Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Skript zur Fortbildung: Das Innere Team in der Psychotherapie Referenten: Karin Harries-Hedder, Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin Geschäftsführender Vorstand therapiehilfe e.V., Netzwerk für Suchtkranke und Menschen mit anderen psychosozialen Störungen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen. Inhaltliche Schwerpunkte: Suchterkrankungen, Konzeptentwicklung und Integration neuer Methoden in bestehende schulenübergreifende Konzepte (z.B. Neuropsychotherapie, Traumatologie, multidimensionale Familientherapie) Fortbildungen, Coaching Ingrid Schulz von Thun, Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin in freier Praxis und Mitarbeiterin im Schulz von Thun Institut für Kommunikation, ausgebildet in Kommunikationspsychologie, Gestalttherapie, IFS (Internal Family System nach Richard Schwartz) und EMDR - Begrüßung durch die Referenten und kurze Vorstellungsrunde - Themen des Workshops: I. II. - Arbeit mit dem Inneren Team nach Schulz von Thun kurzer Input zum Inneren Team Mini-Demo mit kurzer Nachbesprechung Kleingruppenarbeit zur Erhebung eines Inneren Teams Ergänzungen zum Input ein Fall-Beispiel Ergänzende Modellvorstellungen zu inneren Welten die Hauptselbste von Hal und Sidra Stone innere Dynamik nach Richard Schwartz (Internal Family System, IFS) Bezug zu Menschen mit Suchtgefährdung/erkrankung und Hinweise zu deren Behandlung nach Richard Schwartz und Dagmar Kumbier. 1 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 I. Arbeit mit dem Inneren Team nach Schulz von Thun Input zum Inneren Team Das Modell vom Inneren Team ist ein Versuch seelisches Geschehen vorstellbar oder an-schau-lich zu machen. Wie viele vor allem therapeutische Ansätze geht es von der inneren Pluralität des Menschen aus. Ich brauche in diesem Kreis sicher nicht näher darauf einzugehen. Sie kennen die Ansätze, die z.T. schon in den Neunzigerjahren von KollegInnen verschiedener Schulen und an verschiedenen Orten entwickelt wurden, etwa die Ego-State-Therapie von John und Helen Watkins, die Luise Reddemann für die Arbeit mit schwer traumatisieren PatientInnen weiter entwickelte. Weitere Namen sind Gunther Schmidt, Jochen Peichl und der schon genannte Richard Schwartz. Gemeinsam sind diesen Ansätzen, dass sie nicht nur eine innere Pluralität postulieren, sondern dass sie diese psychischen Instanzen personalisieren und unmittelbar therapeutisch mit ihnen in Kontakt treten. Abbildung 1: Innere Pluralität (© Prof. Schulz von Thun) Die Entdeckung unserer Pluralität bedeutet letztlich, dass jedes noch so kleine Alltagsthema, jede kleinste Anforderung aber vor allem jedes neue, ungewohnte oder emotional bedeutsame Thema in uns mehrere Stimmen lebendig werden lässt. Diese inneren Selbstgespräche sind uns oft nicht wirklich bewusst und laufen auch häufig in kürzester Zeit ab. Etwa, wenn ich morgens entscheiden muss: fahre ich mit der Bahn oder mit dem Auto zur Arbeit? DIE BEQUEME in mir liebäugelt mit dem Auto, „geht schneller, kann man länger schlafen,…“ DIE UMWELTBEWUSSTE empört sich mit entsprechenden Argumenten und die PRAGMATISCHE findet, der Verkehr und auch die Parkplatzfragen seien unkalkulierbar und erreicht schließlich eine Einigung zugunsten der Bahn. 2 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Abbildung 2: „Vom zerstrittenen Haufen zum kooperativen Miteinander“ (© Prof. Schulz von Thun) Wirklich spürbar wird die innere Pluralität aber bei Fragen, Themen und Erlebnissen, die stärkere Gefühle in uns auslösen und zu innerer Widersprüchlichkeit, einem Durcheinander von Stimmen und Impulsen führen, so dass wir nicht so schnell zu einer Klärung finden, die uns dann entschlossen handeln ließe. Unsere Inneren Anteile arbeiten nicht konstruktiv zusammen, erweisen sich nicht als gutes Team sondern eher als zerstrittener Haufen. So geraten wir unter inneren und häufig auch äußeren Druck. Dies könnte nun ein Anlass sein, das Modell des Inneren Teams zu bemühen. Was können wir von der Arbeit mit dem Inneren Team in einer solchen Situation erwarten? Die Erhebung eines Inneren Teams ist zunächst eine intensiv dialogische Arbeit zwischen Klient und Therapeut an einer gemeinsamen