beherzt. konkret. PLÄNE FÜR EIN NEUES OBERÖSTERREICH Wir schauen nicht länger zu. Wir holen uns Oberösterreich zurück. Themenwelten 9½ Fragen für Oberösterreich. 17 29 37 Landesverwaltung Warum verschwendet ihr unser Steuergeld? Bildung Weshalb geht bei der Schule seit 50 Jahren nix weiter? Start-ups Wohin mit meinem Gründergeist? 45 Arbeitschancen Warum darf ich nicht arbeiten, 55 Zusammenleben Wo bleibt die Menschlichkeit? 63 Gesundheit und Pflege Wieso wird meine Gesundheit 71 Wohnen Wie lange kann ich mir meine 79 95 wann und wo ich will? in die Pfanne gehauen, dass das Fett nur so spritzt? Wohnung noch leisten? Mobilität und Raumplanung Warum staut es sich noch? Umwelt und Energie Wo sind die Green Jobs wirklich? Was machen Politiker_innen eigentlich beruflich? WEG MIT DER VERANTWORTUNGSLOSIGKEIT Wir treten an, um der Verantwortungslosigkeit ein Ende zu setzen. Um Oberösterreich zu erneuern. Leidenschaftlich. Konkret. WIR SCHAUEN NICHT LÄNGER ZU. WIR HOLEN UNS OBERÖSTERREICH ZURÜCK. Wir bringen frischen Wind für OBERösterreich ... Wir wollen die Bildungswende, den Freiraum für mündige Menschen und Unternehmer_innen und wir wollen eine sichere Zukunft für unser Land. „ Wir wollen ein Land, das seine Schulden minimiert und an die nächste Generation denkt. Judith Raab Spitzenkandidatin Landtag NEOS OÖ „ Generationsgerechtigkeit Seite Landtagskandidaten_innen UNSERE KANDIDATINNEN UND KANDIDATEN Zukunft ist wählbar. 5 „ „ Oberösterreich braucht endlich Bewegung. Stillstand und Verschwendung müssen beendet werden. Bildung, Transparenz und die Förderung des Erfindergeistes sind die Schlüssel zu einer modernen Gesellschaft. „ Judith Raab Geschäftsführerin Internationale Akademie Traunkirchen Spitzenkandidatin Landtag Politik muss man mit Leidenschaft machen. Mit den Menschen und für sie. Schönreden hilft niemandem weiter. Wir erarbeiten konkrete Lösungen. Für die Probleme der Gegenwart und die Aufgaben der Zukunft. „ Stefan Nussbaummüller Energietechnikstudent & Feuerwehrausbildner Kandidat Landtag „ „ Langfristiges Denken, eine Vision, und Menschen mit der Fähigkeit und dem Mut, diese Vision schrittweise umzusetzen. Das sind die Zutaten, aus denen Politik gemacht werden muss. Wolfgang Bernhard Unternehmer Kandidat Landtag Ich will jungen Leuten eine Stimme geben und mich für eine generationsgerechte Politik einsetzen. Unter den 56 Abgeordneten im oberösterreichischen Landtag gibt es derzeit nur einen Menschen unter dreißig. Katharina Wolf Informatikstudentin Kandidatin Landtag „ „ Seite 7 „ Wenn jemand arbeitet, dann muss er auch davon leben können. Ich werde dafür kämpfen, dass arbeitende Menschen sich ein Leben leisten können, das sie glücklich und zufrieden macht. Thomas Madler Gelernter Betriebselektriker Kandidat Landtag „ Oberösterreich braucht einen neuen Gesundheitsdialog der konstruktiven Kräfte - Ärzte, Pflege und Landespolitik. Großgeräte und Prestigeprojekte lösen nicht die anstehenden Probleme. „ „ Peter Adelsgruber Facharzt für Chirurgie Kandidat Landtag „ Österreich zukunftsfroh machen! Jammern hilft nicht, das weiß ich aus meiner persönlichen und beruflichen Erfahrung. Man muss die Dinge selbst in die Hand nehmen, und das tun wir NEOS. Friedrich Seher Unternehmer Kandidat Landtag „ Ich kämpfe für alle, für die das Leben kein Honigschlecken ist. Man muss nach vorne blicken und die Welt positiv betrachten, sonst schafft man keine Veränderung zum Guten. Eugen Adelsmayr Facharzt für Anästhesie Kandidat Landtag „ „ Elma Jusic Maturantin Elisabeth Kitzmüller Hausfrau Alen Tahic Schüler Stefan Schobesberger Student der Rechtswissenschaften Elisabeth Leitner-Rauchdobler Unternehmerin Olga Lackner Selbstständige Landschaftsarchitektin Harald Decker Medizinprodukteberater Herbert Sklenka Journalist & Schriftsteller Johann Berger Tierarzt Elfie Martin Pensionierte Lehrerin Michael Kräftner Unternehmer Peter Schmitzer Pensionist Gerd Oismüller Hausmann Tina-Maria Monego Sozialökonomin und Ralley-Copilotin Pit