Broschüre 2015

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MIT MOLEKÜLEN
ZELLEN UND ORGANE
STEUERN
Molekulare Pharmakologie beschäftigt sich damit, wie Moleküle in einer Zelle,
in Organen oder im gesamten Organismus zusammenwirken und miteinander
chemisch kommunizieren und wie man diese Prozesse von außen steuern kann.
Kleine Moleküle, wie Hormone, binden beispielsweise an Eiweißmoleküle auf
Zelloberflächen und weisen Zellen an, bestimmte Aufgaben für den Gesamt­
organismus zu erledigen.
Kennt man die grundlegenden Vorgänge dieser Zusammenarbeit und die beteiligten Mo­
leküle im Detail, kann man beginnen diese zu beeinflussen. Falls es krankheitsbedingt
zu Störungen im molekularen Zusammenspiel oder der Funktion bestimmter Moleküle
kommt, lassen sich möglicherweise Wirkstoffe finden und erzeugen, die diese Störungen
beheben. Damit wären dann erste Schritte hin zu einem neuartigen Medikament oder
einer neuen Therapie gegangen, die dann von Pharmazeuten und Medizinern weiterent­
wickelt werden können.
Unsere Biowissenschaftler studieren die Funktion von Molekülen und ihr Zusammen­
wirken im komplexen Umfeld der Zelle oder des Organismus. Unsere Strukturbiologen
stellen detailliert die räumliche Struktur dieser Moleküle dar und zeigen, wo und wie
sie aneinander binden. Unsere Chemiker schließlich können Moleküle erzeugen, die als
Wirkstoffe in das molekulare Zusammenwirken eingreifen. Im Dialog der beteiligten
Disziplinen gelingt es so sehr effizient, gesunde und kranke Zustände zu beschreiben und
Möglichkeiten der Einflussnahme aufzuzeigen.
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Prof. Dr. Volker Haucke
ist seit 2012 Direktor
am Leibniz-Institut für
Molekulare Pharmakologie (FMP) und leitet die
Abteilung Molekulare
Pharmakologie und Zellbiologie.
LIEBE LESERINNEN UND LESER,
was macht uns eigentlich krank? Welche »Hindernisse« muss
ein Medikament überwinden? Wie gelangt es an den richtigen
Wirkungsort im Körper und wie kann man umgekehrt Viren
und Bakterien daran hindern, in die Zellen zu gelangen?
Am FMP erforschen wir biochemische Abläufe im Kör­
per und molekulare Ursachen von Krankheiten. Auf der Basis
dieser Erkenntnisse suchen wir dann gezielt nach Wirkstoffen
und schaffen damit die Grundlagen der Medizin von morgen.
Am FMP arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissen­
schaftler verschiedener Fächer wie Biochemie, Biologie, Che­
mie, Physik, Pharmakologie und Medizin eng zusammen und
bilden interdisziplinäre Teams in einem weltweit einzigartigen
Arbeitsumfeld. Das bescheinigten uns auch die internationalen
Gutachter der externen Leibniz-Evaluierung im Jahr 2014, die
unsere Forschungsgruppen mit Bestnoten bewerteten.
FMP Wissenschaftler benutzen und entwickeln einzigarti­
ge, modernste Technologien, die von der NMR-Spek­t roskopie
(auf Deutsch Kernspinresonanz-Spektroskopie), über hochauf­
lösende Licht- und Elektronenmikroskopie zur Beobachtung
von Zellen und Geweben und massenspektrometrischer Ana­
lyseverfahren, bis hin zur Wirkstoffsuche im Hochdurchsatz
mit Zehntausenden von Substanzen reichen.
Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor für die Forschung am
FMP sind die zahlreichen nationalen und internationalen
Kooperationen mit führenden Instituten und Universitäten
weltweit. Federführend ist das FMP in dem europäischen In­
frastrukturprojekt »EU-OPENSCREEN«, durch das europa­
weit die Suche nach Wirkstoffen koordiniert wird. Regelmäßig
empfangen unsere Forschungsgruppen Gäste aus der ganzen
Welt und weiten ihre Kooperationen stetig aus. So arbeiten
heute 185 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus fast
30 Ländern am FMP.
Auf den folgenden Seiten nehmen wir Sie mit in unsere Welt
der Moleküle des Lebens sowie der Wirkstoffe von morgen
und stellen Ihnen exemplarisch einige unserer Forschungser­
gebnisse vor. Wenn Sie mehr erfahren möchten, dann besuchen
Sie unsere Homepage oder – noch besser – fragen Sie uns direkt!
Viel Spaß beim Lesen und Entdecken,
Ihr Volker Haucke
1
»Die Vision geht dahin, dass Patienten einmal das ungiftige
Edelgas einatmen werden, so dass es sich zunächst in der Lunge
und über das Blut im Körper verteilt. Zugleich bekäme der
Patient maßgeschneiderte Biosensoren injiziert, die sich je nach
Fragestellung zum Beispiel an bestimmte Tumorzellen anheften
könnten«, sagt Leif Schröder.
Dr. Leif Schröder ist
Physiker. Er leitet die
Arbeitsgruppe
Molekulare Bildgebung.
Chemie trifft Physik – Mit der Xenon-Kernspintomographie
können Glykane im Magnetresonanz (MR)-Tomographen
(MRT) erforscht werden: An den Sensor, der mit der Azidgruppe an der Sialinsäure des Glykans reagiert, wurde ein
käfigartiges Molekül geheftet, das Xenon-Atome einfängt.
Die markierten Zellen leuchten im Xenon-MRT auf und
grenzen sich von anderen deutlich im Kontrast ab.
2
MEDIZINISCHE
DIAGNOS TIK
DER ZUKUNF T
Den Patienten durchleuchten und dabei gezielt krank­
heitsrelevante Moleküle und Zellen finden – daran ar­
beitet die Forschergruppe um Leif Schröder. Die Kom­
bination aus neuartiger Xenon-Kernspintomographie
und maßgeschneiderten Biosensoren könnten Krank­
heitsherde im Körper bereits in sehr frühen Stadien
darstellen. Nun ist es gelungen, Zellen mit bestimmten
Zuckerverbindungen zu lokalisieren. Das könnte einmal
die Möglichkeit eröffnen, Krebs- und Entzündungsherde
auch tief in den Gewebsschichten aufzuspüren.
