit einem systematischen N achteil verbunden. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre m achen etwa 20% der Bevölkerung aus, für sie werden aber nur 5,8% der Gesundheits ausgaben aufgewendet. Diese Dysbalance ist nicht bloß der höheren Krankheitslast im höheren Lebensalter geschuldet, sie liegt auch deutlich unter dem EU-15-Schnitt von 6,4%. Deutschland etwa gibt 8,3%, Großbritannien sogar 9,6% für seine Jugend aus3. Die konkreten Folgen hiervon werden später in diesem Bericht noch diskutiert. Nicht unerwähnt soll allerdings sein, dass diese Zahlen aus dem Jahr 2010 stammen. Seither sind einige gesundheitspolitische Akzente gesetzt worden, wie 2 Das Österreichische Gesundheitssystem, Zahlen – Daten – Fakten, BMG/GÖG 2010 3 Röhling et al, 2010 17 Zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 etwa die Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie und die Entwicklung des Rahmengesundheitsziels »Gesundes Aufwachsen« des BMG, eine zielgruppenspezifische Strategie des HV-SVT, Grundlagenarbeiten der GÖG, nachhaltige Projektförderungen über Pharmig und HV, etc. Inwiefern diese Aktivitäten auch die Lebensrealitäten der Kinder und Jugendlichen erreicht haben, ist noch schwer zu beurteilen. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor. In sozialwissenschaftlichen Arbeiten wird diese Art der Benachteiligung auf Grund einer Gruppenzugehörigkeit als indirekte oder strukturelle Gewalt bezeichnet4. Sie geht nicht von einzelnen Taten gegenüber einzelnen Menschen aus, sondern wird als Folge von gesellschaftlichen Bedingungen für Angehörige bestimmter gesellschaftlicher Gruppen verstanden. Beispiele hierfür auf der Kinderebene sind etwa vermehrte Atemwegserkrankungen durch zunehmende Feinstaubbelastung, fehlender Freiraum durch Zuwachs des Straßenverkehrs und die Folgen auf Bewegung und Einschränkung des freien Spiels, hohe Frühgeborenenraten bei der Fortpflanzungsmedizin als Objekt der Wunscherfüllung zwischen Angebot und Nachfrage, trotz hoher Unfallgefährdung aus Kostengründen im Schulbus keinen eigenen Sitzplatz und Sicherheitsgurt zu haben, u.a.m. Besonders drastisch beschreibt dies der US-Ökonom Laurenc J. Kolikoff in seinem Buch »The Clash of Generations«, in welchem er und Co-Autor Scott Burns die These vertreten, dass »die Generation die derzeit in den Industriestaaten am Ruder ist, auf Kosten der Nachgeborenen lebt« (siehe Area Analyse 2015, Generationen-Fairness). Ungleichheit innerhalb der Bevölkerungsgruppe Ökonomische und gesundheitliche Benachteiligung bedingen einander wechselseitig und zeigen enorme Auswirkungen über die gesamte Lebensspanne. Die gesundheitlichen Unterschiede sind aus den Befunden der Lebenslaufforschung5 vor allem auf 4 Karin Gerber, Kinderschutz Schweiz, 2002 Nico Dragano, Johannes Siegrist: Die Lebenslaufperspektive gesundheitlicher Ungleichheit, 2009 5 18 zwei Ebenen zu verstehen: einerseits auf der Ebene von günstigen oder schädlichen Einflüssen während wichtiger Lebens- und Entwicklungsphasen (»Modell der kritischen P erioden«), und andererseits auf der Ebene von Summationseffekten verschiedenster B elastungen im Laufe eines Lebens (»Kumulationsmodell«). Für das »Modell der kritischen Perioden« sind vor allem die Phasen mit großer Wachstums- und Differenzierungsdynamik wie die fötale Entwicklung im Mutterleib, Geburt und die ersten 1.000 Tage eines Lebens von hoher Bedeutung. Aber auch im weiteren Kindes- und Jugendalter finden wichtige Reifungs- und Entwicklungsprozesse statt. Schädigungen, welche in solchen »kritischen Perioden« gesetzt werden (etwa eine veränderte Insulinausschüttung auf Grund von Unterernährung oder Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen durch Schadstoffe wie Alkohol, Nikotin, u.ä. während der Schwangerschaft) sind grundsätzlich nicht reversibel und verbleiben als faktisches Krankheitsbild oder als hohes Erkrankungsrisiko lebenslang bestehen. Daher spricht man auch von »biologischer Programmierung«. In Zusammenhang mit sozialer Ungleichheit gibt es empirische Befunde etwa zum späteren Ernährungsverhalten, Diabetes, KHK, u.a. bis hin zu einer Erhöhung eines vorzeitigen Mortalitätsrisikos um 44%. Besonders beeindruckend ist, dass derartige Effekte, ebenso wie ein insgesamt – subjektiv und objektiv – schlechterer Gesundheitszustand auch durch einen später höheren Lebensstandard nicht mehr auszugleichen sind. Ein ganz besonders hervorzuhebendes Zielorgan frühkindlicher Erfahrungen ist, aufgrund der großen neurobiologischen Plastizität, das menschliche Gehirn. Kein anderes Lebewesen kommt mit einem derart gering determinierten Gehirn auf die Welt, wie das menschliche Baby. Gemeinsam mit der Verletzlichkeit der frühkindlichen Seele sind daher ganz besonders die kognitive Entwicklung und die psychische Gesundheit von diesen frühen prägenden Einflüssen betroffen. Aus der Mannheimer Longitudinal-Studie von Manfred Laucht etwa sind die faktischen Ausmaße der Auswirkungen von frühkindlichen psychosozialen Risikobelastungen Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 auf die weitere Biographie von Kindern und Jugendlichen bekannt. In dieser seit 1989 laufenden K ohorten-Studie wurde die Entwicklung von Kindern mit Umfeld-Risiken wie Armut, geringer Bildungsstand, psychische oder chronische Erkrankung der Eltern, Gewalterfahrung, u.a.m. in regelmäßigen Abständen verfolgt. Die Ergebnisse sind gleichzeitig beeindruckend wie erschreckend: Der Anteil von kognitiv entwicklungsverzögerten 8-Jährigen war in der hoch belasteten Gruppe mit 27,7% knapp dreimal so hoch, wie in der unbelasteten Gruppe, die Rate von psychischen Auffälligkeiten bei Kindern dieser Altersgruppe lag bei 41,4%. Die Weiterverfolgung der Kohorte ergab bei denselben später 19-Jährigen eine 11 mal so hohe Rate an Suchterkrankungen, 3 mal so hohe Zahlen bezüglich S törung des Sozialverhaltens und eine Verdoppelung von affektiven und depressiven Störungen. Die p athologischen Folgen von traumatischen E rfahrungen sind heute bis hinein in den g enetischen Code nachweisbar, was auch die Übertragung einer Vulnerabilität in die nächste Generation wahrscheinlich macht6. Dem »Kumulationsmodell« hingegen liegt das W issen zu Grunde, dass viele – v.a. chronische – Erkrankungen oftmals erst durch die Kombination verschiedener Belastungsfaktoren ausgelöst werden oder im Laufe des Lebens, durch die »Summation« von negativen Gesundheitseinflüssen – wie Lebensstil, schwierige life events, Umweltbedingungen, etc. – im Sinne von »Verursachungs- oder Risikoketten«, entstehen. Es gibt also zumeist nicht bloß den einen Auslöser oder Erkrankungs-Hintergrund einer Störung, sondern oftmals »ein Bündel von Faktoren, die in Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter wirken, sich gegenseitig verstärken oder abschwächen bzw. in zeitlichen Sequenzen folgen«7. »Risikoketten« oder »Teufelskreise« können sich auf unterschiedlichen Ebenen bilden. Dies geschieht einerseits auf der Ebene von direkten Krankheitslinien, wie z.B. Rauchen in der Schwangerschaft > Passivrauchen des Säuglings > frühe Rauchkarriere des Jugendlichen mit allen Gesundheitsfolgen des jeweiligen Alters. Dies kann ebenso für Alkohol oder Übergewicht als auch bei transgenerationalen psychischen Störungen, Folgen von Gewalterfahrung bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit vorzeitigem Ableben bei Familien mit hohem Stresspotential und wenig Hilfe beim Erlernen von Stressregulation (Trösten, Beruhigen, Halt geben,...) gedacht werden. Auf dieser Ebene s pielen der Lebensstil und die Vorbildwirkung der Eltern eine große Rolle. Oftmals verschränkt sich eine solche direkt krankheitsbezogene Wirkungskette auch noch durch s oziale Selektionsprozesse und damit verbundenen unterschiedlichen Chancen schulischer Bildung, weiterer Berufswahl und dem sozialen Status im Erwachsenenalter. Die berühmte Längsschnitt-Untersuchung von Feinstein8 zeigt in beeindruckender Weise, wie die Bildungskarriere in aller frühester Kindheit weit überwiegend vom sozialen Status der Familie und nicht von der Begabung des Kindes bestimmt wird. Mit etwa sieben Jahren hat die Kohorte der schwach begabten Kinder aus guten sozialen Verhältnissen jene der gut begabten Kinder aus schwachen sozialen Verhältnissen kognitiv überholt und dieser Prozess schreitet auch sukzessive weiter fort. 6 In Tierversuchen etwa ist die Übertragung von erhöhten Stresshormonen nach frühkindlicher Verwahrlosung in die nächste Generation zweifelsfrei nachgewiesen. 7 Blane, 2006, aus: M. Richter: Gesundheitliche Ungleichheit 8 Inequality in the Early Cognitiv Development of British Children, 2001 19 Zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Die Höhe des Bildungsabschlusses wiederum bestimmt die mögliche Berufswahl und somit das Einkommensniveau und die weiteren sozialen L ebensumstände. Ein daraus häufig entstehender ungesünderer Lebenswandel, mit der Tendenz Lebenszufriedenheit über leicht verfügbare Konsumgüter herzustellen, schließt dann wieder den Kreis der negativen gesundheitlichen Wechselwirkungen. Dies ist nicht etwa bloß eine akademische Annahme oder Diskussion, sondern ein realer Befund der Lebenslaufforschung. So zeigt z.B. die Heinz Nixdorf Recall-Studie aus dem Ruhrgebiet, dass die Häufigkeit von Erkrankungen wie Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck und Angina Pectoris bei Erwachsenen im Alter zwischen 45-75 Jahren hoch signifikant mit dem Beruf ihres Vaters korreliert – und somit mit dem sozialen Status der Probanden in ihrer Kindheit9. Fazit: Die armen Kinder von heute, sind die chronisch kranken Erwachsenen von morgen! In der deutschen Best-Practice-Stadt Dormagen wurde daher in einem beeindruckenden und von allen Politikfeldern der Kommune gleichermaßen getragenen Prozess, die s.g. »Präventionskette« entwickelt, die Kinder und Jugendliche - vornehmlich aus psycho-sozio-ökonomisch schwierigen Lebenshintergründen – ganz gezielt und hilfreich über die diversen Lebensübergänge begleitet (z.B. nach der Geburt > in den Kindergarten > in die Schule > in den Beruf). Der reale Benefit für die so erreichten Menschen und ihre weitere Biographie ist groß und Dormagen hat mittlerweile die geringsten Kosten für Jugendhilfe in ganz NRW. Durch die besser in die Gemeinschaft integrierten Bürger ergibt sich ein extrem wertvoller gesellschaftlicher Zuwachs an »Sozialkapital«. Eine absolute Win-Win-Situation auf allen Ebenen! Das Wissen, dass die soziale Herkunft ein klarer Prädiktor für Erkrankungsrisiko ist und dass sie die Gesundheitschancen ganz besonders in den frühen, aber grundsätzlich in allen Lebensphasen eines Menschen und sogar über Generationen hinweg prägt, dieses Wissen wäre der Schlüssel für pragmatische gesellschaftliche Konzepte des Gegensteuerns. Die Umsetzung solcher Konzepte hätte – neben der Verminderung von viel persönlichem Leid der betroffenen Menschen – auch große gesamtgesellschaftliche Relevanz, weil dadurch die so genannte Gesundheitserwartung (die in Gesundheit verbrachten Lebensjahre) deutlich erhöht werden könnte. Die Spanne zwischen der allgemeinen Gesundheits- und Lebenserwartung ist ein riesiger volkswirtschaftlicher Kostenfaktor. Jede Maßnahme oder Veränderung, die diesen Korridor verkleinern kann, hebt einerseits das subjektive Wohlgefühl der Menschen in unserem Land, indem sie diese gesünder, vitaler und leistungsfähiger macht, und setzt dadurch wiederum Mittel frei, die wieder zum Wohl der Menschen, etwa im Bildungswesen, eingesetzt w erden können. Zusätzlich zu jener Ungleichheit auf Grund der Gruppenzugehörigkeit als Kind und der Ungleichheit durch einen sozialen Gradienten, kann auch noch die Ungleichheit durch die Betroffenheit von einem spezifischen Krankheits- oder Störungsbild erhebliche Belastungen mit sich bringen. Damit sind nun aber nicht die – quasi »schicksalshaften« – Belastungen gemeint, die per se in der Beeinträchtigung selbst gelegen sind, sondern jene, welche erst durch die unterschiedliche gesellschaftliche Akzeptanz und in weiterer Folge durch sehr divergente öffentliche Verantwortungsübernahme, inklusive entsprechender Versorgungsstrukturen, entstehen. Hier sind insbesondere Kinder und Jugendliche mit körperlich-funktionellen wie auch kognitiv-psychosozialen Entwicklungsstörungen zu nennen. Die fehlenden oder oft nur mit erheblicher Zuzahlung erreichbaren Therapie- oder Rehabilitationsplätze belasten Familien finanziell schwer bzw. schließen jene Kinder de facto aus, deren Eltern nicht über ein ausreichendes Einkommen für eine private Inanspruchnahme verfügen. Der oft hohe administrativ-logistische Aufwand bringt Familien mit geringer Sozial- oder Systemkompetenz oder solche in schwierigen Arbeitsverhältnissen zum Straucheln. Der Zuständigkeitsstreit zwischen Fürsorge, 9 2000-2005 20 Ungleichheit auf Grund der Art der Erkrankung Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Jugendhilfe, Bildungswesen und Sozialversicherung bezüglich der Kostenübernahme von therapeutischen Maßnahmen oder notwendiger Förderung lässt das Kind, den Jugendlichen und seine Familie mit dem Problem häufig alleine. So werden Betreuungsanforderungen für ein Störungsbild wie etwa Autismus, das sich an der Schnittmenge all dieser Politikfelder bewegt, im Zuständigkeitsstreit herumgereicht, die Kostenverantwortung für Heilbehelfe zwischen Länder-, Sozialversicherungs- und diversen Zuschusstöpfen in einer administrationsintensiven Stafette weitergegeben und außergewöhnliche Aufwendungen, etwa für die speziellen Probleme bei »rare diseases« oder »palliativ care«, oftmals dem weiten Feld der Drittmittel-Finanzierung überlassen. Das alles verstärkt die individuelle gesundheitliche Chancenungleichheit exponentiell, weil es hauptsächlich Familien trifft, die ohnehin schlechter für sich selbst sorgen können. Die – aus diesen Ungleichheits-Perspektiven gesehen – ungünstigste Kombination eines Erkrankungsfalls in Österreich, ist jene, ein Kind mit einer chronischen Entwicklungsstörung in einer sozial benachteiligten Familie zu sein. Dies ist insofern aber paradox, als dass wir durch gesellschaftliche Bedingungen vermehrt gerade mit diesen Krankheitsbildern der »modernen Morbiditäten« rechnen müssen. Dem »Produkt« unserer Gesellschaftsform, also den »Kindern unserer Zeit«, dann die notwendige Unterstützung nicht zukommen zu lassen, wäre eine fatale Entwicklung. Heilen durch Teilen Gesundheitliche Chancengleichheit von Beginn des Lebens an ist eine der wichtigsten Ressourcen, die wir Kindern mit auf ihren Lebensweg geben können. Wir wissen auch, dass diese nicht nur dem einzelnen Kind oder Jugendlichen, sondern der gesamten Gesellschaft nützt, weil es die »gesunden Lebensjahre« und das Wohlergehen allgemein vermehrt und einen enormen »social return on invest« erbringt. Da die »armen« Kinder von heute die chronisch kranken Erwachsenen von morgen sind, ist es viel sinnvoller, ihnen heute ein perspektivenreiches und so weit möglich, gesundes Leben zu gestalten, um damit viel persönliches Leid zu verhindern und mit deutlich geringerem Aufwand Chancen zu schaffen, als später teuer für chronische Krankheiten zu bezahlen. Dies kann sich nicht etwa in einem System von Vorsorgeuntersuchungen oder im Erstellen von Broschüren erschöpfen. Beides verbessert den Gesundheitszustand nicht, wenn sie nicht auch eine Verhaltensänderung bewirken. Eine solche ist im Kinder- und Jugendbereich im Wesentlichen aber nur über die Veränderung der Lebensräume, also über die Verhältnisse, in denen sie leben, erzielbar. Es braucht hierfür eine gesamtpolitische Schwerpunktveränderung hin zu einer sozialen Präventionspolitik an Stelle späterer staatlicher Absicherungspolitik (bei selbstverständlichem Beibehalten des Solidaritätsprinzips der Sozialversicherung). Maßnahmen wie »Frühe Hilfen«, ein Unterstützungssystem für Familien mit besonderen Belastungen rund um Geburt und frühe Kindheit, oder eine »Kindergrundsicherung«, wo alle Transferleistungen und Zuschüsse gebündelt direkt dem Kind zugeordnet und gewidmet sind, um einen armutsfreien Lebensstandard zu gewährleisten, könnten hierbei hilfreiche Ansätze sein. 280.000 in Armutsgefährdung und 130.000 in manifester Armut lebende Kinder und Jugendliche in Österreich zeugen von der Dringlichkeit solcher Angebote. »Die Lebenslaufperspektive macht deutlich, dass die Gesundheit eines Menschen das Produkt einer Interaktion von biologischen und sozialen Einflüssen in verschiedenen Stadien seines Lebens ist. Einflüsse, die bereits im Mutterleib auf den Organismus wirken, das Wachstum des Säuglings, seine ersten Sozialisationserfahrungen und die späteren Lebensbedingungen des Kindes rücken in den Blickpunkt. Denn der Körper scheint negative wie positive Erfahrungen zu »erinnern«, und sie prägen seine Konstitution bis ins hohe Alter. (Nico Dragano, 2009) In einer brandaktuellen Umfrage geben 82% der Österreicher auf die Frage: »Wodurch wird man glücklich?«, die Antwort: »Gesundheit«. Klarer kann der Wert dieses Guts nicht unterstrichen werden. 21 Zur aktuellen Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Zur aktuellen Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Anfang 2014 haben wir aus Anlass des 5-JahresJubiläums dieses Berichts einen Rückblick auf die wesentlichen Stationen und politischen Aktivitäten 2010-2014 gebracht. Auch durchaus mit Stolz kann man sagen: Es ist uns gemeinsam mit vielen anderen gelungen wichtige Impulse zu setzen und einiges in Bewegung zu bringen. Die Hauptstationen, an denen wir maßgeblich (mit)gestalten konnten und die zu konkreten politischen Produkten oder Agenden geführt haben, waren: • Implementation einiger Kinderrechte in die Verfassung (2011)1, • Kindergesundheitsdialog (2010-11) sowie Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie des BMG (2011)2 mit Einsetzung eines »Komitees zur Umsetzung der Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie«, • Das Kapitel Gesundheit im »Schattenbericht« über die Umsetzung der Rechte der Kinder in Österreich an die Menschenrechtskommission in Genf (2011)3 mit den darauf replizierenden Concluding Observations4 und der folgenden Einsetzung eines Kinderrechte-Boards im BMFJ, • »Kinder- und Jugendgesundheit: die Zukunft beginnt heute!« als Generalthema der Gesundheitsgespräche im Europäischen Forum Alpbach 2012 (die dahin bestbesuchten Alpbacher-Gesundheitsgespräche aller Zeiten), • Untersuchung zu »Ausgewählten Fragen zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen durch die österreichische Krankenversicherung« 5 sowie • »Strategie der österreichischen Sozialversicherung zu bestimmten Aspekten der Kinder- und Jugendgesundheit« 6 (beides 2012), • »Rahmengesundheitsziele für Österreich« mit 1 www.kinderrechte.gv.at/kinderrechte-in-osterreich Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie:http://bit.ly/1CcIhJL 3 Schattenbericht: http://bit.ly/1Is4hBg 4 Concluding Observations http://bit.ly/1CcIH2S 5 Ausgewählten Fragen zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen: http://bit.ly/1IfP5qN 6 Strategie der österreichischen Sozialversicherung zu bestimmten Aspekten von Kindern und Jugendlichen: http://bit.ly/1BmYxmz 2 22 dem Ziel 6: Gesundes Aufwachsen für alle Kinder und Jugendlichen bestmöglich gestalten und unterstützen (2012)7 • Verordnung des BMWFJ über die »Abschätzung der Auswirkungen auf junge Menschen im Rahmen der wirkungsorientierten Folgenabschätzung bei Regelungsvorhaben und sonstigen Vorhaben« (2013) 8 sowie die • »Politische Deklaration zur Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich« (2013) 9 und Eingaben zum Regierungsprogramm. • Einigung der Sozialversicherung und der Bundesländer über die Finanzierung einer österreichweiten stationären Kinderrehabilitation (2014) • Parlamentarische Enquete zu 25-Jahre UN-Kinderrechtekonvention (2014) • Uneingeschränkte Gültigkeit der Kinderrechte konvention durch Rücknahme des Erfüllungsvorbehalts per Ministerratsbeschluss (2015) Aber es ist im Laufe dieser Zeit auch deutlich geworden, wie unglaublich schwierig es ist, von der guten Idee oder Vision bzw. der theoretischen Themenentwicklung, zu einer Umsetzung auf der Maßnahmenebene zu kommen, die dann tatsächlich die Menschen in ihrem Lebensalltag erreicht und ihre Lebenssituation verbessert. Da ist noch vieles offen und zu tun. Noch nicht ausreichend angekommen sind unsere politischen Aktivitäten bzw. Vorschläge zu: • Aufbau einer »Kinderschutz-Allianz« als Zusammenschluss aller Akteure und Stakeholder in diesem Arbeitsfeld • Einrichtung einer fixen, aus Abgeordneten und ExpertInnen gemischt besetzen »Parlamentarischen Kinderkommission« In diesem Bericht 2015 wird nun wieder vor allem auf das Grundsätzliche eingegangen und Neues aus dem letzten Jahr berichtet. 7 Rahmengesundheitsziele: http://bit.ly/1EABSVK Wirkungsorientierte Folgenabschätzung: http://bit.ly/1N1lPos 9 Politische Deklaration: http://bit.ly/1Hls1cx 8 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 1. Datenlage Auch heuer kann nur wiederholt werden, was auch schon in den vorigen Berichten Kern dieses Kapitels gewesen ist: Wir wissen in Österreich zu wenig über die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen. Um gesundheitspolitische Entscheidungen und Planungen zielorientiert vornehmen zu können, wäre es dringend notwendig, Kindergesundheitsdaten umfassend und standardisiert zu erheben. Es fehlen: • solide und aussagekräftige Daten über den Gesundheitsstatus unserer Kinder und Jugendlichen, • ein Monitoring im Sinne wiederholter systematisch-epidemiologischer Erhebungen, welches Veränderungen und Entwicklungen abbilden kann, • eine regelmäßige Kinder- und Jugend-Gesundheitsberichterstattung, sowie • eine substantielle Versorgungsforschung, welche einerseits den Bedarf und andererseits die Angebote in der Versorgungslandschaft seriös erfasst. Die umfassenden und kontinuierlichen Erhebungen des Robert Koch Instituts zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (vgl. »KIGGSStudie«) könnten hierbei mit ihren bewährten Untersuchungsinstrumenten grundsätzlich als Vorbild dienen. 2. Prävention und Gesundheitsförderung: Schon in unserem Bericht 2010 haben wir beschrieben, dass sich die Risikofaktoren für Gesundheit und Entwicklung sowie das Krankheitsspektrum von Kindern und Jugendlichen fundamental verändert h aben. Zunehmend sehen wir heute s.g. Lebensstilerkrankungen, chronische Entwicklungsstörungen und psychosoziale Integrations- und Regulationsstörungen. Beinahe alle diese »neuzeitlichen« Krankheitsbilder haben die Wurzel ihrer Entstehung in einem sehr frühen Lebensalter. Gerade Kindheit und Jugendzeit könnten daher die wichtigsten Lebensphasen für präventive und gesundheitsfördernde Angebote sein, weil die erzielten Effekte über die gesamte weitere Lebensspanne wirksam sind. Es macht somit großen Sinn, die Lebensräume von Kindern gesundheitsfördernd zu gestalten, zu einer Zeit, wo Verhalten noch gelenkt und gelernt werden kann, anstatt später oft enorm teure therapeutische Programme für chronisch k ranke Erwachsene anbieten und finanzieren zu müssen. Dies gilt für moderne »Volkskrankheiten« wie z.B. Bewegungsmangel und Fehlernährung, die in großem Ausmaß zu Übergewicht, Krankheiten des Stütz- und Bewegungsapparates, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, ebenso wie für unangemessene psychosoziale Stressbelastung von Kindern durch Armut, Gewalt, Überforderung oder multimediale Vereinsamung, welche in Unruhe und Störungen des Sozialverhaltens, Depression oder andere psychische Erkrankungen münden. Dies sind später die großen Kostenverursacher im Gesundheitswesen. Diese Gründe sind es auch, die Österreich im europäischen Vergleich zu einem Land mit deutlich unterdurchschnittlicher Gesundheitserwartung machen. Die Ausgaben für Gesundheitsförderung und Prävention werden in Österreich mit etwa 2,3% angegeben. International liegen sie bei etwa 5-6%. Auf dieses Niveau sollten Sie jedenfalls auch in Ö sterreich angehoben werden. Kernelemente sollen Angebote in der (frühen) Kindheit sowie solche zur Verhinderung gesundheitlicher Ungleichheit sein. In besonderer Weise werden benötigt: • die flächendeckende Einrichtung eines Frühe- Hilfen-Systems nach dem internationalen Vorbild der »early childhood interventions«; • die Verbesserung von Bindungsqualität und Erziehungskompetenz der Eltern • Prävention von Gewalt und Vernachlässigung • konkrete Maßnahmen sowie Weiterbildungs angebote zu den Bereichen Ernährung, Bewegung, Suchtverhalten und psychische Gesundheit, sowie zum interkulturellen Dialog und zur Inklusion von Kindern und Jugendlichen; • Stärkung der Gesundheitskompetenz von Familien mit Migrationshintergrund insbesondere durch health-literacy-Programme für deren Eltern; • Stärkung der gesundheitlichen Chancengleichheit durch Bekämpfung der Familienarmut, durch beziehungs- und gesundheitsorientierte Bildungsarbeit sowie durch eine präventive Jugendhilfe. 23 Zur aktuellen Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 In einigen dieser Punkte sind erste erfreuliche Aktivitäten auf den Weg gekommen. • »Frühe Hilfen« sind ein Gesamtkonzept von unterstützenden Maßnahmen in der frühen Kindheit, welches die spezifischen Belastungen und Ressourcen von Familien erfasst, begleitet und mit (über) regionalen Gesundheits-, Sozial-, Jugendhilfe- und Bildungsangeboten vernetzt. Sie leisten einen ganz zentralen und entscheidenden Beitrag zur gesundheitlichen Chancengleichheit vom Kleinkindesalter an und sind international schon vielfach etabliert. Daher hat die Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit dieses Thema erstmals im Jänner 2010 in ihrem Bericht und einer Tagung sowie Pressekonferenz gemeinsam mit der GAIMH in Österreich aufgebracht und seither kontinuierlich in vielerlei Veranstaltungen und Papieren dafür geworben. Die »Gesundes Österreich GmbH« (GÖG) hat im Auftrag des BMG ein »Grundlagenkonzept Frühe Hilfen in Österreich« erarbeitet, welches fachlich eine ausgezeichnete Basis für die weitere praktische Umsetzung von Frühen Hilfen in Österreich darstellt. Finanziert durch ein Gesundheitsziele-Projekt des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und der Pharmig, setzen die Liga für Kinder- und Jugendgesundheit und fünf Gebietskrankenkassen (W, NÖ, ÖO, Stmk, K) in einem gemeinsamen Verbundprojekt in diesen fünf Bundesländern kleine, regionale Modellprojekte – in Vorbereitung auf einen späteren flächendeckenden Roll-out – bis Ende 2015 um. Mit Hilfe der so genannten Vorsorgemittel (2015 – 2017) und zum Teil auch aus den Landes-Gesundheitsförderungsfonds (2014-16) werden diese regionalen Frühe-Hilfen-Projekte weitergetragen, regional ausgeweitet oder mancherorts auch neue Projekte errichtet. Aus derselben Ressource wird darüberhinaus seit Beginn 2015 in der GÖG ein »Nationales Zentrum Frühe Hilfen« nach dem Vorbild der gleichnamigen deutschen Institution aufgebaut. Die Paracelsus-Privatuniversität Salzburg und St. Virgil haben – in Kooperation mit der Kinderliga – einen Universitätslehrgangs für »early life care« entwickelt und eine Stiftungsprofessur zur frühen 24 Kindheit mit dem bekannten Bindungsforscher Dr. Brisch errichtet. Das alles markiert die nächsten Schritte der Entwicklung und ist durchaus als Zeichen einer sehr erfreulichen und konsequenten Fortführung der begonnenen politischen Strategie zu sehen. Bedauerlich ist jedoch, dass in einigen Regionen Länder und Sozialversicherung sich nicht auf eine strategische Zusammenarbeit oder sachlich-projektorientierte Kooperation verständigen konnten und so nun diverse Parallel-Projekte entstehen. Zu hoffen ist, dass sich diese verschiedenen Einzelaktivitäten zumindest an jenem, von der GÖG aus dem Verbundprojekt entwickelten Leitfaden eines gemeinsamen »Österreichischen Modell der Frühen Hilfen« orientieren, um den damit erreichten Menschen österreichweit ein ähnliches bzw. vergleichbares Angebot zu ermöglichen. Dies betrifft etwa die konkrete Angebotsstruktur vor Ort (niederschwellig, aufsuchend, möglichst wenig segregativ, aber im inhaltlichen Angebot selektiv und passg enau,...), die ausgewogene Interdisziplinarität des Teams, die Voraussetzungen an Qualität und Weiterbildung für die Familienbegleitung, die Netzwerk-Koordination, u.ä.m. Frühe Hilfen sind per Definition ein kooperatives Konzept, welches das konkurrenzfreie Zusammenwirken aller politischen Sektoren und aller Akteure im System braucht. Grundsätzlich sollen Frühe Hilfen ein ganz allgemeines Angebot sein, das jede Familie mit neugeborenen oder kleinen Kindern erreicht, die es benötigt. Dies könnte im Rahmen eines freundlichen »Willkommensbesuches« bei jedem neuen Erdenbürger in Österreich abgeklärt und angeboten werden. Im Projektrahmen des aktuellen Verbundprojekts war dies auf Grund der eingeschränkten Mittel bis dato leider nicht möglich. Ein solches Basisangebot und die Überführung der Frühen Hilfen aus dem Projektstatus in einen Regelbetrieb wären nun die dringend erforderlichen nächsten Schritte. Hoffen wir, dass der politische Wille und die Kontinuität für eine flächendeckende Umsetzung aufrecht bleiben. Im Regierungsprogramm werden die Frühen Hilfen jedenfalls in den Kapiteln »Familie« und »Soziales« explizit genannt. Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 • Eine sichere Bindung ist der fruchtbare Boden für eine gelingende Eltern-Kind-Beziehung sowie ein deutlicher Startvorteil für Kinder ins Leben. Sie sind später widerstandsfähiger gegenüber Belastungen, offener für Beziehungen sowie kreativer bei Problemlösungen und Lebensbewältigung. Die Kinderliga hat in den letzten Jahren in Wien und Niederösterreich sechs so genannter Safe-Elterngruppen zur Förderung der frühen Bindung mit großem Erfolg angeboten. Derzeit fehlt es aber leider an der Finanzierung weiterer Gruppen. Informationen können unter www.safe-programm-austria.at abgerufen werden. Um dem sinnvoll zu begegnen braucht es • verstärkt bewusstseinsbildende Maßnahmen in der Bevölkerung gegen Gewalt in der Erziehung und gegen Gewalt in der Familie; • die Einrichtung einer Kinderschutzallianz zur Entwicklung von Standards und einer breiten strategischen Kooperation aller befassten Stake Holder (Kinderschutz-Zentren, Kinderschutz-Gruppen, Justiz, Exekutive, Jugendwohlfahrt, Gesundheitswesen, Prozessbegleitung, u.a.m.); • eine regelmäßige standardisierte Erhebung der Gewaltprävalenz. • Ca. 50% der Eltern bekennen sich in der Gewaltprävalenzstudie des BMWFJ 2011 zu »leichten Formen« der körperlichen Gewalt in der Erziehung (z.B. »leichte Ohrfeige«, »Klaps auf den Po«), 16% sogar zu »schweren Körperstrafen« (»richtig den Po versohlen«, »mit Gegenständen schlagen«). Dieser Befund ist vor allem unter dem Aspekt erschütternd, dass wir seit 1989 ein gesetzlich verankertes Gewaltverbot in der Erziehung haben, das besagt: »Die Eltern haben bei ihren Anordnungen und deren Durchsetzung auf Alter, Entwicklung und Persönlichkeit des Kindes Bedacht zu nehmen, die Anwendung von Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides sind unzulässig.« Es ist auch klar dagegen aufzutreten, dass Kinder oder Jugendliche mit Gewalterfahrungen in Gewaltschutzeinrichtungen für Frauen einfach »mitbetreut« werden. Es braucht ganz spezifisches Wissen und Kompetenz um sachgerecht mit Kindern und Jugendlichen arbeiten zu können (siehe Qualitätssicherung). Dies zu missachten, fügt ihnen neuerlich eine weitere Form von struktureller Gewalt zu. Schon Hans Czermak (»Die gesunde Ohrfeige macht krank«, 1980) fragte sich, »warum 98% aller Babys physisch und psychisch völlig gesund geboren werden, aber bereits jedes zweite Kind schon nach einigen Lebensjahren mehr oder weniger psychisch gestört und behandlungsbedürftig ist«. Er führte diese katastrophale Entwicklung auf die damals gängige und weitverbreitete Straf- und Prügelerziehung zurück, der viele Kinder schon in frühester Kindheit ausgesetzt waren und die ein Ausgangspunkt für vielfältige Fehlentwicklungen Jugendlicher ist. Auch heute noch sind die Phänomene Vernachlässigung, Gewalt, Armut, Suchtbelastung sowie psychische Erkrankung oder Überforderung der Eltern in viel zu hohem Ausmaß vorhanden, wobei das Risiko für eine schwierige und auffällige Entwicklung der betroffenen Kinder kumulativ mit der Anzahl der Belastungsfaktoren steigt. • Die Thematik »Sucht« war 2014 auch Schwerpunkt der Projektförderung der Gesundheitsziele aus dem Rahmen-Pharmavertrag. Bedauerlicher weise ist unser Forschungs- und Präventions-Projekt zu jugendlicher Festkultur mit der NÖ-Landjugend und dem Maturareiseveranstalter »Summersplash« nicht angenommen worden (erste Ergebnisse vor Ort waren sehr erfolgversprechend!). Gerade zu den Themenbereichen dieses Absatzes braucht es aber vor allem auch eine verantwortungsvolle Wirtschaft und Industrie, die nicht nur das Geschäft mit der jungen Zielgruppe im Auge hat, sondern auch deren Wohlergehen, die nicht nur um des Profits willen den Konsum stimuliert, sondern auch die gesundheitlichen und sozialen Folgen für den Einzelnen und für die Gesellschaft beachtet. In der aktuellen Rauchverbotsdebatte hat die Kinderliga verstärkt das Problem des unfreiwilligen Mit rauchens von Kindern thematisiert. Dies führt vor allem in geschlossenen Räumen – sowohl im Wohnbereich, wie im Auto oder in der Gastronomie – zu einer extrem hohen Gesundheitsbelastung für Kinder. Sie speichern diverse Schadstoffe (etwa Cotinin, 25 Zur aktuellen Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 etc.) doppelt so hoch wie rauchende Erwachsene! Die Folgen gehen von plötzlichem Kindstod über Kopfschmerzen, Husten und Asthma im Kindesalter bis hin zu später erhöhtem Blutdruck, Krebserkrankungen oder Verhaltensauffälligkeiten. Auch die frühe Gewöhnung und die prägende Wirkung des Tabaks sind nicht zu unterschätzen. Sie erklären vielleicht zum Teil, warum die Raucherrate der 15-Jährigen in Österreich die höchste in ganz Europa ist. Auch in der Schwangerschaft ist die indirekte Rauchbelastung ein erhebliches Gesundheitsrisiko für das Kind, da es zu deutlich erhöhten Zahlen an Tod- oder Frühgeburten, Placenta-Störungen sowie vermehrten Fehlbildungen kommt. Umfassende Raucheinschränkungen in anderen Ländern konnten diese Raten signifikant senken. • Um die Gesundheitskompetenz von Menschen mit Migrations- und sozio-ökonomisch benachteiligtem Lebenshintergrund zu verbessern, wurde gemeinsam mit dem Verein beratungsgruppe.at das Projekt »Wir begleiten Therapie (wibet)« entwickelt. Es bietet zur Überwindung von Kultur- oder Sprachbarriere sehr niederschwellige, aufsuchende Entwicklungsbegleitung für chronisch kranke Kinder und deren Familien durch muttersprachliche Tutorinnen an10. Auch dieses Projekt wurde – unterstützt vom FGÖ und dem Integrationsstaats sekretariat – mit Ende 2014 mit großem Erfolg und enormem Wissenstransfer für die betreuten Familien und die versorgenden Institutionen abgeschlossen. Leider konnten die Fördergeber eine, im Anschluss an das Pilotprojekt, noch sinnvolle weitere Reifungs phase nicht mehr unterstützen. Da es von einigen der Kooperationspartner aber weiterhin auch ohne P rojektstützung aus deren laufenden Budgets gebucht wird, konnte es so direkt in eine partielle Regelversorgung übergeführt werden. • Bezüglich Inklusion v.a. im Bereich der Bildungsangebote hat der Eltern- und Selbsthilfebeirat der Kinderliga und lobby4kids in vielen Gremien wertvolle Arbeit geleistet. Eine wichtige Thematik sei hier herausgehoben: in der Diskussion um 10 wibet: http://bit.ly/18Q0L7a 26 ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr, wird übersehen und verschwiegen, dass es eine wesentliche G ruppe von »Verlierern« dabei gibt. Es sind dies die Kinder mit Gesundheits- und Entwicklungsbeeinträchtigungen. In der entsprechenden 15a-Vereinbarung findet sich ein Passus, der als Ausnahmen vorsieht: »Kinder, denen aufgrund einer Behinderung oder aus medizinischen Gründen beziehungsweise aufgrund eines besonderen sonderpädagogischen F örderbedarfes der Besuch nicht zugemutet werden kann«. Was laut Auskunft ursprünglich als eine reine »Kann-Bestimmung« für die freie Wahlmöglichkeit der Eltern gedacht war, ist in der Realität ein u nfreiwilliges Ausschlusskriterium geworden. Kindergärten leiten daraus ab, dass sie Kinder mit Entwicklungsstörungen nicht aufnehmen müssen. So ist es schon heute in vielen Regionen nahezu unmöglich, für ein Kind mit sonderpädagogischem Förderb edarf einen Kindergartenplatz vor dem Schulbesuch zu bekommen, wobei aber gerade diese Kinder d efinitionsgemäß einen solchen besonders dringend benötigen. Ein absurdes Paradoxon, welches sich mit dem zweiten verpflichtendem Kindergartenjahr nur noch massiv verstärken wird, sofern der Gesetzgeber es nicht löst, indem er klar stellt, dass dieses »Recht« auf eine Betreuungsplatz natürlich auch – ja sogar ganz besonders – für Kinder mit Entwicklungsbeeinträchtigungen gilt. In ihrem aktuellen Programm bekennt sich die Regierung »zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention mit dem Ziel, die in Gesundheit verbrachten Lebensjahre deutlich anzuheben«. Im Abschnitt zur Kinder- und Jugendgesundheit wird die »gesundheitliche Chancengleichheit und Gerechtigkeit« formuliert. Unter der politischen Absicht »den Zugang zu Gesundheitsleistungen zu erleichtern sowie Schwerpunkte in Gesundheitsförderung und Prävention zu setzen«, werden einzelne Maßnahmen taxativ aufgezählt. Das größere Konzept der vorliegenden Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie findet sich darin allerdings leider nur marginal wieder. Die Verhinderung von Armut bei Mehrkindfamilien und Alleinerziehenden, öffentlichkeitswirksame Maßnahmen gegen Gewalt gegenüber Kindern und Bewusstseinsbildung zur Teilhabe von Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Kindern mit Beeinträchtigungen sowie Frühe Hilfen als nachhaltiger Beitrag zur biopsychosozialen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen werden im Kapitel Familienpolitik als Schwerpunkte formuliert. Auch im Kapitel »Soziales« haben die Armutsbekämpfung, insbesonders bei Kindern, die Gewaltprävention und die Frühen Hilfen als wichtige A spekte Einzug gefunden. Wir freuen und beteiligen uns gerne bei der Umsetzung dieser Maßnahmen. 3. Berufsübergreifende, interdisziplinäre Netzwerkarbeit Kinder- und Jugendgesundheit ist eine Querschnittsmaterie und betrifft sowohl in der Entstehung wie auch in der Bewältigung von Erkrankungen zumeist mehrere Lebensräume. Um dieser Tatsache effizient zu begegnen bedarf es auch einer interdisziplinären und gut vernetzten Arbeitsform der befassten Gesundheitsberufe untereinander, wie auch mit den Partnerprofessionen aus der Pädagogik und Jugendhilfe. Sinnvolle Netzwerkarbeit benötigt drei wesentliche Aspekte: Kommunikation, Koordination und Kooperation. Sie darf nicht bloß dem Zufall oder dem »privaten« Engagement von Einzelpersonen überlassen werden, sondern muss aus einer übergeordneten Perspektive mit Plan und Strategie nachhaltig eingerichtet und in ihrer neuen Arbeitsform, vor allem hinsichtlich der kommunikativen Anteile, ausgewogen finanziert werden. Netzwerke sind die innovative Antwort auf die veränderten komplexen Anforderungen und sind sowohl für die AnbieterInnen als auch für die KonsumentInnen nachhaltig gesundheitsfördernd. Interdisziplinäre, berufsübergreifende Netzwerkarbeit ist mittlerweile zu einem Schlüsselwort jedes modernen Strategiepapiers geworden. Für einen sowohl lebendigen wie auch nachhaltigen Bestand braucht sie eine professionelle Gestaltung und muss ein selbstverständlicher und honorierter Teil des Arbeitsalltages werden. Gesundheitsberufe in der niedergelassenen Praxis sind hierorts aber zumeist Einzelkämpfer und Geld fließt nur, wenn der Indexpatient auch de facto in der Einrichtung ist. Es braucht auch in Österreich Konzepte und Rahmenbedingungen für Teamwork von verschiedenen GesundheitsdienstleisterInnen – sowohl im niedergelassenen wie auch im institutionellen Bereich. Im Kapitel »Gesundheit« des aktuellen Regierungsprogramms wird insofern darauf Bezug genommen, als dass unter den prioritären Maßnahmen die »Etablierung von multiprofessionellen bzw. interdisziplinär organisierten Versorgungsformen im ambulanten Bereich« sowie »einheitliche Ansprechpartner für PatientInnen zur Koordination von Gesundheitsförderung, Diagnose und Therapie sicherzustellen sind.« Diese Absicht soll nun österreichweit in der Form von Primärversorgungszentren (Primary-HealthCare-Centers) umgesetzt werden. Bis dato ist in den Planungen keine spezifische Angebotsebene für Kinder und Jugendliche vorgesehen. Wie schon einleitend vermerkt, stellen Kinder und Jugendliche aber etwa 20% der Bevölkerung dar und sie brauchen in vielen Aspekten inhaltlich völlig andere Angebote, Kompetenzen und Herangehensweisen, Wissen und Umsetzungsstrategien als Erwachsene. Dieses Erfordernis ist nicht einfach »nebenher« durch die eine oder andere punktuell beigezogene ExpertIn herzustellen. Dafür braucht es im gesamten Team die durchgängige Kinder- und Jugend-spezifische Kompetenz von kinder- und jugendmedizinischen Angeboten über Krankenpflege und psychosoziale Professionen zu den funktionellen Therapien bis hin zu Sonder-, Heil- und Sozialpädagogik. Zusätzlich könnten enorme Benefits und Synergien gehoben werden, indem spezifische ChildHeath-C are-Centers in Kooperation etwa mit einem nahen Bildungscampus oder Einrichtungen der Jugendh ilfe gedacht und in ein und der selben Zuständigkeit auch psychosoziale und Entwicklungsstörungen mitbetreut werden. Auch Gesundheitsförderung und Prävention sowie diverse Public-Health-Aufgaben (von Stillgruppen über Entwicklungsbegleitung bei spezifischen Fragestellungen, regionale Angebote für Migranten-Familien 27 Zur aktuellen Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 oder Gesundheitsförderung, One-stop-shop bzw. One-Point-of-Service, Koordinationsstelle für FrüheHilfen, bis hin zu hoheitlichen Aufgaben, u.a.m.) wären dort passgenau und vermutlich auch kostengünstig systemimmanent gut angebunden. Gerade im Bereich der Kinder- und Jugendgesundheit besteht für diese Organisationsform und für das Arbeiten im interdisziplinären Team auf Grund der über 30-jährigen Erfahrungen in den Entwicklungsund Sozialpädiatrischen Zentren schon hohes praktisches Vorwissen und Kompetenz. Kindern und Jugendlichen diese Chance wider b esseren Wissens der Notwendigkeit nicht zu Verfügung zu stellen, wäre ein großes Versäumnis und ein Vorenthalten kommunaler Verantwortung. 