Freisais Angestellter & Student der Rechtswissenschaften Rène Aichinger Controller Peter Gengler Unternehmer Alfons Kössler Verkäufer Martin Haditsch Tropenmediziner Thomas Thurnher Apotheker Michael Wiesinger Schüler Markus Prischl Exportmanager Alexander Haller Masseur Du bist am Drücker! Pink Vibrations. Eine Werte-Gemeinschaft. Politik wird von Menschen, mit Menschen und für Menschen gemacht. Die Wählerinnen und Wähler haben dabei eine Sehnsucht nach Authentizität. Sie sehnen sich nach dem Echten. Authentizität ist eine unserer großen Stärken. Wer uns trifft, spürt: Die wollen wirklich etwas. Die sind echt. Politik ist der Ort, an dem wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben. An diesem Ort entscheiden wir als Bürger. Eine Entscheidung, die sich im September 2015 stellt: Soll Oberösterreich in den zweitgrößten Politikapparat investieren oder in 200 neue Lehrerstellen für bessere Schulen? Die Macht geht vom Volk aus - du bist am Drücker! „ Raus aus den festgefahrenen Strukturen der Politik. Wir brauchen einen kräftigen Schub an Erneuerung. Bauen wir gemeinsam Landebahnen für die Zukunft. Matthias Strolz Vorsitzender NEOS „ Pack mit an! Seite Präambel EIN NEUES OBERÖSTERREICH Unsere Mission. 11 NEOS beendet den Stillstand. Am 27. September wird gewählt. Die Karten für Oberösterreich werden neu gemischt. Ein Schub an demokratischer Transparenz und Mitbestimmung öffnet das Land. Eine neue Gründerzeit beginnt. Die Verschwendung wird beendet, die heimischen Schulen werden zu den besten Europas entwickelt, eine neue politische Kultur hält Einzug. NEOS schlägt Wurzeln und wächst. Die Bürger_innenbewegung wurde im Oktober 2012 gegründet. Anfang 2013 hat sie — mit einer Handvoll Pionieren — in Oberösterreich Fuß gefasst. Seitdem wächst die Gruppe der ehrenamtlichen Akteure. Strukturen wurden eingerichtet, Gemeindeteams aufgebaut, ein Programm wurde geschrieben. Mehrere hundert Menschen haben daran mitgearbeitet. Über ein Jahr lang. Mehrere tausend Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher unterstützen die neue Kraft. Zehntausende haben NEOS bereits gewählt. Trotz dieses rasanten Wachstums ist NEOS eine selbstbestimmte und offene Bürger_innenbewegung geblieben. NEOS treibt an. Man darf die Zukunft nicht untätig erwarten, sondern muss sich ihr stellen. Die Gesellschaft befindet sich im strukturellen und demografischen Wandel. So schnell wie nie zuvor. Neue Denkansätze und Lösungen sind notwendig. Für das Wohnen, die Wirtschaft, die Pensionen, für soziale Fragen und für die Verwaltung. Bei NEOS werden Antworten erarbeitet. Gründlich und ohne Scheuklappen. Von Bürgerinnen und Bürgern, die politisch aktiv geworden sind. NEOS — leidenschaftlich und konkret. Wer die Interessen der Allgemeinheit vertritt, darf nicht durch Bünde gefesselt oder einer bestimmten Klientel verpflichtet sein. NEOS ist nur den Bürgerinnnen und Bürgern im Wort. Sonst niemandem. Und der Gerechtigkeit und der Wahrheit. Was zu tun ist, ist klar: Reformen statt Blockaden, Erneuerung statt Stillstand, Tatkraft statt Kleinmut. Dafür steht NEOS. Seite Themenwelten WEG MIT DER VERSCHWENDERAGENDA 9½ Fragen, die uns bewegen. 13 Warum verschwendet ihr unser Steuergeld? Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse. So führt man keinen Haushalt. Förderungen an Günstlinge müssen endlich aufhören. Klare Transparenzregeln, klare Bedingungen, Spekulationsverbot, Sorgfalt. Und keine Freunderlwirtschaft mehr. Landesverwaltung Weshalb geht bei der Schule seit 50 Jahren nix weiter? Bildung wird vererbt. Immer noch. Dadurch werden Talente vernichtet. Und Chancen. Qualität von Anfang an, auf die Kleinsten schauen. Bürokratie weg, Schüler_innen und Lehrer_innen in den Mittelpunkt. In autonomen Schulen. Finger weg, Politiker! Bildung Wohin mit meinem Gründergeist? Wir brauchen Innovationskraft, doch viele der Besten laufen uns davon. Wenn wir den Unternehmergeist im Land halten wollen, müssen Start-ups gefördert werden. Mit modernen