Bei der herkömmlichen Kernspintomographie wird die Eigen­
schaft von Wasserstoffatomen ausgenutzt, dass sie sich durch
magnetische Felder zu einer Bewegung anregen lassen und
anschließend ein messbares Signal abgeben. Die von Leif
Schröder entwickelte Xenon-Kernspintomographie dagegen
setzt als Signalgeber hyperpolarisiertes Edelgas Xenon ein,
das 100.000fach stärkere Signale als Wasserstoff aussendet
und in Kombination mit Biosensoren spezifische Verände­
rungen an Zellen aufspürt.
Durch die Zusammenarbeit mit dem Chemiker Christian
Hackenberger ist nun ein weiterer Schritt gelungen. Es konnte
gezeigt werden, dass sich Xenon-Kernspintomographie auch
dafür eignet, Glykane zu detektieren. Die komplexen Zucker­
moleküle befinden sich auf der Oberfläche der Zellen und
verändern sich bei der Entstehung von Krebs. Damit könnte
dann die Behandlung der Krankheit in sehr frühen Stadien
einsetzen.
Leif Schröders Forschungsgruppe wird seit 2009 für fünf
Jahre vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem Starting Grant
mit fast zwei Mio. Euro gefördert.
3
Die Biophysiker Philipp Selenko und Andrew Plested wurden für ihre For­
schungen 2015 mit dem hochrangigen »Consolidator Grant« des Europäischen
Forschungsrates (ERC) ausgezeichnet. Damit waren sie bei einer der profi­
liertesten und begehrtesten Ausschreibungen der Europäischen Kommission
erfolgreich.
ZELLEN
LIVE
BEOBACHTEN
Philipp Selenko erhält Fördermittel von fast zwei Millionen Euro über fünf
Jahre für seine Forschung mit hochauflösender In-Cell-NMR-Spektros­
kopie. Die Forschungsgruppe untersucht die strukturellen und funktionalen
Eigenschaften von Eiweißen (Proteinen) innerhalb von lebenden Zellen.
In-Cell-NMR-Spektroskopie ermöglicht eine direkte Beobachtung von Pro­
teinen »in Aktion«, also während sie ihre biologischen Funktionen ausüben.
Dr. Philipp Selenko leitet die
Arbeitsgruppe In-Cell NMR.
»Unsere Methode lässt sich mit einem Mikroskop mit atomarer
Auflösung ver­gleichen,« sagt Philipp Selenko. »Wir untersuchen
frühe Stadien neurodegenerativer Erkrankungen und beginnende
abnorme Änderungen, die zu Krebs führen.«
Dabei gewinnt Philipp Selenko neue Einblicke in zuvor unbekannte Aspekte
dieser Krankheiten und eröffnet mit seinen Erkenntnissen neue Wege für
die Wirkstoffforschung und therapeutische Interventionen.
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G L U TA M AT R E Z E P T O R :
EINE MOLEKUL ARE
MASCHINERIE DES
LERNENS
Dr. Andrew Plested leitet die
Arbeitsgruppe Molekulare Neurowissenschaften und Biophysik.
Andrew Plested wird für seine Forschungen zum Glutamatrezeptor im Ge­
hirn mit fast zwei Millionen Euro über fünf Jahre gefördert. Dieser Rezeptor
ist bei vielen Synapsen in unserem Gehirn für die Reizweiterleitung verant­
wortlich. Erreicht ein Signal eine Nervenzelle, dann schüttet sie eine geringe
Menge Glutamat aus – der Neurotransmitter bindet dann an den Rezeptor
der benachbarten Zelle. Glutamatrezeptoren sind essenziell für die Funktion
unseres Gehirns und spielen eine wichtige Rolle bei Krankheiten wie Epilepsie
sowie kognitiven und neurodegenerativen Störungen. Die Forschungsgruppe
um Andrew Plested interessiert sich für den dynamischen Aufbau des schnells­
ten Glutamatrezeptors im Gehirn, des sogenannten AMPA-Rezeptors und
arbeitet dabei mit trickreichen, zielgerichteten Mutationen, um die molekulare
Maschinerie zu verstehen.
»Unser langfristiges Ziel ist es, die Rolle des AMPA-Rezeptors im
lebenden Gehirn zu untersuchen«, sagt Andrew Plested. »Wir möchten
verstehen, welche Rolle er beim Lernen und bei Erinnerungen spielt.
Das könnte auch für die Behandlung mancher Störungen von Bedeutung sein, wie zum Beispiel bei Schlaganfall: Hier wird in kurzer Zeit
gefährlich viel Glutamat an den Synapsen ausgeschüttet.«
5
Forscher um Thomas Jentsch haben das Rätsel um das Druckventil in der Zelle gelöst.
Der Fund könnte helfen, Volkskrankheiten besser zu behandeln.
(Publiziert in der Fachzeitschrift SCIENCE)
DA S FEIN
ABGESTIMMTE VOLUMEN
DER ZELLEN – WO ES
REGULIERT WIRD
Für Körperzellen ist es lebenswichtig, ihr Volumen zu
steuern, etwa beim Kontakt mit Flüssigkeiten verschie­
dener Salzkonzentration, bei der Zellteilung und beim
Zellwachstum, aber auch bei Krankheiten wie Krebs,
Schlaganfall und Herzinfarkt. Die Forscher haben nun
herausgefunden, dass ein bisher unbekanntes Gen den
sogenannten Volumen-regulierten Anionen-Kanal (VRAC)
bildet.