Sache, sie fördert Kontakt und Vertrauen. Der Prozess selbst und das Ergebnis des Bildes bieten dann vielfältigste Informationen zu den beteiligten Teammitgliedern und ihrer „Gruppendynamik“. Der Klient hat eine neue Grundlage für sein Selbst-Verständnis 3 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 und eine diagnostische Basis für seine Entwicklungswünsche bzw. die Therapieplanung. Das Bild bleibt als Momentaufnahme ständiger Hintergrund des therapeutischen Prozesses, es kann immer wieder darauf Bezug genommen werden, Veränderungen festgestellt und Aktualisierungen neu gezeichnet werden. Der Einstieg in eine solche Beratung ist denkbar einfach, weil die Klienten aus eigener Erfahrung quasi „vorgebildet“ sind. Sie brauchen im Grunde nur ein, zwei Sätze zur inneren Pluralität zu verlieren und entlasten damit häufig schon ihren Klienten, weil der/die das zwar kennt aber häufig Zweifel hatte, ob das noch normal sei, diese verschiedenen Stimmen, die sich häufig streiten etc... Hier ist das Modell des Inneren Teams ein Stück Psychoedukation und hilft dem Klienten nicht nur, sich selbst besser zu verstehen, sondern eröffnet auch die Chance, die sich so widersprüchlich verhaltende Ehefrau oder den Sohn mit anderen Augen wahrzunehmen. (Sicher kennen Sie auch solche Berichte von Klienten, in der Regel mit einem verständnislosen Kopfschütteln vorgetragen: „Gestern hat sie mich noch umarmt und gemeint, es würde alles gut und heute Morgen hat sie mich wegen einer Kleinigkeit angeschrien, mit mir könne man nicht leben....!“) Zunächst wird der äußere Kontext besprochen, der das Bedürfnis der inneren Klärung auslöst. Z.B. hatte ich kürzlich eine Klientin, nennen wir sie Marie, die sich schwertat, mit ihrer 2 ½ jährigen Tochter Maja den Alltag zu regeln. Sie schaffte es nicht, der Tochter etwas zu verbieten und hatte entsprechend anstrengende Tage mit ihr und ständigen Streit mit ihrem Mann deswegen. Soweit die Ausgangssituation. Nun zur Erhebung des Inneren Teams: Die Klientin hatte keinerlei Schwierigkeiten auf meine Vermutung einzugehen, dass Sie in diesen Situationen, nämlich wenn sie Nein sagen müsste, vermutlich mehrere innere Stimmen höre. Und das ist nun das Besondere an der Arbeit mit dem Inneren Team, dass wir diese innere Vielfalt im Bild mit sehr einfachen Mitteln festhalten. Wir brauchen eine möglichst ganz konkrete Einstiegsfrage oder situation, evtl. auch den Namen eines schwierigen Menschen o.ä. (In diesem Fall: „Maja greift nach dem Messer, ich muss ihr NEIN sagen!“) Dann malen wir den geräumigen Körper und beginnen mit der Frage: „ wenn sie an.......denken, wer meldet sich dann in Ihnen zuerst? Dieses Teammitglied bekommt eine Sprechblase mit seiner Botschaft zum Thema und einen Namen. Bei meiner Klientin meldete sich als Erstes ein Teil, den sie SCHUTZENGEL genannt hat, der fragte: „Muss ich denn wirklich „Nein!“ sagen? Wenn ich ganz doll aufpasse, dann geht es doch auch.“ Wir werden später noch auf dieses Beispiel zurückkommen. 4 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Ich möchte Sie nun bitten, sich einmal etwas in sich selbst zurückzuziehen, vielleicht die Augen zu schließen und nachzuspüren, ob Sie ein Thema finden, zu dem Sie sich innerlich etwas unklar und unsortiert, vielleicht hin- und hergerissen fühlen und mit dem Sie sich in diesem Rahmen in einer kleinen Arbeitsgruppe zeigen mögen würden. .... Kommen Sie bitte mit Ihrer Aufmerksamkeit in unsere Runde zurück. Jetzt sind Sie also vorbereitet, für kleine Erhebungsgruppen. Ich würde Ihnen aber gern noch eine kurze Demonstration mit auf den Weg geben. Gibt es jemanden, der oder die sich bereitfinden würde, sein oder ihr Thema hier ein Stück weit mit mir zu bearbeiten? - Beispielhafte Demonstration einer Erhebung des Inneren Teams einer/s Teilnehmerin/ Teilnehmers - Nachbesprechung: Zunächst zur Namensgebung: hier sollten wir zu positiv konnotierten Namen ermutigen, um den Prozess der Akzeptanz der einzelnen Teammitglieder zu unterstützen, ihre Daseinsberechtigung und den Wert ihres Beitrages im Teamgespräch auszudrücken. Namen wie „Weichei“, „Looser“ o.