Gesellschaftsformen und Finanzierungen. GmbH-Zero und Crowdfunding als Modelle der Zukunft. Start-ups Seite Themenwelten 15 Warum darf ich nicht arbeiten, wann und wo ich will? Die Arbeitswelten verändern sich von Grund auf. Trotzdem wird an überkommenen Systemen festgehalten. Arbeits- und Sozialrecht müssen moderner werden, lebenslanges Lernen gehört durchgehend gefördert. Arbeit muss zu den Menschen passen. Wie lange kann ich mir meine Wohnung noch leisten? Arbeitschancen Beim Bauen fängt es an. Unnötige Vorschriften, politisch durchsetzte Genossenschaften, zu wenig Innovation. Wohnraum muss nach Bedürfnissen entstehen, nicht nach Schablonen. Vielfalt für alle Lebensmodelle. Und Leerstände nutzen. Wo bleibt die Menschlichkeit? Warum staut es sich noch? Asyl und Zuwanderung sind verschiedene Dinge. Zuwanderung muss gelenkt werden, aber Flüchtlingen nicht zu helfen, ist eine Schande. Kurze Verfahren, Recht auf Arbeit ab dem 6. Monat, kleine Wohneinheiten. Und auf die Menschlichkeit der Bevölkerung vertrauen. Linz ist viel im Radio. Im Ö3-Verkehrsfunk. Als Spitzenreiter beim Stau. Der öffentliche Verkehr im Zentralraum ist erbärmlich. Pläne aus einer Hand müssen her. Straßen und Öffis sind keine Gegner. Wahlfreiheit beim Verkehrsmittel. Fahren können, womit man will. Zusammenleben Wieso wird meine Gesundheit in die Pfanne gehauen, dass das Fett nur so spritzt? So viele Kostenträger, und jeder zahlt etwas anderes. Parallelstrukturen fressen unser Geld. Geld, das bei den Patienten fehlt. Klar strukturieren. Am System sparen, und nicht am Menschen. Und die Pflegeberufe aufwerten. Wohnen Mobilität und Raumplanung Wo sind die Green Jobs wirklich? Gesundheit und Pflege Weit und breit kein Zukunftskonzept. Und die Energieversorger: eine Spielwiese der Politiker_innen. Weg mit der Freunderlwirtschaft, her mit klaren Plänen. Die Importabhängigkeit zurückstutzen. Die Bürger_innen einbinden. Und erneuerbare Energien fördern. Aber mit Voraussicht. Umwelt und Energie Was machen Politiker_innen eigentlich beruflich? Seite Warum verschwendet ihr unser Steuergeld? LANDESVERWALTUNG Ende der Verschwendungssucht, Intransparenz und Freunderlwirtschaft. 17 Liebe Steuerzahler_innen, haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wo eigentlich Ihr Geld hinkommt? Ein großer Teil davon wandert in eine ineffiziente, politisch besetzte (Über-)Verwaltung, in oft unnötige, weil nicht bedarfsgerechte Förderungen und in Aufwände für unsere Schulden. Nicht die Notwendigkeit oder Zukunftsideen bestimmen die Verwendung, sondern die Klientelpolitik der etablierten Parteien. In Oberösterreich wird Geld von Personen ausgegeben, die nicht für die Einnahmen verantwortlich sind. Warum wird so viel Steuergeld für die Förderung der Parteien ausgegeben? Warum steigen genau im Wahljahr die Ausgaben? Warum werden offensichtlich notwendige Reformen nicht durchgeführt? Warum gibt es mehrere Behörden mit gleichen Aufgaben im gleichen Ort? Warum ist die finanzielle Lage des Landes/der Gemeinden so undurchsichtig? Antworten auf diese und andere Fragen sowie Wege zu einem zukunftssicheren Oberösterreich finden Sie auf den folgenden Seiten. NEOS ist angetreten, um eine neue Politik mit neuen Köpfen zu machen. Wir greifen auch heiße Eisen an, wenn es dem Wohl der Menschen in unserem Bundesland und in weiterer Folge ganz Österreich dienlich ist. Ausgaben 5.500,0 € 5.250,0 € 5.000,0 € 4.750,0 € 4.500,0 € 4.250,0 € Themenwelt Landesverwaltung Einnahmen einm. Finanzbedarf z. Haushaltsausgleich 4.562,5 € 4.931,4 € 4.914,3 € 5.055,5 € 5.106,7 € 491,3 € 133,3 € 352,1 € 475,3 € (in Mio.