»Das Protein LRRC8A war seit Jahrzehnten die große Unbe­
kannte bei der Frage, wie Zellen ihr Volumen regulieren«, sagt
Arbeitsgruppenleiter Thomas Jentsch. »Jetzt wissen wir, dass
dieses Protein nur zusammen mit mindestens einem seiner
Verwandten den Anionen-Kanal bildet und haben eine Menge
über seine Funktionen gelernt.«
6
Das Wissen ist wichtig. Denn Zellen nehmen aus unterschied­
lichen Gründen Wasser auf, etwa bei natürlichen Wachstums­
prozessen, aber auch bei Krankheiten. Schlimmstenfalls kann
eine angeschwollene Zelle sogar platzen. Damit das nicht pas­
siert, tritt ein Mechanismus in Kraft, den alle gesunden Zellen
besitzen: Das Druckventil VRCA öffnet sich und schleust
negativ geladene Ionen (Anionen) aus der Zelle heraus. In der
Folge schwillt die Zelle wieder ab und rettet somit ihr Über­
leben. Wie genau die Öffnung des Kanals gesteuert wird, ist
zwar noch nicht vollständig geklärt; aber die neuen Erkennt­
nisse sind schon jetzt von großem Nutzen.
Thomas J. Jentsch wird für seine Forschung an
Ionen ­k anälen seit 2012 mit einen »Advanced Grant« in Höhe
von 2,5 Millionen Euro vom Europäischen Forschungsrat
(ERC) gefördert.
Prof. Dr. Dr. Jentsch ist Physiker und
Mediziner. Er leitet die Abteilung
Physiologie und Pathologie des Ionentransports.
Dr. Felizia Voß und
Dr. Tobias Stauder,
Mitautoren der Publikation, im Labor.
LRR
C8A
Bestandteile des volumenregulierten
Anionenkanals (VRAC) in der Plasmamembran in der Zelle. Das Protein LRRC8A
(rot gefärbt) zusammen mit mindestens
einem anderen der fünf Familienmit­
glieder (hier LRRC8E, grün eingefärbt,
als Komplex vorliegend in Gelb).
Thomas Jentsch: »Wir wissen zum Beispiel, dass der
Anionen-Kanal beim Schlaganfall und Herzinfarkt, aber auch
bei Krebs­erkrankungen eine große Rolle spielt und haben
berechtigte Hoffnung, dass die jetzt gewonnenen Erkenntnisse
zur Entwicklung neuer Therapieansätze beitragen werden.«
7
WIE
GEL ANGEN
S U B S TA N Z E N
IN DIE
ZELLE?
Prof. Dr. Volker Haucke
und Dr. Natalia Kononenko
beobachten am Konfokalmikroskop Vorgänge in
lebenden Zellen in Echtzeit.
NEUE
ERKENNTNISSE
ZUR ROLLE
BESTIMMTER
ENZ YME
Um Substanzen aus der Umgebung aufzunehmen und zu transportieren, stülpt
die Zelle ihre Außenhaut ein und schnürt in einem Endozytose genannten
Prozess winzige Bläschen (Vesikel) ab. Das Team um Volker Haucke konnte
zeigen, wie eine einfache biochemische Reaktion die Bildung endozytotischer
Vesikel in Zellen steuert – ein grundlegender Vorgang für Zellwachstum und
Kommunikation zwischen Zellen.
(Publiziert in der Fachzeitschrift NATURE)
8
Entscheidend sind dabei spezielle Lipid-Moleküle, die als Erkennungs­
marker dienen. Diese sogenannten Phosphoinositide lassen sich blitzschnell
von Enzymen verändern und geben so die Richtung der Reaktionskas­
kade der Vesikelbildung vor. Nach einer aufwendigen Indizienjagd konnten
Forscher um Volker Haucke mittels chemischer Sonden und hochauflösen­
der Fluoreszenz-Mikroskopie eine wichtige physiologische Funktion von
Phosphatidylinositol 3,4-Bisphosphat, einem bislang nahezu unbekannten
Phosphoinositid-Lipid, in der Endozytose sowie die an dieser Reaktion be­
teiligten Faktoren bestimmen und mittels Filmaufnahmen lebender Zellen
im Detail charakterisieren.
Während der Endozytose stülpt sich
die Zellmembran ein und ein Bläschen
(Vesikel) schnürt sich ab. Auf diese
Weise gelangen Nährstoffe, aber auch
Viren in die Zelle.
»Wir können nun ziemlich präzise bestimmen, welche und wie viele endo­
zytotische Proteine und Enzyme sich wann an welchem Ort befinden«, erklärt
Volker Haucke. »So vermuten wir, dass die Enzyme, welche die Phosphoinositide bilden oder abbauen, auch als Sensor dienen, um die Versorgung der
Zelle mit Nährstoffen sicherzustellen und entsprechend zu reagieren. Das
könnte ein Ansatzpunkt zur Entwicklung neuer Wirkstoffe zur Behandlung
von Krebs oder Diabetes liefern.«
Diese Sensorfunktion bestimmt u.a. darüber, ob eine Zelle wächst und sich teilt,
was bei der Entstehung von Krebs von Bedeutung ist. Zugleich beeinflussen die
Phosphoinositide auch die Kommunikation zwischen Zellen, beispielsweise im
Gehirn, oder den Abbau verklumpter Eiweißmoleküle, eine zentrale Ursache
für neurodegenerative Krankheiten wie der Alzheimerschen Krankheit.
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Mit bildgebenden Verfahren dringen Forscher zu immer
feineren Strukturen vor und können selbst bei Bakterien
komplexe formgebende Strukturen ausmachen.
(Publiziert in der Fachzeitschrift PNAS)
Dr. Chaowei Shi und
Dr. Jean-Philippe Demers
im Labor.
Prof. Dr. Adam Lange ist
Biophysiker. Er leitet am FMP
die Abteilung Molekulare Bio­
physik und lehrt an der HumboldtUni­versität zu Berlin.
