Das Magazin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen Nachrichten 02/2015 ISSN 1430-6204 Publikation Nr. 39 Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. Zufrieden altern im Beruf – Ein Ratgeber für ältere Arbeitnehmer Neu! Fahrtauglichkeit älterer Autofahrer – die Rolle der Hausärzte 2015 2. – 4. Juli nter Ce Congress nkfurt Messe Fra PROGRAMM Gemeinsam in die Zukunft! 11. DEUTSCHER SENIORENTAG 2015 Schirmherrin: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit Messe Bald! Resilienz – was uns stark macht Initiative Schlaganfallvorsorge Bei Vorhofflimmern handeln ? Vorhofflimmern erkennen. Schlaganfall vorbeugen. Ist Ihr Herz durch Vorhofflimmern außer Takt? Dann haben Sie möglicherweise ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie sich Vorhofflimmern äußern kann und welche Begleiterkrankungen das Schlaganfallrisiko erhöhen können. Sprechen Sie bitte mit Ihrem Arzt, wie Sie am besten vorsorgen können. Mehr Informationen finden Sie auf www.schlaganfall-verhindern.de Jetzt informieren und vorsorgen! CVDE14NP02449 Eine Initiative von: 2 BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, l ange leben und gesund alt werden, wer wünschte sich das nicht? Nun leben wir heute (im Schnitt) länger und werden gesünder alt als frühere Generationen. Das ändert aber nichts daran, dass mit steigendem Alter gesundheitliche Beeinträchtigungen (ebenfalls im Schnitt) zunehmen. Die gute Nachricht ist dabei, dass das Krankheitsgeschehen im Alter und der Alterungsprozess beeinflussbar sind. Die Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Gesundheit sind auch im Alter sehr vielfältig. Viele Krankheiten können durch Gesundheitsförderung und Prävention vermieden, ihr Eintritt hinausgeschoben oder ihre Folgen verringert werden. Es lohnt sich also auch im Alter, sich mit dem Thema Gesundheit und damit, wie man sie fördern kann, zu beschäftigen. rung und Prävention. Es werden Vorschläge gemacht, wie und mit welchen Maßnahmen die verschiedensten Akteure Gesundheit und Lebensqualität älterer Menschen fördern können und wie diese bei der Förderung ihrer Gesundheit unterstützt werden können. Die Lebensqualität Älterer kann entscheidend davon abhängen, inwieweit ihnen eine Integration in das gesellschaftliche Leben gelingt. „Teilhabe ist ein Teil von Gesundheitsförderung. Gebraucht zu werden, zur Gesellschaft zu gehören – das ist wichtig für die Gesunderhaltung bis in die höchsten Lebensjahre hinein“ (Kuhlmey). Ebenso sind regelmäßige körperliche Aktivität und eine ausgewogene Ernährung wichtig für den Erhalt und die Förderung der GeGesundheitsziele.de, der Kooperati- sundheit. onsverbund zur Weiterentwicklung des nationalen Gesundheitsziele- Ein Grund für die BAGSO, sich an prozesses, hat „Gesund älter werden“ IN FORM, „Deutschlands Initiazum Gegenstand eines Nationa- tive für gesunde Ernährung und len Gesundheitsziels gemacht. Die mehr Bewegung“, zu beteiligen. BAGSO hat ergänzend hierzu in Dass das Fehlen von Zähnen und einer Broschüre und im Internet das Nachlassen von Kaukraft und „Initiativen und Projekte zur Ver- Kaufähigkeit die Lebensqualität besserung der Lebensqualität und trüben, liegt auf der Hand. Vielder Gesundheit älterer Menschen“ leicht weniger bekannt ist, welch vorgestellt. große Bedeutung darüber hinaus die Mundgesundheit für die all„Gesund älter werden“ befasst gemeine Gesundheit hat. Erkransich auch mit Gesundheitsförde- kungen der Mundhöhle können BAGSO-Nachrichten n 02/2015 zu internistischen Erkrankungen führen (und umgekehrt). Bleibt ein weiterer im Zusammenhang mit Gesundheitsförderung im Gesundheitsziel „Gesund älter werden“ behandelter Einflussfaktor, die seelische Widerstandskraft (Resilienz). Gerade im Alter sind mit Verlusten verbundene kritische Lebensereignisse und Krisen nicht selten, etwa Beendigung des Berufslebens, Verwitwung oder die Übernahme von Pflege. Es geht darum, wie ältere Menschen damit erfolgreich umgehen können bzw. wie sie darin gestärkt werden können, derartige Krisen zu bewältigen. Hierzu (und zu weiteren interessanten Themen) enthält diese Ausgabe der BAGSO-Nachrichten eine Reihe von Beiträgen. n Herzlich Ihr Rudolf Herweck Stellv. Vorsitzender der BAGSO 3 Inhalt Editorial 3 Mobilität Inhalt 4 Fahrtauglichkeit älterer Autofahrer – die Rolle der Hausärzte33 Der 11. Deutsche Seniorentag5 Die SenNova 20156 BAGSO bei Bundesjustizminister Maas 7 Seite 27 Titel: Was uns Kraft gibt Kraft nicht trotz, sondern dank einer Krise!8 Glaube und Spiritualität als Kraftquelle 10 © Foto: Barbara Donaubauer Seniorenarbeit und Seniorenpolitik Die Werkstatt der Generationen ist ein fester Bestandteil der Integrativen Montessori Schule an der Balanstraße in München. „Woher nimmst du nur die Stärke?“12 Seite 32 Gesund mit Hund Was Ältere bei der Anschaffung eines Hundes beachten sollten, erfahren Sie von Angelika Prauß, die 2012 60 plus Hund gegründet hat. 25 Engagement Hilfe zur Selbsthilfe für junge Menschen Seniorpartner in School26 Die Werkstatt der Generationen 27 Wohnen Wege aus der Wohnungslosigkeit 28 Gesundes Leben Graue Schläfen in der Werbung 36 Sechs sichere Tipps für Anlagen 38 Darf´s ein bisschen mehr sein? – Das Geschäft mit den individuellen Gesundheitsleistungen 39 40 3 Schulklassen – 33 Fragen – 99 Antworten41 Senioren weltweit Mobil bis ins hohe Alter42 De Hogeweyk – eine alternative Wohnform für Menschen mit demenziellen Erkrankungen 43 Informationen aus der BAGSO © Foto: BERLINSTOCK - Fotolia Achtsamkeit unterstützt die Fähigkeit, mit schwierigen Situationen im Leben umzugehen24 Humor als Resilienz-Faktor © Foto: Halfpoint - Fotolia Und trotzdem JA zum Leben sagen …17 Die Kneippsche Lebensweise, eine Kraftquelle22 Recht und Verbraucher „Höchstleistungen sind mein Leben“ „Was mich immer weitermachen lässt…“ Über innere Antreiber und Kraftquellen16 Wie man zum „Stehauf-Menschen“ werden kann20 35 Vorgestellt Burnout oder Boreout? – Wenn Überforderung oder Langeweile die Kraft rauben 14 Gemeinsam sind wir stärker19 Der Weg ist das Ziel – Urlaub im Fahrradsattel Seite 39 Darf´s ein bisschen mehr sein? Das Geschäft mit den individuellen Gesundheitsleistungen beleuchtet Barbara Schmitz, Referentin für Gesundheit und Pflege der Verbraucherzentrale NRW. Neu in der BAGSO: Bundesverband russischsprachiger Eltern e.V. 45 Im Alter IN FORM – Neue Akzente im Jahre 2015 46 Kooperationen, Netzwerke Was die BAGSO so alles bewirkt hat 48 Projekte und Positionen der BAGSO-Verbände 50 Neu: „Zufrieden altern im Beruf“ 54 Trauer um Brigitte Weideling 55 Impressum 55 Genussvoll essen in jeder Lebenslage 29 Ich beim Arzt31 Gesund mit Hund 32 Der Wort&Bild Verlag unterstützt mit dem SENIOREN RATGEBER RATGEBER die Arbeit der BAGSO. 4 BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Seniorenarbeit und Seniorenpolitik Der 11. Deutsche Seniorentag 2015 in Frankfurt am Main li 2015 2. – 4. Ju Center Congress kfurt an Fr se Mes PROGRAMM Gemeinsam in die Zukunft! 11. DEUTSCHER SENIORENTAG 2015 Schirmherrin: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit Messe D ie Programmplanung des kommenden Deutschen Seniorentages, der vom 2. bis 4. Juli 2015 stattfindet, steht: Mitte April liegt das gedruckte Programmheft mit allen Veranstaltungen, den beteiligten Ausstellern und begleitenden Aktionen vor. Auch auf der Internetseite www.deutscher-seniorentag.de wird das Programm einsehbar sein, dazu besteht die Möglichkeit, sich einen persönlichen „Veranstaltungsplan“ über die Warenkorbfunktion „Mein DST“ zusammenzustellen und auszudrucken. Eintrittskarten können ab Mitte April per E-Mail oder Fax bei der BAGSO-Geschäftsstelle bestellt werden. Die Karten wird es auch im Vorverkauf in den TouristInformationen im Frankfurter Hauptbahnhof und am Frankfurter Römer geben. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird den Deutschen Seniorentag am 2. Juli 2015 eröffnen. Auch an BAGSO-Nachrichten n 02/2015 den folgenden Tagen wartet ein in- und Bewegung sowie die Möglichteressantes Programm auf die Be- keiten, beides in den persönlichen sucherinnen und Besucher. Alltag einzubauen. Zu den Highlights zählt sicherlich auch das „Alt und Jung – zwei Welten?“ ist große Tanzfest des Bundesverbander auffordernde Titel einer beson- des Seniorentanz. deren Talk-Runde. Am 3. Juli 2015 diskutieren Franz Müntefering, Erstmals wird es beim DeutBundesminister a.D., und Petra schen Seniorentag einen ganzen Roth, Frankfurter Oberbürger- Tag Kino geben. Das Filmfestimeisterin a.D., mit Schülerinnen val der Generationen präsentiert und Schülern des Lessing-Gymna- mit der Kino-Lounge prämierte siums Frankfurt über Alters- und Kurzfilme, anschließend finden Jugendbilder, gegenseitige Erwar- Filmgespräche mit Experten und tungen und Wege zum Miteinan- Überraschungsgästen statt. der der Generationen. Informationen zu den Themen des Das Miteinander von Alt und Jung Deutschen Seniorentages bietet ist auch das Thema der Generati- der seit Anfang Februar im zweionenInsel auf der Messe SenNova. wöchigen Rhythmus erscheinende Sie präsentiert Projekte, die die Newsletter. Die einzelnen AusgaGenerationen auf verschiedene ben stehen unter einem SchwerWeisen zusammenbringen und punktthema, Experteninterviews auf unterschiedlichen Ebenen den und Berichte aus der Praxis liefern gesellschaftlichen Zusammenhalt Hintergrundwissen. Der Newsletfördern. Dazu gehören z.B. die ter kann auf www.deutscher-seRobert Bosch Stiftung mit ihren niorentag.de/newsletter abonniert Projekten, die hessischen Mehr- werden. n generationenhäuser sowie das Programme, Eintrittskarten und Deutsche Kinder- und JugendWerbematerialien (Flyer, Postfilmzentrum. karten, Aufkleber, Plakate DIN In über 100 Veranstaltungen werA1 und A3) können per E-Mail, den an drei Tagen umfassend TheFax oder Brief in der BAGSOmen rund um das Älterwerden Geschäftsstelle bestellt werden: und die Seniorenpolitik diskutiert. Zu den Besonderheiten des DeutBAGSO schen Seniorentages gehören die Bonngasse 10, 53111 Bonn Mitmach-Angebote. Testen Sie Fax: 0228 / 24 99 93-20 Ihre Fähigkeiten und informieren E-Mail: [email protected] Sie sich am Treffpunkt „Gesundwww.deutscher-seniorentag.de heit“ über gesunde Ernährung 5 Seniorenarbeit und Seniorenpolitik Die SenNova 2015 – Information, Innovation und Inspiration A ussteller aus den Bereichen Gesundheit, Bildung, Engagement, Vorsorge, Reisen, Technik, Pflege und Wohnen begrüßen Sie auf der SenNova 2015 in Frankfurt, die fester Bestandteil des Deutschen Seniorentages ist. Zudem behandelt das vielfältige Bühnenprogramm die Schwerpunktthemen Gesundheit, Vorsorge und Mobilität. Die BAGSO-Verbände und andere Organisationen bieten auch Ihnen eine gute Ideen- und Informations-Plattform. Sie können sich mit anderen Engagierten austauschen, Kontakte knüpfen und von den vielfältigen Erfahrungen der Seniorenverbände profitieren. Zu einem Dialog von Alt und Jung lädt die GenerationenInsel ein, auf der sich vielfältige Projekte vorstellen. cours sowie ein computergesteuertes Trainingsprogramm fürs Gehirn. Lassen Sie sich an unserem Treffpunkt „Gesundheit“ beraten und informieren Sie sich z.B. über gesunde Ernährung, Bewegungsmöglichkeiten und die richtige Impfvorsorge. Hilde S., Besucherin der SenNova 2012: „Wir sind mit unserem Seniorenclub angereist. Die Gesundheitschecks haben mir besonders gefallen, z.B. die KnochendichErika S., Besucherin der SenNova temessung, die bekommt man ja 2012 in Hamburg: „Ich wollte neue sonst nicht einfach so.“ Ideen sammeln, Kontakte knüpfen und mögliche Projektpartner ge- Auf der SenNova können Sie sich winnen. Meine Erwartungen wur- am Treffpunkt „Internet und den voll erfüllt, endlich habe ich die Technik“ über Einstiegsmöglichrichtigen Ansprechpartner gefun- keiten ins Internet informieren, den und einige vielversprechende neue Bedienungsoberflächen tesGespräche führen können.“ ten, Tablet-Computer ausprobieren und innovative technologische An allen drei Tagen gibt es um- Alltagshilfen kennenlernen und fassende Gesundheitschecks wie mehr zum sicheren Umgang mit einen Schlaganfall-Risikotest und dem Online-Banking erfahren. einen Vorhofflimmern-Test. Zu- Der Frankfurter Verband für Aldem erwarten Sie u.a. Bewegungs-, ten- und Behindertenhilfe lädt zuOsteoporose- und Gedächtnispar- dem jeden Besucher – egal ob jung 6 oder alt – ein, in einer Video-Box seine ganz persönlichen Vorstellungen und Wünsche für das eigene Älterwerden zu schildern. Auf der SenNova finden Sie Informationen und Möglichkeiten zu barrierefreier Wohnraumgestaltung und -anpassung, zum energieeffizienten Sanieren und günstigen Finanzieren. Sie können sich außerdem sich über verschiedene Wohnformen informieren und die Angebote mehrerer Residenzen und Pflegeheime vergleichen. Außerdem wird gezeigt, wie Technik den Alltag erleichtern kann. Toni B., Besucher der SenNova 2012: „Meine Freundin hat mich ja überreden müssen, aber jetzt bin ich froh, dass wir hier sind. Endlich habe ich jemanden gefunden, der mir zu unserem Badumbau gute Tipps geben kann.“ n Wir danken Pfizer Deutschland und ING DiBa für die Unterstützung. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Seniorenarbeit und Seniorenpolitik Mehr Rechtsschutz für Menschen, die zu Hause gepflegt werden BAGSO schlägt Bundesjustizminister Maas Einsetzung einer Expertenkommission vor S o wie es häusliche Gewalt gegenüber Partnern, meist von Männern gegenüber Frauen, gibt, so gibt es leider auch Fälle, in denen Menschen, die aufgrund von Pflegebedürftigkeit zu Hause versorgt werden, Gewalt, Misshandlung oder Vernachlässigung erdulden müssen. Nicht immer, aber oft handelt es sich bei den Opfern um alte Menschen. Als Ursache wird zum einen auf Überforderung, oft kombiniert mit Alkoholmissbrauch und/oder sozialer Isolation, zum anderen auf die mangelhafte Qualität der Beziehung vor der Pflegesituation verwiesen. Wie Expertinnen und Experten seit vielen Jahren beklagen, gibt es für solche Situationen bislang keinen hinreichenden Rechtsschutz. Neben (mehr) präventiven Maßnahmen fehlen gerade für den häuslichen Bereich funktionierende Kontrollmechanismen sowie behördliche und (familien-)gerichtliche Interventionsmöglichkeiten mit klaren Zuständigkeitsregelungen. Das Strafrecht, das erst greift, wenn bereits etwas Schlimmes passiert ist, ist in der konkreten Situation wenig hilfreich. Bereits 2005 hat der Deutsche Familiengerichtstag auf diese Schutzlücke hingewiesen und erste Vorschläge gemacht, was getan werden müsste. Viel passiert ist BAGSO-Nachrichten n 02/2015 seither leider nicht. Vertreterinnen und Vertreter der BAGSO nutzten ein Gespräch, das auf Einladung von Bundesjustizminister Heiko Maas am 23. März 2015 in Berlin stattfand, um auf diesen Missstand hinzuweisen. Konkret schlugen sie die Einsetzung einer Expertenkommission vor, um vorhandene Vorschläge zu konkretisieren. Im Gespräch wurde deutlich, dass sich auch der Minister bereits mit dem Thema befasst hat. Er sagte zu, dass sich sein Ministerium weiter mit dem Thema beschäftigen und den Vorschlag der BAGSO prüfen werde. Berücksichtigung aller denkbaren Alternativen gewährleistet ist – Stichwort „Werdenfelser Weg“. Im Weiteren machte die BAGSOVorsitzende den Minister darauf aufmerksam, dass sich im Bereich von Assistenzleistungen für Senioren („Seniorenberater“, „Alltagsbegleiter“) ein grauer Markt entwickelt habe, der unbedingt unter die Lupe genommen werden müsse. Um Diskriminierungen aufgrund des Lebensalters zu verhindern, forderte die BAGSO den Minister auf, sich insbesondere bei der Darlehensvergabe und der Festlegung von Versicherungstarifen Ein zweites Thema des etwa ein- für mehr Transparenz einzusetzen. stündigen Gesprächs, an dem auch Staatssekretär Gerd Billen Im Gespräch mit Staatssekretär teilnahm, war die im Koalitions- Gerd Billen konnten weitere ververtrag von 2013 angekündig- braucherpolitische Themen verte Reform des Betreuungsrechts. tieft werden. U.a. ging es um eine Die BAGSO sprach sich dafür Ausdehnung verbandlicher Klaaus, die Qualität der Betreuung gebefugnisse im Bereich pflegeridurch mehr verpflichtende Fort- scher Dienstleistungen, aber auch bildung von Betreuern, Richtern um Fragen, die mit der „Digitaliund Rechtspflegern zu verbessern. sierung des Verbraucheralltags“ Bundesminister Maas informier- zusammenhängen. Die BAGSO te, dass er bereits eine Studie zur sagte ihre Unterstützung bei der Qualität der Betreuung in Auftrag Umsetzung der sog. Marktwächter gegeben habe. Zum anderen warb zur Kontrolle des Finanzmarktes die BAGSO für die Ausweitung und des Marktes digitaler Güter von Konzepten, mit denen bei der und Dienstleistungen zu. n Anordnung freiheitsentziehender Maßnahmen eine genaue Prü- Dr. Guido Klumpp fung der Erforderlichkeit unter Geschäftsführer 7 Titel – Resilienz – was uns stark macht © Foto: francesco pirrone - Fotolia Kraft nicht trotz, sondern dank einer Krise! Belastungen, Stress, vielfältige Herausforderungen erfahren alle Menschen im Leben, aber manche stehen wie ein Fels in der Brandung, andere dagegen lassen sich schnell von Problemen umwerfen und kommen schwer wieder auf die Beine. Was macht den Unterschied? Was macht uns stark? Die Antwort: Menschen, die der Krise trotzen, haben eine höhere Resilienz. R esilienz – das ist zum einen die physikalische Eigenschaft von Systemen, nach einer Einwirkung von außen wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückzukehren. Der Begriff ist zum anderen in der Psychologie zu Hause und beschreibt hier die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch persönliche und soziale Ressourcen sogar zur Weiterentwicklung zu nutzen. Ein resilienter Mensch ist also kein „Gute-Laune-Bär“, der ständig grinsend durchs Leben läuft und nichts und niemanden 8 ernst nimmt. Vielmehr zeichnet er sich dadurch aus, dass er unbeschadet und gegebenenfalls sogar gestärkt aus Krisen hervorgeht, die andere aus der Bahn werfen. Resiliente Menschen haben ein besseres Handwerkszeug zur Handhabung belastender Situationen. überstehen Sie Krisen besser. Das müssen nicht immer große Krisen sein, es gibt auch kleine Alltagssituationen, die jeder kennt und die uns bei seelischem Ungleichgewicht leicht erschüttern können: Stress im Beruf oder privat, eine unerwartete Veränderung, die unsere Routine durchbricht, ein Wenn Sie die Situation akzeptie- schmerzhafter Hexenschuss … ren können, sich durch Optimismus und Selbstwirksamkeit Mut Im Bereich der positiven Psychomachen, nach Lösungen suchen logie wird Resilienz seit einigen und dann eigenverantwortlich die Jahren intensiv erforscht. WisHerausforderung angehen, dann senschaftliche Studien konnten BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Titel – Resilienz – was uns stark macht © Foto: pedrolieb - Fotolia wirksame Faktoren identifizieren, die Menschen widerstandsfähiger gegen Krisen machen. In ihrem Zusammenwirken ergeben die folgenden sieben Schlüssel einen resilienten Menschen: 1. Akzeptanz: Nehmen Sie an, was geschieht. Es ist, wie es ist. 2. Optimismus: Vertrauen Sie – gerade wenn es schwierig ist – darauf, dass es wieder besser wird. Don’t worry, be happy. 3. Selbstwirksamkeit: Achten Sie auf Ihre eigenen Bedürfnisse. Entscheiden Sie sich und gehen Sie Ihren Weg. 4. Verantwortung: Verlassen Sie die Opferrolle. Übernehmen Sie Verantwortung für sich selbst und respektieren Sie Ihre (Leistungs-)Grenzen. 5. Netzwerkorientierung: Trauen Sie sich, andere um Hilfe zu bitten und Hilfe anzunehmen. 6. Lösungsorientierung: Gehen Sie die Dinge an, werden Sie aktiv. Entscheiden Sie, was Ihnen wichtig ist. Realisieren Sie Ihre Lebenswünsche. 7. Zukunftsorientierung: Planen Sie Ihr Leben und sorgen Sie für die Realisierung Ihrer Ziele. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Wichtige Voraussetzungen, um die Schlüsselfaktoren für Resilienz zu erwerben, erhalten wir normalerweise in der Kindheit durch eine enge emotionale Bindung zu mindestens einer Bezugsperson in der Familie (auch Großeltern, Geschwister, Tanten und Onkel), die Sicherheit und Zuverlässigkeit vermittelt; durch Erfahren von Akzeptanz und Respekt, weil wir freundlich und aufgeschlossen sind sowie unsere Probleme selbst angepackt und gelöst haben; und durch Unterstützung bei dem, was wir tun – durch Ältere und Gleichaltrige, durch Lehrer, Nachbarn und Eltern von Freunden. Durch all unsere Erfahrungen bauen wir unbewusste Denkmuster auf, die unser Verhalten unser ganzes Leben wie ein Autopilot bestimmen können. Manche dieser Denkmuster können heutzutage jedoch hinderlich sein, sodass wir durch ein „Programm-Update“ neue Verhaltensmöglichkeiten generieren sollten. Ein passender Spruch dazu lautet: „ Es ist nie zu spät, eine schöne Kindheit gehabt zu haben.