4. Ausreichendes, kostenfreies diagnostischtherapeutisches Angebot Das Fehlen von Österreichweit zumindest 6080.000 Therapieplätzen für Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Entwicklungsstörungen und Erkrankungen bei Wartezeiten von bis zu einem Jahr und mehr, ist durch mehrere Untersuchungen mittlerweile außer Streit gestellt. Seit der zunehmenden öffentlichen Bekanntheit dieser Mangelversorgung gibt es in manchen Bundesländern durchaus beachtenswerte Absichten und auch erste Aktivitäten für einen Ausbau des Versorgungsangebotes. Die Realität der faktischen Umsetzung hinkt diesem Wunsch aber oft noch weit hinterher. Nach wie vor gibt es ganze Bundesländer oder große Regionen, in denen junge Menschen keine Chance haben kostenfrei eine Behandlung durch Logopädie, Physio- oder Ergotherapie, Psychotherapie oder Kinder- und Jugendpsychiatrie zu erhalten. Der allergrößte Teil der niedergelassenen Versorgung ist weiterhin mit einer Zuzahlung (ca. 30-60 EURO pro Therapiestunde) verknüpft. Zuzahlungen aber gefährden bzw. verhindern notwendige Behandlungen oder belasten Familien finanziell schwer. Der sonst erhoffte Lenkungseffekt von Selbstbehalten im Gesundheitswesen ist in diesem Fall völlig kontraproduktiv, weil, je schwerer erkrankt oder behindert 28 ein Kind ist, je mehr Therapie es daher braucht, desto größer wird die finanzielle Belastung und je schwächer der finanzielle Hintergrund der jeweiligen Familie ist, desto weniger erhalten jene Kinder dann die benötigte Therapie. Dies widerspricht der gesundheitlichen Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit eklatant. Zuzahlungen in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen sollten somit samt und sonders und ohne Einschränkung aufgehoben werden. Für manche Bereiche der Versorgung entwicklungsbeeinträchtigter Kinder hat sich die öffentliche Hand bis dato als nicht ausreichend zuständig erklärt. Dies betrifft etwa die Behandlung von Menschen mit Autismus, die Palliativbetreuung von chronisch kranken oder sterbenden Kindern, u.a.m. Auch in der Finanzierung von Hilfsmittel und Heilbehelfen müssen oft erhebliche Zuzahlungen geleistet werden, welche die finanziellen Möglichkeiten von Familien häufig übersteigen. Der Organisationsaufwand für Verordnung, Bewilligung, Umsetzung und Finanzierung jener Heilbehelfe ist zusätzlich enorm, sodass einige Eltern daran scheitern. Für alle diese Fälle wurde mit Unterstützung der K inderliga und der Concordia Sozialprojekte über einen neuen »Verein zur Förderung der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich« der so genannte »Kinderhilfsfonds« (www.kinderhilfsfonds.at) eingerichtet. Dieser gewährt bei Bedarf unbürokratisch aber mit hoher fachlicher Expertise finanzielle oder organisatorische Hilfe, welche die Aufgaben der öffentlichen Verantwortungsträger nicht übernehmen oder ersetzen, aber in dieser Mangelsituation die große Belastung und Not für Familien mit chronisch kranken Kindern etwas lindern kann. Zentrale Aspekte jeder Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen sind Erreichbarkeit und Leistbarkeit der Angebote. Regionale Verfügbarkeit und Kostenfreiheit sind daher die wesentlichen Faktoren, an welchen entschieden wird, ob ein Kind oder Jugendlicher seine, oftmals im wahrsten Sinn des Wortes »Not-wendige« Therapie bekommen kann oder nicht. Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Was es für eine ausreichende Versorgung vordringlich braucht, sind: • Ausreichende, kostenfreie diagnostisch-therapeutische Angebote für alle Kinder mit Entwicklungsstörungen und Erkrankungen, die sie benötigen. • Eine entsprechende Bedarfs- und Versorgungsforschung • Abschaffung aller Zuzahlungen im Bereich der Kinder- und Jugendgesundheit • Ausbau der integrierten Versorgung für Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen. • One-stop-shops für die Hilfs- und Heilmittelversorgung. • Therapieangebote (fix oder als mobile Dienste) in Bildungseinrichtungen (dort wo die Kinder »sind«, ohne Wegzeiten und Belastungen für die Familien) • Rasche Umsetzung der vorliegenden KinderReha-Pläne Ein Sonderthema der Versorgung ist die Rehabilitation. Obwohl der Bedarf inklusive Bettenzahl und Qualitätsstandards politisch seit dem Kindergesundheitsdialog außer Streit gestellt ist und seit 1997 mittlerweile drei österreichweite Kinder-Rehabilitationspläne erarbeitet wurden, gibt es bis heute kein einziges (Phase II -) Kinder-Reha-Zentrum. 7700 Plätzen für Erwachsene, stehen etwa 50, eher zufällig verstreuten Plätzen für Kinder gegenüber. Höchst erfreulich ist aber zu berichten, dass mittlerweile zwischen dem HV-SVT und den Bundesländern eine Einigung über die gemeinsame Finanzierungsverantwortung erzielt werden konnte. Im Zuge dessen wurde auch die Notwendigkeit einer familien-orientierten Rehabilitation (therapeutische Mitbetreuung von Familienmitgliedern bei Bedarf) sowie die Gleichbehandlung von angeborenen und erworbenen Störungen außer Streit gestellt. Dies ist aus der Sicht der betroffenen Kinder und deren Familien sehr zu begrüßen, weil dadurch der Anspruch auf Behandlung nicht aus der Perspektive der jeweiligen formalen Nicht-Zuständigkeit, sondern aus der Perspektive des Bedarfs zugeordnet und damit ein wertvoller Beitrag zur gesundheitlichen Chancengleichheit geleistet wird. Zu hoffen ist aber insbesondere auch, dass die Auswahl der Standorte und der Träger ausschließlich nach qualitativen und fachlichen, nicht primär nach (regional)politischen Kriterien erfolgt. Die Entscheidung soll aus der Perspektive für die Kinder und Jugendliche getroffen werden und nicht über die F rage, wer macht das Geschäft, oder lukriert das Image und die Arbeitsplätze. Es gibt Anbieter, die schon große Vorerfahrung in der medizinisch- therapeutischen Arbeit mit Kindern haben. Diese sollten jetzt auch ihre Expertise einbringen können und den Zuschlag bekommen. Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass auch für Kinder und Jugendliche, ebenso wie bei Erwachsenen, die Möglichkeit der ambulanten Rehabilitation eine sehr nützliche Alternative sein kann. Es gibt oftmals gute fachliche Gründe für die Durchführung im stationären Setting, aber auch ein wohnortnahes ambulantes Reha-Angebot kann sehr sinnvoll sein und manchmal für Familien leichter in den Alltag integriert werden. Sichergestellt müssen jedenfalls die entsprechende Kompetenz eines interdisziplinären Teams sowie die Rahmenbedingungen bezüglich Ausstattung und Frequenz des Rehabilitationsangebotes sein. Hierfür gibt es ausgearbeitete Konzepte. 5. Qualitätssicherung »Kinder sind keine kleinen Erwachsenen« ist ein bekannter Stehsatz, der nicht oft genug wiederholt werden kann, aber von nicht einschlägig befassten Menschen selten in seiner tatsächlichen Tragweite verstanden wird. Um mit Kindern gut und sachgerecht arbeiten zu können, braucht es spezifisches Wissen, altersadäquate Methodik und Rahmenbedingungen, unter denen diese Arbeit möglich ist. Alle Maßnahmen für diese Zielgruppe müssen daher einer objektivierbaren, Experten gestützten und grundsätzlich am Kindeswohl orientierten Qualitätssicherung unterliegen. Dies ist insofern wichtig, da in einer marktwirtschaftlich- und dienstleistungsorientierten Gesellschaft zunehmend auch andere Motive eine große Rolle spielen. Ein wesentlicher A spekt ist die Ausbildung un d Q uali f ikat i o n vo n A nb i e te r I nn e n un d 29 Zur aktuellen Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 LeistungserbringerInnen. Derzeit gibt es definierte Ausbildungen zur Kinder- und Jugendheilkunde, Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Kinderkrankenpflege (die letzte scheint gefährdet). Im neuen Psychologiegesetz ist nunmehr seit Juni 2014 eine spezifische Kinder-, Jugend- und Familien-Psychologie Weiterbildung vorgesehen. Um Kindern und Jugendlichen ihr Recht auf eine fachgerechte Behandlung zu gewähren, braucht es: • eine spezifische, verbindliche und zertifizierte Z usatzqualifikation für alle Gesundheitsberufe, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten (idealerweise durch die jeweilige Fachgesellschaft definiert und organisiert), • eine verpflichtende Registratur aller TherapeutInnen mit Angabe, der – für die Versorgung – wesentlichen Eckdaten (dies brächte sowohl den KonsumentInnen wie auch den GeldgeberInnen mehr Klarheit über die LeistungserbringerInnen), • eine persönliche Eignung für die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und deren Familien • sowie angemessene Rahmenbedingungen, d.h. Struktur- und Prozessqualität, um dieser A ufgabe gerecht werden zu können. Der Verein zur Förderung der Kinder- und Jugendgesundheit bietet als ergänzende Weiterbildung für interessierte ÄrztInnen einen »Lehrgang für Entwicklungs- und Sozialpädiatrie« und für alle anderen Gesundheits-, Sozial- und pädagogische Berufe den »Interdisziplinären Lehrgang für Kinder- und Jugendgesundheit« in Wien und Salzburg an. Weitere Informationen unter www.gesunde-kindheit.at. Wie wichtig neben der persönlichen Kompetenz und Eignung sowie einer am Kind orientierten Werte haltung auch die Rahmen- und Strukturqualität der Einrichtung ist, um gute Ergebnisse zu erzielen, möchte ich an zwei Beispielen deutlich machen. Im Bereich der institutionellen Kleinkindbetreuung ist es aktuell ein großes gesellschaftspolitisches Ziel, das quantitative, so genannte »Barcelona-Ziel« (d.h. 30 % der unter dreijährigen 30 Kinder in Krippenbetreuung unterzubringen), zu e rreichen. Andererseits weisen aber immer mehr Studien darauf hin, dass – neben einer zu g eringen zielgruppen- spezifische Qualifikation der PädagogInnen – vor allem ein nicht ausreichender Betreuungsschlüssel eine Stressbelastung für die Kinder schafft, die sie altersadäquat nicht bewältigen können. Dies erzeugt langfristig Schäden, welche sich in einem später schwierigen bis hin zu dissozialem Verhalten äußern können und eine erhebliche Erschwernis für die weitere Schul- und Lebensbewältigung bedeuten. Um das aktuelle Wissen über Qualität in der institutionellen Kleinkindbetreuung zu verbreiten, wurde unsererseits gemeinsam mit der deutsch-österreichisch-schweizer Gesellschaft GAIMH (German speaking Association for Infant Mental Health) einiges an Medienarbeit geleistet und gemeinsam mit dem »Netzwerk Lebensbeginn« die Publikation »Qualitätsstandards in Einrichtungen für Familien rund um Schwangerschaft, Geburt und f rühe Kindheit«11 herausgegeben. Eine international angesehene Leitlinie zum Thema der frühkindlichen institutionellen Betreuung stellt das Papier »Empfehlungen der Gesellschaft für Seelische Gesundheit in der Frühen Kindheit (GAIMH) zur Betreuung und Erziehung von Säuglingen und Kleinkindern in Krippen« 12 dar. Innerhalb der K inderliga hat sich im Herbst 2013 eine »Arbeitsgruppe Qualitäts sicherung in der frühen Kindheit« gebildet. Auch im Regierungsprogramm wird in allen befassten Passagen nun von einer »quantitativen und qualitativen Weiterentwicklung der e lementarpädagogischen Einrichtungen« gesprochen. Dies ist sehr zu begrüßen, weil eine bloß »möglichst kostengünstige Aufbewahrungss tätte« für unsere Kleinsten einen Schaden für diese selbst und die Gesellschaft verursacht, dessen Zeche später teuer bezahlt werden muss. Das zweite Beispiel betrifft den Kinderwunsch und die technischen Möglichkeiten seiner Umsetzung. 11 12 Qualitätsstandards: http://bit.ly/1xpw30h GAIMH: http://bit.ly/1FoEyLw Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Österreich weist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine völlig unangemessen hohe Rate an frühgeborenen Kindern auf. Diese e rklärt sich vorrangig aus der Reproduktionsmedizin, da diese – ohne gesetzliche Limitierung – überwiegend mehrere befruchtete Eizellen einsetzt, was zu übermäßig häufigen Mehrlings-Schwangerschaften und Mehrlingsfrühgeburten führt. Dieses Vorgehen ist hauptsächlich dem Profit der anbietenden Institute geschuldet, weil das Versprechen einer hohen Schwangerschaftsrate natürlich die zahlungskräftige Kundschaft motiviert. Gleichzeitig wissen wir aber, dass Mehrlingsfrühgeburten zu einer erheblichen Zahl an entwicklungsbeeinträchtigten und behinderten Kindern führen und neben der Not der Betroffenen auch eine hohe ökonomische Belastung für das allgemeine Gesundheitswesen darstellt. Eine Einlings-Geburt etwa kostet im Allgemeinen Krankenhaus Wien ca. 9.000.-, Zwillinge 35.000.- und Drillinge etwa 110.000.- allein für die Geburt und die postpartale Betreuung. Aufgrund der häufigen Beeinträchtigungen durch die Frühgeburt benötigen Kinder danach oft noch jahrelange Therapien und Fördermaßnahmen. Dies alles erzeugt oftmals erhebliches persönliches Leid für das Kind und deren Familie und die Kosten müssen ebenfalls die Allgemeinheit oder die Familien zahlen. Würden sich die Kinder das so wünschen? Medizin-ethisches Ziel muss es daher sein, ein möglichst gesundes Kind am zu erwartenden Geburtstermin zu gebären. Dafür ist eine gesetzliche Regelung in Richtung »Single-Embryo-Transfer« die richtige Maßnahme. Schweden hat diesen Schritt schon vor mehreren Jahren gesetzt und weist etwa die Hälfte unserer Frühgeborenenrate auf. Zusätzlich braucht es eine gute, vor allem psychosoziale Beratung und Begleitung der, auf eine Schwangerschaft hoffenden Eltern, unter der Prämisse des Kindeswohls. Es wurde von Seiten der Kinderliga hierzu im März 2011 ein Konsenspapier erarbeitet13 und die Thematik mit Pressekonferenz und bei Diskussionsveranstaltungen öffentlich gemacht. Die anfangs hohe und positive Resonanz verebbte aber alsbald wieder. 13 Konsenspapier der Kinderliga: http://bit.ly/1FWq9p0 Auf Grund einer Erkenntnis des VfGH14 sowie eines Entscheids des Europäischen Gerichtshofes für M enschenrechte15, wurde die Diskussion rund um das Fortpflanzungsmedizingesetz unter anderen G esichtspunkten 2014 wieder aktualisiert. Leider wurde dieser Diskurs großteils völlig undifferenziert und pauschalierend bloß als Ideologie-Debatte zwischen dem »konservativ-katholischen Lager als Gegner« und der »liberalen Position als Befürworter« des Gesetzes geführt. In dieser Polarisierung war für eine sachliche Diskussion bezüglich einer inhaltlichen Verbesserung für die weitgehend unbedachte, aber hoch betroffene Bevölkerungsgruppe der so gezeugten Kinder, kein Platz. Nach nur 2 Wochen Begutachtungsfrist Ende 2014 wurde das neue FMedRÄG im Jänner 2015 im Nationalrat beschlossen. Die vorhandenen Chancen, d abei auch die hohe Frühgeborenen-Rate mit all den nachteiligen Folgen für die Kinder durch eine L imitierung der eingesetzten befruchteten Eizellen zu senken, das Menschen- und Kinder-Recht um das Wissen um seine Herkunft ausgewogen zu regeln, den K inderwunsch-Eltern eine optimierte Beratung und Begleitung durch die schwierige und oft sehr belastete Zeit beizustellen oder durch eine entsprechende Evaluation über qualitative Aspekte der G eburt und über die weitere Entwicklung dieser Kinder Bescheid zu wissen, u.a.m. wurde leider versäumt, obwohl dies in allen politischen Strategiepapieren zur Kindergesundheit der letzten Jahre als Ziel artikuliert wurde. Schätzungen gehen davon aus, dass heute etwa 9% unserer Kinder aus der medizinisch unterstützten Fortpflanzung kommen. Keine kleine Gruppe also. Die ersten Kinder aus der künstlichen Befruchtung in Österreich sind mittlerweile 30 Jahre alt, aber wir wissen nahezu nichts darüber wie es ihnen geht. Jede andere medizinische Maßnahme muss sich mit ihren qualitativen Ergebnissen überprüfen und beweisen. Das ist nichts Außergewöhnliches, sondern 14 Bezüglich Zulassung weiblicher homosexueller Paare zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung. 15 Das Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID) verstoße gegen die EMRK. 31 Zur aktuellen Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 allgemein geübte Praxis. Warum nicht auch die Reproduktionsmedizin? Warum dieses Tabu? Wenn das Ziel des ganzen fortpflanzungsmedizinischen Unterfangens das – nach Wissen und Gewissen – bestmögliche Leben eines neuen Menschen ist, dann sollte sich das Vorgehen und der Inhalt des Gesetzes auch primär daran ausrichten, die Perspektive des Kindeswohls klar zu definieren und versuchen Schaden vom Kind abzuhalten. Wenn das Kind aber bloß zum Produkt oder Projekt der Wunscherfüllung wird, dann wird zwischen Angebot und Nachfrage alles was möglich ist sprichwörtlich »um jeden Preis« gemacht. Dass diesen Preis aber oft die Kinder mit vorhersagbaren und vermeidbaren Beeinträchtigungen und schwierigen Lebensverläufen bezahlen und die Eltern in der späteren Betreuung häufig sagen, sie wären über diese möglichen Folgen niemals aufgeklärt worden, zeigt, wie wenig das Kindeswohl oder der Kinderschutz gegenüber ökonomischen Interessen und der vorgegaukelten optimalen Wunscherfüllung wiegt. Unerfüllter Kindeswunsch kann eine sehr quälende Belastung sein. Bei allem Respekt und Verständnis dafür, muss dennoch die Frage gestellt werden dürfen, ob hier die Beseitigung des einen Leides mit der Schaffung eines vermeidbaren Leides eines anderen Menschen erkauft wird. Wenn in dieser Diskussion oft mit hohem ethischen Druck darauf verwiesen wird, dass »auch Menschen, die miteinander biologisch keine Kinder bekommen können, ein Recht auf ein Kind hätten«, dann kann dem nur entgegenhalten werden, dass es eine gute Balance zwischen den verschiedenen Rechten aller Beteiligten braucht. Kinder sind ebenfalls Subjekte eigenständiger Rechte und es gibt kein »Recht auf einen anderen Menschen«, der einem für´s eigene Glück noch fehlt. Mit derselben Argumentation könnte jeder ja auch etwa ein Recht auf einen passenden Partner einfordern. Aber wer stellt sich dafür zu Verfügung? Die Stellungnahme der Kinderliga zum Gesetzes entwurf ist unter http://bit.ly/1EFEtAj nachzulesen. 32 6. Stärkung der Elternschaft Eltern haben eine Schlüsselposition bei der Entwicklung von Gesundheit und Lebensstil ihrer Kinder. Sie sind deren wichtigste Lebensraumgestalter und haben den frühesten und lebenslang prägendsten Einfluss auf die nächste Generation. Solche oder ähnliche Statements haben wir schon häufig geschrieben. Sie sind unwidersprochen bzw. werden durch vielerlei Untersuchungen bestätigt. Dennoch muss festgestellt werden, dass die Ressource »Eltern« noch viel zu wenig konkret genutzt und respektiert wird. Bei vielen Gesundheitsthemen erreichen wir Kinder und Jugendliche nur über ihre Eltern. Dies gilt präventiv ebenso, wie bei der kurativen oder rehabilitativen Begleitung (chronisch) erkrankter Kinder. Für einen effizienten diagnostisch-therapeutischen Prozess braucht es daher: • Eine unlimitierte und kostenfreie Mitbetreuung der Eltern auf Indikation und e -card des Kindes oder Jugendlichen. • Angebote zur Förderung der Gesundheits- und Erziehungskompetenz von Eltern oder andern LebensbegleiterInnen. • Bestmögliche Unterstützung der Eltern durch die öffentliche Hand bei der Erfüllung dieser Aufgabe. Allein das Faktum »Kinder zu haben« lässt Familien statistisch auf ein niedrigeres Niveau des Lebensstandards fallen. Die höchste Armutsgefährdung haben heute Alleinerzieherinnen und Mehrkindfamilien. Krankheit verstärkt diesen Prozess nochmals. Das faktische und emotionale »Sorgen« um ein (chronisch) krankes Kind hindert an Berufstätigkeit. Es kostet Lebenskraft, Zeit und Geld und erschwert soziale Kontakte enorm. Die damit verbundene L ebensaufgabe und Schicksalsbewältigung kann die Gesellschaft den betroffenen Familien o hnehin nicht abnehmen. Viele dieser Eltern machen darüber hinaus aber die Erfahrung, dass auch mögliche Hilfen oft hart erkämpft und die Kraft hierfür zusätzlich aufgebracht werden muss. Sie k lagen etwa über einen enormen Bürokratie- und Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Zuständigkeitsd schungel, über eine häufig erlebte »BittstellerInnen Position« und über ihren Kampf um Hilfsmittelfinanzierung, um Pflegegeldvalorisierung, um die Integration von chronisch kranken oder verhaltensauffälligen Kindern in das K indergarten- und Schulsystem und vieles anderes mehr. aktuellen politischen Agenda. Kinder- und Jugend(gesundheits)politik ist im besten Sinn des Wortes Z ukunftspolitik! Sie ist volkswirtschaftlich höchst sinnvoll, soll insgesamt politisch priorisiert werden und kann nur erfolgreich sein, wenn sie alle Lebensräume berücksichtigt. An dieser Situation hat sich in den letzten Jahren leider nicht viel verändert. Die Stärkung und Unterstützung von Eltern und Familien werden im Regierungsprogramm zwar mehrfach erwähnt, eine Konkretisierung der Maßnahmen bleibt offen. Geben wir Kindern eine Stimme! 7. Health in all Policy – Next Generation Policy Kinder- und Jugendgesundheit ist eine Querschnittsmaterie, die als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden muss, welche alle staatlichen Sektoren und Organisationen betrifft. Insofern sind auch alle Ressorts und Politikfelder gefordert, kooperativ ihren Anteil an der gesellschaftlichen Verantwortung für ein umfassend gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu leisten. Hierfür – und für unzählige lebenspraktische Beispiele auch – bräuchte es eine Ressort übergreifende Kinder- und Jugendgesundheits-Politik, wenn möglich mit Finanzierung aus einer Hand! Stehsätze dieser Art sind mittlerweile in vielen unserer Papiere geschrieben worden. Erfreuliche A nsätze hierzu sind, dass jenes – eingangs erwähnte – »Intersektorale Komitee zur Umsetzung der Kinder- und Jugend-Gesundheitsstrategie« eben intersektoral installiert wurde. Eine über Ihre Ressortgrenzen hinaus agierende Koordinationsstelle für Kinder und Jugendgesundheit im BMG besteht und auch im BMUKK wurde eine »Koordinationsstelle Gesundheit« eingerichtet. Für eine tatsächliche »Health-in-all-Policy«-Politik bedarf es aber einer deutlich höherrangigen Konsensebene. Was es darüberhinaus aber noch ganz dringlich braucht, ist eine starke Vertretung der Anliegen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen im alltäglichen politischen »Geschäft« und in der Unsere Vorschläge hierzu sind: • Einrichten einer Parlamentarische Kinderkommission (mit Abgeordneten aller Fraktionen und E xpertInnen gemischt besetzt) • Ein Ressort für Kinder-, Jugend- und Familienangelegenheiten • Vollständige Aufnahme der UN-Kinderrechtskonvention in die österreichische Verfassung Auch das haben wir schon öfter geschrieben, aber es lohnt und ist die Wiederholung wert: »Eine Gesellschaft, die zukunftsfähig sein will, ist auf die Gesundheit ihrer Kinder und Jugend dringend angewiesen. Bestmögliche Förderung der körperlichen, seelischen und sozialen Gesundheit von Anfang an gehört zu den Grundrechten aller Kinder.« Die Kinder von heute werden unsere Zukunft g estalten. Geben wir Ihnen dafür eine gute Gegenwart! P.S.: Die Auflösung des Rätsels der verschieden Schriftstärken in diesem Beitrag ist folgende: ab dem Punk »1. Datenlage« bis zum Ende hier, sind alle Textteile in grauer Schrift solche, die schon in früheren Berichten geschrieben wurden. Die blaue Schrift markiert jene Texte, die heuer neu hinzugekommen sind. Auch daran lässt sich gleich optisch ablesen, wie langwierig Prozesse der konkreten Veränderung oft sind. Prim. Dr. Klaus Vavrik · Präsident der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit 33 Organigramm VORSTAND NOMINIERTE MITGLIEDER Klaus Vavrik Christina Wehringer Alfred Stiskal Eva Mosar Mischling Irene Promussas Georg Streit Hedwig Wölfl Lieselotte Ahnert Günther Bernert Harald Geiger Gerald Koller Katharina Kruppa Werner Leixnering Grete Melzer Ulrike Schulz Hedwig Wölfl ETHIK-BEIRAT INSTITUTIONELLE MITGLIEDER ELTERN-SELBSTHILFEBEIRAT KOOPERATIONSPARTNERSCHAFTEN Vorsitz: Karin Kalteis Vorsitz: Irene Promussas Gerald Bachinger Lukas Kaelin Barbara Maier Maria Kletecka-Pulker Helmut Sax Delegierte der Verbände Lobby4Kids – Kinderlobby Kinder-Lobby KiB Children Care KEKS SHG „Eltern Anders“ SHG Rheumalis VKKJ In der Versorgung tätige Organisationen Wissenschaftlich und lehrend tätige Organisationen BV Kinderkrankenpflege Ö. BV Logopädie Austria BV Österr. PsychologInnen BV Österr. Kinderschutzzentren Deutsche Liga für das Kind Ergotherapie Austria Ges. d. SchulärztInnen Ö. Ges. f. Sensorische Integration Ö. Ges. f. Allgemein- und Familienmedizin ÖG f. Kinder- und Jugendpsychiatrie ÖG f. Psychosomatik in Gynäkologie und Geburtshilfe ÖBV der MusiktherapeutInnen ÖBV f. Psychotherapie Österr. Kinderschutzbund Österr. Hebammengremium Physio Austria Pikler-Hengstenberg-Ges.Ö. Plattform Educare Verb. d. Diaetologen Ö. V d. Still- und LaktationsberaterInnen Ö. V. Ö. PsychotherapeutInnen aks Aktion Leben Caritas d. Erzdiözese Wien DV österr. Autistenhilfe Diakonie Zentrum Spattstraße Die Boje Die Eule Die Möwe Ges.f. g. Förderung u.Therapie Institut für Erziehungshilfe Kinderhospiz Netz KH Barmherzige Brüder MOKI ÖGF PGA ProMami NÖ Rainbows Rudolf Ekstein Zentrum STEP-Baumgartenberg SOS Kinderdorf Telefonseelsorge OÖ Therapieinstitut Keil Unabh. Kinderschutzzentrum Wien Verein Kind-Familie-Umwelt VKKJ Vorarlberger Kinderdorf Wiener Hilfswerk Wiener Kinderfreunde (Beratungsstellen) AG Psychoanalytische Pädagogik BIFEF Ganztagsvolksschule Novaragasse IGfB – Int. G. f. Beziehungskomp. ökids ZAEG St.Virgil Salzburg WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT Vorsitz: Lieselotte Ahnert Netzwerk Kinderrechte Politische Kindermedizin Berufsverbände und Fachgesellschaften 34 FAMILIENBEIRAT (IN ENTWICKLUNG) Thomas Amegah Karin Berghammer Günther Bernert Barbara Burian-Langegger Wolfgang Dür Helmuth Figdor Andrea Fleischmann Petra Gajar Ernst Gehmacher Franz Grill Sabine Haas Birgit Hartel Reinhard Kürsten Renate Mitterhuber Michael Musalek Wolfgang Novak Peter Pantucek Franz Piribauer Claudia Reiner-Lawugger Hanni Rützler Martin Schenk Erna Schönthaler Brigitte Sindelar Manuel Sprung Walter Strobl Leonhard Thun-Hohenstein Renate Winter Karl Zwiauer Gesundheitsfördernd und präventiv tätige Organisationen Gesundheitsfördernd und präventiv tätige Organisationen beratungsgruppe.at BOJA LV d. EV an mittleren u. höheren Schulen Ö. DV der unabhängigen EKIZ Ö. Elternwerkstatt FamilyLab FEM Forum Kath. Erwachsenenbildung - Elternbildung Katholischer Familienverband Ö. LV Katholischer Elternvereine Wiens Nanaya Österreichische Jugendinfos Ö. Kinder- und Jugendvertretung Österr. DV d. EV an den öffentlichen Pflichtschulen Plattform Elterngesundheit PRAEV CIRCLE SPORTUNION Österreich St. Nikolausstiftung Erzdiözese Wien Verb. d. EV a.d. Höheren u. Mittleren Schulen Wiens Welt der Kinder Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Die Liga und das Jahr 2014 Die Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit (kurz: Kinderliga) blickt auf 6 Jahre gemeinsamen Engagements für die Kinder- und Jugendgesundheit zurück und präsentiert damit heuer den sechsten Jahresbericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit. 2014 hat die Kinderliga den Themenschwerpunkt »Bildung & Gesundheit« gewählt und die »Beziehungsb ildung« als eine wichtige Säule der Kindesentwicklung, diesen Aspekt führen wir auch 2015 im Rahmen der Bildungsdialoge fort. Wir blicken auf eine zu weiten Teilen sehr positive Bilanz 2014 zurück. Kinder- und Jugendgesundheit hat weiterhin an Relevanz zugenommen und stellt ein wichtiges politisches und mediales Thema dar. Nicht zuletzt durch den gemeinsamen Aufruf von Gesundheitsministerin Oberhauser und Sportminister Klug Österreich soll »Europameister der Kindergesundheit« werden. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen ist noch viel zu tun, doch gerne arbeiten wir an der Verwirklichung mit. Die Kinderliga freut sich über die stetig wachsende Zahl an Mitgliedern, die uns den Rücken stärken und eine gemeinsame starke Stimme für die Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich sind: Mitglieder im wissenschaftlichen Beirat: • Dr. Thomas Amegah, MAS (ÖGD), MPH (Public Health, Gesundheitsförderung). Die stetig wachsenden Aufgaben lassen auch unser Team wachsen. Aktuell sind acht Personen im operativen Team tätig. Im August 2014 hat die Kinderliga daher auch größere Büroräume in der Bürogemeinschaft von World Vision in der Graumanngasse 7/C-2 im 15. Bezirk bezogen. MitarbeiterInnen Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit • Martina Wolf – Geschäftsführung • Mag.a Sarah Koller – Veranstaltungsorganisation und Assistenz der Geschäftsführung • Lisbeth Christely, MSc – Fundraising und Strategische Kommunikation • Mag.a Hedwig Wölfl – Regionale Projektleitung Frühe Hilfen Modelregion Wien • Mag.a Franziska Pruckner – Koordination Frühe Hilfen Modellregion Wien • Verena Bittner-Czettl – Öffentlichkeitsarbeit, extern Verein zur Förderung der Kinder- und Jugend gesundheit in Österreich Neue Mitgliedschaften Wir freuen uns über neue Mitglieder: • Daniela Koller – Sachbearbeitung Kinderhilfsfonds • Doris Staudt – Lehrgangsmanagement Institutionelle Mitglieder: • Bundesjugendvertretung • Dachverband österreichische Autistenhilfe • FEM- Institut für Frauen- und Männergesundheit • Ganztagsvolksschule Novaragasse • ÖGAM - Österreichische Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin • Österreichische Jugendinfos • St. Nikolaus Kindertagesheimstiftung • St. Virgil Bildungs- und Konferenzzentrum, Seminarhotel Salzburg • Wiener Hilfswerk Interne Gremienarbeit • Halbjährliche Sitzungen der Fachgesellschaften und Berufsvertretungen • Halbjährliches Jour-Fixe der Wiener Kinder- und Jugendgesundheitsversorgung, wobei hier auch einige Organisationen beteiligt sind, die (noch) nicht Mitglied in der Liga sind • Jährliche/halbjährliche Mitgliederversammlungen (Treffen der nominierten Mitglieder) • Jährliche Mitgliederkonferenz (Vernetzungstreffen aller Mitgliederorganisationen) • Regelmäßige Sitzungen von Arbeitsgruppen, wie der AG »Qualitätssicherung in der Frühen Kindheit« 35 Die Liga und das Jahr 2014 ÖSTERREICHISCHE LIGA FÜR KINDER-UND JUGENDGESUNDHEIT Veranstaltungen 2. Jahrestagung der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit Von 2. bis 4. Oktober 2014 fand die 2. Jahrestagung Modellprojekt Frühe Hilfen. zum Thema »beziehung:bildung – Auf dem Weg zu Die Kinderliga ist Kooperationspartnerin in einem einer pädagogischen Klimaerwärmung« in KooperaProjektverbund mit fünf Sozialversicherungsträgern tion mit dem Forum Lebensqualität im Europahaus (GKK von W, NÖ, OÖ, Stmk, K). Das Projekt wird Wien statt. Angeboten wurden Fachvorträge, sowie im Rahmen der Gesundheitsziele aus dem Rahmen- Dialogrunden, Co-Creation-Settings zur Vernetzung Pharmavertrag finanziert und läuft noch bis Ende zwischen den TeilnehmerInnen. Aus verschiedenen 2015. In jedem der fünf Bundesländer wurde ein re- Perspektiven wurde der Frage nachgegangen, wie gionales Frühe-Hilfen-Modellprojekt eingerichtet, eine zukunftsorientierte gesundheitsfördernde das ausgewählte, psychosozial belastete Familien B ildungskultur beschaffen sein könnte, die das begleitet. Die Kinderliga hat hier den Part der Qua- Wohlergehen der gesamten Gesellschaft im Blick lifizierung und Sensibilisierung der befassten Profes- hat. Eine besondere Freude war das besonders wertsionen übernommen, hat die Fortbildung konzipiert schätzende Feedback, das wir von unseren Teilnehund durchgeführt und die Kick-Off Veranstaltungen merInnen erhalten haben. für relevante Berufsgruppen (Vernetzungspartner und Zuweiser) in den Regionen organisiert. Auf Basis 2. Familientag der Erkenntnisse aus diesem Modellprojekt ist ein Der 2. Familientag wurde in Kooperation mit dem österreichweiter Roll-Out geplant. DSCHUNGEL WIEN, dem ZOOM Kindermuseum und der wienXtra-kinderinfo am 22.11.2014 verHigh + Responsible Award, anstaltet. Anlässlich des 25-Jahres-Jubiläums der ist eine österreichweite Initiative zur Rausch- und Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention Risikobalance von Jugendlichen in Nightlife, Gas- sowie 2 5 Jahre Gewaltschutz in Österreich und in tronomie, Spiel und Sport. In diesem dreijährigen zeitlicher Nähe zum Internationalen Tag der KinKooperationsprojekt werden jährlich 15 Betriebe derrechte, haben wir neben unserem Jahresthema ausgezeichnet, die besondere Sensibilität im Um- »Beziehungsbildung« thematisch die Kinderrechte gang mit Rausch und Risiko bei jugendspezifischen in den Fokus des Familientags gestellt. Vor Ort waAngeboten zeigen. Das Projekt startete 2014, die ren 20 Beratungs- und Informationsstände unserer e rsten GewinnerInnen werden im Frühjahr 2015 Mitgliederorganisationen, teilweise mit Mitmachm edial präsentiert, sowie die nächsten Vorschläge stationen vertreten. Es gab Informationsmaterifür das Jahr 2015 gesammelt. Die Kinderliga stellt al zu den K inderrechten, sowie eine Spielecke, die den inhaltlichen Support für den Award. von der Kinderliga betreut wurde. Ein hochwertiges Programm mit Kontaktjonglage, Theater- und SAFE®, Tanzworkshops, einer interaktiven Installation und Projekt zur Förderung der frühen Eltern-Kind-Bin- Z auberei wurde für Kinder angeboten. Erwachsedung. Start der ersten Elterngruppen in Wien und ne konnten bei Fachvorträgen von vorgeburtlicher einer weiteren Gruppe in Niederösterreich. Ein Kon- Beziehungsbildung bis zu Jugendlichen unterschiedzept zur Realisierung weiterer Gruppen in verschie- liche Inhalte sammeln und sich bei den Informatidenen Bundesländern ist derzeit in Entwicklung. onsständen austauschen. Der 2. Familientag war gut besucht und hat den Kindern sichtlich Spaß gemacht. Projekte 36 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Bildungsdialoge finden 2015 landesweit unter dem Titel »Beziehungen Bilden« in Kooperation mit dem Forum Lebensqualität statt. Thematisch soll damit das Jahresthema 2014 der Kinderliga »Beziehungsbildung« in die österreichischen Bundesländer gebracht werden und einen Diskurs über eine menschengerechte Bildung der Zukunft in die Wege leiten. Unterschiedliche B ildungspartnerInnen laden dazu gemeinsam mit der Kinderliga ein, am 5.9. 2015 werden die Ergebnisse in Schattendorf/Burgenland präsentiert und der Abschluss der Bildungsdialoge gefeiert. Alle Termine & Informationen unter: www.bildungsdialoge.at Öffentlichkeitsarbeit Neben der Bearbeitung zahlreicher Journalistenanfragen leistete die Kinderliga auch proaktiv Medienarbeit: • 30.1.2014 – Pressekonferenz: 5. Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit. Das inhaltliche Jahresthema 2014 der Kinderliga ist »Gesundheit und Bildung«, im Besonderen »Beziehungs-Bildung« als Kern jedes Bildungsprozesses und als Grundlage für freudvolles und nachhaltiges Lernen in allen Altersstufen. • 27.4.2014 - Presseinformation zur Budgetrede »Österreich darf nicht AN, sondern soll FÜR die Zukunft seiner Kinder und Jugendlichen sparen« In Hinblick auf die Budgetrede der Regierung zwei Tage später, forderte die Kinderliga die politischen Verantwortlichen auf, die Zukunftsgestaltung Kinder und Jugendlicher nicht auf den Sparplan zu setzen. • 28.5.2014 – Presseinformation: Im Sinne des Kinderschutzes: Kinderliga begrüßt Forderung des Gesundheitsministers nach Verbesserung des Nichtraucherschutzes. Die Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit begrüßt, dass der Gesundheitsminister Alois Stöger in seiner Forderung nach rauchfreier Gastronomie auch an die Kinder denkt und weitere Verbesserungen zum Schutz von NichtraucherInnen in Erwägung zieht. • 28.8.2014 – Presseinformation »Qualität vor Quantität in der Kinderbetreuung« Ein Appell der Kinderliga nach mehr Qualität, einem angemessenen Betreuungsschlüssel und einer qualitativ hochwertigen Ausbildung in Bezug auf die Betreuung von Kleinkindern. • 20.9.2014 – Presseinformation »Bildung ist wichtiger Faktor für gesunde Entwicklung« Den Weltkindertag 2014 nimmt die Kinderliga zum Anlass, um auf den unmittelbaren Zusammenhang von Bildung und Gesundheit aufmerksam zu machen. • November 2014: Medienarbeit rund um den 2. Familientag. Der zweite Familientag der Kinderliga widmete sich inhaltlich dem 25-jährigen Jubiläum der Unterzeichnung der UN-Konvention Österreichs und dem Internationalen Tags der Kinderrechte (20.11.) • 17.11.2014 – Presseinformation »Ein Jahr Kinderhilfsfonds: Österr. Kinderliga zieht Bilanz« Seit seiner Gründung im November 2013 konnte der Kinderhilfsfonds bereits knapp 100 Anträge auf Soforthilfe bearbeiten und kranken Kindern rasch und unbürokratisch zu den dringend notwendigen Behandlungen und Therapien verhelfen. • 3.12.2014 – Presseinformation »Die Österr. Liga für Kinder- und Jugendgesundheit (Kinderliga) nimmt Stellung zum Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz 2015-FMedRÄG 2015 und fordert dringend die Berücksichtigung des Kindeswohls als zentrales Ziel im neuen Gesetzesentwurf ein«. Die Kinderliga begrüßt grundsätzlich die Bemühungen um eine zeitgemäße Aktualisierung des Fortpflanzungsmedizingesetzes. Es gilt jedoch hierbei sicher zu stellen, dass bereits ab der Entscheidung eine reproduktions-medizinische Maßnahme in Anspruch zu nehmen, das Wohl des Kindes als zentrales Ziel in den gesetzlichen Regelungen Beachtung findet. Daher hat sich ein multiprofessionelles ExpertInnen-Team der Liga mit dem Gesetzesentwurf auseinandergesetzt und gemeinsam eine Stellungnahme verfasst. 37 Die Liga und das Jahr 2014 (Fach-)Politische Aktivitäten • Wiederkehrende Beratungstätigkeit für politische EntscheidungsträgerInnen. • Parlamentarische Enquete Kinderrechte (mit d irekter Partizipation Jugendlicher) organisiert vom Netzwerk Kinderrechte. Statement der Kinderliga. • Kinderrehabilitation: mehrfache Gespräche bei EntscheidungsträgerInnen auf Basis der Empfehlungen der Kinderliga. • Stellungnahmen zu diversen gesundheits- oder gesellschaftspolitischen Fragen und Gesetzesentwürfen (Fortpflanzungsmedizinrechtsänderungsgesetz 2015, NAP-Menschenrechte, …) • Kinderschutz-Allianz. Bemühungen zur Realisierung der Allianz und erste Gespräche mit dem BMJF dazu. • Teilnahme an Gremienarbeit bzw. ExpertInnenmeetings; wie Österreichische Rahmengesundheitsziele Plenum BMG, Fachbeirat Frühe Hilfen GÖG, Schulärztliche Untersuchung, KinderrechteMonitoring-Board BMWFJ … • Wiederwahl in den Vorsitz des intersektoralen Komitees zur Umsetzung der Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie. • Erarbeitung und Kommunikation des »Maßnahmenkatalogs zur Verbesserung der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich« – Übergabe an die regierungsverhandelnden Parteien. VEREIN ZUR FÖRDERUNG DER KINDER-UND JUGENDGESUNDHEIT Fortbildungsangebot • Der Lehrgang Entwicklungs- und Sozialpädiatrie ist unser Fortbildungsangebot für ÄrztInnen. Der erste Durchgang mit 8 Modulen wurde mit äußerst positiver Bewertung der TeilnehmerInnen an den zwei Veranstaltungsorten (Wien und Salzburg) abgeschlossen. Aktuell läuft die Anmeldung für den nächsten Lehrgangsstart im Herbst 2015! • Der Interdisziplinäre Lehrgang Kinder- und Jugendgesundheit – wurde für Gesundheits-, Bildungs- und psychosoziale Berufe konzipiert. Der Lehrgang besteht aus neun Modulen, die nach Verfügbarkeit auch einzeln besucht werden können. Der erste Durchgang – ebenfalls in Wien und Salzburg – ist gerade in der Schlussphase. Weitere Informationen: www.gesunde-kindheit.at Kinderhilfsfonds Der Kinderhilfsfonds ist als Direkthilfe für Familien, die durch die Erkrankung oder Behinderung ihres Kindes in Not geraten sind vom Verein zur Förderung der Kinder- und Jugendgesundheit ins Leben gerufen worden. Der Kinderhilfsfonds ermöglicht eine Teil-, Voll- oder Zwischenfinanzierung von Therapien und Heilbehelfen und unterstützt somit Familien bei Bedarf auf finanzieller sowie sozialer Ebene. Der Erfolg des Kinderhilfsfonds freut uns zwar, zeigt aber gleichzeitig, dass Kinder, die krankheitsbedingt durch die Lücken des Systems fallen, dringend Hilfe benötigen. Über 100 Fälle, die seit Ende 2013 schon bearbeitet wurden und die erhöhte Nachfrage verdeutlichen die schwierige Lage. Wir suchen daher aktiv Unterstützung und bitten um Spenden unter: www.kinderhilfsfonds.at Martina Wolf, Mag.a Sarah Koller 38 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Verein zur Förderung der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich Helfen Sie mit, Kindern eine Stimme zu geben! Wenn Sie meinen, Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf bestmögliche Gesundheit und Entwicklung, unabhängig von sozialem Status, Geschlecht, Herkunft, Bildung oder Wohnort; wenn Sie denken, dass es sinnvoll ist, in die Zukunft junger Menschen zu investieren; wenn Sie die Ziele und Anliegen der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit teilen und ihre Aktivitäten unterstützen wollen: Dann freuen wir uns über Ihre Spende! Spendenkonto: Die Ärztebank IBAN: AT 71 1813 0502 9004 0001 BIC: BWFBATW1 Vielen herzlichen Dank! Kranke Kinder brauchen unsere Hilfe Ohne spezifische Widmung wird Ihre Spende von uns im bestmöglichen Sinn für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen verwendet. Falls Sie für einen besonderen Zweck spenden wollen, schreiben Sie dies bitte auf den Einzahlungsbeleg. Spendenkonto IBAN: AT 88 1813 0808 8932 0001 BIC: BWFBATW1 Die Ärztebank Ihre Spende ist spendenbegünstigt! Registrierungsnummer: FW 2332 Sie möchten Teil der Liga werden und helfen, Kindern eine Stimme zu geben? Wir freuen uns, Sie als »Förderndes Einzelmitglied« oder Organisation begrüßen zu dürfen! (ab EUR 35,– pro Jahr) Vielen herzlichen Dank! www.kinderhilfsfonds.at www.kinderjugendgesundheit.at 39 Gastbeiträge 41 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Martin Schenk Sozialexperte der Diakonie u. Mitbegründer d. »Armutskonferenz«, Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Campus Wien, Aktuelle Publikation »Handbuch Armut in Österreich« im Studienverlag. Kindergesundheit und Armut Daten, Zusammenhänge, Ursachen Dieser Beitrag möchte eine kurze Einführung zum Status von Kinderarmut und Gesundheit in Österreich geben. Dazu werden die vorhanden empirischen Statistiken zu Rate gezogen. Wo es keine Daten zu Österreich gibt, greifen wir auf die internationale Forschung zurück. Einen Schwerpunkt bildet die überblicksmäßige Darstellung der Faktoren, die für die Unterschiede in der Gesundheit verantwortlich sind. 1. Kinderarmut: Je früher, je schutzloser, je länger 124.000 Kinder und Jugendliche in Österreich leben in manifester Armut. 