»Mit dieser Arbeit fängt für uns die Erforschung des Bactofilins erst an«,
sagt Adam Lange. »Wir wollen nun die Struktur weiter bis ins atomare
Detail verfeinern. Da Bactofilin ausschließlich in Bakterien vorkommt, ist
es ein interessanter Ansatzpunkt für die Entwicklung dringend benötigter
neuartiger Antibiotika«, sagt Adam Lange.
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DIE
ARCHITEK TUR
DES ANGREIFERS
–
BAUPL ÄNE
DE S PROTEINS
BAC TOFIL IN
Lange Zeit ging man davon aus, dass Bakterien über keinerlei
stabilisierendes Zytoskelett verfügen, wie man es bei Tieren
und Pflanzen kennt. Inzwischen aber hat man nicht nur analo­
ge Elemente gefunden, sondern sogar skelettähnliche Gebil­
de, die exklusiv im Reich der Bakterien vorkommen.
Adam Lange und sein Team fanden mittels NMR-Spektro­
skopie (auf Deutsch Kernspinresonanz-Spektroskopie) heraus,
dass einzelne Bactofilin-Moleküle sich spiralförmig zu einer
sogenannten Beta-Helix aufdrehen und sich dann Molekül für
Molekül zu Filamenten aneinanderreihen. Stabilisiert wird
dieses Strukturmotiv durch wiederkehrende hydrophobe Be­
reiche, die in den Bactofilin-Molekülen evolutionär konser­
viert wurden. Die äußerst feinen Protofilamente können sich
dann weiter zu dickeren Bündeln oder auch gewebeartigen
Strukturen zusammenlagern. Eine solche Beta-Helix hat man
bislang noch bei keinem anderen Zytoskelett-Element gefun­
den. Die Bactofilinfilamente spielen eine Rolle bei der Form­
gebung der Bakterien. Bei Helicobacter pylori sind sie an der
Ausprägung der typischen Schraubenform beteiligt, mit derer
sie sich in die Magenschleimhaut bohren. Geschützt vor der
ätzenden Magensäure, verursachen sie hier einen Großteil der
Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre beim Menschen.
11
12
In Caulobacter-Bakterien (blau) spielen
die Bactofilinfilamente (siehe Zoom)
eine wichtige Rolle bei der Ausprägung
des Stiels, einer Ausstülpung mit der
sich Caulobacter-Bakterien anheften
können. Bactofiline verleihen außerdem
Helicobacter-Bakterien ihre typische
Schraubenform, mit der sie sich in die
Magenschleimhaut bohren. HelicobacterBakterien können dort Entzündungen
und Geschwüre auslösen. Die Strukturaufklärung von Bactofilin könnte hier
einen Ansatzpunkt für die Entwicklung
dringend benötigter neuer Antibiotika
liefern.
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WENN DIE WIRTSZELLE
KEIN WIRT MEHR IST – GRIPPE VIREN
E I N FA C H A U S S E N V O R L A S S E N ?
Die echte Virus-Grippe Influenza ist bis heute eine der
gefährlichsten Infektionen. In schweren Grippejahren
gibt es allein in Deutschland mehrere Tausend Tote.
Grippeviren verändern ihr Erbgut und damit ihre Oberfläche
rasend schnell, so dass Impfstoffe rasch unwirksam werden.
Die Arbeitsgruppe von Jens von Kries konzentriert sich des­
halb auf andere Wege: Während der Infektion benötigt das
14
Virus bestimmte Eiweiße (Proteine) auf oder in der mensch­
lichen Zelle, um einzudringen und um sich zu vermehren.
Damit wird die Zelle zur Wirtszelle. Der Plan ist nun, durch
Medikamente das Vermehren wie auch das Eindringen zu ver­
hindern, damit die Infektion gar nicht erst fortschreiten kann.
Ein ambitionierter Plan, der nur mit Kollegen aus verschiede­
nen internationalen Forschungsgruppen realisierbar ist. So hat
Dr. Jens Peter von Kries (S. 14 im Bild links) ist Biologe. Seit über zehn
Jahren leitet er am FMP die Screening Unit, die im Hochdurchsatz
Tausende von Substanzen testen kann. Hier bereitet er gemeinsam mit
Dr. Martin Neuenschwander und Dr. Silke Radetzki eine Testreihe vor.
Kunststoffplatten mit 384 Versuchsgefäßen.
Während des Tests befüllt ein Robotersystem
diese automatisch.
»Ein Virus ist ja im Grunde kein lebender Organismus, sondern eine
Software mit Verpackung«, erläutert Jens von Kries. »Dieses Programm zwingt, sobald es in der Zelle angelangt ist, die Zelle dazu,
unzählige Kopien des Virus zu produzieren. Dabei stirbt die Zelle
am Schluss und entlässt Tausende oder Millionen neuer Viren in die
Blutbahn. Das Projekt ANTIFLU sucht nach Lösungen, das Programm
am Start zu hindern.«
die Arbeitsgruppe von Professor Thomas F. Meyer, Direktor am
Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, aus 24.000
Genen mittlerweile rund 300 herausgefischt, die die Bauanlei­
tung für Proteine enthalten, die die Viren zu ihrer Vermeh­
rung benötigen. Meyer koordiniert das von der EU geförderte
Projekt »ANTIFLU«. Mit der von Jens von Kries geleiteten
Screening Unit am FMP wurden bislang Tausende Substanzen
auf ihre Eignung getestet, die von den Max-Planck-Forschern
ausgewählten Proteine zu blockieren. Diese Wirkstoffe für
mögliche Therapien werden anschließend an der israelischen
Hebrew University in Jerusalem kristallisiert und so optimiert,
dass sie die Eiweiße noch besser blockieren. An mit Grippe
infizierten Zellen und später Mäusen testet die Max-PlanckGruppe anschließend diese Substanzen auf Wirksamkeit.
