http://www.meritumcapital.de/category/marktmeinungen-und-analysen/ Der Fall Griechenland – Gut für die Eurozone Griechenland als „gut für die Eurozone“ zu bezeichnen, ist natürlich eine bewusste Provokation. Dennoch meinen wir es ernst. Die Probleme um Griechenland sind unter zwei Gesichtspunkten wertvoll für die Eurozone: (1) Griechenland legt die gesamten strukturellen Schwachpunkte des Euros und der Eurozone offen ohne (2) dabei aktuell eine systemrelevante Gefahr darzustellen. Unsere positive Einstellung zu Aktien aus der Eurozone (s. unser Beitrag „die Eurozone lebt”) wird sogar eher gestärkt als geschwächt, wenn wir einen strategischen Blickwinkel einnehmen. Warum ist Griechenland nicht mehr gefährlich für die Eurozone? Dies liegt nicht nur daran, dass die Wirtschaft Griechenlands im Vergleich zur Eurozone sehr klein ist. Wichtiger noch ist, dass Griechenland schon einen faktischen Schuldenschnitt durchlaufen hat, von dem aber nur private Investoren und nicht die staatlichen Institutionen betroffen waren. Mittlerweile ist der Großteil der griechischen Schulden nicht mehr im privaten Sektor, sondern liegt bei den staatlichen Institutionen. Weil die Probleme Griechenlands schon sehr lange Bestand haben, hatte jeder private Investor (insbesondere Banken) ausreichend Zeit, die Bestände in griechische Anlagen abzuschreiben oder zu verkaufen. Somit dürften nur noch spekulative und nicht systemrelevante Investoren (z.B. Investmentfonds) in griechischen Anleihen investiert sind. Somit sollten insbesondere Banken keine großen und überraschenden Abschreibungen aufweisen, wenn der griechische Staat zahlungsunfähig wird. Die private Wirtschaft außerhalb Griechenlands dürfte mittlerweile weitestgehend immun gegen einen griechischen Zahlungsausfall sein. Das bedeutendste Argument gegen (1) einen Zahlungsausfall Griechenlands oder für (2) ein weiteres Hilfspakte für Griechenland ohne Reformzusagen ist, dass Griechenland eine Vorbildfunktion für Staaten wie z.B. Portugal haben könnte. So valide das Argument auch ist, so sehr wurde es über die Zeit verwässert. Schließlich fangen die südlichen Staaten Europas, die größere Reformanstrengungen gezeigt haben, langsam an sich zu erholen. Gleichzeitig steht die griechische Wirtschaft weiter still und leidet unter der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit. Es ist mittlerweile wohl auszuschließen, dass andere Länder in der Eurozone wirklich dem Weg Griechenlands folgen wollen. Vielmehr ist schon jetzt klar geworden, dass das Verhandeln um Hilfspakete schwierig ist. Griechenland hat sich sozusagen selbst als Negativbeispiel etabliert. Was sind die möglichen Szenarien für Griechenland und seine Auswirkungen? In einem ersten Schritt gibt es nur zwei realistische Szenarien: (1) Es gibt eine Einigung zwischen Griechenland und den europäischen Institutionen auf einen neuen „Deal“ mit Reformversprechungen und einem weiteren Hilfspaket, das ggf. auch einen Schuldenerlass vorsieht. Alternativ (2) gibt es keine Einigung, was zu einem Zahlungsausfall Griechenlands führen sollte. Letzteres dürfte u.E. weitaus weniger problematisch sein als von einigen befürchtet. Letztlich würden v.a. staatlichen Institutionen keine Zinszahlungen mehr bekommen. Im Gegenzug erhält Griechenland keine neuen Hilfen. Während dies schlecht für Griechenland ist, sind die Rückwirkungen auf die Eurozone überschaubar. Schließlich sind die staatlichen Forderungen durch den Zahlungsausfall ja nicht automatisch