30.000 Kinder und Jugendliche sind auf Unterstützung der Jugendhilfe angewiesen. Mehr als 8000 Jugendliche brechen jedes Jahr vorzeitig die Schule ab. 78.000 junge Menschen im Alter zwischen 16 und 24 Jahren sind weder beschäftigt noch in Ausbildung (NEET). Um die 60.000 Minderjährige verbringen ihre Tage unter Mindestsicherungsbedingungen. Neben einem geringen Einkommen des Haushalts, in dem die Kinder leben, treten schwierigste Lebensbedingungen auf, wie: die Wohnung nicht warm halten können, keine unerwarteten Ausgaben wie kaputte Waschmaschine oder Boiler tätigen können, gesundheitliche Probleme oder feuchte schimmlige Wände. Ihre Eltern sind zugewandert, erwerbslos, alleinerziehend, psychisch bzw. physisch beeinträchtigt, oder haben Jobs, von denen sie nicht leben können. Die Chance aus der Armut herauszukommen, steht in enger Wechselbeziehung zu gesellschaftlicher Ungleichheit insgesamt. Je sozial gespaltener eine Gesellschaft ist, desto mehr Dauerarmut existiert. Je mehr Dauerarmut existiert, desto stärker beeinträchtigt sind die Zukunftschancen sozial benachteiligter Kinder. Je früher, je schutzloser und je länger Kinder der Armutssituation ausgesetzt sind, desto stärker die Auswirkungen. Das Essensgeld ist noch immer nicht gezahlt. Sie kommen in der Früh hungrig in den Kindergarten. Im Winter stapfen sie mit Turnschuhen durch den Schnee. Das sind Kinder, die in knappen finanziellen Verhältnissen aufwachsen. Der Schulanfang macht große Probleme, wenn Zirkel, Hefte, Stifte, Einbände und Werksachen gekauft werden müssen. Die Eltern versuchen zuerst einmal sich selbst einzuschränken, um den Kindern weiter ein normales Leben zu ermöglichen. Das geht auch einige Zeit gut, aber nicht auf Dauer. Für Familien unter der Armutsgrenze sind Wohnen, Energie und Ernährung die drei Hauptposten im Haushaltsbudget, die zusammen bereits über zwei Drittel der Gesamtausgaben ausmachen. Bei Haushalten, die weniger als 900 Euro im Monat zur Verfügung haben, steigt der Anteil von Wohnen und Energie auf 36%, Ernährung macht weitere 20% aus. Je weniger Einkommen, desto höher wird dieser Anteil. In Armutshaushalten werden besonders bei länger andauernden Einkommenseinbußen anteilige Ausgaben für Bildung, Kultur, Erholung zugunsten der Ausgaben für Ernährung und Wohnung/Energie verringert. Am Ende des Geldes ist zu viel Monat übrig. Dann schlägt die angespannte finanzielle Situation in Armutshaushalten auch auf den Alltag der Kinder durch. Und auf ihre Zukunft. In äußerst beengten Verhältnissen und überbelegten Wohnungen ist es für Kinder schwieriger, Aufgaben zu fokussieren. Aber es muss gehen. Die älteste Tochter von Frau Kellner, Petra, passt auch an vier Nachmittagen auf die kleineren Geschwister auf. Da ist die Mutter bei der Arbeit. Und wenn die Mutter nicht mehr kann, springt sie ein. »Im letzten Winter haben sie uns den Strom abgedreht«, erinnert sich Bettina Kellner. Es war bitter kalt in der Wohnung. »Die Kinder haben geweint.« Und wochenlang nicht gelernt. »Petra, jetzt 14, fühlt alles akut mit, sieht, dass wir mit den täglichen Aufgaben allein dastehen. Nahe Verwandte in der Nähe gibt es nicht und meine Mutter ist selbst bettlägerig.« Das Mädchen ist mit der Schule und den Herausforderungen der Pubertät eigentlich überfordert, knickt immer wieder ein, wird krank und von lähmender Müdigkeit befallen. Viele Jugendliche reagieren mit depressiven Verstimmungen auf belastende und überfordernde Situationen. Armut setzt sich stets ins Verhältnis, egal wo. Sie manifestiert sich in reichen Ländern anders als in 43 Kindergesundheit und Armut (Martin Schenk) Kalkutta. Menschen, die in Österreich von 700 EURO im Monat leben müssen, hilft es wenig, dass sie mit diesem Geld in Kalkutta gut auskommen könnten. Die Miete ist hier zu zahlen, die Heizkosten hier zu begleichen und die Kinder gehen hier zur Schule. Deshalb macht es Sinn, Lebensverhältnisse in den konkreten Kontext zu setzen. Armut ist weniger ein Eigenschafts- als ein Verhältniswort. Armut ist das Leben, mit dem niemand tauschen will. Warum? Armutsbetroffene Kinder haben Eltern mit den schlechtesten Jobs, den geringsten Einkommen, den krank machendsten Tätigkeiten, leben in den kleinsten und feuchtesten Wohnungen, wohnen in den schlechtesten Vierteln, gehen in die am geringsten ausgestatteten Schulen, müssen fast überall länger warten – außer beim Tod, der ereilt sie um sieben Jahre früher als Angehöriger der höchsten Einkommensschicht. 2. Kindergesundheit Steige ich im ärmsten 15. Wiener Gemeinde bezirk in die U-Bahn und im noblen 1.Bezirk am Stephansplatz wieder aus, dann liegen dazwischen 4 Minuten Fahrzeit – aber auch 4 Jahre an Lebenserwartung der jeweiligen Wohnbevölkerung. Sowohl die Mortalität und Morbidität als auch die sozialen Abbildung 1: Lebenserwartung und Kinderarmut als U-Bahn Plan. 44 Aufstiegschancen für Kinder sind hier unterschiedlichst verteilt. Sag mir wo du wohnst und ich sag dir wann du stirbst. Eine ausführliche Studie liegt für London in Form der mit den jeweiligen Sterbezahlen umbenannten Underground-Stationen vor (Abb 1). Bei Kindern von Erwerbslosen und SozialhilfeempfängerInnen treten überproportional asthmatische Erscheinungen und Kopfschmerzen auf. Teilt man die Gesellschaft in drei soziale Schichten, finden sich bei Kindern in der unteren Schicht mehr Kopfschmerzen, Nervosität, Schlafstörungen und Einsamkeit (Klocke/Hurrelmann 1995). Wo Sicherheit fehlt, wird die kritische Phase des Einschlafens doppelt schwierig. Und der stressige Alltag unter finanziellem Dauerdruck erreicht auch die Kinder und zwingt sie, sich den Kopf zu »zerbrechen«. Umgekehrt schätzen Schüler/innen mit höherem Familienwohlstand ihren Gesundheitszustand besser ein und berichten häufiger über hohe Lebenszufriedenheit (WHO 2012b). Der Gesundheitsstatus einkommensarmer Kinder ist gekennzeichnet durch eine deutlich erhöhte Unfallgefahr. Kinder aus einem sozial benachteiligten Elternhaus verunfallen bis zu 70% häufiger. Außerdem häufen sich Komplikationen und die Krankheitsdauer bei akuten und chronischen Erkrankungen ist länger (Damm 2009). Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Weiters gibt es einen sozialen Gradienten der Körpergröße. Je höher die soziale Position einer Gruppe ist, desto größer ist ihre durchschnittliche Körpergröße. Bei einer Stichprobe in der Steiermark konnte der Gesundheitswissenschafter Willibald-Julius Stronegger (1996) dieses Größengefälle mit abnehmender Bildung bestätigen. Die sozialen und gesundheitlichen Ungleichheiten, die in der Kindheit auftreten, haben eine hohe Prognosewirkung für die Morbidität im Erwachsenenalter. Diese Kinder tragen die soziale Benachteiligung als gesundheitliche Benachteiligung ein Leben lang mit. Sie sind auch als Erwachsene deutlich kränker als der Rest der Bevölkerung. Arme Kinder von heute sind die chronisch Kranken von morgen. So werden Kinder in die Schule geschickt, auch wenn sie krank sind. AlleinerzieherInnen fürchten Arbeitsplatzverlust bei häufigem Fehlen bzw. wiederholten Bitten um Pflegeurlaub. »Obwohl rezeptgebührenbefreite Arbeiter deutlich höhere Arztbesuchshäufigkeiten aufwiesen als ihre rezeptpflichtigen Kollegen, sind sowohl die durchschnittliche Krankenstandsdauer als auch die Anzahl der Krankenstände fast identisch. Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes scheint also höher zu sein als die Angst um die Gesundheit« (Habl 2009, 180). Familien aus dem unteren Einkommenssegment gehen erst bei extremer Not zum Arzt. Dieser muss die Krankheit möglichst rasch beseitigen, damit der Körper wieder funktioniert. Der Körper wird zur Arbeitsmaschine zur Bewältigung des stressbelasteten und prekären Alltags. Die gleiche Schmerzintensität – bei gleichen betroffenen Körperteilen – wurde von Personen mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status als zwei- bis dreimal beeinträchtigender empfunden als von Personen mit dem höchsten (Dorner et.al. 2011). D iese Erkenntnisse sind im Verständnis und in der Behandlung von Kindern, die in Armut leben, mehr als relevant. Betrachtet man nicht nur die Armut, also die Kinder im untersten Segment, sondern die gesamte Gesellschaft, dann zeigt sich bei steigender sozialer Ungleichheit eine Verschlechterung der gesundheitlichen Lebensbedingungen. Die Lebenserwartung sinkt, Kindersterblichkeit steigt, Teenager Birth Rate nimmt zu und die Aufstiegschancen für Kinder sinken (Abb 2). Abbildung 2: Soziale Ungleichheit wirkt sich negativ auf gesundheitliche und soziale Entwicklung von Kindern aus. Quelle: Wilkinson/Pickett 2010; der Index inkludiert: Lebenserwartung, Analphabetismus & mathematische Fähigkeiten, Kindersterblichkeit, Mordraten, Anzahl an Häf tlingen, Schwangerschaften von Jugendlichen, Vertrauen, Fettleibigkeit, Ausmaß an psychischen Erkrankungen (inkl. Drogen- und Alkoholmissbrauch) & soziale Mobilität. 45 Kindergesundheit und Armut (Martin Schenk) Die Bevölkerung unter der Armutsgrenze weist einen dreimal schlechteren Gesundheitszustand auf als hohe Einkommen. Und ist doppelt so oft krank wie mittlere Einkommen (Statistik Austria 2014). Die 385.000 Personen in Österreich, die als arm und mehrfach ausgegrenzt bezeichnet werden können, sind von einem sehr schlechten allgemeinen Abbildung 3: Veränderung der Lebensbedingungen von Mehrfach Ausgrenzungsgefährdeten zwischen 2008 u. 2013 46 Gesundheitszustand, chronischer Krankheit und starken Einschränkung bei Alltagstätigkeiten betroffen – dreimal so stark wie der Rest der Bevölkerung (Abb 3). Laut GÖG-eigenen Auswertungen aus dem ATHIS 2006/2007 gibt es einen starken Zusammenhang zwischen dem Bildungsstand und dem Auftreten chronischer Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes oder Arthrosen und Rheuma bzw. von akuten Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Ereignissen wie Herzinfarkt. Je niedriger der Bildungsstand, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit an einer der genannten Krankheitsbilder zu leiden. Auffallend stark treten die psychosozialen Auswirkungen hervor. Armut kränkt die Seele. Menschen mit geringem sozioökonomischem Status weisen signifikant mehr Krankenhausaufenthalte aufgrund affektiver Störungen wie Depression auf. Bei arbeitslosen Personen beträgt die Wahrscheinlichkeit noch ein Vielfaches. Ähnliche Unterschiede lassen sich auch für Belastungsstörungen beobachten. Weltweit ist Suizid die zweithäufigste Todesursache bei Jugendlichen. Als Einflussfaktoren gelten u.a. Geschlecht, niedriger sozioökonomischer Status und geringeres Bildungsniveau (Hawton et.al. 2012). Heißt: Burschen in Haushalten mit geringerem sozialen Status sind am meisten gefährdet. Mit der Finanzkrise steigt die Suizidrate wieder europaweit, besonders die von den sozialen Folgen von Krise und Austeritätspolitik betroffenen Länder verzeichnen einen Anstieg (Abb 4). Abbildung 4: Trends in Suizid-Raten, ausgewählte europäische Länder, 1995-2010 OECD (2012): Health at a Glance. 47 Kindergesundheit und Armut (Martin Schenk) Die Ergebnisse zum Einfluss von Armut und sozialem Status auf die Gesundheit in Österreich entsprechen den Forschungsergebnissen, die international vorliegen (vgl. Mackenbach & Bakker, 2002; Van Lenthe, Schrijvers & Mackenbach, 2004; Orpama & Lemyre, 2004; Marmot, 2005; Mielck, 2005; Siegrist & Marmot, 2008;). Das Bild ist überall das gleiche: Mit sinkendem sozialem Status steigen die Krankheiten an, die untersten sozialen Schichten weisen die schwersten Krankheiten auf und sind gleichzeitig mit der geringsten Lebenserwartung ausgestattet. Es lässt sich eine soziale Stufenleiter nachweisen, ein sozialer Gradient, der mit jeder vorrückenden Einkommensstufe die Gesundheit und das Sterbedatum anhebt. 3. Ursachen und Faktoren Die im so genannten »Black-Report« zu Beginn der 80er Jahre in Großbritannien publizierten Erklärungsansätze für gesundheitliche Ungleichheiten sind bis heute Ausgangpunkt von empirischen wie theoretischen Überlegungen (vgl. Townsend & Davidson, 1982). Die soziale Selektionshypothese argumentiert, dass Krankheit und schlechte Gesundheit zu sozialen Problemen führen. Krankheit macht arm. Wer krank ist, steigt ab, wer gesund ist, steigt auf. Der Gesundheitszustand bestimmt den sozioökonomischen Status. »Armut macht krank« beschreibt den Zusammenhang in die andere Richtung. Über das Einkommen, den Beruf und Bildungsabschlüsse vermitteln sich unterschiedliche Lebensbedingungen mit unterschiedlichen Wohnverhältnissen, Arbeitsplätzen und Erholungsräumen. Die Alltagsbelastungen sind ungleich verteilt und führen dort, wo sie überproportional auftreten, zu höheren gesundheitlichen Risken. Belastungen können physisch wie auch psychisch verstanden werden. Schlechte Luft für Ärmere in Wohnungen an den Autorouten der Großstädte belastet den Organismus, genauso wie chronischer Stress unter einem prekären und unsicheren Alltag. Die bisher genannten Erklärungsansätze schließen einander nicht aus, im Gegenteil: sie setzen an 48 verschiedenen Seiten und Enden der Wirkmechanismen sozialer und gesundheitlicher Ungleichheiten an. Wie verwoben Belastungen, Ressourcen und Gesundheitsverhalten sind, zeigt Abbildung 5. Sie weist auch auf den dominanten Weg von den Unterschieden in Wissen, Macht, Geld und Prestige zu den Unterschieden in Morbidität und Mortalität. Was führt nun zum höheren Krankheits- und Sterberisiko Ärmerer? Es sind die (1) Unterschiede in den gesundheitlichen Belastungen, in den (2) Bewältigungsressourcen und Erholungsmöglichkeiten, in der (3) gesundheitlichen Versorgung und die Unterschiede im (4) Gesundheits- und Krankheitshandeln. Das eine bedingt das andere. Stress durch finanziellen Druck und schlechte Wohnverhältnisse geht Hand in Hand mit einem geschwächten Krisenmanagement, und hängt unmittelbar mit mangelnder Inanspruchnahme von Gesundheitsdiensten und einem ungesunden Lebensstil zusammen. 3.1. Gesundheitliche Belastungen Für Kinder sind die Umweltbelastungen nicht gleich verteilt. Einkommensschwächere leben an den Hauptstraßen des motorisierten Verkehrs mit mehr Lärm und mehr Schadstoffbelastung. Armutsbetroffene leben überproportional an den Ausfallsrouten des Schwerverkehrs. Was auf Dauer messbare Unterschiede in der gesundheitlichen Verfassung der betroffenen Bewohner bewirkt. Feuchtigkeit und Schimmel gehören bei immerhin einem Zehntel der Bevölkerung in Österreich zum Wohnungsalltag und genauso viele klagen über Luftverschmutzung in ihrer Wohnumgebung. Wer Geld hat, zieht weg. Kürzlich in der Beratungsstelle: eine junge Frau mit zwei Kindern, deren prekäres Einkommen so gering ist, dass sie entscheiden muss: zahle ich die Krankenversicherung oder die Miete oder die Hefte zum Schulanfang für die Kinder? Die Gründe für das hohe Erkrankungsrisiko Ärmerer sind also vielschichtig: Leben am Limit macht Stress. Leben am Limit schwächt die Abwehrkräfte und das Immunsystem. Leben am Limit macht verletzlich. Finanzielle Not, Arbeitslosigkeit oder schlechte Wohnverhältnisse machen krank. Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 3.2 Bewältigungsressourcen Die Verschärfung sozialer Unterschiede hat konkrete lebensweltliche Auswirkungen. Kein Geld zu haben, macht ja nicht krank. Sondern die Alltagssituationen, die mit dem sozialen Status und mit allen damit einhergehenden Prozessen verbunden sind. Die Bedrohung des eigenen Ansehens, Demütigung, Stigmatisierung, die Verweigerung von Anerkennung, soziale Disqualifikation. Für Kinder und ihr gesundes Aufwachsen bedeutet das: Lerne ich den Geschmack vom zukünftigen Leben als Konkurrenz, Misstrauen, Verlassensein, Gewalt? Oder habe ich die Erfahrung qualitätsvoller Beziehungen, Vertrauen und Empathie gemacht? Werde ich schlecht gemacht und beschämt oder geschätzt und erfahre Anerkennung? Ist mein Leben von großer Unsicherheit, Angst und Stress geprägt, oder von Vertrauen und Planbarkeit? Je ungleicher Gesellschaften sind, desto defizitärer sind die Abbildung 5 : Zusammenhänge zwischen sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit (Rosenbrock 2006) Soziale Ungleichheit (Unterschiede in Wissen, Geld, Macht und Prestige) Unterschiedliche gesundheitliche Beanspruchungen Unterschiedliche gesundheitliche Versorgung Bilanz aus gesundheitliche Belastungen gesundheitliche Ressourcen (Selbstbewusstein, (biologische, Bildung, Einkommen, chemische und physikalische Belastungen, Transparenz, Partizipationsund HandlungsDistress, soziale spielräume, soziale Exklusion, etc.) Netzwerke, Erholung, etc.) (Qualität und Gesundheitsförderlichkeit von Prävention, Kuration, Pflege, Rehabilitation) Unterschiedliche gesundheitsrelevante Lebensstile (Gesundheitsrelevantes Verhalten, Bewältigungsstratgien bei Krise und Krankheit, Inanspruchnahme von Gesundheitsversorgung, etc.) Gesundheitliche Ungleichheit (Unterschiede in Morbidität und Mortalität) 49 Kindergesundheit und Armut (Martin Schenk) psychosozialen Ressourcen. Es gibt weniger Inklusion, das heißt häufiger das Gefühl ausgeschlossen zu sein. Es gibt weniger Partizipation, also häufiger das Gefühl, nicht eingreifen zu können. Es gibt weniger Reziprozität, also häufiger das Gefühl, sich nicht auf Gegenseitigkeit verlassen zu können. 3.3. Gesundheitliche Versorgung In den aktuellen Auswertungen der Statistik Austria (2014) wird die Abhängigkeit von Indikatoren des Wohlbefindens vom sozialen Status ersichtlich (Abb 6). Der Versicherungsschutz ist in Österreich sehr gut im Vergleich z.B. zur USA, aber es gibt auch hier neue Probleme. Für viele ist der mangelnde Krankenversicherungsschutz kurzzeitlich, für manche dauerhaft. Es ist ein Mix aus strukturellen Lücken, sozialen Benachteiligungen, fehlenden persönlichen Ressourcen und mangelnder Information. Davon betroffen sind Menschen in prekärer Beschäftigung, Personen in schweren psychischen Krisen, Arbeitssuchende ohne Leistungsanspruch, vormals mit ihrem Ehemann mitversicherte Frauen nach der Scheidung, Hilfesuchende, die ihren Mindestsicherungsanspruch aus Scham nicht einlösen. Alle haben sie auch Kinder. Abbildung 6: Psychisches Wohlbefinden nach Einkommensgruppen Versichert aber nicht gut versorgt: Menschen, die unter der Armutsgrenze leben können krankenversichert und trotzdem nicht gut versorgt sein. Besonders wenn es um Selbstbehalte geht, die nicht leistbar sind. Oder Rehabilitations-Maßnahmen, die in zu geringem Umfang angeboten werden. Es sind nicht nur die Belastungen ungleich verteilt, sondern auch die Ressourcen sie zu bewältigen (Schenk/Moser 2010; Schenk 2004). 50 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Einkommensschwächere Personen suchen nicht nur um 20 Prozent seltener Fachärzte auf als vergleichbare rezeptpflichtige Personen, sondern erhalten auch durchschnittlich billigere Arzneimittel verordnet. Eine weitere wichtige Barriere ist immer noch die schlechte räumliche Erreichbarkeit von Gesundheitseinrichtungen. Nach wie vor lässt sich zeigen, »dass sozial benachteiligte Personen, insbesondere aus ländlichen Regionen größere Probleme mit der Erreichbarkeit haben: So gaben rund 41 Prozent der EinwohnerInnen aus Orten unter 5.000 an, dass die Erreichbarkeit medizinischer Versorgung eher schlecht ist.« (Habl 2009, 180). Die aktuellen Erhebungen der Statistik Austria (2014) zeigen die Unterschiede dringend benötigter Behandlungen nach Einkommen und Bildung. Je geringer das Einkommen und der Bildungsabschluss desto geringer die Inanspruchnahme. Zwischen 2008 und 2013 haben sich diese Unterschiede noch verstärkt (Abb 7). Abbildung 7: Nicht-Inanspruchnahme dringend benötigter medizinischer Leistungen nach Einkommen und Bildung Conclusio Für die Verbesserung der Kindergesundheit: Wenn wir davon ausgehen, dass nicht nur Krankheit in die Armut führen kann, sondern auch Armut in die Krankheit – wofür es eine lange Reihe empirischer Evidenz gibt - dann muss es sich für die Gesundheitsförderung lohnen, die sozialen Felder in den Blick zu bekommen, in denen prekäre Lebenslagen und Prozesse sozialer Disqualifikation zu finden sind. Die Unterschiede in den gesundheitlichen Belastungen (Schimmlige Wohnung, belastende Arbeit, Prekarität, Luft- und Lärmbelastung, Stress) wie auch die Unterschiede in den Bewältigungsressourcen (Handlungsspielräume, Anerkennung, soziale Netzwerke, Bildung) wiegen schwerer als die Unterschiede in der gesundheitlichen Versorgung (Krankenversicherung, Selbstbehalte, Wartezeiten, Fachärzte) – und sind mit den Unterschieden im Gesundheits/Krankheitsverhalten (Ernährung, Bewegung) tief verwoben. Gesundheitsförderung ohne soziales Feld ist genauso blind wie sozialer Ausgleich ohne den Blick auf das Handeln von Personen. Gesundheitsförderndes Verhalten ist am besten in gesundheitsfördernden Verhältnissen erreichbar. 51 Kindergesundheit und Armut (Martin Schenk) Wenn aber Vorschläge zur Gesundheitsförderung kommen, dann immer einzig beim Lebensstil. Da sollte man eine Regel einführen: Für jeden Vorschlag, den jemand beim Verhalten macht , muss er einen zur Reduzierung schlechter Wohnungen und krankmachender Arbeit machen, einen zum Abbau von Barrieren im Gesundheitssystem und einen zur Stärkung der persönlichen Ressourcen. Für die Bekämpfung von Kinderarmut: Kinder, die in Armutsverhältnissen leben, haben arme Eltern. Jede Strategie gegen Kinderarmut muss deshalb auch eine Strategie für ein existenzsicherndes Einkommen der Eltern sein. Kinder, die in Armutsverhältnissen aufwachsen, sind geschwächt. Jede Strategie gegen Kinderarmut muss deshalb auch Kinder stärken und in ihre Ressourcen investieren. Kinder, die in Armutsverhältnissen aufwachsen, haben ein hohes Risiko als Erwachsener wieder arm zu werden. Jede Strategie gegen Kinderarmut muss deshalb diesen Kreislauf durchbrechen; z. B. Bildungs- wie Lebensbedingungen zur Verfügung stellen, die integrieren, nicht selektieren. Damit es für sozial benachteiligte Kinder Zukunft gibt – trotz Herkunft. Quellen: ATHIS (20 06/20 07): BMGFJ/ Statistik Austria, Österreichische Gesundheitsbefragung 2006/2007 Damm, Lilly: Kinder, die stillen Verlierer? Soziale Benachteiligung und Gesundheitsleistungen beiKindern und Jugendlichen, Kurzfassung des Beitrags auf der Fair Health Tagung 2.März 2009 Dorner et.al. (2011): The impact of socio-economic status on pain and the perception of disability due to pain; in: EUROPEAN JOURNAL OF PAIN, Nr. 15, S. 103 ff. Habl, Claudia et al (2014): Armut und Gesundheit. In: Dimmel, N. / Schenk, M. / Stelzer-Orthofer (Hrg.): Handbuch Armut in Österreich, 240-267. Habl, Claudia (2009): Gesundheit und soziale Ungleichheit. In: Dimmel, Nikolaus / Heitzmann, Karin / Schenk, Martin (Hrg.): Handbuch Armut in Österreich. Innsbruck. S. 172 – 183. Hawton, K. /Saunders K. /O’Connor, R. (2012): Selfharm and suicide in adolescents, Lancet, 379, S. 2373 ff; URL: http://press.thelancet.com/suicide1. pdf, dl. zuletzt am 25.11.12. Klocke, A. & Hurrelmann, K. (1995): Armut und Gesundheit. Inwieweit sind Kinder und Jugendliche betroffen? Zeitschrift für Gesundheitswissenschaften, 2.Beiheft, 138-151. Rosenbrock, R. (2006): Primärprävention als Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen. In M. Richter & K. Hurrelmann (Hrsg.), Gesundheitliche Ungleichheit. Grundlagen, Probleme, Perspektiven (S. 371-388). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. Schenk, M. / Moser, M. (2010): Es reicht. Für alle. Wege aus der Armut. Schenk, M. (2004): Armut kann Ihre Gesundheit gefährden. Abbau von Ungleichheit – eine neue 52 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Herausforderung der Gesundheitspolitik. In O. Meggeneder (Hrsg.), Reformbedarf und Reformwirklichkeit des österreichischen Gesundheitswesens (S. 95105). Frankfurt a.M.: Mabuse. Statistik Austria (2014): EU SILC 2013 Stronegger, W. (1996): Soziale Lage und Gesundheit. Von den Beziehungen zwischen Armut und Krankheit, Psychologie in der Medizin, 7.Jahrgang, Nummer 2, 28-34. Townsend, P. & Davidson, N. (Eds.).(1982): Inequalities in health. The Black Report and the health divide. Harmondsworth: Penguin Books. WHO (2012b): Soziale Determinanten der Gesundheit und des Wohlbefindens junger Menschen. Zentrale Ergebnisse der Studie »Gesundheitsverhalten von Kindern im schulpflichtigen Alter« (Health Behaviour in School-aged Children – HBSC) Wilkinson, R. / Pickett, K (2009): The Spirit Level. Why More Equal Societies Almost Always Do Better. 53 Armutsbegriff und Chancengleichheit (E. Kapferer, C. Sedmak) Mag.a Elisabeth Kapferer wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Ethik und Armutsforschung der Univ. Salzburg. Prof. DDDr. Clemens Sedmak Professor für Sozialethik am King‘s College London (F. D. Maurice Chair) und Leiter des Zentrums für Ethik und Armutsforschung der Univ. Salzburg sowie Präsident des internationalen Forschungszentrums für soziale und ethische Fragen (ifz). Armutsbegriff und Chancengleichheit für Kinder in der Gesellschaft Manchmal werden diese Briefe auch geschrieben, mitunter kommen diese Briefe auch an, nicht selten wird auf diese Briefe hin auch etwas unternommen, Briefe, in denen steht: »Meiner Mama geht es schlecht, weil wir haben so Angst vor meinem Vater, wir haben kein Geld mehr, auch nicht für unsere Katzen. Mama ist so traurig, ich will bei meiner Mama sein und glücklich, ich brauch auch sonst gar nichts mehr zu Weihnachten oder zum Geburtstag...« Kinder, die in Armut aufwachsen, »haben« nicht nur wenig, vielfach wird ihnen vermittelt, sie »seien« auch wenig, weil sie wenig »tun« können. Kinder sind verwundbare Handelnde, deren Leben auf eine möglichst frei entscheidbare Zukunft hin offen ist. »Verwundbarkeit« bedeutet anfällig zu sein für Widrigkeiten und gleichzeitig angewiesen zu sein auf Andere; eine »offene Zukunft« meint die Freiheit, aus Entwürfen auswählen und etwas aufbauen zu können. Kinderarmut erhöht die Verwundbarkeit und vermindert die Offenheit der Zukunft. Eine eingeschränkte Kindheit kann sich auf Selbstwertgefühl, den Sinn für die eigenen Fähigkeiten, die soziale Kontaktleichtigkeit auswirken. Kinderarmut ist vielfach Basis für soziale Ausgrenzung im Erwachsenenalter. Armut in wohlhabenden Gesellschaften ist zumeist weniger eine Frage des physischen Überlebens (wie etwa in Ländern des globalen Südens), sondern ist häufig als »relativ« zu erfassen. Das heißt, Armut in Ländern wie Österreich ist in Bezug auf die Gesellschaft zu sehen, in der das Phänomen Armut verortet ist, auf die Möglichkeiten guten Lebens, die den Mitgliedern dieser Gesellschaft üblicherweise offen stehen, und auf die Güter und anderen Ressourcen, über die Menschen in dieser Gesellschaft üblicherweise verfügen bzw. für ein solches gutes Leben benötigen. Auch für das nicht identische aber nah verwandte Phänomen der sozialen Ausgrenzung trifft dies zu. Armut und Ausgrenzung haben materielle und immaterielle Dimensionen und haben entsprechend auch Auswirkungen, die sich materiell sowie immateriell zeigen und oftmals mit- und ineinander verwoben sind: wenn sich fehlende finanzielle Mittel in fehlende oder eingeschränkte Chancen der 54 persönlichen (Weiter-)Entwicklung übersetzen, oder wenn die von Haus aus begrenzten Möglichkeiten und Spielräume sich in Biographien fortsetzen, denen wiederum engere sozioökonomische Grenzen gesetzt sind als jenen anderer Personen. Was damit gemeint ist, wird vor allem dort deutlich, wo Kinder und Jugendliche betroffen sind. Dieser Beitrag möchte ausgehend von einleitenden Bemerkungen zur finanziellen und materiellen Deprivation und Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen auf Basis statistischen Datenmaterials eine Perspektive auf nicht-materielle Folgewirkungen von Armuts- und Ausgrenzungserfahrungen junger Menschen insbesondere hinsichtlich Fragen möglicher Chancengerechtigkeit öffnen. Die in Österreich wohl bekanntesten Veröffentlichungen zu Armut und sozialer Ausgrenzung sind die jährlich erhobenen und veröffentlichten Daten der Statistik Austria (zuletzt im Oktober 2014 die Studie EU-SILC 2013). Darin wird Armut oder Armutsgefährdung anhand von drei Bereichen erhoben, die jeweils einzeln oder in Kombination auftreten können – erstens als Einkommensarmut: ein Haushalt erreicht nur weniger als 60% des nationalen Medianeinkommens (so die statistisch gesetzte, derzeit in Österreich etablierte Armutsgefährdungsschwelle); zweitens als materielle Deprivation: die Personen eines Haushaltes sind von mehreren Benachteiligungen betroffen, über deren Bedeutung für einen Mindestlebensstandard europaweit Konsens besteht (dies betrifft zum Beispiel die Wohnsituation, Fragen der Gesundheitsversorgung und Ernährung oder ein Minimum an sozialer Teilhabe und Kontaktpflege); und drittens als Mangel an Erwerbstätigkeit: die im erwerbsfähigen Alter stehenden Personen eines Haushalts erreichen weniger als 20% an sogenannter Erwerbsintensität, veranschaulicht für einen 1-Personen-Haushalt bedeutet dies eine Erwerbstätigkeit von weniger als 7 Wochenstunden über ein Jahr. Die Statistik berücksichtigt die Altersverteilung der Bevölkerung, und so lässt sich zur Situation von Kindern und Jugendlichen in armutsgefährdeten oder armutsbetroffenen Haushalten etwa erkennen, dass Benachteiligungen von Kindern und Jugendlichen auch in Österreich keine Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Seltenheit sind. Studien wie von der Österreichischen Volkshilfe und, wie bereits erwähnt, der Statistik Austria legen dar, dass der Anteil junger Menschen in diesen Haushalten hoch ist und sie von den oben beschriebenen Mängeln in besonderem Maße betroffen sind. Am Beispiel Einkommensarmut zeigt sich etwa, dass gesamt betrachtet ca. 14% der Bevölkerung (1,2 Millionen Menschen) in privaten Haushalten1 mit einem Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle leben, bei den Unter20-Jährigen aber sind es 18%, das sind 313.000 Kinder und Jugendliche, mehr als ein Viertel der insgesamt Betroffenen. Die Statistiken werden häufig so interpretiert, dass Kinder ein Armutsrisiko sind, sprechen doch die Vergleichszahlen zu Haushalten ohne Kinder und solchen mit Kindern eine deutliche Sprache, mehr noch dann, wenn es um Ein-Eltern-Haushalte geht. Aber die Zahlen lassen sich auch anders lesen. Sie erzählen von Lebenssituationen von Kindern und Jugendlichen in armutsgefährdeten oder von Armut und Ausgrenzung betroffenen Familien, von bestimmten Erfahrungen, die nicht über das bloße Erfassen materieller Defizite allein zu beschreiben und zu bemessen sind. Welche Fragen lassen sich etwa stellen angesichts der Tatsache, dass ein Siebtel der Kinder und Jugendlichen bis 17 Jahre in Haushalten leben, deren Haupteinnahmequellen in Sozialleistungen liegen? Sozialhilfeempfänger zählen landläufig ja nicht zu den Personengruppen mit hoher Reputation. Welchen mehr oder weniger offensichtlichen gesundheitlichen Gefahren sind jene 288.000 junge Menschen unter 20 ausgesetzt, die in Wohnungen leben, in denen Feuchtigkeit und Schimmel zu finden sind, oder jene 287.000, die in einem lärmbe lasteten Wohnumfeld leben müssen? Welche Risiken für das persönliche wie schulische Gedeihen können darin liegen, wenn Überbelag gegeben ist, wenn zuhause also kaum Möglichkeiten der Ruhe und des 1 Es ist zu berücksichtigen, dass Statistiken wie EU-SILC 2013 die Lebenssituation auf der Ebene von Haushalten erfassen. Kinder und Jugendliche, die in Institutionen (in Heimen zum Beispiel oder in Strafanstalten) leben, sind darin wie auch erwachsene institutionell untergebrachte Menschen nicht berücksichtigt. Rückzugs vorhanden sind, wie es etwa 209.000 Kinder und Jugendliche erleben? Ein Drittel der jungen Menschen bis 17 Jahre (in Zahlen 463.000 Kinder und Jugendliche) lebt in Haushalten, in denen unerwartete Ausgaben nicht bewältigt werden können; welchen Einfluss hat es, wenn der Gedanke an morgen immer wieder auch mit einer begründeten Sorge vor unabsehbaren, möglicherweise existenzgefährdenden Ereignissen verbunden ist? Solche Fragen können sich aus den Statistiken z iehen lassen und dabei gleichzeitig über diese hinaus weisen. Sie können auf wichtige immaterielle Ressourcen hindeuten, die für ein gutes Leben und die Ausbildung eines robusten Selbst – man könnte in diesem Sinne auch sagen: für ein in einem umfassenden Sinne gesundes Leben – von Relevanz sind, und deren Ausbildung und deren Erwerb im Leben von Kindern und Jugendlichen, die von A rmut und Ausgrenzung betroffen sind, erschwert werden. Armut bedeutet neben einem Mangel an finanziellen Mitteln und materiellen Gütern auch einen Mangel an Gelegenheiten, Spielräumen und Zugängen zu wichtigen gesellschaftlichen Kontexten; was fehlt, ist der »Zugang zu Informationen, Internet, Büchern, Wissen, Zeit und Platz für Kinder, damit sie sich austoben und entfalten können«, wie die deutsche Autorin Undine Zimmer es beschreibt (U. Zimmer, 115). Armut führt dazu, dass bestimmte Möglichkeiten nicht offen stehen und dass Identitätsressourcen nicht zur Verfügung stehen oder verloren gehen. Wenn Alltag immer wieder auch mit Erfahrungen von Demütigung und Beschämung einhergeht, wenn die eigene Handlungsmacht wiederholt an Grenzen stößt und ausgehebelt wird, wenn der Wunsch nach Zugehörigkeit mit Ausgrenzungserlebnissen beantwortet wird, wenn der G edanke an die eigene Zukunft eher mit Ängsten als mit Neugier und Erwartung verbunden ist, dann s ehen wir hier nur einige mögliche Eintrittsstellen für Verwundbarkeit und Beschädigung einer robusten Identität. Beschädigt wird hier etwa der »Glaube an Bildungsund Aufstiegschancen, an langfristige Investitionen und an sich selbst.« (U. Zimmer, 115). 55 Armutsbegriff und Chancengleichheit (E. Kapferer, C. Sedmak) Wohl gehen nicht alle Menschen gleich gut oder schlecht aus widrigen Umständen hervor und können diese bewältigen – Stichwort Resilienz; auch in armutsgefährdeten oder -betroffenen Familien können Kinder in Wohlergehen aufwachsen. Dennoch darf behauptet werden: was schon für erwachsene Menschen, die in Armuts- und Ausgrenzungssituationen leben müssen, zu massiven Problemen führen kann, bedeutet für Kinder und J ugendliche eine umso größere Gefährdung und eine Beraubung an Chancen. Aus den oben skizzierten Problemlagen, von denen junge Menschen in armutsgefährdeten Familien betroffen sein können, lassen sich bekannte Muster an Folgewirkungen ableiten: zum Beispiel gesundheitliche Schwächung und (chronische) Erkrankungen als Folge von Schimmelbefall in der Wohnung; erschwerter schulischer Erfolg aufgrund lern-ungünstiger Wohnverhältnisse, oft auch verbunden mit Benachteiligungen in Bildungschancen und -zugängen ‚von außen’; Schwächung der Selbstachtung und des Selbstwerts durch beschämende, stigmatisierende Erfahrungen. Wenn Benachteiligungen sich auf diese Weise manifestieren und greifbar werden, geht es nicht allein um die Gegenwart, in der jungen Menschen leben, sondern auch um Türen in die Zukunft, die sich öffnen oder verschlossen bleiben können. Es geht auch hier um Benachteiligungen, die häufig ineinandergreifen und sich gegenseitig verstärken können. Hier zeigt sich, dass es sich bei von Armut und Ausgrenzung betroffenen Kindern und Jugendlichen um eine Gruppe von besonderer Verwundbarkeit handelt und nicht einfach um Kinder, die eben mit etwas weniger auskommen und mir dem zur Verfügung Stehenden eben noch besser umzugehen lernen müssen. Die ungleiche und ungerechte Chancenverteilung, die aus Armut in diesen Lebensphasen entstehen kann, stellt nicht nur eine vielleicht temporäre und vielleicht überwindbare Benachteiligung dar, sondern kann Lebenswege prägen. Armut und soziale Ausgrenzung im Kindesalter und in der Jugend bedeutet somit eine besondere, tiefgreifende und folgenreiche Art von ungerechter Chancenverteilung: sie wirkt in doppelter Weise, indem sie ihre Spuren in der kindlichen Gegenwart hinterlässt und in 56 entscheidender Weise auch Weichenstellungen für die Zukunft junger Menschen bedeuten kann. Wege aus der Kinderarmut haben mit vielen Aspekten zu tun, hier seien einmal »Begleitung« und »Gelegenheiten« genannt. Kinder brauchen Begleitung, ein soziales Netz von Begleiterinnen und Begleitern, über die Familie hinaus. Georg Sporschill, der sich seit vielen Jahren gegen Kinderarmut engagiert, betont die Bedeutung einer Infrastruktur (ein Haus mit Betätigungsmöglichkeiten) und die Bedeutung von »Mitverantwortung« in der Begleitung. Durch die Begleitung kann das Sozialkapital stabil erweitert werden. Stabil heißt, langfristige Kontakte anzubieten. Formen des Mentoring sind hier sehr zu empfehlen. Im Jahr 2014 haben Mary Bruce und John Bridgeland für Washington D.C. und den gesamtamerikanischen Raum eine Evaluationsstudie dazu gemacht, welche Auswirkungen es hat, wenn man Jugendliche in »Mentoring«-Projekte bringt. Sie nennen zwei Schlüsseleffekte: Nachweislich setzen sich Jugendliche durch »Mentoring«-Konstellationen höhere Bildungsziele; sie engagieren sich in produktiveren Aktivitäten. So kann die »Offenheit der Zukunft« durch ein erweitertes soziales Netz gestärkt werden. In diesem Sinne sollte jedes Kind ein »Begleitungsnetz« haben, ein »Sozialkontaktnetz«, um Wege aus der Armut zu finden. Zweitens: »Gelegenheiten«; Ein wichtiger Weg aus der Armut ist die Schaffung von Gelegenheiten, von echten Teilhabe- und Tätigkeitsmöglichkeiten. Eine Gelegenheit ist nicht eine vage Möglichkeit, sondern eine konkrete Handlungseinladung. Man könnte Gelegenheit definieren als »spezifisch handlungsermächtigende und persönlich adressierte Einladung auf der Grundlage einer Korrespondenz zwischen vorhandenem Potential und relevanten Möglichkeiten«. Armutsbekämpfung hat mit dem Schaffen von echten und begleiteten Gelegenheiten mit sorgsamem Blick auf die Potentiale zu tun. Mit »Begleitung« und »Gelegenheiten« werden »Chancen« geschaffen, die die Chancengleichheit von Kindern vergrößern. Und dann kann das, was der polnische Kinderarzt Janusz Korczak die »schwere Aufgabe des Heranwachsens« genannt Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 hat, gelingen – wenn, um noch einmal Korczak zu zitieren, das Recht des Kindes auf Achtung und das Recht des Kindes auf den heutigen Tag ernst genommen werden. Verwendete und weiterführende Literatur: G. Holz: Frühe Armutserfahrungen und ihre Folgen. In: M. Zander (Hg.): Kinderarmut. Einführendes Handbuch für Forschung und soziale Praxis. Wiesbaden: VS Verlag 20102, 88–109. C. Sedmak: Armutsbekämpfung. Eine Grundlegung. Wien: Böhlau 2013. Tabellenband EU-SILC 2013. Einkommen, Armut und Lebensbedingungen. Wien: Statistik Austria 2014. Online unter: http://bit.ly/19aPQoy (29.01.2015). U. Zimmer: Nicht von schlechten Eltern. Meine Hartz IV-Familie. Frankfurt a. M.: S. Fischer 2013. 57 Kinderarmut und Gesundheit (Antje Richter-Kornweitz) Dr.in Antje Richter-Kornweitz Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, Fachreferentin für S oziale Lage und Gesundheit bei der Landesvereinigung für G esundheit Niedersachsen und Akademie für Sozialmedizin e.V. Kinderarmut und Gesundheit Armut ist ein Entwicklungsrisiko für Kinder. Sie ist meist mit deprivierenden Lebens- und Entwicklungsbedingungen verbunden, die die Gesundheit von Kindern nachhaltig negativ beeinflussen können und zu ihrer Benachteiligung führen. Somit birgt Armut erhebliche Risiken für die Gesundheit wie auch für die soziale Teilhabe und sie geht einher mit geringen Chancen auf umfassende Bildung und höheren beruflichen Status. Dies ist Thema dieses Beitrags: Gesundheitliche Ungleichheit und der Einfluss eines niedrigen sozioökonomischen Status auf die Gesundheit von Kindern und die Auswirkungen dieser Lebenslage im weiteren Lebensverlauf. 1. Gesundheit L aut Weltgesundheitsorganisation ( WHO) ist » Gesundheit (–) der Zustand des umfassenden körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen. Sich des bestmöglichen Gesundheitszustands zu erfreuen, ist eines der Grundrechte jedes Menschen ohne Unterschied der Rasse, der politischen Überzeugung, der wirtschaftlichen und sozialen Stellung« (aus der Präambel der Verfassung der WHO 1948). Die Definition der WHO beinhaltet den Hinweis auf den Einfluss von sozialer Statusposition bzw. Chancenungleichheit auf die individuelle Gesundheit (Schmidt/Kolip 2007). Gesundheit wird nicht als etwas Statisches, sondern als kontextabhängig und als dynamischer Prozess gesehen, als Interaktion zwischen Lebensweisen und Lebensums tänden. Das heißt, Menschen können aktiv an der positiven Entwicklung ihrer Gesundheit mitwirken. Ein gesundheitsgerechtes Verhalten ist dabei jedoch nicht nur von der individuellen, aktiven Gestaltung a bhängig, sondern mindestens ebenso sehr von unters tützenden Rahmenbedingungen oder auch anders ausgedrückt: den sozialen Determinanten von Gesundheit (Dahlgren/Whitehead 1993). 2. Gesundheitliche Ungleichheit Deutschsprachige und internationale Studien 58 belegen, dass frühzeitige Sterblichkeit und gesundheitliche Beeinträchtigungen in Gruppen mit niedrigem sozioökonomischem Status (zu erfassen über Faktoren wie Bildung, Einkommen, Beruf) in nahezu allen spezifischen Krankheiten und Behinderungen häufiger auftreten als in höheren Statusgruppen. Menschen am unteren Ende der sozialen Stufenleiter leiden häufiger unter Erkrankungen, haben eine kürzere Lebenserwartung und erleben weniger in Gesundheit verbrachte Jahre (Power/Kuh 2008; Siegrist/Marmot 2008; Lampert u.a. 2007). Folge der sozial bedingten gesundheitlichen Ungleichheit sind dauerhafte Teilhabebeschränkungen. Sie bilden Barrieren, so wie es auch im Kontext von materieller Armut in allen anderen gesellschaftlichen Lebensbereichen zu beobachten ist. Dazu gehören geringere Bildungschancen oder auch soziale Isolation aufgrund der durch Arbeitslosigkeit und Armut beschränkten sozialen Netzwerke. Dazu gehören auch Barrieren beim Zugang zu medizinischen Leistungen wie erschwerter Zugang zu allgemeinen sowie gesundheitsrelevanten Informationen, geringere Kompetenzen im Durchsetzen eigener Bedürfnisse, z.B. gegenüber Behörden, aber auch gegenüber medizinischem Fachpersonal und Pflegediensten. Als Zugangsprobleme erschweren diese Teilhabebarrieren es, überhaupt passende Hilfen zu finden. Als Bewältigungsprobleme erschweren sie es, die Anforderungen bei der Inanspruchnahme von passgenauen, gesundheitsförderlichen Hilfen zu meistern (Engelbert 1999; Mielck/Helmert 2005; BMAS 2013). Als Barrieren sind außerdem Angebote zur primären und sekundären Prävention zu werten, die nicht soziallagensensibel ausgerichtet und damit wegen fehlender Anschlussfähigkeit an die Lebenswelt nicht alltagstauglich sind. Nutzergruppen, die nicht auf umfassendes Vorwissen, auf Durchsetzungskraft, Selbstbewusstsein und Unterstützung durch soziale Netzwerke zurückgreifen können, behindert dies in der Inanspruchnahme bestehender Hilfestrukturen. Als Hemmnis erweist sich für diese Nutzergruppen darüber hinaus die fehlende Usability der Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 online-gestützten und der gedruckten Gesundheitsinformationen (IQWiG 2014). Diese und weitere Teilhabebeschränkungen erschweren es gegenzusteuern, gesundheitliche Bedrohungen zur Vermeidung tief greifender Schäden zu identifizieren und frühzeitig zu intervenieren. 