Steinbrener/Dempf & Huber „Capricorn Two“ & „To be in Limbo“ - Eröffnung am 19. Mai im Rahmen des Hamburger Architektur Sommers Kunst/Kanzler & Kirche Das Wiener Künstlerkollektiv Steinbrener/Dempf & Huber kommt zum ersten Mal mit zwei großen Projekten nach Deutschland: „Capricorn Two“ und „To be in Limbo“. Und sie machen nicht halt vor Kanzler und Kirche - vor Bismarck-Kult und der übernatürlichen Dimension des Glaubens. Im Rahmen des Hamburger Architektursommers nehmen sie zwei prominente Baudenkmäler der Hansestadt ins Visier: das Bismarckdenkmal und die Katharinenkirche. Mit „Capricorn Two“ wagen sie im Bismarck-Jahr eine spektakuläre Intervention auf dem höchsten Bismarckdenkmal der Welt in St. Pauli am Hamburger Hafen - und bringen damit den ohnehin baufälligen Kanzler noch mehr in Schieflage. Rund 2000 Meter weiter schwebt ein riesiger, bedrohlicher Felsbrocken (8 Meter hoch, 5 Meter breit) im lichten Kirchenschiff von St. Katharinen und erstaunt die Besucher mit physikalisch Unglaublichem. Am 19. Mai werden beide Ausstellungen eröffnet - um 19 Uhr „Capricorn Two“ am Bismarckdenkmal und um 20.30 Uhr „To be in Limbo“ in der Katharinenkirche. „To be in Limbo“ wird bis zum 28. Juni zu sehen sein, „Capricorn Two“ bis zum 2. August. Die Hamburger SEHW Architekten GmbH ist Veranstalter und Initiator der beiden Installationen. Weitere Veranstaltungen: - 20. Mai 18 Uhr Kunsthaus Hamburg - „Stadtgespräch. Metropolitane Perspektiven. Mit Steinbrener/Dempf & Huber und Maike Bruhns“ - mehr Infos: www.architektursommer.de - 3. Juni 20 Uhr St. Katharinen Kirche - Diskussionsveranstaltung mit Christoph Steinbrener, Alexander Röder (Hauptpastor von St. Michaelis) und n.n. - Moderation: Ulrike Murmann (Hauptpastorin von St. Katharinen) - 24. Juni 19.30 Uhr KörberForum - Künstlergespräch mit Steinbrener/Dempf & Huber und Lisa Kosok (Direktorin des Europäischen Hansemuseums Lübeck) Moderation: Sven Tetzlaff (Körber-Stiftung) - mehr Infos: http://www.koerberstiftung.de/koerberforum/programm/details/termin/capricorn-two.html „Capricorn Two“ Ein Steinbock hält für einen Moment inne auf dem Granitschädel des Reichskanzlers Fürst Otto von Bismarck - als wäre er auf dem Sprung vom Gestern ins Morgen. Der gigantomanische, marode deutsche Koloss wird - dank der paradoxen österreichischen Intervention - zum Bergmassiv. Im Bismarck-Jahr, in dem der 200. Geburtstag des Reichsgründers gefeiert wird, und in Zeiten von neuen BismarckParolen seitens der AfD und Pegida fordert „Capricorn Two“ zum Selbstdenken auf. Die „parasitäre Intervention“ - wie sie das Künstlerkollektiv selbst nennt - ist ein Novum im Kunst-Kanon. Insgesamt wird die Zahl aller Denkmale, die an Bismarck erinnern, in Deutschland auf 700 geschätzt. Die Bismarckdenkmale waren Ausdruck der Bismarckverehrung im Kaiserreich. Der Höhepunkt des Bismarck-Kults findet sich in Hamburg mit einem rund 34 Meter hohen Denkmal im Alten Elbpark oberhalb der Landungsbrücken. Dabei nahm Bismarck Hamburg seine Handelsprivilegien und zwang es ins Deutsche Reich. Nun hat sich der gute alte Bismarck über 9 Zentimeter bedenklich gen Osten geneigt und man befürchtet den Sturz des eisernen Kanzlers. Doch trotz aller Skepsis der Hanseaten wurde statt eines Abrisses des Denkmals nun seine aufwendige Wiederinstandsetzung beschlossen: 13 Millionen Euro sind dafür veranschlagt - die Summe wollen sich die Stadt Hamburg und der Bund teilen. Steinbrener/Dempf & Huber intervenieren bewusst vor Bismarcks pompöser Restaurierung und setzen dem Kanzler als Verballhornung die tierische Krone auf. Der Bismarck-Kult wird ironisch und subversiv unterwandert - oder besser gesagt: überwandert. So bedarf es, um den Steinbock im Stadtbild auf größere Betrachtungsabstände hin sichtbar zu machen, einer deutlichen Vergrößerung im Verhältnis zum eigentlichen Natur-Maß des Tieres. Mit rund 3 Meter Höhe wird der Steinbock erhaben auf Bismarcks Schädel balancieren. Was zur Form erstarrt war, kommt radikal wieder in