ä. machen schon deutlich, dass diese Teammitglieder einen schweren Stand im Team haben. So erhalten wir hierüber erste Hinweise auf die Dynamik. In diesem Prozess der Erhebung gibt es jeweils zwei gegenläufige Prozesse: Zu Anfang ermutige ich den Klienten, einmal recht intensiv innerlich mit dem Teammitglied in einen Kontakt zu gehen, von dem er/sie gerade berichtet. Quasi aus dessen Sicht zu sprechen. In diesem Prozess der Identifikation mit einem Teammitglied werden auch dessen Gefühle angespürt und ausgedrückt. Wenn ich nun dieses Teammitglied mit seiner Botschaft und seinem Namen auf das Flipchart male, befreie ich den Klienten praktisch aus dessen Energien und verhelfe ihm zur Dis-Identifikation von diesem Teammitglied. Er löst sich und kann erneut in sich hineinhören, wer sich als nächstes meldet. Am Ende einer Erhebung, wenn alle Teammitglieder auf dem Flipchart festgehalten sind, ist der Klient in der Regel in einer gelösten und aufmerksam zugewandten Haltung zu seinen Inneren Kräften. Dieser Gesprächsprozess dauert bei emotional bedeutsamen Themen in der Regel ca 90 Minuten. 5 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 - Kleingruppenarbeit zu dritt, Klient, Therapeut, Beobachter zur Erhebung erster Innerer Teammitglieder (ca. 20 Minuten), anschließend kurzer Austausch in der Kleingruppe - Rückkehr ins Plenum, Klärung der wichtigsten Fragen - Ergänzungen zum Input Wie geht es weiter? Die Erhebung ist in der Regel schon eine große Entlastung. Es fühlt sich gut an, quasi von außen einmal auf das innere Durcheinander schauen zu können. Es entsteht ein gewisses Selbst-Verständnis, dass es schwer ist, bei dieser Vielfalt zu einer stimmigen Entscheidung und Handlung zu kommen. Abbildung 3: Innere Spätmelder (© Prof. Schulz von Thun) Zu berücksichtigen ist jeweils auch, dass sich häufig nach solchen Erhebungssitzungen noch weitere Teammitglieder melden, die dringend in die Gesamtschau des Inneren Teams einbezogen werden müssen. Wir nennen sie Spätmelder. Meist sind sie vom Oberhaupt oder anderen Teammitgliedern nicht gut angesehen, weil sie schwach, ängstlich oder verletzt sind, sich nur noch selten direkt melden, wohl aber 6 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Wege finden, ihre Energien wirksam werden zu lassen (etwa in psychosomatischen Symptomen). Die Parallelitätsthese besagt nun, dass diese inneren Anteile ähnlich reagieren wie reale Menschen in einem realen Team: dh sie alle wollen gehört und ernstgenommen, wertgeschätzt und anerkannt werden in ihren Bemühungen für das gesamte System. Für eine effektive Kooperation darf Unterschiedlichkeit nicht unterdrückt werden, sondern muss willkommen geheißen werden als potentiell wertvolle Ergänzung. Soweit das Ziel auch für ein Inneres Team. Tatsächlich aber haben wir eher mit konfliktreichem inneren Geschehen zu tun. Es gilt deshalb, die Dynamik genauer zu betrachten. Wer koaliert mit wem gegen wen? Wer wird isoliert und an den Rand gedrängt? Wer hat eine führende Position eingenommen usw. Häufig lassen sich Beziehungen zwischen zwei Teammitgliedern entdecken, die so ähnlich eingespielt sind wie zwischen dem Klienten und einer wichtigen Bezugsperson: eine Chance, die alten Beziehungs-muster in die Betrachtung zu nehmen! Viele psychische Symptome lassen sich bei dieser Betrachtungsweise verstehen als Versuch einzelner Teammitglieder, andere zu unterdrücken oder regelrecht zu verbannen. Deren Energien nehmen dennoch Einfluss (etwa über psychosomatische Symptome, Ängste etc) und gerade ihre Entdeckung und „Rehabilitation“ führen in der Regel zu heilsamen Fortschritten. Nach einer Erhebung ist es deshalb wichtig mit dem Klienten noch einmal alle Teammitglieder anzuschauen und zu versuchen, deren Handeln zu verstehen und ihnen Anerkennung (zumindest) für ihre guten Absichten und ihre Anstrengungen auszusprechen. Abbildung 4: Kooperative Führung (© Prof. Schulz von Thun) 7 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Die Frage ist ja nun, wer schaut denn jetzt mit dem Berater auf das Team? Wir verstehen das so, dass es ein Oberhaupt oder einen Teamchef gibt, der quasi übrig bleibt, wenn er/sie sich von den Energien der einzelnen Team-mitglieder gelöst und etwas Abstand genommen hat. Seine Aufgabe ist die kooperative Führung seines Teams. Abbildung 5: Innere