€) 5.565,2 € 297,7 € 206,7 € 4.429,2 € 4.440,1 € 4.439,0 € 4.703,4 € 4.900,0 € 5.267,5 € 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle: Land OÖ — Entwicklung Gesamthaushalt: Einnahmen- / Ausgaben-Entwicklung Grafik zeigt deutlich: Land gibt seit Jahren mehr aus, als es einnimmt. Dieses langjährige strukturelle Defizit hat sich seit der Finanzkrise noch verschärft. Der Haushaltsausgleich, also die Finanzierung des Deltas, war nur durch Rücklagenauflösungen, Vermögensveräußerungen und Schuldaufnahmen möglich. Eine dauerhafte Entlastung des Haushaltes ist notwendig. Das Ausgabenniveau muss wieder mehr nach den laufenden Einnahmen ausgerichtet werden. https://www.lrh-ooe.at/_files/downloads/presse/presseaussendungen/2014/IP_RA_2013_Presseinfo.pdf LANDESBUDGET So sieht’s heute aus Da wollen wir hin Oberösterreich hat sich lange Zeit als wirtschaftlich starkes Bundesland präsentiert, das durch breite thematische Aufstellung und zukunftsorientierte Ausrichtung der Wirtschaft gut für die Zukunft gerüstet war. Durch Verfehlungen der Politik hat sich die Budgetsituation Oberösterreichs in den letzten Jahren jedoch laufend verschlechtert. Die Reserven der Haushaltsrücklage sind seit 2011 zur Gänze aufgebraucht. Das Land muss Schulden machen, um die laufenden Ausgaben decken zu können. Die Schulden des Landes und der Beteiligungsfirmen werden beständig gesenkt. Oberösterreich wird dadurch unabhängiger vom Kapitalmarkt und bekommt wieder mehr Spielraum für Zukunftsinvestitionen. Die Verantwortung für die (Steuer-) Einnahmen und Ausgaben wird zusammengeführt. Wer etwas ausgibt, muss auch für die Einnahmen Verantwortung übernehmen und umgekehrt. Die Landesverwaltung ist schlank und transparent. Jedem Menschen ist leicht verständlich, was mit seinem Steuergeld geschieht und welche Ziele damit verfolgt werden. Schulden Oberösterreich 600,000,000 € 500,000,000 € 400,000,000 € 540.290.000 € 425.000.000 € So können wir das erreichen 484.840.000 € 321.000.000 € 300,000,000 € Schuldenabbau: Eine Schuldenbremse muss in der Landesverfassung verankert werden. Oberösterreich verpflichtet sich, ausgeglichen zu budgetieren und seine Schulden abzubauen. 200,000,000 € 100,000,000 € 0€ RA 2012 Quelle: Land OÖ: RA 2013, VA 2014+2015 RA 2013 VA 2014 RA Rechnungsabschluss VA 2015 VA Voranschlag Darüber hinaus hat das Land Oberösterreich Haftungen in Höhe von 9,363 Mrd. Euro übernommen (Stichtag 31.12.2013).1 Dies ist mehr als das Doppelte des ordentlichen Haushaltes. Zusätzlich haftet das Land solidarisch mit anderen Bundesländern für die Verbindlichkeiten der Österreichischen Landes-Hypothekenbanken in Höhe von rund EUR 6,2 Mrd. Für diese Haftungen werden derzeit (entgegen der Vorgabe des Landtages) keine budgetären Vorsorgen getroffen. Zusätzlich muss das Land 2 Mrd. Euro Schulden finanzieren, die in Beteiligungsunternehmen oder Sonderfinanzierungen des Landeshaushaltes ausgelagert worden sind. Auch diese Finanzverpflichtungen sind in den letzten Jahren gestiegen. Fakt ist: Oberösterreich hat ein Ausgabenproblem, bedingt durch klientelorientierte, intransparente Budgetpolitik. 1 6.662 EUR/Person, aus RH-Bericht www.lrh-ooe.at/_files/downloads/berichte/2014/IP_RA2013_Bericht.pdf Spekulationsverbot: Weder auf Landes- noch auf Gemeindeebene dürfen sich die Swap-Affäre oder Verluste aufgrund von Fremdwährungskrediten wiederholen. Haftungen: NEOS fordert eine Selbstbeschränkung der Haftungen des Landes Oberösterreich maximal auf Höhe des letzten ordentlichen Haushaltes. Landesbeteiligungen: Hier muss völlige Transparenz geschaffen werden, alle Unternehmen müssen in den Jahresabschluss einbezogen werden. Doppelte Buchführung: Die bisher praktizierte Buchhaltung der Kameralistik muss durch eine moderne kommunale Rechnungslegung (doppelte Buchführung) ersetzt werden. Basis dafür sind die European Public Sector Accounting Standards2 mitsamt einer Finanzierungsrechnung, Ergebnisrechnung sowie Vermögensrechnung. 