“ Wir können uns entscheiden, dass wir uns insbesondere durch unsere positiven Erfahrungen stärken. Nach meiner Überzeugung sind wir unser ganzes Leben lang lernfähig, sodass wir für uns selbst sorgen und innere Widerstandskraft aufbauen können. Der Resilienzansatz wirkt auch präventiv. So wurde bei einer groß angelegten Studie von amerikanischen Kriegsheimkehrern, die vor ihrem Einsatz in den verschiedenen Resilienzfaktoren geschult wurden, ein signifikant geringeres Auftreten posttraumatischer Belastungsstörungen beobachtet und damit die Wirksamkeit von Resilienztrainings belegt. Jeden Resilienzschlüssel kann man einzeln gezielt trainieren, sodass ein zufriedenstellendes oder – noch besser – ein erfülltes Leben möglich wird. Der tägliche Aufwand, um resilienter zu werden, ist individuell verschieden, je nachdem in welcher Lebenssituation Sie sich befinden. Jedoch schon mit kleinen Resilienzübungen für zwischendurch können wir etwas zur Verbesserung unseres Wohlbefindens tun. So können Sie Ihren Optimismus trainieren, indem Sie sich positive Momente wirklich bewusst machen: z. B. wenn Sie eine Tasse heißen Kaffee trinken, wenn sie einen guten Witz hören, wenn Sie die Sonne strahlen sehen. Lachen hilft immer, da unser Körper dann Endorphine, unsere Glückshormone, ausschüttet. Sollten Sie mal nichts zu lachen haben, nehmen Sie einfach einen Bleistift und beißen darauf! Der Effekt ist gleich, da dieselben Muskelgruppen wie beim Lachen aktiviert werden. Auch Ihre Gefühlsreaktionen können Sie ändern. „Mein Kollege ärgert mich“ ist biophysiologisch einfach falsch. Wir nehmen etwas wahr, bewerten das blitzschnell und produzieren damit eine „Wahr-Gebung“. Und aufgrund unserer Wahr-Gebung gehen wir in eine entsprechende innere Haltung, beginnen, uns zu 9 Titel – Resilienz – was uns stark macht Zur Person Prof. Dr. Jutta Heller ist Expertin für Resilienz und Veränderungskompetenz und Autorin mehrerer Bücher, u. a. „Resilienz. 7 Schlüssel für mehr innere Stärke“. Sie hat Politikwissenschaft und Erwachsenenbildung studiert, ist promovierte Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerin und hat eine Professur für Training & Business Coaching an der Hochschule für angewandtes Management in Erding. Seit 25 Jahren arbeitet sie als Beraterin und führt Resilienztrainings durch. Information und Kontakt: www.juttaheller.de ärgern, produzieren Stresshormone und dann folgt eine vermutlich unfreundliche Reaktion. Unsere Interpretation der Wirklichkeit kann stimmen, muss aber nicht. Hilfreich ist es zu lernen, sich situationselastisch einerseits die Aus- wirkung des eigenen Verhaltens bewusst zu machen und andererseits – je nach eigenem Ziel – das persönliche Verhalten anzupassen. An manche Erfahrungen erinnern wir uns gern, andere belasten uns. Indem wir solche belastenden Erfahrungen in der Art ihrer inneren Abspeicherung verändern, können wir uns Erleichterung verschaffen. Sie schreiben quasi Ihr „inneres Drehbuch“ um. Arbeiten Sie dafür wie mit dem Zoom einer Kamera. Im ersten Schritt stellen Sie sich die belastende Situation als Film oder Bild vor. Dann verändern Sie Schritt für Schritt verschiedene Aspekte, z. B. Farbe, Lautstärke, Entfernung, bis Sie dieses innere Bild angenehmer empfinden und damit annehmen können. Stress umzugehen, körperlichen Beschwerden und Burnout vorzubeugen und uns so für zukünftige Krisen zu wappnen. Mit den verschiedenen Resilienzschlüsseln können Sie sich stärken. Fangen Sie an, mehr auf Ihren Körper zu achten, ihn als Signalgeber für Ihre Bedürfnisse wahrzunehmen, sodass Sie letztlich gut und gesund durch Ihr Leben kommen. Mit dem Ampel-Check können Sie herausarbeiten, wie sich Ihr Körper anfühlt, welche Gedanken Sie haben und wie Ihre Gefühle sind, wenn Sie sich in der grünen, gelben oder roten Ampelphase befinden. Entscheidend ist, dass Sie sich selbst auf die Schliche kommen, wie Sie umschalten können – vor allem wieder in Richtung grün. Denn für alle ist die große Herausforderung Resilienz ist eine Kernkompetenz des Lebens nicht, nie umzufallen, der Zukunft. Unser Leben wird sondern ungebrochen oder sogar komplexer, schnell-lebiger. Auch stärker wieder aufzustehen. n beruflich werden oft Höchstleistungen gefordert. Daher sollten wir Jutta Heller uns trainieren, um gelassener mit Glaube und Spiritualität als Kraftquelle Resilienz ist in den letzten Jahren ein Modewort geworden. Die Menschen sehnen sich nach innerer Widerstandskraft, um die Krisen ihres Lebens zu bewältigen. Gerade im Alter geht es darum, mit dieser inneren Widerstandskraft in Berührung zu kommen. Der Glaube ist eine wichtige Kraftquelle, aus der wir schöpfen können, um gut alt werden zu können. Aber wie kann der Glaube zu einer Kraftquelle werden? G lauben heißt nicht, dass ich an irgendwelche Sätze glauben muss. Das Wesen des Glaubens ist vielmehr das Vertrauen, dass ich von Gott gehalten bin, dass ich von Gottes guten Händen getragen werde, auch wenn ich mich 10 selbst nicht mehr tragen oder ertragen kann. Ich kann nicht tiefer als in Gottes Hände fallen. Ich falle nicht ins Bodenlose, nicht in das Dunkel, sondern in die Liebe Gottes hinein. Das hat der fromme Beter in Psalm 31 so ausgedrückt: „In deine Hände lege ich voll Vertrauen meinen Geist.“ (Ps 31,6) Der Glaube ist keine Garantie, dass ich nicht krank werde oder nicht in eine Krise gerate. Aber der Glaube schenkt mir das Vertrauen, dass es keinen Augenblick BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Titel – Resilienz – was uns stark macht Die Spiritualität als Weg zur inneren Quelle Gebet und Meditation, wie die frühen Mönche sie verstanden haben, sollen uns in den inneren Raum der Stille führen, in den Grund unserer Seele, in dem die Quelle des Heiligen Geistes in uns sprudelt. Der Weg des Gebetes geht so, dass ich alles, was in mir an Gedanken und Gefühlen auftaucht, meine Ängste, meinen Ärger, meinen Neid, meine Traurigkeit, meine Depression, meine Verlassenheit, meine Ohnmacht, Gott hinhalte. Ich stelle mir vor, dass Gottes Liebe durch das Chaos meiner inneren Gefühle hindurchgeht und mich in den innersten Raum der Stille auf dem Grund meiner Seele führt. Das ist ein Raum, der voll von Liebe ist. Liebe ist dabei mehr als Gefühl. Liebe ist der letzte Grund allen Seins. Wenn ich tief genug in mich hinein gehe, stoße ich nicht auf Dunkel und Chaos, nicht auf Leere und Kälte, sondern auf Liebe. Und diese Liebe ist in mir wie BAGSO-Nachrichten n 02/2015 eine Quelle, die nie versiegt. Denn es ist eine göttliche Quelle. Es ist die Quelle des Heiligen Geistes. Auch wenn ich diesen inneren Raum der Stille und die Quelle, die darin strömt, nicht spüre, so kann allein die Vorstellung von diesem inneren Raum meine Selbstwahrnehmung verwandeln. Ich fühle mich dann nicht den Schwierigkeiten meines Lebens ausgesetzt. Ich fühle mich nicht von der Krankheit beherrscht. Ich weiß: Unterhalb aller Krankheiten und Nöte ist dieser innere Raum der Stille, in dem ich heil bin und ganz, in dem ich frei bin von den Fesseln meiner Angst oder Depression. Dieses Bild des inneren Raumes relativiert die Probleme meines Lebens. Und wenn ich mich kraftlos fühle, dann kann ich mir vorstellen: Da ist unterhalb meiner Kraftlosigkeit eine Quelle des Heiligen Geistes. Und diese Quelle ist immer eine Quelle von Kraft. Denn der Heilige Geist wird in der Bibel als „dynamis“, als Kraft oder Energie beschrieben. Ich stelle mir dann vor, dass ich aus dieser inneren Quelle schöpfe. Dann gelingt mir manches, zu dem ich von mir selbst her keine Kraft hätte. Und ich kann aus dieser Kraft heraus die Bedrängnisse meines Lebens bestehen. Rituale als Weg zu den inneren Wurzeln Ein anderes Bild für die Kraft, zu der uns Gebet und Spiritualität führen möchten, ist das Bild der Wurzel. Wurzellosigkeit ist häufig die Ursache von Depressionen. Wenn alte Menschen ihre Wurzeln verlieren, dann verdorrt ihr Baum © Foto: vbaleha - Fotolia gibt, in dem ich allein bin. Gottes Liebe umgibt mich. Gottes Segen hüllt mich ein wie ein schützender und wärmender Mantel. Wenn ich mich allein fühle, wenn ich keine Kraft in mir spüre, wenn ich verzweifelt und traurig bin, dann soll ich mir immer wieder vorsagen: Gott ist bei mir. Er steht mir bei. Oder ich kann mit dem Psalmisten beten: „Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil: denn du bist bei mir. Dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht.“ (Ps 23,4) leicht. Er hat keine Wurzeln mehr, aus denen er Kraft beziehen könnte. Ein Weg, mit den inneren Wurzeln in Berührung zu kommen, besteht in den Ritualen. Wenn wir z. B. an Weihnachten die alten Rituale feiern, die in der Familie seit Generationen praktiziert worden sind, dann ist das nicht einfach Nostalgie. Darin steckt vielmehr die Sehnsucht, dass wir mit der Lebenskraft und Glaubenskraft unserer Vorfahren in Berührung kommen. Die Eltern, Großeltern und Urgroßeltern haben sich an diesen Ritualen festgehalten in schwierigen Zeiten von Krieg, Krankheit und Armut. Wenn wir die gleichen Rituale feiern, dann haben wir teil an ihrer Lebenskraft und Glaubenskraft. Dann spüren wir: Wir müssen nicht alles aus eigener Kraft leisten. Es ist in uns eine Kraft, die uns von den Vorfahren her überliefert worden ist: die Kraft des Glaubens. Und wenn wir aus dieser Kraft schöpfen, dann können wir uns getrost den Herausforderungen unseres Lebens stellen. 11 Titel – Resilienz – was uns stark macht Wenn wir das Vaterunser beten, dann beten wir nicht nur die Worte, die Jesus uns gelehrt hat, sondern auch die Worte, die unsere Vorfahren gebetet haben. Sie haben nicht immer gewusst, was sie eigentlich beten. Aber sie haben sich in Krisenzeiten an diesen Worten festgehalten. Und das hat ihnen Kraft geschenkt, ihr Leben zu meistern. Wenn wir heute diese Worte beten, können wir uns erinnern, wie unsere Eltern oder Großeltern diese Worte gebetet haben. Zur Person Der 1945 geborene Pater Dr. Anselm Grün ist wohl der bekannteste Mönch Deutschlands. Mit 19 Jahren trat er in die Benediktinerabtei Münsterschwarzach bei Würzburg ein und war – nach dem Studium der Philosophie, Theologie und Betriebswirtschaft – von 1977 bis 2013 deren wirtschaftlicher Leiter. Er ist Autor von mehr als 300 Büchern. Information und Kontakt: www.anselm-gruen.de Dann haben wir im Beten Anteil an ihrer Glaubenskraft. Und wenn wir uns vorstellen, dass die Eltern oder Großeltern diese Worte jetzt im Himmel als Schauende beten, während wir sie als Zweifelnde, Suchende oder Glaubende beten, dann verbinden diese Worte Himmel und Erde. Wir haben jetzt schon teil an ihrem Schauen, an ihrem Vertrauen. Alte Menschen beten gern die Gebete, die sie in der Kindheit von ihren Eltern und Großeltern gelernt haben. Sie singen die Lieder, die sie als Kinder in der Kirche gesungen haben. Und sie wiederholen die Rituale, die sie als Kinder gelernt haben. Sie haben das Bedürfnis, mit den Kraftquellen des Glaubens in Berührung zu kommen, aus denen ihre Eltern und Großeltern ihr Leben gemeistert haben. Ich wünsche Ihnen, den Leserinnen und Lesern, dass Sie durch Gebet und Meditation und in den Ritualen, die Sie feiern, die innere Quelle auf dem Grund Ihrer Seele entdecken, die nie versiegt, weil sie göttlich ist. Wenn Sie aus dieser Quelle schöpfen, werden Sie nie erschöpft sein. Sie erfahren eine Kraft, die stärker ist als alle Schwächen, die Sie heimsuchen mögen. n Dr. Anselm Grün Verlosung Quellen innerer Kraft Erschöpfung vermeiden – positive Energie nutzen Sie können eines der zehn Exemplare des Buches von Anselm Grün, die der Herder Verlag der BAGSO zur Verfügung gestellt hat, gewinnen, wenn Sie bis spätestens 31. Mai 2015 eine E-Mail, ein Fax oder eine Postkarte mit dem Stichwort „Verlosung – Quellen innerer Kraft“ senden an: BAGSOPressereferat Bonngasse 10 53111 Bonn [email protected] Fax: 0228 / 24 99 93 20 „Woher nimmst du nur die Stärke?“ I n ihrem Beitrag auf Seite 8 schreibt Prof. Dr. Jutta Heller: „Ein resilienter Mensch zeichnet sich dadurch aus, dass er unbeschadet und gegebenenfalls sogar gestärkt aus Krisen hervorgeht, die andere aus der Bahn werfen.“ Wir stellen Ihnen zwei Frauen vor, 12 die sich – trotz Schicksalsschlägen rem Leben blickt die 81-jährige – nie haben unterkriegen lassen. Rosemarie Günther nach vorn. Die Namen wir haben auf ihren Wunsch hin geändert. Im Normalverlauf des Lebens ist es nicht vorgesehen, dass Kinder „In allem Negativen ist auch im- vor ihren Eltern sterben. Wenn es mer etwas Positives zu finden.“ passiert, ist es für die Eltern sehr Trotz tragischer Verluste in ih- schmerzvoll und sie grämen sich BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Rosemarie Günther zieht es oft an das Grab, in dem ihre beiden Söhne liegen: „Der Verlust hat mich auch stark gemacht.“ darüber oft bis zum eigenen Lebensende. Die 81-jährige Rosemarie Günther aus Euskirchen bei Bonn hatte vier Söhne, drei davon hat sie verloren. Geblieben ist ihr nur Bernd, ihr Ältester, Jahrgang 1958. Ihr Zweitgeborener, Rainer, hat sich 1991vor einen Zug geworfen. „Es war sein zehnter Selbstmordversuch und der hat geklappt. Rainer war depressiv. Ich habe vier Jahre um ihn gekämpft, aber verloren“, sagt Rosemarie Günther. Andreas, 1963 geboren, hat vor drei Jahren den Kontakt zu ihr abgebrochen. Sie weiß bis heute nicht, wo und wie er lebt. Ihr jüngster Sohn Thomas ist vor drei Jahren im Alter von 47 Jahren an den Folgen einer Infektion gestorben. Sie war bei ihm, als er ins Krankenhaus eingeliefert wurde, und hat bis zu seinem Tod vier Monate später jeden Tag an seinem Bett gesessen und gehofft, dass er wieder gesund wird. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Trotz dieser Schicksalsschläge wirkt Rosemarie Günther nicht wie eine des Lebens überdrüssige Frau. Sie ist unternehmungslustig, lacht und erzählt gern. „Ich war eigentlich immer ein fröhlicher Mensch“, sagt sie über sich. „Ob ich das heute noch bin, kann ich nicht sagen. Aber ich kann sagen, dass ich nicht verbittert bin. Ich schaue immer noch nach vorn.“ schon früh für sich erkannt, „dass in allem Negativen, was im Leben passiert, auch immer etwas Positives zu finden ist.“ Sogar in dem Verlust ihrer Söhne? „Ja“, sagt sie, „das hat mich auch stark gemacht. Ich weiß nun, dass nichts Schlimmeres mehr kommen kann. Ich bin zwar unendlich traurig über den Verlust, aber Traurigkeit hat ja nichts mit Schwäche zu tun.“ Das hat sie ihr ganzes Leben lang getan, auch bei den „Katastrophen“ davor, die nichts mit ihren Söhnen zu tun hatten. Da war zum einen die Kindheit während des Zweiten Weltkriegs, später „die schlimme Ehe“ und schließlich 1973 die Scheidung, was damals in der Kleinstadt bedeutete, „dass die Leute mit dem Finger auf einen zeigten. Allein mit vier Kindern, da wurde man ganz schnell als asozial eingestuft“, erinnert sich die 81-Jährige. Und: „Man hat uns viele Steine in den Weg gelegt.“ Rainer habe sie in dieser schweren Zeit einmal gefragt: „Mama, wie schaffst du das alles? Woher nimmst du nur die Stärke?“ Ihre Antwort war damals die gleiche wie heute: „Wenn ich meinen Glauben nicht hätte, hätte ich das alles nicht überstanden. Ich habe viele Zwiegespräche mit dem da oben geführt.“ Am Leben gehalten habe sie auch ihre Liebe zur Natur. Vor allem die Berge und der Wald gäben ihr Kraft, „dort komme ich zur Ruhe“. Zudem habe sie ein höchst pragmatisches Lebensmotto: „Schau nach unten, da leben Leute, denen geht es dreckiger als dir.“ Und Rosemarie Günther hat Singen hilft immer Wo sie geht und steht, irgendwie singt und summt sie immer, die 82-jährige Magdalena Meinke aus einem Vorort von Köln. „Richtige Arien singe ich aber nur zu Hause, wenn ich allein bin“, sagt sie lachend. „Musik macht mich einfach glücklich. Daher singe ich auch, wenn ich traurig bin. Das hilft.“ In dem kleinen Ort, in dem sie lebt, kennt und schätzt fast jeder die meist in fröhlichen Farben gekleidete Magdalena Meinke, denn fast 30 Jahre lang haben sie und ihr Mann dort eine Gärtnerei mit Obst- und Gemüseverkauf betrieben. Zudem hat sie fast immer einen lustigen Spruch auf den Lippen und geht freundlich und fröhlich auf die Leute zu. „Ich halte mich für einen total positiven © Foto: Gerhard Seyber - Fotolia © Foto: greenpapillon - Fotolia Titel – Resilienz – was uns stark macht 13 Titel – Resilienz – was uns stark macht Menschen. Meine Fröhlichkeit kommt tief aus meinem Innersten, aus meinem Gottvertrauen“, beschreibt sie sich selbst. Dabei hat sie viele Jahre hinter sich, in denen sie sich wie eine „leere Hülle, wie tot, gefühlt hat.“ Denn der Mann, den sie mit Mitte dreißig kennengelernt und mit 37 Jahren als „große Liebe“ geheiratet hat – als sie 38 war, kam ihr erstes Kind zu Welt – entpuppte sich als schwerer Alkoholiker. Es folgten immer häufiger längere Phasen, in denen er nicht arbeitsfähig war und seine Frau alle Arbeiten allein bewältigen musste. In den Saisonzeiten hat sie oft von morgens fünf bis ein Uhr nachts gearbeitet. Er wurde auch zunehmend aggressiv, schrie sie ständig an und begann, die Kinder zu schlagen. „Es ging mir wirklich schlecht damals. Innerlich war ich so leer, dass ich nicht mal weinen konnte.“ Dennoch habe sie immer weiter gemacht, den Betrieb geführt, die beiden Töchter quasi allein aufgezogen. Ihr Mann ist nach 27 Jahren Ehe an Krebs gestorben und sie habe zum Schluss ihren Frieden mit ihm machen können. „Denn er war ja eigentlich kein schlechter Mensch, er war nur sehr, sehr krank.“ Magdalena Meinke hat viele „unerträgliche Jahre“ hinter sich, schaut aber trotz eines leichten Schlaganfalls und stark eingeschränkter Sehkraft immer positiv nach vorn: „Ich finde das Leben so schön. Ich will noch lange leben.“ Das wünschen sich auch andere. So schrieb ihr kürzlich eine ihrer Schwestern zum Geburtstag: „Ich wünsche Dir ein langes Leben – zum Wohle Deiner Familie und aller anderen Menschen, denn Deine Fröhlichkeit ist ansteckend.“ n Ines Jonas Burnout oder Boreout? – Wenn Überforderung oder Langeweile die Kraft rauben A usgebrannt sein, nicht mehr können, sich überfordert fühlen – immer mehr Menschen klagen heute über diese Symptome, denen der Frankfurter Herbert J. Freudenberger (1926 – 1999), ein deutsch-amerikanischer klinischer Psychologe und Psychoanalytiker, den Namen „Burnout“ gab. 1974 publizierte er den ersten wissenschaftlichen Artikel zum Thema Burnout-Syndrom. Heute gilt das „Burnout“ bei beruflich sich belastet fühlenden Menschen als Volkskrankheit – wenngleich einige Psychiater dies für eine Modediagnose halten. 14 Nicht so Dr. Wolfgang Merkle, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, der im Heilig-Geist-Krankenhaus in Frankfurt viele Fälle von Burnout behandelt hat. Meist ist Burnout die Folge beruflicher Überforderung, vor allem bei jenen Berufen, die mit Menschen zu tun haben, wie Pflegekräfte, Lehrer, Sozialarbeiter. Aber auch bei anderen stark fordernden Berufen kommt Burnout vor, besonders bei jenen Personen, die es besonders gut machen, die 200%ig perfekt sein wollen, die vielleicht zu hohe Ansprüche an sich selbst stellen. Hier ist der notwendige Rhythmus zwischen Anspannung und Entspannung gestört. Der Grund hierfür muss nicht nur im Arbeitsleben liegen; manchmal ist die private und familiäre Situation der Auslöser. Man gönnt sich keine Zeit zum Entspannen und ist dann bald dazu nicht mehr fähig, kann es nicht mehr. Müdigkeit, Lustlosigkeit, Antriebsschwäche, Gereiztheit, Unzufriedenheit, Schlaflosigkeit und psychosomatische Beschwerden wie Kopfschmerzen und Magenprobleme treten auf – bis hin zu Depressionen. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Titel – Resilienz – was uns stark macht © Foto: Gina Sanders - Fotolia Aber auch Boreout mit den gleichen Symptomen ist bei älteren Menschen sehr oft zu beobachten und manche Depression mag darin ihre Wurzeln haben. Nicht mehr gebraucht zu werden, keine Aufgabe mehr zu haben, sich „unnütz“ vorzukommen – wie oft ist das bei Seniorinnen und Senioren zu beobachten! Manch einer, der unvorbereitet in den sogenannten „Ruhestand“ tritt, erlebt diese „innere Leere“ mit all ihren Folgen. Hier versucht man, die gesundheitlichen Störungen zu heilen, die Arbeitskraft zu erhalten, – was in der nachberuflichen Phase weniger der Fall ist, leider! Doch diese Störungen gibt es gewiss auch bei alten und sehr alten Menschen. Ein Burnout bei häuslicher Pflege oder auch bei übermäßig starkem Herangezogen-Werden zur Enkel-Betreuung ist gar nicht selten. Auch hier findet man eine ständige Anspannung der älteren Betreuungspersonen, Entspannung durch vorübergehendes „Abschalten“ ist in manchen Situationen schwer möglich. Und doch sollte man sich – wenn auch nur für kurze Zeit – zum „Auftanken“ zurückziehen können, ausruhen oder etwas anderes tun, das einem Spaß macht, sei es ein Spaziergang, ein Treffen mit Freunden, ein Museums-, Kinooder Theaterbesuch, sehr gut eignet sich auch ein „Pflegeurlaub“ – ob allein oder mit dem pflegebedürfBurnout und Boreout sind Phäno- tigen Menschen zusammen, z. B. in mene, die im Berufsleben beobach- einem „Pflegehotel“ –, damit man tet und untersucht worden sind. erneut Kraft schöpfen kann. Doch die gleichen Symptome, so Dr. Wolfgang Merkle, findet man auch bei Boreout (von engl. „Boredom“: Langeweile), bei erlebter Unterforderung. Den Begriff prägte 2007 der Unternehmensberater Philippe Rothlin („Diagnose Boreout – Warum Unterforderung im Job krank macht“) aufgrund seiner Beobachtungen an unzufriedenen, sich langweilenden Beschäftigten in Betrieben, die nicht ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt waren. „Man ist kaputt, weil man gar nichts gemacht hat“, erlebt eine innere Leere und einen Verlust an Selbstwertgefühl – so Merkle 2012 in einem Fernsehinterview. Boreout komme häufiger vor, als man denkt, aber die meisten Menschen kommen nicht zur Behandlung, sie werden – im Gegensatz zu Burnout-Patienten – von den Betrieben eher „ausgemustert“, vorschnell in Rente geschickt. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Manche treusorgende Mutter und Voll-Hausfrau zeigt BoreoutSymptome, wenn das letzte Kind („ihr Lebensinhalt“) aus dem Elternhaus auszieht. Und sehr häufig zu beobachten sind solche Reaktionen, wenn eine Frau im hohen Alter ihren langjährigen Ehemann verliert, ihr ganzes Leben jahrzehntelang nur auf ihn hin zentriert war und sie keinen eigenen Interessen nachgehen 15 Titel – Resilienz – was uns stark macht wollte und konnte. Jetzt hatte sie weder für andere zu kochen noch die Wohnung aufzuräumen: der Tag hatte für sie seine Struktur verloren, man zieht sich zurück. Wer keine Aufgabe hat, der gibt sich auf! Auch hier ist der lebenserhaltende notwendige Rhythmus zwischen Anstrengung und Entspannung nicht gegeben; es fehlt aber nicht die Entspannung wie beim Burnout, sondern die „Anspannung“. Begegnet man einem Burnout mit dem Rat, „abzuschalten“, so hilft beim Boreout eher „einzuschalten“. Eine neue (ehrenamtlich) übernommene Aufgabe kann dem Leben neuen Sinn und Struktur geben. Die für diese Person in ihrer spezifischen Lebenssituation richtige Aufgabe, die mehr sein muss als bloße Beschäftigungstherapie, die aber weder überfordern noch unterfordern sollte, kann auch nach Schicksalsschlä- gen neuen Lebenssinn geben. „The quality of life in old age is correlated with the feeling of being needed“ – eine schon alte Erkenntnis amerikanischer Studien, die auch in Deutschland im letzten Jahr wieder bestätigt wurde durch die „Generali-Hochaltrigen-Studie“: Für andere Menschen etwas tun zu können, trägt zur Lebensqualität auch im hohen Alter bei. n Prof. Dr. Ursula Lehr „Was mich immer weitermachen lässt…“ Über innere Antreiber und Kraftquellen Für etwas zu „brennen“, sich ganz und gar einer Sache zu verschreiben und diese mit ganzem Herzen zu verfolgen, das ist es, was viele Menschen antreibt, sie immer – auch bei Rückschlägen – weitermachen lässt wie die engagierte Tierschützerin Anna Herchenbach. Auf Seite 40 lernen Sie den „Iron Man“ Georg von Schrader kennen, dessen Leben von sportlichen Wettbewerben und Erfolgen bestimmt ist. T 16 BAGSO-Nachrichten © Foto: privat ier- und Umweltschutzlehrerin, Kuratoriumsmitglied der Hans-Rönn-Tierschutz-Stiftung, Mitbegründerin einer eigenen Stiftung, die sich insbesondere gegen Massentierhaltung und Tierversuche richtet, Patin mehrerer aus grausamer Haltung geretteter Schweine, Kühe, Esel und Hunde, Besitzerin von zwei misshandelten Hunden, aktives Mitglied bei zahlreichen Tierschutzorganisationen wie Ärzte gegen Tierversuche, Schüler für Tiere e.V., Organisatorin von Kastrations- und Hilfsaktionen in Rumänien sowie Vermittlerin herrenloser Hunde und selbst Pflegestelle für diese – die Anna Herchenbach mit Kindern vom Verein „Schüler für Tiere“ 52-jährige Anna Herchenbach aus beim Besuch eines Tier-Gnadenhofes n 02/2015 Titel – Resilienz – was uns stark macht Hennef hat sich ganz und gar dem Tierschutz verschrieben. Dafür investiert die Diplom-Kauffrau viel Zeit und Geld, was ihr durch ihre selbstständige berufliche Tätigkeit ermöglicht wird. „Hätte man mir vor 15 Jahren gesagt, dass ich vegan leben, ehrenamtlich als Tierschutzlehrerin unterwegs sein und mit meinem Mann eine Stiftung für Tierschutz gründen würde, hätte ich denjenigen für verrückt erklärt“, sagt sie rückblickend. „Tiere zeigen offen, was sie fühlen. Sie empfinden und leiden wie wir. Der Blick in Tieraugen und das Wissen über ihre Fähigkeiten haben mich Demut, Achtsamkeit und Respekt vor allem Leben gelehrt“, beschreibt sie ihre Gefühle Tieren gegenüber. Diese Liebe war der Anlass, sich näher mit dem Tierschutz zu beschäftigen. Je mehr sie sich mit der Materie aus- einandersetzte, desto größer wurde ihr Wunsch, „aktiv etwas gegen die Grausamkeiten zu unternehmen, die hilflosen Geschöpfen z.B. in der Massentierhaltung angetan werden.“ Anna Herchenbach ist keine notorische Weltverbesserin, aber sie will die Welt schon zum Guten verändern. Jedes gerettete Tier ist ein Gewinn für sie, gibt ihr Kraft. Das größte Glück wäre für sie, wenn Tierelend erst gar nicht entstehen würde. Um hier präventiv etwas zu tun, hat sie in Deutschland und Österreich die Ausbildung zur Tier- und Umweltschutzlehrerin absolviert. Mit dem erworbenen Wissen geht sie in Schulen, die sie „anfordern.“ „Das gibt mir die Hoffnung, dass die zukünftigen Generationen achtsamer und nachhaltiger mit Mensch, Tier und Natur umgehen“, sagt sie. Denn sie hat nicht nur ein Herz für Tiere: „Ich empfinde es als sinngebend und unendlich beglückend, mit unserer Stiftung Mensch, Tier und Natur zu helfen, z.B. mit Nebelnetzen in Tansania, um auf einfache Art sauberes Wasser zu gewinnen. Wir helfen, indem wir z. B. Arztkosten für kranke Kinder, Nahrung, Baumaterial oder Unterkünfte für Mensch und Tier finanzieren. Die Freude, die wir so geben können, bekommen wir tausendfach zurück – und diese Freude macht mich wiederum stark!“ n Ines Jonas Kontakt und Informationen: www.hans-roenn-stiftung.de www.tierschutzlehrerinnen.de www.aerzte-gegen-tierversuche.de Und trotzdem JA zum Leben sagen… Welche Kraftquelle es sein kann, für andere Menschen da zu sein und darin einen Lebenssinn zu erfahren, schildert die Logotherapeutin und Existenzanalytikerin Birgit Stappen. M ein Leben hat keinen Sinn mehr… – eine Feststellung, die nicht nur ältere Menschen treffen, sondern Menschen jeden Alters, die Schweres erlebt haben, die ein Schicksalsschlag getroffen hat – sei es der Verlust eines lieben Menschen, eine lebensbedrohende Krankheitsdiagnose, der Verlust der Arbeitsstelle, ein schweres unerwartetes Misserfolgserlebnis BAGSO-Nachrichten n 02/2015 oder Ähnliches. „Mir geht es so schlecht, ich bin völlig am Boden zerstört – wozu lebe ich eigentlich noch?“ sind Auslöser für manche Suizidgedanken. „Wer ein Wozu zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie.“ So hat der Wiener Psychiater und Begründer der „sinnzentrierten Psychotherapie“ (auch Logotherapie genannt) Viktor E. Frankl (1905 – 1997) ein zentrales Motto seines langen Lebens beschrieben. Tief im jüdischen Glauben verwurzelt, ertrug er die Verfolgung durch die Nationalsozialisten und überlebte vier Konzentrationslager. Nur er und seine Schwester überlebten als einzige aus ihrer Familie den Holocaust und suchten nach dem Krieg die Chance zu einem Neubeginn. 17 Titel – Resilienz – was uns stark macht © Foto: Roman Brinkmann - Fotolia ganz die seine ist. Im Dasein für andere, in der Erfahrung wechselseitigen Gebrauchtwerdens, findet der Mensch seine eigentliche Bestimmung. Wie er die Hölle der vier Konzentrationslager, in die er deportiert wurde, überlebte, schildert Viktor E. Frankl in seinem Buch „Trotzdem Ja zum Leben sagen“. So stellte er fest: „Äußere Krisen bedeuten die große Chance, sich zu besinnen.“ Und „Wenn wir eine Situation nicht ändern können, müssen wir uns selbst ändern.“ Auf philosophisch-religiösem Hintergrund sieht er ein existenzielles menschliches Streben nach Sinn, Erfüllung und Selbstverwirklichung. Der Mensch ist ein freies, autonomes und verantwortliches Wesen und hat gerade in solchen existenz-bedrohenden Situationen die Chance, eine Entscheidung für sein Leben zu treffen, „trotzdem ‚Ja‘ zum Leben zu sagen“ und auch jetzt „in seinen (erfahrenen) Grenzen zu einer neuen Ordnung des Lebens zu finden“, wie es auch der Heidelberger Philosoph Karl Jaspers postulierte. Es gibt Schaffenswerte, die sich in den Leistungen widerspiegeln, Erlebniswerte, die Freude schenken, und schließlich Einstellungswerte, die es ermöglichen, selbst in unabänderlichen schicksalhaften Lebenslagen ein Ja zu den Herausforderungen zu sa18 gen. Zunächst gilt es aber, die Situation nüchtern und realistisch zu sehen, sie zu akzeptieren und nicht zu verdrängen, sondern zu versuchen, das Beste daraus zu machen. So kann ursprünglich großes Leid sogar zu einer Quelle neuer Leistungen werden. Viktor E. Frankl sprach in diesem Zusammenhang von der „Trotzmacht des Geistes“. Zufriedenes, als gelungen erlebtes Leben bis ins hohe Alter hinein beruht nicht auf der Verwirklichung aller individuellen Wünsche, Bedürfnisse oder ichbezogenen Pläne, sondern in der Erfüllung einer Aufgabe für andere, irgendwie für andere Menschen da zu sein, über sich selbst hinauszuwachsen. Wie der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber so sieht auch Frankl bzw. die Logotherapie den Menschen in einem „dialogischen Prinzip“: „Das Ich (wird) erst durch das Du“; der Mensch findet erst seinen Sinn in der Liebe zu einem Menschen oder in einer Aufgabe, die im ontologischen (Ontologie: Lehre vom Sein) Sinne Wie lässt sich nun ein ganz persönlicher Lebenssinn finden? Hier muss jeder in sich hineinhören, seine eigene Situation analysieren. Auch in den größten Bedrängnissen sah Viktor E. Frankl eine Chance zum Guten, z. B. für andere Menschen und Aufgaben hilfreich zu sein. Diese persönlichen Sinnoptionen liegen in der Biografie und der Wesensmitte eines jeden Menschen. Deren Aufbereitung und Bewusstwerdung nannte Frankl Existenzanalyse. Es ist die Bestimmung des Menschen, den roten Faden seiner Geschichte zu identifizieren und damit seine ureigene Berufung zu finden. So wird auch die christliche Dialektik verständlich: „Wer sein Leben retten will, wird es verlieren. Wer es aber um eines höheren Sinnes willen Zur Person Prof. i. K. Dr. Birgit Stappen ist Dipl.-Psychologin, Logotherapeutin und Existenzanalytikerin und lehrt an der Katholischen Hochschule Mainz im Fach Psychologie. Information und Kontakt: www.kfh-mainz.de/kontakt/ stappen.htm BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Titel – Resilienz – was uns stark macht verliert, wird es gewinnen“. Als Viktor E. Frankl völlig ausgezehrt aus den Konzentrationslagern nach dem 2. Weltkrieg in sein Wien zurückkehrte, da „wartete das Leben auf ihn“ mit vielen Aufgaben, z. B. die einer neuen Familiengründung und der Verwirklichung im Beruf als Arzt und Psychotherapeut. Und als er selbst im hohen Alter erblindete, sah er den Sinn seines Lebens darin, anderen Menschen zu helfen, dass sie selbst in ihrem eigenen Leben einen Sinn finden konnten. Denn „Sinn kann nicht gegeben, sondern muss gefunden werden“, so heißt es in seinem 1977 erschienenen Buch: „Das Leiden am sinnlosen Leben“. Und zum Schluss ein tröstliches Wort von Frankl für Menschen, die glauben, vor den Trümmern ihres Lebens zu stehen: „Wie oft sind es erst die Ruinen, die den Blick freigeben auf den Himmel.“ n Prof. i. K. Dr. Birgit Stappen Gemeinsam sind wir stärker Wie Selbsthilfegruppen die Resilienz stärken können D ie Teilnahme und die Mitarbeit von Betroffenen in Selbsthilfegruppen eröffnen erhebliche resilienzstärkende Möglichkeiten, weil die wesentlichen Eigenschaften, Strategien und Grundhaltungen für Resilienz, nämlich Akzeptanz, Lösungsorientierung und Optimismus, auch in Selbsthilfegruppen anzutreffen sind. Die Zuversicht, für sich etwas Hilfreiches zu tun, um mit einer schwierigen Situation besser leben zu können und zusammen mit anderen Bewältigungsstrategien, Wissen und Kompetenzen zu entwickeln, erzeugt ein Mehr an Gesundheit. Denn Gesundheit ist nicht nur als Verringerung von Krankheit zu verstehen, sondern auch als Steigerung des körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefindens. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Durch die Aneignung von Informationen und Kompetenzen und den Aufbau neuer konstruktiver sozialer Kontakte erlebt sich der Einzelne als nicht allein, als weniger ausgeliefert und nicht länger machtlos. Gemeinsam kann man besser auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam machen bzw. auf die Politik einwirken und sich so machtvoller erleben. Selbsthilfegruppen arbeiten nach festen Regeln: Die Teilnehmenden sollten sich möglichst spontan am Gruppenleben beteiligen und durch Gespräche und Reflexion ein neues Selbstverständnis entwickeln. Menschen finden aus ihrem Leidensdruck heraus und können das eigene Handeln und das, was um sie herum geschieht, besser einordnen, indem sie sich öffnen und eine reflektierende Betrachtungs- © Foto: seen - Fotolia In Deutschland gibt es geschätzte 70.000 bis 100.000 Selbsthilfegruppen. Von A wie ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom) bis Z wie Zöliakie (chronische Dünndarmerkrankung, die auf einer Unverträglichkeit gegenüber Gluten beruht): Menschen, die unter bestimmten gesundheitlichen Problemen, Lebenskrisen oder besonders belastenden Situationen leiden oder gemeinsame Anliegen haben, finden sich in Gruppen zusammen. Welche positiven Effekte das haben kann, schildert Kerstin Keup. weise entwickeln. Selbstgestaltung und Selbstverwirklichung beinhalten auch Selbstmobilisierung im Sinne eines In-die-eigeneHand-Nehmens und der Übernahme von Eigenverantwortung. Zusammengehörigkeitsgefühl, Beständigkeit, Kommunikation mit anderen, sich verstanden und aufgehoben fühlen, gemeinsame 19 Titel – Resilienz – was uns stark macht Ziele, Normen und Werte und Rollen – das zu erleben, tut gut. Teilnehmende an Selbsthilfegruppen stärken sich gegenseitig durch Gruppenzusammenhalt und Solidarisierung. Sie übernehmen Verantwortung für sich selbst und für andere. Sie leben eine Offenheit und brechen dadurch Isolation auf und sie arbeiten lösungsorientiert, indem sie aktiv werden, handeln und Hoffnung haben. Die Mit- streiter erhalten Kompetenzen in der Kommunikations- und Problemlösefähigkeit. Sie befähigen sich und werden befähigt, selbst zu planen und zu organisieren. Dadurch erhalten sie mehr Selbstvertrauen und Selbstsicherheit. Die durch die Mitarbeit in einer Selbsthilfegruppe wachsende Akzeptanz der Problemlage eröffnet Optimismus und Lösungsorientierung. Kerstin Keup ist Dipl.-Sozialpädagogin und hat sich im Rahmen ihrer Diplomarbeit mit dem Thema „Selbsthilfe und Resilienz“ auseinandergesetzt. Sie war 16 Jahre im Selbsthilfebereich tätig. n Homepage: www.kerstinkeup.info Kontakt: bestbloggerin@ googlemail.com Wie man zum „Stehauf-Menschen“ werden kann Interview mit der Diplom-Psychologin und Kreativitätstrainerin Lilo Endriss Kann man Resilienz (er)lernen? Aus widrigen Umständen Gutes zu machen, kann man lernen und sich damit nach und nach zum Stehauf-Menschen verwandeln. Dabei können Betroffene einerseits auf ihre persönlichen und sozial vermittelten Stärken zurückgreifen, andererseits Krisen als Anlass für ihre persönliche Weiterentwicklung und ihr inneres Wachstum nutzen. Die wirkliche Krise basiert häufig nicht auf dem Mangel an vorhandenen Ressourcen, sondern auf einem Mangel an Vorstellungskraft. Gibt es konkrete Methoden, um resilient(er) zu werden? Eine Vielzahl von Methoden kann die innere Widerstandskraft gegen Krisen stärken. In jedem Fall jedoch ist es „innere Arbeit“, die der Mensch selbst erledigen muss und die ihm niemand abnehmen kann. 20 Sinnvoll dabei ist, sich mit anderen über dieses Thema auszutauschen, Erlebtes und Empfundenes miteinander zu teilen sowie darüber zu diskutieren, was bei einem selbst gut klappt. Hier einige Methoden, die erfahrungsgemäß hilfreich sind: die negative Suggestion vermeiden, sich nicht einreden, „dass man ja zu alt für etwas ist“ sich von niemandem und nichts unter Druck setzen lassen persönliche Stärken (wieder) entdecken, wertschätzen und einsetzen sich Vorbilder suchen und sich mit Beispielen zufriedener alter Menschen auseinandersetzen Vorurteile abbauen und neue Wege ausprobieren Kontakte zu Mitmenschen suchen und regelmäßig pflegen Humor und Zuversicht entwickeln sich persönlich engagieren, aber sich nicht ständig einmischen „müssen“ Spirituelles wie Glaube, Philosophie etc. wertschätzen Tagebuch schreiben selbstgesteckte kleine Ziele bewusst erreichen sich künstlerischen Aktivitäten widmen sich mit schönen Dingen beschäftigen realistische Zukunftspläne ersinnen. Ist der Weg zu stärkerer Resilienz auch noch im Alter möglich? Solange ältere Menschen sich nicht aufgegeben haben und bereit sind, Verantwortung für das Leben zu tragen, bringen sie fast automatisch auch eine gewisse Lernfähigkeit mit. Es ist wichtig, dass sie ihre Lebenserfahrung nutzen, täglich körperlich aktiv sind, regelmäßig BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Titel – Resilienz – was uns stark macht Pausen machen, die Beweglichkeit trainieren, etwas dafür tun, um abnehmende Sinnesleistungen zu erhalten und zu verbessern, Empathie und Einfühlungsvermögen üben und zeigen, Neugier mitbringen und sich geistigen Interessen widmen, also möglichst all ihre körperlichen und mentalen LernRessourcen nutzen. Denn diese unterstützen die Plastizität des lernenden Gehirns. Teresa von Avila, Ordensfrau und Mystikerin des 16. Jahrhunderts, hat sich schon damals in dem ihr zugeschriebenen „Gebet des älter werdenden Menschen“ dazu Gedanken gemacht und bittet u. a.: „Erhalte mich so liebenswert wie möglich. Ich möchte keine Heilige sein – mit ihnen lässt es sich so schwer leben – aber ein alter Griesgram ist das Königswerk des Teufels.“ plötzlichen Schwäche einen hilflos machen. Hilflosigkeit birgt aber die Chance in sich, Demut zu erlernen und das anzuerkennen, was nicht zu ändern ist. Menschen unterliegen einem gewissen Rahmen, der mit unserer Natur als sterbliche Wesen zu tun hat: Schwere Krankheiten, schmerzliche Verluste sowie der unvermeidliche Tod haben den Menschen schon immer an seine Grenzen gebracht. Jenseits der Hilflosigkeit ergeben sich dann aber in der Regel auch wieder Bereiche, in denen „etwas geändert werden kann“. Nach einer Zeit der Trauer und des Erschöpftseins kann der Mensch seine Selbstwirksamkeit wieder erleben: Sie ist vielleicht weniger stark ausgeprägt als zuvor oder in einem völlig neuen Bereich angesiedelt, ist aber immerhin ein Zeichen innerer Stärke. können, aber eben nicht eingetroffen ist. Es hätte viel schlimmer kommen können. Fatalerweise neigen wir zu der schlechten Angewohnheit, uns aber über verpasste Chancen Gedanken zu machen und uns damit systematisch herunterzuziehen. Wir bemängeln auch gern das, was angeblich fehlt, worauf wir angeblich „einen Anspruch haben“. Oder das, was man uns „bösartigerweise“ vorenthält. Leider übersehen wir häufig das, was tatsächlich vorhanden ist. Von diesen Grundgedanken gehen übrigens die Ansätze der Positiven Psychologie und der Kreativitätsforschung aus. Deswegen möchte ich mit dem Satz von Erle Montaigue, einem international bekannten Kampfkunst- und TaiChi-Lehrer, enden: „Mein Leben war voller Unglücke – von denen die meisten nicht eingetroffen Eine schöne Übung zu diesem The- sind.“ n Kann man Resilienz im Laufe des ma ist das „ABC der Dankbarkeit“, Lebens auch wieder „verlieren“ man lässt sich für jeden Buchsta- Die Fragen stellte Ines Jonas. bzw. – obwohl man eigentlich ben des Alphabetes immer wieder eine starke Persönlichkeit ist – etwas einfallen, für das man in seiZur Person wieder anfälliger und weniger nem Leben dankbar ist: Also z. B. „wehrhaft“ werden? A wie Anemonen im Garten, B wie Lilo Endriss ist Jeder Mensch kennt Zeiten der Bilder, die ich male, C wie ChanDipl.-Psychologin, Hoffnungslosigkeit und das Ge- sons, die ich gern höre … Kreativitätstraifühl, nicht mehr recht weiter zu nerin sowie die wissen, das ist zutiefst mensch- Jeder kennt den Ausspruch: „EntAutorin von „Steh auf Mensch! Über lich. Hilflosigkeit erst einmal als weder ist das Glas halb voll oder den kreativen solche anzuerkennen und auszu- halb leer“. Wie wichtig ist diese Umgang mit Krisen und Misserfolg. halten, ist für viele Menschen in jeweilige Sichtweise auf die Dinge Das Praxishandbuch“. Sie lebt und unserer Leistungsgesellschaft eher im Leben? arbeitet in Hamburg. gewöhnungsbedürftig, da wir ge- Mit Hilfe der Vorstellungskraft Kontakt und Information: lernt haben, möglichst viel selbst kann man sich für viele Situatiowww.stehaufmenschen.de zu managen, tapfer und natürlich nen im Leben mögliche „alternatiwww.kreatives-managementstolz darauf zu sein, viel geschafft ve Pfade“ ausdenken – nämlich all hamburg.de zu haben. So kann das Gefühl der das, was ebenfalls hätte eintreffen BAGSO-Nachrichten n 02/2015 21 Titel – Resilienz – was uns stark macht Die Kneippsche Lebensweise, eine Kraftquelle © Foto: silver-john - Fotolia bensordnung – ein ganzheitlicher Ansatz für ein Leben im Einklang mit sich selbst, mit anderen Menschen und der Natur. So können die körperlichen und seelischen Selbstheilungskräfte angeregt und die Widerstandsfähigkeit gestärkt werden. S ebastian Kneipp sagte vor rund 150 Jahren, es sei „kein Wunder, wenn Krankheiten so viele Opfer fordern, denn die Menschheit ist weit von der früheren, einfachen, natürlichen Lebensweise abgewichen. Nicht etwa, dass die Errungenschaften unserer Zeit wieder geopfert werden müssten, aber es muss ein Ausgleich gefunden werden, um die überanstrengten Nerven zu stärken, ihre Kraft zu erhalten. Es muss das Gleichgewicht hergestellt werden zwischen Arbeit und Lebensweise.