ct.1914.084 085 15.08.14 10:10 Seite 84 Prüfstand | SSDs mit PCIe-Anbindung Lutz Labs Flash mit Turbo SSD mit PCIe und NVMe überflügeln SATA-SSDs Ein Ausweg aus diesem Dilemma könnten SSDs mit SATA-Express-Schnittstelle sein. Passende Motherboards mit vier PCIe-3.0Lanes dürften im kommenden Jahr auf den Markt kommen, die derzeit aktuellen Boards mit den Intel-Chipsätzen H97 und Z97 bieten lediglich zwei Lanes mit PCIe 2.0. Intel DC P3700 Moderne SATA-SSDs sind schnell, aber es geht noch schneller: Eine Anbindung per PCIe erhöht die Transferraten um ein Vielfaches. Im Test zeigen OCZs RevoDrive 350 und eine Intel-SSD, was das Interface hergibt. D er SATA-Anschluss hat noch lange nicht ausgedient, aber für schnelle SSDs ist er bereits ein Flaschenhals. Mehr als 600 MByte pro Sekunde fließen nicht über die bewährte Schnittstelle. Steckt man eine SSD hingegen in einen PCIe-Slot, kann sich die Geschwindigkeit vervielfachen. Schon PCIe 2.0 ermöglicht Transferraten bis zu 500 MByte/s pro Lane und Richtung – nutzt man zwei oder gar vier Lanes, steigt die Transferrate auf ein oder gar zwei GByte/s. PCIe 3.0 verdoppelt diese Geschwindigkeit noch einmal. Mit PCIe 2.0 arbeitet das RevoDrive 350 von OCZ. Es nutzt acht Lanes und könnte so theoretisch 4 GByte/s übertragen. Auf den gleichen Wert kommt Intels Server-SSD DC P3700 – DC steht hier für Data Center –, die mit vier PCIe-3.0-Lanes arbeitet. OCZ nutzt zur Kommunikation mit der SSD das alte SATA-Protokoll AHCI, Intel geht einen Schritt weiter und setzt auf NVMHCI oder einfacher NVMe. Weil Samsung seine bereits im vergangenen Jahr vorgestellte NVMe-SSD XS1715 immer noch nicht liefern kann, ist die Intel-SSD nun die erste verfügbare SSD mit dem modernen Interface. NVMHCI, das Non-Volatile Memory Host Controller Interface, verspricht vor allem bei der Latenzzeit deutliche Vorteile. Es kann eine sehr große Anzahl von Befehlen parallel an die SSD übertragen: NMVe erlaubt bis zu 65ˇ536 sogenannte I/O-Queues, die jeweils bis zu 65ˇ536 Befehle aufnehmen können – das alte Native Command Queing (NQC) von SATA erlaubt dem Host lediglich, maximal 32 Befehle in eine Warteschlange zu legen, die das Laufwerk dann in beliebiger Reihenfolge abarbeiten kann. Flash-Speicher benötigt anders als eine magnetische Festplatte praktisch keine Zeit, um Daten aus einer ganz anderen Ecke des Speichers auszulesen, deshalb beschleunigt NVMe die Abarbeitung vieler quasi gleichzeitiger Befehle (Random I/O). Dazu soll NVMe quasi nebenbei auch noch Energie und Ressourcen der CPU sparen sowie Treiber vereinheitlichen. Als Schnittstelle für NVMe dient PCI Express, entweder im PCIe-Slot oder per SATA Express [1]. Ein generischer NVMe-Treiber sorgt für die Einbindung der SSD als Mass Storage Device, proprietäre Treiber soll es auf Dauer nicht geben. Dennoch sichert Intel für die DC P3700 lediglich die Funktion unter Windows Server 2012 R2 sowie unter Linux zu. Auch bei der Hardware gibt sich Intel wählerisch: Lediglich drei Desktop-Systeme mit genau spezifizierter CPU und BIOS-Version listet Intel als kompatibel, bei den Server-Boards sind es immerhin zwölf. Solch strenge Hardware-Einschränkungen gibt es beim RevoDrive 350 nicht – es arbeitet noch mit AHCI-Funktionen. OCZ, seit einiger Zeit eine Toshiba-Tochter, liefert Treiber für Windows und Linux mit, unter Mac OS lässt sich das RevoDrive ebenso wenig einsetzen wie die Intel-SSD. OCZ preist sein RevoDrive