2 siehe http://www.epsas.eu/de/epsas-die-idee.html Seite 19 Seite Themenwelt Landesverwaltung FÖRDERUNGEN So sieht’s heute aus Das Förderwesen in Oberösterreich ist unüberschaubar und intransparent. Im Förderbericht 2013 wird die „Kleinigkeit“ von 59,3 Mio. EUR nicht ausgewiesen, da Förderungen unter 4.000 EUR und „sensible“ Förderbereiche ausgelassen werden. Es fehlt eine Gesamtstrategie, welche eine effiziente und bedarfsorientierte Ausschüttung von Fördermitteln sicherstellt. Doppelgleisigkeiten verschwenden Steuergeld und verhindern soziale Treffsicherheit. Es gibt eine hohe Anzahl an Förderungsstellen und Förderungsrichtlinien, die für jene Bürger_innen, die von den Förderungen profitieren sollten, unüberschaubar ist. Anstatt die Wirkung der Förderungen zu beurteilen, wird lediglich die Höhe der Förderungsmittelausschüttung als Erfolgsfaktor bewertet. Die derzeitigen Strukturen verschlingen Unsummen an Verwaltungsausgaben, da die einzelnen Institutionen aufrechterhalten werden müssen. Oft werden Objekte (z. B. Wohnraum) gefördert und nicht die Menschen oder Familien, die auf der Suche nach Unterstützung (z. B. leistbarem Wohnraum) sind.3 Das ist nicht treffsicher und geht zulasten sozial schwächerer Personen. NEOS unterstützt die Kunst- und Kulturfinanzierung durch die öffentliche Hand. Sie soll allen Kunst- und Kulturschaffenden sowie allen Kunst- und Kulturvermittler_innen nützen und breit angelegt sein. Derzeit wird allerdings ein zu hoher Anteil der Gelder für wenige große Institutionen verwendet. Das geht zulasten der freien Kunst-, Kultur- und Kreativszene. 21 Da wollen wir hin Ein transparentes bundesweites Förderungswesen gibt den Bürger_innen die Möglichkeit, sich über mögliche Förderungen schnell und vollständig zu informieren sowie Förderungen zu beantragen. Förderungen erreichen die Bürger_innen dort, wo sie gebraucht werden, und Steuergelder werden nicht durch eine unnötige, unkoordinierte institutionelle Vielfalt verschwendet. Die „Spendiermentalität“ ist zu Ende: Förderungen sind nun wesentliches Mittel der Politikumsetzung, haben den gewünschten Lenkungseffekt (Umwelt, Verkehr, Bildung …) und dienen nicht mehr dem Machterhalt. So können wir das erreichen Steuergeld muss transparent dort investiert werden, wo wirkungsvoll Verbesserungen für die Menschen entstehen. Oberösterreich (und in weiterer Folge ganz Österreich) braucht eine Förderdatenbank, in der alle Förderungen gleichermaßen erfasst sind, egal, in wessen Kompetenz sie fallen. Die Förderdatenbank enthält im Sinne der umfassenden Transparenz eine jederzeit und für alle Bürger_innen abrufbare Aufstellung der ausgeschütteten Förderungen. Auch klare Förderziele, ein Aufgabenkatalog sowie einheitliche Förderrichtlinien und Vergabekriterien sind darin festgeschrieben. Für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich und im Sinne der Schaffung von Arbeitsplätzen müssen Schwerpunkte in den Bereichen Innovation, Bildung, Forschung & Entwicklung, Arbeitslosigkeit und Start-ups gesetzt werden. Vom Landesrechnungshof festgestellte Mängel müssen verpflichtend beseitigt werden. 3 siehe auch Themenwelt Wohnen Seite Themenwelt Landesverwaltung 23 PARTEIFÖRDERUNGEN Da wollen wir hin Oberösterreich muss die niedrigste Parteiförderung aller Bundesländer aufweisen. Parteiförderung 2012 in Mio. Euro So sieht’s heute aus Die etablierten Parteien — durch das Proporzsystem sind alle in der Landesregierung — genehmigen sich in Oberösterreich einen der Höchstsätze an Parteienförderung. In Summe werden dafür jährlich fast 20 Mio. EUR an Steuergeldern ausgegeben. Darin sind Beiträge an die Landtagsklubs, an die Parteiakademien sowie Zuwendungen zugunsten parteinaher Bünde und Vereine in der Höhe von fast 3 Mio. EUR noch gar nicht mit eingerechnet. Beiträge an Parteien 1/059204/7660/000 FPÖ Länder Wien 124,6 33,0 OÖ 22,9 Ktn. 9,3 21,10 21,00 Stmk. 17,6 Tirol 7,7 NÖ 20,3 Vbg. 3,5 Pro Wahlberechtigtem in Euro 28,90 19,70 Bgld. 3,7 18,20 16,70 14,80 14,80 14,60 13,40 7,30 Quelle: APA. Sickinger So können wir das erreichen Referent: Landeshauptmann Dr. Pühringer SPÖ Grüne Die Freiheitlichen Landesgruppe OÖ 3.125.081,00 1.736.156,00 Die Grünen — Landesverband O.