15
P L AT T F O R M
CHEMISCHE BIOLOGIE:
VON DER
VIRTUELLEN ZUR
SYNTHETISIERTEN
S U B S TA N Z
Wir alle nutzen täglich Wirkstoffe, etwa um die Morgen­
müdigkeit mit einer Tasse Kaffee abzuschütteln oder
Kopfschmerzen rasch loszuwerden. Bis ein neues Arznei­
mittel Menschen helfen kann, vergeht im Durchschnitt
mehr als ein ganzes Jahrzehnt. Unter Tausenden po­
tentieller Wirkstoffe bleibt einer übrig, der es bis zur
Zulassung schafft. Wie aber werden neue Wirkstoffe
gefunden und welchen Beitrag leistet hierbei das FMP?
Für viele Krankheiten und gerade für die seltenen, sind die
Ursachen auf molekularer Ebene noch nicht bekannt. Ent­
sprechend gibt es weder Informationen über Rezeptoren noch
über Wirkstoffe, die an diese binden könnten. Die Wissen­
schaftler am FMP entwickeln keine neuen Medikamente,
16
doch bereiten sie zum einen über das Erforschen der moleku­
laren Abläufe im Körper wie auch deren potentielle Beeinflus­
sung den Weg für potentielle neue Wirkstoffe und Therapien.
In den vergangenen Jahren wurden am FMP einzigartige
Voraussetzungen dafür geschaffen, diese Suche nach neuen
Wirkstoffen effizient zu gestalten. Bereits seit 2003 gibt es am
Institut die »Screening Unit« für die Wirkstoffsuche unter
der Leitung von Jens Peter von Kries. Um diese noch besser
in die Erforschung biologischer Fragestellungen einzubinden
und auch neuartige Wirkstoffe konzipieren und herstellen zu
können, wurde zusammen mit der Arbeitsgruppe Medizini­
sche Chemie um Marc Nazaré eine gemeinsame, integrierte
Technologieplattform geschaffen, in der Wissenschaftler
verschiedener Fachdisziplinen zusammen arbeiten.
VOM BILDSCHIRM INS L ABOR
Die erste Auswahl wird virtuell getroffen: Die Arbeitsgruppe um Ronald
Kühne hat Datenbanken mit ultraschnellen Suchmethoden entwickelt
und ständig verbessert. Über die Substanzbibliothek werden so für ein
Screening-Projekt Tausende von Substanzen vorselektiert.
Im Team der Screening Unit von Jens von Kries werden biologische
Testverfahren entwickelt und von Robotern im Hochdurchsatz durchge­
führt – mehr als 35.000 Tests am Tag. Dabei werden modernste Techno­
logien eingesetzt, so können von Kries und seine Kollegen beispielsweise
Tausende Mikroskopaufnahmen von Zellkulturen mit spezieller Bilderer­
kennungssoftware analysieren.
Bei einem Wirkstoffscreening findet man immer eine ganze Reihe von
interessanten Substanzen, sogenannten Hits, die aber selten schon die er­
wünschten Eigenschaften für einen künftigen Wirkstoff aufweisen. Die
Arbeitsgruppe Medizinische Chemie unter der Leitung von Marc Nazaré,
einem erfahrenen Chemiker aus der Pharmaindustrie, optimiert diese Sub­
stanzen weiter, indem neue Varianten um diese Hits entworfen und synthe­
tisiert werden.
Bis zur Zulassung des Wirkstoffs ist es danach noch ein weiter Weg.
Biotechnologiefirmen und Pharmafirmen überarbeiteten in einem jahre­
lang andauernden Prozess den potentiellen Wirkstoff und testen ihn von
ersten Tiermodellen bis zu den klinischen Studien.
Dr. Ronald Kühne leitet die
Arbeitsgruppe Wirkstoff-Design.
Dr. Jens Peter von Kries ist Leiter
der Screening-Unit.
Der Arbeitsgruppe von Volker Haucke ist es in Zusammenarbeit mit der
Screening-Unit gelungen, einen Wirkstoff zu finden, der Aufnahmeprozesse
in Zellen hemmen kann. Genannt wird dieser neue Wirkstoff »Pitstop«,
weil er in der Lage ist, dynamische Membrangrübchen, welche für die
zelluläre Aufnahme verantwortlich sind, in sehr kurzer Zeit einzufrieren.
Seine spezifischeren Abkömmlinge könnten eines Tages helfen, Toleranz­
prozesse abzumildern oder auch die Aufnahme von Krankheitserregern in
die Zelle (z.B. Viren) zu hemmen.
Dr. Marc Nazaré leitet die
Arbeitsgruppe Medizinische Chemie.
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Prof. Dr. Christian Hackenberger leitet die Abteilung
Chemische Biologie II. 2012 hat er einen Ruf auf die von
der Einstein Stiftung Berlin geförderte Leibniz-Humboldt-Professur für Chemische Biologie angenommen
und lehrt an der Humboldt-Universität zu Berlin.
D E M E N Z­E R­K R A N K U N G E N :
DA S
TA U - P R O T E I N
IM FOKUS
Schätzungsweise 1,2 Millionen Menschen leiden derzeit
in Deutschland an der Alzheimer-Krankheit. Der Verlauf
der Erkrankung führt zum Absterben von immer mehr
Nervenzellen, wobei das Tau-Protein eine Schlüsselver­
bindung ist. In Patienten werden größere neurotoxische
Ablagerungen dieses Proteins gefunden. Um das Protein
zu untersuchen, das die fragmentierten Plaques bildet,
wird es in der Abteilung Hackenberger synthetisch her­
gestellt.
18
Phosphorylierung führt
zu Funktionsverlust von Tau
P
Alzheimer-typische
neurotoxische Bündel aus
phosphoryliertem Tau
P
P
P P
Stabilisierendes Tau-Protein
im neuronalen Netzwerk
P
P
bakteriell
synthetisch
Im Fokus:
chemische Synthese
phosphorylierter
Tau-Proteine
Dabei muss man wissen, dass Struktur, Funktionalität und
Aktivität des Tau-Proteins durch Enzyme gesteuert werden,
die chemische Gruppen wie Phosphat- und Zuckerreste an das
Tau-Protein heften. Im Krankheitsfall kommt es durch über­
mäßig starke Phosphorylierung zu Störungen und es bilden
sich schließlich unlösliche Fibrillen des Tau-Proteins, die sich
zwischen Nervenzellen im Gehirn ablagern. Die Ablagerun­
gen stören die Kommunikation zwischen den Nervenzellen
und zerstören diese letztendlich.