2.1. Gesundheitliche Ungleichheit bei Kindern und Jugendlichen Im Kindes- und Jugendalter können die Folgen des Aufwachsens unter einem niedrigen sozioökonomischen Status die körperliche, psychische und sozio-emotionale Entwicklung betreffen. Dabei können vor allem Belastungen in der frühen Kindheit und/oder die Erfahrung dauerhafter materieller A rmut in der Kindheit die gesundheitliche Entwicklung beeinträchtigen und gesundheitliche Ungleichheit nachhaltig, auch für spätere Lebensphasen, verfestigen (Richter-Kornweitz 2010a; BMFSFJ 2009; Power/Kuh 2008; Siegrist/Marmot 2008). Gesundheitliche Ungleichheit im Kindes- und Jugendalter lässt sich ablesen an Indikatoren wie Säuglingssterblichkeit, niedrigem Geburtsgewicht, geringer Körpergröße bei Schuleintritt, Entwicklungsstörungen bzw. -verzögerungen (z.B. im Bereich der motorischen Entwicklung oder der Sprachentwicklung), an der Häufigkeit von Unfällen und Verletzungen, an der psychosozialen Gesundheit, geringerer Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen sowie am Gesundheitsverhalten. Eine wichtige Quelle für den Nachweis gesundheitlicher Ungleichheit im Kindes- und Jugendalter kann die Gesundheitsberichterstattung (GBE) sein, wenn auch soziökonomische Indikatoren erfasst werden. In Deutschland bieten dies beispielsweise die Daten des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) des Robert Koch-Instituts1, die GBE verschiedener 1 Innerhalb der KiGGS-Studie wird der sozioökonomische Status aus Angaben der Eltern zu Schul- und Berufsabschluss, beruflicher Stellung und zum bedarfsgewichteten Haushaltsnettoeinkommen erhoben. Bundesländer, Schuleingangsuntersuchungen sowie die von der WHO koordinierte Studie Health Behaviour in School-aged Children (HBSC). 2.2. Folgen sozial bedingter gesundheitlicher Ungleichheit im Kindes- und Jugendalter Betrachtet man die längerfristige Entwicklung der Armutsquoten in Europa, wird deutlich, dass es sich hier nicht um ein vorübergehendes Phänomen handelt 2 , das man ignorieren könnte. Die Folgen anhaltender Armut, die für einen erheblichen Teil der Bevölkerung die alltägliche Realität ausmachen, sind aufgrund der Ergebnisse internationaler Studien seit Jahren bekannt und mittlerweile auch durch deutschsprachige Studien belegt. Sie bestätigen nicht nur die Beeinträchtigung des aktuellen kindlichen Wohlbefindens (vgl. Richter 2000; U NICEF Office of Research 2013; Adams 2013a/2013b), sondern auch Langzeitfolgen für die physische und psychische Gesundheit. So ergaben beispielsweise die Untersuchungen der AWO-ISS-Studie, die vom Vorschulalter bis zum Übergang Schule – Beruf reichten, eine dauerhafte Verfestigung der ungünstigen Gesamtlebenslage in zentralen Bereichen (sozial, kulturell und gesundheitlich) bei jedem zweiten Kind, das bereits im Vorschulalter in Armut lebte (vgl. Hock et al 2000; Holz/ Puhlmann 2005; Holz et al 2005). Folge lang anhaltender Armut ist nach Kohl, der Armutsverläufe von Kindern anhand der Daten des sozioökonomischen Panels (1993–2009) erforschte, eine überproportionale, dreifach geringere Lebenszufriedenheit (Kohl 2013) der betroffenen Kinder. Über das Kinderpanel des Deutschen Jugendinstituts-DJI (Alt 2008) konnten signifikante Zusammenhänge zwischen Intensität und Dauer der Armut einerseits sowie Wohlbefinden der Kinder andererseits belegt werden. Vor allem starke Schwankungen 2 vgl. Pressemitteilung des Arbeits-und Sozialministerrats: Vermerk des Vorsitzes für den Arbeits- und Sozialministerrates vom 7.10.2014 (Brüssel). http://bit.ly/1FfhE9z 59 Kinderarmut und Gesundheit (Antje Richter-Kornweitz) in der wirtschaftlichen Situation einer Familie bei lang anhaltender Armut führen laut DJI zu starkem Stress und zur Beeinträchtigung des Wohlbefindens von Mädchen und Jungen. Weitere Beeinträchtigungen bestehen in den geringeren Selbstwirksamkeitserwartungen, aus Sicht von Kindern und von M üttern aus dauerhaft armen Familien in Relation zu nicht-armen Kindern bzw. Müttern (Alt 2008). Die World Vision Kinderstudie nennt Selbstwirksamkeitserfahrungen als Schlüsselfaktor für das Wohlbefinden von Kindern, stellt aber gleichzeitig fest, dass hierzu kaum Zugang und Ressourcen für Kinder mit konkreten Armutserfahrungen bestehen. Zudem nennen diese viel häufiger Ängste vor der Arbeitslosigkeit der Eltern, vor Gewalt oder schlechten Schulnoten als nicht-arme Kinder (Hurrelmann et al 2013). So verwundert es auch nicht, dass die Basiserhebung der KiGGS-Studie einen Trend zur Verschiebung des Krankheitsspektrums von den akuten zu überwiegend chronisch-körperlichen Erkrankungen und von körperlichen zu psychischen Auffälligkeiten (»Neue Morbidität«) konstatiert. KiGGS 2009 stellt bei ca. 20% aller Mädchen und Jungen in Deutschland (oft auch kumulativ auftretende) gesundheitliche Auffälligkeiten fest, von denen Kinder und J ugendliche mit niedrigem sozioökonomischem Status in besonderer Weise betroffen sind (BMFSFJ 2009). Den neuen KIGGS-Daten aus der ersten Wiederholungsbefragung (Lampert et al 2014) ist zu entnehmen, dass ein niedriger sozioökonomischer Status mit einer geringeren gesundheitsbezogenen Lebensqualität einhergeht. Dabei ist das Risiko für einen nur mittelmäßigen bis sehr schlechten allgemeinen Gesundheitszustand bei Mädchen und Jungen mit niedrigem Sozialstatus um das 3,4- bzw. 3,7-Fache erhöht im Vergleich zu Kindern mit hohem sozioökonomischen Status. KiGGS 2014 belegt also erneut die hohe Belastung dieser Kindern und Jugendlichen, abzulesen an vermehrten psychischen Auffälligkeiten sowie an ADHS. Jugendliche zeigen vermehrt gesundheitsriskantes Verhalten, d.h. sie rauchen häufiger und sind seltener sportlich aktiv bzw. in einem Sportverein engagiert. 60 2.3. Langzeitfolgen sozial bedingter gesundheitlicher Ungleichheit im Kindes- und Jugendalter Internationale Langzeitstudien belegen seit langem die negativen Auswirkungen von materieller Armut, sozialem Abstieg und damit verbundenem ökonomischem Stress auf die kindliche Entwicklung, vermittelt unter anderem über die Qualität innerfamiliärer Paar- bzw. Eltern-Kind-Beziehungen (Walper 1988; Walper 1997; Richter 2000). Die Folgen zeigen sich laut der amerikanischen Langzeitstudie Children of the Great Depression beispielsweise bei Jungen im Kindesalter in negativen Selbstbildern, persönlichen und sozialen Minder wertigkeits gefühlen, Vermeidungstendenzen und selbstzerstörerischem Verhalten, die später im Jugendalter weitere Verhaltensauffälligkeiten nach sich ziehen können (Elder/Caspi 1988; Elder/Caspi 1991). Ingrid Schoon (2006) nutzt die Daten der British Birth Cohort Studies, um den Einfluss sozialer Benachteiligung im Kindesalter auf die individuellen Lebensverläufe von Kindern bis ins Erwachsenen alter hinein zu untersuchen. Dazu stellt sie die Lebensverläufe der Kinder unterschiedlicher sozioökonomischer Statusgruppen einander gegenüber. Ihr besonderes Interesse richtet sich hierbei auf den Zusammenhang von sozialer Benachteiligung, individueller Belastungsbewältigung und Entwicklung im Lebensverlauf sowie auf Resilienzprozesse (vgl. auch Richter-Kornweitz 2010b). Anhaltspunkte für Wohlbefinden und Gesundheit im Lebensverlauf bieten dabei Faktoren wie Stressempfinden, Zufriedenheit und Kontrollüberzeugung. Schoons Ergebnisse belegen den überdauernden Zusammenhang zwischen sozioökonomischer Benachteiligung im frühen Kindesalter und geringerem Wohlbefinden im mittleren Erwachsenenalter. Nach ihren Erkenntnissen bewirkt soziale Ungleichheit im frühen Kindesalter im späteren Lebensverlauf bei Frauen wie Männern – auch unabhängig vom späteren Sozialstatus – eine niedrigere Kontrollüberzeugung, einen höheren Grad an Depressionen und weniger Lebenszufriedenheit. Zu ihren wesentlichen Ergebnissen gehört dabei, dass die frühen Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Erfahrungen von sozialer Benachteiligung nicht völlig überwunden werden können: Auch allgemein anerkannte Resilienzfaktoren, zu denen beispielsweise schulischer Erfolg im Kindesalter trotz sozioökonomischer Benachteiligung gehört, können die Auswirkungen sozialer Ungleichheit nur geringfügig mildern. Verursachung gibt es bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bei Stoffwechsel- und Lungenerkrankungen. Zudem können langfristig nicht nur organische und wachstumsbezogene Prozesse, sondern auch die kognitive Entwicklung, die psychische Stabilität und die Persönlichkeitsentwicklung betroffen sein (Power/Kuh 2008; Dragano 2007). Zu den Folgen eines Aufwachsens unter niedrigem Sozialstatus gehört somit nicht »nur« die in Relation zu Gleichaltrigen beeinträchtigte Gesundheit im Kindesa lter, frühkindliche Belastungen beinhalten vielmehr eine Hypothek auf die Gesundheit im Erwachsenenalter. Erwähnt werden muss auch der Einfluss des Sozialstatus in Kindheit und Erwachsenalter auf die subjektive Wahrnehmung von Gesundheit. Nach P ower/Kuh (2008) stufen mehr als 20% der von ihnen befragten Erwachsenen mittleren Alters mit anhaltend niedrigem sozioökonomischem Status ihre eigene Gesundheit als mittelmäßig oder schlecht ein, jedoch nur 5% der Befragten mit anhaltend hohem sozioökonomischem Status. Die Forschung zu Lebensverlauf und sozialer Ungleichheit liefert weitere zuverlässige Belege für die engen Zusammenhänge zwischen biologischen und sozialen Prozessen (vgl. Pickett/Wilkinson 2007; Siegrist /Marmot 2008; Wilkinson/Pickett 2009). Die ebenfalls auf den Daten der British Birth Cohort Studies beruhende Lebenslaufforschung belegt eine um das Doppelte erhöhte Mortalitätsrate bei Erwachsenen, die in einem sozioökonomisch benachteiligten Haushalt aufwuchsen gegenüber jenen aus nicht benachteiligten Haushalten. Eine dreifach erhöhte frühzeitige Sterblichkeit tritt bei Personen auf, bei denen sowohl in der frühen Kindheit wie im Erwachsenenalter ein niedriger sozioökonomischer Status vorlag (Power/Kuh 2008). Belegt ist auch, dass frühkindliche Belastungen eine bedeutende Rolle bei der Verbreitung chronischer Erkrankungen im Erwachsenenalter spielen, wobei enge Zusammenhänge zwischen niedrigem sozioökonomischem Status in der frühen Kindheit und frühzeitiger Sterblichkeit sowie Risikoverhaltensweisen im Erwachsenenalter bestehen (Siegrist / Marmot 2008; Power/Kuh 2008; Dragano 2007). Belastungen oder Schädigungen in kritischen Perioden, beispielsweise in der Schwangerschaft und der frühen Kindheit, können sogar über einen langen Zeitraum kompensiert werden und bei einer Häufung von Risikofaktoren oder bei nachlassender allgemeiner Reservekapazität erst im Erwachsenenalter zutage treten. Hinweise auf eine entsprechende Wird psychische Befindlichkeit differenziert nach Sozialstatus und Zeitpunkt der Exposition gegenüber Belastungen erhoben, dann lässt sich außerdem verdeutlichen, dass nicht einzelne soziologische oder entwicklungspsychologische Aspekte den Befund beeinflussen, sondern kumulierende Belastungsfaktoren im Lebensverlauf (Power/Kuh 2008) verantwortlich sind. Zusammenfassend kann gesagt werden: Sozioökonomische Determinanten von Gesundheit wirken d irekt über unmittelbar belastende Lebenssituationen in der frühen Kindheit mit langfristigen biologischen oder psychischen Folgen sowie indirekt, indem sie Risikoketten in Gang setzen (Power/Kuh 2008; Dragano 2007). 3. Anforderungen an Gesundheitsförderung und Prävention Armutsbedingte Belastungen der Gesundheit sind vermeidbar. Einmal eingetreten, können sie jedoch eine ohnehin niedrige sozioökonomische Statusposition verfestigen, zu vertikaler Rigidität und Verstetigung von Armutslagen und gesundheitlicher Ungleichheit führen. 61 Kinderarmut und Gesundheit (Antje Richter-Kornweitz) 3.1 Gesundheitliche Teilhabe verwirklichen 3.2. Präventionsketten in Kommunen Eine Minderung gesundheitlicher Ungleichheit erfordert die Verminderung sozialer Ungleichheit. Dies wiederum erfordert zuallererst eine wirksame Arbeits-, Wirtschafts-, Sozial-, Bildungs- und Familienpolitik auf Bundes- und Landesebenen und eine Gesundheitspolitik, für die der Abbau von Teilhabebeschränkungen ein wesentliches Qualitätskriterium darstellt. An dieser Stelle könnten nun viele Einzelbeispiele aus Handlungsfeldern genannt werden, die für ein gesundes Aufwachsen aller Kinder und Jugendlichen relevant sind. Für sich allein wären sie nachahmenswerte Beispiele und empfehlenswerte Gute Praxis von Gesundheitsförderung und Prävention. Doch auch auf kommunaler Ebene muss gehandelt werden. Erforderlich ist ein abgestimmtes Vorgehen aller relevanten Fach- und Politikbereiche, eine integrierte kommunale Handlungsstrategie zu Gesundheitsförderung und Prävention (»Präventionskette«). Das Recht auf (gesundheitliche) Teilhabe (vgl. UNKonvention für die Rechte des Kindes) konsequent umzusetzen, heißt, diese Probleme anzugehen. Es bedeutet: • Rahmenbedingungen für gesundheitsförderliche Lebenswelten bzw. entwicklungsförderliche Bedingungen und somit für gesundes Aufwachsen zu schaffen, • verstärkte Aufmerksamkeit der Identifizierung und dem Abbau von (gesundheitlichen) Teilhabebarrieren zuzuwenden, • neue Zugänge zu öffnen und bestehende Zugänge fortlaufend auf Niedrigschwelligkeit und Beteiligungsorientierung zu untersuchen, • benachbarte Bereiche wie den Bildungsbereich in den Blick zu nehmen und eng zusammen zu arbeiten, um Zugänge in die Regelinstitutionen zu ermöglichen und durch gezielte Förderung die Chancen zu erhöhen, diese erfolgreich zu durchlaufen. Entsprechende Konzepte sollten zum Ziel haben, gesundheitsförderliche und präventive Strukturen a ufzubauen und zu verstetigen sowie einzelne Aufgabenkomplexe zu bearbeiten, die in diesem Kontext eine besondere Herausforderung darstellen. 62 Doch erst im Zusammenschluss mit weiteren Bausteinen können sie ihre volle Wirkung erreichen, weshalb hier abschließend ein kurzes Plädoyer für das strukturell orientierte Vorgehen im Rahmen einer integrierten kommunalen/regionalen Handlungsstrategie (»Präventionskette«) gehalten werden soll. Als Präventionskette steht diese Vorgehensweise für eine Neuorientierung und Neustrukturierung der Hilfesysteme, mit der Absicht, allen Kindern und Jugendlichen positive Lebens- und Teilhabebedingungen zu eröffnen (Holz u.a. 2011; Richter- Kornweitz/Utermark 2013). Präventionsketten basieren auf interdisziplinärer Kooperation, das heißt auf Zusammenarbeit und Beteiligung aller relevanten Fachdienste und -kräfte, und auf Beteiligung von Kindern, Jugendlichen, Familien. Sie zielen auf ihre flächendeckende Versorgung mit bedarfsgerechten Unterstützungsangeboten sowie auf eine verbesserte Versorgungsqualität Richter-Kornweitz/Utermark 2013). In einer Präventionskette wird der Fokus auf gesicherte Übergänge zwischen Altersphasen und Praxisfeldern gelegt, um einmal erreichte Präventionserfolge langfristig bewahren zu können. Akteure und Institutionen arbeiten hier übergreifend und lebensphasenorientiert zusammen, um die Übergänge für das Kind und seine Familie zwischen Angeboten, Institutionen und Settings zu sichern. Ihre Netzwerke zur Förderung, Unterstützung, Beratung, Bildung, Betreuung, Partizipation und Schutz bilden die Präventionskette. Das Konzept der Präventionskette zielt auf mehr als auf die Kompensation von sozialer Benachteiligung. Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Abbildung 1: Die kommunale Präventionskette und ihre Netzwerke von der Geburt bis zur Berufsausbildung Bildung Förderung Schutz Unterstützung Partizipation Rund um die Geburt Krippe Kita Grundschule Weiterführende Schule 0-3 Jahre 3-6 Jahre 6-10 Jahre 10-... Jahre Beratung Betreuung Geburt Berufsausbildung Beziehung LEBENSPHASEN Quelle: Richter-Kornweitz/Utermark 2013, S. 16 Es will bestehende Ressourcen bündeln und sie gezielt für die Kinder, Jugendlichen und Familien einsetzen, die sie besonders dringend brauchen – allerdings ohne eine Stigmatisierung und Etikettierung als bedürftig vorzunehmen. Das Konzept folgt der Philosophie der Priorität für Partizipation (FES 2006) und misst dem Kindeswillen der Heranwachsenden hohe Bedeutung bei. Der Beschluss zugunsten einer Präventionskette liegt im Entscheidungsbereich einer Kommune. Fällt dieser Beschluss positiv aus, entspricht er vielen Empfehlungen. Nicht nur denen diverser Kinder- und Jugendberichte und Sachverständigenkommissionen (SVR) des Gesundheitswesens. Er entspricht auch der Ottawa-Charta der Weltgesundheits organisation (WHO) und deren Weiterentwicklungen sowie den in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Rechten jedes Kindes auf Chancengleichheit an Gesundheit (§24) und Bildung (§28) sowie der Beachtung des Kindeswohls (§3) und des Kindeswillens (§12). Literatur Adams, Peter (2013a): Report Card 11 (gekürzte Fassung). In: Bertram Hans (Hrsg.): Reiche, kluge, glückliche Kinder? Der UNICEF Report zur Lage der Kinder in Deutschland. Weinheim und Basel Adams, Peter (2013b): Kinderarmut in reichen L ändern. In: Bertram Hans (Hrsg.): Reiche, kluge, glückliche Kinder? Der UNICEF Report zur Lage der Kinder in Deutschland. Weinheim und Basel Alt, Christian (Hrsg.) (2008): Kinderleben – Individuelle Entwicklungen in sozialen Kontexten, Bd. 5: Persönlichkeitsstrukturen und ihre Folgen. Wiesbaden 63 Kinderarmut und Gesundheit (Antje Richter-Kornweitz) BMFSFJ – Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2009): 13. Kinder- und Jugendbericht. Mehr Chancen für gesundes Aufwachsen – Gesundheitsbezogene Prävention und Gesundheitsförderung in der Kinder- und Jugendhilfe. Bonn Dahlgren, Göran/Whitehead, Margaret (1993): Konzepte u. Strategien zur Förderung der Chancengleichheit im Gesundheitsbereich. Diskussionspapier des WHO-Regionalpapiers für Europa. Kopenhagen Dragano, Nico v. (2007): Gesundheitliche Ungleichheit im Lebensverlauf. In: APuZ–: Aus Politik und Zeitgeschichte. S. 18-25 Elder, Glen H./Caspi, Avshalom (1988): Economic Journal of Social Issues, 44, S. 25-45 Elder, Glen H./Caspi, Avshalom (1991): Lebensverläufe im Wandel der Gesellschaft: soziologische und psychologische Perspektiven. In: Zeit für Kinder! Kinder in Familie und Gesellschaft. Weinheim FES - Wirtschafts- und sozialpolitisches Forschungsund Beratungszentrum der Friedrich Ebert Stiftung Abteilung Arbeit und Sozialpolitik/ Gesprächskreis Sozialpolitik (Hrsg.) (2006): Prävention und Gesund heitsförderung. Ein Programm für eine bessere Sozial- und Gesundheitspolitik. Bonn Hock, Beate/Holz, Gerda/Wüstendörfer, Werner (2000): Frühe Folgen langfristige Konsequenzen? Armut und Benachteiligung im Vorschulalter. Frankfurt a. M. Holz, Gerda/Andreas Puhlmann (2005): Alles schon entschieden? Wege und Lebenssituation armer und nicht-armer Kinder zwischen Kindergarten und weiterführender Schule. Zwischenergebnisse der 3. AWO-ISS-Studie mit Analysen zur aktuellen Lebenssituation der zehnjährigen Kinder und ihrer Entwicklung seit 1999. Frankfurt a. M. Holz, Gerda/Richter, Antje/Wüstendorfer, Werner/ Giering, Dietrich (2005): Zukunftschancen für Kinder. Frankfurt a. M. 64 Holz, Gerda/Schöttle, Michael/Berg, Anette (2011): Fachliche Maßstäbe zum Auf-und Ausbau von Präventionsketten in Kommunen. Strukturansatz zur Förderung des »Aufwachsens im Wohlergehen« für alle Kinder und Jugendlichen. Essen/Frankfurt a.M./ Monheim Hurrelmann, Klaus/Andresen, Sabine/Schneekloth, Ulrich (2013): Das Wohlbefinden der Kinder in Deutschland. In: Bertram Hans (Hrsg.): Reiche, kluge, glückliche Kinder. Der UNICEF-Bericht zur Lange der Kinder in Deutschland. Weinheim/Basel Kohl, Steffen (2013): Armut von Kindern im Lebens verlauf. Ursachen und Folgen für das subjektive Wohlbefinden. In: Bertram Hans: Reiche, kluge, glückliche Kinder. Der UNICEF-Bericht zur Lange der Kinder in Deutschland. Weinheim/Basel, S. 78-92 Lampert, Thomas/Kroll, Lars Eric/Dunkelberg, Anna (2007): Soziale Ungleichheit der Lebenserwartung in Deutschland. 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Cambridge Siegrist, Johannes/Marmot, Michael (2008) (Hg.): Soziale Ungleichheit und Gesundheit: Erklärungsansätze und gesundheitspolitische Folgerungen. Bern UNICEF Office of Research (2013): UNICEF Office of Research (2013). ‘Child Well-being in Rich Countries: A comparative overview’. Innocenti Report Card 11. UNICEF Office of Research. Florence Pickett, Kate E./Wilkinson, R. G. (2007): Child w ellbeing and income inequality in rich societies: ecological cross sectional study. British Medical Journal, 335(7629), 1080-86 Walper, Sabine (1988): Familiäre Konsequenzen ökonomischer Deprivation. Weinheim/München Walper, Sabine (1997): Wenn Kinder arm sind – Familienarmut und ihre Betroffenen. in: Böhnisch, Ludwig/Lenz, Karl (Hg.): Familien. Eine interdisziplinäre Einführung. Weinheim/München 65 Interviews zu Kinderarmut und Gesundheit (Sarah Koller) Mag.a Sarah Teresa Koller Assistentin der Geschäftsführung und Veranstaltungsorganisatorin der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit. Interviews zum Thema Kinderarmut und Gesundheit Im Rahmen unseres Jahresschwerpunkts Armut & Gesundheit ist es uns ein Anliegen das Thema auch von der praxisorientierten Seite zu beleuchten. Daher haben wir fünf Personen eingeladen uns von ihren direkten Erfahrungen mit Armut in ihrer Arbeit zu erzählen: Kulturkreisen zu uns. Vorwiegend handelt es sich um MigrantInnen und AsylwerberInnen, die durch die Maschen des Sozialnetzes fallen. Der Anteil der ÖsterreicherInnen ist um einiges geringer, weil diese normalerweise nur kurzfristig aus dem System fallen und meist schnell wieder aufgefangen werden. Carina Spak ist Leiterin einer ambulant-medizinischen Einrichtung, die Menschen ohne Versicherung betreut. Ingrid Teufel berät in der Kinder-und Jugendabteilung eines Spitals als Sozialarbeiterin häufig von Armut betroffene Familien. Steffi Ecker hat einen Verein gegründet, der sich um die Kinder von AsylantInnen kümmert und ihnen ein Stück Normalität schenken will. Regina Zsivkovits leitet ein Hebammen-Zentrum und erlebt Armut besonders in beratenden Gesprächen mit Müttern und Marianne Lippert behandelt als Ärztin der Kinder- und Jugendheilkunde in ihrer Schwerpunktpraxis im 16. Bezirk in Wien oft arme PatientInnen. Wir bedanken uns bei allen Interviewpartnerinnen für ihre Offenheit und den gewährten Einblick! Die Interviews führte Sarah Koller, Assistentin der Geschäftsführung und Veranstaltungsorganisatorin der Liga für Kinder- und Jugendgesundheit. Viele der PatientInnen sprechen kaum Deutsch, daher arbeiten ehrenamtliche DolmetscherInnen bei uns, meist mit Fokus auf BKS; Bulgarisch, Rumänisch. Häufig vertreten sind auch PatientInnen mit chinesischer, tschetschenischer und russischer Herkunft. Es gibt auch Sprachen wie Mongolisch, nach der angefragt wird, das kann bei uns aber nur schwer abgedeckt werden, Russisch hilft uns aber oft bei der Übersetzung. Italienisch, Portugiesisch und Spanisch hingegen werden beispielsweise kaum nachgefragt. Selbst Syrisch ist noch nicht akut, da die meisten SyrerInnen noch versichert sind, die Flüchtlingswelle wird Österreich erst in ein paar Jahren richtig erwischen. Interview mit DSA Carina Spak AmberMed ist eine Stelle, an die sich Menschen ohne Versicherungsschutz wenden können und dort ambulant-medizinische Versorgung, soziale Beratung und Medikamentenhilfe erhalten. Sie wird von der Diakonie und dem Roten Kreuz gemeinsam als Kooperationsprojekt getragen und von zahlreichen Institutionen unterstützt. Die Leiterin, Frau DSA Carina Spak nimmt sich Zeit für ein Interview und führt mich durch alle Räume: vom Warteraum, bis in die Behandlungszimmer und das Medikamentenlager – vielen Dank für den Einblick! 1. Wie begegnet Ihnen Armut in Ihrer täglichen Praxis? Durch tägliche Besuche von Armut betroffener Menschen bei AmberMed, die keinen Versicherungsschutz haben. Diese kommen aus den unterschiedlichsten Gründen und verschiedenen 66 Wir bekommen durch eine Kooperation mit der Wiener Tafel zwei Mal die Woche gesunde Nahrungsmittel gespendet, vorwiegend handelt es sich um Obst und Gemüse, dieses wird an die bedürftigsten der PatientInnen ausgeteilt. Früher wurden die Nahrungsmittelspenden einfach aufgestellt, aber das ist geradezu zu einem Kampf zwischen den Bedürftigen geworden. Jetzt verteile ich lieber an diejenigen, bei denen offensichtlich ist, dass sie sehr arm sind. Unsere PatientInnen erhalten bei uns medizinische Betreuung, wir bieten immer Sprechstunden bei unseren Allgemeinmedizinern an. Im Intervall sind auch FachärztInnen da, die gynäkologische über neurologische bis hin zu dermatologischen Untersuchungen vornehmen. Wir haben auch FachärztInnen für Kinder- und Jugendmedizin, die die Kinder betreuen, ansonsten wird auch an kooperierende FachärztInnen überwiesen. Auch Medikamente werden von uns ausgegeben, die wären für viele sonst kaum erschwinglich. Wir versuchen auch durch soziale Beratungs- und Krisengespräche den Menschen weiter zu helfen. Unsere Angebote sind anonym, für uns ist Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 nur wichtig, dass die PatientInnen denselben Namen verwenden, selbst wenn dieser aufgrund ihrer persönlichen Sicherheit oder aus Furcht nicht stimmen sollte, damit wir die Krankenakten besser bearbeiten können. a. Woran bemerken Sie Armut? Wie erkennen Sie Armut? An der Art der Kleidung, des physischen Auftritts. Daran, dass unsere PatientInnen nicht versichert sind, keine Papiere oder oft kein gutes Bildungsniveau haben. Auch daran, dass sie überhaupt zu uns kommen. Wir versuchen allen Menschen, die zu uns kommen so gut es geht zu helfen, aber es gibt auch immer wieder Fälle, bei denen selbst wir nichts machen können. Zum Beispiel gibt es einen Fall, ein junges Mädchen, das an Wachstumsverzögerungen leidet. Es gäbe in Österreich schon Möglichkeiten diese Art von Wachstumsverzögerungen zu behandeln, doch die dementsprechende medikamentöse Behandlung ist finanziell für uns leider nicht tragbar. Das ist schwierig zu akzeptieren, dass es Möglichkeiten gäbe, wir aber nichts tun können. Ähnlich schaut es auch beim Thema Zahnspangen aus, das ist quasi ein Luxusgut und kann nicht finanziert werden. Es sind uns auch Fälle bekannt, da gehen die Frauen für 15-20,- EURO anschaffen, während die Kinder oben in der Wohnung in einem Art Bretterverschlag leben, ohne fließendem oder warmen Wasser. Die Wohnungen, meist nicht mehr als 25 m2, kosten trotzdem an die 500,- EURO, das sind unglaubliche Zustände – noch dazu in Wien! Diese Wohnungen werden natürlich nicht immer rechtmäßig vergeben. Die Frauen wollen ihre Kinder irgendwie durchbringen, können sie aber oft nicht in die Schule schicken, weil sie Angst vor dem Jugendamt haben und dass ihnen aufgrund ihrer Lebensumstände ihre Kinder weggenommen werden. Das kommt überhaupt öfter vor, deshalb kann ich in Beratungsgesprächen kaum mehr auf die Schulpflicht, die in Österreich herrscht, hinweisen. Das schreckt sehr viele Eltern ab und sie kommen dann in der Folge nicht mehr zu uns. Ein weiterer Fall war, dass einmal ein obdachloser Mann zu uns gekommen ist, dem sind die Socken sprichwörtlich »angewachsen«, ich wusste gar nicht, dass das möglich ist. Generell haben wir aber weniger Zulauf von obdachlosen Menschen, die meisten haben immerhin ein Dach über dem Kopf, auch wenn es ihnen sonst an allem möglichen fehlt. b. Welche Kinder sind Ihrer Erfahrung nach besonders von Armut betroffen? Kinder von Armut betroffener Erwachsenen. Kinder von Erwachsenen, die sich illegal im Land aufhalten. Kinder von AlleinerzieherInnen. Bezüglich der Nationalitäten, die AmberMed aufsuchen, stehen serbische, rumänische und bulgarische Familien mit ihren Kindern klar im Vordergrund. Österreichische Kinder hingegen werden wenn, dann nur kurzfristig bei AmberMed betreut, weil sie relativ schnell wieder in das Sozialsystem integriert werden können. c. Was fehlt diesen Kindern und ihren Familien Ihrer Erfahrung nach am meisten? Bildung, sozialer Background, Freizeitbeschäftigung oder generell »Beschäftigung«. Die Kinder, die keine Schule besuchen, fallen ganz aus dem sozialen Netzwerk, sie schlagen die Zeit tot, können oft nicht schreiben und lesen. Wie sollen diese Kinder später in Österreich auf dem Arbeitsmarkt zurechtkommen? Die Zukunftsperspektiven sind für diese Kinder besonders trüb. 2. Wie gehen die Familien mit ihrer Armut um? Wie drücken sie diese aus? (zögerlich zurückhaltend, ärgerlich fordernd, enttäuscht aufgebend) Es gibt bei uns alle drei Aspekte. Ich verstehe persönlich auch, dass manche ärgerlich und fordernd reagieren, speziell wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, da steigt dann der Druck. Die meisten PatientInnen erwarten sich gewissermaßen auch, dass wir helfen, wir sind hier ja schließlich in einem reichen Land. Die Dankbarkeit kommt deshalb leider oft zu kurz. Wir freuen uns aber so oder so, wenn wir helfen können, hier wurde schon Augenlicht gerettet, das gibt ein gutes Gefühl. 67 Interviews zu Kinderarmut und Gesundheit (Sarah Koller) 3. Wie häufig begegnet Ihnen Armut in Ihrer Praxis? Bzw. wieviele Ihrer PatientInnen/KlientInnen sind von Armut betroffen (Zahl, %) Ganz klar: 100%, oder um genauer zu sein: fast alle unserer PatientInnen sind von Armut betroffen. Wir haben keine starken geschlechterspezifischen Schwankungen, der Frauen- und Männeranteil liegt ziemlich genau bei 50:50. Wir können daher auch keine Aussagen dazu treffen, ob die Armut eher Frauen oder Männer trifft, bei AmberMed gibt es diese Trennung zumindest nicht. 4. Was können Sie tun bzw. was tun Sie für diese Menschen? Für die Kinder? Wir versuchen rasch, unbürokratisch Hilfe zu leisten, nicht nur auf medizinischer Ebene, sondern auch in persönlichen Beratungsgesprächen. Oft muss der kulturelle Hintergrund mitgedacht werden, um gewisse Ängste zu verstehen. Wir haben auch KinderärztInnen vor Ort, alle ÄrztInnen wechseln sich prinzipiell im Turnus ab und arbeiten ehrenamtlich, das bedeutet: heute Mittwochvormittag ist ein/e AllgemeinmedizinerIn und ein/e GynäkologIn da. Wenn ein Kind in akuter Gefahr ist, dann wird von unserer Seite her sofort an ein Spital überwiesen. Natürlich entstehen dabei oft Kosten, die von den Familien kaum getragen werden können. Meistens einigen wir uns mit den Spitälern irgendwie, wir haben auch konkrete Spitäler, an die wir uns wenden können und gewisse KinderärztInnen die mit uns kooperieren. Darüber hinaus sammelt das Rote Kreuz, das ja ein Träger von AmberMed ist, Medikamente. Oft stammen diese von verstorbenen Menschen, oder von Menschen, die eine Krankheit überwunden haben. Selbstverständlich sind diese alle einwandfrei und originalverpackt und noch haltbar, das bedeutet die ÄrztInnen können den PatientInnen hier gleich die richtigen Medikamente mitgeben. Es geht also nicht nur um die akute Versorgung, sondern auch Weiterbehandlung der Krankheiten. 5. Was würden Sie für notwendig erachten? Das Thema Armut ist kein spezifisch österreichisches, 68 sondern ein gesamteuropäisches. Es braucht ganz klar eine Lösung für den gesamten EU-Raum, und die Politik ist dafür zuständig, die Situation der Menschen zu verbessern. Es ist ja nicht so, dass nur Menschen außerhalb von Europa zu uns kommen, sondern es auch inner-europäische Migrationsströmungen gibt. Es wurde viel zu wenig bedacht, dass ein Rumäne natürlich besser in Österreich dasteht, als in seinem Heimatland, denn hier oder dort hat er wenig, aber hier gibt es mehr Möglichkeiten, für sich und seine Familie einen sozialen Aufstieg zu erlangen. Viele der Menschen die dann hier leben, arbeiten aber in schlecht bezahlten Jobs und können sich den sozialen Standard kaum leisten. Daher fallen natürlich viele Menschen schnell aus dem System und haben auch keine Versicherung. Es geht also um eine klare politische Strategie für Europa. Außerdem ist Bildung eine wichtige Komponente für ein gutes Aufwachsen von Kindern. Es ist unbedingt notwendig, dass Kinder mit Eltern ohne Papiere auch die Möglichkeit haben eine schulische Ausbildung zu erhalten. Dadurch werden viele Folgeprobleme schon früh verhindert. 6. Was möchten Sie darüber hinaus noch zum Thema sagen? Kinder sind unsere Zukunft. Es ist besonders wichtig, behutsam mit ihnen umzugehen und ihnen eine gesunde, glückliche Kindheit zu ermöglichen. Bei AmberMed betreuen wir jährlich ca. 2000 PatientInnen mit steigendender Tendenz, das bedeutet, dass unsere Arbeit wichtig ist und auf besondere Nachfrage stößt. Unser Team umfasst 40 ÄrztInnen und weitere 40 Personen, die als DolmetscherInnen, AssistentInnen, Zivildiener und TherapeutInnen ehrenamtlich arbeiten. Wir freuen uns daher immer über Unterstützung! Kontakt: AmberMed Oberlaaer Strasse 300 - 306 , 1230 Wien, T: +43 (0)1 / 589 00 - 847 F: +43 (0)1 / 589 00 - 846, Mail: [email protected] Web: www.amber-med.at Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Interview mit DSA Ingrid Teufel Frau DSA Ingrid Teufel arbeitet in der Kinder- und Jugendabteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung inklusive Standort Semmelweis Frauenklinik als S ozialarbeiterin. Darüber hinaus hat sie jahrelange Erfahrung in der Arbeit mit Menschen mit Down Syndrom und bietet Beratung in der Spezial ambulanz für Menschen mit Down Syndrom an. Wir bedanken uns, dass sie unsere Fragen zu Armut und Gesundheit telefonisch beantwortet hat! 1. Wie begegnet Ihnen Armut in Ihrer täglichen Praxis? Ich arbeite als Sozialarbeiterin in einer Kinder- und Jugendabteilung und zusätzlich mit dem Schwerpunkt für Menschen mit Down-Syndrom. Mir begegnet der Armuts-Schwerpunkt in Zusammenhang mit chronischen Erkrankungen, aber auch in t äglichen Situationen bei Akuterkrankungen von Familien, die ihre Kinder in der Kinderabteilung unterbringen. a. Woran bemerken Sie Armut? Wie erkennen Sie Armut? Ich bin da als Sozialarbeiterin natürlich sehr konkret, neben der sonstigen Belastungssituation, mit der eine Familie überwiesen wird oder konfrontiert ist, versuche ich mir immer auch ein Bild über deren soziale und finanzielle Lage zu machen. Wir sehen das oft, dass Familien an gewissen Veranstaltungen nicht teilnehmen, zum Beispiel solche, die es extra für Kinder mit Down Syndrom gibt. Wir sehen das an Problemen, wenn sie sagen, dass eine Zusatzfinanzierung für eine Therapie notwendig wäre. Wir sehen auch, dass Kinder einen schlechten Essensstatus haben, das ist etwas, was in der Akutsituation sehr massiv auffällt, dass Kinder sehr ungesund essen. Adipositas ist auch ein großes T hema in meiner Arbeit, und wenn man ungesunde Ernährung anspricht, es doch etwas ist, was einfach billiger ist. AlleinerzieherInnen sind natürlich betroffen und speziell auch in Zusammenhang mit Familien mit Migrationshintergrund – da sehen wir schon auch große Armut. b. Welche Kinder sind Ihrer Erfahrung nach besonders von Armut betroffen? Familien mit chronischen Erkrankungen, auch wenn sich ja auch Vieles ändert. Aber oftmals auch Familien, wenn die Mütter länger vom Arbeitsmarkt fern bleiben müssen. Sehr junge Mütter, die eigentlich keine Berufsausbildung abgeschlossen haben und mit ein, zwei, drei Kindern im Alltag stehen und dann der Wiedereinstieg eine schwierige Geschichte ist. Oft sind sie schon wieder Alleinerzieherin, aber auch in Beziehung und haben wirklich nur Zugang zu Arbeitsplätzen, die so schlecht bezahlt sind, dass die Erwerbsarbeit die Not dann nicht stark lindert. c. Was fehlt diesen Kindern und ihren Familien Ihrer Erfahrung nach am meisten? Am Allermeisten, dass sie ihre Eltern unbeschwert erleben können, weil das einen großen Druck auf die Kinder macht, unbewusst. Und ich glaube es fehlt ein Zugang zu gesunder Ernährung. Es fehlt auch eine Aufstockung in unserem Bildungssystem von zusätzlichen Lernförderungen, die andere Kinder sich leisten können. Oft wird auch von Eltern nicht ausgesprochen, dass die Teilnahme an gewissen außerschulischen Veranstaltungen, Extrakursen finanziell nicht möglich ist und ihre Kinder deswegen nicht teilnehmen können. Ich glaube gar nicht beachtet ist der soziale Aspekt, des GegenseitigFreunde-Einladens, das dieser eine weitere große Kluft erzeugen kann, wenn aus Scham vor den bescheidenen Verhältnissen Kindern diese Möglichkeit verwehrt wird. 2. Wie gehen die Familien mit ihrer Armut um? Wie drücken sie diese aus? Zögerlich zurückhaltend. 3. Wie häufig begegnet Ihnen Armut in Ihrer Praxis? Bzw. wieviele Ihrer PatientInnen/KlientInnen sind von Armut betroffen (Zahl, %) Ich würde sagen 60 %. Nach dem wir sozialarbeiterisch auch viele Familien mit Down Syndrom betreuen gibt es natürlich eine andere Streuung, da sind alle Gesellschaftsschichten dabei. Für die 69 Interviews zu Kinderarmut und Gesundheit (Sarah Koller) Kinderabteilung würde ich sagen, in den Fällen wo ich befasst bin, ist bei 80 % Armut ein Thema. 4. Was können Sie tun bzw. was tun Sie für diese Menschen? Für die Kinder? Den Eltern, die Beratung läuft ja meistens über die Angehörigen, einmal aufzeigen welche gesetzlichen Ansprüche es gibt, das wissen nicht alle. Im System zu versuchen, Stellen ausfindig zu machen, die gewisse Kosten übernehmen – wobei das für die S ozialarbeit sicher auch an die Grenzen geht, weil der Inhalt eigentlich die sozialarbeiterische Beratung und die Beziehungsarbeit mit den Eltern ist. Die Stellensuche, ob das Krankenhausstiftungen sind, »Stiftung Kindertraum«, »Aktion Leben« für Schwangere, »Licht ins Dunkel«, »Kinderhilfsfonds« und all diese Träger, das ist halt sehr zeitintensiv und bedarf einer gewissen Kooperation, die nicht alle Eltern mitmachen. Das ist auch wieder ein Ausschließungsgrund, weil bei denen wo gar nichts passt, da ist das auch sehr schwer umzusetzen. Da muss man leider auch sagen, auch sozialarbeiterisch gibt es da Grenzen. 5. Was würden Sie für notwendig erachten? Da geht es um politische Dinge, da müsste es ein gewisses Grundeinkommen für alle geben. Für Familien sollte es leichter einen Zugang zur Grundsicherung geben, wenn beispielsweise zuerst Kinder auf die Welt kommen und dann erst die Berufsausbildung gemacht wird, dass es dann Unterstützung dafür gibt und Systeme nicht so starr sind. Und wirklich Einkommen von denen man leben kann. Bessere Ausbildung für die jetzige Generation, die ich auch in der Kinderspitalsarbeit wirklich sehe als Patienten mit Krankheitssymptomen, 16- und 17-jährige, die wenig Perspektiven haben, die aus dem Schulsystem rausfallen oder keine Erfolge haben, die haben ein anderes Krankheitsrisiko. Das bedeutet: Die schulische Situation müsste sehr massiv gefördert werden. 6. Was möchten Sie darüber hinaus noch zum Thema sagen? Das war Alles, danke. 70 Kontakt: Krankenanstalt Rudolfstiftung inklusive Standort Semmelweis Frauenklinik Juchgasse 25, 2. Stock, 1030 Wien T: +43 (0)1 711 65 - 94780 F: +43 (0)1 711 65 - 1009 Web: www.down-syndrom-ambulanz.at Interview mit Steffi Ecker Der Verein LIMDA ist in Wien in unmittelbarer Nähe des Ute-Bock-Hauses entstanden, wo Menschen Unterstützung finden, deren erster Asylantrag abgelehnt wurde. Sie haben keinen Anspruch auf Sozialleistung und gleichzeitig keine Erlaubnis zu arbeiten. Ohne jegliches Einkommen haben sie oft auch mit den traumatischen Folgen von Krieg und Gewalt zu kämpfen. Wie so oft sind es besonders die Kinder, die unter diesen Lebensumständen leiden. LIMDA unterstützt sie im Alltag, in der Schule und ermöglicht ihnen unbeschwerte Momente im Spiel mit Freunden. Konkret kümmert sich der Verein um: Schulanmeldung, medizinische und psychologische Betreuung der Kinder und sorgt dafür, dass sie durch vielfältige Freizeitbetreuung Normalität erleben dürfen. Ich freue mich ein Telefonat mit der Gründerin und Obfrau, ausgebildeten Kinder- und Sozialpädagogin Steffi Ecker führen zu können. 1. Wie begegnet Ihnen Armut in Ihrer täglichen Praxis? Zuerst einmal mündlich – über Erzählungen, dann bei Hausbesuchen und durch den optischen Eindruck. Armut hat auch eine starke Nachwirkung auf die Personen, da spürt man das ganz stark, man merkt das zum Beispiel am Geruch. Arme Menschen riechen sehr oft ganz stark nach Waschmittel, weil sie sich bemühen sauber zu sein. Wir haben von Anfang an im Projekt die Grundversorgung dabei, da ist immer auch der Hausbesuch notwendig und da bekommen wir das mit. Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 a. Woran bemerken Sie Armut? Wie erkennen Sie Armut? An den Wohnverhältnissen, dass keine Möbel da sind, ganz schlechte Stromleitungen, oft nur eine Steckdose pro 25 m2, also etwas, das wir gar nicht mehr gewöhnt sind. Ganz oft gibt es auch kein Warmwasser oder keine Heizung, weil die Wohnung desolat ist. Im Alltagsleben gibt es oft eine hohe Ansammlung an Strafen bei den öffentlichen Verkehrsmitteln (UBahn), das sind Summen, die nie nachbezahlt werden können, weil die Menschen das Geld einfach nicht haben. Auch Exekutionen die ausstehen, auch wenn das lächerlich ist, weil es sowieso nichts zu holen gibt. Ich habe bisher aber nur Menschen kennengelernt, die das total stresst. Obwohl – wenn man länger darüber nachdenkt, müsste man sich ja nicht stressen, dass einem etwas weggenommen wird, wenn man sowieso nichts hat. Da spielt Scham eine große Rolle, aber auch die Furcht vor Gefängnisstrafen, auch wenn beispielsweise die Verkehrsbetriebe beim Schwarzfahren diese Konsequenzen nur androhen, aber nicht durchführen. b. Welche Kinder sind Ihrer Erfahrung nach besonders von Armut betroffen? 