Lokales 16 MI TTWOCH , 27. MAI 201 5 Eltern wie Überwachungsdrohnen Josef Kraus reflektiert ein verbreitetes Erziehungsmodell – Vortrag im Cottbuser Congress Hotel am Donnerstag Die Peitzer Stadtschule um das Jahr 1870. Festwoche gestartet: Peitz feiert 150 Jahre Schulgeschichte Peitz. Die Peitzer Mosaik-Grundschule, in der nach ihr benannten Schulstraße, feiert in dieser Woche ihren 150. Geburtstag. Aus diesem Anlass startete am gestrigen Dienstag die traditionelle Projektwoche mit einem historischen Sportfest. Während der Projektwoche begeben sich die Schüler auf die Spuren der eineinhalb Jahrhunderte Schulgeschichte. Generationen von Schülern und Lehrern haben das Leben dieser Schule im Herzen der Stadt Peitz geprägt. Dazu wird am Mittwoch und Donnerstag in vielen Projektgruppen gearbeitet und mit Zeitzeugen gesprochen. Im Rahmen eines Festaktes am Freitag, 29. Mai, um 15 Uhr soll die wechselvolle Geschichte der Schule, unter Einbeziehung der Recherchen der Schüler präsentiert werden. Den Abschluss der Jubiläumsfeierlichkeiten bildet am Freitag um 19 Uhr die abendliche „Musikshow mit Ehemaligen“, wo Besucher Zeit und Gelegenheit finden werden, in Erinnerungen zu schwelgen. red/dst Die Mosaik-Grundschule Peitz heute. Auto rast bei Platzregen in die Leitplanke Vetschau/Cottbus. Ein Pkw ist auf der A 15 bei Cottbus von der Fahrbahn abgekommen und in die Leitplanke gerast. Der Fahrer blieb unverletzt, ein Sachschaden von rund 20 000 Euro ist entstanden, teilte die Polizei am gestrigen Dienstag mit. Ursache des Unfalls, der sich bereits am Montag ereignete, war Platzregen. red/bt Mit seinem Buch „Helikopter-Eltern – Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung“ hat es Josef Kraus auf die Bestseller-Listen geschafft. Darin beschreibt der Lehrer und Psychologe ein Erziehungsmodell, das er mit Sorge beobachtet. Im Gespräch mit der RUNDSCHAU erklärt er, warum. Herr Kraus, was charakterisiert Helikopter-Eltern? Das sind Eltern, die pausenlos wie Beobachtungsdrohnen über ihren Kindern kreisen und ständig zu angeblich notwendigen Rettungsaktionen landen. Dabei wirbeln sie meist viel Staub auf und ihr Erscheinen ist oft auch mit einer gewissen Lautstärke verbunden. Unter diesen Eltern kann man zwischen Transport-, Rettungsund Kampfhubschraubern unterscheiden. Man begegnet ihnen in Kindergärten, Schulen, Vereinen oder Arztpraxen. Gab es solche Eltern nicht schon immer oder sind sie ein Phänomen unserer Zeit? Vereinzelt gab es sie bestimmt auch früher. Aber es ist eine signifikante Zunahme in der westlichen Welt und auch in Asien zu beobachten. Noch vor einigen Jahren entstammten die Helikopter-Eltern vor allem der Ober- und oberen Mittelschicht. Jetzt hat das Phänomen auch die Mittelschicht erreicht. Nach meiner Schätzung machen die Helikopter-Eltern – genau wie das andere Extrem, die Eltern, die sich kaum um ihre Kinder kümmern – etwa ein Sechstel aus. Daneben gibt es zum Glück noch zwei Drittel bodenständige, normale und kooperative Eltern. Worauf führen Sie die wachsende Zahl an Helikopter-Eltern zurück? In Deutschland gibt es immer mehr Einkindfamilien. Und dann ist da der Trend, dass Eltern immer älter werden, wenn sie Eltern werden. Ältere Eltern sind oft reflektierter, sie planen mehr und sind weniger spontan und intuitiv. Außerdem ist eine zunehmende Psychologisierung