“ An der Notwendigkeit und der Aktualität dieser Aufforderung hat sich leider nichts geändert. Was sich geändert hat, sind die vielen Möglichkeiten, diesen inneren Ausgleich zu finden, um Körper und Seele in Balance halten zu können. Die Kneippsche Gesundheitsphilosophie und ihre fünf Elemente, die historisch verankert, aber zugleich hochmodern sind, dürften bekannt sein: Wasser, Bewegung, Ernährung, Heilpflanzen und Le22 Kneipp-Anwendungen sind mühelose Maßnahmen nach dem Motto: „Kleiner Aufwand – große Wirkung“. Sie lassen sich einfach in den Arbeitsalltag einbauen und steigern, wenn sie regelmäßig und korrekt angewendet werden, das persönliche Wohlbefinden. Ist man gänzlich unerfahren, sollte man klein anfangen und nach und nach das individuelle KneippWohlfühl-Programm steigern. Wasser veranlasst den Körper durch thermische, chemische, mechanische oder hydroelektrische Reize zu sinnvollen Reaktionen, die gesund machen bzw. gesund erhalten. Bei den Wasseranwendungen z. B. ist vielen Menschen gar nicht bewusst, dass diese nicht nur an dem Körperteil wirken, der behandelt worden ist, vielmehr beeinflussen die unterschiedlichen Anwendungen alle Körpersysteme positiv. Für einige dieser Wasseranwendungen wird ein spezielles Kneipp-Gießrohr als Brause- oder Duschaufsatz benötigt – ich kann Sie aber beruhigen: Es kostet wirklich nicht die Welt! Für andere, etwa das kalte Armbad, auch Kneipp-Espresso genannt, braucht man nur ein Waschbecken mit etwa 12 Grad kaltem Wasser, in das beide Arme bis zur Mitte der Oberarme eingetaucht werden. Nach ca. 30 Sekunden hört man damit auf, streift das Wasser nur ab und bewegt sich, bis ein Wärmegefühl eintritt. Ein ganz einfacher, kostengünstiger Muntermacher! Neben den Armbädern, dem äußerst gesunden Wassertreten, den vielen unterschiedlichen Güssen und beruhigenden Wadenwickeln ist auch das Tautreten im Sommer bzw. das Schneetreten im Winter eine einfache, aber effektive Methode, das Wohlbefinden zu fördern und die Abwehrkräfte zu stärken. Das Treten macht nicht nur Spaß, es kräftigt auch die Venen, verbessert die Durchblutung und stabilisiert das vegetative Nervensystem. Allerdings: Um nachhaltige, gesundheitsförderliche Effekte zu erzielen und eine Harmonisierung aller körperlichen und geistig-seelischen Funktionen zu bewirken, müssen die Anwendungen regelmäßig durchgeführt werden. Bewegung umfasst von der Massage bis zum Freizeitsport alles, was guttut. Kneipp legte besonderen Wert auf die individuelle Situation seiner Patienten: So verordnete er dem Schreibtisch-Beamten z. B. Holzhacken, Feldarbeit und flotte Spaziergänge. Es geht darum, das Bewegungsprogramm mit persönlichen Neigungen und Fähigkeiten abzustimmen. Gymnastik, Nordic Walking, Wandern, Radfahren und Schwimmen gelten als schoBAGSO-Nachrichten n 02/2015 nende Sportarten, die den ganzen Das Element der Heilpflanzen Menschen fordern und ihm Ent- hat Kneipp perfekt beschrieben: spannung bringen. „Vorbeugen sollt Ihr durch diese Kräuter, nicht das Übel erst groß Entspannung ist auch das nächs- werden lassen.“ Er hielt große Stüte Stichwort – das Kneippsche cke auf die heimische Pflanzenwelt Element der Lebensordnung oder und verwendete sie als Badezusätauch innere Balance genannt. Die ze, Tinkturen, Salben, Tees und Anforderungen des Lebens einer- Säfte. Die Verwendung von Heilseits und gesundheitsförderliche pflanzen, die quasi vor der eigenen Maßnahmen andererseits in ein Haustür wachsen, ist mittlerweile Gleichgewicht zu bringen – darum selten geworden. Das Bewusstsein geht es bei der Lebensordnung. für die heimische Natur und die Im Idealfall lebt der Mensch ge- Schätze, die sie uns bietet, muss sund und bemüht sich auch um wieder gestärkt werden. seelische Ausgeglichenheit, Stresstoleranz und soziale Kompetenz. Zu guter Letzt sei noch das Moderne Angebote wie Yoga, Qi- Kneippsche Element der gesunGong oder Tai-Chi können be- den Ernährung angesprochen. hilflich sein. Jeder Mensch muss Eine bedarfsgerechte, vollwertige, für sich entscheiden, welcher Weg schmackhafte und weitgehend naund welche Methoden für ihn am turbelassene Kost ist eine wichtige besten geeignet sind, die Psyche in Voraussetzung für das WohlbefinBalance zu halten. Dabei helfen in- den – sowohl körperlich als auch dividuelle Rituale, wie abends ein seelisch. Sie trägt zum GesundBuch zu lesen, Gesellschaftsspiele bleiben und -werden bei, indem sie zu spielen, sich mit Freunden zu die körpereigenen Schutzsysteme treffen oder zu telefonieren und fördert. Nicht nur die Zusammenvieles mehr. setzung der Speisen spielt dabei © Foto: Heike Rau - Fotolia Titel – Resilienz – was uns stark macht eine Rolle: Zu einer gesunden Mahlzeit gehört neben Küchenkräutern, Obst und Gemüse das Ambiente, das gemeinsame Essen in Ruhe, mit Freude und natürlich mit Genuss! Kneipp ist also nicht nur einfach ein Name; Kneipp ist ein Lebensgefühl. Im Einklang mit sich selbst und der Natur zu sein, fördert die Lebensqualität und ist eine echte Kraftquelle. n Christian Dannhardt Kneipp-Bund Achtsamkeit unterstützt die Fähigkeit, mit schwierigen Situationen im Leben umzugehen Die Praxis der Achtsamkeit wird immer populärer. Sie gilt als zuverlässige Unterstützung in stressigen Zeiten, bei Schmerzen und in schwierigen emotionalen Situationen. Auch im Alter kann sie eine wertvolle Kraftquelle sein, mit den Veränderungen des Lebens klarzukommen. Doch wie „funktioniert“ Achtsamkeit und wie kann man sie erlernen? D ie Praxis der Achtsamkeit ist nicht schwer, denn Achtsamkeit ist eine natürliche Fähigkeit. Die Herausforderung besteht darin, sich immer wieder daran zu BAGSO-Nachrichten n 02/2015 erinnern und sie zu nutzen. Wenn man das durch Übung schafft, offenbart sie ein ungeheures Potenzial: Sie wirkt in alle Lebensbereiche und erleichtert uns, in einen Zustand der Ausgeglichenheit und Gelassenheit zu kommen. Auch der Umgang mit Schmerzen, destruktiven Gedanken und schwierigen Gefühlen verändert sich. Wir 23 werden widerstandsfähiger und schaffen es, uns schneller aus unheilsamen Gemütszuständen zu lösen. Beobachten distanziert man sich ein wenig und ist nicht mehr im Automatismus gefangen. Dem Menschen wohnt die Kraft inne, sich auf bestmögliche Art zu regulieren und auch den Dingen, die sich nicht ändern lassen, auf annehmende Weise zu begegnen. Doch oft haben wir zu feste Vorstellungen davon, wie etwas sein sollte. Dadurch gehen wir automatisch in Widerstand zu dem, was ist. Zeitlebens sind wir mit Veränderungen konfrontiert. Besonders im Alter fordern uns Krankheiten, Schmerzen und Verluste. Körper und Geist verändern sich und auch die Außenwelt wird verändert wahrgenommen. Die Praxis der Achtsamkeit kann dabei helfen, sich diesen Herausforderungen zu stellen und einen freundlichen und offenen Umgang mit ihnen zu entwickeln. Mit Achtsamkeit können wir nicht die Dinge selbst ändern, doch je weniger Widerstand wir haben, je versöhnlicher wir auf die Dinge blicken, desto weniger werden wir darunter leiden, können gelassen bleiben und uns schneller erholen. Achtsamkeit ist nichts Esoterisches. Sie ist ein Training unserer Gedankenkraft, wir lernen zu registrieren, was in Geist und Körper vorgeht, wir werden bewusster und bekommen dadurch mehr Handlungsspielraum und Entscheidungskraft. Normalerweise laufen unsere Gedanken auf Autopilot: Ein Gedanke folgt dem nächsten, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. So kommt es, dass wir oft wie in einem Gedankenkarussell immer wieder um Gleiches kreisen. Wir haben dann auch entsprechend ähnliche Gefühle und folgen wiederkehrenden Verhaltensmustern – auch wenn diese uns nicht guttun, uns stressen oder sogar krank machen. Je älter wir werden, desto stärker halten wir an unseren Gewohnheiten fest. Achtsamkeit hilft uns, diese Muster hin und wieder zu durchbrechen, eine neue Sichtweise anzunehmen und die vielfältigen Möglichkeiten zu entdecken, Unsere achtsame, offene Haltung mit den Herausforderungen des macht es uns möglich, überall kleiLebens umzugehen. ne und größere Glücksmomente zu bemerken und die schönen und Achtsamkeit bedeutet, so oft wie angenehmen Dinge des Lebens möglich innezuhalten und zu be- zu genießen und wertzuschätzen. merken, was eigentlich vor sich Denn Glück und Zufriedenheit geht. Und dann ist es wichtig, dass kommen aus uns selbst. Wir müsman das, was man bemerkt, erst sen diese Quelle der Kraft und einmal nicht – wie normalerweise Resilienz nur in uns entdecken. – bewertet und in eine Schublade Unsere Kraftquelle, die uns insteckt, sondern offen und interes- newohnende positive Energie, ist siert wahrnimmt. Man kann sich immer da. In Verbundenheit mit sagen: „Aha, interessant, was ich da ihr werden wir unabhängiger von gerade gedacht habe“. Durch dieses äußeren Einflüssen. 24 © Foto: Laurent Hamels - Fotolia.com Titel – Resilienz – was uns stark macht Eines der Tore, um uns mit dieser Kraft zu verbinden, ist unser Körper. Einige tiefe Atemzüge, ein Besinnen auf den Körper, ein Spüren in den sich hebenden Brustkorb, ein Lockern der Schultern und wir spüren sofort: Ich bin lebendig, ich kann mich entspannen. Auch bei Schmerzen ist dies möglich. In dem Moment, in dem wir freundlich auf die körperlichen Empfindungen eingehen, sind wir ganz bei uns selbst und dies spendet Kraft. Achtsamkeitspraxis kann man beispielsweise in sog. MBSR-Kursen erlernen. Dabei handelt es sich um ein Acht-Wochen-Programm, das seit 30 Jahren weltweit in Kliniken angeboten wird und schon vielen Menschen geholfen hat, innerlich stärker und widerstandsfähiger zu werden. Einen qualifizierten Achtsamkeits-Lehrer in Ihrer Nähe finden Sie auf der Webseite des Berufsverbandes unter www.MBSR-Verband.org. Hier finden Sie auch weitere Informationen zum Thema Achtsamkeit und Selbstfürsorge. n Sarina Hassine Achtsamkeitslehrerin BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Titel – Resilienz – was uns stark macht Bitte lächeln! Das Leben ist hart genug Humor als Resilienz-Faktor In meiner Tätigkeit als Trainerin, Pädagogin und Coach kann ich diese Phänomene gut beobachten. Die grundsätzliche Erwartung von uns Menschen ist die Erfüllung unserer Pläne und Wünsche. Das Leben kümmert sich aber oft nicht darum. Es stellt uns vor unangenehme und schmerzliche Tatsachen. Wunsch und Wirklichkeit kollidieren. Unangenehme Gefühlszustände wie Trauer, Wut oder Frustration sind die Folge. Die humorvolle Ressource hilft Um diese Enttäuschung zu über- mit etwas mehr Optimismus und uns, auch andere Resilienz-Fakto- winden, ist es notwendig, einen heiterer Gelassenheit weitergehen. ren zu aktivieren. Damit lässt sich neuen Blickwinkel einzunehmen. Humor als „resiliente Haltung“ ein Weg aus den Krisen des Lebens beinhaltet auch Selbstironie. Über finden. Erst der Humor ermöglicht Gemäß dem Motto: „Ich freue sich selbst zu lachen, ist eine wertes, die Lebensherausforderungen mich, wenn es regnet. Denn auch volle Eigenschaft, eine Form der mit der nötigen Gelassenheit zu wenn ich mich nicht freue, regnet Widerstandskraft. Neben all der betrachten. So nimmt man vor al- es trotzdem.“ gilt es, die unabän- Tragik in der Welt kann unsere lem sich selbst, aber auch andere derlichen Ereignisse im Leben humorvolle Haltung als Brücke ernst, jedoch nicht „über-ernst“. bestmöglich anzunehmen. Je öfter zwischen Tragödie und Komödie Denn: „Humor ist, wenn man wir dies praktiziert und als mach- gesehen werden. n trotzdem lacht.“ bar erlebt haben, desto größer sind unsere Resilienz-Kompetenzen. Elisabeth Trybek Der österreichische Psychothe- Eine weitere praktische und durchrapeut Viktor E. Frankl bezeich- aus wirksame Anregung zum Zur Person nete Humor als „Trotzmacht des gedanklichen PerspektivenwechElisabeth Trybek Geistes“. Humor ist demnach eine sel findet sich in folgendem Satz: ist Dipl.-Pädagogin, Haltung. Sie hilft uns, mit Her- „Wenn das Leben nicht so verläuft, Trainerin und ausforderungen, Schwierigkeiten wie du es dir vorstellst, dann stelle Coach und bietet und Konflikten besser umzuge- dir einfach etwas anderes vor.“ Vorträge und Workhen. Wir lernen aus Erfahrungen shops zum Thema und können in Folge sogar daran Natürlich ist derart oft leichter „Gesundheitsfaktor wachsen. Humor hat viel mit der gesagt als getan. Aber manchmal Resilienz“ und „Humor und Fähigkeit zu tun, Enttäuschungen genügt schon eine kleine VeränResilienz“. Sie lebt in Reichenau/ leichter wegzustecken und die ei- derung im Denken, ein AugenOberösterreich. genen Erwartungen und Ansprü- zwinkern oder ein Lächeln im Information und Kontakt: www.elisabethtrybek.com che zu relativieren. Gesicht. Schon können wir wieder BAGSO-Nachrichten n 02/2015 25 © Foto: mediaphotos - istockphoto V iele Situationen in unserem täglichen Lebensalltag sind nicht planbar. Wir alle sind oftmals ein Spielball unwägbarer Kräfte. Versuche, uns dagegen abzusichern, helfen nur bedingt. Das Gelingen wird stets vom Scheitern begleitet. Und umgekehrt. Um „erfolgreich“ scheitern zu können und daran nicht zu zerbrechen, braucht es Humor als soziale Kompetenz und Lebenshaltung. Engagement Hilfe zur Selbsthilfe für junge Menschen: Seniorpartner in School Montagmorgen – Timo sitzt in seiner Klasse, er ist nicht ansprechbar und reagiert selbst auf seine Freunde aggressiv, nimmt nicht am Unterricht teil und stört durch scheinbar unmotiviertes Weinen. Ein Gesprächsangebot der Lehrerin weist er zurück. In einer solchen verfahrenen Situation werden Seniorpartner in School um Hilfe gebeten. Hier erzählt Timo, wie sehr er unter den Wochenenden leidet, wenn seine getrennt lebenden Eltern den jeweils anderen Partner ihm gegenüber herabwürdigen. Er sucht einen Weg, wie er damit umgehen kann, da er beiden zugetan ist. Der Begriff „Seniorpartner“ zielt nicht auf das Alter der Vereinsmitglieder, die der Generation 55+ angehören und das Berufsleben abgeschlossen haben, sondern auf deren Lebenserfahrung. Seniorpartner in School e.V., ein bundesweit tätiger, gemeinnütziger Verband, lässt diese Menschen durch professionelle Trainer zu Schulmediatoren und Bildungsbegleitern weiterbilden. In einer 80-stündigen Qualifizierung lernen die interessierten Frauen und Männer die Grundlagen der Mediation und fördernder Einzelgespräche. Zu den Inhalten gehören u. a. das Konzept der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg, Supervision und kollegiale Fallberatungen. Fortbildungen mit jugendrelevanten Themen 26 ergänzen die Ausbildung und begleiten die Tätigkeit. In ganz Deutschland arbeiten die Vereinsmitglieder nach den gleichen Prinzipien, ein Qualitätshandbuch beschreibt die Standards. Die Seniorpartner gehen in ZweierTeams an einem Vormittag in der Woche in eine Schule und stehen dort Kindern als Ansprechpartner zur Verfügung. Durch Zuhören, Nachfragen, Zusammenfassen und Spiegeln wird gemeinsam der Hintergrund des Konfliktes geklärt. Die jungen Menschen finden dabei selbst die Lösungen, die von allen Beteiligten getragen werden können. Als Bildungsbegleiter stehen Seniorpartner Kindern und Jugendlichen, die Probleme mit sich oder ihrem Umfeld haben, über einen längeren Zeitraum für Einzelgespräche zur Seite und stärken sie in ihrer persönlichen und sozialen Kompetenz. Seniorpartner sollten ausreichend Zeit haben und fähig sein, Menschen zuzuhören. Eine positive Einstellung zu Kindern und Jugendlichen und die Fähigkeit, auf Augenhöhe mit ihnen zu sprechen, sind notwendig. Ihr Engagement wird © Foto: seniorpartner in school M ehr als 1.200 Frauen und Männer sind in 13 Landesverbänden als Schulmediatoren und Bildungsbegleiter ehrenamtlich tätig. Sie helfen durch Mediation und in fördernden Einzelgesprächen Schülerinnen und Schülern, Konflikte gewaltfrei zu lösen, ihre Stärken zu entwickeln und ihre soziale Kompetenz zu entdecken. Seniorpartner im Gespräch mit Kindern. Es geht um die Lösung von Konflikten sowie – in Einzelgesprächen – um persönliche Probleme der Kinder. Die Seniorpartner helfen ihnen, eigenständig Lösungen zu finden. durch die Akzeptanz und Zuwendung der Kinder und Jugendlichen und die positiven Rückmeldungen aus dem schulischen Umfeld belohnt. n Seniorpartner in School – Bundesverband e.V. Hauptstr. 117, 10827 Berlin Tel.: 030 / 78 79 25 56 [email protected] www.seniorpartnerinschool.de BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Engagement Die Werkstatt der Generationen In der WdG führen ältere ehrenamtliche Mitmacherinnen und Mitmacher wöchentlich mit den Schülerinnen und Schülern der Klassen 1 bis 10 eigene Projekte in Schule und Hort durch. Dabei bringen die Älteren sich, ihre Erfahrungen und Leidenschaften, ihr Wissen und ihre Ideen als Senior-Experten in den Unterricht ein. Inhalte und Gestaltung der Projekte werden von den Ehrenamtlichen selbst bestimmt und in Zusammenarbeit mit den Pädagoginnen und Pädagogen umgesetzt. (Fast) alles ist möglich: Singen, Modedesign, Handwerken, Zeitzeuge sein, Kochen, Videoclips drehen, Yoga, Seifenkisten-Bau, Theaterspielen, Lesecoaching, Bionik … Pro Schuljahr werden 50 bis 60 unterschiedliche WdG-Projekte realisiert, die das vielfältige Potenzial der älteren Generation verdeutlichen. Darüber hinaus gibt es Projekte, in denen sich die Generationen gemeinsam neue Themenbereiche erschließen und auch ein Engagement von „Jung für Alt“ ist Teil des Generationendialogs. dem 1. Preis des Deutschen Alterspreises der Robert Bosch Stiftung ausgezeichnet. Seit der Schulgründung 2008 engagierten sich über 70 SeniorExpertinnen und -Experten. Sie zeigen, dass persönliches Engagement in jedem Alter möglich und bereichernd ist – die bislang älteste Mitmacherin war 105 Jahre alt. Für die Schüler hat jedoch das Alter der Senior-Experten keine große Bedeutung. Was für sie zählt, sind die Menschen selbst, die zu ihnen kommen. Sind sie offen und interessiert, spannend oder gar „cool“? Wo kennen sie sich aus und was haben sie erlebt? Und hier haben die Älteren bis ins sehr hohe Alter ungeheuer viel zu bieten. Dies hautnah zu erleben, ist für viele Engagierte sehr motivierend, stärkt das Selbstbewusstsein und löst in allen Köpfen mögliche Altersklischees auf. In der WdG werden die Älteren als SeniorExperten mit ihren Fähigkeiten und ihrem Erfahrungsschatz sehr Für ihr besonderes Konzept und geschätzt. Sie sind gefragt und ledie gelungene Umsetzung wurde ben ihre Leidenschaften, manche die WdG im November 2014 mit davon zum ersten Mal. Das setzt BAGSO-Nachrichten n 02/2015 © Foto: Monte Balan ie Werkstatt der Generationen – im Alltag kurz WdG genannt – ist ein fester Bestandteil der Integrativen Montessori Schule an der Balanstraße in München, einer Schule, für die gelebte Inklusion auch das Miteinander der Generationen bedeutet. viel Energie frei, macht Freude und gibt mit den Worten einer 74-Jährigen „dem Lebensrhythmus eine neue Melodie – MEINE Melodie“. n Anke Könemann Zur Person Anke Könemann Leiterin Werkstatt der Generationen Monte Balan Bildungsträger gGmbh Balanstr. 