Prof. Hackenberger und sein Team möchten nun heraus­
finden, welche Phosphorylierungsmuster genau für die Entste­
hung der Krankheit verantwortlich sind. Hierbei verwenden
a) Erkenntnisse
über die
Aggregation von Tau
b) neue diagnostische Methoden
c) neue Arzneimittel
Sie eine Technik namens Semi-Synthese, in der ein Teil des
Proteins in Bakterien erzeugt und ein anderer Teil synthetisch
im Labor generiert wird. Beide Teile werden anschließend
durch eine chemische Reaktion miteinander verknüpft.
Diese Methodik erlaubt es den Forschern an genauen Posi­
tionen im Tau-Protein Phosphatreste zu installieren und deren
Einfluss auf Struktur und Funktionalität und besonders das
Aggregationsverhalten des Proteins zu analysieren. Diese Un­
tersuchungen dienen schließlich zur Entwicklung von neuen
Wirkstoffen und diagnostischen Verfahren und leisten somit
einen Beitrag zur Bekämpfung der Alzheimer-Krankheit.
19
EIN
»NEIN« ZU
DIABETES
Prof. Dr. Dorothea Fiedler
leitet die Abteilung
Chemische Biologie I
20
Unterschiedliche Anordnungen von
Inositol-Pyrophosphaten beeinflussen
beispielsweise das Verhalten der Zelle
bei Stress oder die Nährstoffauf­n ahme
und deren Speicherung.
WELCHE
SIGNALE
BEEINFLUSSEN
D I E F E T T­
LEIBIGKEIT?
Die »chemische Sprache« innerhalb der Zelle untersucht die Arbeits­
gruppe von Prof. Dr. Dorothea Fiedler, um neue Ansätze für Thera­
peutika gegen Diabetes und Fettleibigkeit zu finden. Die renommierte
Forscherin wechselt 2015 von der Universität Princeton an das FMP,
um hier ihre Forschung fortzuführen. Sie wird die erste weibliche
Direktorin am FMP und im Forschungsverbund Berlin sein.
In jeder Zelle brummt ein riesiges Kommunikationsnetzwerk, welches die
Handlungsweise der Zellen genau kontrolliert: Welche Proteine werden wann
und wo benötigt? Wann werden Nährstoffe aufgenommen oder gelagert?
Und wann ist ein guter Zeitpunkt für das Zellwachstum? Diese Kommuni­
kation erfolgt in einer »chemischen Sprache«, indem chemische Botenstoffe
gezielt synthetisiert werden, oder indem Proteine chemisch modifiziert
werden. Eine Gruppe von Botenstoffen, die im Fokus der Arbeitsgruppe von
Dorothea Fiedler steht, sind die sogenannten Inositol-Pyrophosphate. Diese
Moleküle treten in einer Anzahl ähnlicher Konfigurationen auf, die aller­
dings je nach ihren Phosphorylierungsmustern unterschiedliche Signale
senden. Durch genetische Experimente wurde belegt, dass die Inositol-Py­
HO
rophosphate eine Vielzahl zellulärer Prozesse beeinflussen. Insbesondere
spielen sie eine kritische Rolle bei der Insulinsekretion und der Gewichts­
zunahme bei Mäusen und Menschen.
Allerdings waren die einzelnen entscheidenden »Schaltpunkte« im
Netzwerk der Inositol- Pyrophosphate bisher schwer fassbar. Sie zu ent­
ziffern ist aber zwingend notwendig, um auf lange Sicht gezielt neuartige
Therapeutika gegen die Volkskrankheiten Diabetes und Fettleibigkeit ent­
wickeln zu können. Deshalb nutzt die Arbeitsgruppe diverse Techniken in
der Chemischen Biologie – wie zum Beispiel organische Synthese, Peptid­
synthese, chemische Genetik, und Proteomik – um den Code der Inosi­
tol-Pyrophosphate zu entschlüsseln.
»Niemand bezweifelt, dass die Inositol-Pyrophosphate eine
zentrale Gruppe von Botenstoffen darstellt. Um allerdings die
molekularen Schritte im Detail zu entschlüsseln, mussten wir
erst einiges an Handwerkszeug und Methoden entwickeln. Mit
diesen neuen Tools werden wir nun unsere Arbeit interdisziplinär
angehen. Ich freue mich daher ungemein auf den Umzug an das
FMP mit seiner einzigartigen kollaborativen Atmosphäre.«
21
NMR FÜR
GANZ
E U R O PA
Prof. Dr. Hartmut Oschkinat ist Chemiker.
Er leitet die Abteilung NMR-unterstützte
Strukturbiologie.
Aufwändige Technologie sollte für alle Wissenschaftler
mit guten Ideen verfügbar sein. Das EU-Projekt »i NEXT«
unterstützt daher Forscher aus ganz Europa, die auf diese
Weise Zugang zu den NMR-Geräten am FMP erhalten.
Wie wenige andere Technologien ermöglicht die NMR-Spek­
troskopie einen Blick ins Innerste der Materie, schafft Nah­
aufnahmen in atomarer Auflösung. In einem starken Magnet­
feld werden manche Atomkerne der Proben selbst zu kleinen
Magneten und richten sich entsprechend dem äußeren Feld
aus. Je nach chemischer Umgebung absorbieren sie dann die
Energie von Radiowellen, woraus sich in komplizierten Re­
chenverfahren die Struktur biologischer Moleküle ermitteln
lässt. Da die Technologie mit ihren riesigen supraleitenden
Magneten sehr aufwendig ist und viel Expertise erfordert,
liegt der Gedanke nahe, die in Europa führenden Zentren
für Biologen aus anderen Ländern zu öffnen, um besonders
spannende Forschungsfragen gemeinsam anzugehen.
