Mit Tanz zurück ins Leben

Mit Tanz zurück ins Leben
Wie Musik und Kunst krebskranken Frauen helfen können / Projektreihe im Meppener Ludmillenstift
Gynäkologie und Geburtshilfe
am Ludmillenstift) glaubt, dass
dieses Programm eine hilfreiche
Unterstützung in der Krankheitsbewältigung und im weiteren Gesundungsprozess sein kann.
„Die Sinnfrage ist für Frauen, die an Brustkrebs erkrankt
sind, eine oft gestellte Frage“,
erklärt Agnes Korinth. „Nach
der Diagnose werden sie für lange Zeit aus der Bahn geworfen
und wünschen sich, dass alles
wie vorher sein möge. Aber das
kann es nicht, es kann nur anders werden.“ Das Projekt bietet den Betroffenen an, sich auf
körperlicher, emotionaler und
geistiger Ebene mit dieser Sinnfrage zu beschäftigen. Und vielleicht zu helfen, die Krankheit
zu akzeptieren, neues Vertrauen
zu finden. „Das wäre ein Riesenschritt“, sagt Korinth.
Eine Möglichkeit ist die Tanztherapie. Mit fließenden Bewegungen zu Salsa-Melodien, Jazz,
Blues oder sanften Pop-Rhythmen
will Stephan Runge den Frauen
ermöglichen, ihre Weiblichkeit
wieder zu entdecken. „Durch die
Erkrankung ist oft das Selbstbild
zerstört. Die Frauen sollen im
Tanz ihre Körpermitte und ihr
Gleichgewicht finden, sich in ihrem Körper wieder wohl fühlen“,
erklärt der Tanztherapeut.
Von Petra Diek-Münchow
Meppen. Die Diagnose Brustkrebs stellt das Leben auf den
Kopf – macht wütend, hilflos,
ängstlich. Das Vertrauen in
den eigenen Körper geht verloren. Genau dieses wiederzufinden, dabei hilft eine Veranstaltungsreihe im Meppener
Krankenhaus Ludmillenstift:
mit Kunst, Musik und Tanz.
Stephan Runge schaltet den CDPlayer ein. Und sofort füllt die
sanfte Soulstimme von Nora
Jones den Therapieraum ganz
oben im Meppener Krankenhaus
Ludmillenstift. „Come away with
me“ singt sie: „Geh weg mit mir“.
Und die fünf Frauen, die sich
inmitten der Sportgeräte und
Massageliegen einen freien Platz
gesucht haben, folgen ihr – aber
nicht wortwörtlich. Langsam bewegen sie sich zur Musik, wiegen
sich in den Hüften, heben die
Arme über den Kopf, lassen die
Schultern kreisen – versuchen
für einen Moment, dem Alltag zu
entfliehen und sich neu zu spüren. Jede der Frauen ist an Brustkrebs erkrankt.
„Ich war richtig
glücklich“
Der Tanzabend ist Teil der Veranstaltungsreihe „Brustkrebserkrankung – Sinnerfahrung und
Sinnlichkeit“, die seit Frühjahr
im Meppener Krankenhaus Ludmillenstift läuft. Der Verein KOMEN Deutschland, der Aufklärungsarbeit rund um das Thema Brustkrebs betreibt (www.
komen.de), fördert das Projekt
finanziell. Neben Informationsabenden und Vorträgen für Interessierte werden Tanzthera-
„Da kann ich
alles rauslassen“
Tanz öffnet die Seele: Durch fließende Bewegungen, durch die Musik, durch
den Moment nur für sich können krebskranke Frauen ihr Gleichgewicht und
ihre Mitte wieder finden. Foto: Gerold Meppelink
pie, Bildhauerei und Musik für
Betroffene angeboten. Nach der
Hälfte der Laufzeit zieht Projektleiterin Agnes Korinth eine positive Bilanz. „Erst kürzlich hat
mir eine Frau nach einem Tanz
gesagt ‚Ich war richtig glücklich’.
Allein für diesen Satz hat sich
der Aufwand gelohnt“, sagt die
Krankenschwester. Auch Henryk
Pilch (Leiter des Emsländischen
Brustzentrums und Chefarzt der-
Zur Sache
„Race for the Cure“ in Meppen
Im Rahmen der Meppener Veranstaltungsreihe „Sinnerfahrung
und Sinnlichkeit“ für Frauen, die
an Brustkrebs erkrankt sind, gibt
es noch mehrere Angebote:
n „Dein Glaube hat dir geholfen
– Krebs und Krankheitsbewältigung“, 1. Oktober, 19.30
Uhr, Schulungszentrum Ludmillenstift, mit Krankenhausseelsorgerin Bärbel Wempe,
(für alle Interessierten)
n „Mal laut und mal leise – Musik- und kunsttherapeutische
Erfahrungen für Betroffene“,
14. November, Ludmillenstift,
mit Musiktherapeutin Claudia
Ziegler (mit Anmeldung).
n Außerdem findet am 13.
September ab 10 Uhr in Meppen (Am Markt) der Wohltätigslauf „Fürs Leben gerne
laufen – Race for the cure“
statt. Initiatoren sind unter
anderem das Emsländische
Brustzentrum am Ludmillenstift, der Verein Frauen nach
Krebs, die Stadt Meppen, der
Landkreis Emsland und die
Organisation KOMEN, die
sich für Betroffene einsetzt.
Mit dem Erlös sollen Projekte
und Aufklärungskampagnen
zum Thema Brustkrebs in der
Region ermöglicht werden.
Info-Flyer liegen im Krankenhaus aus, Anmeldungen: im
Internet unter www.komen.
de, per Email unter [email protected] oder per
Fax unter 0 5931/1 52 14 79.
Feste Teams sollten sich bis 6.
September anmelden.
Weitere Infos zu allen Veranstaltungen: 0 59 31/1 52 39 91
Wie gut das tut, weiß Manuela
Esders vom Emsländischen Verein und Arbeitskreis Frauen nach
Krebs. Dieser Zusammenschluss
von Betroffenen und Nichtbetroffenen will ein engmaschiges
Netz knüpfen, das krebserkrankte Frauen auffängt. Aus bitterer
Erfahrung weiß Manuela Esders,
wie wichtig dass ist. Die 46-Jährige ist vor über zwei Jahren an
Brustkrebs erkrankt, hat viele
Operationen, Bestrahlung und
Chemotherapie hinter sich. Von
Beginn an hat sie nach Möglichkeiten gesucht, die ihr helfen,
mit der Diagnose (über)leben zu
können. Dazu zählt neben aller
notwendigen Medizin auch Sport
und Tanz. Letzteres hat Manuela
Esders in einer Kur kennen- und
schätzen gelernt. „Man bekommt
das Gefühl, man kann wieder
etwas. Man fühlt sich leicht und
lebendig und weiblich“, umschreibt sie die Gefühle dabei.
Besonders freut sich die Harenerin auf das Bildhauer-Seminar
im August. „Da kann ich dann
richtig zuschlagen und alles mal
rauslassen.“