Ö. ÖVP Bund 46,0 Quelle: APA, Sickinger Sbg. 6,5 ÖVP-Landesparteileitung 9.722.475,00 SPÖ Sozialdemokr. Partei Österreichs 4.861.237,00 Summe Beiträge an Parteien 19.444.949,00 Verpflichtende Veröffentlichung aller Parteispenden über € 3.500,—. Bei NEOS bereits umgesetzt.4 Der Bundesrechnungshof erhält ein verpflichtendes Prüfungsmandat der Parteifinanzen unter Schaffung von Sanktionsmechanismen. Alle Prüfungsergebnisse sind im Internet einsehbar. Quelle: Land Oberösterreich „ So führt man keinen Haushalt! Außer man denkt nur an die nächsten Wahlen, das nächste Foto in der Zeitung oder den eigenen Machterhalt und nicht an die nächste Generation. Keiner hindert die Parteien im Landtag daran: Die Parteiförderungen sind auf den niedrigsten Satz aller Bundesländer in Österreich zu reduzieren. NEOS wird diesen Antrag stellen. „ Nicht mit uns! Judith Raab Spitzenkandidatin Landtag NEOS OÖ 4 siehe NEOS Transparentbericht auf https://NEOS.eu/transparenz/ Seite Themenwelt Landesverwaltung VERWALTUNGSSTRUKTUR So sieht’s heute aus Die Bediensteten des Landes leisten hervorragende Arbeit. Sie verwalten nicht nur, sie erbringen den Bürger_innen auch wertvolle Serviceleistungen. Gleichzeitig sind sie aber auch Leidtragende des Systems: Politische Abhängigkeit und Proporz schränken den Handlungsspielraum von Beamten unnötig ein und behindern innovative Weiterentwicklungen. Die österreichische Verfassung sieht eine dreistufige Verwaltung in Form von Bund, Ländern und Gemeinden vor. Tatsächlich wurde jedoch eine vierte Verwaltungsebene geschaffen, die dem Land zugeordnet ist, nämlich die Bezirksverwaltungsbehörde. Mit der EU sind das insgesamt fünf Verwaltungsebenen – eine für einen modernen Staat inakzeptable Struktur. In Oberösterreich hat sich eine Transferkultur etabliert. Gemeinden haben Zusatzaufgaben bekommen, ohne eine Finanzierung dafür zu erhalten. Sie sind durch diese politische Praxis zutiefst abhängig vom Wohlwollen der Landespolitik – sie hängen am Gängelband. Da wollen wir hin Gemeinden sind Servicestellen, deren Servicekompetenzen weiter in Richtung Bürger_innennähe ausgebaut werden. Für fachliche Kompetenz wird verstärkt auf Know-how aus dem Landesdienstleistungszentrum zurückgegriffen. Gut funktionierende Gemeindekooperationen entlasten die Gemeindekassen und steigern die Qualität der Gemeindearbeit. 25 So können wir das erreichen Führungspositionen in der öffentlichen Verwaltung müssen anhand klarer Kriterien durch transparente und öffentliche Ausschreibungs- und Bewerbungsprozesse besetzt werden. Dadurch wird die öffentliche Verwaltung entpolitisiert. In den Statutarstädten (Linz, Wels, Steyr) können Doppelgleisigkeiten abgeschafft werden, indem Magistrate die Verwaltung jener Bezirke mit übernehmen, von denen die Bezirkshauptmannschaft bereits in der Stadt angesiedelt ist. Verwaltungsgemeinschaften, in denen Gemeinden ihre Aufgaben in einem gemeinsamen Gebäude mit den gleichen Mitarbeiter_innen erledigen, sind ein weiterer möglicher Weg, um die Servicequalität für die Bürger_innen zu heben und gleichzeitig Kosten zu sparen. Auch Kooperationen in anderen Bereichen — von gemeinsamen Veranstaltungszentren und gemeinsame Schulen über Alten- und Pflegeheime bis hin zur Müll- und Wasserversorgung — sind zu forcieren. Das Land hat derartige Gemeindekooperationen zu unterstützen. Echte Bürger_innenbeteiligung ist dabei eine Selbstverständlichkeit. Das „Kirchturm-Denken“, bei dem ausschließlich auf die Interessen der eigenen Wahlgemeinde geachtet wird, muss zugunsten einer zusammenhängenden und „enkelfitten“ regionalen Strategie aufgegeben werden. Seite Themenwelt Landesverwaltung POLITIKVERSTÄNDNIS UND TRANSPARENZ So sieht’s heute aus In Oberösterreich gibt es sehr viele Berufspolitiker_innen. Die meisten von ihnen kommen aus geschützten Bereichen und können nach Ende ihrer politischen Laufbahn wieder in ihre frühere Position zurückkehren. So werden Berufspolitiker_innen geboren, die nie zuvor Erfahrungen in Leitungsfunktionen in der freien Wirtschaft sammeln konnten. Ideenlosigkeit und Überforderung in der Aufgabenbewältigung sind die verständlichen Folgen. Gleichzeitig haben es fähige Quereinsteiger_innen schwer, Fuß zu