Ratsversammlung (© Prof. Schulz von Thun) Er sollte sich für jedes einzelne Teammitglied in einer wohlwollenden Haltung interessieren, seine Teammitglieder in ein konstruktives Gespräch zu wichtigen Fragen der Gesamtperson bringen und im Konfliktfall vermitteln, im Notfall auch selbst Entscheidungen treffen und dies mit den nicht berücksichtigten Teammitgliedern offen besprechen. (Z.B. in einer Prüfungs-phase, erschöpfte Teammitglieder wollen eine Auszeit vom Lernen, Angebot und Versprechen vom Teamchef: Erholungsreise zu einem späterem Zeitpunkt). Neben den Teammitgliedern ist also auch das Oberhaupt von zentraler Bedeutung für eine konstruktive Arbeit unserer inneren Kräfte. Der Teamchef hat es oft mit sehr speziellen Schwierigkeiten bzw. ganz speziellen Dynamiken zu tun, die dann im Grunde ähnlich zu bearbeiten sind, wie in einem 8 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 realen Team oder wie Sie bisher z.B. mit inneren Konflikten Ihrer Klienten gearbeitet haben. Um mit dem Modell des inneren Teams weitergehend therapeutisch arbeiten zu können, sind wir auf ergänzende Vertiefungsmethoden aus psychotherapeutischen Verfahren angewiesen. Hier bieten sich Gestalttherapie und Psychodrama für die Arbeit auf der äußeren Bühne an, oder imaginative Arbeit auf der inneren Bühne etwa orientiert an Luise Reddemann oder Richard Schwartz. ( S.a. Dagmar Kumbier 2013) Der Vorteil einer vorausgehenden Erhebung des betreffenden Inneren Teams ist, dass Sie in der Arbeit mit Ihren Klienten die Teammitglieder personalisiert und visualisiert haben und dadurch das Kennen- und Verstehen-lernen und die innere Klärungsarbeit anschaulicher auf einer gemeinsamen Grundlage mit dem Klienten unterstützen können. Abbildung 6: Dominanz der Lauten und Schnellen (© Prof. Schulz von Thun) Z.B. bei Dominanz der Vorlauten und Schnellen: etwa wenn ein Klient sich schnell angegriffen fühlt und gereizt reagiert und dabei den leiseren und langsameren inneren Anteil übergeht, der zu sachlicher Klärung bereit wäre. Damit trägt der schnelle gereizte Teil zur Eskalation der äußeren Situation bei. Hier bietet sich eine 3 Stühle Arbeit an (Dominantes Teammitglied, Leises Teammitglied und Oberhaupt), in 9 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 der der Klient wechselnd alle Rollen einnimmt. Es ist dabei wichtig, auch zu klären, was der Dominante denn befürchtet, was geschehen könnte, wenn er nicht so handeln würde. Abbildung 7: Inneres Patt (© Prof. Schulz von Thun) Es gibt noch eine ganze Reihe weitere spezielle Teamstrukturen, die ich hier leider nicht alle vorstellen kann. Fallbeispiel Fortsetzung Ich würde gern noch einmal auf meine Klientin Marie und ihr Problem mit der Erziehung ihrer Tochter Maja zurückkommen. Ich zeige Ihnen auf der kommenden Seite einmal das vollständige Ergebnis der Erhebung. Eine zentrale Bedeutung für die Unfähigkeit, ihre Tochter zu begrenzen, kam ihrer MITFÜHLENDEN zu, hinter der wir durch meine Fragen schließlich die KLEINE entdeckten, die in ihrer Kindheit extrem begrenzt und bei Grenzüberschreitungen gewalttätig bestraft wurde. Die Klientin schilderte eine Weile die bedrückende Atmosphäre ihrer Kindheit und mit einigen Worten zusammenfassend typische Erlebnisse mit ihrem cholerischen, gewalttätigen Vater. Dabei kamen ihr mehrfach die Tränen. Ich habe zugehört, sie aber nicht ermutigt, weiter in ihre Erinnerungen einzusteigen. Als sie sich wieder gefasst hatte, habe ich die Klientin wieder als Oberhaupt angesprochen, mit der Bitte, ihr eigenes Elternhaus und das ihrer Tochter einmal zu vergleichen. Was sie selbst als Kind erlebt hat und was ihre Tochter bisher erlebt hat. Es dauerte nicht lange bis zu der Erkenntnis, dass die bisherigen Kindheitserlebnisse ihrer Tochter Maja unvergleichlich liebevoller und unbelasteter waren als ihre eigenen. 