22
Auf dieser Idee basiert das europäische Infrastrukturprojekt
»i NEXT«, welches das Projekt »Bio-NMR«, das im September
2010 ins Leben gerufen wurde, ablöst.
Das FMP stellt insbesondere die Festkörper-NMR zur
Verfügung, die Messungen an sehr komplexen Proben er­
laubt, wie auch die weltweit einzigartige In-Cell-NMR der
Arbeitsgruppe von Philipp Selenko, bei der Proben innerhalb
lebender Zellen mit Isotopen markiert werden. Die Interes­
senten müssen einen Antrag stellen, werden dabei aber von
den NMR-Experten am FMP unterstützt. Bedingung für die
EU-Förderung ist allerdings, dass die antragstellenden Wissen­
schaftler Gruppen angehören, die außerhalb von Deutschland
angesiedelt sind.
K O O P E R AT I O N E N I N
BERLIN UND
IN DER
G A N Z E N W E LT
»Bio-NMR war eine Erfolgsgeschichte, die nun weitergeht. Die
EU möchte sicherstellen, dass
mehr Wissenschaftler Zugang zu
den großen Geräten bekommen«,
erklärt Hartmut Oschkinat, Leiter
der Abteilung Strukturbiologie.
»Wir erhalten Gelder dafür, dass
wir unsere Messzeit zur Verfügung
stellen. Die europäischen Fördermittel können wir dann wiederum
in Investitionen stecken – es ist
also eine Win-Win-Situation.«
Durch gemeinsame Berufungen und die Beteiligung an
Projekten ist das FMP eng mit Berliner Universitäten
verbunden, der Humboldt Universität, der Freien Uni­
versität und der Charité-Universitätsmedizin. Das FMP
und das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin
(MDC) sind auf dem Campus Berlin-Buch benachbart
und arbeiten auch thematisch eng zusammen.
National und international engagiert sich das Institut in vielen
Kooperationen. Zudem bereitet das FMP den Hochtechnolo­
gie-Forschungsverbund »EU-OPENSCREEN« vor, durch den
europaweit die Suche nach Wirkstoffen koordiniert werden soll.
Das Institut ist außerdem Mitglied von »Instruct« – in dem
europäischen Netzwerk haben sich Forschungsinstitute für die
technisch aufwendige Aufklärung biologischer Strukturen zu­
sammengeschlossen. Durch seine besondere Expertise auf die­
sem Gebiet ist das FMP innerhalb von Instruct das Kompetenz­
zentrum für Festkörper-NMR-Spektroskopie. Ferner engagiert
sich das Institut seit 2015 in dem EU-Projekt »i NEXT«.
23
Bakterienoberfläche mit Adhäsinen,
klebrige Lolli­s trukturen, mit denen sich
Bakterien an ihre Wirtszellen anheften.
Yersinia enterocolitica ist ein krankheitserregendes Bakterium, das Fieber
und Durchfall auslöst. Mit Hilfe eines in
seiner Membran verankerten Proteins
heftet es sich an Wirtszellen und infiziert
sie. Forscher des Max-Planck-Instituts
für Entwicklungsbiologie in Tübingen
und des FMP haben die Struktur eines
wichtigen Bestandteils dieses Membranproteins aufgeklärt und Informationen
über seine Biogenese gewonnen.
24
WISSEN
WEITERGEBEN
–
DIE FMP
GR ADUIERTENSCHULE
UND DA S SCHÜLERL ABOR
CHEML AB
Die Förderung junger, talentierter Wissenschaftler ist
ein zentrales Anliegen am Leibniz-Institut für Molekulare
Pharmakologie. Seit 2013 hat das Institut eine eigene
Graduiertenschule.
Die neue FMP Graduiertenschule unterstützt junge Dokto­
randen und bereitet sie auf ihre berufliche Karriere vor. Im
Fokus steht zum einen die Förderung des wissenschaftlichen
Austauschs mit anderen Kollegiaten am FMP, sowie mit Teil­
nehmern der Graduiertenschulen am Max-Delbrück-Centrum
für Molekulare Medizin (MDC) und den Berliner Univer­
sitäten und zum anderen die fachliche Betreuung am FMP.
Ein Team aus drei Gruppenleitern, bestehend aus dem Be­
treuer der Doktorarbeit und zwei weiteren Gruppenleitern,
diskutieren regelmäßig über die Fortschritte des Projekts und
geben wichtige Hinweise für ein gutes Gelingen der Promo­
tionsarbeit. »Exzellente Abschlüsse sind unser Ziel, aber es
geht noch darüber hinaus«, sagen Prof. Dr. Christian Hacken­
berger und Katrin Wittig, die beiden Koordinatoren der FMP
Graduiertenschule »Es ist nichts Neues: Wer in der Karriere
weiterkommen will, braucht nicht nur Fachwissen, sondern
auch die sogenannten Softskills. Daher haben wir Kurse wie
Wissenschaftsmanagement, Patentrecht, Selbstmarketing oder
Wissenschaftsjournalismus im Angebot.«
DIE SCHÜLER VON HEUTE SIND
DIE WISSENSCHAF TLER VON MORGEN
Im FMP Schülerlabor ChemLab schlüpfen Schüler in die Rolle
von Chemikern. Unter der Anleitung von FMP-Doktoranden
führen sie selbständig Experimente durch. Zur Wahl stehen
ganztägige Kurse, mit den Themen Koffein, Farbstoffe, Kunst­
stoffe und Duftstoffe, die im Bildungszentrum »Gläsernes
Labor« auf dem Campus stattfinden. Neben den Kursen des
ChemLab werden dort auch andere Themen wie Gen- und
Biotechnologie angeboten. Jedes Jahr kommen mehr als 12.500
Schüler.