fassen. Das Proporzsystem hat dazu geführt, dass alle im oberösterreichischen Landtag vertretenen Parteien auch in der Regierung sitzen. Dadurch fehlt in der Praxis jegliche Opposition. Eine Karikatur der Demokratie. In Oberösterreich fehlt es an Transparenz, Bürger_innennähe und Bürger_innenbeteiligung. Gesetze, Regelungen und Verordnungen sind für viele Menschen unlesbar und unverständlich. Budgetzahlen sind zumeist gar nicht oder nur schwer zugänglich, geschweige denn für interessierte Bürger_innen auch nur halbwegs verständlich aufbereitet. Sogar für Expert_innen sind die Zahlen kaum interpretierbar, denn der tatsächliche Schuldenstand wird über kameralistische Buchführung5 und ausgelagerte Gesellschaften verschleiert. 27 Da wollen wir hin Durch den regelmäßigen Wechsel der Amtsträger_innen zwischen Politik und Zivilberuf werden neue Ideen und Sichtweisen eingebracht. Politiker_innen sind Manager_innen auf Zeit. Sie sehen die Bürger_innen nicht mehr als Störfaktor, sondern als ihre Auftraggeber_innen. Die Menschen gewinnen wieder Vertrauen in die Politik. Dadurch entsteht eine neue Kultur aktiver Bürger_innen, die verantwortungsbewusst ihr Umfeld mitgestaltet. In den Schulen hat die politische Bildung einen hohen Stellenwert. Die Stundenanzahl wurde erhöht. Die Jugend ist informiert und politisch engagiert. Auf Gemeindeebene wurden Jugendgemeinderäte und auf Landesebene ein Jugendlandtag etabliert, deren Ergebnisse in die Arbeit der offiziellen politischen Gremien (Gemeinderat, Landtag) einfließen. So können wir das erreichen Der Proporz muss abgeschafft werden. Für nicht direkt gewählte Funktionsträger_innen wird die Abgeordnetentätigkeit im selben Organ auf zwei Legislaturperioden beschränkt. Mitglieder der Landesregierung müssen sich vor ihrer Angelobung im Landtag einem Hearing mit Ablehnungsmöglichkeit stellen. In Gemeinden mit über 1.000 Wahlberechtigten müssen alle Gemeinderatssitzungen live im Internet übertragen (Live-Streaming) werden. Dadurch entsteht echte Transparenz, Entscheidungsprozesse werden sichtbar. Die gläserne Gemeinde und Open Data6 sind in Gemeinden und Land verbindlich einzuführen. Jede_r Bürger_in hat dadurch Zugang zu aussagekräftigen Finanzdaten. Diese sind in einer für „Normalbürger_innen“ verständlichen Form aufzubereiten. Das Amtsgeheimnis muss auf persönlich relevante Daten begrenzt werden. Die Regelung hat über ein Informationsfreiheitsgesetz zu erfolgen. An politischen Prozessen sind alle betroffenen Bürger_innen intensiv und ständig zu beteiligen - wahrhaft anstatt Scheinbeteiligung. 5 siehe http://derstandard.at/1358304402080/Wie-man-Laender--und-Gemeindefinanzen-transparent-macht 6 siehe https://www.data.gv.at/ Seite Weshalb geht bei der Schule seit 50 Jahren nix weiter? BILDUNG Die Talente unserer Kinder sind unsere Zukunft. 29 So sieht’s heute aus Nach jahrzehntelangen Versäumnissen und politischen Lagerkämpfen ist das heimische Bildungssystem heute geprägt von hohen Kosten, politischem Postenschacher und einer steigenden Unzufriedenheit aller Beteiligten. Bei bestenfalls durchschnittlichen Ergebnissen.* Statt mutig die Forderungen von Expert_innen umzusetzen und auf die Erfahrungen der Fachleute zu vertrauen, verzetteln sich die Entscheidungsträger_innen in Machtspielchen über die Deutungshoheit „richtiger“ Bildung. Bestehende Schulstruktur erzwingt Mittelmaß Seit Jahrzehnten scheitert die dringend notwendige Weiterentwicklung der Schulen an den ewig gleichen ideologischen Machtkämpfen. Statt die Schüler_innen und die Förderung ihrer Talente und Fähigkeiten in den Mittelpunkt aller Überlegungen zu stellen, wird über hoheitliche Zuständigkeiten und bürokratische Richtlinien diskutiert. Ein seit Jahrzehnten in seinen Grundzügen unverändertes Schulsystem wird alle paar Jahre scheinbaren Änderungen unterzogen, die sich im Wesentlichen auf Umbenennungen oder Umstrukturierungen mit möglichst geringen Auswirkungen beschränken. Wirksame Eingriffe sind durch rechtliche