Bewegung. Nicht nur die Statue selbst, auch die Silhouette der Stadt werden durch diesen künstlerischen Eingriff scheinbar verkleinert und zur Spielwiese des Steinbocks. Die Hansestadt samt Bismarckdenkmal wird zur Gebirgslandschaft transformiert - gleich einer symbolischen Re-Naturalisierung zivilisierter Lebensräume oder einer „Verwilderung“ urbaner Architekturen. „To be in Limbo“ Rund 2 km Luftlinie entfernt schwebt ein riesiger Felsbrocken im Kirchenschiff von St. Katharinen. Bei diesem Projekt handelt es sich um eine sockellose Skulptur, die das Thema Glauben in seiner vielschichtigen Dimension visualisiert. Zudem ist „To be in Limbo“ eine Hommage an den surrealistischen Maler René Magritte, der wiederholt schwebende Steine darstellte. Die „Natur außer Rand und Band“ ist - ähnlich wie bei „Capricorn Two“ und weiteren Arbeiten der Wiener Künstlergruppe - auch hier das Motiv der im öffentlichen Raum platzierten Arbeit. Was im Zeitalter von Cut/Copy/Paste als Abbildung für eine simple Fotomontage gehalten werden kann, wird von Steinbrener/Dempf & Huber tatsächlich in Form eines dreidimensionalen Objekts (8 Meter Höhe, 5 Meter Breite und 4 Meter Tiefe) in der Katharinenkirche in Hamburg erneut realisiert. Premiere hatte die Arbeit in der barocken Jesuitenkirche in Wien. Seit der griechischen Plastik des 6. Jahrhundert v. Chr. ist die schwebende Nike ein wiederkehrendes Motiv. In der Bibliothek von Alexandria etwa gab es Figuren, die in einem Magnetfeld schwebten. Das Schweben wurde im Lauf der Jahrhunderte der Inbegriff der Übernatürlichkeit. Quer durch die Kunstgeschichte bis ins 20. Jahrhundert wurde für Bildhauer die Darstellung des Schwebens zum Nachweis, schweres Material wie Stein und Metall so gekonnt einsetzen zu können, dass die physikalischen Gesetze aufgehoben zu sein schienen. Die Surrealisten stellten diese Gesetze wiederholt in Frage. Im lichten Kirchenschiff von St. Katharinen in Hamburg wirkt der Fels in seiner dunklen Materialität nahezu bedrohlich. Wie in der alten Damokles-Sage, in der der König von Syrakus seinem Bediensteten Damokles zwar den Thron überlässt, aber über seinem Kopf ein Schwert an einem Pferdehaar schweben lässt, das jederzeit herunterfallen könnte, so schwebt der große Kunststoff-Felsen an einem 8mmStahlseil über den Köpfen der Besucher. „To be in Limbo“ evoziert damit nicht nur eine schwebend spirituelle Dimension, sondern zugleich bedrohliche Momente des Glaubens wie Irrationalität, Allmacht und Kontrolle. In seiner erstaunlichen Physikalität wird der Felsen zur komplexen Metapher des Glaubens selbst. Steinbrener/Dempf & Huber 2005 gegründet, besteht aus dem Bildhauer Christoph Steinbrener, dem Fotografen und Grafiker Rainer Dempf und dem Architekten Martin Huber. Öffentliche Projekte Die Arbeiten von Steinbrener/Dempf & Huber thematisieren gesellschaftliche Sachverhalte. Viele ihrer Projekte finden im öffentlichen/urbanen Raum statt. 2005 wurden im Rahmen des Projektes „Delete!, die Entschriftung des öffentlichen Raums“ in der Wiener Neubaugasse alle kommerziellen Zeichen wie Geschäftsschilder oder Werbeplakate gelb verhüllt und damit die Entkommerzialisierung von urbanen Begegnungszonen und die Vieldeutigkeit textuell gereinigter Flächen gegenüber der Eindeutigkeit von Werbebotschaften inszeniert. Die Methode des Deplatzierens führte zur 2009 realisierten Ausstellung „Trouble in Paradise“ im Wiener Tiergarten Schönbrunn, bei dem Steinbrener/Dempf & Huber Fremdkörper (Autos, Giftmüll-Fässer, Eisenbahnschienen) in den Tiergehegen installierten und damit die Konfrontation von Natur und Zivilisation thematisierten. Mehr Infos: www.steinbrener-dempf.com Mehr Infos (Presse- und Fotomaterialien): Annette Brüggemann Künstlermanagement Tel. +49 221 30145904 Mob. +49 175 2484579 [email protected] www.annettebrueggemann.com Hamburger Architektur Sommer: Initiative Hamburger Architektur Sommer e.V. www.architektursommer.de
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