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TAGESZEITUNG FÜR LILIENTHAL
BORGFELD · WORPSWEDE · GRASBERG · TARMSTEDT
M O N T A G , 13. APRIL 2015 | NR. 85 | R E G I O N A L A U S G A B E
Ort profitiert von jungen Familien
Eltern fordern längere Betreuungszeiten in Kitas ohne höhere Gebühren / Rechnung der Gemeinde geht nicht auf
Der Rattenfänger
von Hameln
Theatergruppe lädt zu Premiere ein
V ON MI CHA EL W IL KE
VO N M I CHAE L W I LKE
Lilienthal. Die Lebenshilfe reagiert auf die
wachsende Nachfrage. Sie will die Betreuungszeiten in ihren drei Krippengruppen
am Schoofmoor von 14 auf 15 Uhr verlängern. Einigen Eltern reicht das nicht. Sie fordern Ganztagskindergärten und Ganztagskrippen. So weit sind Andreas Cordes,
Fachbereichsleiter im Lilienthaler Rathaus,
und andere Kindergarten-Träger wie Kirche, DRK und Lebenshilfe noch lange
nicht. Denn die Verlängerung der Betreuungszeiten kostet viel Geld – das die Kommune nicht hat.
500 Kindergartenplätze gibt es in Lilienthal, dazu kommen 155 Krippenplätze. Der
Betrieb der 14 Kindertagesstätten (Kitas)
kostet die Gemeinde 2,28 Millionen Euro
im Jahr – Geld, das sie nicht hat. Seit den
90er-Jahren überzieht die Kommune ihr
Konto, zahlungsfähig bleibt die Gemeindekasse nur durch Millionenkredite. Die
Schuldenpolitik bringt Lilienthal alle Jahre
wieder eine Rüge ein. Die Kommunalaufsicht im Kreishaus genehmigt die Haushaltspläne nur noch mit strengen Auflagen. Die Gemeinde soll ihre Ausgaben senken und die Einnahmen erhöhen. All das
hat der für die Kitas zuständige Fachbereichsleiter Andreas Cordes im Kopf. Die
Kindergartengebühren sind zum 1. August
2013 und dann noch mal zum 1. August
2014 erhöht worden.
Lilienthal. Monate lang haben sie unter
der Regie von Dieter Klau-Ehmken geprobt, die Laienspieler der Diakonischen
Behindertenhilfe in Lilienthal. „Der Rattenfänger von Hameln“ heißt ihr neues Stück,
das auf eine der bekanntesten deutschen
Sagen zurückgreift.
Jetzt lädt die Theatergruppe der Behin-
HU inkl. Abgasteil i. A. der KÜS e.V.
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Ärger über fehlende Krippenplätze
Zugleich wurden die Elternbeiträge stärker nach dem Einkommen gestaffelt. Seitdem gibt es sechs Preisstufen. Für vier Betreuungsstunden am Tag müssen Eltern je
nach Einkommen 90 bis 190 Euro überweisen. Jede Stunde Verlängerung kostet sie
pro Monat 22,50 bis 47,50 Euro mehr. Dazu
muss man wissen, dass 49 Prozent aller Eltern in der höchsten Gebührenstufe gelandet sind. Eine Betreuung von 8 bis 15 Uhr
am Tag kostet Geringverdiener 157,50
Euro und die Besserverdienenden der
höchsten Stufe 333 Euro – ohne Mittagessen und Feriendienst.
Den Eltern reicht’s. Sie fordern die Verlängerung der Betreuungszeiten ohne Gebührenerhöhungen. „Lilienthal profitiert
wie kaum ein anderer Ort der Region vom
Zuzug junger Familien und deren Einkommen, Steuerzahlungen und Kaufkraft“, betonen die Familienthaler, die die Interessen der Eltern vertreten. Zuerst nannten sie
sich Saure Muttis. Der Ärger über fehlende
Krippenplätze und hohe Gebühren bescherte ihnen viel Zulauf. Jetzt firmieren
die Muttis und Vatis als Familienthaler. Sie
sind dabei, mit anderen Akteuren ein loka-
Der Betrieb der 14 Kindertagesstätten in der Gemeinde kostet Lilienthal 2,28 Millionen Euro im Jahr. Geld, das die Kommune nicht hat. Gleichwohl
FOTO: LARS FISCHER
wird der Ruf von Eltern nach einer möglichst ganztägigen Betreuung lauter.
les Bündnis für Familien zu etablieren (wir
berichteten). „Lilienthal signalisiert mit der
regelmäßigen Ausweisung neuer Baugebiete, dass junge Familien und ihre Kinder
hier erwünscht sind“, argumentieren die
Familienthaler. „Nun müssen den hohen Investitionen in Infrastruktur, Wirtschaft und
Verkehr dringend die Investitionen in die
Familien folgen.“
Bisher böten nur drei Kitas eine Betreuung bis 16 Uhr an, kritisieren die Familienthaler. Betreuungszeiten bis 17 oder 18 Uhr
gebe es nirgends, die meisten Einrichtungen schlössen um 14 Uhr oder früher. Im
Rathaus sieht Fachbereichsleiter Cordes
den wachsenden Bedarf. „Zeiten bis 15
oder 16 Uhr werden stark nachgefragt“,
sagt er.