gestrichen, sondern haben unverändert Bestand. Griechenland gewinnt i.d.S. nicht viel. Griechische Banken dürften zwar ein echtes Problem haben, sie hängen aber bereits jetzt vollständig von der EZB-Unterstützung ab. Fällt diese aus, erliegt die Geldwirtschaft in Griechenland einem Kollaps. Diese dürfte zu Zahlungsausfällen griechischer 29. Mai 2015 Seite 1 von 3 http://www.meritumcapital.de/category/marktmeinungen-und-analysen/ Unternehmen führen. Hier gilt aber auch, dass der private Sektor sich zumindest zu großen Teilen längst auf dieses Risiko eingestellt haben sollte. Wirklich große systemrelevante Auswirkungen auf andere Länder sollte es nicht geben. Nach dem erfolgten Zahlungsausfall würde es wie folgt weitergehen: Griechenland und die Institutionen müssten unter den neuen Vorzeichen weiter verhandeln. Einerseits braucht Griechenland Hilfe, andererseits wollen die Geberländer ihre Schulden nicht ganz abschreiben. Die Verhandlungen würden auch nach einem Zahlungsausfall schlichtweg weitergehen bis eine Lösung gefunden würde. Tendenziell dürfte sich aber die griechische Verhandlungsposition deutlich verschlechtert haben. Ein Zahlungsausfall Griechenlands wäre für die Eurozone ein wichtiger Präzedenzfall. Ein Zahlungsausfall dürfte dazu führen, dass auch zukünftig Investoren stark zwischen den Bonitäten der einzelnen Mitgliedsstaaten unterscheiden. Schließlich könnte es auch ein anderes Land treffen. Somit würden die Staaten mit guten Finanzen systematisch profitieren und die Staaten mit schlechten Finanzen leiden. Dies wiederum gibt jedem Staat einen Anreiz seine Finanzen entsprechend zu managen. Gleichzeitig würden die Hilfsmechanismen wie insbesondere der ESM an Bedeutung gewinnen und die Regeln erneut dahingehend überdacht werden, wie zukünftig solche Zahlungsausfälle verhindert werden können. Am wichtigsten ist aber, dass nun in der Praxis der Fall „ein Land der Eurozone geht Pleite“ durchgespielt würde. Das Szenario würde einerseits abschrecken, weil es für Griechenland nicht gut wäre. Andererseits würde es Investoren aber den Schrecken vor diesem Szenario nehmen. Letztlich würde jeder Investor erkennen, dass die Wirtschaft der Eurozone weiterwachsen kann, der Euro weiter Bestand hat und zwangsweise eine Lösung für das zahlungsunfähige Land gefunden wird. Wann könnte ein Grexit erfolgen und was wären die Folgen? Ein Zahlungsausfall Griechenlands würde in keiner Weise automatisch einen Grexit nach sich ziehen. Lediglich wenn Griechenland sich in einer Wahl (Volksabstimmung) dafür entscheiden sollte die Eurozone zu verlassen, um dem Spardiktat zu entgehen, dürfte das Land auf eigenen Wunsch die Eurozone verlassen. Der mögliche Austritt Großbritanniens aus der EU möge hier als Beispiel dienen. Auch dieser Fall wäre letztlich ein wertvoller Präzedenzfall für die Eurozone. Schließlich sieht das Regelwerk einen Austritt gar nicht vor. Es wäre aber durchaus eine Stärkung der Währung, wenn schwache Mitglieder austreten. Politisch ist dies zweifellos nicht gewollt. Dennoch würde es die Eurozone dazu zwingen einen Ablaufplan für einen kontrollierten Austritt aufzustellen. Warum geht die Eurozone in jedem Fall als Sieger aus dem Fall Griechenland hervor? Entweder es wird letztlich doch wieder eine Einigung gefunden, was nach wie vor am wahrscheinlichsten ist. Wenn selbst in diesem extremen Fall wieder eine Einigung erzielt wird, wäre es schon ein starkes Zeichen dafür, wie Europa immer wieder Kompromisse findet. Sollte es hingegen zum