vor allem für Gamer und Performance-hungrige Endanwender an. Eine SSD wie die DC P3700 wird hingegen kaum in einem Desktop-System zum Einsatz kommen. Dennoch haben wir die SSD stellvertretend für die kommende Generation von schnellen PCIe-SSDs mit NMVe-Interface unserem üblichen Testverfahren unterzogen. Steckplatz-Knappheit Wer eine schnelle Grafikkarte in seinem PC nutzt und zusätzlich eine PCIe-SSD einbauen möchte, sollte vor dem Kauf einen Blick in das Handbuch des Motherboards werfen. Micro-ATX-Boards haben häufig nur einen schnellen PCIe-Steckplatz, und der wird von der Grafikkarte belegt. Die Existenz eines zweiten PCIe-Steckplatzes in voller Länge garantiert jedoch nicht, dass die SSD dort mit voller Performance betrieben werden kann. Häufig teilt sich dieser PCIe-Slot einige Lanes mit anderen Onboard-Komponenten und wird zudem auf einigen Boards nur mit PCIe 2.0 angesteuert, sodass weder Grafikkarte noch SSD dort mit voller Geschwindigkeit arbeiten werden. Intels neue Datacenter-SSDs sind in verschiedenen Versionen erhältlich: als Steckkarte für den PCIe-Slot, als SATA-Express-SSD im 2,5Zoll-Format und sogar noch mit dem im Vergleich eher geruhsamen SATA-6G-Interface. Zudem gibt es drei verschiedene Familien, die sich vor allem in der Haltbarkeit bei Schreibzugriffen auf zufällig verteilte Adressen unterscheiden. Für die P3700 verspricht Intel 36 Petabytes Written, also das tägliche Schreiben einer Datenmenge, die der zehnfachen Kapazität der SSD entspricht, und zwar über den gesamten Garantiezeitraum von fünf Jahren. Bei der DC P3600 sind es noch drei „Drive Writes per Day“ und bei der DC P3500 bloß 0,3. In Desktop-PCs sind solche Datenmengen nicht erreichbar, hier rechnen die Hersteller mit maximal 20 GByte pro Tag – dafür ausgelegte SSDs sind allerdings auch deutlich günstiger. Zum Test stand uns die PCIe-Version DC P3700 mit 800 GByte zur Verfügung, die für rund 2000 Euro erhältlich ist. Auf der DC P3700 finden sich 36 Flash-Module, 1,25 GByte Cache-RAM mitsamt Pufferkondensator sowie Intels 18-Kanal-NVMeController CH29AE41AB0. Die Messergebnisse halten, was die Spezifikationen versprechen: Vereinzelt zeigte IOMeter mehr als 200ˇ000 IOPS beim Schreiben von 4-KByteBlöcken an, insgesamt pendelte sich der Wert bei geringem Füllstand knapp darunter ein. Beim sequenziellen Lesen erreichte die SSD knapp 3 GByte/s, beim Schreiben noch knapp 2 GByte/s. Als Datenplatte funktioniert die P3700 auch unter Windows 7, obwohl Intel das System mit keinem Wort erwähnt. Spaß mit UEFI Die DC P3700 startet aber nicht nur, wie von Intel versprochen, Windows Server 2012, sondern auch Windows 8.1. Der NVMe-Treiber ist im Betriebssystem bereits enthalten, die Installation des Systems klappte ohne SSDs mit PCIe-Anschluss Modell DC P3700 Revodrive 350 Hersteller Intel, www.intel.com OCZ, www.ocz.com Kapazität laut Hersteller im Test1 800 GByte 480 GByte von Windows erkannte Kapazität 745,09 GByte 447,04 GByte weitere erhältliche Kapazitäten 400 GByte (1050 e), 1,6 TByte (n. v.), 2 TByte (5400 e) 240 GByte (430 e), 960 GByte (1050 e) Interface PCIe 3.0 x4 / NVMe PCIe 2.0 x8 / AHCI selbstverschlüsselnde SSD – AES 128 DRAM-Cache 1,25 GByte – Garantie 5 Jahre 3 Jahre Preis pro Gigabyte 2,63 e 1,42 e Straßenpreise 2070 e 670 e 1 Die Hersteller rechnen mit 1 GByte = 1 000 000 000 Byte. Für Windows dagegen – nicht vorhanden n. v. nicht verfügbar ist 1 GByte = 1 073 741 824 Byte, die angezeigte Kapazität daher kleiner. 