Die Nachfrage nach Betreuungszeiten
bis 17 oder 18 Uhr sei geringer und von Ein-
Zeichen stehen auf Streik
Gewerkschaft und Erzieher: Forderungen Nachdruck verleihen
V ON CH RI S T IA N P FEIFF
Landkreis Osterholz. Unter Erziehern und
Sozialarbeitern herrscht Streikstimmung,
nicht nur in Osterholz-Scharmbeck. Über
4000 Menschen, die diese Berufe in Bremen und Niedersachsen ausüben, so
schätzt Verdi-Gewerkschaftssekretär Jörn
Kroppach, legten am Donnerstag für einen
zweiten Warnstreik ihre Arbeit nieder.
Auch im Landkreis Osterholz-Scharmbeck blieben sämtliche Kindergärten und
Kindertagesstätten geschlossen. Ausschlaggebend für den Warnstreik sind aktuell laufende Lohnverhandlungen der Gewerkschaft mit den Trägern öffentlicher
Kinder- und Jugendeinrichtungen. Mit
einer Fortsetzung der Streiks ist laut Verdi
zu rechnen: Kroppach schließt einen Erzwingungsstreik nicht aus, sollten die
Arbeitgeber im weiteren Verlauf der Verhandlungen ihre Position nicht ändern. Darüber herrsche unter den Belegschaften
den Osterholzer Kinderbetreuungseinrichtungen zwar noch kein eindeutiger Konsens, aber derzeit stünden die Zeichen auf
Streik.
Weitere Verhandlungstermine sind für
den 20. und 21. April angesetzt, ein Sondertermin wurde bereits für Mitte Mai anberaumt. Gewerkschaft und Erzieher wollen
diesen Zeitraum nutzen, um ihren Forderungen noch vor Verhandlungsende weiteren öffentlichen Nachdruck zu verleihen.
Literarischer Abend
Stiftung Klosterkirche thematisiert die Not des modernen Menschen
V ON MICH A EL W IL KE
Lilienthal. Die Stiftung Klosterkirche lädt
Lilienthaler und Auswärtige zu einem literarischen Abend in die mehr als 800 Jahre
alte Kirche an der Klosterstraße ein. „Brüche im Leben – Die Not des modernen Menschen an Beispielen aus jüngerer Literatur“ heißt das Thema am Sonntag, 19.
April, ab 18 Uhr.
Detlef Preuschoff geht dabei auf eine
Reihe jüngerer Romane ein, um zu zeigen,
dass die erzählten Lebensgeschichten von
der Not des modernen Menschen handeln.
Preuschoff zitiert einen Satz des französischen Romanautors Michel Houellebecq:
„Wessen Fehler ist es denn, dass wir so viel
Liebe brauchen?“
Die Soziologie und Psychologie des frühen 20. Jahrhunderts habe die Hintergründe eines Lebensgefühls aufgedeckt,
das aus Unsicherheit entstanden sei, heißt
es in der Ankündigung des Literaturabends in der Klosterkirche. „Für den Menschen der sogenannten Moderne liegt der
Glaube an ewigen Fortschritt im Streit mit
dem Zweifel, wohin das schnelle Leben
denn führt.“ Der Mensch sei eingespannt
zwischen einem Optimismus, der alles zur
Gestaltung des Lebens für möglich halte,
und dem Gefühl, dabei seelisch auf der
Strecke zu bleiben.
„Der schwankende Boden von Materialismus, Skepsis und Resignation führt den
Menschen in ein Gefühl der Einsamkeit
und Leere, weil er unter der Verarmung
eines verbindlichen moralischen Wertesystems leidet“, glaubt Preuschoff. Romane,
die den Spuren solcher Lebenswege nachgingen, spannten sich in einem weiten Bogen von Daniel Kehlmann über Haruki Murakami, Angelika Klüssendorf und Zoë
Jenny bis zu Philipp Roth und Steve Uhly.