80 % unserer Kinder haben Eltern mit Asylverfahren in Schwebe, das heißt sie haben einen ein- oder mehrmaligen negativen Asylbescheid erhalten. Das hat sich aber noch verschärft, jetzt können Familien jederzeit abgeschoben werden, auch wenn man Einspruch dagegen erhoben hat. Diese Kinder haben keine Versicherung, können also kaum zum Kinderarzt gehen, die können auch nicht zum Zahnarzt gehen, die haben einfach gar nichts. Das widerspricht dem Menschenrecht. Wir hatten auch Zeiten, vor ca. 6 Jahren, wo wir darum kämpfen mussten, dass die Kinder von AsylantInnen in den Schulen und Kindergärten überhaupt genommen wurden. In erster Linie sind also Kinder von Flüchtlingen betroffen, auch Straßenkinder, zu denen der Zugang allerdings von unserer Seite her schwerer ist, da haben wir erst Annäherungen geschafft. Dann gibt es schon auch die Flüchtlinge, die im Asylverfahren sind, das ist dann die nächste Ebene, denn sie bekommen das Recht hier zu bleiben, haben es aber extrem schwer und viele bürokratische Hürden. Oft bekommen sie erst nach 8 bis 10 Jahren ein Arbeitsvisum, müssen dann aber in aller Schnelle eine neue Wohnung finden, denn es gibt staatlich geförderte für anerkannte Flüchtlinge, und gleichzeitig das Visum bezahlen. Das ist pro Kopf ca.120,EURO/ Jahr, das kann bei mehreren Kindern eine finanzielle Belastung werden, speziell wenn dann auch für die neue Wohnung gleich Kaution und Miete zu zahlen ist und das schon bevor man überhaupt zu arbeiten beginnt. c. Was fehlt diesen Kindern und ihren Familien Ihrer Erfahrung nach am meisten? Dass sie teilnehmen können am ganz normalen Leben in Österreich. Dass die Eltern arbeiten dürfen und die Kinder in die Schule gehen dürfen. Das ist ganz ein wichtiger Punkt. Das zweite ist, dass nicht alle reingestopft werden in irgendwelche Heime oder irgendwelche Häuser, die Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden. Das ist furchtbar! Es fehlt ihnen eine ganz normale Wohnung. Wie ich angefangen habe als Sozialpädagogin hat es noch die Kinderheime gegeben, da hat man die Kinder, die eine zeitlang nicht mehr zu Hause leben konnten, hineingestopft. Das hat man ja auch aufgehört und gesehen, dass Wohngemeinschaften und selbstständige Wohnungen sinnvoller sind. Und das muss man jetzt endlich bei den Flüchtlingen auch tun! Man kann nicht lauter Menschen, die dasselbe Problem haben auf einen Haufen in eine Turnhalle oder in eine alte Kaserne reinstopfen, das ist einfach unmöglich! 2. Wie gehen die Familien mit ihrer Armut um? Wie drücken sie diese aus? Zögerlich zurückhaltend. 3. Wie häufig begegnet Ihnen Armut in Ihrer Praxis? Bzw. wieviele Ihrer PatientInnen/KlientInnen sind von Armut betroffen (Zahl, %) Alle sind von Armut betroffen. Aktuell betreuen wir 150 Kinder, der Fokus liegt bei uns auf der 71 Interviews zu Kinderarmut und Gesundheit (Sarah Koller) Kinderbetreuung. Man muss sich natürlich auch mit den Erwachsenen absprechen, sich treffen und auch manchmal diskutieren. Es sind bei uns im Schnitt 4 Kinder pro Familie. anzusprechen und zu diskutieren, und wir versuchen da was auf die Beine zu stellen. Das ist auch ein wichtiger Punkt: darüber weiß niemand in der österreichischen Gesellschaft Bescheid! 4. Was können Sie tun bzw. was tun Sie für diese Menschen? Für die Kinder? Wir schauen ganz stark, dass die Kinderrechte eingehalten werden. Dann kümmern wir uns um die Grundversorgung der Kinder, wenn sie krank sind, dass sie zu einem Arzt kommen und dann die Medizin kaufen können. Dass sie in die Schule oder Kindergarten gehen können und dass sie bei den Aktivitäten in der Schule und im Kindergarten mitmachen können. Dass sie gefördert werden und wir schauen auch, dass sie bei Sportvereinen mitmachen können. Dann machen wir auch so zusätzliche, tolle Sachen wie Museumsbesuch, Kinderfeste etc. Es wissen auch viele Lehrer nicht, dass sie mit Kindern zu tun haben, die aufgrund ihrer Migrationsoder Flüchtlingsgeschichte mehr Zuwendung brauchen. Da kann man ansetzen und auch Infomaterial für Lehrer bereitstellen, mit Anhaltspunkten was sie machen können, wie sie helfen können, auf was sie achten können. Fast alle unserer Kinder haben ja keinen Schreibtisch zu Hause, haben also erschwert Möglichkeiten eine Hausaufgabe zu machen. Das Kind kann nichts dafür, wenn die Mutter nicht unterschreibt, weil sie nicht schreiben kann, da gibt’s dann oft ganz viele Missverständnisse. Kinder ohne Papiere sollten zwar rechtlich von den Schulen aufgenommen werden, das funktioniert auch meistens. Schwieriger ist es eher für die Kinder mit der Schule und den Lebensumständen umzugehen. Oft müssen sie alle 5 Monate umsiedeln, in einen anderen Bezirk, ein anderes Bundesland. Sie haben gerade eine Flucht erlebt und müssen hier so weitermachen und immer überall neu anfangen. Wo ist der nächste Spielplatz? Wem kann ich vertrauen? Was ist das jetzt für ein Lehrer? Das ist ganz furchtbar! Kontakt: Flüchtlingskinderprojekt LIMDA Badeschiff bei der Urania, Leopoldsgasse 28/31, A-1020 Wien, Web: www.limda.org Interview mit Regina Zsivkovits 5. Was würden Sie für notwendig erachten? Dass es soziale Wohnungen gibt und von der Stadt, der Gemeinde Gratiswohnungen zur Verfügung gestellt werden. Wenn ein neues Haus mit 100 Wohnungen gebaut wird, dass zumindest eine Wohnung davon gratis zur Verfügung gestellt wird für Sozialfälle. Dass sie diesen finanziellen Druck einmal weg haben und versuchen können ein ganz normales Leben zu haben. Das Hebammenzentrum – Verein freier Hebammen hat sich vor 26 Jahren aus freipraktizierenden Hebammen zusammengeschlossen, um ihre Anliegen wie sanfter Umgang mit Neugeborenen, natürliche Geburt und Hebammenbetreuung in die Öffentlichkeit zu tragen. Es hilft als Familienberatungsstelle bei Fragen rund um Schwangerschaft und Geburt, berät aber auch zu weiteren sozialen Fragen. H ebammen, ÄrztInnen und SozialarbeiterInnen arbeiten im Verbund zusammen. Die Geschäftsführerin des Hebammenzentrums, Regina Zsivkovits nimmt sich telefonisch Zeit für unsere Fragen – vielen Dank dafür! 6. Was möchten Sie darüber hinaus noch zum Thema sagen? Dass man ganz viel darüber reden sollte und zwar öffentlich! Mein Ziel dieses Jahr ist es, die Wohnungssituation von Flüchtlingen öffentlich 1. Wie begegnet Ihnen Armut in Ihrer täglichen Praxis? Vor allem in der Beratungspraxis, auch in der Hebammenpraxis, aber eher weil es Studentinnen oder Alleinerzieherinnen sind. In der 72 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Familienberatungsstelle merken wir es, wenn dort eher soziale Fragen, als fachliche, hebammenspezifische Fragen im Vordergrund stehen. Die Familienberatungsstelle hat viele kostengünstige bzw. kostenlose Angebote und die Nachfrage steigt. Von der Organisation her haben wir das Gefühl, wir müssen mehr dieser kostenlose Angebote setzen im Vergleich zu früher. Es gibt uns seit 1989, in letzter Zeit müssen wir aber die kostenlosen Angebote ausweiten und suchen dafür Kooperationspartner und Stiftungen. Das sind so die großen, übergeordneten Bewegungen bei uns bezüglich Armut. a. Woran bemerken Sie Armut? Wie erkennen Sie Armut? Wenn der Wunsch nach eins-zu-eins-Betreuung besteht und der aber nicht geleistet werden kann, weil es einfach privat zu zahlen ist, und bei der Arztsuche. Und natürlich wenn Fragen nach Finanzierbarkeit vorrangig sind, an denen merkt man halt am leichtesten, ob Armut und wenig Geld im Spiel ist. Ob jemand wenig Geld hat oder ganz arm ist, ist sicher auch ein Unterschied, weil die mit wenig Geld immer noch damit haushalten können und ganz arme Menschen haben eigentlich keine Chance auszukommen. b. Welche Kinder sind Ihrer Erfahrung nach besonders von Armut betroffen? Mehrkindfamilien sicher, AlleinerzieherInnen sagt man immer, aber das ist Halbe Halbe glaube ich. Schon auch, weil die Gefahr, wenn die Frau krank wird und dann niemand da ist, sehr viel größer ist, und weil die Unterstützungsmöglichkeiten alleinerziehender Frauen fehlen, wenn es keinen familiären Rückhalt gibt. Besonders MigrantInnen oder auch Frauen, die aus den Bundesländern immigriert sind, sind hier betroffen, und das ist im Kontext der Familiengründung und des Kinderkriegens besonders spürbar, da sie Hilfe immer »zukaufen« müssen und das stößt natürlich schnell an Grenzen. c. Was fehlt diesen Kindern und ihren Familien Ihrer Erfahrung nach am meisten? Ich glaube eine Freiheit, zu agieren. Wenn Geld da ist, das zur freieren Verfügung bereit steht, dann fühlt man sich nicht so eingesperrt, so »bezwängt« und »bedrängt«, damit auszukommen. Für die Kinder ist es auch teilweise in den Schulen schwerer im Vergleich zu anderen Kindern, einfach was sie für Möglichkeiten haben. Dass sie Armut ganz persönlich spüren, etwas nicht haben was der andere hat, oder dass der eine auf Urlaub fahren kann und der andere nicht. Andererseits sind die Kinder da oft sehr geschickt im Umgang auch mit wenig Geld. 2. Wie gehen die Familien mit ihrer Armut um? Wie drücken sie diese aus? (zögerlich zurückhaltend, ärgerlich fordernd, enttäuscht aufgebend) Alle drei gibt es. Die meisten sind zögerlich zurückhaltend, glaube ich. Ärgerlich fordernd manchmal und speziell wenn Männer dabei sind, weil sehr oft auch Paare zu Beratungen zu uns kommen. Enttäuscht aufgebend auch, das sind aber die wenigeren. Meistens zögerlich zurückhaltend und beschämt, es ist ja auch eine Scham dabei. 3. Wie häufig begegnet Ihnen Armut in Ihrer Praxis? Bzw. wieviele Ihrer PatientInnen/KlientInnen sind von Armut betroffen (Zahl, %) Das kann ich jetzt so nicht beantworten, es ist ganz eindeutig mehr geworden. Da müssen Sie jetzt ohne meine Prozentzahl auskommen. 4. Was können Sie tun bzw. was tun Sie für diese Menschen? Für die Kinder? Eben, dass wir kostenlose Angebote setzen und dass wir schauen, wo können wir sie noch hinschicken, wo können sie noch Hilfe bekommen. 5. Was würden Sie für notwendig erachten? Für Familien ohne gesicherten Aufenthalt zum Beispiel, dass es da speziell in der Familiengründungszeit einfach ein Recht gibt auf Versorgung. Dass es mehr gesetzlich verankerte Möglichkeiten gibt Geld zu erlangen. Dass es Notfallhilfen gibt einerseits und andererseits, dass sich der Arbeitsmarkt so weiter entwickelt, dass man gut leben kann, auch wenn man nicht gut ausgebildet ist zum Beispiel. Es braucht halt eine Armutsbekämpfung im gesellschaftlichen Sinn und nicht, dass immer nur Löcher 73 Interviews zu Kinderarmut und Gesundheit (Sarah Koller) gestopft werden die ganze Zeit, das schafft man dann eh nicht. Das ist oft sehr schwierig, denn wenn die Familien zu neuen Stellen kommen, erhoffen sie sich wieder was und bekommen wieder eine Abfuhr. 6. Was möchten Sie darüber hinaus noch zum Thema sagen? Dass ich glaube, dass es drängender wird das Armutsthema, das ist schon spürbar. Und ich finde, dass es viel zu wenig in der Politik Thema ist – eine effektive Armutsvorsorge und Armutspolitik. Kontakt: Das Hebammenzentrum – Verein freier Hebammen Lazarettgasse 8/1B/1, 1090 Wien T: +43 (0)1 408 80 22 F: +43 (0)1 403 98 77-18 Mail: [email protected] Web: www.hebammenzentrum.at Interview mit Dr.in Marianne Lippert In ihrer Praxis »Am Yppenplatz« behandelt Dr.in Marianne Lippert, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde seit über 20 Jahren täglich Kinder, oft stammen diese aus ärmeren Verhältnissen. Ein Großteil ihrer PatientInnen sind ZuwanderInnen und gerade dieser Aspekt ist für die engagierte Ärztin einer der Gründe, wieso sie sich besonders wohlfühlt im 16. Bezirk: sie sieht darin ihre eigene vielfältige Ahnenherkunft und deren oftmals einfache Verhältnisse widergespiegelt. Dr.in Lippert zeigt mir ihre geräumige Praxis, die sie von ihrem Vater übernommen hat und nimmt sich Zeit für ein ausführliches Gespräch – vielen lieben Dank dafür! 1. Wie begegnet Ihnen Armut in Ihrer täglichen Praxis? a. Woran bemerken Sie Armut? Wie erkennen Sie Armut? Ich habe mir als Erstes einmal überlegt, was sind so die Signale, die ich zu dem Thema im Kopf habe? Und da gibt es quasi eine Gleichung: Arm=Kinderreich=Bildungsfern. Das ist so eine Formel, die ich einmal an den Anfang stelle. 74 Man merkt das bei unseren Patienten schon bei der Anmeldung, es besteht oft keine Versicherung, oder die e-card ist nicht mehr gültig, es gibt einen unklaren Aufenthaltsstatus. Man sieht es auch an der Kleidung, dass die Menschen einfach oder abgetragen gekleidet sind. Der Pflegezustand ist auch manchmal nicht so, wie das zu wünschen wäre. Das ist jetzt übrigens nicht in Bezug auf Zuwanderer gemeint, sondern im Gegenteil. Ich habe sehr viele muslimische Zuwanderer und die sind, egal wie arm sie sind peinlich rein. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, der natürlich auch mit der Religion zu tun hat. Es kommt natürlich auch vor, dass im Wartezimmer ein alkoholisierter arbeitsloser Vater randaliert in seiner Verzweiflung, für uns ist das natürlich sehr unangenehm, aber menschlich verständlich ist es trotzdem. Dann merkt man es auch am Informationsdefizit, dass der Zugang zu Informationen nicht so da ist. Sprachprobleme sind dabei nur ein Aspekt, sondern überhaupt Bildungsferne in jeder Art und Weise. Wir haben auch sehr viele Analphabeten und damit jene, die völlig unabhängig von ihrer persönlichen Intelligenz, keinen Zugang zu Information haben. Was auch noch auffällt ist das explodierende Übergewicht bei armen Patienten, weil die Ernährung kohlenhydratreich und fett ist, um die Kinder und sich selbst satt zu bekommen. Dadurch ist die Ernährung natürlich nicht wertvoll und gesund. G esunde Lebensmittel sind aber oft nicht leistbar. b. Welche Kinder sind Ihrer Erfahrung nach besonders von Armut betroffen? Natürlich Kinder von Asylanten, von bildungsfernen Zuwanderern (Hilfsarbeiter, Arbeitslose), Kinder von Alleinerziehern, da gehören auch Akademikerkinder dazu. Ich habe etliche Akademiker, die mit ihrem Kind zu mir kommen und auch am Existenzminimum leben, weil sie oft durch die Mutter- oder Vaterschaft in einer prekären finanziellen Situation sind. Zum Beispiel weil sie nicht den Job ausüben können, den sie gelernt haben, oder ihn verloren haben und da gibt es oft ganz versteckt Armut. Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Natürlich gehören kinderreiche Familien auch dazu. Zunehmend auch Kinder von drogenabhängigen Eltern, das gab es bei uns bis vor drei Jahren kaum. Das sind in erster Linie österreichstämmige Menschen. Sehr häufig kommt das bei Österreichern vor, die aus den Bundesländern nach Wien kommen, hier nicht Fuß fassen und dann irgendwie in die Szene abrutschen. c. Was fehlt diesen Kindern und ihren Familien Ihrer Erfahrung nach am meisten? In erster Linie fehlt eine funktionierende Infrastruktur. Damit meine ich, dass ein niederschwelliger Zugang zu vielen Institutionen ermöglicht werden müsste. Gleichzeitig eine »fordernde Förderung«, das Wort fordernd ist so wichtig wie fördernd. Weil nur die Hilfe zur Selbsthilfe auch zu sinngebender Tätigkeit und Selbstwertgefühl führen. Ich bin ganz gegen ein Almosenverteilen, außer im absoluten Notfall. Es ist ganz wichtig, dass Menschen einen Sinn im Leben haben! Für mich ist, aus meiner Erfahrung heraus, der Erhalt oder die Rekonstruktion von Würde und Erfolgserlebnissen, Anerkennung und Selbstwertgefühl ganz wichtig. Dieses Gießkannenprinzip, wo ich auf dem Asphalt das Wasser verteile, das kostet dem Staat, dem Steuerzahler viel und bringt überhaupt nichts. Es ist viel besser, wenn das Wasser kanalisiert auf den Humus kommt. Und ich denke es gehört auch zur Struktur des M enschen, eine Leistung erbringen zu wollen. 2. Wie gehen die Familien mit ihrer Armut um? Wie drücken sie diese aus? (zögerlich zurückhaltend, ärgerlich fordernd, enttäuscht aufgebend) Meine Mitarbeiterinnen und ich kennen alle drei Formen der Reaktion. Am Häufigsten, vor allem im Wartezimmer, bei mir in der Ordination ist es wieder etwas anders; ist es eher das ärgerliche Fordern, mitunter auch das Nötigen meines Personals und manchmal auch meiner Person. Es gibt auch Wut, es gibt auch Randalieren, wenn beispielsweise eine Leistung nicht möglich ist. Ich merke es aber auch an anderen Dingen, die mir wehtun: in der Ablehnung von Impfungen, die durch das Gratisimpfkonzept nicht finanziert werden, vom Gesundheitsministerium und von Impfexperten aber empfohlen werden. Ich habe das Gefühl, dass es eigentlich nicht die Ablehnung der Impfung ist, sondern der eigentliche Grund ist, dass die Leute sie nicht wirklich zahlen können und sich schämen es zuzugeben. Das ist wirklich deprimierend! Was natürlich auch oft der Fall ist, ist dass Leute Atteste für erhöhte Kinderbeihilfe, Wohnungsatteste für eine neue, bessere Wohnung fordern. Manche sind auch mitunter der Meinung, dass ihre Kinder wesentlich kranker sind als sie es sind, um etwas bewegen zu wollen. Da können manche Menschen auch aggressiv werden und es ist gar nicht leicht sie davon zu überzeugen, dass ich nur tatsächlich Zutreffendes zu Papier bringe. 3. Wie häufig begegnet Ihnen Armut in Ihrer Praxis? Bzw. wieviele Ihrer PatientInnen/KlientInnen sind von Armut betroffen (Zahl, %) Ich würde glauben, es geht schon langsam über die 30 % Grenze drüber. Weitere 10 % sind möglicherweise in einer prekären Situation: mit drohender Kündigung, oder wenn nur mehr ein Verdiener im Haushalt ist. Man merkt das auch am deutlichen Ansteigen des Prozentsatzes der rezeptgebührbefreiten Patienten, ich glaube jetzt haben wir schon 30 %. Es war immer in meiner Praxis, die eine Schwerpunktpraxis ist bezüglich Zuwanderern und ärmeren Österreichern, ein relativ hoher Prozentsatz, aber der wird jetzt höher durch Arbeitslosigkeit, aber auch in Familien mit sehr schwer kranken Kindern. Woran ich es auch merke ist, dass die ersten Zuwanderfamilien jetzt beginnen wieder in ihre Ursprungsländer zurück zu gehen. Sie sagen, dass das Leben hier für sie nicht mehr leistbar ist. 4. Was können Sie tun bzw. was tun Sie für diese Menschen? Für die Kinder? Also ich verschenke relativ viele Leistungen einfach. Es gibt viele Familien, bei denen ich keine Impf honorare verlange, weil ich froh bin, wenn dann diese Impfungen, die nicht gratis sind, gekauft 75 Interviews zu Kinderarmut und Gesundheit (Sarah Koller) werden. Für Bestätigungen, Atteste usw. verlange ich bei diesen Familien meistens nichts, weil ich den Standpunkt vertrete, die haben ja schon eine zu kleine, schimmlige Wohnung, sollen sie jetzt wirklich noch den Arzt bezahlen? Ich weiß schon, dass das meine Leistung ist, die ich dann nicht honoriert bekomme, aber ich könnte nicht damit leben, von diesen M enschen Geld zu nehmen. Was mich oft im Notfall rausreißt sind Ärztemuster. Wenn ein Kind zum Beispiel eine Lungenentzündung hat, nicht versichert ist, dann bin ich immer sehr dankbar, wenn mir die Firmen ein paar Antibiotika dalassen, damit ich die Leute wenigstens kostenlos behandeln kann. Das hat jetzt gar nichts mit meiner Leistung, auf die ich verzichte, zu tun, sondern die Patienten gehen die Medikamente dann ja nicht kaufen, weil sie zu teuer sind. Im Notfall b ehandle ich Menschen ohne Versicherung immer wieder auch gratis. Gesundheitszentrum in der Andreasgasse gibt, wo es die M öglichkeit zur Psychotherapie für Kinder und Jugendliche über die Krankenkasse gibt. Dankbar bin ich auch über die Entwicklungsambulatorien, Stichwort Dresdnerstraße, Modecenterstraße, Fernkorngasse, Graumanngasse. Das Problem: Wartezeiten unendlich lang, trotzdem funktioniert es in den meisten Fällen durch wechselseitige M otivation, vor allem auch den Eltern gegenüber, dass sie wirklich hingehen. Ich habe eine über Jahrzehnte angesammelte Liste an wohlbegangenen Wegen, wo ich weiß dort haut es hin und wo ich die Eltern weitervermitteln kann. Mir ist es auch ganz wichtig, dass Jugendamt, Familie und Arzt keine Barrikaden zwischen sich aufbauen, sondern gemeinsam versuchen Probleme zu lösen. Schuldzuweisungen bringen uns nicht weiter. Begeistert bin ich auch von dem Projekt »Frühe Hilfen«, viele meiner Familien, bei denen ich mir zuerst gar nicht gedacht hätte, das sie das Angebot in Anspruch nehmen, berichten danach sehr positiv darüber. Wir sammeln auch Gegenstände, ich habe eine Familie, wo zwei Mädchen zur IS gegangen sind, sie sind gottseidank wieder gesund zurückgekommen. Der Vater ist kurz davor gestorben, die Familie war aufgelöst, 5 Kinder, das ist alles durch die Presse gegangen. Ich habe dann alles, was ich in der Familie und von Freunden an Kleidern bekommen habe, gesammelt und der Familie geschenkt. Die haben das teilweise für sich selbst verwendet und zum Teil am Flohmarkt »verscherbelt«, und das ist auch gut so! Ich habe auch Visitenkarten von der »Lehrlingskümmernummer« der Stadt Wien in meiner Ordination aufgelegt, für jugendliche Schulabbrecher und Jugendliche, die eine Lehre suchen. 5. Was würden Sie für notwendig erachten? Bildung und Kindergarten! Bildung ist der Weg zu fast allen Segnungen, die möglich sind im Leben. Bezüglich des Zusammenlebens verschiedener Kulturen halte ich nichts von Assimilation, sondern viel davon in Würde verschiedene Traditionen, Religionen und Lebensanschauungen nebeneinander respektvoll stehen zu lassen. Bildung ist eine Art Existenzsicherungsmöglichkeit und ermöglicht auch das Erbringen einer Gegenleistung für die Gesellschaft. Ich habe sehr viele Kinder, die Psychotherapie brauchen – gerade in diesen Grabenbrüchen zwischen den Kulturen. Oft sind die Mädchen in der Pubertät in der Akzeptanz ihrer Rolle als Frau zwischen den Welten mit verschiedenen Vorbildern hin-und hergerissen und haben oft furchtbare psychosomatische Probleme, werden in der Familie unterdrückt oder machen Gewalterfahrungen durch Brüder oder Väter und dann gibt es oft auch noch kein Geld. Da bin ich unendlich dankbar, dass es das Zum Beispiel das Zusammenleben in einem Flüchtlingslager wie Traiskirchen: Irrsinnig viele Leute, da sind ein paar Gewaltbereite, dort sind viele verschiedene Ethnien und die dürfen alle nicht arbeiten und müssen jetzt dort brav sein und dürfen nicht raus. Das Erste was mir dazu einfällt ist: es ist ganz klar, dass diese Leute Fähigkeiten haben! Warum können diese nicht gemeinsam das Haus selbst verwalten, da wird eine gut kochen können, da wird einer vielleicht ein ganz guter Frisör sein. Da könnte man ja 76 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 eigentlich ein Projekt machen, dass die Menschen, die in einer fremden Umgebung unter enormen psychischen Druck »angehalten« werden, aus dem das Beste machen – nämlich einen Sinn. Die Sinnlosigkeit macht Aggressionen. Ich habe mir immer, während dieser ganzen Diskussionen über Migration, Assimilation usw. gedacht: »Warum müssen so viele, zum Teil junge, Menschen zum Nichtstun verurteilt sein?«. Ich verstehe es nicht! Warum kann man nicht eine Leistung auch durch einen Lohn entgelten? Das ist Wertschätzung, sie leisten dann ja auch was und vielleicht kann man dort in der Folge sogar Personal einsparen. Ich denke mir immer: »Warum muss das ein Käfig sein?«. Was ich mir noch wünschen würde: verpflichtendes Deutsch-Lernen hat wieder so etwas Überflüssiges, es ist selbstverständlich, dass man die Sprache des Landes lernt, in dem man lebt. Dass sollte motivierender unter die Leute gebracht werden! Was Arme ärmer macht als sie sind, ist der Markenfetischismus unserer Gesellschaft, weil was mich arm macht, ist auch, wenn ich nicht dazugehöre, da muss ich nicht einmal hungrig sein. Mein Ziel ist die Denunziation von Markenfetischismus, dieses »das muss man ja haben« macht die Leute unfrei und unglücklich. Sehr wichtig ist es auch Leistungen zu würdigen oder zu loben, dort wo sich etwas zum Guten wendet. Das macht die Politik auch nicht und das macht stets eine depressive Stimmung. 6. Was möchten Sie darüber hinaus noch zum Thema sagen? Also wenn man Armut abschaffen will, dann muss man die Ursachen der Armut abschaffen. Wenn man kluge Köpfe zulässt und fördert, dann bringt das Innovation und Entwicklungen, die zu Auswegen aus der Krise führen. Das sehe ich auch in unserer derzeitigen Wirtschaftssituation so. Ich glaube, wenn man über Wachstum nachdenkt, sollte man sich überlegen, ob es erstens überhaupt sinnvoll ist? und zweitens in welche Richtung? In diesem Land könnten so viele Investitionen eingespart werden und in die richtige Richtung kanalisiert werden. Man muss bei der Sinnhaftigkeit von Investitionen den Hebel ansetzen und dann kommt man immer wieder zur Bildung zurück: sobald ein Mensch denken darf, gibt es einen Weg. Wenn ich jemanden einfach nur unselbstständig dahin leben lassen will, habe ich selbst wirtschaftlich verloren und daran leidet dieses Land! Das ist der Fehler gewesen über Jahrzehnte. Mein Vater ist seit elf Jahren tot und hat vor vierzig Jahren gesagt: »der Kindergarten muss für alle Kinder, die in Österreich leben, kostenlos sein«. Sie können sich jetzt denken was in den letzten Jahren zu diesem Thema effizient geschehen ist. Wir haben jetzt einen Zugang zum Kindergarten, in einem Alter, wo es meines Erachtens nach wesentlich zu spät ist, wo es zu wenige Räume, zu wenig Personal und vor allem zu wenig Wertschätzung für das Kindergartenpersonal gibt. Ich habe noch ein Anliegen, ein heikles Thema, über das ich mir viele Gedanken gemacht habe und zu dem ich folgende Theorie habe: das ist die IS. Ich finde, die IS ist zu einem hohen Prozentsatz die logische Folge aus fehlender Anerkennung von jungen Menschen. Menschen, die akonto ihrer sprachlichen Probleme, akonto ihrer fehlenden Bildung, ihrer fehlenden Chancen zu wenig Anerkennung in unserer Gesellschaft bekommen haben, die kein Selbstvertrauen haben und wo trauriger Weise die erste Wertschätzung und erster Sinn ihres Lebens die Mitgliedschaft bei einer Gruppe wie die IS ist. Wir können uns überhaupt nicht freisprechen von diesem Auslösmechanismus im Westen. Ich finde, dass ist die Rache der »lost generation« am goldenen Westen. Wobei ich jetzt ganz kritisch mit Karl Kraus schließen möchte: »das goldene Wienerherz – das einzige Herz, das aus Metall ist«. Kontakt: Dr.in Marianne Lippert Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde Weyprechtgasste 3, 1160 Wien T.: +43 (0)1 / 402 52 00 77 Beiträge Institutioneller Mitglieder 79 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Berufsverband Kinderkrankenpflege Österreich Der Berufsverband Kinderkrankenpflege Österreich (BKKÖ) vertritt die Interessen für die Berufsgruppe »Diplomierte Kinderkrankenschwester bzw. Diplomierter Kinderkrankenpfleger« sowie für alle Personen des gehobenen Dienstes der Gesundheitsund Krankenpflege, die berechtigterweise in der Kinder- und Jugendlichenpflege tätig sind. Die Liga für Kinder- und Jugendgesundheit nimmt klare Positionen in gesundheitspolitischen Belangen ein, stets zum Wohle der Kinder und Jugendlichen und deren Familien, eine starke, gemeinsame Stimme wenn es um die Chancengleichheit für die Jüngsten in unserer Gesellschaft geht. Der BKKÖ setzt sich dafür ein, dass allen Kindern und Jugendlichen die gleiche professionelle Pflege zu Teil wird, unabhängig von Herkunft, sozialem Status oder wirtschaftlicher Lage und so der pflegerische Versorgungsauftrag gewährleistet wird (vgl. Rahmengesundheitsziele Österreich). Es fehlen z.B. ausreichende Stellen im Bereich der Mobilen Kinderkrankenpflege, ein Kinderrehabilitations zentrum oder ein Kinderhospiz. Schaffen wir für unsere Kinder eine sorgenfreie und glückliche Kindheit, sichern wir die beste Gesundheitsversorgung für alle Kinder und Jugendlichen! Frühe Förderung von Wohlbefinden und Entwicklung eines Kindes führt zu besseren und gerechteren Gesundheitsergebnissen. Fachkompetente Beratung, Begleitung bei der Versorgung des Neugeborenen und Säuglings von Geburt an in Elternberatungsstellen und im Rahmen der Mobilen Kinderkrankenpflege direkt in den Familien, ist das Fundament für eine langfristige Gesundheit. Kinderkrankenpflege im Blickwinkel von Chancengleichheit und Gesundheit im schulischen Alltag – die School Health Nurse – eine Zukunftsvision Gesundheitsförderung, Gesundheitsversorgung und Prävention gehören zu den wichtigsten Aufgaben der School Health Nurse. Sie steht den Kindern und Jugendlichen in gesundheits- und krankheitsbezogenen und vor allem auch die entwicklungsbedingten Fragestellungen zur Seite um Ihre Lebenskompetenzen zu stärken und zu entwickeln. Die Fachkraft ist da, wo die jungen Menschen sind, integriert in das Schulleben. Chronisch kranke Kinder haben Unterstützung vor Ort, die Inklusion der betroffenen Kinder ist keine Diskussion mehr. Die Präsenz einer kompetenten AnsprechpartnerIn im Lebensraum Schule gibt Sicherheit, es kommt zur Entlastung des gesamten Lehrerkollegiums. Ausbildung in der Kinder- und Jugendlichenpflege Eine adäquate Ausbildung und Weiterbildung und die ständige Weiterentwicklung des eigenen Wissens ist die Voraussetzung, um die Patienten qualitativ hochwertig pflegen zu können. Das Rahmen-Gesundheitsziel 6 beansprucht Kinder- und Jugendspezifische Zusatzqualifikationen in der Aus- und Weiterbildung. (vgl. BM f. Gesundheit, 2014) Die erste Stufe der Ausbildung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege wird an einer Fachhochschule stattfinden mit der Möglichkeit, Masterstudien und Doktorratsstudien anzuschließen. Dies wird als Weiterentwicklung gesehen und vom BKKÖ unterstützt. Doch werden in der geplanten generalistischen Ausbildung, ausreichend Kernkompetenzen der Kinder- und Jugendlichenpflege inkludiert sein um in diesem komplexen, speziellen Tätigkeitsbereich einsetzbar zu sein? Welche spezifischen Zusatzqualifikationen müssen ergänzend angeboten werden um dem Qualitätsanspruch und den Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden? Welche Kompetenzen können neu geschaffene Berufsgruppen übernehmen? Der BKKÖ wird sich in laufende Gesprächsrunden und Diskussionen einbringen und fordert eine adäquate Ausbildung, die in jedem Fall dazu geeignet sein muss, die pflegerische Versorgung für Kinder und Jugendliche zu sichern, zu verbessern und auszubauen. Eva Mosar-Mischling · Delegierte 81 Institutionelle Mitglieder Berufsverband Österreichischer PsychologInnen Der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen ist mit mehr als 5.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung für PsychologInnen in Österreich. Davon sind 1.900 ExpertInnen Mitglied in der Fachsektion Kinder-, Jugend- und Familienpsychologie, die damit die zweitgrößte Fachgruppe innerhalb des PsychologInnenverbandes repräsentiert. Aktivitäten des Berufsverbandes Österreichischer PsychologInnen im Hinblick auf Kinder- und Jugendgesundheit 2014 »Tag der Psychologie« zum Schwerpunkt »Elternbildung« »Elternbildung – Kann, soll, muss man Elternsein lernen?« war das Thema des vom BÖP organisierten »Tag der Psychologie« am 4.10.2014, der sowohl in Wien als auch zeitgleich in Salzburg stattfand. Ganz besonders freuten wir uns, dass Bundesministerin MMAg.a Dr.in Sophie Karmasin und Landtagsabgeordnete Mag.a Sonja Ramskogler – beide Damen sind auch Psychologinnen – die Veranstaltung eröffneten. In beiden Eröffnungsreden wurde die Bedeutung psychologischer Kompetenz bei der Elternbildung hervorgehoben und eine weitere Kooperation zu dieser Thematik in Aussicht gestellt. Die Vorträge sowie Fotos beider Veranstaltungen finden Sie auf unserer Homepage www.tagderpsychologie.at »Erziehung – kein Kinderspiel?« Informationsfolder vom BMFJ und BÖP In Kooperation mit dem Bundesministerium für Familien und Jugend wurde ein Informationsfolder mit dem Titel »Erziehung – kein Kinderspiel?« erstellt. Der Folder informiert über das umfangreiche Angebot des Familienministeriums zur Elternbildung sowie über die Unterstützungsmöglichkeiten durch Kinder-, Jugend- und FamilienpsychologInnen des Berufsverbandes Österreichischer PsychologInnen. Der Folder ist über den BÖP kostenlos erhältlich. Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Familien und Jugendliche Bereits im Vorjahr hat der BÖP das soeben wieder aktuelle Thema der »Adoption durch 82 gleichgeschlechtliche Paare« beobachtet, auf Ersuchen der Bundesministerin Dr.in Sophie Karmasin einen Überblick über die Studienlage erstellt und diesen zur Verfügung gestellt. Insgesamt haben die Ergebnisse dieser Studien gezeigt, dass die sogenannten Regenbogenfamilien keinerlei negativen Einfluss auf die Kindesentwicklung haben. Wir freuen uns, die Bundesministerin mit unserer Expertise unterstützt zu haben. Kinderrechte-Enquete – PsychologInnen sprechen im Parlament Aus Anlass von »25 Jahre UN-Kinderrechtskonvention« fand am 10.11.2014 eine Kinderrechte-Enquete im Parlament statt. BÖP-Vorstandsmitglied Mag.a Hedwig Wölfl, und die BÖP-Mitglieder Dr. Reinhard Neumayer, Abteilung Jugendwohlfahrt der NÖ Landesregierung sowie Dr. Reinhard Topf vom St. Anna Kinderspital, haben bei dieser Veranstaltung von ihren Erfahrungen zum Kinderschutz aus psychologischer Sicht berichtet und weitere Maßnahmen für eine Verbesserung des Kinderschutzes zur Diskussion gestellt. Einen ausführlichen Bericht zur Enquete gibt es auf der Parlamentshomepage unter www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/VER/ VER_00001/index.shtml Informationsfolder zu psychologischen Themen kostenlos im BÖP erhältlich ExpertInnen der Fachsektion »Pädagogische Psychologie« im BÖP haben einen Informationsfolder zum Thema »Pädagogische Psychologie & Bildungpsychologie« erstellt. Darin wird anhand von Fallbeispielen über die zahlreichen Tätigkeitsbereiche von Pädagogischen PsychologInnen und Bildungs psychologInnen informiert. Das gesamte Informationsangebot des BÖP finden Sie auf unserer Homepage unter www.boep.or.at/Folder.171.0.html Informationsangebot des Berufsverbandes Österreichischer PsychologInnen BÖP-Helpline Tel: 01 / 504 8000 www.boep.or.at Mag.a Dr.in Sandra M. Lettner · Präsidentin Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 E KINDERSC H BU ND D ÖSTERREICH I NTREN ZZE UT H SC ESVERBA N Bundesverband Österreichischer Kinderschutzzentren Im vergangenen Jahr wurden zwei für den Kinderschutz bedeutsame Jahrestage gefeiert: 25 Jahre UN-Kinderrechtskonvention und 25 Jahre gesetzliches Gewaltverbot in der Erziehung in Österreich. Ein Vierteljahrhundert danach fällt die Bilanz für die Österreichischen Kinderschutzzentren gemischt aus. Einige Beispiele sollen dies veranschaulichen: vieles noch nicht etabliert ist. Viele betroffene Kinder können mit den Angeboten der Kinderschutzzentren nicht erreicht werden, da die Intervention bei häuslicher Gewalt – trotz gesetzlicher Verbesserungen wie der verpflichtenden Meldung der Exekutive an den Kinder- und Jugendhilfeträger – eher auf die betroffenen Erwachsenen fokussiert ist. Befanden sich damals gerade die ersten österreichischen Kinderschutzzentren in Gründung, so gibt es heute Kinderschutzzentren und -einrichtungen in allen Bundesländern mit einem breiten Angebotsspektrum von Beratung, Psychotherapie, Prozessbegleitung, Präventionsarbeit u.v.m. Seit 2011 haben die Kinderschutzzentren mit dem Bundesverband auch eine gemeinsame Plattform, um Anliegen des Kinderschutzes gemeinsam zu vertreten. Allerdings zeigt sich nach wie vor, dass die Ressourcen für den Kinderschutz begrenzt sind. Statt ihre Angebote ausbauen und absichern zu können, waren 2014 viele Einrichtungen zu Stunden- und Personal kürzungen gezwungen und mitunter auch mit drohender Schließung konfrontiert. Das gefährdet die kontinuierliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die von Gewalt betroffen sind. Für eine flächendeckende Versorgung wäre es zudem in manchen Regionen notwendig, Außenstellen auf- und auszubauen, um Kindern und ihren Familien zu ermöglichen, die Angebote der Kinderschutzzentren in Anspruch zu nehmen. Wenn Kinder in Einrichtungen wie den Gewaltschutzzentren, die für Erwachsene konzipiert wurden, »mitbetreut« werden, dann kommt dies zwar dem Bedarf nach unmittelbarer Unterstützung und Krisenintervention nach. Dennoch ist die Frage zu stellen, ob es nicht in manchen Fällen sinnvoller ist, mit Einrichtungen aus dem Kinder- und Jugend bereich zu kooperieren bzw. die Kinder dorthin zu überweisen. Kinder haben in dieser Belastungssituation andere Bedürfnisse und Sorgen als die beteiligten Erwachsenen, und es besteht die Gefahr, dass diese nicht ausreichend wahrgenommen werden, wenn sie keinen entsprechenden kindzentrierten Raum zur Verfügung gestellt bekommen. In diesem Zusammenhang sorgte das Land Ober österreich mit der »Richtlinie Kinderschutz« im vergangenen Jahr für Aufmerksamkeit. Sie legt nicht nur Qualitätskriterien für die Arbeit der Kinderschutzzentren fest, sondern dokumentiert auch durch die Bereitschaft des Landes Oberösterreich, die finanzielle Verantwortung für die Kernleistungen der Zentren zu übernehmen. Eine solche finanzielle Grundsicherung wäre auch für Kinderschutzzentren in anderen Bundesländern eine Chance, ihr Budget nicht Jahr für Jahr aufs Neue aus unterschiedlichsten Fördertöpfen »zusammenstoppeln« zu müssen. Diese Frage ist nicht nur fachlich zu diskutieren, sondern sie hat auch eine (sozial- und gesundheits-) politische Dimension: Im Gesundheitsbereich werden Kinder und Jugendliche zunehmend als eigene Zielgruppe gesehen, die nicht einfach mit der Gruppe der »Erwachsenen« mitgedacht werden kann, sondern eigene Angebote und Zugänge benötigt (z.B. bei der Spezialisierung auf Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie). Es wäre als Rückschritt zu sehen, wenn im Kinderschutz die kinderspezifischen Angebote für gewaltbetroffene Minderjährige nicht ausgebaut würden, sondern Kinder stattdessen in Einrichtungen, die auf die Bedürfnisse erwachsener Gewaltopfer abgestimmt sind, als »Sonderfall« mitbetreut würden. Barbara Neudecker · Mitarbeiterin des Bundes verbandes und Leiterin der Fachstelle für Prozess begleitung des Bundesverbandes Auch Kinder, die Opfer häuslicher Gewalt wurden, sind ein Beispiel dafür, dass in der Kinderschutzarbeit 83 Institutionelle Mitglieder Ergotherapie Austria – Bundesverband der ErgotherapeutInnen Österreichs Als berufspolitische Interessensvertretung der ErgotherapeutInnen Österreichs verfolgen wir unter anderem das Ziel einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Ergotherapie. Ergotherapie rückt das selbstständige Tun in den Mittelpunkt der täglichen Arbeit und geht davon aus, dass gezielt eingesetzte Tätigkeit gesundheitsfördernde und therapeutische Wirkung hat. Ergotherapie richtet sich an Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Das Ziel der Ergotherapie ist die Durchführung von bedeutungsvollen Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit/Erholung. Status Quo und Teilerfolge der ergotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen Während die kostenlose ergotherapeutische Versorgung durch die Bundeskassen und einige G ebietskrankenkassen bereits seit Jahren möglich ist, war in manchen Bundesländern die Versorgung unzureichend. Erfreulicherweise gelang Ergotherapie Austria ein Vertragsabschluss mit der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse. Dadurch stehen seit April 2014 erstmals kassenfinanzierte Therapieplätze für PatientInnen der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Verfügung. Ein besonderes Augenmerk wurde bei der Definition der Planstellen auf die Versorgung von Kindern und Jugendlichen gelegt. Von den geschaffenen 36 Planstellen sind 15 Stellen (40%) für Kinder gewidmet. Eine weitere Verbesserung der Versorgung gibt es auch im B urgenland. Der bestehende Poolvertrag wurde durch zusätzliche Poolstunden erweitert. Ergotherapie Austria steht laufend in Verhandlungen mit Krankenkassen um eine Verbesserung der Versorgungsstrukturen zu erreichen. Intensive Gespräche gab es 2014 in Kärnten und der Steiermark. Jedoch wurde bis dato noch keine Einigung für Rahmenverträge erzielt. In der Steiermark wurde nun durch einen Vertrag der STGKK mit Ambulatorien eine Versorgung geschaffen. In wie weit diese den tatsächlichen Bedarf deckt, wird das nächste Jahr zeigen. In Wien deckt der vorhandene Pool vertrag weiterhin nur rund 10-20% des Bedarfs ab. 84 Gespräche zwischen der Wiener Gebietskrankenkasse und dem VEV sollen eine Annährung zum nieder österreichischen Versorgungsgrad bringen. Auch 2015 ist Ergotherapie Austria bemüht allen Kindern und Jugendlichen – unabhängig vom Wohnort und Versicherungsträger – einen Zugang zur kostenfreien Therapie zu ermöglichen. Mitarbeit von Ergotherapie Austria bei Projekten bezogen auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen Ergotherapie Austria arbeitete bei der Erstellung des Verordnungskataloges für Kinder und Jugendliche aktiv mit. Dieser hat zum Ziel, u.a. ergotherapie spezifische Probleme darzulegen und die gegebene Notwendigkeit einer Ergotherapie aufzuzeigen. Er soll österreichweit eingesetzt werden und zu einer Optimierung der Vernetzung zwischen ÄrztInnen, Kassen und TherapeutInnen beitragen. Ergotherapie Austria hat auch bei weiteren Projekten zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen fachliche Expertise eingebracht und auf die spezifischen Kompetenzen von ErgotherapeutInnen für ein gesundes Aufwachsen von Kindern hingewiesen. So wurde für die Weiterentwicklung des Mutter-KindPasses Informationen zu Screeningprogrammen mit ergotherapeutischer Relevanz eingebracht und Mitarbeit angeboten. Ebenso arbeitet Ergotherapie Austria intensiv am Thema Primärversorgung aber auch an Projekten wie dem NÖ Kinder- und Jugendplan mit. Mag.a Katrin Unterweger, MSc · Ressort Evidenzbasierung Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Gesellschaft für Sensorische Integration in Österreich (GSIÖ e.V.) Der Verein GSIÖ nimmt sich um alle Anliegen rund um Sensorische Integration an. Hauptpunkte sind dabei: • Öffentlichkeitsarbeit zur Erzeugung eines öffentlichen Bewusstseins für die Existenz, die Auswirkungen und den Umgang mit sensorischen Integrationsstörungen. • Qualitätssicherung der Praxis der Sensorischen Integrationstherapie. Dies erreichen wir durch Qualitätssicherung der Ausbildung, da nur exzellent ausgebildete Fachkräfte auch exzellente Versorgung bieten können. • Verbesserung der Versorgung: hier hat die Kinderliga mit dem Kinderhilfsfonds einen unschätzbaren Beitrag geleistet, um Therapie in der Privatpraxis zugänglich zu machen. Danke! Dennoch sind Eltern aus Mangel an Ergotherapieplätzen bei SI-zertifizierten Therapeutinnen gerade im ländlichen Raum auf nicht äquivalente Ersatzangebote (z.B. SI-«Förderung« oder Gruppen) angewiesen. im Balance Resort, bei der das anstehende neue Curriculum durchgearbeitet wurde. Im Herbst organisierten wir eine interne online Weiterbildung für die GSIÖ-Instruktorinnen (»Didaktischer Impuls«). Das Jahr 2014 war für uns das Jahr d er 4. Generalversammlung. Der »alte« Vorstand (Elisabeth Söchting, Helene Grabuschnigg) wurde bestätigt. Auf der GV wurde ein neues Curriculum für die Zertifikatsausbildung in Sensorischer Integrationstherapie angenommen. Wichtigste Neuerungen: Es gibt keine Teilung in Grund- und Aufbaustufe, am Ausbildungsende steht ein Kalibrierungsprozess und das SI-Zertifikat hat eine zeitbegrenzte Gültigkeit (5 Jahre). Ein Übersetzungsprojekt wurde fertiggestellt: »Sinn-Volle Tipps für Kids« ist ab 2015 im GSIÖ Shop erhältlich. Ganz aktuell: Relaunch unserer Website! Besuchen Sie unsere neue Website auf www.sensorische-integration.org Mag.a Elisabeth Söchting · Präsidentin • Vernetzung: Die GSIÖ kooperiert mit relevanten internationalen SI-Organisationen wie dem Sensory Integrational Global Network SIGN und der International Collaboration for Education in Ayres’ Sensory Integration (ICEASI) und innnerhalb Österreichs mit dem Ergotherapieverband ErgotherapieAustria und – der Kinderliga! Was hat die GSIÖ im Jahr 2014 unternommen? Im Juni 2014 fand in Finnland der 3. Europäische SI Kongress (ESIC) statt, auf dem Österreich stark repräsentiert war. Die 5. ESIC wird übrigens 2017 in Wien stattfinden! Die GSIÖ war in diesem Jahr auch mit Ständen auf der Autismuskonferenz in Wien und dem Familientag der Kinderliga vertreten. Im Sommer lud die GSIÖ die Instruktorinnen zum Instruktoren Meeting, einer zweitägigen Klausur 85 Institutionelle Mitglieder Österreichischer Berufsverband der MusiktherapeutInnen Musiktherapie ist speziell indiziert, wenn zur B ehandlung die Sprache nicht oder nur beschränkt zur Verfügung steht, wie dies etwa bei Kindern mit Entwicklungsverzögerungen oft der Fall ist – über ein nonverbales Medium kann hier eine Beziehungsanbahnung erfolgen und an therapeutischen Zielen gearbeitet werden. Wichtige Arbeitsbereiche sind Autismus-Spektrum-Störungen, psychiatrische und psychosomatische Erkrankungen, Neonatologie, Neurorehabilitation und Onkologie. Seit seiner Gründung im Jahr 1984 vertritt der ÖBM die Interessen der in Österreich berufstätigen MusiktherapeutInnen. Derzeit sind etwa 225 MusiktherapeutInnen sowie 40 Musiktherapie-Studierende im ÖBM organisiert. Rückblick 2014 • Finanzierung musiktherapeutischer Leistungen: Im Rahmen einer Unterschriften-Aktion wurden im Jänner 2014 dem Gesundheitsminister 8.221 Unterstützungserklärungen übermittelt. • 14th World Congress of Music Therapy in Vienna/Krems: Im umfangreichen Kongress programm fand sich u.a. eine Präsentation des T IME-A-Projekts, das weltweit im Bereich Musiktherapie und Autismus-Spektrum-Störung forscht. »Music Therapy with Families« ist ebenfalls ein international aktuelles Thema, zu dem es rege Vernetzungsarbeit und fachlichen Austausch gibt. • 30 Jahre ÖBM: Im Juni 2014 konnte der Berufsverband auf insgesamt 30 Jahre seines Bestehens zurückblicken. Als besonderer Meilenstein wurde im Rahmen der Festlichkeiten das 2009 in Kraft getretene Berufsgesetz für Musiktherapie gewürdigt. • ÖBM-Fortbildungsveranstaltungen: Speziell im Kinder- und Jugendbereich wurden in diesem Jahr Schwerpunkte auf die Themen ADHS und musiktherapeutische Methodik gesetzt. Ein Fachtag widmete sich musiktherapeutischen Eingangsphasen im störungsspezifischen Kontext (Erstkontakte, Erstgespräche und Elternarbeit). 