84 c’t 2014, Heft 19 © Copyright by Heise Zeitschriften Verlag Dieses personalisierte Belegexemplar wurde für Marina Zec erstellt. Es ist nicht zur Weitergabe oder Veröffentlichung bestimmt. ct.1914.084 085 15.08.14 10:10 Seite 85 Prüfstand | SSDs mit PCIe-Anbindung Intel quetscht die 800-GByte-SSD DC P3700 auf eine Platine in halber Bauhöhe. So passen die Steckkarten auch in platzsparende Server in Rechenzentren. Unter dem großen Kühler des RevoDrive 350 verbergen sich zwei komplette SSDs und der RAID-Controller, zwei weitere SSDs sitzen auf der Rückseite. Schwierigkeiten. Der nachfolgende erste Start schlug allerdings auf all unseren Testsystemen fehl. Das Problem liegt im UEFIBIOS, das die verschiedenen Board-Hersteller unterschiedlich implementieren. Es gilt zunächst, alles abzuschalten, was nicht nach UEFI aussieht. Das alleine reicht jedoch nicht immer aus. Auf Boards von Asus und Asrock bootet die SSD nur, wenn man im Bereich Secure Boot den OS-Type auf „Other OS“ setzt. MSI verlangt unter „Windows 8/8.1 Configuration“ die eingeschaltete Option „Windows 8/8.1 Feature“ – also genau das Gegenteil. Auf einem Gigabyte-Board verhinderte die SSD sogar komplett den Start, wir schafften es nicht einmal mehr ins BIOS. startfähig – unter Windows und Fedora. Bei der Windows-Installation lädt man den OCZTreiber bei der Auswahl der Installations-Partition nach, so erkennt die Setup-Routine das Laufwerk. Treiber liefert OCZ für Windows 7 und 8.1. Das funktioniert unter Linux nicht: Ubuntu 14.04 und andere moderne Distributionen erkannten bei der Installation vier Laufwerke à 120 GByte und installierten das System auf einem davon, konnten dann aber nicht davon booten. Einen bootfähigen Treiber liefert OCZ lediglich für Fedora 20 an – dieser ist aber proprietär und erfordert einen hoffnungslos veralteten Kernel, der viele bekannte Sicherheitslücken hat. In den Benchmarks schlägt sich das RevoDrive gut: Knapp 2 GByte/s beim sequenziellen Zugriff, sowohl lesend als auch schreibend. Die IOPS-Werte sind für ein DesktopSystem mit knapp 100ˇ000 mehr als ausreichend, beim Lesen sanken die IOPS nach einigen Minuten jedoch auf knapp 70ˇ000. Übliche Windows-Programme starten gefühlt noch etwas schneller als mit einer SATA-SSD, und auch das Laden und Speichern großer Bild- oder Video-Dateien beschleunigt sich. OCZ RevoDrive 350 Gleich vier SSD-Controller vom Typ LSI Sandforce 2282 finden sich auf dem RevoDrive 350. Diese SATA-6G-Controller greifen in der von uns getesteten Version mit 480 GByte für rund 670 Euro auf jeweils 8 Speicherchips von der OCZ-Konzernmutter Toshiba zu. In der großen Version mit 960 GByte sind es 16 Speichermodule – im Prinzip sind es also vier SSDs mit jeweils 120 oder 240 GByte. Diese steuert der OCZ-RAID-Controller ICT 0262 an. Passende Treiber vorausgesetzt, geben sich die vier SSDs gegenüber dem Betriebssystem als ein einzelnes Laufwerk zu erkennen. So funktionieren dann auch die üblichen SSD-Spezialitäten wie Trim oder das Auslesen der SMART-Werte. Einen DRAM-Cache gibt es nicht. Der RAID-Controller hat ein eigenes BIOS, das den Start des Betriebssystems um einige Sekunden verzögert. Das RevoDrive kann als reine Datenplatte dienen, es ist aber auch Praxis Wie sich die beiden SSDs in der Praxis im Vergleich zu einer schnellen SATA-SSD und einer flotten Festplatte schlagen, haben wir auch mit dem Anwendungsbenchmark Sysmark 2014 getestet. Der überraschende Gewinner war eine per SATA angebundene Samsung 840 Pro, die mit 1554 Punkten 12 Punkte vor der Intel-SSD lag, weitere 10 Punkte dahinter kam das RevoDrive 350. 