10 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Abbildung 8: Inneres Team „Maja greift nach dem Messer“ 11 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Sie konnte die beiden Szenarien trennen und sich von deren Implikationen (Ein „Nein“ bedeutet emotionale Kälte) lösen. Dadurch wurde die MITFÜHLENDE frei, sich und ihre Tochter in den folgenden 2 Wochen genauer zu beobachten und mit neuem Verhalten zu experimentieren. Dann kam sie mit neuen Erkenntnissen in die nächste Sitzung. Ich habe sie den entsprechenden Teammitgliedern in die Sprechblasen geschrieben. Abbildung 9: Neue Erkenntnisse der Inneren Teammitglieder Mit der ANSPRUCHSVOLLEN KONTROLLEURIN und der KRITIKERIN führte ihr Oberhaupt ein klärendes Gespräch, was sie ebenfalls sehr berührte und zu einem guten, neuen Anfang ihrer Beziehungen führte. Diese beiden sind nicht nur Teil des Teams hinsichtlich ihrer Tochter, sondern Stammspieler, mit deren rigider und verletzender Haltung es sich auch sonst nicht gut leben ließ. Generell lässt sich sagen, dass wir davon ausgehen können, dass in jeder Situation, die uns nicht gelingen will, befriedigend (dh. mit einem inneren Stimmigkeitsempfinden bzgl. der äußeren Situation und unserer inneren Situation) zu lösen, Verletzte im inneren Team eine Rolle spielen, meistens verletzte innere Kinder. 12 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 II. Ergänzende Modellvorstellungen zu inneren Welten Die „Hauptselbste“ von Hal und Sidra Stone Jetzt würde ich gern einen gedanklichen Schritt weitergehen. Nach vielen individuellen Erhebungen stellt sich irgendwann die Frage: Sind denn alle Inneren Teams völlig verschieden oder gibt es Ähnlichkeiten, können wir vielleicht hinter allen individuellen Teammitgliedern eine Art innerer menschlicher Grundstruktur entdecken? Hal und Sidra Stone haben 1997 in ihrem Buch „Abenteuer Liebe“ eine solche Grundstruktur beschrieben, die von anderen KollegInnen aus der IFS-Therapieszene bestätigt bzw. ähnlich beschrieben wird. Ich habe das entsprechende Kapitel einmal in Innere Team Bilder „übersetzt“ und meine Kollegin Karen Knipping hat alles gezeichnet. Abbildung 10: Haupselbste nach Hal und Sidra Stone 13 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Hal und Sidra Stone nennen die wichtigsten Teammitglieder Hauptselbste, (bei Schulz von Thun wären es Teammitglieder, die in fast allen Situationen beteiligt sind: Stammspieler). Sie gehen von einem schutz- und nähebedürftigen Kind aus, das im Laufe seines Lebens Kräfte entwickelt, sich in seiner Welt zu orientieren, zu schützen und zu wachsen. Diese Kräfte nennen sie Hauptselbste. Im günstigen Fall wird dieses Kind in eine Familie hineingeboren, in der es umsorgt und zu Entwicklung ermutigt wird, wo es mit Gefühlen wie Freude und Lust genauso angenommen wird wie mit Wut, Angst oder Traurigkeit. In dem Fall wird der Bewacher eine entspannte, „liberale“ Haltung einnehmen können, und das heranwachsende Kind wird es mit geringen inneren und äußeren Konflikten zu tun bekommen. Sollte das Kind in seinem Elternhaus allerdings Ablehnung, Unverständnis oder gar Misshandlung und Gewalt erleben, wird der Bewacher mit sehr großer Anstrengung versuchen zu erkennen, wie Verletzungen für seinen Schützling zu vermeiden sind, welches Verhalten dafür nützlich ist und wird an diesen aus schlechter Erfahrung gewonnenen Überzeugungen ein Leben lang festhalten. (Etwa: „Wir sind wertlos, niemand will uns. Es hat keinen Zweck, menschliche Nähe zu suchen. Das führt nur zu Enttäuschungen.“) So, wie der Beschützer/Bewacher hier eine rigide, extreme Überzeugung angenommen hat, und entsprechend in Zukunft das soziale Verhalten dieses Kindes und späteren Erwachsenen steuern wird, so gibt es ähnlich überzogen radikale Einstellungen auch bei den drei anderen Hauptselbsten bezogen auf den Leistungsbereich. Schauen wir uns das auf einem weiteren Bild auf der kommenden Seite einmal an. Hier wird deutlich, welche Belastungen rigide Hauptselbste für unser inneres Klima und in der Folge für unser Verhalten und damit auch für die Gestaltung unserer äußeren Welt bedeuten können. Hal und Sidra Stone sprechen von den Schattenseiten der Kräfte, die sich nach ihrer Überzeugung für unser Wohl einsetzen. Natürlich sind Ihnen diese Gedanken im Prinzip vertraut, dass Menschen ihr Leben häufig nach inneren Regeln gestalten, die in einer vergangenen Lebensphase hilfreich, wenn nicht gar lebenswichtig waren, die aber nicht den Spielräumen und Lebenschancen ihrer Gegenwart entsprechen und sie behindern und unnötig einengen. Ich finde diese Bilder dennoch wert anzuschauen, so differenziert und doch prägnant, wie sie einen Teil unser aller innerer Welt abbilden. 