Zahlungsausfall kommen, wäre es ein wertvoller Präzedenzfall, aus dem die Eurozone ebenfalls gestärkt hervorgehen würde. Noch vor zwei Jahren wäre dies undenkbar gewesen. Da Griechenland aber schon durch eine privaten Schuldenschnitt gegangen ist und aus heutiger Sicht keine gravierenden Auswirkungen auf den Kapitalmarkt zu erwarten sind, wäre es jetzt der bestmöglich Zeitpunkt für so einen Fall. Die entscheidende Frage wäre, wie konstruktiv die Eurozone danach weiterarbeitet und ihre Institutionen und Regelwerke stärkt. 29. Mai 2015 Seite 2 von 3 http://www.meritumcapital.de/category/marktmeinungen-und-analysen/ Was macht Meritum Capital? Unserer Positionierung bleibt basierend auf der Argumentation in unserem Artikel „die Eurozone lebt“ positiv für europäische Aktien. Es scheint unmöglich ein kurzfristiges Martkttiming in Bezug auf Griechenland hinzubekommen. Dies schließt in keinem Fall aus, dass Börsenkurse kurzfristig fallen, wenn ein Zahlungsausfall Griechenlands eintreten würde. In dem Fall würde dies genutzt werden, die bestehenden Positionen aufzustocken. Die Politik der EZB und die wirtschaftliche Erholung der Eurozone sind wesentlich bedeutender als der v.a. politisch spannende Fall Griechenland. Jan Meister Wichtige Hinweise: Meritum Capital Managers GmbH haftet nicht für die Richtigkeit der gemachten Angaben. Die Angaben sind nach besten Wissen und Gewissen erstellt, es können sich aber inhaltliche Fehler ergeben. Kapitalmärkte unterliegen starken Schwankungen und Aussagen zu Kapitalmärkten sind daher unzuverlässig. Die aufgeführten Informationen dienen der Firmen- und Produktwerbung, sie sind aber keine Anlage-, Kapitalmarkt- oder Produktberatung. Vielmehr handelt es sich jeweils um Aussagen und Meinungen aus Blickwinkel von Meritum Capital Managers. Die besprochenen Investmentfonds, die von Meritum Capital Managers verwaltet, beraten und/oder vertrieben werden, sind nur in wenigen Ländern zum öffentlichen Vertrieb zugelassen. Bitte informieren Sie sich darüber in welchen Ländern dies der Fall ist und welchen rechtlichen, steuerlichen und sonstigen vertrieblichen Restriktionen das jeweilige Produkt unterliegt. Grundlage für eine Anlageentscheidung sind jeweils die zu den Produkten/Fonds gehörigen Verkaufsprospekte in der jeweils aktuellsten Fassung. Ferner sollten die wesentlichen Informationen für Anleger beachtet werden. Die hier getätigten Aussagen berücksichtigen keine steuerlichen Aspekte und stellen keine steuerliche Beratung dar. Auch die jeweilige Eignung eines Produktes hinsichtlich des Risikoprofils muss stets auf Basis der individuellen Verhältnisse eines Anlegers betrachtet werden und im gesamten Vermögenszusammenhang und der jeweiligen Lebenssituation betrachtet werden. Es empfiehlt sich entsprechenden unabhängigen und sachgerechten Rat einzuholen. Die getätigten Angaben über Wertentwicklungen in der Vergangenheit stellen keine Aussagen über zukünftige Wertentwicklungen dar. Jede Anlage in Investmentfonds im Speziellen und an Kapitalmärkten im Allgemeinen unterliegt besonderen Risiken. Bitte beachten Sie daher das Kapitel „Besondere Risiken“ in den jeweiligen Verkaufsprospekten. Jan Meister Meritum Capital Managers GmbH Oskar-von-Miller-Str. 2260314 Frankfurt am [email protected] http://www.meritumcapital.de TEL +49 - 69 - 97 69 78 21FAX +49 - 69 - 97 69 78 19 Geschäftsführer: Jan MeisterHRB 90862, USt-IdNr.: DE276865780 29. Mai 2015 Seite 3 von 3
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