86 Ausblick 2015 • Finanzierung musiktherapeutischer Leistungen: In Kontakt mit Verantwortlichen aus Politik und Sozialversicherungswesen wird weiter an diesem Ziel gearbeitet. • Ein zertifizierter Weiterbildungskurs »MusikSpielTherapie ®« unter der Leitung von Katrin Stumptner und Cornelia Thomsen (Berlin) wird von Dezember 2014 bis Jänner 2016 angeboten. Unter direktem Einbezug der Eltern bietet die Musiktherapie hier eine Methode zur Behandlung früher Entwicklungsstörungen in den ersten Lebensjahren. In triadischem Setting (Bezugsperson – Kind – Therapeutin) kann dadurch intensiv an Bindungsund Regulationsstörungen des Säuglings und Kleinkindes gearbeitet werden. Ein Einsatz des nonverbalen Mediums Musik erweist sich in dieser präverbalen Zeit als sehr sinnvoll. • 10th European Music Therapy Conference: Der ÖBM als Mitveranstalter freut sich auf diese internationale Veranstaltung, die im Juli 2016 in Wien stattfinden wird. Planung und Organisation sind bereits in vollem Gange. Chancengleichheit und Gesundheit Derzeit steht in Österreich keine Finanzierung oder Unterstützung von Musiktherapie im niedergelassenen Bereich durch Krankenkassen zur Verfügung. Der ÖBM setzt sich dafür ein, diese Lücke zu schließen und somit allen Familien, die dies brauchen, den Zugang zu Musiktherapie zu ermöglichen oder zu erleichtern. MMMag.a Monika Geretsegger · Vorstandsvorsitzende Mag.a Marianne Trippl · Delegierte Mag.a Eva Phan Quoc · Delegierte Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie Säuglings-, Kinder und Jugendpsychotherapie in Österreich Die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen wächst. Dabei wird die Forderung nach Qualitätssicherung und nach besseren Arbeitsbedingungen lauter. Die psychotherapeutische Versorgung für Säuglinge, Kinder und Jugendliche hat in den letzten Jahren große Schritte in Richtung einer bedarfsgerechteren Versorgung gemacht. Kinder und deren Eltern merken dies in erster Linie an einem leichteren und leistbaren Zugang zur Psychotherapie und im Idealfall an kürzeren Wartezeiten. In einigen Bundesländern sind seitens der Krankenkassen die Budgets für die Psychotherapie von Säuglingen, Kinder und Jugendlichen teils erheblich angehoben worden, in manchen Regionen gibt es eine Vorreihung des Ausbaus der Psychotherapie zugunsten der Kinder entsprechend den Gesundheitsrahmenzielen. Eine wesentliche Neuerung wird es im Bereich der Qualitätssicherung geben. Im Psychotherapie beirat wurde der Entschluss gefasst, eine einheitliche Schwerpunktliste für Säuglings-, Kinder und J ugendpsychotherapie zu etablieren. Der österreichische Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) arbeitet schon länger an der Umsetzung einer s olchen Liste. Sie soll Orientierung für Eltern und zuweisende Stellen bringen. Es ist zu gewährleisten, dass alle, die Psychotherapie suchen, möglichst ohne Irrwege adäquate Behandlung finden. Aber es geht auch um den Nachweis, dass eine Vertiefung mit dem Fach stattgefunden hat. Diese Liste bringt keinen Tätigkeitsvorbehalt, das bedeutet, dass weiterhin alle eingetragenen PsychotherapeutInnen berechtigt sind, im Feld zu arbeiten. Gelistet können aber nur jene KollegInnen werden, die besondere Qualitäts- und Erfahrungsnachweise erbringen. Mag. Karl-Ernst Heidegger · Vizepräsident ÖBVP Aber trotz aller Verbesserungen gibt es noch keine einheitliche gerechte Lösung, es bleibt ein Flickwerk. Im Bedarfsfall brauchen Österreichs Kinder Glück, im richtigen Bundesland zu leben, bei der richtigen Sozialversicherung zu sein oder vermögende Eltern zu haben. Die Frage beim Erstgespräch, bei welcher Versicherung das Kind mitversichert ist, wird zu oft zur Schicksalsfrage, ob Eltern sich die notwendige Psychotherapie ihres Kindes leisten können. Die Wechselwirkung zwischen sozioökonomischen Faktoren und Gesundheit ist längst bekannt, auch dass Armut seelisch krank macht und Kinder und Jugendliche besonders trifft. Im November 2014 hat Österreich seinen Beitritt zur UN-Kinderrechtskonvention vor 25 Jahren gefeiert. Das Recht auf die bestmögliche Gesundheit und Behandlung ist ein Teil der Kinderrechte der Vereinten Nationen. Hier ist Österreich säumig. Die psychische Versorgung von Kindern hinkt in Österreich der allgemeinen Gesundheitsversorgung stark hinterher und ist trotz Angebot nicht vollständig gewährleistet. Was vor allem fehlt, ist ausreichend kassen finanzierte Psychotherapie. 87 Institutionelle Mitglieder ÖSTERREICHISCHES HEBAMMENGREMIUM Österreichisches Hebammengremium Gesundheitliche Chancengleichheit für sozial b enachteiligte Kinder wurde anlässlich der Kindergesundheitsstrategie im Jahr 2012 vom Bundes ministerium für Gesundheit gefordert und Maßnahmen, um die geforderten Ziele zu erreichen, angekündigt. Aufgrund ihrer Positionierung im Gesundheitssystem haben Hebammen hier eine wichtige Aufgabe zu bewältigen. Zum einen sind sie Fachfrauen für Schwangerschaft, Geburt und Säuglingszeit, zum anderen sollen sie Eltern zu gesundheitsrelevanten Themen fachlich beraten und Informationen von gesundheitlichen Präventions- und Vorsorgeleistungen weitergeben. Es bedarf eines ungehinderten Zugangs, damit auch sozial benachteiligte Frauen und ihre Familien oder Frauen mit Migrationshintergrund diese Vorsorgeleistungen in Anspruch nehmen. Diesen Zugang schafft der Mutter-Kind-Pass, der allen schwangeren Frauen zu Beginn der Schwangerschaft ausgestellt wird und in dem alle für Mutter und Kind relevanten Untersuchungen aufgezeichnet sind. Die Hebammenberatung im Mutter-Kind-Pass z wischen der 18. und 22. Schwangerschaftswoche ist nur der erste Schritt in der Beratung und Begleitung von werdenden Eltern durch Hebammen. Die Hebamme leitet nach der Geburt und während der Stillzeit die Eltern in der Pflege und Versorgung des Säuglings an und unterstützt sie in der Entwicklung einer tragfähigen Eltern-Kind-Beziehung. Seit November 2013 ist das Beratungsgespräch gesetzlich verankert und seit März 2014 mit dem Hauptverband ein Gesamtvertrag ausgehandelt. Derzeit bieten 678 von 2116 Hebammen in Österreich das Beratungsgespräch an, ca. 300 Hebammen davon mit Kassenvertrag. Bis Mitte Mai wurden 650 Beratungen durchgeführt und konnten bis November 2014 auf 4000 ausgeweitet werden. Dies sehen wir für die ersten Monate als sehr zufriedenstellend an. Der kostenlose Kontakt mit einer Hebamme hat sich bis Ende 2014 etabliert und die Möglichkeit trifft bei den werdenden Eltern auf sehr positive Resonanz. 88 Im vergangenen Jahr wurde zusätzlich erneut ein Augenmerk auf das Projekt »Hebammen in den Schulen« gelegt. In wenigen Bundesländern gibt es seit Jahren finanzielle Unterstützung, es wäre ein wünschenswertes Ziel für 2015, das Angebot flächendeckend auszuweiten. Die Expertise von Hebammen erfüllt auch einen Nutzen für Schwangere und Neugeborene in besonderen Lebensumständen. Familienhebammen unterstützen Familien, die in der Phase der Familienbildung gesundheitlich oder psychosozial besonders belastet sind zusätzlich, und vertreten die Interessen des Kindes. Dies geschieht insbesondere hinsichtlich seiner Gesundheit, Ernährung und der emotionalen und sozialen Bedürfnisse. Dazu gehört die Sicherstellung der Inanspruch nahme von Präventionsprogrammen wie zum Beispiel kinderärztliche Untersuchungen, und bei Bedarf die Vermittlung in andere Unterstützungsangebote aus dem Gesundheits- oder Jugendhilfebereich. Aufsuchende Dienste, wie Hausbesuche durch die Hebamme ermöglichen einen niederschwelligen Zugang, durch den belastende Situationen in der Familie erst erkennbar werden. Im Basisangebot des »Frühe Hilfen«-Konzeptes soll der Hausbesuch der Hebamme daher einen sicheren Platz finden. Auch in der Primärversorgung wird die Betreuung von Schwangeren, Eltern und ihrer Kinder durch die Hebamme eine wichtige Rolle spielen. Die Wahrung der körperlichen und psychischen Gesundheit von Mutter und Kind mit Hilfe von Gesundheits förderung und Prävention, Stärkung der Elternkompetenz, Unterstützung der Eltern-Kind Bindung und die Erhöhung der Stillquoten sind unsere wichtigsten Ziele im Bereich der Primärversorgung im nächsten Jahr. Gerlinde Feichtlbauer / Brigitte Theierling, Geschäftsführender Ausschuss Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Österreichischer Kinderschutzbund und Verein für gewaltlose Erziehung Die Vision von Univ. Prof. Hans Czermak galt einer Gesellschaft, die Kindern gegenüber vollkommen gewaltfrei agiert. Sie führte 1978 zur Gründung des Österreichischen Kinderschutzbundes und ist für die Mitarbeiter/-innen des Vereins seither die Triebfeder des Engagements gegen Gewalt. Vor allem die Erziehung zur Gewaltlosigkeit und Toleranz innerhalb der Familie war eine der zentralen Lebensaufgaben des leidenschaftlichen Kinderarztes. »Wer sich K indern widmet, wer sie liebt, der kommt um die Frage der Gewalt innerhalb der Familie nicht herum«, schrieb Hans Czermak in seinem Vermächtnis an die Eltern. Gerade dieses Vermächtnis bedeutet für alle, die im Rahmen der Vereinsarbeit auch gegenwärtig Funktionen ausüben, Verpflichtung. Daraus leitet sich ab, dass im Rahmen der Vereinsarbeit nicht nur Stellung zu nationalen und internationalen Fragen der Kinderrechte und des Gewaltproblems bezogen wird, sondern, dass auch die »kleinen« Konflikte, bei denen es um Gewalt geht, eine große Bedeutung haben. Das leitende Motto: Im Jahr 2014 wurde auf breiter, auch medialer Ebene die »25 Jahre UN- Kinderrechtskonvention« gefeiert und auch an »25 Jahre gesetzliches Gewaltverbot in Österreich« erinnert. Der Verein konnte sich an zahlreichen Veranstaltungen kooperativ beteiligen und das vor dem Hintergrund der Überzeugung, dass es immer auch darum geht, gemeinsam mit Partnerorganisationen kontinuierlich eine Front gegenüber der Gewalt aufzubauen und zu stärken. Die Ankündigung von Frau Dr. Sophie Karmasin (Bundesministerin für Familien und Jugend) » Österreich zieht alle Vorbehalte gegen die UN-Kinderrechtskonvention zurück« war ganz im Sinne des Österreichischen Kinderschutzbundes. 42% unserer Mitmenschen kennen noch immer nicht das gesetzliche Gewaltverbot in Österreich. (Quelle: Ergebnisse der Untersuchung »25 Jahre Gesetzliches Gewaltverbot 2014« GFK Austria GmbH) Das ist uns einfach zu viel und für uns Motivation und Ansporn, um eine entsprechende Aufklärung weiter voran zu treiben. Wir hoffen dass dieser Ankündigung bald weitere Schritte folgen werden, die dazu dienen, Gewalt in allen ihren Facetten zu vermindern. Dies w ürde für den Österreichischen Kinderschutzbund das »Highlight« des Jahres darstellen. »Denn jedes Kind hat das Recht auf eine glückliche Kindheit« ist für uns und unsere Arbeit verbindlich und daher werden wir auch im nächsten Jahr im Rahmen u nserer Möglichkeiten folgende Themen unterstützen und weiter entwickeln, wobei wir insbesondere in der Liga eine konstruktive und wichtige Partnerorganisation sehen: • Das Modellprojekt »Frühe Hilfen« wird von u nserem Verein weiterhin vollste Unterstützung erfahren und bei jeder sich bietenden Gelegenheit beworben. • Die »Stärkung der elterlichen Kompetenz – E lternbildung« soll ein fixer Bestandteil im Mutter(Eltern)-Kind-Pass werden. • »Österreichweite Kampagne« zum Gewaltverbot in Österreich und den UN-Kinderrechten durch ö sterreichische Ministerien und der österreichischen Wirtschaft. Es ist uns zu wenig, dass nur 5 bis 7 % der Eltern in Österreich Elternbildungsprogramme besuchen, obwohl diese zum Teil sogar kostenlos angeboten werden. Auch diesbezüglich werden wir versuchen, neue Aktivitäten zu setzen, denn die steigende Zahl der hilfesuchenden Kinder, die einen psychotherapeutischen Therapieplatz benötigen, ist ein Hinweis dafür, dass ein entsprechender Handlungsbedarf vonnöten ist. Es gibt noch viel zu tun, packen wir es gemeinsam an. Sascha Hörstlhofer, BA. · Obmann Stellvertreter Ein bedeutsames Ereignis war auch die parlamentarische Enquete am 10. November 2014, an der wir im Kreise des Netzwerks Kinderrechte integriert waren. 89 Institutionelle Mitglieder Pikler-Hengstenberg-GesellschaftÖsterreich »Für ein friedliches Zusammenleben der Menschen wird es in Zukunft ausschlaggebend sein, ob die Würde des Kindes im Bewusstsein der Erwachsenen einen anderen Stellenwert erhält.« Ute Strub Gesundheit und Chancengleichheit im Sinne der Pikler® -Kleinkindpädagogik zu verstehen, kann bedeuten, allen Menschen von Geburt an geeignete Bedingungen für eine gesunde persönliche Entwicklung zu gewähren: durch Raum für Autonomieentwicklung, freie Bewegung und kreatives Spiel aus eigener Initiative, Entwicklung von Selbstgefühl und Beziehungskompetenz durch Kooperation während der Pflege, Empathie und Interesse für individuelle Lernschritte. Als Verein, der bestrebt ist, mit seinen Angeboten Familien mit Kindern von Anfang an zu unterstützen und zu begleiten, gehen wir davon aus, dass frühe Hilfen eine Basis legen können, die kleinen Kindern und ihren Eltern ermöglicht, authentische Beziehungen zu entwickeln. 1.Pikler®-Krippentagung veranstaltet – zum Thema: »Die Pikler®-Kleinkindpädagogik in Krippen und in Krabbelstuben. Was brauchen kleine Kinder in Betreuungseinrichtungen?«. Die rege Teilnahme hat uns gezeigt, welch einen B edarf es gibt nach Unterstützung für eine praxis orientierte, an den Entwicklungsbedürfnissen k leiner Kinder ausgerichtete Pädagogik. Und wie offen und interessiert Pädagoginnen sind, in dem herausfordernden Betreuungsalltag konkrete Möglichkeiten kennenzulernen, die Betreuung von kleinen Kindern so zu gestalten, dass sowohl Kinder in diesem jungen Alter als auch deren Eltern in der Tagesbetreuung von qualifizierten Bedingungen profitieren können. In Zusammenarbeit mit Kolleginnen aus Deutschland, Schweiz und Ungarn haben wir im Oktober 2014 in der Pikler® -Krippen-Arbeitsgemeinschaft die Pikler® -Konvention für die Rechte der Kinder in Krippen verfasst. Vorausblick: Für frühen Bindungsaufbau als Grundlage für die Entfaltung einer gesunden Persönlichkeit möchte der Pikler®-SpielRaum, ein Eltern-Kind-GruppenKonzept, eine Möglichkeit bieten, Kinder und ihre Entwicklungsbedürfnisse immer besser kennenzu lernen und adäquat darauf zu antworten. Das Pikler ®-Ausbildungscurriculum bietet nicht nur interessierten Eltern-Kind-Gruppen-Leiterinnen sondern auch Krippenbetreuerinnen und Tagesmüttern die Möglichkeit, sich für die Betreuung von kleinen Kindern und die Zusammenarbeit mit deren Eltern zu qualifizieren, um in außerhäuslichen Betreuungseinrichtungen Bedingungen zu schaffen, die den Bedürfnissen kleiner Kinder nach emotionaler Sicherheit und Autonomieentwicklung Rechnung tragen. Rückblick Vom 21.-23. Februar 2014 hab en w ir in S alzburg im Bildungs zentr um St.V irgil di e 90 Für das Jahr 2015 haben wir eine Weiterbildung zur Pikler®-SpielRaum-Arbeit organisiert, mit den Kolleginnen aus dem Pikler® -Institut in Budapest, die aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung in der Betreuung von Heimkindern, Krippenkindern und Pikler® -SpielRaum-Gruppen die Qualität der Begleitung von kleinen Kindern und deren Eltern mit uns weiterentwickeln und vertiefen werden. Darüberhinaus arbeiten wir in der Pikler® -KrippenArbeitsgemeinschaft an der Veröffentlichung eines Pikler®-Krippenkonzepts. Mag.a Daniela M. I. Pichler-Bogner · Obfrau Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Vereinigung Österreichischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten Seit 2008 arbeitet die Vereinigung Österreichischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten daran, dass Chancengleichheit im Gesundheitssystem wirklich und konsequent umgesetzt wird. Dazu gehört, dass psychische Gesundheit als ebenso wichtig betrachtet wird wie körperliche. Viel Positives ist seit der Einführung des Psychotherapiegesetzes 1991 passiert, es sind Vorurteile und Schambarrieren gegenüber psychischen Beschwerden geringer geworden, es ist seit 2001 möglich, psychotherapeutische Behandlung auch auf Krankenschein zu erhalten. Womit wir aber doch wieder bei dem Begriff Chancengleichheit wären, denn leider ist es noch nicht gelungen, einen Gesamtvertrag für Psychotherapie zu erreichen, das heißt aber, nicht alle, die Behandlung bräuchten, können sie sich leisten, es gibt zu wenig Kassenplätze. Dies trifft besonders Kinder, denn die sind darauf angewiesen, dass Erwachsene erstens bemerken, dass sie Unterstützung brauchen und dann auch dafür sorgen, dass sie diese erhalten. Was braucht ein Kind? Am wichtigsten sind sichere und verlässliche Bezugspersonen, die die Bedürfnissen des Kindes ernst nehmen, sein Fehlverhalten oder seine Beschwerden als Botschaft sehen, die zu hinterfragen sind und Sinn haben. Gerade weil Kinder abhängig von Erwachsenen sind, ist es wichtig, auch diese zu stützen und professionell zu begleiten, wenn Schwierigkeiten auftreten. Zum Beispiel sind seit 2013 Eltern minderjähriger Kinder vor einer einvernehmlichen Scheidung gesetzlich verpflichtet, sich über die spezifischen aus der Scheidung resultierenden Bedürfnisse ihrer Kinder bei einer geeigneten Person oder Einrichtung beraten zu lassen. Die VÖPP bietet gerichtlich anerkannte Einzel-/Paar-und Gruppenberatungen (nach § 95 Abs 1a) an. Wichtig ist, dass sich Eltern in dieser Phase mit den Bedürfnissen ihrer Kinder auseinandersetzen. Dabei werden sowohl entwicklungspsychologische als auch familiendynamische und systemische Aspekte beleuchtet. Es stehen die kindlichen Perspektiven und das Bedürfnis der Kinder nach Stabilität und Sicherheit im Mittelpunkt, die Erhaltung oder das wieder Herstellen der seelischen Gesundheit. Ebenso wichtige Bezugspersonen, mit denen ein Kind viel Zeit verbringt, sind LehrerInnen und KindergartenpädagogInnen. Oft entsteht seelisches Leid der Kinder an den Orten Kindergarten oder Schule. Hier ist Interdisziplinarität besonders gefragt, Beobachtungen der BetreuerInnen sind wichtig, um allen Kindern die gleiche Chance zu geben, dass Probleme entdeckt werden, psychische Beschwerden erkannt und auffälliges Verhalten professionell hinterfragt werden. Dazu braucht es BetreuerInnen und LehrerInnen, die über entwicklungspsychologische Kenntnisse verfügen und bereit und imstande sind, Kindern emotional verlässliche Zuwendung zu bieten, Wissen über Gruppendynamik haben und Gruppenprozesse, in denen Kinder benachteiligt (gemobbt oder ausgeschlossen) werden, konstruktiv verändern können. Ziel wäre die Fokussierung der Förderung auf Kreativität und Ausprobieren der Fähigkeiten und Entwicklung des Selbst, dazu gehört, Lernen so zu praktizieren, dass Leistung bzw. Fehlleistung nicht Angst erzeugt. Ein besonders gutes Beispiel sei hier exemplarisch erwähnt: Das Fehlerkillerprojekt von Brigitte Sindelar (2011), in dem sie belegen konnte, dass SchülerInnen, bei deren Arbeiten nicht die Fehler, sondern das Richtige markiert wurde, mehr Motivation und bessere Leistungen zeigten als Kinder, deren Arbeiten herkömmlich verbessert wurden. Angststörungen, Depressionen, Schulverweigerung, psychosomatische Erkrankungen könnten minimiert werden, wenn die wichtigen Bezugspersonen der Kinder an einem Strang ziehen – präventiv aber auch kurativ. Dr.in Jutta Fiegl · Präsidentin 91 Institutionelle Mitglieder Caritas der Erzdiözese Wien – Hilfe in Not Kinderliga-Jahresthema: Gesundheit & Bildung – Beziehungsbildung Zum aktuellen Jahresthema bietet die Caritas der Erzdiözese Wien bereits seit vielen Jahren Angebote im Rahmen der aufsuchenden Familienarbeit an, wie z.B. »Familienhilfe Klassisch« zur Überbrückung in Krisensituationen und »Familienhilfe KiB« als Entlas tungs- und Unterstützungsangebot für Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen. Ein weiterer Schritt in der aufsuchenden Familienarbeit konnte 2014 mit der Kooperation und dem A bschluss eines Masterfranchisevertrages mit wellcome Deutschland gesetzt werden. Die Caritas der Erzdiözese Wien bringt mit wellcome ein sehr bewährtes, niederschwelliges und primärpräventives Angebot im Spektrum der »Frühen Hilfen« nach Österreich. wellcome – Praktische Hilfe nach der Geburt Die Idee Mit der Geburt eines Babys beginnt für viele Paare ein neuer Lebensabschnitt – geprägt von Freude, Hoffnung und Glück, aber auch von den Bedürfnissen des Babys. Die Bewältigungsmöglichkeiten, vor allem wenn kein soziales Netzwerk von Familie oder Bekannten im lokalen Umfeld vorhanden ist, sind oftmals sehr schnell ausgeschöpft. Den Eltern fehlt die Zeit zum Durchatmen, zum Schlafen, die Zeit für sich selbst. Vor allem Familien, die nicht in der Region »verwurzelt« sind (sog. Zugzugsfamilien), erleben diese Zeit oftmals als besondere Herausforderung. Familien, die sich nach der Geburt Unterstützung wünschen oder die unter besonderen Belastungen leiden (z. B. Mehrlingsgeburt, Alleinerziehende), erhalten diese durch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen. Die Hilfe Wie ein guter Engel kommt die ehrenamtliche wellcome-Mitarbeiterin der Familie zu Hilfe. Sie wacht über den Schlaf des Babys, geht mit dem Geschwisterkind zum Spielplatz oder begleitet die Zwillingsmutter zum Kinderarzt. 92 Die Unterstützung durch wellcome findet zeitlich begrenzt für ca. drei Monate etwa ein- bis zweimal pro Woche für jeweils zwei bis drei Stunden innerhalb des ersten Lebensjahres des Kindes statt. Ein wellcome-Team besteht aus einer hauptamtlichen, fachlich ausgebildeten wellcome-TeamKoordinatorin und etwa 15 Ehrenamtlichen. Die Team-Koordinatorin vermittelt Ehrenamtliche in Familien, berät zu weiterführenden und alternativen Angeboten und vermittelt Familien in regionale Netzwerke. Sie begleitet und betreut die Ehrenamtlichen bei fachlichen Fragen. Ziele • Unterstützung für Mütter und Väter bei der Bewältigung alltäglicher Herausforderungen nach der Geburt eines Kindes. • Information von Familien über regionale Unterstützungssysteme und soziale Netzwerke • Primärprävention um möglichen Krisensituationen entgegen zu wirken und in Folge teuren Unterstützungsnotwendigkeiten vor zu beugen. • Bereitstellen von leicht zugänglichen Unterstützungsmaßnahmen um Rahmenbedingungen zu schaffen, welche grundsätzlich »Lust auf Familie« wecken und insbesondere Frauen stärken. wellcome wurde 2006 von der Universität Kiel evaluiert. Die Wirksamkeit von wellcome zur Entlastung der Mütter und der damit verbundenen Förderung einer positiven Mutter-Kind-Beziehung sowie das präventive Potential wurden wissenschaftlich nachgewiesen. Im Jahr 2012 wurde wellcome mit dem »Wirkt-Siegel« von Phineo ausgezeichnet Ausblick 2015 Die Caritas der Erzdiözese Wien wird wellcome an jeweils zwei Standorten in Wien und NÖ umsetzen. Für die bundesweite Verbreitung des Konzeptes werden trägerübergreifende Kooperationen angestrebt. Bei Interesse freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme: Cornelia Heinrich · Leiterin Beratung & Familie Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Die Boje – Ambulatorium für Kinder und Jugendliche in Krisensituationen Zielgruppe Das Ambulatorium bietet seine Dienste Kindern und Jugendlichen (bis 18 Jahren) und gegebenenfalls deren Familien an, die von schweren emotionalen Belas tungen und einschneidenden traumatisierenden Lebensereignissen, wie etwa Krankheit, Unfall, Tod (natürlicher, gewaltsamer und Unfalltod), physischer und psychischer Gewalt, traumatische Scheidungen, Mobbing, aber auch von Großschadensereignissen betroffen sind. Jugendliche in Krisensituationen – die Boje ist. Finanzierung Die Finanzierung erfolgt zu 63 % aus den Krankenkassenerträgen, 37 % der Gesamtkosten müssen über Spenden und Förderungen aufgebracht werden, was immer schwieriger wird. Die Boje gehört zu den spendenbegünstigten Organisationen, das heißt, Spenden an die Boje sind steuerlich absetzbar. Dr.in Regina Rüsch · Geschäftsführerin Es ist hinreichend bekannt, dass viele chronische psychische Leidenszustände und Krankheitsbilder, die in späteren Jahren der Entwicklung auftreten, oftmals auf unbewältigte Krisen im Kindes- bzw. Jugendalter zurückzuführen sind, die dann lang jähriger psychotherapeutischer Behandlung bedürfen. Angebot Das niederschwellige Angebot des Ambulatoriums richtet sich nach den Bedür fnissen der Zielgruppe und kann mit der e-Card in Anspruch genommen werden. Hauptanliegen ist rasche und unkomplizierte Hilfeleistung. Wir bieten Krisen intervention, Diagnostik, kinderneuropsychiatrische Behandlung, Kurzzeittherapie, gelegentlich Langzeittherapie, Gruppentherapie und Arbeit mit Eltern bzw. Bezugspersonen. Wir beraten KollegInnen in pädagogischen Berufen. Wir sind mit vielen Institutionen vernetzt. Seit der Eröffnung im Oktober 2002 wurden etwa 8.550 PatientInnen in rund 90.000 Stunden im Ambulatorium betreut. MitarbeiterInnen Multiprofessionelles, interdisziplinäres Team, bestehend aus FachärztInnen für Kinderneuro psychiatrie, klinischen PsychologInnen und PsychotherapeutInnen, alle sind speziell in Krisenintervention geschult. Träger Der Verein die Boje – Individualpsychologisches Z entrum führt eine gemeinnützige GesmbH, welche Träger des A mbulatoriums für K inder und 93 Institutionelle Mitglieder Kinderhospiz Netz Wiens erstes Kinderhospiz Dankbar schauen wir auf das Jahr 2014 zurück. Viele Menschen begleiteten uns, sei es durch ehrenamtliches Engagement oder die so dringend benötigte finanzielle Unterstützung. Dadurch konnten wir die von uns betreuten Kinder und deren Familien bestmöglich unterstützen. Dass Kinderpalliativ- und Kinderhospizarbeit dringend gebraucht wird, ist evident. Mehr als 400 Kinder sterben jährlich in Österreich, oft nach langem Leiden, an einer unheilbaren Krankheit. Allein in Wien und Umgebung sind 800 Kinder lebensbedrohlich erkrankt. Ab der Diagnose verändert sich das Leben der betroffenen Familie von Grund auf. Verzweiflung, Hilflosigkeit und Trauer kommen auf. Der Tagesablauf wird von der Pflege und Behandlung des kranken Kindes bestimmt. Ein normaler Alltag ist nicht mehr möglich. Die Tage sind geprägt von körperlicher und seelischer Dauerbelastung. Für gesunde Geschwister bleibt kaum noch Zeit und Aufmerksamkeit. Das Kinderhospiz Netz unterstützt die gesamte Familie dabei, das Beste aus jedem verbleibenden Tag zu machen. Unsere Begleitung ermöglicht es unheilbar kranken Kindern, in ihrer vertrauten Umgebung bleiben zu können, ohne dass die Familien allein gelassen und überfordert werden. Wir helfen, wo auch immer Hilfe nötig ist Das Kinderhospiz Netz arbeitet mobil und unterstützt betroffene Familien dort, wo das kranke Kind zu Hause ist. Wir bieten: • Medizinische und pflegerische Betreuung • Psychische und seelsorgerische Beratung • Sozialberatung • Hilfe und Entlastung im Alltag für die gesamte Familie durch geschulte Ehrenamtliche • Begleitung über den Tod des Kindes hinaus 94 • Hilfestellung durch unsere Trauergruppen und individuelle Betreuungsangebote • Vernetzung mit bestehenden Versorgungsangeboten (wie z.B. MOKI) und Organisation von fehlenden Diensten GESCHWISTERARBEIT: Ein wichtiger Bereich im Kinderhospiz Netz Geschwister von lebensverkürzend erkrankten oder verstorbenen Kindern sind stark belastet. Die meiste Aufmerksamkeit der Eltern gilt dem erkrankten Kind, die Geschwister fühlen sich oft allein gelassen und nicht beachtet. Die im Befähigungskurs ausgebildeten Ehrenamtlichen des Kinderhospiz Netz sind wichtige Ansprechpartner und Vertrauenspersonen für die Geschwisterkinder. Sie helfen ihnen bei den Schulaufgaben, unternehmen oder spielen etwas gemeinsam. Vor allem aber haben sie Zeit für die Kinder und hören ihnen zu. Zusätzlich gibt es einmal monatlich im Rahmen der Geschwistergruppe »Du bist uns wichtig« regelmäßige Unternehmungen, wie Ausflüge, Spielen achmittage, sportliche oder tiergestützte Aktivitäten. Wie bereits 2014 bieten wir auch im kommenden Jahr wieder unsere Kinder-Trauergruppe an. Hier lernen die Kinder unter professioneller Anleitung ihre Trauer um den verstorbenen Bruder / die verstorbene Schwester zu verarbeiten. Geplant ist auch eine Trauergruppe für Eltern. Mag.a Irene Eberl · Stv. Obfrau & Öffentlichkeitsarbeit Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 MOKI-Mobile Kinderkrankenpflege Im Jahr 2014 dominierten zwei Themen unsere Arbeit. Wir konnten Veränderungen im Bereich »Palliative Care in der Pädiatrie« erkennen. Gemeinsam mit MOMO, Wiens mobiles Kinderhospiz, und dem Kinderhospiz Netz wurden viele Kinder, Jugendliche und ihre Familien auch medizinisch, psychosozial und ehrenamtlich betreut. Im Auftrag von Stadträtin Mag.a Sonja Wehsely hat der Dachverband der Wiener Sozialeinrichtungen zu mehreren Arbeitssitzungen geladen, Thema war wieder die Konzepterstellung möglicher Versorgungs- und Betreuungsangebote. Derzeit wird ein umfassendes Hospiz- und Palliativkonzept für Wien erarbeitet, wir sind sehr gespannt ob dies 2015 zu einer deutlichen Verbesserung und einer Finanzierung – vor allem – im Kinder- und Jugendlichenb ereich führen wird. Der zweite Schwerpunkt, welcher immer mehr thematisiert wird, ist die Versorgung und Betreuung von Kindern mit einer chronischen Erkrankung oder einer (schweren) Behinderung. Der Anteil der schulpflichtigen Kinder, welche einen medizinisch/ pflegerischen Bedarf aufweisen steigt kontinuierlich. Wir können nachvollziehen, dass invasive Tätigkeiten wie katheterisieren, absaugen oder Beatmungen durch Respiratoren durch eine diplomierte Pflegeperson durchgeführt werden sollen. Es wird immer wieder diskutiert, wo die Grenzen der »Zumutbarkeit« für Pädagoginnen/Pädagogen sind. Ist Wickeln oder die Nahrungsverabreichung über eine PEGSonde schon eine fachspezifische Tätigkeit? Kann die Pädagogin/der Pädagoge neben der Betreuung und Aufsicht anderer Kinder »nebenbei« Blutzucker messen und Insulin verabreichen, bzw. bei akuten Krampfanfällen Notfallsmaßnahmen setzen? Wir von MOKI-Wien nehmen einerseits die Sorgen und Ängste der Pädagogen wahr, andererseits verstehen wir auch die Eltern, welche ihren Kindern soweit wie möglich Alltag bieten, bzw. einen Schulwechsel vermeiden möchten. Kinder oder Jugendliche mit einem medizinischen Bedarf besuchen fast flächendeckend in ganz Wien die unterschiedlichen Schulen und Klassen. Da die Tätigkeiten meist in den (fast immer gleichzeitig stattfindenden) Pausen durchgeführt werden, würde ein hoher Personalbedarf an diplomiertem Kinderkrankenpflegepersonal (DKKS/DKKP) benötigt werden. MOKI-Wien zeigt seit Jahren mit verschiedenen anderen Organisationen die Notwendigkeit einer Schulnurse – wie es sie in anderen Ländern gibt – auf. Diese könnte neben den Kindern mit einem regelmäßigen medizinisch/pflegerischen Bedarf auch viele vermeintlich gesunde Kinder im Rahmen der Gesundheitsprävention unterstützen und fördern. Im Jahr 2014 wurden sehr viele Gespräche mit den verschiedensten öffentlichen Stellen (Stadtschulrat, Fonds Soziales Wien) aber auch mit Elterninteressensvertretungen geführt, wie immer wenn es um neue Ideen, neue Konzepte geht, steht die Finanzierung dieser Angebote zur Diskussion. Es wird aber auch eine (neue) Offenheit der öffentlichen Stellen wahrgenommen, mittelfristig Lösungen zu finden. Ich hoffe, dass 2015 schon erste Schritte umgesetzt werden können. Informationen: 32 Dipl. Pflegepersonen und 2 Pflegehelferinnen betreuen Kinder/Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr spitalsersetzend oder im Rahmen der Langzeithauskrankenpflege. Schwerpunkte: • Übernahme medizinischer und pflegerischer Tätigkeiten entsprechend GuKG, • Frühgeborenennachbetreuung, • Entlastung der Familien bei der Betreuung/Versorgung ihres Kindes/Jugendlichen mit einer chronischen Erkrankung und/oder einer Behinderung • Begleitung der Familie mit einem sterbenden Kind/Jugendlichen, es steht der Erhalt der Lebensqualität so lange wie möglich bzw. die Unterstützung und Begleitung beim Sterbeprozess und in der Trauerphase im Mittelpunkt. Gabriele Hintermayer, MSc · Geschäftsführende Vorsitzende 95 Institutionelle Mitglieder Verein ProMami NÖ Während einer Schwangerschaft und rund um die Geburt und das Leben mit einem Neugeborenen sind werdende Mütter oft mit sehr widersprüchlichen Informationen konfrontiert und suchen nach einfühlsamer, kompetenter Beratung und Unterstützung. Basisangebote an allen ProMami NÖ Standorten Der Verein ProMami NÖ umfasst 10 selbständige Standorte, die von der Beratung vor der Schwangerschaft, der Betreuung der Schwangeren, der Geburtsvorbereitung, der Durchführung der Geburt, der Betreuung der Wöchnerin, sowie der Stillberatung und der Begleitung der jungen Familie ein breites Spektrum abdecken. • Hebammensprechstunden rund um Kinderwunschzeit, Schwangerschaft, Geburt, Stillzeit, Wochenbett und Leben mit dem Baby, Frauengesundheit, Sexualität und Familienplanung • Familienhebamme • Vorsorgeuntersuchungen, Mutter Kind Pass Beratung • Geburtsvorbereitung • Nachsorge, Elternberatung • Stillberatung • Babytreff • Beckenbodentraining und Rückbildung • Babymassage • Erste-Hilfe-Kurse mit Schwerpunkt Kindernotfälle • Begleitung und Betreuung nach Tot- und Fehlgeburten Die Hebammen werden so zur Vertrauensperson, die die Schwangere und ihren Partner in diesem Prozess begleiten. Unsere Kooperationspartner und alle ProMamiStandorte in Niederösterreich entnehmen Sie unserer Website: www.promami.at Die Hebammenbetreuungin den ProMami NÖ Standorten wird von den Schwangeren als niederschwellig und sehr unterstützend gesehen, weniger Interventionen bei der Geburt, sowie weniger und kürzere Spitalsaufenthalte sind die Folge. Beatrix Cmolik · Präsidentin von ProMami NÖ. Eine schwangere Frau sieht bis zu 35 Betreuungspersonen von der ersten Kontrolle bis sie nach der Geburt wieder zu Hause ist. Umfassende Unterstützung in einer wichtigen Lebensphase • Einfühlsame medizinische Fachbetreuung durch Hebammen ( Vorsorge, Nachsorge, Geburt) • Vielseitige Angebote und Kurse durch multidisziplinäre Teams • Hohe Verfügbarkeit der Hebammen bei geringem Wechsel im Betreuungsteam • Aufsuchende Betreuung durch Hausbesuche möglich • Breites Beratungsspektrum (Bindungsförderung, Trauerbegleitung, frühe Hilfen für belastete Familien, Beratung zum Thema Pränataldiagnostik, …) • Ort der Begegnung und Vernetzung 96 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Rudolf Ekstein Zentrum – Sonderpädagogisches Zentrum für integrative Betreuungsformen ES IST DIE BEZIEHUNG, DIE HEILT (Rudolf Ekstein) Das Rudolf Ekstein Zentrum ist ein Sonderpädagogisches Zentrum für integrative Betreuungsformen der Stadt Wien und bietet Unterstützung für Schülerinnen und Schüler an Wiener Pflichtschulen, die durch ihr Verhalten darauf hinweisen, dass belastende Themen und besondere Bedürfnisse in der sozialen und emotionalen Entwicklung dem Lernen im Wege stehen. Psychagogische Betreuung und die Arbeit im MosaikModell wirken gewaltpräventiv durch Raum und Zeit für den Aufbau verlässlicher Beziehungen auf Grund regelmäßiger Anwesenheit und kontinuierlicher Begleitung von Prozessen. Grundsätze unserer Arbeit: • wertschätzende Haltung und Achtsamkeit in der Begegnung mit SchülerInnen, Eltern, LehrerInnen und anderen am Schulgeschehen beteiligten Personen • hohe Reflexionsbereitschaft, Offenheit und Klarheit in der Kommunikation • Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Vernetzung Psychagogische Betreuung Für PflichtschülerInnen in Wien PsychagogInnen bieten kontinuierliche Betreuung für SchülerInnen, sowie Beratung für Erziehungsberechtigte, LehrerInnen und anderen Bezugspersonen im Fall von emotionalen und sozialen Problemen von Kindern, bei Konflikten und Gewaltproblemen im schulischen und/oder familiären Kontext. Ebenso unterstützen sie in Akutkrisensituationen. Modell Mosaik für Kinder mit Verhaltensproblemen in der Schuleingangsphase. Mobiles Mosaikteam Unterstützung in der Abklärung sowie Beratung für LehrerInnen, die Schulneulinge bzw. SchülerInnen bis zum Ende der 2. Schulstufe unterrichten. Mosaikklassen für Kinder mit besonderem Förderungsbedarf in ihrer sozialen und emotionalen Entwicklung. Mobile MosaikklassenlehrerInnen unterstützen die Integration/Inklusion von Kindern mit Verhaltensproblemen in der Stammklasse Teil des Arbeitsfeldes ist die Vernetzung mit psychosozialen Institutionen. Ziel der Betreuung und Beschulung ist es, Schülerinnen und Schüler bei der Bewältigung ihrer individuellen Schwierigkeiten zu unterstützen, sodass sie Selbstvertrauen und soziale Kompetenzen entwickeln können und den Anforderungen der Schule gewachsen sind. Soziale Lernprozesse in der Klasse werden gefördert, um die Integration in die Gemeinschaft zu ermöglichen. Unsere Aufgabe ist die Schaffung von entwicklungsförderndem Raum für Kinder und Jugendliche mit besonderen sozialen und emotionalen Problemen. Kinder – im Besonderen »schwierige« – sind im Hinblick auf eine gelingende Persönlichkeitsentwicklung auf Verständnis und Halt gebende Beziehungen seitens ihrer Bezugspersonen angewiesen. Der theoretische Hintergrund unserer Arbeitsinhalte basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen der psychoanalytisch-pädagogischen Entwicklungstheorie, der neueren Hirnforschung, der Bindungstheorie, der Resilienzforschung und weiterer angrenzender Wissenschaften. Laufende Reflexion der Praxis unseres Schulalltags in Form von Intervision, Supervision, Balintgruppen oder Workdiscussions ist selbstverständlicher Bestandteil unseres Verständnisses von Qualitätssicherung. Ende September dieses Jahres schlossen wir ein zweijähriges EU-Comenius Regio Projekt ab: SCHULE INKLUSIVE «AUGENMERKKINDER” Die aktive Beziehungsarbeit der Pädagoginnen und Pädagogen als zentraler Baustein für eine erfolgreiche Lern- und Entwicklungsbegleitung von »Augenmerkkindern« in einer inklusiven Schule. www.augenmerkkinder.eu Waltraud Perkonig · Mobile Mosaiklehrerin 97 Institutionelle Mitglieder SOS-Kinderdorf Österreich Bildung, Chancengleichheit und Gesundheit in Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe Kinder und Jugendliche in Maßnahmen der Kinderund Jugendhilfe (KJH) haben denkbar ungünstige Voraussetzungen für eine bestmögliche Entfaltung ihrer Potentiale. Häufig kumulieren erschwerende Bedingungen wie sozialstrukturelle Belastungsfaktoren, Risikolagen und individuelle Bewältigungsprobleme. Deren Aufarbeitung geht häufig zu Lasten des Abschluss einer schulischen oder beruflichen Ausbildung, da kein Rechtsanspruch auf Maßnahmen der KJH über die Volljährigkeit hinaus besteht. Gesamtgesellschaftlich ist hingegen ein Trend zu höherer Bildung zu beobachten. Dies ist möglich wenn Elternhäuser mit ausreichend Kapitalien ausgestattet sind. Fehlende oder niedrige Abschlüsse erschweren den Einstieg ins Berufsleben und verschlechtern Einkommens- und Beschäftigungschancen. Hier öffnet sich eine Bildungsschere und es entsteht eine Situation multipler Benachteiligungen für junge Menschen in Maßnahmen der KJH, mit nachhaltigen Folgen für deren Biographien, die Gesundheit oder die Lebenserwartung. Ein Bildungsauftrag für SOS-Kinderdorf Im Zuge einer Maßnahme wandern oftmals auch familiäre Bildungsagenden zur KJH. Folglich leitet sich für SOS-Kinderdorf ein Bildungsauftrag ab, dem es in Abstimmung mit dem Herkunftssystem, dem formalen Bildungssystem und im Interesse der Kinder und Jugendlichen im Rahmen des Projekts Bildung & Chancengleichheit nachkommt. SOS-Kinderdorf definiert Bildung als einen lebens langen Prozess der Aneignung von Welt und der Entwicklung der Person in dieser Welt, als Arbeit am Lebensentwurf. Bildung verfolgt das Ziel, Lebenskompetenzen zu erwerben, junge Menschen zu Selbstbildung, zu Lebens- und Weltgestaltung im Horizont individueller Möglichkeiten zu befähigen. Bildung umfasst ein Kontinuum von informellen über nichtformalen bis formalen Aspekten des Lernens vor, neben und nach der Schule und beinhaltet physische, emotionale, soziale und handlungspraktische Aspekte. Bildung ist mehr als Schule! 