14 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Abbildung 11: Schattenseiten der Haupselbste nach Hal und Sidra Stone 15 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Innere Dynamik nach Richard Schwartz Im Internal Family System von Richard Schwartz (IFS)entspricht das „Selbst“ in etwa dem Oberhaupt des Modelles vom Inneren Team. Es hat Führungs-qualitäten und versteht es, auf einfühlsame, wohlwollend zugewandte Weise seinen Teammitgliedern zu helfen, wenn es sich ausreichend von ihnen separieren (disidentifizieren) konnte. Es sei sogar dort unversehrt zu finden, wo schlimmste frühe Erlebnisse einen Menschen traumatisiert haben. Das Selbst ist darüber hinaus aber auch fähig zu einem Bewusstseinszustand von Verbindung und Verschmelzung mit dem Universum wie etwa bei intensiver Meditation. Richard Schwartz hat im therapeutischen Dialog mit seinen Klienten ähnliche Strukturen gefunden wie das Ehepaar Stone: je nach Biographie gibt es verletzte innere Kinder, die im Entwicklungsstand zum Zeitpunkt ihrer damaligen psychischen Überforderung (was traumatische aber auch weniger extreme Erlebnisse umfassen kann) erstarrt, wie eingefroren verharren. Ihnen zum Schutz haben sich innere Kräfte entwickelt, die Richard Schwartz „Manager“ nennt. Sie bewältigen das alltägliche Leben und bemühen sich, durch vorausschauende Planung ihre Schützlinge nicht in Situationen zu bringen, in denen deren belastende Erlebnisse getriggert werden könnten, so dass sie zum einen erneut schlimm leiden müssten, zum anderen aber auch die gesamte Person mit ihren Gefühlen überfluten könnten und deren innere Balance und Funktionstüchtigkeit gefährden würden. Es geht ihnen also nicht nur um ihre Schützlinge, sondern vorrangig um das gesamte System. Ihre Anstrengung der Abschottung geht deshalb häufig auch zulasten von Entwicklungschancen für diese „Verbannten“, wie Schwartz sie nennt. Diese Manager/Wächter sind nun nicht, wie man aufgrund ihrer Äußerungen z.B. im Inneren Team vermuten könnte, erwachsene Teammitglieder, sondern es sind Teile, die wie die Verbannten selbst auf dem psychischen Entwicklungsstand des Kindes zum Zeitpunkt der Verletzung stehengeblieben sind. Mit diesem inneren Reifezustand versuchen sie das gesamte System im oben beschriebenen Sinne zu beeinflussen. Es liegt auf der Hand, dass dadurch die Möglichkeit neue, positivere Erfahrungen, etwa mit Bindung oder mit weniger perfektionistischer Handhabung von Leistungsanforderungen verhindert wird und damit die Anpassung des Gesamtsystems an veränderte Lebens-bedingungen. Dagmar Kumbier weist in ihrem Buch „Psychotherapie mit dem Inneren Team“ auf die Besonderheit „kindlicher Wächter“ hin und auf die Notwendigkeit, sie auch in besonderer Weise therapeutisch zu behandeln. Wir kommen darauf zurück. Wichtig zu ergänzen ist zunächst eine weitere Gruppe von Beschützern/Be-wachern, die sich ins Spiel bringen, wenn die vorausschauend vermeidenden Strategien der Manager nicht ausreichend wirken. Wenn etwa ein Mensch mit frühen Verlassenheitserlebnissen von seinem Partner verlassen wird und die entsprechenden Gefühle von Schmerz und Lebensangst aufsteigen, übernehmen häufig die „firefighter“ (nach Richard Schwartz) die Regie und versuchen auf selbstdestruktive Weise diese Gefühle in Schach zu halten, etwa durch innere 16 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Angriffe auf eigene Teammitglieder, durch Ablenkung mithilfe von Selbstgefährdung, Selbstverletzung bis zum Suizid, durch Angriffe auf andere, durch Dissoziation, oder durch Betäubung mithilfe von Suchtmitteln. Hier hat meine Kollegin Karen Knipping die Beteiligten einmal ins Bild gesetzt. Abbildung 12: Fire- Fighter nach Richard Schwartz In der Ego-State-Literatur werden diese Anteile vor allem unter den Stichworten „Introjekt“ und „Täteridentifizierte Ego States“ beschrieben (Reddemann 2011, S.180 ff.; Peichl 2007, S. 107 ff.). Sie sprechen und benehmen sich häufig so, „wie die Klientin oder der Klient früher wichtige Bezugspersonen erlebt hat“ (Kumbier 2013, S. 58). Kommen wir noch einmal auf Dagmar Kumbier zurück. Sie hat in ihrem Buch u.a. das Modell des Inneren Teams „um die Dimension der verletzten und traumatisierten inneren Kinder und deren Wächter“ (Kumbier 2013, S. 15) erweitert, und ausgeführt, dass deren therapeutische Behandlung anders angelegt sein muss,“ als die 17 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Behandlung erwachsener Teammitglieder, wie sie Schulz von Thun mit Blick auf Coaching und Training in den Mittelpunkt stellt.