Musikalisch sollen beim Literaturabend
Kontrapunkte gesetzt werden. Dafür sorgen Renate Meyhöfer-Bratschke am Flügel
und der Cellist Ulf Schade, Mitglied der
Bremer Philharmoniker. Beide spielen
Teile des Zyklus’ „Die Winterreise“ von
Franz Schubert. Der Eintritt ist frei.
richtung zu Einrichtung verschieden: „Das
macht es so schwer.“ Schwer macht es
auch die Kostenfrage. Es gibt einen Ratsbeschluss, den die Verwaltung umsetzen
muss: Die Kita-Gebühren sollen 30 Prozent
der Kosten decken. „Noch liegen wir
knapp darunter“, schätzt Cordes.
Die Abschaffung der Extragebühren für
den Feriendienst haben die Politiker im Sozialausschuss mit großer Mehrheit empfohlen. Bisher zahlen Eltern drauf, wenn sie
ihre Kinder an 25 Ferientagen in die Kita
schicken. Doch wenn die Extragebühren
wegfallen, geht die Rechnung der Gemeinde nicht auf: Die Betriebskosten an Ferientagen bleiben ja. Würde die Gemeinde
sie übernehmen, wäre der 30-Prozent-Kostendeckungsgrad bei den Gebühren nicht
zu erreichen. Im ersten Quartal 2016 will
Cordes den Politikern die Gesamtrech-
nung ohne Feriendienst-Gebühr präsentieren.
Die Lebenshilfe will die Krippenzeit in
der Tornéeschule am Schoofmoor von 14
auf 15 Uhr verlängern. Das war der
Wunsch von 13 Eltern. Fünf wünschen sich
eine Betreuungszeit bis 16 Uhr, zwei eine
Öffnung bis 17 Uhr. Mindestens fünf Kinder müssten es bei einer Verlängerung
schon sein, sagt Cordes, der gerade dabei
ist, den Gesamtbedarf in Lilienthal zu ermitteln. „Die anderen Träger gucken noch.“
Cordes sieht ein weiteres Problem: Längere Öffnungszeiten erfordern mehr Personal. Doch Fachkräfte seien schwer zu finden. Überall in Deutschland richten Kommunen Krippengruppen ein, weil Eltern
jetzt einen Rechtsanspruch darauf haben.
So schnell wie die Zahl der Krippengruppen wächst die Zahl der Erzieher nicht.
Weitere Kita im Stiftungsdorf
Familienbündnis Bremen weiht zweiten Kindergarten ein
V ON S A B I N E V O N DE R DE CKE N
Borgfeld. Vor gut einem Jahr richtete das
Familienbündnis Bremen im Stiftungsdorf
Borgfeld eine Kindergartengruppe für Jungen und Mädchen unter drei Jahren ein.
Aufgrund der großen Nachfrage eröffnete
die Kooperation von Bremer Heimstiftung
und Sparkasse Bremen nun einen zweiten
Kindergarten für Jungen und Mädchen derselben Altersgruppe. Damit stockte das Familienbündnis die Anzahl seiner in sechs
Bremer Stadtteilen beheimateten Gruppen
auf zehn auf. Seit vier Jahren konnten so
120 Kindertagesstättenplätze eingerichtet
werden.
Erst vor wenigen Tagen haben die U3Kinder die neuen Gruppen-, Schlaf- und
Differenzierungsräume im Borgfelder Stiftungsdorf der Bremer Heimstiftung inspizieren können. Die offizielle Eröffnung
fand nun mit Vertretern von Familienbündnis, Bremer Heimstiftung und Sozialressort
im Restaurant Fleet statt. Alexander Künzel, Vorstandsvorsitzender der Bremer
Heimstiftung, hob in seiner Eröffnungsrede den Vorzeigecharakter des Familienbündnis-Projekts hervor, das Kleinkinder,
Grundschulkinder und Senioren unter
einem Dach vereint. Künzel bezeichnete
das „gelebte Miteinander von Jung und
Alt“ im Borgfelder Stiftungsdorf der Bremer Heimstiftung als Beispiel dafür, wie
der demografische Wandel gelingen könne. „Das kann man sich nicht schöner wünschen“, so der Vorstandsvorsitzende.
In Vertretung von Sozialsenatorin Anja
Stahmann nahm Wolfgang Bulling an den
Eröffnungsfeierlichkeiten teil. Er machte
deutlich, dass Borgfeld im Rahmen des Ausbaukonzepts für 2019/20 im Bereich der U3Kinder den hier avisierten Anspruch von 50
Prozent überschritten habe und inklusive
Tagespflege bereits bei einer Versorgung
von 61 Prozent liege. „Für Borgfeld gäbe es
genug Plätze, aber die vorhandenen werden auch von Kindern aus benachbarten
Stadtteilen belegt“, relativierte der Vertreter des Sozialressorts seine Aussage. Damit
reagierte er auf die von Gerd Ilgner, Sprecher des Ortsbeirats Borgfeld, genannten
Ergebnisse zum aktuellen Bedarf. „Bisher
war der Bedarf immer größer als die Statistik dokumentiert“, lautete der Vorwurf des
Beiratssprechers, denn noch immer seien
aktuell 20 Kinder unversorgt.