73, 81541 München Tel.: 089 / 90 90 178-55 [email protected] www.montessori-muenchen.de © Foto: Manu Theobald D 27 Wohnen Wege aus der Wohnungslosigkeit persönlichen Einkommen, das aus einer kleinen Rente und Grundsicherungsleistungen besteht. B evor Norbert B. im Februar 2013 seine Wohnungslosigkeit beenden konnte, lebte der 67-Jährige in der zentralen Notunterkunft in Münster, dem Haus der Wohnungslosenhilfe. Sein Zuhause war damals ein kleines Zimmer, das er sich mit anderen Männern teilen musste. Seinen Tag verbrachte Norbert B. meistens zurückgezogen, teilnahmslos auf seinem Bett liegend. Trotz zahlreicher Erkrankungen und einer voranschreitenden Pflegebedürftigkeit blieb er mehrere Jahre dort. Doch aufgrund der Sorge, bei einem Umzug in ein Heim seine individuelle Entscheidungsfreiheit zu verlieren, lehnte er eine Weitervermittlung kategorisch ab. So wurde die Notunterkunft für über zehn Jahre sein Zuhause. Seit nunmehr zwei Jahren lebt Norbert B. gemeinsam mit sieben weiteren älteren ehemals Wohnungslosen im betreuten Wohnprojekt Wohnen 60plus in der ehemaligen Dreifaltigkeitskirche. Hier ist er Mieter eines Apparte28 ments, das aus einem Wohnschlafbereich, einem barrierefreien Bad und einer kleinen Küche besteht. Zusammen mit den anderen Bewohnern beteiligt er sich zusätzlich an der Miete für einen Gemeinschaftsraum. Seine Autonomie hat er mit dem Einzug in das Gruppenwohnprojekt nicht aufgegeben – im Gegenteil, das Wohnprojekt ermöglicht ihm ein möglichst selbstbestimmtes Leben. Nach vielen Jahren in erzwungener „Gemeinschaft“ genießt er in seinem Appartement wieder Ruhe und Privatheit. Sein wiederentdecktes Bedürfnis nach Geselligkeit erfährt im Gemeinschaftsraum (s.o.) Befriedigung. Hierhin kommt er zu den Mahlzeiten, die dort angeboten werden. Außerdem nimmt er regelmäßig an Betreuungsangeboten wie Spielerunden oder dem Singkreis teil und hat Kontakt zu den Mitarbeitern und den anderen Bewohnern des Projektes. Was ihm darüber hinaus besonders wichtig ist: Über sein Geld verfügt er weiterhin frei und zahlt seine Miete selbstständig aus seinem Mehrmals täglich bekommt er Besuch vom Pflegedienst, der ihn bei der Körper- und Behandlungspflege sowie bei der Hauswirtschaft unterstützt. Innerhalb der Zeit, die er im Wohnprojekt lebt, haben sich die Pflegeeinsätze deutlich vermehrt. Auf gesundheitliche Verschlechterungen, die ihm in der Zeit widerfahren sind, konnte dabei immer bedarfsgerecht reagiert werden. Auch seine Ablehnung gegen Hilfsmittel ließ mit der Zeit nach und so benutzt Norbert B. je nach körperlicher Verfassung einen Rollator oder er wird mit dem Rollstuhl geschoben. Das Beispiel von Norbert B. steht exemplarisch für den Werdegang der Mieter des Projektes Wohnen 60plus. Mit der Normalisierung ihrer Wohnverhältnisse konnten sich alle Bewohner nachhaltig in ihr neues Zuhause integrieren. Die Mieter werden nicht mehr als die ehemaligen Wohnungslosen wahrgenommen, sondern als gute Nachbarn geschätzt. Insbesondere der regelmäßige Kontakt zu einigen Seniorinnen und Senioren aus der Nachbarschaft, die sich an den Freizeitangeboten des Projektes beteiligen, unterstreicht dies. n Christian Benning Diplom-Sozialarbeiter beim Förderverein für Wohnhilfen e. V. www.wohnhilfen-muenster.de BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Gesundes Leben Genussvoll essen in jeder Lebenslage Welche Bedeutung hat eine ausgewogene Ernährung zu Hause und außer Haus? M © Foto: Hetizia - Fotolia it Freude und Genuss aus der Vielfalt der Lebensmittel auszuwählen und die Mahlzeiten nach eigenen Vorlieben, Traditionen und Gewohnheiten zubereiten zu können, bietet nicht nur Lebensqualität im Alter. Essen und Trinken kann auch zur Erhaltung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit wesentlich beitragen und damit die Eigenständigkeit erhalten. Dies trifft auf die eigene Verpflegung zu Hause für alle Altersgruppen und auf Angebote der Außer-Haus-Verpflegung zu. Wie sieht eine ausgewogene Ernährung im Alltag aus? Die größte Herausforderung bei der Ernährung älterer Menschen ist es, energiearme und gleichzeitig nährstoffreiche Lebensmittel auszuwählen. Dazu zählen in erster Linie Gemüse und Obst. Fünf Portionen, das heißt drei Portionen Gemüse oder Salat und zwei Portionen Obst, sollten täglich verzehrt werden. Dies gelingt am besten, wenn die erste Portion schon im Frühstück enthalten ist wie Apfel oder Banane im Müsli oder in der herzhaften Variante Gurke oder Tomate zum Brot. Obst als Fruchtmus oder einfach so als ganzes Stück oder in Form eines Smoothies aus Früchten entsprechend der Jahreszeit bietet alternative Möglichkeiten für die täglichen Portionen. Auch die Stärkebeilagen, die mindestens BAGSO-Nachrichten n 02/2015 dreimal täglich auf dem Speisenplan stehen sollten, liefern als Vollkornprodukt mehr Nährstoffe und Ballaststoffe als ein vergleichbares Produkt aus geschältem Getreide. So sind ein fein gemahlenes Vollkorn- oder Schwarzbrot, Naturreis, Vollkornnudeln oder auch mal ein Vollkorngebäck am Nachmittag die ideale Auswahl. Milch und Milchprodukte wie Joghurt, Käse oder Quark in der fettarmen Variante sind energiearm und nährstoffreich und sollten möglichst täglich verzehrt werden. Zwei bis drei Portionen Fleisch in der Woche sind ausreichend und ideal ist es, weißes Fleisch zu bevorzugen. Fisch sollte ein- bis zweimal pro Woche und mindestens einmal als fettreicher Seefisch, z. B. als Hering oder Makrele, gegessen werden. Der Fisch kann auch als Beilage Abwechslung in die Abendmahlzeit bringen. Zur Zubereitung sollten hochwertige Pflanzenfette wie Raps-, Walnuss-, Weizenkeim-, Oliven- oder Sojaöl verwendet werden. Insgesamt ist auf eine fettarme Zubereitung der Speisen und eine maßvolle Verwendung von Salz und Zucker zu achten. Ein weiterer wichtiger Bestandteil sind die Getränke. Je nach körperlicher Aktivität, Gesundheitszustand und Umgebungstemperatur sollten mindestens 1,5 Liter pro Tag als Wasser, Tee oder Saftschorlen getrunken werden. 29 Gesundes Leben Wenn Selbstkochen nicht mehr möglich ist Aus vielen Gründen kann die eigene Zubereitung der Speisen für eine bestimmte Zeit oder dauerhaft schwerfallen. In dieser Situation besteht die Möglichkeit, sich „Essen auf Rädern“ zu bestellen oder einen offenen Mittagstisch in einer Senioreneinrichtung zu nutzen. Bedingt durch Krankheit oder Rehabilitationsbedarf kann auch eine Verpflegung im Krankenhaus oder in der Rehaklinik nötig sein. Um bei diesen Angeboten der Gemeinschaftsverpflegung ebenfalls eine ausgewogene Verpflegung zu ermöglichen, wurden von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) Qualitätsstandards u. a. für die Seniorenverpflegung und die Verpflegung in Kliniken entwickelt. Sie wurden im Rahmen von IN FORM – Deutschlands In- itiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung erarbeitet und setzen die Anforderungen an eine ausgewogene Ernährung für die Gemeinschaftsverpflegung um. So besteht auch außerhalb der eigenen Wohnung die Möglichkeit, sich gesundheitsfördernd zu ernähren. Um die DGE-Qualitätsstandards stets auf aktuellem wissenschaftlichem Stand zu halten, wurden gerade alle sieben Broschüren überarbeitet und sind in neuer Auflage erschienen. Woran ein ausgewogenes Verpflegungsangebot zu erkennen ist Einrichtungen und Kliniken haben die Möglichkeit, die Umsetzung des jeweiligen DGE-Qualitätsstandards durch die DGE zertifizieren zu lassen. Zu erkennen ist dies am Logo in der Einrichtung und Eine zertifizierte Einrichtung ist am Logoschild (hier am Beispiel der Seniorenverpflegung) und dem Zertifikat zu erkennen. auf dem Speisenplan bzw. in der entsprechenden Menülinie. Die Umsetzung des DGE-Qualitätsstandards oder das Angebot einer zertifizierten Menülinie kann bei Anbietern von „Essen auf Rädern“, in stationären Senioreneinrichtungen oder in Kliniken erfragt werden. n Ricarda Holtorf, DGE © Foto: goodluz - Fotolia Zur Person Trinken – nicht immer ganz einfach, wenn das Durstgefühl im Alter nachlässt. Aber wichtig! 30 Ricarda Holtorf Diplom-Oecotrophologin, ist im Rahmen von IN FORM in der Gemeinschaftsverpflegung für das Thema Seniorenverpflegung zuständig. Tel. : 0228 / 3776-652 E-Mail: [email protected] BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Gesundes Leben Fünf einfache Tipps für ein gutes Gespräch mit dem Arzt D as Gespräch zwischen Patient und Arzt ist eine wesentliche Grundlage für eine erfolgreiche Behandlung. Besonders wichtig ist dabei, dass Ärzte auf die Informationsbedürfnisse der Patienten eingehen und alle Fragen in einer verständlichen Sprache beantworten. Deshalb engagiert sich die BAGSO gemeinsam mit Patientenorganisationen, Pfizer und weiteren Partnern in der Initiative „Ich beim Arzt“. Die Internetseite www.ichbeimarzt.de und der Merkzettel bieten fünf hilfreiche Kommunikations-Tipps für Patienten, die man im Arztgespräch leicht umsetzen kann. Außerdem bietet „Ich beim Arzt“ auf den Internetseiten einen Kurzfilm des „Simplify your life“-Autors Werner Tiki Küstenmacher, der in seiner „Tikimation“ darstellt, wie sich die Hürden der Kommunikation leicht überwinden lassen. Zusätzlich werden auf der Internetseite die verschiedenen Initiatoren und Partner der Initiative mit ihren jeweiligen Service-Angeboten für Patienten vorgestellt. Die Website wird weiterentwickelt und das Angebot in den nächsten Monaten weiter ausgebaut. Zu den Initiatoren von „Ich beim Arzt“ gehören neben der BAGSO die Deutsche Schmerzliga e.V. (DSL), die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V. (DVMB), die Stiftung PATH (Patients‘ Tumor BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Bank of Hope) und das Patientencoaching cg empowerment. Unterstützt wird das Projekt auch vom BWL-Lehrstuhl für Marketing der Otto-Friedrich-Universität Bamberg sowie vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) und von dem Arzneimittelhersteller Pfizer. führen. Dabei war es den Partnern wichtig: Die Tipps für eine bessere Kommunikation können an einer Hand abgezählt werden und sind leicht zu merken. Weiterführende Informationen finden Sie unter www.ichbeimarzt.de. Den kostenlosen Merkzettel zur Kampagne können Sie bestellen unter [email protected] und Tel.: 0228 / 55 52 55 50. Wenn Sie bei der Initiative mitmachen wollen, dann kommen Sie auf uns zu. n Die Idee für die Initiative entstand anlässlich des Pfizer-Patienten-Dialogs. In gemeinsamen Workshops erarbeiteten die Initiatoren, was Patienten im Arztgespräch wichtig ist und welche Tipps helfen, ein Dr. Barbara Keck gutes Gespräch mit dem Arzt zu BAGSO Service Gesellschaft 31 Gesundes Leben Gesund mit Hund Was Ältere bei der Anschaffung eines Hundes beachten sollten Gezielt ältere Hunde vermitteln die Initiative „Graue Schnauzen“ (www.graue-schnauzen.de) und das Omihunde-Netzwerk (www.omihunde-netzwerk.de). Jeder, der gern einen Hund hätte, sollte sich auch im Vorfeld überlegen, wer sich z. B. bei einem plötzlichen Krankenhausaufenthalt um den Hund kümmern kann. 60plus Hund berät ältere Menschen im Hinblick auf Anschaffung und Erziehung von Hunden. Worauf es dabei ankommt, das weiß die Hundetrainerin Angelika Prauß, Referentin für tiergestützte Therapie und Pädagogik. Viele ältere Menschen zögern, sich im fortgeschrittenen Alter (wieder) einen Hund anzuschaffen, weil sie Angst haben, dass dieser sie möglicherweise überlebt. Auf der anderen Seite können gerade Senioren sehr von den Vierbeinern profitieren. Was raten Sie älteren Hundeliebhabern? Mit Blick auf die eigene Lebenserwartung ist es ratsam, sich einen älteren Hund anzuschaffen, der bereits stubenrein, erzogen und nicht mehr so temperamentvoll wie ein Jungspund ist. In deutschen Tierheimen warten viele Hunde auf ein neues Zuhause. 32 Sie bieten Beratungsgespräche vor der Auswahl eines Hundes an. Was sollten ältere Menschen beachten? Jeder sollte seinen Gesundheitszustand und die eigene körperliche Fitness richtig einschätzen. Der Halter sollte seinem Hund kräftemäßig überlegen sein, sodass er ihn gut im Griff hat – etwa, wenn eine Katze über den Weg läuft. Außerdem sollte er sein Tier im Notfall, etwa wenn sich der Hund verletzt hat, auch ein paar Meter tragen können. Aber auch bei kleineren Hunden sollte man genau hinsehen und auf die Rasseeigenschaften achten. Terrier und Dackel können beispielsweise sehr fordernd und anstrengend sein. Zudem sollte sich jeder die Frage stellen, ob er bereit ist, sein Leben mit einem Hund mit allen Verpflichtungen zu teilen. Denn so schön das Zusammenleben mit Hund ist, es bedeutet auch Einschränkungen, z. B. in der Freizeit und bei der Urlaubsplanung. Außerdem muss sich der Hundehal- ter in spe darüber im Klaren sein, dass ein Tier auch Geld kostet. Ältere Hunde müssen mitunter häufiger zum Tierarzt. Wie kann man sich den idealen „60plus-Hund“ vorstellen? Der Vierbeiner sollte von Bewegungsdrang und Charakter zu seinem Halter passen: Ist der Mensch noch sehr aktiv, kann ein lauffreudiger Hund ein idealer Begleiter etwa bei Wanderungen sein. Ist der ältere Mensch nicht mehr so gut zu Fuß, passt ein Hund mit geringerem Bewegungsdrang besser. Um herauszufinden, ob Mensch und Hund zusammenpassen, rate ich jedem, vor der endgültigen Entscheidung mit dem ausgesuchten Hund im Tierheim oder bei der Pflegestelle einige Probespaziergänge zu machen und den Hund auch sonst im Alltag zu beobachten. Zeigt er schon jetzt Verhaltensauffälligkeiten, sollte er nur in hundeerfahrene Hände vermittelt werden. Wer einen Welpen möchte, muss sich klar sein, dass das erste Jahr sehr anstrengend werden kann. Auch ein Hund von einem verantwortungsvollen Züchter ist keine Garantie für ein problemloses Miteinander. n 2012 hat Angelika Prauß 60plus Hund gegründet. Information und Kontakt: www.60plushund.de Die Fragen stellte Ines Jonas. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Mobilität Fahrtauglichkeit älterer Autofahrer – die Rolle der Hausärzte kehrssicherheitsrates (DVR) geben nur 4 % von ca. 1.000 befragten Autofahrern an, dass ihre Ärztin bzw. ihr Arzt sie auf Auswirkungen ihres Gesundheitszustands auf ihre Fahrtüchtigkeit angesprochen habe, 88 % wünschen sich, dass er sie über sichere Mobilität informiert, 67 % würden den Führerschein abgeben, wenn er dies raten würde. Letzteres kann als ein Hinweis auf die Autorität des Arztes gewertet werden, dessen Urteil man in der Regel akzeptiert. Die Ausgangslage dividuell sehr unterschiedliche – Vor allem aber sollte die AusEntgegen populärer Meinungen, altersbedingte Beeinträchtigungen schöpfung der individuellen Podie vor allem in der Gruppe älte- zurückführen. tenziale zur Aufrechterhaltung, rer Fahrer ein besonderes Risiko Verbesserung bzw. Wiederherfür die allgemeine Verkehrssicher- Hausärztliche Beratung stellung einer sicheren Verkehrsheit sehen, widerlegen auch die Insofern erlangt die hausärztli- teilnahme bis ins hohe Alter das jüngsten Statistiken den Mythos, che Behandlung für die Verkehrs- Ziel sein. Dabei ist freilich an die dass das Kollektiv älterer Fah- sicherheitsberatung eine große Eigenverantwortung der älteren rer eine generelle Gefahr für die Bedeutung: Zum einen befinden Fahrer zu appellieren. Dies geht Verkehrssicherheit darstellt. Ein sich ältere Menschen häufiger in nur durch Beratung, eine BeraHandlungsbedarf für restriktive ärztlicher Behandlung, zum an- tung, die die Ärzte ohnehin geMaßnahmen – ausschließlich für deren verfügt der Hausarzt über halten sind durchzuführen. alle älteren Kraftfahrer – lässt sich umfassende Kenntnisse sowohl so nicht begründen. Nicht zuletzt der gesundheitlichen als auch der Das Fortbildungsprogramm deshalb ist eine obligatorische me- psychosozialen Situation seiner Allerdings müssen Ärzte auf eine dizinisch-verkehrspsychologische Patienten. Dem Hausarzt als kom- solche Rolle als „FahrtüchtigFahreignungsuntersuchung älterer petenter Vertrauensperson kann keits-“ bzw. „Mobilitätsberater“ Verkehrsteilnehmer in Deutsch- eine Schlüsselfunktion als „Lot- gezielter als bisher vorbereitet und land nicht vorgesehen. Die Ge- se für ältere Verkehrsteilnehmer“ fortgebildet werden. Mit dem Ziel, setzgebung zielt auf eine kritische zukommen, da er die physischen die positive Beziehung zwischen eigenverantwortliche Selbstkon- und psychischen Veränderungen, Arzt und Patient für eine gezieltrolle nicht nur älterer Fahrer ab. die die Mobilitätstauglichkeit be- te Beratung nutzbar zu machen, Allerdings lassen sich die Gründe einflussen, am ehesten beurteilen wurde von uns das Fortbildungsvieler Unfälle im Alter auf gesund- kann. Hier ist Entwicklungspo- konzept „Verkehrssicherheitsbotheitliche Einschränkungen, (Poly-) tenzial vorhanden, denn laut schaften für Senioren – Nutzung Medikation und – wenn auch in- Umfragen des Deutschen Ver- der Kommunikationspotenziale BAGSO-Nachrichten n 02/2015 33 © Foto: Alexander Raths - Fotolia Mobilität im allgemeinmedizinischen Behandlungsalltag“ für Ärztinnen und Ärzte entwickelt, das mit der maximalen Fortbildungspunktzahl von acht Punkten zertifiziert wurde. Module dieser Fortbildung sind medizinisch-psychologische Grundlagen der sicheren Verkehrsteilnahme älterer Kraftfahrer, auch hinsichtlich der Medikamente, welche die Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen können. Die Screening-Tests fahreignungsrelevanter Leistungsbereiche geben eine Orientierungshilfe für die Beurteilung, bieten aber auch Anknüpfung für das Beratungsgespräch und leisten einen Beitrag zu einer realistischen Selbsteinschätzung aufseiten des Patienten. Ein weiteres Modul stellt die rechtlichen Rahmenbedingungen im Spannungsfeld zwischen Aufklärungs- und Schweigepflicht vor. Besonderes Augenmerk wird auf die Vorbereitung der Ärzte in kommunikativer Hinsicht gelegt, da die Ansprache der Verkehrsteilnahme des älteren Patienten oft als heikel empfunden wird. Die Beratung soll primär ressourcen- bzw. funktionsorientiert sein, um bei den Patienten eine gute Abstimmung zwischen der realistischen 34 Einschätzung ihrer körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit und ihrem Fahrverhalten eigenverantwortlich zu generieren. Dabei geht es um Information über Beeinträchtigungen, aber auch um beratende Hinweise auf Kompensations- bzw. Unterstützungsmöglichkeiten: Das hier durchaus vorhandene Eigeninteresse älterer Kraftfahrer wird in Kampagnen wie der „Aktion Schulterblick“ des DVR aufgegriffen und sollte für freiwillige selbstkritische Überprüfungen der Fahrkompetenz („FahrFitnessCheck“) sowie entsprechende Trainings nutzbar gemacht werden. Es geht auch um gezielte Identifikation potenzieller Problemgruppen innerhalb der Gruppe älterer Fahrer, aber immer ausgehend von der individuellen Befindlichkeit und Leistungsfähigkeit und nicht vom kalendarischen Alter als Kriterium für die Fahreignung. Auf diese Weise leisten Ärzte einen deutlichen Beitrag zur Mobilitätserhaltung und zur Erhöhung der Verkehrssicherheit von Senioren. Grenzen und Möglichkeiten Vorbehalte gegen diese Art der Beratung gibt es, nicht zuletzt aus Besorgnis, „Kunden“, d. h. Patienten, zu verlieren, wiewohl schon 2005 vom 43. Verkehrsgerichtstag auf die Beratungsverpflichtung für Ärzte hingewiesen wurde. Es geht eben nicht um Begutachtung, sondern um Beratung – auch und gerade im Sinne des Appells an die Eigenverantwortung der älteren Patienten. Dies schließt ein, Grenzen zu setzen, wenn Ältere sich selbst (auch krankheitsbe- dingt) überschätzen, z. B. bei einer Demenzerkrankung. Hier sind die Ärzte besonders gefordert. Der geschilderte FortbildungsAnsatz wurde in seiner Entwicklung durch die Projektteilnehmer (Ärzte, Dozenten, Patienten, Probanden) positiv bewertet und stieß auf eine hohe Akzeptanz. Die Umsetzung einer solchen Maßnahme über eine Pilotphase hinaus ist in ihrer Auswirkung sicherlich nachhaltiger als Kampagnen und Aufklärungsbroschüren. Dafür bedarf es allerdings politischer Entscheidungen. Seit einiger Zeit scheinen mehrere für die Verkehrssicherheit aktive Organisationen (DVR, ADAC, Stiftung Männergesundheit) darauf hinzuarbeiten, die politischen Entscheidungsträger bzgl. eines solchen Fortbildungsprogramms zusammenzubringen. n Prof. Dr. Georg Rudinger Mitglied des BAGSO-Expertenrates Kontakt: [email protected] Zur Person Prof. Dr. Georg Rudinger Jg. 1942, war von 1974 bis 2010 Professor am Institut für Psychologie der Universität Bonn tätig. Seine Forschung ist durch viele Projekte aus den Bereichen Mobilität, Technik und Alter gekennzeichnet. Zurzeit ist Rudinger Mitglied des BAGSO-Expertenrats und Sprecher des Zentrums für Alterskulturen an der Universität Bonn (ZAK), das er 2002 gegründet hat. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Mobilität Der Weg ist das Ziel – Urlaub im Fahrradsattel „Klimaverträglich mobil 60+“ gibt Tipps zu Reisen mit dem Fahrrad Ist man als Gruppe unterwegs, sollte man sich vorher auf den Schwerpunkt der Reise einigen: eher sportliche Bewältigung größerer Distanzen oder Genuss pur mit kulturellen oder kulinarischen Höhepunkten? Auch sollte die körperliche Fitness der Mitradler beachtet werden. Denn die Urlaubsfreude ist schnell getrübt, wenn man nicht mithalten kann. Fitness-Defizite oder gewisse körperliche Handicaps lassen sich aber oft durch ein Elektro-Rad (Pedelec) ausgleichen. Auch bei BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Touren mit häufigen Steigungen erhöht ein E-Rad den Radelgenuss deutlich. Mit speziellen Fahrrädern wie einem Sessel-Dreirad können auch Personen mitfahren, die Gleichgewichtsprobleme haben. Ein Tandem kann bei Kraftoder Seheinschränkungen eine gute Lösung sein. Statt mit dem eigenen Rad anzureisen, kann man häufig auch vor Ort ein passendes Fahrrad mieten. Dies sollte jedoch vorher geklärt und gebucht werden. Um bei längeren Touren besser mit einem fremden Rad zurechtzukommen, kann man den eigenen gewohnten Sattel mitnehmen und auf das gemietete Fahrrad montieren (las- Radtour mit dem Pedelec sen). jeden Fall ausreichend Getränke Wer die Planung und Vorberei- und kleine Kraftspender, ein Pantung einer individuellen Reise nenset, das Mobiltelefon und eine scheut, kann geführte Touren bu- kleine Reiseapotheke. Im Sommer chen. Dies gilt insbesondere für sollten stets Sonnencreme, bei unRadreise-Neulinge. Reiseveran- stetem Wetter Regenjacke oder stalter organisieren sowohl Tages- Cape dabei sein – und ein Helm zu touren als auch mehrtägige Reisen. jeder Jahreszeit! Geführte Radtouren bieten zudem die Möglichkeit, schweres Gepäck Weitere Tipps zu Fahrrad-Reisen zur jeweils nächsten Unterkunft (nicht nur) im Alter gibt es auf transportieren zu lassen. Die Rad- der Internet-Seite des Projektes ler sind derweil nur mit leichtem „Klimaverträglich mobil 60+“ der Tagesgepäck unterwegs. BAGSO, des ökologischen Verkehrsclubs VCD und des DeutEgal ob individuell oder organi- schen Mieterbundes: www.60plus. siert, in den Rucksack oder die vcd.org/weg-ist-ziel.html. n Fahrradtasche gehören neben einer Land- bzw. Fahrradkarte auf Anna Fehmel, VCD 35 © Foto: Reni Reißner O b individuell oder im Rahmen einer geführten Reise, immer mehr Menschen möchten ihre Freizeit aktiv verbringen und fahren Rad. Gerade in der zweiten Lebenshälfte sind Radausflüge oder längere Fahrradurlaube beliebt: Viele Teilnehmer geführter Fahrradtouren sind älter als 50 Jahre, auch Radler jenseits der achtzig sind keine Seltenheit. Gute Gründe sprechen für diese Art der Freizeitaktivität: Die gemeinschaftliche Bewegung an der frischen Luft trainiert den Körper und wirkt positiv auf Geist und Seele. Vom Fahrradsattel aus erlebt man Natur und Kultur besonders intensiv: Reizvolle Radwanderwege führen an Flüssen entlang, schlängeln sich durch beschauliche Orte oder geben den Blick frei auf malerische Landschaften – oft fernab von dicht befahrenen Straßen. Recht und Verbraucher Graue Schläfen in der Werbung … V orsicht, it’s cool man! Mit diesem Satz schockte der inzwischen verstorbene Peter Steiner Anfang der 1990er Jahre die Nation und löste fast so etwas wie eine Revolution in der Werbung aus. Der coole Schweizer warb als bärtiger, deutlich erkennbarer Alter jenseits der 70 für eine „lila“ Schokolade. Ein älterer Mensch, der Jugendsprache spricht – ein AhaErlebnis für viele, wurde doch erstmals mit einem Älteren für ein generationenübergreifendes Produkt geworben. Und mehr noch: In der Verbindung aus Senior und Jugendsprache wurde radikal mit herkömmlichen Werbebildern gebrochen. Diese Werbung hat viele inspiriert, ähnliche Kampagnen folgten. Ein bemerkenswerter Paradigmenwechsel begann. Der Senior als potenter Werbebotschafter 36 die „kleinen Freuden“ des Lebensabends genießen kann. Dies liegt hinter uns, denn die Unternehmen haben in den vergangenen Jahren die älteren Kunden als besonders interessante Verbrauchergruppe erkennen müssen. Jenseits von 60 liegt eine enorme, wenn nicht sogar die Kaufkraft unserer Gesellschaft. Damit kam es zur Herausbildung eines neuen Marketingansatzes, der Entwicklung spezieller Kommunikationsmethoden für „reife Kunden“, und mit diesen entstand das Seniorenmarketing. So sind heutzutage auch in der Werbung graue Schläfen absolut hipp! Das sieht man an den vielen Begrifflichkeiten, die durch Publizisten, trat seinen Siegeszug an. Heute Politiker, Soziologen und Werber kann man fast von einer Omni- geprägt wurden: 50+, Golden und präsenz älterer Menschen in der Best Agers oder Silver Generation. Werbung sprechen. Wie selbstverständlich setzen Firmen wie Volks- Das alte Bild vom „genügsamen wagen, Ratiopharm, Subway Sand- Rentner“ wird übertüncht und neu wiches oder McDonald‘s Senioren gezeichnet. Die neuen Alten wolfür ihre Werbung ein. Auffallend len Spaß haben, reisen, gut ausist auch, dass Werbung für Fi- sehen, ein schickes Auto fahren, nanzdienstleistungen kaum mehr das Leben genießen und dem Alohne sie auskommt. Noch in den ter (hoffentlich) ein Schnippchen 1990ern war das Stichwort „demo- schlagen. Die vermehrte Anzahl grafischer Wandel“ nicht en vogue (gesunder) Jahre soll und muss geund Werber sprachen ältere Men- staltet werden. schen nur dann an, wenn es um typische Senioren-Produkte wie Bei einem solchen kollektiven Bild Knoblauchpillen, Pflegemittel für vieler Millionen Menschen ist Vordie dritten Zähne oder Treppenlif- sicht angebracht und muss Einhalt te ging. Und wenn Senioren in der geboten werden! Viele MarketingWerbung vorkamen, dann oftmals kampagnen, Anzeigen und Werbeals Abziehbild: die Alten als eine aussagen kranken nämlich daran, genügsame Generation, die nach dass sie Senioren diskriminierend einem arbeitsreichen Leben nun und klischeehaft präsentieren. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Recht und Verbraucher Das rührt wahrscheinlich daher, dass nicht alle Werbemacher einen unmittelbaren oder spürbar erlebten Zugang zu älteren Menschen haben. Dabei wäre es wichtig zu wissen, wie sie „ticken“, wenn man erfolgreich für sie oder mit ihnen werben möchte. Denn sie sind als Kunden Profis, weil sie über einen reichen Erfahrungsschatz als Konsumenten verfügen. Und sie sind sensibel, was ihre Ansprache und die Werbung mit ihnen anbelangt. Werbung darf nicht verunglimpfen und sie darf nicht den Eindruck vermitteln, ihre Betrachter seien von allen guten Geistern – sprich gutem Geschmack – verlassen. Viele Senioren ärgern sich darüber, dass sie in der Werbung oft zu laut, zu schrill, zu platt– also nicht authentisch – dargestellt werden. Außerdem wollen sie nicht ständig auf ihre vermeintlichen Schwächen aufmerksam gemacht werden. Die Platzierung älterer Menschen in der Werbung ist und bleibt ein sensibles Thema und muss angemessen gehandhabt werden. „Dazu gehören Kategorien wie ,clevere Kosmopoliten‘, gebildete, offene, meist auch kaufstarke Personen, oder ,illiquide Traditionalisten‘, eher kaufkraftarme, konservativ eingestellte Menschen, die nicht so sehr für Werbung empfänglich sind.“ Werbung, die Senioren anspricht und mit ihnen gemacht wird, sollte feinfühlig und intelligent sein, die Vielfalt und Differenziertheit des Alters aufgreifen und natürlich darf sie eine gehörige Portion Humor aufweisen. Sie muss aber vor allem mit antiquierten und negativen Altersstereotypen brechen. Darauf weist auch Caja Thimm von der Universität Bonn und Mitglied der Sachverständigenkommission zum Sechsten Altenbericht „Altersbilder in der Gesellschaft“ hin. Sie macht deutlich, dass in Konsum und Marketing die Produzenten ihrer Produkt- und Handelsgestaltung oft noch Altersbilder zugrunde legen, die den tatsächlichen Bedürfnissen älterer Menschen nicht mehr entsprechen. Gibt es ein Mittel dagegen? Ja, denn wir Verbraucher stimmen mit den Füßen ab und können Produkte, die nicht einem zeitgemäßen, differenzierten Bild vom Altern entsprechen, einfach meiden! n „Alt ist nicht gleich alt“, sagt Stefanie Wurst, Geschäftsführerin der Werbeagentur Scholz & Friends. Das Alter allein ist nicht mehr der entscheidende Begriff, um mit Werbung diese Zielgruppen anzusprechen. Vielmehr geht es um Milieus und Lebensentwürfe. „Es gibt viele Mikrokosmen, in denen sich über 50-Jährige bewegen“, so Wurst. Die Werbewirtschaft hat reagiert und versucht, SeniorenCluster zu bilden, die diese Lebens- Dr. Stefan Arend entwürfe abbilden. Stefanie Wurst: BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Zur Person Dr. Stefan Arend Vorstand bei KWA Kuratorium Wohnen im Alter in Unterhaching. Als Autor und Referent bei Fachkongressen veröffentlichte er zahlreiche Beiträge zu neuen Wohn- und Lebensformen für das Alter sowie zum Marketing sozialer Dienstleistungen. Anfang der 1990er Jahre gründete er das Archiv „Golden Ager“, das Werbung mit Senioren sammelt und sich mit den Fragen der öffentlichen Wahrnehmung von Alter und Altern befasst. Seine Dokumentation „Das (ver)öffentlich(t)e Bild vom Alter und Altern“ zeigt die schönsten und skurrilsten Anzeigen mit und für Senioren aus den vergangenen 25 Jahren. 37 Recht und Verbraucher Sechs einfache Tipps für die sichere Investition Geld ins Sparschwein stecken – das war einmal. Heute setzen viele Anleger auf Rendite versprechende Fonds. Doch nicht immer bekommen sie den Gewinn ausgeschüttet, der ihnen in Aussicht gestellt wurde. Helge Petersen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, erklärt, worauf vor einem Vertragsabschluss geachtet werden sollte und wie Anleger sich bestmöglich absichern. 1. Niemals Beratungsprotokolle über Gesprächsinhalte erbringen totalen Gebühren? Anleger sollten und auch bezeugen. sich diese Aussagen vor dem Kauf gegenzeichnen 2. Keine Spontankäufe tätigen Produkte der Banken sind häufig erklärungsbedürftig. Während des Beratungsgesprächs werden die Vorzüge herausgearbeitet, oft entsteht der Eindruck, dass im besten Fall sofort abgeschlossen werden sollte. Aber für den Laien gilt: Finger weg von Spontankäufen! 3. Beratungsgespräche nur mit Zeugen Kommt es im Anschluss an ein Beratungsgespräch zu Unstimmigkeiten, liegt die Beweislast beim Kunden. Daher sollten Beratungsgespräche nie ohne Anwesenheit einer Begleitperson geführt werden. Diese kann den Nachweis 38 per Unterschrift von dem Berater 4. Kauf und Verkauf nur mit auf einem separaten Blatt gegenzeichnen lassen. Ist die Beratung zwei Unterschriften Die wenigsten Anleger wissen, aufrichtig, wird dies kein Problem dass Banken ohne Unterschrift sein. handeln dürfen. Doch im Zweifelsfall muss immer der Kunde den 6. Nullzinsfalle beachten Nachweis erbringen, dass er eine Entscheiden sich Anleger, ihr Geld bestimmte Anlage oder Investi- zu investieren, sollten sie immer tion nicht wünschte. Daher lohnt im Hinterkopf haben, dass der es sich, bei laufenden Bankverbin- Leitzins von der Europäischen dungen schriftlich zu vereinbaren, Zentralbank (EZB) nahezu auf dass Käufe und Verkäufe jeglicher null gesenkt wurde. Dies kann Art nur mit zwei Unterschriften dazu führen, dass von der Bank getätigt werden dürfen. verkaufte Produkte die notwendigen Gebühren kaum erwirtschaf5. Versprechen gegenzeichnen ten. Damit sind sowohl Anlage als auch Beratung fehlgeschlagen und lassen In jeder Produktbroschüre steht, eine Gewinnausschüttung kaum wie lange die Laufzeit ist, wie viel möglich. das Produkt maximal verlieren kann, was es konkret und maxi- Kurzprofil mal an Ertrag bringt. Was kostet es Gemeinsam mit dem Deutschen vom Kauf bis zur Rückzahlung an Finanz-Rat machen Helge Petersen und sein 50-köpfiges Spezialistenteam nebst wissenschaftlichen Mitarbeitern und über 30 ehemaligen Bankberatern und Gebietsdirektoren mobil gegen die Falschberatung von Banken und Finanzdienstleistern. Weitere Informationen unter www.kapitalmarktrecht-kanzlei-petersen. n © Foto: sorcerer11 - Fotolia Bei einem Beratungsprotokoll soll es sich um ein Instrument zur Dokumentation der Anlageberatung bei Privatanlegern handeln, genauso wie es dem Schutz der Anleger dienen soll. Im wahren Leben dient es jedoch dem Schutz der Banken und nicht dem der Anleger. Im Schadensfall stehen Kunden somit schlechter da als notwendig. Laut Gesetzgeber müssen die Protokolle nur angelegt, jedoch nicht unterzeichnet werden, weshalb von einer Unterschrift dringend abzuraten ist. Sandra Drossel-Bück [email protected] BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Recht und Verbraucher Darf´s ein bisschen mehr sein? © Foto: Tatjana Balzer - Fotolia Das Geschäft mit den individuellen Gesundheitsleistungen O b Krebsvorsorge Plus, PSATest oder Bachblütentherapie – Ärzte bieten in ihren Praxen zahlreiche individuelle Gesundheitsleistungen – kurz IGeL – an, die nicht oder nur in medizinisch begründeten Fällen zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen gehören. Diese Extras müssen Patienten aus eigener Tasche zahlen. Verunsichert zücken viele Krankenversicherte ihr Portemonnaie für Leistungen, über die sie oft weder eine schriftliche Vereinbarung noch eine Rechnung erhalten. 2010 wurden 1,5 Mrd. Euro mit diesen privatärztlichen Zusatzleistungen umgesetzt. Und der Markt wächst weiter – inzwischen geben fast 50 % der gesetzlich Versicherten an, dass ihnen im letzten Jahr eine ärztliche Leistung als Privatleistung angeboten oder in Rechnung gestellt wurde. 2009 hat der Deutsche Ärztetag Empfehlungen für das Erbringen individueller Gesundheitsleistungen verabschiedet. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Sachliche Informationen, Verbot einer marktschreierischen und anpreisenden Werbung, keine angstmachende Bedrängung des Patienten, eine umfangreiche und intensive Aufklärung auch über Kosten, der Abschluss eines Behandlungsvertrages – das klingt alles durchdacht und gut. Aber wie sieht es tatsächlich mit einem patientenfreundlichen Umgang beim „IGeLn“ aus? Diese spannende Frage hat sich die Verbraucherzentrale NRW gestellt und ein Online-Beschwerdeportal für Patienten ins Leben gerufen. die Krankenkassen das nicht ernst nehmen mit dem Krebsrisiko und deshalb nicht zahlen.“ Die Verbraucherzentrale NRW rät, sich auf jedes Arztgespräch gut vorzubereiten. Bleiben Sie beim Angebot zusätzlicher Früherkennungs-Untersuchungen skeptisch und bestehen Sie auf einer sachlichen Aufklärung durch den Arzt. Erbitten Sie Bedenkzeit, um bei der Krankenkasse nachzufragen, ob die angebotene Leistung in Ihrem Fall nicht doch eine Kassenleistung ist. Über die medizinischen Hintergründe einer IGeL kann man sich z. B. beim IGeL-Monitor (www.igel-monitor) informieren. Sie müssen dem Arzt keine sofortige Zusage geben, denn IGeL sind niemals dringend. Wichtig ist auch, dass Sie als Patient auf einem verständlichen Kostenvoranschlag bzw. einer detaillierten Rechnung bestehen. Auf www.igel-aerger.de können Betroffene ihre Erfahrungen und ihren Ärger rund um das Erbringen von IGeL-Leistungen – auch anonym – schildern. Anhand der erfassten Daten wollen die Verbraucherschützer prüfen, wie die geltende Rechtslage von den Ärzten eingehalten wird und wo Handlungsbedarf besteht. Ärzte, die negativ auffallen, sollen abge- Verbraucherrechtliche Hilfestelmahnt werden. Seit Start des Be- lungen und wichtige Adressen finschwerde-Forums im September den Sie auf www.igel-aerger.de. n 2014 sind fast 900 Beschwerden eingegangen. Die Auswertung zeigt, dass 42 % der Betroffenen verunsichert sind, weil ihnen Angst um ihre Gesundheit gemacht wird. Eine Patientin berichtet auf www.igel-aerger.de: „Mir wurde erklärt, dass es für meine Gesundheit wichtig wäre, Zur Person Barbara Schmitz Referentin für Gesundheit und Pflege Verbraucherzentrale NRW 39 Vorgestellt Sportliche Wettkämpfe und Höchstleistungen sind mein Leben E rst 3,8 Kilometer schwimmen, dann 180 Kilometer Radfahren und sofort danach einen 42 Kilometer langen Marathon laufen: Wer tut sich denn so etwas an? Extremsportler wie Triathleten. Das höchste Ziel der meisten Triathleten ist der Ironman auf Hawaii, der jährlich im Oktober stattfindet. Wer hier teilnehmen darf, gehört schon zur Weltspitze der Ausdauer- und Extremsportler, so wie Georg von Schrader, Weltmeister von 2012 in der Altersklasse 75. Rund vierzehneinhalb Stunden am Stück war er dafür unterwegs. Der 77-Jährige hat bereits 39 Triathlons bestritten, 14 davon auf Hawaii. Extremsport, an die eigenen Grenzen zu gehen, das hat sein ganzes Leben bestimmt. Während von Schrader in seinem Berufsleben immer wieder Neues ausprobiert hat – so war er Bundeswehr-Offizier, Gymnasiallehrer, Sozialarbeiter und später wieder Lehrer in den verschiedensten Ländern Mittel- und Südamerikas –, ist die Leidenschaft für ständiges sportliches Training und Wettkämpfe geblieben. „Nach dem Ende meiner Berufstätigkeit ist das sogar noch zentraler geworden“, sagt der durchtrainierte gebürtige Wilhelmshavener, der seit vielen Jahren im Rheinland lebt. „Die Wettkämpfe bekamen mit zunehmendem Alter eine immer größere Bedeutung für mich. Früher war 40 es mir nur wichtig, gut trainiert zu sein. Fitness war meine Lebensform. Ich habe jeden Tag trainiert, aber irgendwann die Lust daran verloren. Ich brauchte neue Ziele und das waren und sind die Wettkämpfe.“ Seine erste Ironman-Teilnahme auf Hawaii ergab sich eher zufällig: Als er 1984 mit dem Fahrrad die Welt umreiste, machte er im Oktober auch einen Stopp auf den Südseeinseln. „Ich fühlte mich gut und bin einfach gestartet“, berichtet von Schrader rückblickend. 2007 ist er übrigens nochmals mit dem Rad auf Weltreise gegangen und u. a. durch China und Tibet geradelt. Georg von Schrader war einer von 13 Männern, die 2012 beim Ironman auf Hawaii in der Altersklasse 75 bis 79 starteten – er gewann. ren. Doch, wen wundert’s: „Ohne Anreiz klappt das Training nicht gut.“ Und so hat sich Georg von Schrader das Ziel gesetzt, möglichst bald wieder an einem Ironman auf Hawaii teilzunehmen. „In zwei Jahren könnte ich – realistisch betrachtet – wieder fit sein. Ich will alles dafür tun zurückzukommen.“ Als Motivationskick hat er dafür ein vierzehntägiges Trainingslager in der Nähe von Kapstadt gebucht – in wenigen Tagen wird er aufbrechen. „Natürlich könnte ich mir in meinem Alter und nach dem Unfall sagen: ‚Hör auf damit, du hast Hawaii schon gewonnen.‘ Aber ich habe noch nichts gefunden, was das wirklich ersetzen kann.“ n Im Februar 2013 ereignete sich dann aber etwas, was den scheinbar unverwüstlichen Sportler aus der Bahn geworfen hat: Georg von Schrader befindet sich in einem Triathlon-Trainingslager auf Fuerteventura und stürzt mit dem Rad. Es ist ein schwerer Unfall, beide Schultern und ein Handgelenk sind gebrochen, dazu neun Rippen, wobei eine einen Lungenflügel durchstößt. Fast sieben Wochen Klinikaufenthalt folgen, danach Reha. Für von Schrader bedeutet das Stillstand: „Körperlich bin ich in dieser Zeit von 100 auf null abgesackt.“ Ein für ihn völlig inakzeptabler Zustand. Sobald es möglich war, fing er trotz Schmerzen wieder an zu trainie- Ines Jonas BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Vorgestellt Generationengespräche sind aktueller denn je G enerationen miteinander im Gespräch heißt ein biografisch orientiertes Projekt der Rosenheimer Caritas Seniorenbegegnungsstätte und deren Förderverein. Es schafft über die Themen Zeitgeschichte und Alltagskultur Verständigung. Heutige Senioren erlebten ihre Jugendzeit in völlig anderen Lebensumständen als Jugendliche heute. Diese vergleichend zu erkunden, ist eine spannende Sache. Seit zwei Jahren treffen sich Seniorinnen und Senioren mit Schülerinnen und Schülern. Die Durchführung hört sich einfach an, hat es aber in sich: Senioren und Schüler werden zu Reportern, stellen sich gegenseitig Fragen und geben sich Antworten. Beim Reporterspiel gilt es, neugierig zu sein, Offenheit und die Bereitschaft zuzuhören sind die Teilnahmebedingungen – auf beiden Seiten. Die Älteren und Jüngeren fragen nach den Lebenswelten und den Lebenserfahrungen ihres Gegenübers. Jeweils fünf- bis sechsmal kommt die Seniorengruppe mit einer Schulklasse zusammen. Zum Schluss werden die entstandenen Lebensporträts im Plenum vorgestellt, dabei offenbart sich ein breites Spektrum an Lebensgeschichten. klasse waren im letzten Schuljahr die Gesprächspartner der Senioren-Projektgruppe. Das Treffen startete mit einem „Speed-Dating“, ursprünglich eine Idee, um schnell einen Beziehungspartner kennenzulernen. Es folgten Gespräche in Kleingruppen. Vorurteile gerieten ins Wanken. Viele Senioren waren erstaunt, wie realistisch und besonnen die Jugendlichen denken: „Ich als Kind hatte da schon mehr Wünsche und war in dem Alter wohl auch eher ein Revoluzzer“, erzählt eine 71-jährige Rentnerin aus der Projektgruppe. Das Freizeitverhalten, der Umgang mit den neuen Medien oder das Essverhalten waren Themen, zu denen die Senioren die Jugendlichen befragten. Die Schüler wollten wissen: „Wie sind Sie ohne Telefon ausgekommen? Gab es damals schon Hausaufgaben? Möchten Sie heute noch einmal Kind sein?“ © Foto: Maria Anna Willer 3 Schulklassen – 33 Fragen – 99 Antworten Generationengespräche: Begegnungen mit Spaß und Lerneffekten das gegenseitige Verständnis. Fast nebenbei lernen die Schülerinnen und Schüler ein Stück Zeitgeschichte kennen, wenn die älteren Menschen aus ihrer Jugendzeit erzählen. Nicht alle heutigen Jugendlichen haben Großeltern, die sie befragen können, manchmal wohnen diese weit entfernt oder sind schon verstorben. „Es war das erste Mal, dass ich mit einem so alten Menschen gesprochen habe“, erzählte eine Schülerin ihrer Lehrerin. So werden Begegnungen möglich, die heute nicht mehr selbstverständlich sind. n Derzeit bereiten sich Senioren auf Gespräche mit angehenden Abiturienten vor. Die angeleiteten Generationendialoge sind in ein Geschichtsseminar integriert, vorrangiges Thema ist der Wandel der Frauenrolle in den 1950er und 1960er Jahren. Schüler befragen die Senioren dazu als Zeitzeugen, Senioren fragen die Schüler nach Maria Anna Willer, europäische ihrem heutigen Rollenverständnis. Ethnologin M.A., ist die Projektleiterin der „Generationengespräche“. 