“ Abbildung 13: Erwachsene Teammitglieder und kindliche Wächter (Dagmar Kumbier, Abbildung in „Psychotherapie 18. Jahrg. 2013, S. 110) Erläuterung: (Zitat aus Zeitschrift, S. 109, s.o.) Erwachsene Anteile im Inneren Team wollen gemäß der Schulz-von-Thun’schen Metapher des Arbeitsteams in ihrem Beitrag zum Ganzen gesehen und mit dem Teil von Weisheit gewürdigt werden, das sie zum Ganzen beitragen. Ziel in Therapie und Coaching ist, sie in eine gute Balance mit den anderen Mitgliedern des Inneren Teams zu bringen, so dass die verschiedenen Bedürfnisse und Ziele situationsangemessen berücksichtigt werden können. Kindliche Wächter, die in verstörenden oder traumatischen Situationen festgefroren sind, wollen dagegen in ihrem biographischen Hintergrund verstanden und in ihrer biographischen Leistung gewürdigt werden. Therapeutisches Ziel ist, sie in die Gegenwart zu holen. Dort zeigt sich, dass die alten Strategien in diesem Umfang nicht mehr nötig sind, und es geht darum, eine neue Rolle für diese Anteile zu finden.“ Zur Ergänzung sei hier noch der Umgang mit den „Verbannten“, (meist inneren Kindern) beigetragen: Verletzte und Traumatisierte brauchen die Gelegenheit, dem 18 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Selbst gegenüber über ihre Verletzungen zu sprechen und mit Mitgefühl bestätigt zu bekommen, dass sie Schlimmes erlebt haben. Es gilt, ihnen zu vermitteln, dass die verletzende Situation vorüber ist und es Möglichkeiten für sie gibt, sich an einem sicheren Ort erholen und entwickeln zu können. Der letzte Schritt besteht in einem Angebot von Entlastung, da die traumatisierten Teile Lasten wie etwa extreme Überzeugungen tragen, z.B. von ihrer Wertlosigkeit oder ihrer Schuld. Wir ermutigen das Selbst des Klienten, das Thema der Lasten anzusprechen und zu helfen, diese noch einmal anzuspüren (z.B. als Körpergefühl) und dann mit dem Klienten zu beratschlagen, wie er sich entlasten möchte. Dazu gibt es viele Wege, etwa die Last in der Vorstellung in einen Fluss oder in ein Feuer zu werfen. Bezug zu Menschen mit Suchtgefährdung bzw. Suchterkrankung Abschließend möchte ich hier auf die Frage eingehen, ob die Arbeit mit dem Inneren Team in unserem Arbeitsbereich hilfreich sein kann. Ich würde diese Frage positiv beantworten. Das Modell des Inneren Teams lässt sich methoden- und schulenübergreifend unkompliziert in der beraterischen und therapeutischen Arbeit mit Suchtgefährdeten und –kranken einsetzen. Es kann anschaulich zur Diagnostik von Dynamiken und Konflikten genutzt werden, aber auch Wege zur weiteren Bearbeitung aufzeigen. Es gibt - wie wir alle wissen – nicht die typische Suchterkrankte, den typischen Suchterkrankten. Sucht ist ein komplexes, individuell sehr unterschiedliches Phänomen, das aus dem Zusammenwirken gesellschaftlicher, familiärer, persönlichkeitsspezifischer und biologischer Faktoren besteht. Das Modell des Inneren Teams bietet ausreichend Offenheit für die Darstellung der vielfältigen inneren Anteile bzw. Teammitglieder unserer Klienten und Patienten. Zudem ist es für Beratungs- und Coachingprozesse, wie auch für die therapeutische Behandlung mit verschiedenen bekannten methodischen Ansätzen (z.B. Tiefenpsychologie, Psychodrama, Gestalttherapie, integrative Therapie, imaginative Therapien) leicht zu ergänzen und zu vereinbaren. Alle methodischen Ansätze im Suchtbereich müssen hilfreich sein, um die Motivation zur eigenen Veränderung zu stärken und zu fördern. Dies sind nach Grawe (Neuropsychotherapie, 2004): Bindung Selbstwerterhöhung Lust/ Unlustvermeidung Kontrolle u. Transparenz 19 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Hierzu bietet das Modell des Inneren Teams gute Möglichkeiten und kann so ein wesentlicher Baustein zur Veränderungsmotivation in der Suchtbehandlung sein: Das