Stellvertretend für
das Familienbündnis
begrüßte Birgit Weber-Witt (Mitte) die
Gäste bei der Eröffnung des zweiten Kindergartens im Stiftungsdorf. Ihr zur
Seite standen als Vertreter des Sozialressorts Wolfgang Bulling sowie Ute Büge,
Heimleiterin des Stiftungsdorfs.
FOTO: VON DER DECKEN
dertenhilfe, die sich Theatermobile nennt,
alle interessierten Bürger zur Premiere ein.
Sie beginnt am Sonnabend, 18. April, um
16 Uhr im Martinssaal auf dem Diakoniegelände an der Moorhauser Straße 3a. Plätze
können ab sofort bei Dieter Klau-Ehmken
unter der Telefonnummer 0 42 98 /65 11 reserviert werden. Eintrittsgeld wird nicht
verlangt, doch wird das Publikum um Spenden für die Theaterarbeit von Theatermobile gebeten.
Nach seinen Erfolgen mit Geschichten
vom Räuber Hotzenplotz und dem Märchen „Hans im Glück“ hat das Ensemble
nun eine eigene Version des „Rattenfängers von Hameln“ einstudiert. „Die Bürger
der Stadt leiden nicht nur unter der Rattenplage, sondern auch unter einer unfähigen
und nur auf ihren eigenen Vorteil bedachten Regierung“, erklärt der Regisseur und
Theaterpädagoge Dieter Klau-Ehmken.
„Und da nehmen sie die Sache selbst in die
Hand.“
Die Generalprobe ist schon gelaufen, vor
Zuschauern, die ganz offensichtlich ihren
Spaß hatten. Dank der kabellosen Mikrofontechnik seien alle Akteure problemlos
zu verstehen und sogar „amüsante Effekte
aus dem Off“ möglich, erklärt Dieter KlauEhmken.
NACHRICHTEN IN KÜRZE
ALARMANLAGE ZERSTÖRT
Diebe nehmen zwei Autos mit
Lilienthal (xaf). Im Laufe der vergangenen
Woche, zwischen Sonntag und Freitagvormittag, machten sich unbekannte Täter auf
einem Anwesen in der Lilienthaler Straße
Viehreihe zu schaffen. Nachdem es ihnen
gelungen war, die vorhandene Alarmanlage zu zerstören, hebelten sie ungestört
die Haustür auf. Im Wohnhaus durchsuchten sie sämtliches Mobiliar, wobei auch ein
Stahlschrank mittels einer Trennscheibe
aufgebrochen wurde. Die Polizei geht davon aus, dass den Tätern bei der Suche
nach Diebesgut auch zwei Fahrzeugschlüssel in die Hände fielen. Seitdem fehlen die
in der Garage abgestellten Autos der Geschädigten, wobei es sich um einen grauen
Jaguar und einen schwarzen Mini handelt.
Über das restliche Diebesgut ist derzeit
noch nichts bekannt.
AMTMANN-SCHROETER-HAUS
Per Schiff in die Badener Berge
Lilienthal (xaf). Die nächste Tagesfahrt des
Amtmann-Schroeter-Hauses führt in die
Badener Berge. Die Teilnehmer treffen
sich am Dienstag, 19. Mai, um 11 Uhr in Lilienthal und fahren mit der Straßenbahn
nach Bremen. Vom Martinianleger geht es
dann per Schiff weiter auf der Weser in
Richtung Achim. Unterwegs gibt es Kaffee
und Kuchen, was bereits im Fahrpreis von
30 Euro enthalten ist. Anmeldungen für die
Fahrt sind bis Freitag, 24. April, unter der
Telefonnummer 0 42 98 / 63 99 oder per
E-Mail
an
[email protected] möglich.
HÜTTENBUSCHER VEREINE
Gemeinsamer Frühjahrsputz
Worpswede (msö). Frühjahrsputz in Hüttenbusch: Mitglieder der Freiwilligen
Feuerwehr, des Schützenvereins und des
Sportvereins der Ortschaft im Norden der
Gemeinde Worpswede sowie der Heimatverein Heudorf und Umgebung haben jetzt
zu einer gemeinschaftlichen Müllsammelaktion aufgerufen, die das gesamte Dorfgebiet umfassen soll. Treffen ist am Sonnabend, 18. April, um 9.30 Uhr beim Feuerwehrhaus.