1387 Punkte erreichte das gleiche System mit einer schnellen Festplatte (Seagate Barracuda). Deutliche Unterschiede gibt es hingegen beim Kopieren großer Dateien: Für die Kopie einer 50 GByte großen Filmdatei brauchte die Intel-SSD 66 Sekunden, das RevoDrive 166 Sekunden und die Samsung 850 Pro knapp 240 Sekunden; die Festplatte lag mit fast 13 Minuten weit dahinter. Die Unterschiede schwinden, wenn man Verzeichnisse mit vielen Dateien kopiert: Das WindowsVerzeichnis (14,5 GByte, ca. 92ˇ000 Dateien) war auf der Festplatte nach knapp 10 Minuten zweifach vorhanden, die drei SSDs brauchten nur zwei Minuten weniger (DC P3700: 481 s, RevoDrive 350: 446 s, 850 Pro: 459 s). Das zeigt vor allem, dass Windows immer noch nicht optimal an die Eigenschaften von Flash-Speicher angepasst ist. Probleme gibt es mit Imaging-Software. Das beliebte Acronis TrueImage konnte zwar ein als Datenpartition eingebundenes RevoDrive sichern, scheiterte jedoch, wenn es vom Acronis-Notfallmedium gestartet wurde: Hier fehlen die Treiber für das RevoDrive, sie lassen sich auch nicht nachrüsten. Zwar erkennt TrueImage das RevoDrive, sieht aber nur vier einzelne GPT-Partitionen ohne Daten – nicht unterstützt, heißt es da nur. Auch die Intel-SSD konnte Acronis nicht sichern. Fazit Intels DC P3700 fühlt sich unter Windows Server oder Linux zu Hause, und dort gibt es auch passende Applikationen, die die Karte ausnutzen können – der Preis spielt dabei wohl eine untergeordnete Rolle. Auch das RevoDrive ist im Vergleich zu einer SATA-SSD recht teuer, könnte aber Anwender interessieren, die häufig mit großen Datenmengen hantieren, etwa beim Videoschnitt – sofern dies unter Windows stattfindet. Im Büroalltag ist man mit einer schnellen SATA-SSD zu einem Bruchteil des Preises genauso gut bedient. Beide Karten beweisen jedoch, dass wirklich schnelle SSDs durch die SATA-Schnittstelle ausgebremst werden. PCIe ist ein Weg zu mehr Geschwindigkeit, NVMe dürfte zunächst vor allem für Server-SSDs wichtig werden. (ll) Literatur [1]ˇBenjamin Benz, Neue Wege, PCI Express soll SSDs aus der SATA-Klemme befreien, c’t 18/12, S. 112 Solid-State Disks – Messergebnisse minimale/maximale minimale/maximale maximale sequenzielle I/Os pro Sekunde bei zufällig Leistungsaufnahme sequenzielle Transferrate sequenzielle Transferrate beim Transferrate beim Schreiben/ verteilten Schreib-/Lesezugriffen (Ruhe/Random Read/ beim Lesen von 64-KByte-Blöcken Schreiben von 64-KByte-Blöcken Lesen von 128-KByte-Blöcken (Random Write/Write/Read) mit Random Write) [W] 1 1 2 3 besser > besser > besser > besser > [MByte/s] [MByte/s] [MByte/s] 4-KByte-Blöcken Intel DC P3700 (800 GByte) 738/1055 813/1017 1912/2804 149329/186567/144139 2,6 / 5,6 / 13,6 OCZ RevoDrive 350 (480 GByte) 8,9 / 12,4 / 13,1 277/320 353/388 1848/1951 90004/89468/67498 1 gemessen mit H2benchw 2 gemessen mit Iometer, 32 outstanding I/O 3 gemessen mit Iometer, 32 outstanding I/O, volle SSD sowie 8 GByte großer Teilbereich der Disk , gemittelter Wert nach fünf Minuten c c’t 2014, Heft 19 85 © Copyright by Heise Zeitschriften Verlag Dieses personalisierte Belegexemplar wurde für Marina Zec erstellt. Es ist nicht zur Weitergabe oder Veröffentlichung bestimmt.
© Copyright 2024 ExpyDoc