Verfahren ist vom Ansatz respektvoll, annehmend und ressourcenorientiert. Die inneren Anteile werden gemeinsam erarbeitet und in ihrem Bemühen gewürdigt. Der Berater gestaltet den Umgang mit dem Beratenen wertschätzend und auf Augenhöhe, so dass einerseits eine positive Bindung entstehen kann und andererseits das Selbstwertgefühl des Beratenen gefördert wird. Zudem kann die Darstellung der eigenen Teammitglieder auf dem Flipchart Spaß machen oder zumindest entlastend wirken (Lust / Unlustvermeidung). Die Arbeit mit dem inneren Team ist ein sehr individuelles Vorgehen in enger Kooperation mit dem Betroffenen. Der Prozess ist hierdurch von ihr /ihm selbst steuerbar und kontrollierbar. Dies ist wichtig, um ihrem Bedürfnis nach Kontrolle und Transparenz entgegen zu kommen. Dazu tragen auch die Bilder und die leicht verständlichen Begriffe (kein „Fachchinesisch“) und Vorgehensweisen bei. Im Modell des Inneren Teams und der Inneren Familie wird das Suchtverhalten speziellen inneren Anteilen zugeschrieben (s. Kumbier S. 57 / Schwartz 1997, S. 58f, 193f), die es zur Betäubung unerträglicher Gefühle mithilfe von Sucht-mitteln einsetzen oder zur Ablenkung von diesen Gefühlen durch gefühlsintensives Risikoverhalten. Die Sucht wird somit ein sogenannter „Feuerbekämpfer“. Ihr Ziel ist die Eindämmung bedrohlicher emotionaler Großbrände (Schwartz 1979, S. 85f, 139f). Es ist eine Strategie im Notfallprogramm der Wächter/ Feuerbekämpfer (Kumbier S.58), nach Mentzos sind dieses Abwehrformen. Die therapeutische Arbeit mit den sogenannten firefightern, den kindlichen Wächtern, die im Falle drohender emotionaler Überflutung zu destruktiven Mitteln für die Person greifen, ist besonders schwierig. Das erste Problem besteht darin, dass die Klienten sich in der Regel vor diesen Anteilen fürchten. Sie sind in der Imagination häufig große, gefährliche, angsteinflößende Figuren. Die Klienten brauchen Unterstützung, deren beängstigende Präsenz zu steuern, etwa durch die Vorstellung, diese Figur durch eine Glasscheibe in einem anderen Raum zu sehen o.ä. Richard Schwartz schreibt dazu: „Der Therapeut kann sich Zugang zu den Feuerbekämpfern verschaffen und sie nach ihren Gründen fragen. Wenn der Therapeut mitfühlend und beharrlich ist, werden diese Teile gewöhnlich ihren Schmerz oder den von Teilen, die sie beschützen, enthüllen. Dabei ist jedoch wichtig, nicht zu vergessen, dass diese Feuerbekämpfer Schwierigkeiten haben, ihre automatischen Reaktionen zu kontrollieren, bis mit dem Schmerz anders umgegangen werden kann. Wenn ein Feuerbekämpfer erst mal überzeugt ist, dass die Arbeit mit den Verbannten sicher ist, und wenn er erst einmal mit den Managern depolarisiert ist, die ihn mit Scham erfüllen, wird er bereit sein, über seine Reaktion zu verhandeln. Er kann einwilligen eine weniger gefährliche und unheimliche Form der Dissoziation zu verwenden, oder er verringert vielleicht die Intensität seiner Reaktionen. Im Allgemeinen brauchen Feuerbekämpfer die Hoffnung auf Veränderung…….All dies soll nicht bedeuten, dass keine Gefahr besteht, wenn diese 20 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Teile die Kontrolle übernehmen. Ich finde jedoch, dass die Gefahr weniger in den Teilen selbst liegt als in dem Kontext, in dem sie auftauchen. D. h., wenn die äußeren Menschen oder die inneren Teile um diese Feuerbekämpfer herum auf verleugnende, beschämende, nötigende oder angst- machende Weise reagieren, wächst die Gefahr. Jede dieser Reaktionen kann die Eskalation der Polarisierungen auslösen, sodass die Feuerbekämpfer ihr schützendes Verhalten bis zu dem Punkt steigern, an dem sie ernstlich destruktiv werden.“….Falls dies geschieht, „sollten Therapeut und Klient vielleicht einen kurzen Krankenhausaufenthalt in Erwägung ziehen.“ (Schwartz S. 193/ 194) 21 Buss 101. Wissenschaftliche Jahrestagung, 18.03.- 19.3.2015 Literatur: Schulz von Thun (1998), Miteinander reden 3: Das Innere Team und situationsgerechte Kommunikation, Reinbek, Rowohlt. Dagmar Kumbier (2013), Das Innere Team in der Psychotherapie, Klett-Cotta. Richard C. Schwartz (1997/2003), Systemische Therapie mit der inneren Familie, Stuttgart: Klett-Cotta. 22
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