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ALLE FORSCHUNGSGRUPPEN
M O LE KU L A R E PH A R M A KO LO G I E
UND PHYSIOLOGIE
STRUKTURBIOLOGIE
ABTEILUNGEN
ABTEILUNGEN
Physiologie und Pathologie
des Ionentransports
Thomas Jentsch
Molekulare Pharmakologie
und Zellbiologie
Volker Haucke
FORSCHUNGSGRUPPEN
Protein Trafficking
Ralf Schülein
FORSCHUNGSGRUPPEN
Molekulare Zellphysiologie
Ingolf E. Blasig
JUNIOR FORSCHUNGSGRUPPEN
Molekulare Neurowissenschaft
und Biophysik
Andrew Plested
Membrantransport und
Zellbeweglichkeit
Tanja Maritzen
Die Rolle der Proteostase beim
Altern und in Krankheit
Janine Kirstein
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Strukturbasierte Bioinformatik
und Proteindesign
Gerd Krause
JUNIOR FORSCHUNGSGRUPPEN
ASSOZIIERTE GRUPPEN
NEUROWISSENSCHAFTEN
NMR in Zellen
Philipp Selenko
Verhaltensneurodynamik
Tatiana Korotkova, Alexej Ponomarenko
Molekulare Bildgebung
Leif Schröder
Molekulare und Theoretische
Neurowissenschaft
Alexander Walter
CO R E FAC I L I T I E S
Zelluläre Bildgebung
Burkhard Wiesner
NMR-unterstützte
Strukturbiologie
Hartmut Oschkinat
CO R E FAC I L I T I E S
Tierhaltung
Natali Wisbrun
NMR
Hartmut Oschkinat / Peter Schmieder
CHEMISCHE
BIOLOGIE
ABTEILUNGEN
Molekulare Biophysik
Adam Lange
Chemische Biologie I
Dorothea Fiedler
Chemische Biologie II
Christian Hackenberger
FORSCHUNGSGRUPPEN
Lösungs NMR
Peter Schmieder
Massenspektrometrie
Eberhard Krause
Wirkstoff-Design
Ronald Kühne
Medizinische Chemie
Marc Nazaré
Peptide-Lipid-Interaktion / Peptidtransport
Margitta Dathe
CO R E FAC I L I T I E S
Peptidchemie
C. Hackenberger / R. Volkmer
Screening Unit
Jens Peter von Kries
27
FMP IM PROFIL
M I TA R B E I T E R I N N E N U N D M I TA R B E I T E R
Das FMP hat 285 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 108 Wis­
senschaftler, 77 Doktoranden und 55 technische Angestellte.
Verwaltungsangestellte, Techniker und IT-Spezialisten unter­
stützen die Arbeit der Wissenschaftler.
FINANZIERUNG UND DRITTMITTEL
Das FMP bezieht seine Grundfinanzierung zu gleichen Teilen
vom Bund und dem Land Berlin (16,2 Mio. Euro, 2014). Hinzu
kommen die Drittmittel (6,3 Mio. Euro, 2014). Diese Mittel,
die vor allem bei der Europäischen Union und der Deutschen
Forschungsgemeinschaft eingeworben werden, fließen aus­
schließlich in die Forschungsarbeit. Über sie werden Arbeits­
stellen für Wissenschaftler, technische Angestellte und Dok­
toranden sowie Sachmittel finanziert.
LEIBNIZ-GEMEINSCHAFT
Die Leibniz-Gemeinschaft vereint 89 Einrichtungen, die an­
wendungsbezogene Grundlagenforschung betreiben und wissen­
schaftliche Infrastruktur bereitstellen. Insgesamt beschäftigen
die Leibniz-Einrichtungen rund 17.500 Menschen – darunter
8.800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – bei einem
Jahresetat von insgesamt knapp 1,5 Milliarden Euro.
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FORSCHUNGSVERBUND BERLIN
Das FMP gehört zum Forschungsverbund Berlin e.V. (FVB),
einem Zusammenschluss von acht natur-, lebens- und umwelt­
wissenschaftlichen Instituten in Berlin. In ihnen arbeiten mehr
als 1.500 Mitarbeiter. Entstanden ist der Forschungsverbund
1992 in einer einzigartigen historischen Situation aus der ehe­
maligen Akademie der Wissenschaften der DDR.
CAMPUS BERLIN-BUCH
Der Campus Berlin-Buch ist ein Wissenschafts-, Gesund­
heits- und Biotechnologiepark im Norden von Berlin. Das
Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und
das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)
sind auf dem Campus benachbart und arbeiten auch thema­
tisch eng zusammen.
IMPRESSUM
Unser Dank gilt allen Kolleginnen und
Kollegen, die zum Gelingen dieser Broschüre
beigetragen und uns unterstützt haben!
HER AUSGEBER
Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie
(FMP) im Forschungsverbund Berlin e.V.,
Campus Berlin-Buch, Robert-Rössle-Str. 10,
13125 Berlin, www.fmp-berlin.de
REDAK TION
Silke Oßwald
AUTOREN
Dorothea Fiedler, Beatrice Hamberger,
Volker Haucke, Birgit Herden,
Karl-Heinz Karisch, Silke Oßwald,
Henning Otto, Ralf Schülein
KO R R E K T O R AT
Karl-Heinz Karisch, Henning Otto,
Gesine Wiemer
FOTOGR AFIE
Silke Oßwald
WEITERE FOTOGR AFIEN
Stefan Jentsch (S. 7: Thomas Jentsch)
WISSENSCHAFTLICHE
ABBILDUNGEN
Dmytro Puchkov (S. 9), Tobias Stauder (S. 7),
Barth van Rossum (Cover, S. 2, S. 12 / 13, S. 24)
GRAFIK
Kraut & Konfetti GbR, Berlin
DRUCK
trigger.medien.gmbh, Berlin
In den Texten wird meistens die gramma­
tikalisch männliche Form verwendet, um
einen besseren Lesefluss zu gewähr­l eisten.
Selbstverständlich sind alle weib­lichen
Personen immer eingeschlossen.
© FMP 04 / 2015
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LEIBNIZ-INSTITUT
FÜR MOLEKULARE
PH A R M A KO LO G I E
(FMP)
Robert-Rössle-Str. 10
13125 Berlin
www.fmp-berlin.de
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