30 Schülerinnen im Alter zwischen Das Projekt bringt ältere und junge Kontakt und Information: 11 und 13 Jahren einer Realschul- Menschen zusammen, es fördert www.kulturkreativ.eu BAGSO-Nachrichten n 02/2015 41 Senioren weltweit Mobil bis ins hohe Alter „Mobil bis ins hohe Alter“ lautete das Thema einer Fördermaßnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), das im Frühjahr 2015 abgeschlossen wird. M © Foto: Susanne Kurz/Südkurier obilität, also die Fähigkeit und Möglichkeit, sich selbstständig überall dorthin begeben zu können, wohin man möchte oder muss, ist eine wesentliche Voraussetzung für ein selbstständiges und befriedigendes Leben – sei es, um sich mit Gütern des täglichen Bedarfs zu versorgen, Freunde zu treffen, um sich zu erholen oder außerhalb der Wohnung neue Anregungen zu bekommen. Diesen Aspekt von Lebensqualität zu bewahren, wird mit zunehmendem Alter schwieriger, weil mögliche gesundheitliche Einschränkungen die Fortbewegung außer Haus erschweren und gleichzeitig die Drei Senioren bei der Datenerfassung eines Hauszugangs 42 Entfernungen zwischen Wohnen, Wittgenstein“ und in das Projekt Versorgung und Freizeitmöglich- „ACCESS: Barrierefreier Toukeiten wachsen. rismus für Senioren mit einem mobilen Navigations- und InforUm älteren Menschen trotz mationssystem“. steigender Herausforderungen weiterhin eine möglichst unein- Über das erstgenannte Projekt begeschränkte Mobilität und damit richteten schon die BAGSO-Nachihre Selbstständigkeit und akti- richten 3/2014. Inzwischen kann ve Teilhabe am gesellschaftlichen man sich unter www.sehr-mobil.de Leben zu ermöglichen, wurden auf der öffentlichen, kostenlos im Rahmen der Maßnahme „Mo- nutzbaren Mobilitätsplattform bil bis ins hohe Alter – nahtlose registrieren und sie auf dem PC Mobilitätsketten zur Beseitigung, oder Smartphone nutzen. In der Umgehung und Überwindung Praxis muss sich nun zeigen, ob von Barrieren“ von Ende 2011 bis „Sehr Mobil“ mit seiner KombiAnfang 2015 vierzehn Projekte ge- nation aus Technik und freiwilfördert. Auf der Basis gesellschafts- ligem Engagement die Menschen wissenschaftlicher Erkenntnisse im Landkreis Siegen-Wittgenstein und technologischer Forschung tatsächlich dauerhaft in ihrer Mosollten Technologien und Dienst- bilität unterstützen kann. leistungen entwickelt werden, die geeignet sind, zu einer weitgehend Das Projekt „ACCESS – barrieselbstständigen Mobilität im Alter refrei – mobil – informiert“ hatte beizutragen. einen anderen Schwerpunkt. Ziel war hier die Entwicklung eines Dass das Erreichen solcher Ziele WLAN‐gestützten Navigations‐ eine intensive Zusammenarbeit und Informationssystems, das älvon Wissenschaft, Wirtschaft und teren, mobilitätseingeschränkten Dienstleistern voraussetzt und die Menschen das Reisen und den Einbeziehung der künftigen Nut- Aufenthalt in fremden Städten zerinnen und Nutzer erfordert, ist und Urlaubsregionen erleichtern bekannt. So war es nur natürlich, soll. dass die BAGSO als Vertreterin der Interessen älterer Menschen Dazu war es nötig, ein System zu in zwei der geförderten Projek- entwickeln, mit dem genaue Inforte einbezogen wurde: in das Pro- mationen über mögliche Barrieren jekt „S-Mobil100: Sehr mobil mit im öffentlichen Raum und in Ge100 Mobilitätsketten für Senio- bäuden nach allgemein gültigen ren in der Modellregion Siegen- DIN-Standards eingegeben und BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Senioren weltweit dokumentiert werden können. Dies gelang mit den mobilen Erfassungstools ACCESS aDeto und aDeti, also einer Art elektronischer Werkzeuge, mit denen man die Informationen auf einem Tablet notieren und speichern kann. In mehreren Städten und Regionen, z. B. in Nürnberg, Rostock und dem Landkreis Spree‐Neiße, wurden auf diese Weise von geschulten älteren Menschen und Schülern über hundert Gebäudetypen unterschiedlichster Art auf ihre Barrierefreiheit hin untersucht, unter anderem Hotels, Museen, öffentliche Toiletten und Geschäfte. In Nürnberg konnten auch bereits über 95 km Fußgängerwege vermessen und in das System aufgenommen werden. Nach Abschluss der Vermessungen wurden die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer über die Verwendbarkeit des Aufnahme- gerätes befragt und um Verbesserungsvorschläge gebeten. Dadurch konnten Schwachstellen des Systems laufend korrigiert werden, sodass nun die Voraussetzung dafür geschaffen ist, dass Barrieren beziehungsweise barrierefreie Wege und Gebäude in Zukunft bundesweit nach den gleichen Standards erhoben und in das System aufgenommen werden können. Nach einem Bewertungssystem (DIN) werden die Informationen über die erfassten Gebäude und öffentlichen Räume (Straßen, Brücken, Plätze) für unterschiedliche Nutzerbedürfnisse gekennzeichnet. Damit ist auf einen Blick erkennbar, inwiefern Gebäude oder der Weg zu einem Ziel für mobilitätseingeschränkte ältere Personen geeignet sind. Auf dieser Datenbasis wird in Zukunft das ACCESSLeitsystem seinen Nutzerinnen und Nutzern eine barrierefreie oder zumindest barrierearme Wegeplanung und Navigation mittels Smartphone oder Tablet ermöglichen. Auch auf dem optimalen Weg innerhalb von Gebäuden kann damit navigiert werden. Die durch ACCESS erhobenen Daten können auch von anderen Anbietern von Informationssystemen genutzt werden. Ziel ist die weitere Vernetzung mit touristischen Dienstleistungseinrichtungen und die Zusammenarbeit mit Städten und Regionen, um eine möglichst deutschlandweite Verbreitung von ACCESS zu erreichen (www.fp-access.de). Dadurch können sowohl älteren Menschen als auch generell allen Personen, die aus verschiedensten Gründen und vielleicht auch nur zeitweise in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, die Fortbewegung außerhalb ihrer Wohnung und selbstständiges Reisen erleichtert werden. n Dr. Heidrun Mollenkopf Mitglied des BAGSO-Vorstandes De Hogeweyk – eine alternative Wohnform für Menschen mit demenziellen Erkrankungen D ie niederländische PartnerOrganisation im Projekt WeDO II, LOC Zeggenschap in zorg organisierte einen sehr informativen Studienbesuch mit Teilnehmenden aus Deutschland, Österreich und Belgien. So hatte ich im Februar 2015 Gelegenheit, das Demenzdorf De Hogeweyk etwa 20 km südlich von Amsterdam BAGSO-Nachrichten n 02/2015 zu besichtigen. Es ist das weltweit erste Projekt dieser Art, wurde Ende 2009 eröffnet und wird deshalb von Personen und Gruppen aus vielen Ländern besucht, denn überall wird nach Lösungen zum Umgang und zur Betreuung der wachsenden Anzahl von Menschen, die an Demenz erkranken, gesucht. In meiner langjährigen ehrenamtlichen Tätigkeit in der Seniorenpolitik habe ich schon viele Einrichtungen für pflegebedürftige – auch demenzkranke – Menschen kennengelernt. So war ich gespannt, was mich erwarten würde. Nach der Anmeldung in der Rezeption steht man am Anfang eines 15.000 m² großen Geländes: 43 Senioren weltweit rechts ein Platz mit einem Theater, geradeaus ein langer Boulevard mit unterschiedlichen Einrichtungen, wie man sie in einer Kleinstadt kennt, links eine Passage mit Restaurant, Café und Supermarkt. Das Gefühl, eine „Einrichtung“ betreten zu haben, war verschwunden und kam während der zweistündigen Besichtigung nicht wieder auf. In dem Dorf wohnen insgesamt 152 Menschen in 23 Häusern, in jeder Wohnung leben sechs Bewohner zusammen. Sie haben ein eigenes kleines Zimmer, das ergänzt wird durch einen geräumigen Gemeinschaftsraum mit Küche sowie zwei Bäder und eine Toilette. Die Hausgemeinschaften unterscheiden sich in Ausstattung und Alltagsgestaltung voneinander und berücksichtigen die unterschiedlichen Lebensstile der dort lebenden Menschen. Neue Bewohner werden im Hinblick auf ihre – mit einem Fragebogen erhobenen – Lebensstilpräferenzen einem der folgenden Lebensstile zugewiesen: dem städtischen, gehobenen, handwerklichen, häuslichen, kulturellen oder christlichen Lebensstil mit einzelnen Variationen. Selbst ein indonesischer Lebensstil wurde entwickelt, da viele Nieder44 länder in der ehemaligen Kolonie Indonesien lebten. dabei sehr auf Menschenwürde, das Recht auf Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben geachtet. Ich halte das Konzept – gerade im Hinblick auf die gebotene Lebensqualität der Bewohner – für sehr nachahmenswert. Natürlich bewegt mich die Frage: Ist ein solches Konzept auf Deutschland übertragbar? Eins zu eins natürlich nicht. Dem stehen unterschiedliche Finanzierungskonzepte gegenüber. Derzeit erfolgt die Kostendeckung für den Aufenthalt in De Hogeweyk innerhalb der gesetzlichen Regelungen und Budgets der niederländischen Pflegefinanzierung. Ich habe die Hoffnung, dass in Deutschland bei Einführung der Pflegegrade statt der bisherigen Pflegestufen auch die Versorgung von demenzkranken Menschen unter Beachtung von Selbstbestimmung und Teilhabe eine weitergehende Unterstützung – einschließlich Finanzierung – erfährt. n Zwei dieser Häuser konnten wir besichtigen. Bei dem Rundgang fielen die vielen Möglichkeiten zur Kommunikation auf, da reichlich Sitzgelegenheiten vor den Häusern und in den parkähnlichen Anlagen zwischen weiteren Gebäuden vorhanden sind. Außerdem gibt es derzeit 45 Möglichkeiten der Mitgliedschaft in Klubs, die sehr unterschiedliche Aktivitäten ermöglichen. Wir besichtigten einen Raum, in dem Kreativarbeiten zu sehen waren, das Mozartzimmer, in das Bewohner zum MusizieBrigitte Paetow ren gebracht wurden, und eine Landesseniorenbeirat Ausleihstelle für Bücher und MuMecklenburg-Vorpommern sikträger, in der geschulte Ehrenamtliche tätig sind. Im Supermarkt LOC Zeggenschap in zorg ist die können Bewohner ggf. gemeinsam größte niederländische Organisation mit einem Sozialarbeiter für die für sog. Klientenräte im Pflege- und Hausgemeinschaften einkaufen. Gesundheitsbereich. Etwa 1.300 als Jede Gruppe hat ein eigenes BudMitglieder angeschlossene Klientenget, über das sie verfügen kann räte repräsentieren ca. 500.000 und aus dem auch die Kosten für Pflegebedürftige. Ziel der Organidie gemeinsame Verpflegung besation ist die verbesserte Mitbestritten werden. stimmung der Bewohner in EinrichMein Fazit nach dem Rundgang: De Hogeweyk bietet den Bewohnern ein beschütztes Leben in Erinnerung an eine ihnen bekannte und vertraute Umgebung. Es wird tungen und die Sicherstellung ihrer Bedürfnisse. Weitere Informationen unter: www.bagso.de/aktuelle-projekte/ wedo2.html BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Neu in der BAGSO Neu in der BAGSO: Bundesverband russischsprachiger Eltern e.V. (BVRE e.V.) vermittelt wird, werden sie stärker und unabhängiger. Beitrag des BVRE e.V. Ausgangslage In der Familientradition russischsprachiger Mitbürgerinnen und Mitbürger ist es eine Normalität, dass Jung und Alt einander helfen und sich in vielen Lebenslagen unterstützen. Doch oft haben Familien eine doppelte Belastung: Zum einen haben sie mit ihren jeweils ganz eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen, zum anderen lasten oft die Probleme eines Familienmitgliedes oder gar mehrerer auf den Schultern nur weniger Angehöriger. So fehlen Eltern häufig elementare Informationen zum Schul- und Ausbildungssystem in Deutschland, den Großeltern fehlen nötige Sprachkenntnisse, um Behördengänge oder Arztbesuche selbst zu erledigen bzw. soziale Kontakte zu knüpfen und ihren Alltag zu meistern. Durch solche Belastungen, die nicht zuletzt mit der Migration zusammenhängen, verschieben sich häufig die angestammten Rollen und Aufgaben von Familienmitgliedern. Dies geschieht oftmals auf Kosten der eigenen sozialen Entfaltung der Betroffenen. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Bedarf Die älteren Mitglieder der eingewanderten Familien sind nach Deutschland gekommen, als sie bereits in einem fortgeschrittenen Alter waren. Ihnen ist die Integration hierzulande nur teilweise oder so gut wie nicht gelungen. Für ein erfülltes und würdiges Leben im Alter benötigen sie kultursensible Unterstützung, die verschiedene Lebensbereiche betrifft, sei es Freizeitgestaltung oder Pflegeberatung. Diese darf nicht allein in den eigenen Familien stattfinden. Bei alleinstehenden Senioren ist der Hilfebedarf besonders groß. Lösungswege Zur Unterstützung der Einwandererfamilien benötigt man spezielle kultursensible Angebote, die den Interessen und Wünschen der Senioren angepasst werden müssen, damit sie nicht nur Zeitvertreib sind, sondern auch ein würdevolles Altern ermöglichen. Zudem wirken solche Angebote entlastend für die gesamte Familie, denn durch das Wissen, das den Älteren Durch ihre langjährige erfolgreiche Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und deren Eltern haben alle 32 Mitgliedervereine des BVRE e.V. einen guten Zugang zu vielen russischsprachigen Familien – einschließlich der Großeltern. Bereits seit Jahren bieten russischsprachige Organisationen verschiedene Möglichkeiten für Senioren zur Freizeitgestaltung, Beratung zu sozialen und rechtlichen Fragen, Sprach- und Integrationskurse sowie präventive Maßnahmen an. Die Migrantenorganisationen, die Seniorenarbeit betreiben, verfügen über professionelle Ressourcen. Eingebunden in die Arbeit sind Pädagogen und Sozialpädagogen, Ärzte, Pflegekräfte, ehrenamtliche Demenzbegleiter. Angesichts der älter werdenden Bevölkerung sind auch innerhalb der russischsprachigen Migrantenorganisationen sowohl eine Ausweitung der bestehenden als auch ein Aufbau weiterführender Angebote erforderlich.n BVRE e.V. Kultur- und Integrationszentrum PHOENIX-Köln e.V. Heidemannstr. 81a, 50825 Köln Tel.: 0221 / 500 68 52 Fax: 0221 / 500 68 54 yulia.grisakov@ phoenix-cologne.com www.phoenix-cologne.com 45 Informationen aus der BAGSO Im Alter IN FORM – BAGSO setzt neue Akzente im Jahre 2015 I N FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung widmet sich in diesem Jahr besonders der Gruppe älterer Menschen. (www. in-form.de/buergerportal/start. html) Die BAGSO unterstützt mit ihren Aktivitäten im Rahmen des Projektes „Im Alter IN FORM – gesunde Lebensstile fördern“ diese Ziele. Es wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Schulungsangebot erweitert Für die Zielgruppe der ehren- und hauptamtlichen Akteure in der Arbeit mit älteren Menschen werden bundesweit 50 Schulungen durchgeführt. Neu aufgenommen in das Angebot wurden Schulungen zur Handhabung der IN FORM MitMachBox. Die Schulungsangebote sind nahezu ausgebucht. Detaillierte Informationen erhalten Sie auf der Internetseite des Projektes. IN FORM präsentiert sich auf der SenNova Besucherinnen und Besucher des Deutschen Seniorentages und der Messe SenNova können am IN FORM-Stand Informationen und Anregungen erhalten, wie man mit genussvollen Speisen sowie Musik und Bewegung fit bleiben oder werden kann. Bei den IN FORM-Stationen erhalten Sie spannende Einblicke in die 46 „Wunderwelt“ des Körpers und erfahren, auf welche Weise Nahrungsmittel und Bewegung die Leistungsfähigkeit fördern. Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? Potenziale in Kommunen aktivieren Drei Fachtagungen für Akteure auf kommunaler Ebene zum Thema „Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? Potenziale in Kommunen aktivieren“ werden in Hamburg (3. Juni 2015), Leipzig (8. September 2015) und Stuttgart (27. Oktober 2015) durchgeführt. Die Teilnehmenden an den Tagungen erörtern Wege zur Verbesserung der Angebote und der erforderlichen Strukturen, um vielen älteren Menschen die Teilnahme an gesundheitsförderlichen Maßnahmen zu ermöglichen und Synergieeffekte für die Träger der Angebote zu nutzen. Die Programme der Fachtagungen werden zu gegebener Zeit auf der Internetseite des Projektes und im BAGSO-Newsletter veröffentlicht. Welche Informationen und Angebote sind für Kommunen sinnvoll? Welche Informationen und Unterstützung wünschen sich Akteure in Kommunen bei der Verbesserung der Gesundheitsförderung für ältere Bürgerinnen und Bürger? Wo können sie In- formationen, gute Praxisbeispiele und Anregungen erhalten? Diesen Fragen wird die BAGSO über eine Befragung von Akteuren in Kommunen nachgehen. Die Ergebnisse werden u.a. in die Entwicklung einer Informationsplattform einfließen, die Ende des Jahres zur Verfügung stehen wird. n Ausführliche Informationen unter http://projekte.bagso.de/fit-imalter/startseite.html. Anne von Laufenberg-Beermann BAGSO-Projekt: Im Alter IN FORM Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? Potenziale in Kommunen aktivieren www.in-form.de Ein von der BAGSO erstelltes Konzept für Kommunen zur Verbesserung gesundheitsfördernder Angebote für ältere Menschen wurde in vier Pilotkommunen erprobt. Die Erfahrungen sind in ein Praxishandbuch mit dem Titel „Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? Potenziale in Kommunen aktivieren“ eingeflossen, das bei der BAGSO bestellt werden kann. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 n i e m r Fü ep rfektes . . . n l e h c Lä …UND BIS ZU 90 % BEIM ZAHNERSATZEIGENANTEIL GESPART. …UND HOCHWERTIGE, CE-GEPRÜFTE MATERIALIEN. …UND TÜV SERVICE TESTED SEHR GUT. G ANSCHLA R O V N E T OS nd des Heil- u GRATIS K ine Kopie upon e en diese an ie dem Co S n e g i und send le e b s te Bitte rz a n 8, 28359 s Ihres Zah zer Straße ra G , G Kostenplan K . Co e GmbH & dentaltrad BAG_04_15 Bremen. D BAGSO-Nachrichten n [ HOCHWERTIGER ZAHNERSATZ ZU GÜNSTIGEN PREISEN ] FREECALL: (0800) 230 231-1 • WWW.DENTALTRADE-ZAHNERSATZ.DE 02/2015 47 Informationen aus der BAGSO Kooperationen, Netzwerke – Was die BAGSO so alles bewirkt hat Bewegungsangebot des DTB auf der SenNova 2003 in Hannover D as 25-jährige Jubiläum der BAGSO veranlasste mich zu einem Rückblick auf zehn Jahre ehrenamtliche Tätigkeit als Bundesturnwartin für die Älteren beim Deutschen Turner-Bund (DTB) und somit als Vertreterin meines Verbandes bei der BAGSO (1994 – 2004). Im Folgenden sollen die Beispiele eines einzigen BAGSO-Mitglieds, des DTB, zeigen, welche Wirkung das Miteinander so ganz unterschiedlicher Interessenverbände älterer Menschen, die in der BAGSO ein Dach fanden, haben kann. 48 rungskräfte der Mitgliedsverbände und ihres Vorstandes ins Leben gerufen hatte, bot sich die Gelegenheit, einen vom Bundesministerium und von Sponsoren aus der Industrie finanzierten Info-Bus zu buchen. Der erste Einsatz erfolgte 1998 beim Deutschen Turnfest in München. Sehr werbewirksam war ein 100-jähriger vierfacher slowenischer Olympiasieger im Turnen, der ohne fremde Hilfe eine E-Mail verschickte, damals Vorbild für uns alle. Der Bus fuhr danach viele Städte an und zahlreiche BAGSO-Verbände profitierten nicht nur davon, sondern auch von anderen Förderprogrammen. Der DTB sprang mit Freude auf dieses „Pferd“ und gab die Ideen gleich an seine Untergliederungen weiter. Bewegungsangebote für Hochaltrige: Die Entwicklung von Unterrichtsmodulen für den Einsatz von Laien in der immer größer werdenden Gruppe älterer Menschen war mein Arbeitsschwerpunkt während der letzten Berufsjahre an der Sporthochschule Köln. Über die BAGSO entwickelten sich Kontakte und schon 1995 entstanden gemeinsame Projekte, z.B. beim DTB und den konfessionellen Verbänden, die bis heute nachwirken. Seniorenbüros: Um neue Wege des freiwilligen Engagements älterer Menschen zu erproben, förderte das Ministerium für Familie und Senioren seit 1992 die ersten Seniorenbüros. Von 1995 bis 1998 bestand im Rahmen der DTBKampagne „50 Plus“ das Modellprojekt „DTB und DTB-Vereine mit den Seniorenbüros“. Angeregt durch diese Erfahrungen entwickelte der DTB zusätzlich etwas Eigenes. Die sehr erfolgreiche Aktion „Ältere für Ältere“ zeigte, wie wirksam eine Zusammenarbeit Senioren ans Netz: Nachdem die unterschiedlicher Verbände sein BAGSO erste PC-Kurse für Füh- kann. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Informationen aus der BAGSO Denken und Bewegen: Durch das Mitgestalten mehrerer ganztägiger Foren auf den Deutschen Seniorentagen – 1997 in Dresden, 2000 in Nürnberg und 2003 in Hannover – erfuhr ich viel Neues durch die Vertreterinnen und Vertreter des Bundesverbandes Gedächtnistraining und der Gesellschaft für Gehirntraining. Schon Bettina Jasper, meine Vorgängerin in der BAGSO, hatte ihre Arbeit unter das Motto „Denken und Bewegen“ gestellt. Ihr Einfluss und der der beiden oben genannten Verbände zeigt sich bis heute in Lehrplänen und Ausbildungsmodulen des DTB. Bridge und Bewegung: Beim Deutschen Seniorentag 2000 in Nürnberg waren der Deutsche Turner-Bund und der Deutsche Bridge-Verband (DBV) Nachbarn. Dies war der Beginn einer fruchtbaren Zusammenarbeit, die 2002 zu einem offiziellen Kooperationsvertrag zwischen DBV und DTB führte. Jährlich wurden in den letzten zwölf Jahren gemeinsam Wochenlehrgänge mit dem Titel „Fit im Kopf und überhaupt – Bridge und Bewegung“. durchgeführt. Noch immer gibt es mehr Interessierte als Plätze und die dankbaren Lehrgangsteilnehmer machen Mut für eine weitere Zusammenarbeit. Internationales Jahr der Senioren: Die Vereinten Nationen hatten 1999 das „Internationale Jahr der Senioren“ ausgerufen, eine gute Gelegenheit für den DTB, BAGSO-Nachrichten n 02/2015 zusammen mit der Stadt und dem Landkreis Saarlouis ein „1. Europäisches Festival der Älteren“ mit dem Untertitel „Spiel, Sport und Kultur“ durchzuführen. Saarlouis – im Länderdreieck Frankreich, Luxemburg und Deutschland gelegen – bot grenzübergreifende Möglichkeiten der Kooperation. Durch die BAGSO-Kontakte kam es zu einer engen Zusammenarbeit mit den Untergliederungen der BAGSO-Verbände dieses Raumes. Den mehr als 3.000 Teilnehmenden aus dem Dreiländereck und den rund 800 Gästen aus Belgien, Österreich, Albanien, Japan und der Schweiz wurde nicht nur ein umfassendes Bewegungsangebot gemacht. Viele Workshops, ein Markt der Möglichkeiten, ein buntes Kulturprogramm, das Senioren-Info-Mobil und die BAGSO-Wanderausstellung „Zwischen gestern und morgen – Seniorenarbeit im Wandel“ bereicherten das Programm, d.h., es kam auch hier zu einer fruchtbaren Kooperation mehrerer BAGSO-Verbände. Zusammenarbeit auf europäischer Ebene: Nach zehn Jahren kandidierte ich nicht mehr beim DTB; stattdessen erklärte ich mich bereit, für die Union European Gymnastic (UEG) ein Veranstaltungskonzept für ältere Menschen auf europäischer Ebene zu entwickeln. Von Beginn an stand fest, dass die erste Veranstaltung – ohne Wettkampfgedanken – auf Gran Canaria stattfinden sollte. So wurde 2005 das erste Golden Age Gymnastik Festival (GAGF) durchgeführt. Durch ihre intensive Werbung bei den europäischen Seniorenverbänden trugen auch Elke Tippelmann, BAGSO-Europabüro in Brüssel, und Elvira Barbara Sawade, die enge Kontakte zu Osteuropa hatte, zum großen Erfolg des Festivals bei. Das Motto „Bewegen-Begegnen-Erlernen/ Auffrischen von Sprachen“ und das unter spanischer Sonne in der jeweils letzten Novemberwoche zu erschwinglichen Preisen tat ein Übriges. Der Zulauf war und ist groß, nicht nur Menschen aus Europa buchten, sondern auch aus Japan, Australien, den USA und Kanada. Heute wird das alle zwei Jahre stattfindende Golden Age Gymnastik Festival wie bei Olympischen Spielen ausgeschrieben. Nach Portugal, Italien und Frankreich wird 2016 Slowenien der Gastgeber sein. Die auf Gran Canaria ins Leben gerufene Veranstaltung findet weiterhin als Internationales Gymnastik Festival 50+ (IGF 50+) jedes Jahr statt. Da alle Organisatoren und Referenten ehrenamtlich arbeiten, sind beide Veranstaltungen relativ preiswert, sodass auch Ältere mit kleinen Renten nicht ausgegrenzt werden. n Das alles hat die BAGSO direkt oder indirekt bewirkt. Danke BAGSO! Bärbel Schöttler Dipl.