98 Informelle Lernprozesse: SOS-Kinderdorf ist Lernort für den Erwerb instrumenteller, kultureller, sozialer und personaler Kompetenzen. Gelernt wird immer und überall, z.B. im Kontakt (und Konflikt) mit PädagogInnen, Peers, bei Freizeitaktivitäten, Sport und weiteren außerschulischen Förderangeboten. Nichtformale Lernprozesse: SOS-Kinderdorf bietet pädagogisch inszenierte Lebens- und Lernwelten um Lern- und Entwicklungsprozesse anzuregen. Gespräche, partizipative Foren oder Biographiearbeit ermöglichen Prozesse der Selbstreflexion und des biographischen Lernens. Unterstützende Maßnahmen wie Therapien oder heilpädagogisches Reiten setzen gezielt an der Entwicklungsförderung an. Formale Bildungsprozesse: SOS-Kinderdorf unterstützt schulische und berufliche Bildungs- und Integrationsprozesse, etwa durch Lern- bzw. Nachhilfe, Hausaufgabenbetreuung oder Arbeitstrainingsmaßnahmen. Die Angebote von SOS-Kinderdorf schaffen also ein reichhaltiges Milieu, um Bildungsprozesse jeder Art anzuregen. Gleichzeitig schaffen sie Raum zum Ausruhen, Experimentieren, Scheitern und für Neuanfänge. Professionelle MitarbeiterInnen begleiten die Bildungsprozesse junger Menschen und unterstützen deren Selbstreflexionsprozesse. SOS-Kinderdorf stattet durch sein Engagement junge Menschen mit den nötigen ökonomischen, kulturellen und sozialen Kapitalien aus, teilweise über deren Volljährigkeit hinaus. Wenigstens zum Teil werden so systemund gesellschaftsbedingte Benachteiligungen kompensiert, mit nachhaltigen Wirkungen für bessere Bildungserfolge, mehr gesellschaftliche Teilhabe, Chancengleichheit und Gesundheit. Mag. Wolfgang Hagleitner · wiss. Mitarbeiter in Forschung & Entwicklung, SOS-Kinderdorf Österreich Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Unabhängiges Kinderschutzzentrum Wien Das Unabhängige Kinderschutzzentrum Wien leistet seit 25 Jahren Unterstützung und Hilfe für alle, die mit dem Thema Gewalt gegen Kinder und Jugendliche konfrontiert sind. Unsere Sozialarbeiterinnen, PsychologInnen und PsychotherapeutInnen beraten betroffene Kinder und Jugendliche, (Familien-) Angehörige ebenso wie professionelle HelferInnen. Außerdem bietet das Kinderschutzzentrum Krisenintervention in Akutsituationen sowie Psychotherapie und Diagnostik für von Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche an. Das Angebot ist vertraulich, kostenlos und kann anonym in Anspruch genommen werden. Im Jahr 2014 befanden wir uns im intensiven Austausch mit anderen Kinderschutzzentren in Österreich und Deutschland. Ziel dieser Gespräche ist es, die bestehenden Hilfsangebote zu evaluieren und zu aktualisieren: Seit unserer Gründung hat sich der Themenschwerpunkt von der sexuellen Misshandlung verlagert in Richtung Verwahrlosung und emotionale Vernachlässigung – wobei es notwendig wird, betroffene Familien mit neuen Angeboten anzusprechen. Wie in jedem Jahr seit unserer Gründung haben wir Fortbildungen und Supervisionen für unterschiedliche Berufsgruppen und Organisationen rund um das Thema Kinderschutz angeboten. Neben all der fachlichen Arbeit war das Kinderschutzzentrum organisatorisch vorwiegend damit beschäftigt, neue Räumlichkeiten für die Beratungsstelle zu finden, um die angestrebte Barrierefreiheit für seine KlientInnen gewährleisten zu können. Die Suche war erfolgreich, und somit dürfen wir Sie seit 15.12.2014 an unserer neuen Adresse in der Mohsgasse 1, 1030 Wien, willkommen heißen. Nach über zwanzig Jahren im 7. Bezirk bedeutet diese Übersiedlung für uns, von dort Abschied zu nehmen und uns im kommenden Jahr in unserer neuen Nachbarschaft im 3. Bezirk einzuleben, uns neu zu orientieren und uns dort neu zu vernetzen. Dr.in Anna Schwitzer · Klinische und Gesundheitspsychologin Das Kindeschutzzentrum Wien hat immer wieder mit neuen Konzepten versucht, Jugendliche, die in ein klassisches psychotherapeutisches Setting nicht eingebunden werden wollen, anzusprechen. Ein besonders er folgreiches Konzept ist hier die Mädchen.Theater.Gruppe, in der im Jahr 2014 bereits zum sechsten Mal von Theaterpädagoginnen und –Studentinnen gemeinsam mit den Teilnehmerinnen ein Thema erarbeitet wurde. Die anschließende Aufführung des Stücks zum Thema »Träumen« war bis auf den letzten Platz ausverkauft und begeisterte Publikum und Schauspielerinnen gleichermaßen. Neu ist seit heuer auch ein Blog zu aktuellen Themen auf unserer Website, die übrigens ab Dezember www.kinderschutzzentrum.wien heißen wird. Im Blog sollen Ergebnisse aktueller Studien zum Thema familiärer Gewalt präsentiert, aber auch unsere Fachmeinung zu aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussionen formuliert werden. 99 Institutionelle Mitglieder Wiener Hilfswerk »Betreuung bei der Tagesmutter/ dem Tages vater ist bindungsbezogen, anregend und kindorientiert« Kindertagespflege unterstützt die frühkindliche Entwicklung in besonderer Weise, dies zeigen die Ergebnisse der Studie von Universitätsprofessorin und Entwicklungspsychologin Univ. Prof. DDr. Lieselotte Ahnert der Universität Wien. Eine kleine Gruppengröße (max. 5 Kinder gleichzeitig) und das Angebot, eine sichere Bindung aufzubauen, die emotionale Stabilität vermittelt, ermöglichen eine umfassende Kompetenzentwicklung. Eltern nehmen unsere Tagesmütter/-väter vor allem für Kinder im Alter bis 3 Jahre in Anspruch, da ihnen Geborgenheit, Körperkontakt und individuelle Unterstützung beim Spielen und Lernen wichtig sind. Im Mittelpunkt stehen liebevolle Aufmerksamkeit und Einfühlungsvermögen. Die positiven Rückmeldungen der Eltern bestätigen uns, dass die Betreuung durch eine Tagesmutter oder einen Tagesvater ideal für die kindliche Entwicklung ist. Bildung, Betreuung und Erziehung bei der Tagesmutter/ dem Tagesvater sind bindungs bezogen, anregend und kindorientiert. Diese B etreuungsform ist speziell für Kleinkinder ausgezeichnet, besonders deshalb, weil es für Kleinkinder wichtig ist, eine enge Beziehung zu einer konstanten Bezugsperson aufzubauen. Zwei Kindergruppen bieten Platz für jeweils 14 Kinder im Alter von ein bis dreieinhalb Jahren. Um dem Bedürfnis der sehr jungen Kinder nach Beziehung und Geborgenheit nachzukommen, ist uns ein hoher Betreuungsschlüssel ein besonderes Anliegen. Den Kindern stehen in jeder Gruppe drei Bezugspersonen zur Verfügung, die jedem Kind eine sanfte Eingewöhnung nach dem Berliner Eingewöhnungsmodell ermöglichen. So wird eine altersgemäße Förderung in liebevollem Rahmen umgesetzt. Zudem wird besonderer Wert auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung sowie auf ausreichend Bewegung gelegt. Leichte Zugänglichkeit und Erreichbarkeit, Niederschwelligkeit, kostenlose Nutzungsmöglichkeit, 100 Barrierefreiheit und das Verständnis als Informations plattform stellen die Grundprinzipien der Freizeiteinrichtungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung dar. Die Mitarbeiter/innen begegnen den Besucher/innen mit Empathie, Achtsamkeit und Respekt und schaffen einen geschützten Rahmen, innerhalb dessen auf die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Kinder, Jugendlichen und Familien soweit wie möglich eingegangen wird. Die Spielothek ist eine Freizeiteinrichtung für K inder mit Entwicklungsverzögerung oder Behinderung von 0-12 Jahren und deren Familien. In der Spielothek haben die Kinder, deren Geschwister und Familienangehörige die Möglichkeit in geschützter Atmosphäre zu spielen, andere Familien in vergleichbaren Lebenssituationen zu treffen und vielseitige Angebote zu nutzen. Der Aktionsraum ist ein Freizeitraum für Jugendliche mit und ohne Behinderung von 12-18 Jahren. Im Aktionsraum haben die Jugendlichen die Möglichkeit Gleichaltrige zu treffen, viele verschiedene und neue Aktivitäten kennenzulernen und auszuprobieren und ihre Freizeit selbstbestimmt und eigen verantwortlich zu gestalten. Kinderhauskrankenpflege des Wiener Hilfswerks Die speziell ausgebildeten Kinderkrankenpflege kräfte des Wiener Hilfswerks unterstützen die Eltern bei der Pflege chronisch kranker oder behinderter Kinder ebenso wie bei der Betreuung von Mehrlings- und Frühgeburten. Ob medizinische Kinderkranken- oder Langzeit-Hauskrankenpflege: Das Pflegeteam arbeitet eng mit KinderärztInnen, Spitälern, Ambulatorien, Kindergärten und anderen Einrichtungen der Kinderversorgung zusammen und geht auf die ganz persönlichen Rahmenbedingungen und Erfordernisse der Familien ein. Mag.a Brigitte Popprath · Abteilungsleitung – Kinderbetreuung Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Arbeitsgemeinschaft Psychoanalytische Pädagogik (APP) Die Arbeitsgemeinschaft Psychoanalytische Pädagogik wurde vor rund 20 Jahren als Trägerverein für die Ausbildung psychoanalytisch-pädagogischer ErziehungsberaterInnen gegründet. Seitdem haben sich die Aktivitäten und Angebote der APP immer mehr ausgeweitet. Bei unseren Tätigkeiten leitet uns ein zentraler Gedanke: Die Beziehung eines Kindes zu seinen Eltern (bzw. zu anderen relevanten Bezugspersonen) ist ein maßgeblicher Faktor für seine Entwicklung und damit auch für seine psychische und körperliche Gesundheit. Diese Bezugspersonen dabei zu unterstützen, im Umgang mit dem Kind eine entwicklungsförderliche Haltung zu entwickeln oder aufrechtzuerhalten, kommt unmittelbar auch dem Kind zugute. In der psychoanalytisch-pädagogischen Erziehungsberatung arbeiten wir mit Eltern bzw. auch mit professionellen PädagogInnen daran, wie sie auffällige, störende oder beunruhigende Verhaltensweisen und Symptome ihres Kindes besser verstehen und dieses Verständnis im pädagogischen Alltag dazu nützen können, dem Kind in förderlicher Weise zu begegnen. In vielen Fällen sind Symptome bei Kindern Ausdruck einer belasteten Elternbeziehung, und eine Veränderung der Haltung der Eltern führt zu einer unmittelbaren Lösung bzw. Erleichterung des Problems. Doch auch wenn das Problem des Kindes nicht ursächlich in der Beziehung zu Mutter oder Vater gründet, sind Eltern unterstützend von besonderer Bedeutung, damit das Kind diese Schwierigkeiten bewältigen kann. In der psychoanalytisch-pädagogischen Beratung bei Trennung und Scheidung, die ein Aufgaben bereich vieler APP-ErziehungsberaterInnen ist, geht es darum, dass Eltern lernen, die Bedürfnisse ihres Kindes in dieser schwierigen Lebenssituation besser zu verstehen und ihre Entscheidungen und Handlungen an den Bedürfnissen des Kindes zu orientieren. Hier sind die in den letzten Jahren eingeführte verpflichtende Beratung bei einvernehmliche Scheidung und die verordnete Erziehungsberatung nach § 107 Außerstreitgesetz als Chance für viele Familien zu sehen. In den kommenden Jahren wird es allerdings darum gehen, im Sinne eines »Erziehungsberatungs- Gesetzes« Qualitätskriterien für die Erziehungs beratung in diesem Bereich zu entwickeln, da das Angebot derzeit durch viele unterschiedliche A nbieter sehr heterogen und für betroffene Eltern kaum überschaubar ist. Auch die methodischen Grund lagen der Beratung variieren sehr – die BeraterInnen der APP etwa haben sich mit der Methodik von Elternberatung im Zuge einer dreijährigen Ausbildung, die in den vergangenen Jahren auch als Master- Studiengang geführt wurde, auseinandergesetzt. Wie auch in der »herkömmlichen« Erziehungsberatung zeigt sich auch in der Beratung bei Trennung und Scheidung, dass es zu wenige kostenlose Angebote für Eltern gibt, und dass für manche Eltern die mit einer Erziehungsberatung verbundenen Kosten eine schwierige Hürde sind. Wenn man bedenkt, dass Erziehungsberatung oft nicht nur präventive, sondern vor allem bei kleinen Kindern auch heilende Wirkung hat, wäre eine verstärkte Förderung von Erziehungsberatung eine wichtige Investition für die gesunde Entwicklung von Kindern. In diesem Zusammenhang ist auch an Kinder zu denken, die sich in psychotherapeutischer Behandlung befinden und bei denen es aus zeitlichen oder inhaltlichen Gründen nicht möglich oder sinnvoll ist, die begleitende Elternarbeit durch die behandelnden P sychotherapeutInnen durchführen zu lassen, s ondern durch KollegInnen oder ErziehungsberaterInnen. In diesen Fällen müssen Eltern für diese Stunden, die eigentlich Teil des psychotherapeutischen Behandlungsplans sind, gesondert aufkommen. Auch im kommenden Jahr wird sich die APP dafür einsetzen, dass bei Fragen der psychischen Gesundheit von Kindern die Bedeutung der Elternbeziehung und ihre Stärkung nicht aus dem Blick gerät. Prim.Prof.h.c.Dr.med. Walter Michael Strobl, MBA Health Care Management, Chefarzt der Klinik für Kinder-, Jugend- und Neuroorthopädie Rummelsberg 101 Institutionelle Mitglieder IGfB - Internationale Gesellschaft für Beziehungskompetenz Die IGfB - Internationale Gesellschaft für Beziehungskompetenz in Familie und Organisation mit Sitz in Innsbruck organisiert Lehrgänge, Seminare und Projekte zu Grundthemen menschlichen Z usammenseins, zu Beziehungskompetenz und persönlicher Entwicklung. Wesentlich ist die Bedeutung und Entwicklung von Beziehungen im Arbeiten mit Menschen und die Familie als primärer Ort des menschlichen Werdens. Wichtig ist die Anwendbarkeit des Erfahrenen und Erlebten im beruflichen Umfeld. Das experientielle (erfahrungsbasierte) Arbeiten mit Beziehungen ist ein zeitgemäßer phänomenologischer Ansatz und bietet die intensive Möglichkeit mit sich selbst und an der eigenen Beziehungskompetenz zu arbeiten. Es entfaltet das volle Potential, das zwischen Menschen entstehen kann und stärkt gleichzeitig sehr heilsam die Integrität und die Persönlichkeit des Einzelnen. Die eigenen Fähigkeiten als Gegenüber, als Dialogpartner und als Krisenbegleiter werden umfassend ausgebaut. Diese Arbeit findet in 4 Bereichen ihren Niederschlag: Lehrgang experientielle Familientherapie/Family Counseling Die IGfB bietet einzigartig im gesamten süddeutschen Raum einen interdisziplinären Lehrgang an, der beratende und therapeutische Interventionen in der Arbeit mit Familien/Paaren und Teams vermittelt. Nach zwei durchgeführten Basisjahren (2012/2013) konnte 2014 zum ersten Mal der Aufbaulehrgang starten. Des Weiteren begann im Februar 2014 auch der vertiefende 2 jährige Masterkurs für schon ausgebildete Family Counselor, wodurch auch unsere Ressourcen an kompetenten Fachleuten gestärkt werden konnte. Grundthemen menschlichen Seins Unser Schwerpunkt 2014 lag auf dem Thema »Scham und Menschenwürde«. In diesem Bereich geben wir Grundthemen menschlicher Entwicklung und menschlichen Seins Raum und Zeit. Es sind immer Themen, die unser Zusammenleben und unser Zusammenarbeiten prägen. Wir konnten mit drei 102 unterschiedlichen Veranstaltungsformaten eine breite Palette von Fachleuten und Privatpersonen erreichen und freuen uns sehr über die daraus entstandenen Kooperationen. Spezialseminare/Workshops Unter diesem Schwerpunkt bieten wir Seminare für spezifische Zielgruppen und zu spezifischen Themen an. Diese Seminare finden auch häufig in Kooperation mit unterschiedlichen Organisationen statt. Die Angebote umfassten heuer die Themen: »Achtsamkeit und Empathieentwicklung«, »Heikle Elterngespräche führen«, »familiäre Gewalt« und »Stärkung der Beziehungskompetenz und der eigenen Ressourcen in herausfordernden Berufen«, sowie »Einführung in die experientielle Familientherapie«. Prozessbegleitung und Supervision Die Prozessbegleitung und Supervision wird erst ausgebaut. Erste Schritte in diesem Bereich mit Schulen und Sozialeinrichtungen mit spezifischen Angeboten konnten aber initiiert werden. Dieser B ereich ist langfristig ein sehr wesentlicher, da hier vor Ort und individuell angepasste Angebote entwickelt werden können. Herausforderungen und Ziele 2015 Derzeit steht die IGfB vor allem vor der Herausforderung dem wachsenden Interesse auch strukturell zu begegnen und neue Organisationsstrukturen zu entwickeln. Dieser Herausforderung wollen wir 2015 mit der Schaffung einer Halbtagsstelle im organisatorischen Bereich begegnen und erwarten gute Synergieeffekte. Die Angebote werden 2015 intensiviert. Im Februar wird der nächste Lehrgang in Innsbruck starten und wir planen im Herbst 2015 einen ersten Basislehrgang in Wien. Mag.a Robin Menges · Geschäftsführerin und psychologische Leitung Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 bOJA - Bundesweites Netzwerk Offene Jugendarbeit »Chancengleichheit und Gesundheit« Gesundheitskompetenz in der außerschulischen professionellen Jugendarbeit Jugendliche in Österreich weisen mehrheitlich eine geringe Gesundheitskompetenz auf. Vor allem Jugendliche aus bildungsfernen und sozioökonomisch benachteiligten Lebenskontexten sind wenig gesundheitskompetent. Gesundheitskompetenz zeigt bereits bei Jugendlichen Auswirkungen auf ihr gesundheitsrelevantes Verhalten. Um die G esundheitskompetenz von Jugendlichen in Österreich auf Systemebene zu stärken, werden in der Fachliteratur soziale Settings und Bildungssettings empfohlen, vorwiegend Schule und außerschulische Jugendarbeit. Die professionelle außerschulische Jugendarbeit bietet mit ihren Schwerpunkten nonformale Bildungsräume (Offene Jugendarbeit) und Informationskompetenz (Jugendinfos) die ideale Voraussetzung zur Auseinandersetzung mit Gesundheitskompetenz und Schaffung von gesundheitskompetenten Settings. Neben der Sozialen Arbeit, der Kultur- und der B ildungsarbeit stellt die Gesundheitsförderung ein wesentliches Handlungsfeld der professionellen außerschulischen Jugendarbeit dar. Es existieren jedoch bis dato kaum wissenschaftliche Studien zur Wirkung außerschulischer Jugendarbeit im Bereich der Gesundheitsförderung. Gesundheitsförderung ist hier weit mehr als Verhütungsinformation und Kochworkshops. Jugendarbeit per se stellt gesundheitsförderliche Strukturen zur Verfügung. Sie schafft Räume, in denen Mädchen und Burschen einfach »sein« dürfen, Rollen ausprobieren dürfen jenseits von Bewertungen und gesellschaftlichem Druck. Sie erleben Schutzräume und erhalten bei Bedarf professionelle Unterstützung. JugendarbeiterInnen stehen als role models zur Verfügung, sowohl zum Thema Gesundheitsverhalten als auch zu Geschlechtsrollenstereotypien und dem »Erwachsensein«. So vielfältig Offene Jugendarbeit in ihren Zugängen und Ansätzen ist, so divers sind auch die JugendarbeiterInnen und ermöglichen damit den Mädchen und Burschen ein möglichst breites Spektrum an Erwachsenenvorbildern. Das bundesweite Netzwerk Offene Jugendarbeit, bOJA und das Bundesnetzwerk Österreichische J ugendinfos, BÖJI, haben es sich zum Ziel gesetzt, die Gesundheitskompetenz von Mädchen und Burschen in Österreich durch Schaffung von gesundheitskompetenten Rahmenbedingungen in der außerschulischen professionellen Jugendarbeit zu verbessern. Das Vorhaben stellt eine konkrete Maßnahme im Rahmen der strategischen Rahmenziele der Österreichischen Jugendstrategie dar. In 3 ausgewählten österreichischen Bundesländern: Salzburg, Steiermark und Tirol, setzen sich Organisationen der Offenen Jugendarbeit (Jugendzentren, Jugendtreffs, mobile Jugendarbeit) und die Jugendinformationsstellen mit dem Thema Gesundheitskompetenz auf mehreren Ebenen auseinander, identifizieren in einem partizipativen Prozess wesentliche Merkmale und definieren Leitfäden: »Das gesundheitskompetente Jugendzentrum«, »Gesundheitskompetente mobile Jugendarbeit«, »Die gesundheitskompetente Jugendinfo«. Im Anschluss daran werden Praxisprojekte zu Gesundheitskompetenz durchgeführt. Es wird in den nächsten Jahren außerdem ein österreichweites Netzwerk zu Gesundheitskompetenz in der außerschulischen Jugendarbeit gegründet. Um möglichst viel Nachhaltigkeit und weitere Umsetzung im Feld zu gewährleisten, werden im Rahmen von Workshops die entstandenen Leitfäden auf andere Einrichtungen in Österreich transferiert. Unterstützt wird das Projektvorhaben vom Fonds Gesundes Österreich, dem Bundesministerium für Familien und Jugend, sowie dem Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport. Mag.a Daniela Kern-Stoiber, MSc · Geschäftsführung 103 Institutionelle Mitglieder Elternwerkstatt - Verein im Dienst von Kindern, Eltern und PädagogInnen Das Jahr 2014 war für die Elternwerkstatt ein Spannendes. Durch den Generationenwechsel im Vorstand, wurden einerseits die altbewährten Fundamente gefestigt, andererseits kamen durch neuen Wind, auch viele neue Ideen im Sinne unserer Eltern und deren Familien, sowie eine neue Homepage »Elternwerkstatt Neu« zustande. Genau diese Familien liegen uns am Herzen und auf diese haben wir im Jahr 2014 auch unser Augenmerk gerichtet. Die Elternwerkstatt hat für unsere Jüngsten bzw. deren Eltern den ABC-Babyführerschein ® entwickelt und auf Schiene gebracht. Für uns ist es wichtig, dass auch Jung- bzw. w erdende Eltern die Chance bekommen, be gleitet und unterstützt zu werden. Durch dieses spezielle S eminar zugeschnitten auf das Alter z wischen » pränatal« und 18 M onaten, werden Eltern auf die enorme Umstellung vorbereitet. In diesem Seminar, so wie b ereits a u c h i m A B C- E l t e r n f ü h r e r s c h e i n ® , h a b e n Eltern den Freiraum ihre Gedanken, Ängste und Wünsche sowie Sorgen laut auszusprechen, sich auszutauschen. So kann man bereits im Vorfeld, also präventiv viele mögliche Unsicherheiten und in Folge Probleme vermeiden. Ebenfalls widmeten wir uns der gewaltfreien Kommunikation innerhalb der Familie. Die psychische Gesundheit eines Kindes wirkt sich sogleich auf die Physische aus. Aufwachsen in einem Umfeld, das durch Androhungen, Druck und Angriffe auf die Kinderseele gekennzeichnet ist, kränkt Kinder und sich kränken macht krank. Daher möchten wir Chancengleichheit für möglichst viele Kinder und auch für uns Erwachsene, denn was wir denken und in Folge durch die Sprache ausdrücken, das macht uns aus. Durch viele alltägliche Beispiele, die uns unsere Klienten mitteilen, können wir hier in den Kursen direkt mit den Eltern üben und so gezielt arbeiten. Eine Chance eine »neue Sprache« zu lernen, damit es für die Kinder selbstverständlich ist, so miteinander zu kommunizieren, das war, ist und wird unser Ziel sein. Die Elternwerkstatt ist davon überzeugt: «Geht es den Eltern gut, dann geht es auch den Kindern gut!« Aus dieser Motivation heraus, gilt es unsere Kraft, auch im kommenden Jahr für die Elternbildung einzusetzen. Leider beobachten wir nur zu oft, dass Eltern gerne in unsere Kurse kommen würden, jedoch aus oft unerklärlichen Gründen haben sie Respekt davor. Die Elternbildung salonfähig zu machen, das nehmen wir uns vor. Auch in finanzieller Hinsicht gilt hier der bereits genannte Spruch. »Geht es Eltern schlecht, welche durch Armut betroffen sind, fühlen dies, logischer Weise auch deren Kinder.« Wir können, durch unsere Kooperation mit Schulen beobachten, dass durch diesen Zustand Kinder gruppendynamisch unter großen Druck geraten. Das Gefühl sich minder zu fühlen und nicht die gleiche Chance zu haben, da kein Geld, ist nur zu oft Thema in den Workshops an Schulen. Nur mit den Kindern allein zu arbeiten bringt leider nicht den gewünschten Erfolg, deshalb arbeitet die Elternwerkstatt mit allen Ebenen im Schulbereich. In den angesprochen Workshops für Schüler wird Kindern durch verschiedene Instrumente das Thema Armut mit dem gesamten Ausmaß, näher gebracht. Schüler, die betroffen sind werden mit eingebunden und bei Bedarf extra betreut. Für Eltern gibt es moderierte Elternabende, an denen man Vorurteile ausräumen und das Verständnis hervorheben kann. Eltern, deren finanzielle Situation schwer ist, werden mit Organisationen vernetzt, die in diesem Bereich tätig sind. Der Lehrerkörper wird sensibilisiert und durch Besprechen einer geeigneten Kommunikation, hinsichtlich Kindern und Eltern, unterstützt. Armut betrifft nicht nur das Geldbörsel, sondern auch die Seelen. Wir dürfen in einem Land leben, dessen Überfluss enorm ist. Die Elternwerkstatt teilt gerne und u nterstützt Familien auch finanziell, damit deren Alltag leichter zu gestalten ist. Veronika Lippert · Obfrau 104 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 KiB children care Verein rund ums erkrankte Kind Der Familien-Selbsthilfe-Verein KiB children care setzt sich dafür ein, dass Kinder mit bestmöglicher Fürsorge und Pflege in Ruhe und Geborgenheit gesund werden können. Unser Ziel ist, die einzelne Familie bei Erkrankung eines Kindes zu unterstützen und als Vertretung der Eltern gesellschaftspolitischen Einfluss zur Umsetzung der Rechte der kranken Kinder zu nehmen. Der Schwerpunkt lag 2014 bei der Abschaffung des Selbstbehaltes für Kinder und Jugendliche bei einem Krankenhausaufaufenthalt und die Thematisierung auf gesellschaftspolitischer Ebene der Problematik »Familie und Beruf zu vereinbaren, wenn Kinder erkranken«: • Zur Abschaffung des Selbstbehaltes führten wir Gespräche mit den Ländern und dem Hauptverband. Als Erfolg können wir verzeichnen, dass dieses Anliegen im Regierungsprogramm mit aufgenommen worden ist und erwarten ehest möglich die Umsetzung. • Am 24. April wurde das Zentrum für Kinderund Jugendmedizin in Salzburg eröffnet. Die Besonderheit dieses Vorzeigeprojektes ist der Anschluss an die Frauenklinik und die Kinderrehabilitationsklinik. Hier wurden die Forderungen aus der EACH Charta umgesetzt. • KiB hat Österreich bei der EACH Conference in Prag vertreten: 40 europäische Organisationen, die sich für die Rechte der Kinder im Krankenhaus einsetzen, trafen sich von 10. - 13. September in Prag. Die verabschiedete Resolution fordert die Mitgliedsstaaten auf, Eltern die uneingeschränkte, kostenlose Anwesenheit beim kranken Kind im Krankenhaus zu ermöglichen. Es ist bewiesen, dass das »Dabei sein« eine p ositive Auswirkung auf die Gesundung des Kindes hat. Das Begleiten im Krankenhaus von Kindern über sechs Jahren ist bei uns nicht selbstverständlich. Ist die Begleitung räumlich möglich, werden den Eltern Begleitkosten bis zu € 40,- pro Aufenthaltstag in Rechnung gestellt. Auf diesem Gebiet sind wir im europäischen Vergleich leider Schlusslicht! KiB ermutigt und unterstützt die Eltern, ihre »großen« Kinder im Krankenhaus nicht alleine zu lassen. • Kinder haben ein Recht auf Krankenstand! Zum Thema Vereinbarkeit Familie und Beruf führten wir Gespräche auf Bundes- und Landes ebene, um den Betreuungsbedarf für erkrankte Kinder zu Hause, wenn Eltern berufstätig sind und die Pflegefreistellung aufgebraucht ist, oder nicht in Anspruch genommen werden kann und das soziale Netz fehlt, aufzuzeigen. Institutionelle Kinderbetreuungseinrichtungen werden ausgebaut, jedoch auf diese Lücke der Betreuung, wenn Kinder erkranken und nicht in den Kindergarten gehen können, nicht mitbedacht. Das Land Oberösterreich und der oberösterreichische Familienbund haben sich bereit erklärt, ein Pilotprojekt zu starten. Ausblick 2015 zum Thema »Chancengleichheit und Gesundheit«: • Gespräche auf Bundes- und Landesebene fortsetzen, damit das Regierungsübereinkommen zum Thema Selbstbehalt für Kinder- und Jugendliche bei einem Krankenhausaufenthalt, umgesetzt wird. • Auf Länderebene Politik, Wirtschaft und Dienstleistungsanbieter für den ergänzenden Bedarf von professionellen mobilen Kinderbetreuungs angeboten für kranke Kinder sensibilisieren und sich dafür einsetzen, dass diese für Eltern leistbar angeboten werden. • Als Familienselbsthilfeverein zu regionalen Austauschtreffen österreichweit einzuladen, um einerseits die Bedürfnisse der Familien zu erheben und andererseits nachbarschaftlich engagierte Personen zu finden und zu begleiten, die Familien bei Krankheit eines Kindes unterstützen. Manuela Schalek · Bundeskoordinatorin 105 Institutionelle Mitglieder Nanaya – Zentrum für Schwangerschaft, Geburt und Leben mit Kindern Beratung und Begleitung ist immer dabei Als Eltern-Kind-Zentrum und Familienberatungsstelle bieten wir (werdenden) Eltern von Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des zweiten Lebensjahres des Kindes eine Vielzahl an Gruppen, Kursen, Vorträgen und Beratungsmöglichkeiten. Das Angebot reicht vom Infoabend in der Frühschwangerschaft zum Geburtsvorbereitungskurs und der Schwangerengymnastik über Rückbildung, Stillgruppen und Austauschangebote für junge Eltern bis hin zu Workshops über verschiedene Themen des Säuglings- und Kleinkindalters (Kinderbetreuungsgeld, Trotzalter, Windelfrei, Erste Hilfe, …). Vielfach werden Fragestellungen von den (werdenden) Eltern nicht unmittelbar als Beratungsbedarf geäußert, sondern in die Gruppen mit hineingenommen. In den offenen Treffpunkten wie dem Eltern Kind Cafe oder in den geschlossenen Babyund Spielgruppen, die sich über einen Zeitraum von einigen Monaten erstrecken, findet daher auch Beratung und Begleitung der Mütter/ Väter statt, die weit über das hinausgeht, weswegen die Eltern »eigentlich« gekommen sind. Aus diesem Grund ist es uns wichtig, dass unsere Mitarbeiterinnen auch für solche Anliegen ein offenes Ohr haben, die nicht unmittelbar Thema des Kurses sind, und über eine möglichst umfassende Weiterbildung verfügen. Bei Bedarf kann an ein entsprechendes Angebot (Vortrag, Beratung…) weiterverwiesen werden. Zu folgenden Themen bieten wir Beratung an, z.T. auch fremdsprachig: Psychologische, pädagogische und Sozialberatung, medizinische Beratung, Hebammensprechstunde sowie Hebammenberatung nach dem Mutter-KindPass, Beratung zu den Themen Stillen, Verhütung, Pränatale Diagnostik, Schwangerschaft und Schwangerschaftskonflikt, Trauer und Begleitung bei Kinderwunsch, Beratung nach § 95. Zunehmende Nachfrage der Nischenangebote In letzter Zeit werden mehr und mehr auch unsere Angebote für spezielle Problemstellungen nachgefragt. So bieten wir seit mehreren Jahren Rückbildungskurse für Frauen an, deren Baby gestorben 106 ist. Außerdem finden regelmäßig Gruppen und Vorträge zu den Themen Kaiserschnitt, Geburtsauf arbeitung und Bindungsanalyse statt sowie baby therapeutische Begleitung zur Bindungsförderung und bei Unsicherheiten wie untröstlichem Weinen, Stillstreik, Entwicklungsauffälligkeiten. Und die Kosten? Mitgliedsbeiträge, Spenden und Förderungen vom bmfj, vom BMBF sowie von der Familienberatung und der MA11 ermöglichen es uns, Beratungen kostenlos anzubieten. Es ist uns ein Anliegen, auch die Kursgebühren möglichst gering zu halten. Für unsere Mitglieder gibt es den günstigeren Mitgliedspreis – und da für Alleinerziehende die Mitgliedschaft kostenlos ist, können sie diesen Tarif jedenfalls in Anspruch nehmen. Bei Bedarf können auch darüber hinaus Ermäßigungen gewährt werden. Durch die Förderungen ist es uns außerdem möglich, verschiedene Angebote, wie etwa die Stillgruppen, das Eltern-Kind-Café, Vorträge zu wichtigen Themen (z.B. erste Beikost, Impfentscheidung) mit einem Teilnehmerinnenbeitrag von Euro 3,50 äußerst kostengünstig anzubieten. Das Nanaya – seit 30 Jahren Beratung, Begleitung, Vernetzung, Lobby Das Nanaya hat sich zum Ziel gesetzt, die Bedingungen in der Schwangerschaft und Geburt zu verbessern. Daher ist das Nanaya auch auf gesellschaftspolitischer Ebene tätig, etwa durch Vernetzung mit anderen Einrichtungen (z.B. ENCA und prenet). In unseren barrierefreien Räumlichkeiten werden häufig Fortbildungen für Fachpersonal angeboten, und immer wieder engagiert sich das N anaya auch bei Aktionen. So wurde im Herbst 2014 im Nanaya der Film »Microbirth« uraufgeführt. Mag.a Angelika Markom · Psychologin Claudia Versluis · Leiterin Nanaya. Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Plattform Elterngesundheit Die PEG hat ein erfolgreiches Jahr hinter sich. Hier gilt der besondere Dank Frau Ingrid Wallner, MBA. Sie hat als Vorsitzende der PEG einen enormen Einsatz g eleistet. Nun will sie sich anderen beruflichen H erausforderungen stellen. Daher hat die PEG ihren Vorstand ein wenig umgestaltet. Neue Vorsitzende ist Eveline Brem, den Platz des stv. Kassiers nimmt Paul Hollnagl ein. Wir freuen uns auf eine weitere gute Zusammenarbeit. Gestartet ist die PEG mit einer Beiratsklausur im Februar. Ingrid Wallner, MBA nahm an der Bundes-Gesundheitskonferenz im BMG im März teil. Sie vertrat die PEG am Podium und konnte so unsere Interessen an der richtigen Stelle deponieren. Der Frühling wurde für den Schulgesundheitsdialog zum Thema Impfen im Juni genutzt. Bei dieser sehr gut besuchten Veranstaltung setzte die PEG auf Information und Dialog. Durch die gute Kooperation mit dem BMG konnte Dr. med. Jean-Paul Klein mit s einem Vor trag »Wozu I mpfen« Vorur teile ausräumen. Wissenswertes über die HPV Impfung wurde von E lmar A. Joura in einer Präsentation dargestellt. Über »Impfschäden« wurde durch Doz. Dr. Ursula Hollenstein aufgeklärt. Dr. Judith Glazer referierte über die Umsetzung des Kinderimpfprogrammes. Sehr berührend war der Bericht eines betroffenen Vaters, vielen Dank für Ihre Offenheit. Mit großem Stolz können wir berichten, dass die PEG seit August über ein eigenes Büro verfügt. Hier gilt unser Dank dem BMBF. Dr. Schmid beim »Impftalk” des Kuriers. Highlight war für die PEG, die Jahrestagung »Gefangen im Netz – Geschützt im Nest« zum Thema Sucht im November. Gemeinsam mit dem Institut für Suchtprävention pro mente OÖ und der Kinder- und Jugendanwaltschaft OÖ. Während von der SchülerInnen-Veranstaltung b erichtet wurde, konnte man den Market Place, sowie den Büchertisch besuchen. Am Podium diskutierten der Drogenkoordinator des Landes OÖ, Thomas Schwarzenbrunner mit dem L eiter der Schulpsychologie für OÖ, Andreas Girzikovsky, der Landesschulärztin Gertrude J indich, Reinhold Rampler vom Amt OÖ, den OÖ EV für Pflichtschulen, Kurt Süss für die höheren & mittleren Schulen und DI Anne Mautner Markhof für die Kath. Schulen. Die PEG nahm an Arbeitsgruppen im BMG bezüglich Rahmengesundheitsziele und dem BMBF hinsichtlich Elternbildung teil. Im Jahr 2015, wird der Kontakt mit den Eltern w eiter ausgebaut. Es wird eine Drehscheibe für Vernetzungsarbeit und Infos geben. Einen Schwerpunkt im Jahr 2015 wird das Thema »Schularzt« darstellen. Abschließend möchten wir dankbar auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken und mit Freude auf ein hoffentlich ebensolches vorausschauen. Veronika Lippert · Schriftführerin Ende des Sommers konnte sich die PEG, in Kooperation mit der Österreichischen Krebshilfe, am neuen HPV-Folder beteiligen. Die Folder wurden durch Mithilfe der EV an die Schulen verteilt – Danke! Im Herbst war die PEG an zwei Podiumsdiskussionen beteiligt, durch Ingrid Wallner beim »Tag der Psychologie« mit Frau BM Karmasin und durch 107 Institutionelle Mitglieder SPORTUNION Österreich SPORTUNION Österreich – Der Verein im Mittelpunkt! Die SPORTUNION ist mit über 4.000 Vereinen in allen Bundesländern eine tragende Säule des Sports in Österreich. Unter dem Leitsatz »Wir bewegen Menschen« bekennt sich die SPORTUNION als Breitensportorganisation zur Förderung von Sport und Bewegung in der österreichischen Gesellschaft. Mit 140 verschiedenen Sportarten verfügt die SPORTUNION über das vielfältigste Sportangebot in der österreichischen Sportlandschaft. Rund 900.000 Mitgliedschaften zeugen von der enormen Bedeutung der SPORTUNION in ihrer Trägerfunktion für die Bereiche des Breiten-, Freizeit-, Gesundheitsund Leistungssports in Österreich. Über den Sport schaffen wir Begeisterung und motivieren über 40.000 ehrenamtliche Verantwortungsträger in verantwortungsvollen Funktionen, unzählige Übungsleiter, Vorturner, Instruktoren oder Trainer zum Einsatz für die Gemeinschaft in ihrer Freizeit. Die SPORTUNION Akademie – unsere Bildungsinstitution Modellprojekt ‚Sport respects your rights‘. Das Projekt ermöglicht Jugendlichen an der Gestaltung des Verbands- bzw. Vereinsleben zu partizipieren und sich dabei durch selbst entwickelte Kampagnen aktiv für die Stärkung und den Schutz von Kindern und Jugendlichen einzusetzen. Zusätzlich werden im Rahmen des Projektes Netzwerktreffen mit sektorenübergreifenden Stakeholdern (z.B. mit Fachstellen, NGO´s, Experten) ins Leben gerufen. Insgesamt wurden durch das Projekt 52 MultiplikatorInnen von 22 europäischen Sportverbänden und -vereinen geschult. Diese haben 440 Jugendliche zwischen 16 und 22 Jahren bestärkt, durch die Teilnahme an Jugendworkshops und der Erarbeitung von Jugendkampagnen, am Vereins- und Verbandsleben aktiv teilzuhaben. Um mit ihren eigens entwickelten Kampagnen 1200 Gleichaltrige für einen respektvollen Umgang miteinander und den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Sport zu sensibilisieren. Das Projekt schließt mit einer internationalen Abschlusskonferenz aller Projektpartner und der EUInstitutionen im Februar 2015 in Wien ab. www.sport-respects-your-rights.eu Die SPORTUNION-Akademie (SPAK) hat sich im organisierten Sport in Österreich längst als eine der führenden Ausbildungsinstitutionen etabliert. In Zusammenarbeit der neun Landesverbände und des Bundesverbandes werden jährlich fast 300 Kurse in den unterschiedlichsten Bereichen des Sports, im Fitnessbereich bzw. der Gesundheit angeboten. Schwerpunkt innerhalb der SPAK bilden die zertifizierten Übungsleiter-Ausbildungen, die wir flächendeckend auch im Kinder- und Jugendbereich anbieten. Aktuelle Kurse befinden sich auf www.sportunion-akademie.at Sport respects your rights – Schutz von Kindern und Jugendlichen im Sport Unter Leitung der SPORTUNION Österreich und dem Europarat in unterstützender Funktion kooperieren seit April 2013 neun internationale Sportorganisationen und Universitäten bei dem europaweiten 108 »Mit finanzieller Unterstützung des DAPHNE- III - Programm 2011/2012 der Europäischen Union« Martin Krakhofer · Jugendkoordinator SPORTUNION Österreich Mag.a Agnes Kainz · Projektleiterin Sport respects your rights Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Welt der Kinder Die Aktivitäten von Welt der Kinder fokussierten im Jahr 2014 auf zwei zentrale Tätigkeitsbereiche. A) Symposium ‚Kindheit, Jugend, Gesellschaft 2014‘ im Festspiel- und Kongresshaus Bregenz; 14.-17. Mai 2014 Das Symposium 2014 ist inhaltlich in eine 6-Jahres Perspektive eingebettet (Symposiums Zyklus 2013 bis 2018) und ermöglicht auf Grundlage des Bio-PsychoSozialen Gesundheitsmodells eine Zusammenschau zur Lebenssituation von Kindern in einer ganzheitlichen Perspektive: Kernanliegen ist es, im Sinne der Kinder verbindend zu wirken und bestes Wissen und beste Praxis für ein Fachpublikum (beim Symposium selbst) und für ein breites Publikum (in parallelen Veranstaltungen) zugänglich zu machen. Ausgehend von Projekten guter Praxis findet die Reflexion im internationalen und transdisziplinären Kontext statt. 