der Erziehung zu beobachten. Es gibt eine wahre Flut an sogenannter Ratgeberliteratur. Hinzu kommen Studien, die angeblich belegen, dass Deutschland im internationalen Vergleich zurückfällt und dass Kinder ohne Gymnasium und gutes Abitur keine Chance im globalen Haifischbecken haben. Viele Kinder werden von ihren Eltern aus Angst überkontrolliert. Wie entwickeln sich Kinder von Helikopter-Eltern? Auf der einen Seite entwickeln sie höchste Ansprüche und auf der anderen Seite fällt es ihnen schwer, Verantwortung zu übernehmen. Sie bleiben unmündig. Die Jugendphase verlängert sich immer mehr. Es findet keine echte AbnabeJosef Kraus. Foto: privat lung von den Eltern statt. Und man kann sich vorstellen, dass aus solchen Menschen schwierige Ehepartner werden. Sind die heutigen Kinder anders als die früherer Generationen? Durch die Verwöhnpädagogik sind die Kinder tatsächlich anders geworden. So hat sich der Aktionsradius eines Zehnjährigen im Schnitt von zwei bis drei Kilometern auf 200 bis 300 Meter reduziert. Viele Kinder werden aus Angst überkontrolliert, sie dürfen nicht mehr auf Bäume kraxeln und werden mit dem Auto bis unmittelbar vor die Schule gebracht. So können sie keine eigene Risikoeinschätzung lernen. Das mediale Umfeld suggeriert, dass immer mehr passiert. Die Statistiken belegen das Gegenteil. So ist etwa die Zahl der Verkehrstoten seit 1970 um 80 Prozent zurückgegangen. Wie sieht es mit Helikopter-Großeltern aus? Zu meinen Veranstaltungen zum Thema Helikopter-Eltern kommen auch viele Großeltern. Einige von ihnen nehmen sich heraus, ihre Enkel verwöhnen zu dürfen. Aber auf der anderen Seite habe ich mit zahlreichen Großeltern gesprochen, die den Erziehungsstil der eigenen Kinder sehr kritisch sehen. Wie sieht für Sie der Gegenent- Foto: fotolia wurf zur „Helikopter-Erziehung“ aus? Nach meiner Erfahrung ist Erziehung nur ein begrenzt planbares Unternehmen. Es geht darum, die Mitte zwischen Führen und Wachsen lassen zu finden. Eltern sollten sich nicht von der Angst vor dem Liebesentzug durch ihre Kinder bestimmen lassen. Wir können unsere Kinder mehr in Anspruch nehmen, ihnen auch mal etwas zumuten, damit sie lernen, mit Frust und Enttäuschungen umzugehen. Und wir müssen ihnen etwas zutrauen, weil sie nur so Selbstbewusstsein, Eigenverantwortung und Stolz entwickeln können. Außerdem sollte der Humor beim Erziehen eine wichtige Rolle spielen. Humor strahlt Wärme, Kreativität und Güte aus und bietet eine Chance, gelassener mit Unzulänglichkeiten und Unwägbarkeiten umzugehen. noch ein gewisses Maß an Selbstreflexion da ist, ja. Und oft hat es sich als heilsam erwiesen, mehrere Kinder zu bekommen. Sind Helikopter-Eltern heilbar? In einem frühen Stadium, wenn Das Gespräch mit Josef Kraus führte Nicole Nocon VO RT RAG ZUM T HE M A .................................. Josef Kraus ist Gymnasialdirektor, Psychologe und Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Am Donnerstag, 28. Mai, wird Josef Kraus als Gast der „Cottbuser Runde“ der Konrad Adenauer Stiftung im Lindner Congress Hotel am Berliner Platz in Cottbus über „Helikopter-Eltern“ sprechen. An den Vortrag, der um 19 Uhr beginnt, schließt sich eine Diskussion an. Der Eintritt ist frei. ANZEIGEN LR-COUPONANZEIGE Ihre private Kleinanzeige buchen Sie hier ... 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