-Sportlehrerin 49 Projekte und Positionen Projekte und Positionen der BAGSO-Verbände Bund Deutscher Amateurtheater (BDAT) BDAT veranstaltet Fachtagung „Seniorentheater – Kulturelle Bildung im Alter“ Senioren- und Pflegeheimen integ- Bundesinteressenvertretung riert werden kann. Denn Senioren- der Nutzerinnen und Nutzer theater heißt auch: geballte Jahre von Wohn- und Betreuungskreativer Kraft, die bunt, vielfältig angeboten im Alter und bei und manchmal ganz schön schräg Behinderung (BIVA) sein kann! Die Schirmherrin der Fachtagung ist die BAGSO-Vorsit- BIVA-Akademie schult zende Prof. Dr. Ursula Lehr. bundesweit Heimbeiräte Weitere Informationen / Anmeldeformular unter: www.bdat.info Donnerstag, 25. Juni 2015, 11.00 – 17.30 Uhr im Haus im Park der Körber-Stiftung, Hamburg Anhand des beispielgebenden ganzheitlichen Theateransatzes werden Fragen der ästhetischen Praxis, der kulturellen Bildung und Teilhabe diskutiert. Seniorentheater schließt soziale, gesundheitliche und gesellschaftliche Aspekte stets mit ein, jedoch existieren kaum Fördermöglichkeiten für den Aufbau von Seniorentheatergruppen und die kontinuierliche Fortführung dieser Arbeit. Neben der PräFACHTAGUNG sentation einSENIORENTHEATER d r uck s vol ler Best-PracticeBeispiele werden Chancen Kulturelle Bildung und Herausund Gesundheitsförderung im Alter ford e r u n ge n t hematisier t, z. B. wie Gesundheitsförderung durch aktive Theaterarbeit in den Alltag von Donnerstag 25. Juni 2015 11.00 – 17.30 Uhr Haus im Park der Körber-Stiftung, Hamburg Foto Jürgen Lange Schirmherrschaft: Prof. Dr. Ursula Lehr BUND DEUTSCHER AMATEUR THEATER 50 Anmeldung bis 31. Mai 2015 an den BDAT Alexandra Heyden [email protected] Tel.: 030 / 26 39 859-17 Veranstalter: BDAT e.V. in Kooperation mit Haus im Park der Körber-Stiftung, BAGSO, Bundesverband Theaterpädagogik e.V. (BUT), kubia Remscheid Die Tagung wird unterstützt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Wurzelwerk – Ein Volkstheaterfestival 30.4.2015 bis 3.5.2015 in Sulzbach/Saar Sieben Aufführungen, Workshops, Fachgespräche und eine Podiumsdiskussion „Volkstheater in der Einwanderungsgesellschaft“: Der BDAT veranstaltet mit seinem Bundesarbeitskreis Mundart und Sprachen und in Kooperation mit dem Verband Saarländischer Amateurtheater e.V. das Festival. Weitere Informationen unter www.bdat.info Seit vielen Jahren hat die BIVA Erfahrung mit Fragen und Problemen sowie in der Schulung von Bewohnervertretungen: Beiräte können sich telefonisch beraten lassen und wurden immer wieder im Rahmen von Projektförderungen geschult. Mit all ihrem Wissen erweitert die BIVA nun ihr Angebot und bietet in der neu gegründeten „Akademie“ bundesweit Beiratsschulungen an. Darin informieren fachlich und didaktisch erfahrene Dozenten vor Ort in der Einrichtung zu den gesetzlichen Grundlagen und der täglichen Umsetzung der Beiratsarbeit, zu Aufgaben und Pflichten des Beirats und zu vielen weiteren Themen. Die Bewohnervertretung als zentrales Gremium der Mitwirkung in der Einrichtung erfüllt als Sprachrohr der Bewohnerinnen und Bewohner und als Nahtstelle zur BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Einrichtungsleitung eine wichtige Aufgabe. Die Stärkung aktiv mitgestaltender Beiräte ist seit ihrer Gründung vor über 40 Jahren ein wesentliches Anliegen der BIVA. Weitere Informationen unter 0228 / 90 90 48-0, per E-Mail [email protected] oder auf der Website www.biva.de/ biva-akademie Deutscher Evangelischer Verband für Altenarbeit und Pflege e.V. (DEVAP) Fachtag „Die Aufgabe ambulanter Pflegedienste im Sozialraum“ Pflege erfahren das Verhältnis zwischen dem eigenen Anspruch und dem, was umsetzbar ist, oftmals als Spagat. Grund sind gravierende strukturelle Defizite, vor allem die unzureichende Refinanzierung der Pflegearbeit. Um Lösungsansätze voranzutreiben, organisiert der DEVAP einen Kongress mit dem Titel „Vision und Wirklichkeit der Altenhilfe“. Im Mittelpunkt steht der Dialog mit der Politik: Wie steht es im Herbst – mitten in der Gesetzgebungsphase für den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff – um das Verhältnis zwischen Vision und Wirklichkeit in der Pflegepolitik? Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und die pflege- und gesundheitspolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen haben bereits ihre Mitwirkung zugesagt. Außerdem setzt die Veranstaltung Schwerpunkte bei den Fragen, die Führungs- und Leitungskräfte am meisten beschäftigen. Welche Rolle spielen ambulante Pflegedienste bei der Entwicklung generationengerechter Quartiere? Wie können Träger und Verantwortliche von Pflegediensten und Sozialstationen im Sozialraum Das kostenlose Programmheft aktiv werden? Diese aktuellen Fra- kann über www.devap.info gen beantworten Experten auf der angefordert werden. Fachtagung, die der DEVAP am 7. Mai 2015 in Leipzig veranstaltet. Deutscher Olympischer Workshops bieten Praxiswissen Sportbund (DOSB) und fachliche Anregungen für das eigene Unternehmen. Weitere Infos, Programm und Anmeldung: www.devap.info Bundeskongress 2015 Vormerken lohnt sich: Am 23. und 24. September richtet der DEVAP das Top-Ereignis für Führungsund Leitungskräfte in der Altenhilfe aus. Verantwortliche in der BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Stürze sind vermeidbar Stürze im Alter sind sehr häufig, sodass fast jeder schon einmal mit Stürzen und deren Folgen konfrontiert wurde. Man hielt sie lange Zeit für ein unabwendbares © Foto: rudybaby - Fotolia Projekte und Positionen Schicksal des Alters. Heute wissen wir, dass sie vermieden werden können. Die erfolgreichste Sturzprophylaxe sind Trainingsprogramme, die Balance, Kraft und Schnelligkeit verbessern. Das Training kann entweder zu Hause oder in der Gruppe durchgeführt werden. Angebote finden Sie z.B. bei Sportvereinen, Volkshochschulen und beim Deutschen Roten Kreuz. Bei Hinweisen auf eine Sehbeeinträchtigung ist es zudem sinnvoll, eine augenärztliche Untersuchung durchführen zu lassen. Manchmal ist auch eine Anpassung der Wohnumgebung und der Medikamente hilfreich. Wer selten im Freien ist, profitiert zudem von Vitamin-D-Tabletten. Die Bundesinitiative Sturzprävention, ein Zusammenschluss von Experten, Anbietern und Vertretern von Krankenkassen, arbeitet dafür, bundesweit das Angebot an Sturzpräventionsgruppen auszuweiten. Ute Blessing-Kapelke, DOSB Gesellschaft für Gehirntraining (GfG) Geruchs-Nachrichten entschlüsseln Rechtzeitig zum Frühlingsanfang kommt die neue GEISTIG FITAufgabensammlung mit einem 51 aus zwei, drei oder mehr Dreiecken zusammensetzen. Projekte und Positionen Lösung � auf Seite 144 Übungsschwerpunkt: Geistige Flexibilität „Leben in Beziehungen“ zu Wort. Als Frauenverband nimmt er die Vielleicht läuft Ihnen gleich das Wasser im Munde zusammen, wenn Sie die vier aromatischen Vielfalt der Lebenswirklichkeiten Speisen entdecken, die (wie bei einem Handy üblich) mit Ziffern eingetippt wurden. und Familienwelten von Frauen in den Blick und macht sich für das 2 = ABC 3 = DEF 4 = GHI 5 = JKL 6 = MNO 7 = PQRS 8 = TUV 9 = WXYZ Gelingen von auf Dauer, in Liebe Die Ziffern gelten für 3 oder 4 Buchstaben. 2 kann also A oder B oder C sein ........ u.s.w. zueinander und Sorge füreinander angelegten Beziehungen in einer . . . . . . . . . . . . . diskriminierungsfreien Gesell3 7 3 2 3 3 7 5 8 2 4 3 6 schaft stark. Familie, das ist für . . . . . . . . . . . . . . . . den KDFB ein „Lebensraum, in 4 3 2 7 2 6 6 8 3 6 2 6 3 3 5 6 dem Menschen gleichen oder un. . . . . . . . . . . . . . . . . 2 7 2 8 2 3 7 3 3 5 6 4 8 9 4 6 8 terschiedlichen Alters, Geschlechts sowie sozialen, kulturellen und re. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 8 3 8 7 3 4 7 6 4 8 2 8 7 7 4 9 8 4 6 ligiösen Kontextes Verantwortung füreinander übernehmen, in auf Verlosung ausführlichen Lösungsteil und Dauer angelegten, stabilen BezieGEISTIG FIT Aufgabensammlung 2015 Seite 113 vielen Tipps. Die Aufgaben sind Unter denjenigen, die die vier rich- hungen leben und mit- und vonauf der wissenschaftlich gesicher- tigen Lösungswörter gefunden ha- einander lernen.“ Damit auf Dauer ten Basis des MentalenAktivie- ben, verlosen wir zehn Exemplare angelegte Beziehungen entstehen, rungsTrainings entwickelt worden der Aufgabensammlung, die die sich entfalten, verändern und geund praxiserprobt. Schon täglich GfG der BAGSO freundlicherwei- lingen können, braucht es kon5 bis 10 Minuten Training sorgen se zur Verfügung gestellt hat. Sen- krete Rahmenbedingungen. Der für eine gestärkte Konzentration, den Sie bitte bis zum 31. Mai 2015 KDFB richtet entsprechende Forein erhöhtes Denkvermögen und eine E-Mail [email protected], eine derungen an den Gesetzgeber, Unein verbessertes Gedächtnis. Die Postkarte oder einen Brief mit dem ternehmen, Sozialpartner sowie 160-seitige Aufgabensammlung Stichwort GfG und den vier Lö- die Kirche ist erhältlich im Buchhandel sowie sungswörtern an die BAGSO. in ihren verüber schiedenen Gehirnjogger-Zentrale Funktionen. Katholischer Deutscher Postfach 1147, 85552 Ebersberg Ve r b ä n d e Frauenbund e.V. (KDFB) Fax: 0 80 92-86 49 49 und Organiwww.gehirnjogger-zentrale.de Leben in Beziehungen – Verbun- sationen stehen ebenso denheit und Gebundensein in Ehe, Partnerschaft und Familie in der Verantwortung. Geruchs-Nachrichten entschlüsseln Der KDFB meldet sich in der aktuellen Debatte zum Themenfeld „Ehe, Partnerschaft und Familie“ mit seiner Standortbestimmung 52 Das Positionspapier „Leben in Beziehungen“ ist in der KDFBBundesgeschäftsstelle erhältlich: KDFB Ute Hücker Referentin für Presseund Öffentlichkeitsarbeit Kaesenstr. 18, 50677 Köln [email protected] BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Projekte und Positionen Am Samstagabend kommt in der LANXESS Arena das Musical „Kolpings Traum“ zur Aufführung. Die Neuinszenierung wird erstmals mit Orchester, Chor und einem Tanzensemble aufgeführt. Der Eintritt ist im Teilnahmepreis KOLPINGTAG 2015 – von 33 € enthalten. Am Sonntag „MUT TUT GUT“ Das Kolpingwerk Deutschland lädt endet der Kolpingtag mit einer zu einem Großereignis nach Köln Abschlussveranstaltung und eiein. Unter dem Motto „Mut tut nem Abschlussgottesdienst. gut“ findet vom 18. bis 20. September 2015 ein deutscher Kolpingtag Verkehrsclub Deutschland statt, zu dem 15.000 Menschen er(VCD) wartet werden. Den Teilnehmenden wird an dem Wochenende ein buntes Programm geboten. Einen Überblick erhält man auf der Internetseite www.kolpingtag2015.de. Dort befinden sich auch die Anmeldemodalitäten. Fernbusse: Der VCD gibt Tipps, Kolpingwerk Deutschland Nach der großen Eröffnungsveranstaltung am Freitagabend in der LANXESS Arena stehen am Samstag Information, Kultur und Präsentationen auf dem Programm. Auf mehreren zentralen Plätzen der Kölner Innenstadt wird sich das Kolpingwerk Deutschland von 10 bis 16 Uhr präsentieren. In einer Art „Hot Spot“ werden auf großen Bühnen die thematischen Schwerpunkte unseres Verbandes aufgegriffen: Junge Menschen – Ehe, Familie, Lebenswege – Arbeitswelt – Eine Welt – Kirche und Gesellschaft. Zu jedem Schwerpunkt wird es neben interaktiven und kulturellen Elementen zwei inhaltliche Dialogforen geben. Die Vorsitzende der BAGSO, Prof. Dr. Ursula Lehr, wird auch bei einem Forum dabei sein. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 was Fahrgäste beachten sollten Seit zwei Jahren dürfen Fernlinienbusse deutschlandweit fahren. Das Interesse ist aufgrund der günstigen Preise groß. Doch ist der Bus eine Alternative zur Bahn? Der ökologische Verkehrsclub VCD hat das untersucht, siehe www.vcd. org/bahntest-2014-2015.html, und gibt folgende Tipps vor der Fahrt. Buchung: Der Preisvergleich zwischen den verschiedenen Fernbusanbietern erfolgt am besten über Onlineportale (z.B. GoEuro, Busliniensuche) und ist dringend zu empfehlen. Angebote unterscheiden sich oft: So ist zum Beispiel die kombinierte Hin- und Rückfahrtensuche nicht immer möglich. Fahrgastrechte: Bei der Fernbusreise sind die Rechte geringer als bei der Bahnreise. Kommt es zu Ausfällen oder Verspätungen, gibt es erst für Fahrten über 250 km und Verspätungen von über zwei Stunden Geld zurück. Die Regeln zur Stornierung des Bustickets sind bei jedem Anbieter unterschiedlich. Daher gilt es, sich vor der Ticketbuchung gut zu informieren. Gepäck: In der Regel dürfen Fahrgäste ein Handgepäckstück sowie ein großes Gepäckstück im Laderaum des Busses kostenlos mitnehmen. Doch auch hier sind die Angebote der Anbieter unterschiedlich und sollten vor Fahrtantritt geprüft werden, vor allem die Kosten für mehrere oder sperrige Gepäckstücke. Volkssolidarität Freiwillige wollen gefunden werden – am besten passgenau „Nur wer auf sich aufmerksam macht, wird wahrgenommen“, sagte Thomas Kegel, Moderator der Werkstatt „Strategische Ehrenamtsförderung in der Volkssolidarität“. Die vierte Veranstaltung dieser Art fand in der Akademie für Ehrenamtlichkeit Deutschland (AfED) in Berlin statt. Nachdem sich die Tandems in den zurückliegenden Werkstätten vorrangig mit der Entwicklung der Pilotprojekte beschäftigt hatten, drehte sich dieses Mal vieles um die Öffentlichkeitsarbeit. Es ging darum, die an einem Ehrenamt Interessierten dort abzuholen, wo sie stehen. 53 Projekte und Positionen „Projekte leben vom Einsatz und Engagement ehrenamtlich Aktiver“, konstatierte Kegel. Letztere müssten passgenau eingesetzt werden, um einmal die Bedürfnisse und Interessen der Freiwilligen selbst zu berücksichtigen, aber auch um die hauptamtlichen Strukturen tatsächlich zu unterstützen. Eine für beide Seiten unbefriedigende Situation entstünde dann, wenn dieses Verhältnis nicht stimmen würde, so Kegel. Die Ehrenamtlichen erlebten dann schnell Frustration und hauptamtliche Mitarbeiter würden im Arbeitsalltag unnötig zusätzlich belastet. Um dem vorzubeugen, ist es empfehlenswert, Aufgabenpro- file zu erstellen. Diese enthalten Informationen über das Aufgabenfeld, mögliche Qualifikationen, eventuelle Zugangsvoraussetzungen (z. B. ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis) oder die finanziellen Rahmenbedingungen und Erwartungen an die Eigenschaften einer Person. solche allgemein vorformulierten Musteraufgabenprofile in Form eines Engagement-Katalogs zum Herunterladen anzubieten. Die Gliederungen können dann die Aufgabenprofile den Rahmenbedingungen vor Ort anpassen. Anvisiert wird dafür das erste Halbjahr 2015. Aufgabenprofile bieten den an einem Ehrenamt Interessierten eine erste Orientierung und erleichtern der Organisation die Suche nach geeigneten Freiwilligen. Angeregt durch diese Diskussion setzte sich das Tandem der Bundesgeschäftsstelle zum Ziel, allen Verbandsgliederungen Alexander Gürtler Volkssolidarität alexander.guertler@ volkssolidaritaet.de Den ausführlichen Bericht über die Werkstatt finden Sie bei dem pdf der BAGSO-Nachrichten unter www.bagso.de. Zufrieden altern im Beruf Ein neuer Ratgeber der BAGSO in Kooperation mit der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) I n Deutschland haben wir heute vielfach das Glück, sehr alt werden zu können. Unsere Umwelt ist auf diese neue Langlebigkeit jedoch kaum eingestellt. In vielen Bereichen denken und handeln wir auf der Grundlage längst überholter Vorstellungen vom Älterwerden. Dies gilt besonders für die Arbeitswelt, in der Ältere häufig ein negatives Image haben. Inzwischen ist es keine Seltenheit mehr, dass Menschen nahezu die gleiche Zahl an Jahren im „Ruhestand“ verbringen wie zuvor im Berufsleben. Ohne Erwerbstätigkeit wird 54 Publikation Nr. 39 Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. Zufrieden altern im Beruf – Ein Ratgeber für ältere Arbeitnehmer sich eine so lange Lebensspanne jedoch nicht auf Dauer finanzieren lassen. Es geht deshalb in vielerlei Hinsicht darum umzudenken und vor allem die Chancen eines langen Lebens zu sehen. Die BAGSO und die DPtV möchten mit diesem Ratgeber älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Informationen an die Hand geben und Wege aufzeigen, wie sie positiv mit dem Älterwerden umgehen und ihre körperliche und geistige Fitness sowie ihre seelische Gesundheit lange erhalten können. Die 80-seitige Broschüre kann bei der BAGSO angefordert werden. BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Impressum Wir trauern um unsere langjährige Mitarbeiterin und Kollegin Brigitte Weideling „Schaun wir mal, dann sehn wir schon.“ oder „Dann sind ja alle Klarheiten beseitigt.“ Brigitte Weideling hatte einen schönen Fundus von Sätzen, mit denen sie immer eine Prise Ironie in unseren Arbeitsalltag brachte. Mit ihrer norddeutschen Schlagfertigkeit hat sie uns und viele andere immer wieder zum Lachen gebracht. Bei Anrufern oder Besuchern von BAGSO-Veranstaltungen hat sie damit eine Tür geöffnet, um dann zuzuhören und mit großer Verlässlichkeit zu tun, was zu erledigen war. Von 1999 bis 2011 war Brigitte Weideling für das Sekretariat und für die Organisation des Bürobetriebs in der BAGSO-Geschäftsstelle zuständig. Als eine, die zupacken konnte, hatte sie maßgeblichen Anteil an der Vorbereitung der Deutschen Seniorentage in Nürnberg, Hannover, Köln und Leipzig. Und wenn die BAGSO bei Messen mit einem Stand vertreten war, dann gab sie dort von früh bis spät Informationen und Tipps weiter und flachste dabei immer auch ein wenig mit den Leuten. Ab 2011 kam sie weiterhin zweimal pro Woche in die BAGSOGeschäftsstelle, wo sie sich um die Angelegenheiten unseres Fördervereins kümmerte. Ansonsten hat sie in den letzten Jahren ihre Zeit vor allem mit ihrem Mann, mit Tochter und Schwiegersohn und nicht zuletzt mit Enkeltochter Lina verbracht. Am 21. März 2015 ist Brigitte Weideling nach längerer Krankheit im Alter von nur 66 Jahren gestorben. Wir werden sie sehr vermissen! Und wir werden uns sicher noch häufig an ihre Bemerkungen erinnern. Heute fällt uns vor allem eine ein: „Ist so still, wenn keiner was sagt.“ Der BAGSO-Vorstand und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BAGSOGeschäftsstelle. Impressum BAGSO-Nachrichten 23. Jg., Nr. 2/2015 Zeitschrift für Aktive in Seniorenarbeit und Seniorenpolitik (ISSN 1430-6204) Erscheinungsweise: vierteljährlich Redaktionsschluss der Ausgabe 03/2015: 11. Mai 2015 Redaktion Dr. Guido Klumpp, Geschäftsführer (V.i.S.d.P.) Ursula Lenz, Pressereferentin Ines Jonas, Dipl.-Päd./Journalistin BAGSO-Nachrichten n 02/2015 Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. (BAGSO) Bonngasse 10, 53111 Bonn Tel.: 0228 / 24 99 93 0 Fax: 0228 / 24 99 93 20 E-Mail: [email protected] www.bagso.de Produktion DCM Druck Center Meckenheim Korrektorat Helga Vieth Abonnement 16 € inkl. MwSt. jährlich 12 € inkl. MwSt. für Mitglieder eines BAGSO-Verbandes Layout Nadine Valeska Schwarz www.nadine-schwarz.de Fotonachweis Titel shutterstock, © Dundanim (großes Bild) fotolia.de, © Robert Kneschke (Bild links Mitte) Hinweis Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Autoren sind im Sinne des Presserechtes für den Inhalt selbst verantwortlich. Die Redaktion behält sich vor, eingereichte Beiträge zu kürzen und zu überarbeiten. Der Nachdruck von Textbeiträgen ist gegen Quellenangabe und Belegexemplar kostenfrei gestattet, die Nutzung von Fotos nur nach Rücksprache mit der BAGSO. 55 Das neue Bild vom Alter Der Senioren Ratgeber bietet weitreichende, nutzwertige w Gesundheits-Informationen, G die ganz auf die Bedürfnisse der älteren Generation zugeschnitten sind praktische Tipps zu Bewegung und gesunder Ernährung viele Ratschläge, die den v Alltag erleichtern und die A Lebensqualität verbessern Ausgezeichnet mit dem A Gütesiegel der BAGSO für G besondere Lesefreundlichkeit, Verständlichkeit und Lebensnähe. Jeden Monat NEU in der Apotheke! An alle Senioren-Einrichtungen: Als wertvolle Informationsquelle sollte zu jedem eingelösten Rezept der Senioren Ratgeber aus der Apotheke gehören! www.senioren-ratgeber.de
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