2014 traten 22 ReferentInnen auf. Unter Ihnen: Paul L. Harris, Andreas Kruse, Sabine Andresen, Reiner Klingholz, Helle Jensen, Christiane Spiel, Margy Whalley, Hilarion Petzold, Jörg Maywald, Lothar Krappmann. Als Zielgruppen adressieren wir in Ö und EU Berufsgruppen der psychosozialen Versorgung und weitere Akteure in Familie, Schule, Gemeinwesen, Gesundheitsberufen, Öffentlichen Medien, in Politik, Verwaltung und Exekutive – mit der Frage nach Möglichkeiten der pluri/interdisziplinären Kooperationen. Weiters steht die Formulierung einer zentralen, gesellschaftspolitisch orientierten Aussage, die den Inhalten des Symposiums erwächst, im Vordergrund. Am 20.11.2014 (25 Jahre Kinderrechte) wurde diese Aussage des Symposiums 2014 publiziert. Zudem wird ab 2014 eine Auswahl der Keynotereferate des Symposiums im Internet als Videostream frei zugänglich. Die öffentliche Stellungnahme und die Keynote referate sind auf der Website www.weltderkinder.at einsehbar. Hauptveranstalter ist Welt der Kinder. Kooperationspartner sind: aks Sozialmedizin Gmbh, Caritas Vorarlberg‚ Institut für Sozialdienste (IfS), pro mente Vorarlberg, Stiftung Jupident, SOS-Kinderdorf, Vorarlberger Kinderdorf, Förderer auf Bundes- und Landesebene (FGÖ, BMWFJ, ÖGPB, Vlbger Landesregierung, FH). Zudem: die Deutsche Liga für das Kind, die Jacobs Foundation (Schweiz) und die ÖLKJG. B) Kinderbeteiligung Seit dem Jahr 2004 baut Welt der Kinder in Kooperation mit der Vorarlberger Landesregierung Kinderbeteiligung in Vorarlberg auf. Es werden eine Reihe von Modulen entwickelt, angeboten und umgesetzt, die es Kindern ermöglichen, eigene Erfahrungen und Sichtweisen einzubringen und in Familie, Schule und Gemeinde wirksam zu machen. Im Jahr 2014 werden in 23 Vorarlberger Gemeinden die nachfolgenden Projektteile umgesetzt: Mit Hilfe eines umfassenden Fragebogens und von Gemeindekarten wird die Lebenssituation der Kinder erfasst. Diese Ergebnisse werden den Kindern rückübermittelt, in Kinderrechtsseminaren werden sie zu ihren Rechten und Handlungsmöglichkeiten informiert. Sie erhalten die Möglichkeit, an einem Kinderrat mitzuwirken und lernen Initiativen aus anderen Gemeinden kennen. In der Folge zeigen Kinder Handlungsbedarf auf. Stadtdetektive ergänzen die Kartierung, Interviews und darstellende Arbeiten (Fotos, Zeichnungen, M odellbau, Theater) vertiefen die Informationen. Schließlich werden die Einsichten den Verantwortlichen der Gemeinde/Stadt vermittelt und auch an LehrerInnen und Eltern weitergegeben (Schulfeste, Elternabende). Als Materialien für die Kinderrechtsseminare werden u.a. auch gemeindeübergreifende Arbeiten der Kinder eingesetzt: So führten die Kinder Regie in den Filmen »Kinder-t-räume I – III«, sie zeigten Fotoarbeiten in Ausstellungen und realisierten Kindernachrichten (Theater). Dr. Gerhard König · Obmann, Mag.a Carmen Feuchtner · Geschäftsführerin 109 Bericht der Beiräte 111 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Beziehung, Bildung, Gesundheit, Chancengleichheit Schon im letzten Jahresbericht haben wir festgestellt, dass all diese Begriffe eng zusammengehören und sogar einander wechselseitig bedingen und ermöglichen. Lobby4kids sowie die meisten aller Vereinigungen, die in der Eltern-Selbsthilfe zusammengefasst sind, freuen sich daher besonders über diese beiden hintereinander folgenden Jahresthemen, weil sie sozusagen die Lebensthemen dieser Gruppen sind. Wie ist das gemeint? Nun, dass Bildung und Gesundheit eng zusammengehören, ist mittlerweile gängige Fachleutemeinung und längst kein Geheimnis mehr. Dort, wo Bildung ermöglicht und Zugang zu Bildungseinrichtungen selbstverständlich gewährt wird, wachsen junge Menschen heran, die sich auch selbstbewusst mit ihrer eigenen Gesundheit beschäftigen können. Wo Beziehung gelingt im Bildungswesen, sind die besten Chancen für ein selbstbestimmtes Leben von vornherein gegeben. Das gilt auch für Kinder mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen, sogar, wenn sie aufgrund einer schweren Behinderung oder Erkrankung auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Dazu braucht es aber auch barrierefreies Denken in den Köpfen aller Beteiligten sowie den Willen, gemeinsam, sprich inklusiv, Leben, Spielen und Lernen zu praktizieren. Sätze wie »Die Gesellschaft kann nicht alles abfangen« oder »Das geht nicht« sollten langsam aus dem Sprachgebrauch verschwinden. Auch das Totschlagargument, das alles koste Geld und das sei leider derzeit nicht vorhanden, ist nicht zulässig – wir leisten uns ganz andere Dinge, die in den Augen vieler Betroffener unnötig wären. Zum Thema Chancengleichheit und Inklusion kommt nun erfreulicherweise doch einiges in Bewegung, wenn auch sehr langsam. Vor einigen Monaten gab die Caritas am Himmel bekannt, dass sie ihre lange bestehende Sonderschule schließen würde. Den darauffolgenden medialen Shitstorm ließ sie nobel über sich ergehen. Alte, lang gepflegte Ängste wurden sichtbar, die man natürlich auch ernst nehmen muss. An dieser Stelle sei einmal eine Lanze für die Caritas gebrochen, die einfach erkannt hat, dass es nicht mehr zeitgemäß ist, Kinder und Jugendliche mit schweren Behinderungen an einen sicheren Ort zu unterrichten und zu verwahren, wo sie den Rest der Gesellschaft nicht stören – abgesehen davon, dass sie schon tolle Ideen für die Schule der Zukunft hat. Auch wenn sich viele Betroffene (und noch mehr nicht betroffene) Eltern fürchten, die mit der Integration bisher keine guten Erfahrungen gemacht haben: Lasst uns Geld in die Hand nehmen und eine Schule schaffen, in der Kinder mit und ohne Behinderungen, Sonder- und andere PädagogInnen miteinander arbeiten, spielen und leben! Auch Regierungsarbeitskreise und der Stadtschulrat beschäftigen sich vermehrt mit diesen Themen. So wurde nach langer Wartezeit endlich Geld bereitgestellt zur Erhebung von Daten zur Sozialisierung in Kindergarten, Hort und Schule. Der Stadtschulrat für Inklusion verkündete, dass es neuerdings für SPZSchülerInnen einen Abschluss ohne ASO-Hinweis geben werde. Ein absolutes Novum und mit Sicherheit eine neue Chance für viele Jugendliche! Nachdem Lobby4kids nun schon fast zehn Jahre sich hauptsächlich dieser Anliegen von Kindern mit Behinderungen annimmt, hat sich nun auch wieder verstärkt die Volksanwaltschaft auf unsere Seite gestellt. Familien trauen sich immer öfter, in die Öffentlichkeit zu gehen, wenn ihr betroffenes Kind ausgeschlossen oder nicht gleich behandelt wird wie andere. Das Problem ist klarerweise ein komplexeres: Auf Kindergartenplätze gibt es noch immer keinen Rechtsanspruch, die Ausbildung der ElementarpädagogInnen muss aufgewertet werden, die Ressourcen gehören aufgestockt, sowohl finanziell wie auch personell. Längst ist der Kindergarten keine Aufbewahrungsstätte mehr, sondern erste Bildungseinrichtung. Hinter jedem abgewiesenem Kind steht eine Geschichte, die eine ganze Familie betrifft. Es muss uns bewusst sein, dass diese Kinder wichtig sind für uns, und dass es gut ist, sie in unserer Mitte zu haben, indem wir ihnen genau die Unterstützung angedeihen lassen, die sie individuell benötigen. Dr. Irene Promussas · Vorsitzende Eltern-SelbsthilfeBeirat, Obfrau lobby4Kids – Kinderlobby 113 Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Kinderliga Verbesserung der Lebensqualität – NeuroorthopädInnen fordern neue Impulse Die Verbesserung der Lebensqualität von Kindern mit komplexen Bewegungserkrankungen in Österreich braucht neue Impulse Zahlreiche Studien der letzten Jahre aus Hirnforschung, Neuroradiologie, Schmerztherapie, Materialforschung, Neurorehabilitation, Bewegungsanalyse und Neuroorthopädie konnten die Bedeutung der Bewegung zwischen Muskeln und Faszien zur Fibrose- und Kontrakturprophylaxe, der Bewegung mit Vertikalisierung für eine signifikante Tonusreduktion, hormonelle Stimulation und Motivation, die Bedeutung des Erlangens einer weitgehend physiologischen Steh- oder Gehfähigkeit für die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit und psychische Stabilität und die Kombination dieser Therapien für das Erreichen einer langfristig schmerzfreien, selbständigen Mobilität und Leistungsfähigkeit nachweisen. Patientenregister und Screeningprogramme konnten in Skandinavien die Zahl schwerer Muskelskelettveränderungen im Jugendalter zusammen mit früh beginnenden, integrierten orthopädischen Behandlungsprogrammen auf einen Bruchteil des bei uns noch üblichen Prozentsatzes senken. Die Wirksamkeit der Kombination konservativer, orthetischer und operativer orthopädischer Methoden zur Verbesserung der Entwicklung und Lebensqualität von Kindern mit cerebralen Bewegungsstörungen wird seit etwa 100 Jahren permanent nachgewiesen. Durch laufende Evaluierung, das Verlassen wenig bewährter und die Aufnahme neuer erfahrungsund evidenzbasierter wirkungsvoller Verfahren wird das integrierte Behandlungskonzept evolutiv weiterentwickelt. Heute stellt beispielsweise die integrierte Behandlung mit minimal-invasiven und belastungsstabilen operativen Verfahren, neuartigen Funktionsorthesen und einer frühen postoperativ beginnenden Robotik-unterstützter Lokomotionstherapie eine von Kindern aller Altersgruppen gut akzeptierte und rasch funktionsverbessernde Behandlungsmethode dar. 114 Diese neuen Konzepte werden in einer zunehmenden Zahl von Zentren für Kinder- Neuro orthopädie und Rehabilitation in Europa erfolgreich angewendet. In Österreich werden öffentlich unterstützte Strukturen der Kinderorthopädie seit mehreren Jahren eher reduziert, geschlossen, zusammengelegt. In Krankenanstalten erfolgt kein Ausbau dringend erforderlicher interdisziplinärer stationärer Angebote, z.B. neuropädiatrisch/neurologisch- orthopädischer Stationen, und kein Ausbau dringend notwendiger, moderner integrierter Behandlungsstrukturen, die stationäre Akut-, Hilfsmittelversorgung und Rehabilitation unter einem Dach vereinen. Integrierte ambulante Versorgungsnetzwerke wurden bisher nur durch persönliches Engagement von spezialisierten Ärzten, zum Teil gegen Widerstände errichtet, und werden nicht durch öffentliche Mittel unterstützt. Mehrmonatige Wartezeiten auf Ambulanz-, Therapie- und OP-Termine bei ExpertInnen sind aufgrund der begrenzten Ressourcen im Vergleich zum deutschsprachigen Ausland einzigartig und bereits seit vielen Jahren unverändert um ein Vielfaches höher. Die Wege zur Finanzierung von medizinisch d ringenden Orthesen-, Reha- und Hilfsmittelversorgungen, für barrierefreies Wohnen und Mobilität sind für die Eltern bewegungsbehinderter Kinder langwierig, wichtige von Kinder- und Neuroorthopäden verordnete Behandlungen können daher nicht rechtzeitig greifen. Da unsere Kinder mit Bewegungsbehinderungen E rwachsene mit Bewegungsbehinderungen werden und weiterhin Bedarf an einer fachlich fundierten Behandlung und Versorgung haben, ist auch die Schaffung von spezialisierten ambulanten und stationären Einrichtungen für Menschen über 18 Jahren mit Mehrfachbehinderung ein wichtiges Anliegen. Prim.Prof.h.c.Dr.med. Walter Michael Strobl, MBA, Chefarzt der Klinik für Kinder-, Jugend- und Neuroorthopädie Rummelsberg, Österr. Arbeitskreis Neuroorthopädie, Mitglied Wissenschaftlicher Beirat der Kinderliga Bericht der Stakeholder 115 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Kinder und Jugendgesundheit im Jahr 2014 – ein Überblick des BM für Gesundheit Update der Kinder und Jugend Gesundheits strategie Im letzten Jahr ist im Bereich der Kinder und Jugendgesundheitsstrategie viel passiert. Das nächste Update zur KJG-Strategie wird Ende April 2015 veröffentlicht. Es folgt nach Vorschlag des Kinderund Jugend-Gesundheit-Komitees einer thematischen Schwerpunktsetzung auf dem Themenfeld 4 »Gesundheitliche Chancengerechtigkeit« und wird für dieses Themenfeld einen thematischer Aufriss beinhalten (soziale und gesundheitliche Benachteiligung, Strategien zur Reduktion gesundheitlicher Ungleichheit, Kriterien guter Praxis). Da dieses Update derzeit noch nicht vorliegt nehmen wir gerne die Möglichkeit wahr, hier die wichtigsten Punkte kurz darstellen zu können. Hebammenberatung im Mutter-Kind-Pass Seit März 2014 kann im Rahmen des Mutter-KindPasses kostenlos eine Hebammenberatung in SSW 18.-22 in Anspruch genommen werden. Diese beinhaltet Informationen über den Verlauf von Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillen sowie Beratung über gesundheitsförderndes und präventives Verhalten in diesem Zeitraum. Das verstärkte Einbinden von Hebammen in die Schwangeren betreuung soll u. a. dazu dienen, Unsicherheiten und Ängste abzubauen und das Selbstvertrauen in einen natürlichen Geburtsa blauf zu stärken. Im Rahmen der persönlichen Beratung für alle Schwangeren wird auch ein Eingehen auf das individuelle psychosoziale Umfeld der Schwangeren ermöglicht. Eventuelle Sorgen und Probleme sowie ungünstige Begleitumstände in Zusammenhang mit der Schwangerschaft können angesprochen werden. Erforderlichenfalls werden auch Informationen über weitere Unterstützungsmöglichkeiten vermittelt. Weiterentwicklung Mutter-Kind-Pass Die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes (MKP) steht im Regierungsprogramm. Ziel ist ein m odernes MKP-Programm orientiert an den aktuellen Bedrohungen und Evidenzen. Jede Schwangere und jedes Kind sollen die jeweils passende Leistung am passenden Ort und zum richtigen Zeitpunkt erhalten. Das BMG hat für bestmögliche Zielerreichung einen an WHO-Kriterien orientierten standardisierten Arbeitsp rozess entwickelt (interdisziplinär, m ulti-Stakeholder, multi-Level). Größtmögliche Transparenz der Entscheidungsfindung ist von zentraler Bedeutung. Im Oktober 2014 wurde eine multidisziplinäre Facharbeitsgruppe (FAG) gegründet. Diese wird in den nächsten ca. 2 Jahren nach einem standardisierten Verfahren Entscheidungen über Screening-Empfehlungen zu ca. 100 unterschiedlichen Gesundheitsbedrohungen (beginnend mit der Schwangerschaft bis zum 5. Lebensjahr des Kindes) im Konsens verabschieden. Die FAG trifft sich ca 1x/Monat. Die abgestimmten Empfehlungen münden in einem Ergebnisbericht, der in weiterer Folge einem Entscheidungsgremium als Arbeitsgrundlage für die Umsetzung dient. Der Schwangerschaftsteil soll in der FAG 2015 abgeschlossen werden. Der jeweilige Umsetzungsstand ist transparent, kann unter www.bmg.gv.at/muki verfolgt werden. Frühe Hilfen In Österreich gibt es seit einigen Jahren ein flächendeckendes Frühe-Hilfen-Angebot in Vorarlberg (www.netzwerk-familie.at). Seit 2014 finden konkrete Umsetzungsprojekte in 5 Modellregionen statt (Bruck-Mürzzuschlag, Linz, Wien 15., 16. und 17. Bezirk, Wr. Neustadt, Wolfsberg). Bald nach Etablierung waren die Modellprojekte ausgelastet. Der Bedarf für Frühe Hilfen ist vorhanden. Im Rahmen der Pilotprojekte wurden bisher durch insgesamt 17 Familienbegleiterinnen insgesamt rund 100 Familien begleitet. Ab 2015 werden – v.a. finanzier t durch die Vorsorgemittel 2015/16 der BGA – weitere regionale Frühe Hilfen-Netzwerke etabliert werden. In den Vorsorgemittel-Projekten 2015/16 ist der flächendeckende Aufbau von Frühen Hilfen in zwei Bundesländern (Burgenland, Salzburg) geplant und jeweils mehreren Bezirken in den restlichen Bundesländern. Die genaue Zahl der Bezirke steht noch nicht fest – es zeichnen sich aktuell ungefähr 40 Bezirke (alle 9 Bundesländer) ab, die dann spätestens 2016 durch Frühe Hilfen-Netzwerke abgedeckt werden. Laut Plan sollen im Zeitraum 2015 bis Mai 2017 in den 117 Bericht der Stakeholder acht Bundesländern (ohne Vorarlberg) mit dem im Rahmen der Vorsorgemittel geschaffenen Angebot rund 1.700 Familien begleitet werden. Koordiniert, gesteuert, unterstützt und begleitet wird die Etablierung der Netzwerke durch ein nationales Zentrum Frühe Hilfen, das in der GÖG errichtet wird. Das BMG wird aus Vorsorgemitteln der BGA 2015/2016 voraussichtlich rund 1 Mio. EURO dafür verwenden. Die Aufgaben des Nationalen Zentrums sind die bundesweite Abstimmung und Vernetzung, die Qualitätssicherung der Umsetzung, Wissenstransfer und Öffentlichkeitsarbeit. Die Bundesmittel werden neben Maßnahmen zur Gesamtabstimmung und Vernetzung der regionalen Aktivitäten u. a. auch für gemeinsame Schulungen und eine überregionale Evaluation sowie ein einheitliches Dokumentationssystems und Vorlagen verwendet. Damit werden die Budgets für die regionale Umsetzung von diesen Kosten entlastet. »Unser Schulbuffet« »Unser Schulbuffet« wurde als erfolgreiche Maßnahme zur Verbesserung des Verpflegungsangebots an Schulbuffets nach der Leitlinie Schulbuffet des BMG von 2011 bis 2014 aus Vorsorgemitteln der BGA finanziert und im Rahmen der Vorsorgestrategie Ernährung umgesetzt. In diesem Zeitraum gelang es, gut ¼ der Buffets zur Teilnahme zu gewinnen. Ca. 222.000 Schüler/innen werden derzeit erreicht. Zur nachhaltigen Etablierung suchte das BMG Kooperationspartner/innen. Vier Bundesländern werden in Kooperation mit dem BMG » Unser Schulbuffet« nach dem bewährten Konzept weiterführen. Das BMG stellt alle Unterlagen (z.B. Handbuch, Rezepte) und Tools (z.B. Auswertungsprogramm) zur Verfügung, die Partner machen die Feldarbeit und liefern die Daten, das BMG führt die Daten zusammen, macht die Qualitätssicherung und betreibt die Homepage weiter. Die mobilen Coaches wurden durch eine kostenlose Schulung durch BMG/AGES auf ihre neue Aufgabe vorbereitet. Gemeinsam soll die Initiative auch weiterentwickelt werden. Ziel ist, dass weitere Bundesländer oder geeignete Vereinigungen als Kooperationspartner/innen gefunden werden, damit möglichst alle Kinder und 118 Jugendlichen von einem gesundheitsförderlichen Buffet an ihrer Schule profitieren. Kinder und Jugendrehabilitation Der Ausbau der KiJu-Reha wurde erstmals im Rehabilitationsplan 2012 der Sozialversicherung konkret geplant, Strukturqualitätskriterien wurden definiert. Im Juni 2013 wurde die Reha-Planung (inkl. KiJuReha) in den Österreichischen Strukturplan Gesundheit 2012 übernommen. Im stationären Bereich soll es bis 2020 österreichweit 343 Betten für die stationäre Reha für KiJu geben. Betreffend der stationären Rehabilitation ist die Einigung zwischen Ländern und Sozialversicherung in Bezug auf folgende Punkte besonders wichtig: • es muss einen unbürokratischen niedrigschwelligen Zugang zur Rehabilitation für alle Kinder g eben, unabhängig davon, ob die Rehabilitation im Anschluss an eine Krankenbehandlung oder wegen angeborener Behinderung bzw. genetischer Defekte oder Entwicklungsstörungen erforderlich ist; • der »Single Point of Service« für die Antragstellung für Kinder bzw. Eltern ist der jeweilige S ozialversicherungsträger; die Verrechnungen zwischen Sozialversicherung und Land erfolgen im Hintergrund; • Bewilligungen auf Kinder-Rehabilitation sollen zur Gewährleistung der Gleichbehandlung nach ö sterreichweit einheitlichen Kriterien durch den zuständigen Sozialversicherungsträger erfolgen. Im Sommer 2014 einigten sich Sozialversicherung und Länder über die Finanzierung. Seit Herbst 2014 nehmen Länder und Sozialversicherung weitere A bstimmungen vor und beraten über die Festlegung der Standorte für KiJu-Reha-Einrichtungen. Danach werden die Länder die erforderlichen Bewilligungsverfahren durchführen und in weiterer Folge wird die Sozialversicherung entsprechende Verträge mit den Trägern der Rehabilitationseinrichtungen abschließen. Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Zahnregulierung bei Kindern und Jugendlichen »Gratis-Zahnspange« Nach langen Verhandlungen haben sich die S ozialver sicherung und die Ö s terreichis che Zahnärztek ammer auf eine neue kieferorthopädische Sachleistungsversorgung für Kinder und Jugendliche geeinigt. Betroffen sind davon rund 30.000 Kinder pro Jahr. 8.000 bei der frühkindlichen Behandlung, 22.500 Kinder und Jugendliche bei der Versorgung mit festsitzender Zahnspange ab dem 12. Lebensjahr. Für Kinder und Jugendliche wird es ab dem 1. Juli 2015 bei medizinischer Notwendigkeit (laut IOTN*Skala 4 und 5) bis zum 18. Lebensjahr zwei neue Leistungen der sozialen Krankenversicherung geben: • Eine frühkindliche kieferorthopädische Behandlung durch Zahnärzte und Kieferorthopäden bei schweren Fehlstellungen, die im Normalfall frühestens ab dem 6. Lebensjahr erfolgt, wobei der bisher geltende Selbstbehalt (durchschnittlich in Höhe von rund 400.- EURO) wegfallen wird. • Festsitzende Zahnspange ausschließlich durch ( Ver trags)Kieferor thopäden bei Kinder und Jugendlichen zwischen dem 12. und 18. Lebensjahr bei schwerwiegenden Fehlstellungen (IOTN 4 und 5) Natürlich sind dies nicht alle – wenn auch die größten – Maßnahmen die im letzten Jahr durchgeführt wurden. Damit ist selbstverständlich nicht der Endpunkt der Bemühungen erreicht. Wir arbeiten d aran Kindern und Jugendliche in diesem Land in allen Lebensbereichen besser zu unterstützen, sie zu fördern und zu schützen damit sie zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten mit gesundheits förderlicher Lebensweise heranwachsen können. Dr.in Bärbel Klepp · Bundesministerium für Gesundheit, Koordinationsstelle Kinder- und Jugendgesundheit 119 Bericht der Stakeholder Kinder- und Jugendlichengesundheit im Fokus der Sozialversicherung Das Thema Kinder- und Jugendlichengesundheit steht für die österreichische Sozialversicherung im Fokus Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat bei Fr. Mag. Agnes Streissler eine Studie »Ausgewählte Fragen zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen durch die österreichische Krankenversicherung« in Auftrag gegeben. Diese Studie (Publikation 2011; auf der Homepage des Hauptverbandes zu finden) hat anschaulich gemacht, dass die ärztliche Versorgung und die Versorgung mit Physiotherapie im Großen und Ganzen in Ordnung sind. Dem gegenüber bestehen im Bereich der Behandlung von Entwicklungsstörungen mit Psychotherapie, Logopädie und Ergotherapie Defizite. Die Studie war Anlass dafür, dass in der Sozialversicherung eine Mehrjahresstrategie entwickelt wurde. Die Trägerkonferenz des Hauptverbandes hat in ihrer Sitzung vom 18.12.2012 die »Strategie der österreichischen Sozialversicherung zu bestimmten Aspekten der Kinder- und Jugendgesundheit« mit folgenden Schwerpunkten beschlossen: • Erarbeitung von Kooperationsmodellen im Dialog mit den Gebietskörperschaften; Bedarfsgerechte Lösungen für die PatientInnen »aus einem Guss«, die im Hintergrund gemeinsam finanziert werden. • Versorgungsmodelle über multidisziplinär ausgestattete Einrichtungen. Bei Einzelanbietern ist deren Vernetzung mit multidisziplinären Einrichtungen sicherzustellen. • Sinnvolle Steuerung des Zuganges zu qualitativ hochstehenden Leistungen. • Forcierung der Handlungsbereiche Prävention und Früherkennung von Defiziten. In diesem Zusammenhang niederschwellige und auch aufsuchende Angebote. • Verbesserung der Wissensbasis über das Leistungsund Krankheitsgeschehen. In der Folge werden einige in Verfolgung dieser Strategie gesetzte Schwerpunkte vorgestellt. 120 Kinderrehabilitation Nach langen, intensiven Verhandlungen konnte Ende Juni 2014 eine politische Einigung zwischen Ländern und Sozialversicherung erzielt werden, die stationäre Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen österreichweit auszubauen und gemeinsam zu finanzieren. Länder und Sozialversicherung vereinbarten, zukünftig für alle Kinder- und Jugendlichen ein einheitliches Leistungsgeschehen in der stationären R ehabilitation sicherzustellen und dieses insbesondere im Hinblick auf die in den vereinbarten L eistungsprofilen vorgesehenen Berufsgruppen gemeinsam zu finanzieren. Ziel der Vereinbarung ist, dass es einen niedrigschwelligen Zugang zur Rehabilitation für Kinder und Jugendliche gibt, unabhängig davon, ob die Rehabilitation im Anschluss an eine Kranken behandlung, oder wegen einer angeborenen Behinderung bz w. genetischer Defekte oder Entwicklungsstörungen erforderlich ist. Dieser niedrigschwellige Zugang ist ein Herzstück der G esundheitsreform. Der »Single Point of Service« für die Antragstellung für Kinder bzw. Eltern ist der jeweilige Sozialversicherungsträger. Die Bewilligung erfolgt nach österreichweit einheitlichen Kriterien durch den zuständigen Krankenversicherungsträger (bzw. durch die Allgemeine Unfallversicherungs anstalt oder die Pensionsversicherungsanstalt). Bund, Länder und Sozialversicherung gehen von dem im Rehabilitationsplan festgelegten Bedarf von insgesamt 343 Betten aus. Die Bundesländer leisten in Summe pro Jahr beginnend ab 1.1.2015 für die stationäre Kinder und Jugendrehabilitation (bei Vollausbau) eine Pauschalzahlung in Höhe von 8,5 Mio. EURO an den Hauptverband der Sozial versicherungsträger. Umsetzung Verordnungskatalog Als gefördertes Projekt wurde von einem Team um Frau Primaria Dr. Gobara (Ambulatorium Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Sonnenschein in St. Pölten), ein Verordnungskatalog erstellt, welcher das Ziel hat, die Verordnung, Planung und Durchführung von funktionellen T herapien im Kindes- und Jugendalter effektiv zu gestalten und zu regeln. Der vorliegende Verordnungskatalog soll nun in 2 Modellregionen auf seine Praktikabilität hin getestet werden, um vor d er geplanten österreichweiten Umsetzung gegebenenfalls nötige Anpassungen vornehmen zu können. Im Jahre 2015 sollen der Befüllungsgrad und der Nutzungsgrad der Datenbank wesentlich erhöht werden. Die Modellregionen sollen geografisch abgegrenzte Gebiete (z.B. politischer Bezirk) mit folgenden Gesundheitsleistungsanbietern sein: Dieser Beitrag erschien auch in der Fachzeitschrift »Soziale Sicherheit« des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger. Dr. Peter Scholz · Leiter der Abteilung ”Beziehungen zu Ärzten, Psychologen und Psychotherapeuten« im Hauptverband der österreichischen Sozial versicherungsträger • KinderfachärztInnen • TherapeutInnen (Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie) mit Kinderexpertise • spezialisiertes Zentrum für Kinder und Jugendliche Datenbank über Leistungsdaten Die Datenbasis der Sozialversicherung über Leistungen im Rahmen der funktionellen Therapien war bisher unvollständig. Ziel der Sozialversicherung ist der Aufbau einer vollständigen und validen Datenbasis zur Beantwortung von Versorgungsfragestellungen vor allem im Bereich der funktionellen Therapien. Es soll ermöglicht werden, in Zukunft auf aussagekräftige Daten für Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich zurückgreifen zu können. Datenbank hinsichtlich freier Therapieplätze für Kinder und Jugendliche Die Wiener Gebietskrankenkasse hat eine Datenbank hinsichtlich freier Therapieplätze für Kinder und Jugendliche eingerichtet, in die die TherapeutInnen einmelden sollen. So kann von Suchenden schneller der richtige und vor allem freie Therapieplatz gefunden werden. Zugriff haben aber nicht die PatientInnen und deren Angehörige selbst, sondern der behandelnde Arzt oder die behandelnde Einrichtung. Die Datenbank stellt auch ein Instrument zur Bedarfserhebung dar. 121 Kontaktdaten Kontaktdaten Berufsverbände und Fachgesellschaften: Berufsverband Kinderkrankenpflege Österreich Martha Böhm (Präsidentin) und Eva Mosar-Mischling (Delegierte) Postfach 35, A-1097 Wien, T: +43 (0)1 / 470 22 33 F: +43 (0)1 / 479 64 00 [email protected] www.kinderkrankenpflege.at Berufsverband Logopädie Austria Karin Pfaller, MSc (Präsidentin) Sperrgasse 8-10, A-1150 Wien T: +43 (0)1 / 892 93 80 F: +43 (0)1 / 897 48 95 [email protected] www.logopaedieaustria.at Berufsverband Österreichische PsychologInnen Mag.a Dr.in Sandra Lettner (Präsidentin), Dr. Elfriede Wegricht und Mag.a Claudia Rupp (Delegierte) Dietrichgasse 25, A-1030 Wien T: +43 (0)1 / 407 26 71-15 F: +43 (0)1 / 407 26 71-30 [email protected] www.boep.or.at Bundesverband Österreichischer Kinderschutzzentren Dr.in Adele Lassenberger (Vorsitzende) Ballgasse 2, A-1010 Wien T: +43 (0)664 / 887 364 62 [email protected] www.oe-kinderschutzzentren.at Deutsche Liga für das Kind Dr. Jörg Maywald (Geschäftsführer) Charlottenstrasse 65, 10117 Berlin T: +49 (0)30-28 59 99 70 F: +49 (0) 302 859 971 [email protected] www.liga-kind.de Ergotherapie Austria – Bundesverband der ErgotherapeutInnen Österreichs Marion Hackl (Präsidentin) und Irmgard Himmelbauer, MSc (Delegierte) Sobieskigasse 42/6, A-1090 Wien T: +43 (0)1 / 895 54 76 F: +43 (0)1 / 897 43 58 [email protected] www.ergotherapie.at 122 Gesellschaft der Schulärztinnen und Schulärzte Österreichs Dr.in Judith Glazer (Präsidentin) Beethovengasse 10/6, A-2500 Baden F: +43 (0)2252 / 45133 [email protected] www.schulaerzte.at Gesellschaft für sensorische Integration in Österr. (GSIÖ) Mag.a Elisabeth Söchting (Präsidentin) Oberzellergasse 1/Stg. 19, 1030 Wien T: +43 (0)1 / 715 11 89 F: 0+43 (1) / 869 65 89 [email protected] www.sensorische-integration.org Österreichische Gesellschaft für Allgemeinund Familienmedizin (ÖGAM) Dr. Reinhold Glehr (Präsident) c/o Wiener Medizinische Akademie Alser Strasse 4/UniCampus 1.17, A-1090 Wien T: +43 (0)1 / 405 13 83-17 F: +43 (0)1 / 407 82 74 [email protected] www.oegam.at Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie Univ.-Prof.Dr. Andreas Karwautz (Präsident), OA Dr. Christian Kienbacher (Generalsekretär) c/o OA Dr. Christian Kienbacher p.A. Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Medizinische Universität Wien, Währinger Gürtel 18-20, A-1090 Wien T: +43 (0)1 / 40400-3012 F: +43 (0)1 / 40400-2793 [email protected] www.oegkjp.at Österreichische Gesellschaft für Psychosomatik in Gynäkologie und Geburtshilfe Univ. Doz.Prof.in DDr.in Barbara Maier (Präsidentin) c/o Univ.Doz.Prof.in DDr.in Barbara Maier Hanusch Krankenhaus Geb./Gyn. Abt./Pav. 2, 3. Stock Heinrich Collinstr. 30, 1140 Wien T: +43 (0)1 / 910 21-84811 – Sekretariat F: +43 (0)1 / 910 21-84819 [email protected] [email protected] www.psygyn.at Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 Österreichischer Berufsverband der MusiktherapeutInnen MMMag.a Monika Geretsegger (Vorsitzende) Cumberlandstraße 48, A-1140 Wien T: +42 (0) 699 / 10 65 47 41 [email protected] www.oebm.org Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie Dr. Peter Stippl (Präsident) Mag. Karl-Ernst Heidegger (Vizepräsident) Löwengasse 3/5/Top 6, A-1030 Wien T: +43 (0)1 / 512 70 90 F: +43 (0)1 / 512 70 90-44 [email protected] www.psychotherapie.at Österreichischer Kinderschutzbund Univ.-Prof. Mag. Dr. Christian Vielhaber (Obmann), Sascha Hörstlhofer, BA (stv. Obmann) Obere Augartenstraße 26-28, A-1020 Wien T: +43 (0)699 / 815 138 11 [email protected] www.kinderschutz.at Österreichisches Hebammengremium Petra Welskop (Präsidentin) Gerlinde Feichtlbauer (Vizepräsidentin) Landstraßer Hauptstraße 71/2, A-1030 Wien T: +43 (0)1 / 71728 163 F: +43 (0)1 / 71728 110 [email protected] www.hebammen.at Physio Austria – Bundesverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs Silvia Mériaux-Kratochvila, M.Ed. (Präsidentin), Mag. Stefan Moritz, MSc (Geschäftsführer) Linke Wienzeile 8/28, A-1060 Wien T: +43 (0)1 / 587 99 51 F: +43 (0)1 / 587 99 51-30 [email protected] www.physioaustria.at Pikler-Hengstenberg-Gesellschaft-Österreich Mag.a Daniela M. I. Pichler-Bogner (Obfrau) Mag.a Silvia Gerger (Delegierte) c/o Mag.a Daniela M. I. Pichler-Bogner Thugutstraße 3/16, A-1020 Wien T/F: +43 (0)1 / 942 36 11 M: +43 (0)6991 / 942 36 11 [email protected] www.pikler-hengstenberg.at Plattform EduCare Dr.in Brigitte Zielina und Mag.a Dr.in Heidemarie Lex-Nalis (Steuerteam-Mitglieder) Krausegasse 7a / 10, A-1110 Wien T: +43 (0)664 / 735 922 65 F: +43 (0)1 / 748 54 69 [email protected] www.plattform-educare.org Verband der Diaetologen Österreichs Prof.in Andrea Hofbauer MSc, MBA (Präsidentin) Mag.a Petra Wohlfahrtstätter (Delegierte) Grüngasse 9/Top 20, 1050 Wien [email protected] www.diaetologen.at Verband der Still- und LaktationsberaterInnen Österreichs DSA Anita Schoberlechner (Präsidentin) Lindenstrasse 20, 2362 Biedermannsdorf T: +43 (0)2236 / 72336 [email protected] www.stillen.at Vereinigung Österreichischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (VÖPP) Dr.in Jutta Fiegl (Präsidentin) Elisabeth Töpel (Delegierte) Lustkandlgasse 3-5/TOP 2-4, 1090 Wien T: +43 (0)664/9223222 [email protected] www.voepp.at In der Versorgung tätige Organisationen: aks – Arbeitskreis für Vorsorge und Sozialmedizin BetriebsGmbH Dr. Hans Concin (Präsident) Rheinstraße 61, 6900 Bregenz T: +43 (0)55 74 / 202 – 0 F: +43 (0)55 74 / 202 – 9 [email protected] www.aks.or.at Aktion Leben Österreich Mag.a Martina Kronthaler (Generalsekretärin) Diefenbachgasse 5/5, A-1150 Wien T: +43 (0)1 / 512 52 21 F: +43 (0)1 / 512 52 21-25 [email protected] www.aktionleben.at 123 Kontaktdaten Caritas der Erzdiözese Wien Mag. Alexander Bodmann (Generalsekretär) Albrechtskreithgasse 19-21 , A-1160 Wien T: +43 (0)1 / 878 12 - 0 F: +43 (0)1 / 878 12 - 9100 [email protected] www.caritas-wien.at Gesellschaft für ganzheitliche Förderung und Therapie GmbH Hedwig Zsivkovits Hamerlingstraße 20, 3910 Zwettl T:+43 (0)664/ 643 53 72 [email protected] www.gfgf.at Dachverband österreichische Autistenhilfe Jutta Steidl (Präsidentin) Eßlinggasse 17, A-1010 Wien T: +43 (0)1 / 533 96 66 F: +43 (0)1 / 533 78 47 [email protected] www.autistenhilfe.at Institut für Erziehungshilfe Dr. Georg Sojka Heiligenstädter Straße 82 / 14, 1190 Wien T: +43 (0)1 / 3683112 F_ +43 (0)1 / 3681235 [email protected] www.erziehungshilfe.org Diakonie Zentrum Spattstraße, gemeinnützige GmbH Mag.a (FH) Andrea Boxhofer (Geschäftsführerin, Leiterin der Abteilung Angebote nach dem Chancengleichheitsgesetz und der Abteilung Beratung, Diagnostik, Therapie) Mag.(FH) Heinz Wieser (Geschäftsführer) Willingerstraße 21, 4030 Linz T: +43 (0)732 / 34 92 71 F: +43 (0)732 / 34 92 71 - 48 [email protected] www.spattstrasse.at Kinderhospiz Netz Sabine Reisinger (Geschäftsführende Obfrau) Breitenseer Straße 19/27, 1140 Wien T: +42 (0)1 / 7863412 M: +43 (0)664 / 73402641 F: +43 (0)1 / 7863412 [email protected] www.kinderhospiz.at Die Boje – Ambulatorium für Kinder und Jugendliche in Krisensituationen Dr.in Gertrude Bogyi, Dr.in Regina Rüsch (Geschäftsführung) Hernalser Hauptstraße 15, A-1170 Wien T: +43 (0)1 / 406 66 02 F: +43 (0)1 / 406 66 02 22 [email protected] www.die-boje.at Die Eule, Therapie- und Förderzentrum Mag.a Dagmar Fischnaller (Geschäftsführerin) Amraserstraße 1, 6020 Innsbruck T: +43 (0)512 / 394420 F: +43 (0)512 / 394420-30 [email protected] www.eule.org Die Möwe – Kinderschutzzentren für physisch, psychisch oder sexuell misshandelte Kinder Mag.a Hedwig Wölfl (Geschäftsführerin, Fachliche Leitung) Börsegasse 9/1, 1010 Wien T: +43 (0)1 / 532 14 14 F. +43 (0)1 / 532 1414 140 [email protected] www.die-moewe.at 124 Konventhospital Barmherzige Brüder, Institut für Sinnes- und Sprachneurologie Prim. Priv. - Doz. Dr. Johannes Fellinger (Institutsvorstand) Bischofstraße 11, A-4021 Linz T: +43 (0)7327 / 89724900 F: +43 (0)7327 / 89724979 [email protected] www.bblinz.at MOKI-Wien Mobile Kinderkrankenpflege Gabriele Hintermayer, MSc (Geschäftsführende Vorsitzende) Puchsbaumplatz 2/5-6, 1100 Wien M: +43 (0)699 / 166 777 00 [email protected] www.wien.moki.at Österreichische Gesellschaft für Familienplanung Mag.a Angela Tunkel Bastiengasse 36-38, A-1180 Wien T: +43 (0)1 / 4785242 Fax: +43 (0)1 / 4708970 [email protected] www.oegf.at, www.firstlove.at PGA – Verein für prophylaktische Gesundheitsarbeit Mag.a Dr.in Doris Formann (Geschäftsführerin) Museumstrasse 31a, 4020 Linz T: +43 (0)732 / 771200 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 F: +43 (0)732 / 771200-22 [email protected] www.pga.at [email protected] www.dioezese-linz.at/telefonseelsorge ProMami Niederösterreich - Hebammenberatung Beatrix Cmolik (Präsidentin) Unterzellerstraße 19, 3340 Waidhofen/Ybbs T: +43 (0)7442 / 52350 F: +43 (0)7442 / 52350 [email protected] www.promami.at Therapieinstitut Keil GmbH Monika Weiszmann (Geschäftsführerin) Jana Käferle (Therapeutische Leitung) Bergsteiggasse 36-38, 1170 Wien T: +43 (0)1/. 408 81 22 11 F: +43 (0)1 / 408 81 22 16 [email protected] www.institutkeil.at Rainbows Mag.a Dagmar Bojdunyk-Rack (Geschäftsführerin) Theodor-Körner-Straße 182/1, 8010 Graz T: +43 (0)316 / 68 86 70 F: +43 (0)316 / 68 86 70-21 [email protected] www.rainbows.at Unabhängiges Kinderschutzzentrum Wien Mag. Philipp Schwärzler (Leiter) Mohsgasse 1 / Top 3.1, A-1030 Wien T: +43 (0)1 / 526 18 20 F: +43 (0)1 / 526 18 20 9 [email protected] www.kinderschutzzentrum.wien Rudolf Ekstein Zentrum – Sonderpädagogisches Zentrum für integrative Betreuung SDn Eva Posch-Bleyer (Leiterin) Jägerstraße 11-13, A-1200 Wien T: +43 (0)1/ 334 67 34 F: +43 (0)1/ 334 28 51 [email protected] www.rez.at Verein Kind-Familie-Umwelt Katharina Hofbauer-Thiery Seilerstätte 5/14, 1010 Wien T: +43 (0)699 / 13 17 33 07 F: +43 (0)1 / 941 25 08 [email protected] www.kind-familie-umwelt.at STEP-Baumgartenberg Markus Hatschenberger (Geschäftsführer) Baumgartenberg 1, A-4342 Baumgartenberg T: +43 (0)7269 / 42042 Fax: +43 (0)7269 / 42050 [email protected] www.step-mwg.at Verantwortung und Kompetenz für besondere Kinder und Jugendliche (VKKJ) Stefan Stadler (Obmann) Graumanngasse 7, 1150 T: +43 (0)1 / 985 25 72 F: +43 (0)1 / 985 25 72 - 20 [email protected] www.vkkj.at SOS-Kinderdorf Mag.a Elisabeth Hauser (Leitung Fachbereich Pädagogik) Stafflerstr. 10a, 6020 Innsbruck T: +43 (0)512 / 5918 – 201 M: +43 (0)676 / 88 14 42 21 F: +43 (0) 512 / 5918 – 218 [email protected] www.sos-kinderdorf.at TelefonSeelsorge OÖ – Notruf 142 Mag.a Barbara Lanzerstorfer-Holzner Schulstraße 4, A-4040 Linz T: +43 (0)732 / 731 313 3529 M: +43 (0)676 / 87 76 35 29 F: +43 (0)732 / 731 313 33 Vorarlberger Kinderdorf gemGmbH Christine Rinner Kronhaldenweg 2, 6900 Bregenz T: +43 (0)5574 / 4992 0 [email protected] www.vorarlberger-kinderdorf.at Wiener Hilfswerk Dir. Sabine Geringer, MSc (Geschäftsführerin) DI Evi Pohl-Iser (Stellv. Geschäftsführerin) Schottenfeldgasse 29, A-1072 Wien T: +43 (0)1 / 512 36 61 -0 F: +43 (0)1 / 512 36 61 -33 [email protected] www.wiener.hilfswerk.at 125 Kontaktdaten Wiener Kinderfreunde (Beratungsstellen) Mag.a Ursula Dietersdorfer (Leitung) Albertgasse 23, 1080 Wien T: +43 (0)1 / 401 25 - 33 F: +43 (0)1 / 408 86 00 [email protected] www.wien.kinderfreunde.at Wissenschaftlich und lehrend tätige Organisationen: Arbeitsgemeinschaft Psychoanalytische Pädagogik Univ.Doz.Dr. Helmuth Figdor (Vorstand) Mariahilferstr. 53/15, A-1060 Wien (Vorstand) Grundsteing. 13/2-4, A-1160 Wien (Sekretariat) T: +43 (0)1 / 586 85 66 [email protected] www.app-wien.at BIFEF – Bildungsinstitut des interdisziplinären Forums für Entwicklungsförderung und Familienbegleitung Doris Staudt (Organisation) Hernalser Hauptstraße 15, Top 3, 1170 Wien T: +43 (0) 660 / 277 13 73 [email protected] www.bifef.at IGfB-Internationale Gesellschaft für Beziehungskompetenz Mag.a Robin Menges Gänsbacherstraße 6, A-6020 Innsbruck T: +43 (0)699 / 11 06 85 09 [email protected] www.igfb.org ökids – Österreichische Gesellschaft für Kinderund Jugendlichenpsychotherapie Mag.a Nora Schuster (Geschäftsführerin) Wilhelm Exner Gasse 30/10, A-1090 Wien T: +43 (0)1 / 958 12 40 F: +43 (0)1 925 08 32 [email protected] www.oekids.at Zentrum für angewandte Epidemiologie und Gesundheitspolitik MPH (Havard) Dr. Franz Piribauer Wimbergergasse 14-16/2-21, A-1070 Wien T: +43 (0)1 / 524 60 20 [email protected] www.zaeg.at St.Virgil Salzburg Prof.Mag. Peter Braun (Direktor) Ernst-Grein-Straße 14, A-5026 Salzburg 126 T: +43 (0)662 / 659 01-512 F: +43 (0)662 / 76 59 01-509 [email protected] www.virgil.at Ganztagsvolksschule Novaragasse Elisabeth Kugler (Direktorin) Novaragasse 30, A-1020 Wien T: +43 (0)1 / 214 72 73 F: +43 (0)1 / 214 72 73 [email protected] www.nova.schule.wien.at Gesundheitsfördernd und präventiv tätige Organisationen: beratungsgruppe.at – Verein für Informationsvermittlung, Bildung und Beratung Liesl Frankl und Wolfgang Kratky (Projektleitung) Erlgasse 25/36, A-1120 Wien T: +43 (0)1 / 943 83 32 [email protected] [email protected] www.beratungsgruppe.at boja – Bundesweites Netzwerk Offene Jugendarbeit Mag.a Daniela Kern-Stoiber (Geschäftsführerin) Lilienbrunnengasse 18/2/47, A-1020 Wien T: +43 (0)1 / 216 484 455 F: +43 (0)1 / 216 484 455 [email protected] www.boja.at Landesverband der Elternvereine an den mittleren und höheren Schulen Österreichs Ing. Theodor Saverschel MBA (Präsident) Strozzigasse 2/4 / 422, A-1080 Wien T: +43 (0)1 / 531 20-3110 F: +43 (0)1 531 20-813110 [email protected] www.bundeselternverband.at Dachverband der unabhängigen Eltern-Kind-Zentren Österreichs Traude Heylik (Obfrau) Praterstraße 14/8 1020 Wien [email protected] www.ekiz-dachverband.at Elternwerkstatt – Verein im Dienst von Kindern, Eltern und PädagogInnen Veronika Lippert (Obfrau) Altmannsdorfer Straße 172/31/2 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2015 T: +43 (0)1 / 662 20 06 [email protected] www.elternwerkstatt.at Familylab Katharina Weiner (Leitung Familylab Österreich) Neuwaldegger Straße 35, A-1170 Wien T: +43 (0)650 / 99 33 961 [email protected] www.family-lab.com Institut für Frauen- und Männergesundheit FEM Mag.a Maria Bernhart (Leiterin) Bastiengasse 36-38, A-1180 Wien T: +43 (0)1 / 476 15-5771 F: +43 (0)1 / 476 155-5779 [email protected] www.fem.at Forum Katholische Erwachsenenbildung – Elternbildung Brigitte Lackner, MAS (Koordination Katholische Erwachsenenbildung) Erdbergstraße 72/8, A-1030 Wien T:+43 (0)1 / 317 05 10-16 F:+43 (0)1 / 317 05 10-10 [email protected] www.forumkeb.at Katholischer Familienverband Österreichs Mag.a Rosina Baumgartner (Generalsekretärin) Spiegelgasse 3/9, A-1010 Wien T: +43 (0)1 / 515 52-3291 F: +43 (0)1 / 515 52-3699 [email protected] www.familie.at Landesverband Katholischer Elternvereine Wien Mag. Christian Hafner (Obmann) Stephansplatz 3/IV, A-1010 Wien T: +43 (0)664 / 890 39 53 [email protected] www.lv-wien.at NANAYA – Zentrum für Schwangerschaft, Geburt und Leben mit Kindern Claudia Versluis Zollergasse 37, A-1070 Wien T: +43 (0)523 / 17 11 F: +43 (0)523 / 17 64 [email protected] www.nanaya.at Österreichische Jugendinfos Mag. Aleksandar Prvulovi (Geschäftsführer) Lilienbrunngasse 18/2/41, A-1020 Wien T: +43 (0)1 / 216 48 44-56 F: +43 (0)1 / 216 48 44-55 [email protected] www.jugendinfo.at Österreichische Kinder- und Jugendvertretung Mag.a Magdalena Schwarz (Geschäftsführerin) Liechtensteinstr.57/2, A-1090 Wien T: +43 ((0)1 / 214 44 99 [email protected] www.bjv.at Österreichischer Dachverband der Elternvereine an den öffentlichen Pflichtschulen Christian Morawek (Vorsitzender) Strozzigasse 2/4 / 421, A-1080 Wien T: +43 (0)1 / 531 20-3112 M:+43 (0) 699 / 15 31 20 00 [email protected] www.elternverein.at Plattform Elterngesundheit Eveline Brem (Vorsitzende) Strozzig.2, A-1080 Wien T: +43 (0)664 / 300 82 86 [email protected] www.elterngesundheit.at PRAEV CIRCLE – Internationales Forum für präventive Jugendarbeit Agnes Koller (Infothek) Postfach 1, A-7222 Rohrbach b.M. T: +43 (0)664 / 197 28 42 [email protected] www.forum20.eu SPORTUNION Österreich Mag. Rainer Rößlhuber (Generalsekretär) Falkestraße , A-1010 Wien T: +43 (0)1 / 513 77 14 16 F: +43 (0)1 / 513 40 36 M: +43 (0)664 / 6061 3341 [email protected] www.sportunion.at 127 Kontaktdaten St. Nikolausstiftung, Erzdiözese Wien/Mobile Dienste Mag.a Natalie Bayer-Chisté (Bereichsleitung Mobile Dienste) Stephansplatz 6/2/3, A-1010 Wien T: +43 (0)1 / 515 52 31 66 [email protected] www.nikolausstiftung.at Selbsthilfegruppe »ELTERN ANDERS« Ing.in Mag.a Martina Kohlbacher-Hess (Leitung) Franz Koci-Str. 5/9/15, A-1100 Wien T: +43 (0)664 / 283 17 16 [email protected] www.elternanders.at Verband der Elternvereine an den Höheren und Mittleren Schulen Wiens Mag. Elisabeth Rosenberger (Vorsitzende) Strozzigasse 2, A-1080 Wien, T: +43 (0)676 / 522 71 01 [email protected] www.elternverband.at SHG Rheumalis Karin Formanek (Leitung) Pilzgasse 14/2/7, A-1210 Wien T: +43 (0)6991 / 974 88 11 [email protected] www.rheumalis.org Welt der Kinder Dr. Gerhard König (Obmann) Anton-Schneider-Straße 28,A-6900 Bregenz T: +43 (0)5574 / 48606 F. +43 (0)5574 / 48606 [email protected] www.weltderkinder.at Mitglieder des Eltern-Selbsthilfe-Beirates: Lobby4kids Mag.a pharm Dr.in Irene Promussas (Vorsitzende) Hardtgasse 29 / 8, A-1190 Wien T: +43 (0)650 / 841 98 20 [email protected] www.lobby4kids.at Kinder-Lobby Mag.a Eveline Doll (Gründerin) Waldstraße 32, A-4710 Grieskirchen [email protected] www.kinder-lobby.at KiB Children Care – Verein rund ums erkrankte Kind Elisabeth Schausberger (Geschäftsführerin) Ungenach 51, A-4841 Ungenach T: + 43 (0)7672 / 84 84 F: +43 (0)7672 / 84 84-25 [email protected] www.kib.or.at Patienten- und Selbsthilfeorganisation für Kinder und Erwachsene mit kranker Speiseröhre (KEKS) Österreich Dr. Thomas Kroneis (Vorsitzender) St.Peter-Hauptstraße 35d/3, A-8042 Graz T: +43 (0)650 / 509 55 00 [email protected] www.keks.at 128 Verantwortung und Kompetenz für besondere Kinder und Jugendliche (VKKJ) Stefan Stadler (Obmann) Graumanngasse 7, A-1150 Wien T: +43 (0)1 / 985 25 72 F: +43 (0)1 / 985 25 72-20 [email protected] www.vkkj.at Kooperationspartner: Netzwerk Kinderrechte Österreich Mag.a Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez Eßlinggasse 6, A-1010 Wien [email protected] www.kinderhabenrechte.at Politische Kindermedizin Dr. Rudolf Püspök (Schriftführer) Reitschulgasse 7, A-7131 Halbturn T: +43 (0)664 / 410 50 66 [email protected] www.polkm.org
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