Rahmenbedingungen sowie parteipolitische Einflussnahme unmöglich gemacht. Parteipolitische Einflussnahme Die sichtbarste „Spielwiese“ parteipolitischer Machtausübung im heimischen Bildungssystem ist das Personalwesen — von bundesgesetzlichen Regelungen der Landeschulräte bis zur personellen Besetzung der Direktorenstelle in der kleinsten Volksschule. Der Präsident des Landesschulrates ist — gesetzlich definiert — der jeweilige Landeshauptmann. Die oberste Position der Kontrollinstanz ist somit dieselbe Person, welche die oberste politische Position im Land einnimmt. Der amtsführende Landesschulratspräsident wiederum wird vom Landeshauptmann eingesetzt. Er ist zugleich Leiter der Bildungsbehörde und oberster Personalvertreter der Lehrerinnen und Lehrer. Das Weiterdenken solch einer Systematik erklärt viele scheinbar unverständliche Besetzungen von Schulleiter_innen und Lehrkräften. Auch wenn dies von SPÖ und ÖVP gerne zurückgewiesen wird: Schulleiter_innen werden in Oberösterreich in der Regel immer noch nach Parteibuch oder * durch internationale Studien belegt. LEBENSLANGES LERNEN Themenwelt Bildung Bildung für das 21. Jahrhundert Abb.: Das Konzept der UNESCO für lebenslanges Lernen. Auf dieser Basis fassten die Vereinten Nationen im Dezember 2002 den Beschluss, die Dekade von 2005 bis 2014 zur Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ zu erklären. Die Erkenntnis daraus ist bitter — in 10 Jahren wurde in unserem Land nichts davon umgesetzt. Parteinähe bestellt. Ebenso die Schulverwaltung: Bestes Beispiel ist der hochbezahlte Posten des Vizepräsidenten im Landesschulrat, der völlig sinnlos ist und nur dazu dient, einen Parteigänger finanziell zu versorgen. Nachteile beim Start ins Leben Eine moderne Gesellschaft sollte für alle Kinder und Jugendlichen gleiche Bildungschancen bereitstellen. Das heimische Bildungssystem leistet das nicht: Die Schullaufbahn hängt nach wie vor stark von sozialer Herkunft und von Bildung, Beruf und Einkommen der Eltern ab. Auch Migrationshintergrund ist ein erwiesener Startnachteil. Ein Systemfehler mit gefährlichen Folgen für die Zukunft. Formulare statt Fertigkeiten Ausufernde Bürokratie und ständig neue Regelungen lähmen vielerorts den Schulbetrieb. Sekretariatstätigkeiten bleiben aufgrund fehlender Infrastruktur häufig am Lehrpersonal hängen. Lehrer_innen und Schulleiter_innen müssen von Verwaltungstätigkeiten so weit wie möglich befreit werden. Nur so können sie sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren. Da wollen wir hin Es herrscht Konsens darüber, dass qualitätsvolle Kinderbetreuung die Grundlage für gerechte Bildungschancen ist. Es wird erkannt, dass die flächendeckende Bereitstellung von Kindergärten, Krippen, Tagesmütterplätzen und Kindergruppen zielführender ist als die Vergabe reiner Geldleistungen. Auf diese Art ist auch eine bessere soziale Treffsicherheit gewährleistet. „Die Mündige Schule“7 etabliert sich als geeigneter Weg aus der bildungspolitischen Sackgasse. Die Bildungs7 einrichtungen werden nicht mehr parteipolitischer Bevormundung und bürokratischer Überregulierung ausgesetzt. Sie gehen eigenständig neue Wege und können schnell, flexibel und realitätsnah agieren. Die Finanzierung der Bildungseinrichtungen ist von der Institution losgelöst und ans Kind gekoppelt. Die Talente und Potenziale der Schüler_innen stehen im Vordergrund. „Potenziale fördern“ und „Stärken stärken“ sind die neuen Grundsätze. Die bisherige Orientierung an den Defiziten gehört der Vergangenheit an. Die Mittlere Reife http://www.talentebluehen.at/wp-content/uploads/2015/03/Muendige_Schule.pdf zum Abschluss der Schulpflicht bildet mit Mindeststandards in den Hauptfächern den gemeinsamen Rahmen. Lebenslanges Lernen wird als Basismodell der Gesellschaft verstanden. Bildung endet nicht mehr mit dem Schulbesuch, sondern begleitet den Menschen durch alle Lebensphasen. Die berufsbezogene Erwachsenenbildung liegt in der gemeinsamen Verantwortung von Individuum, Gesellschaft und Unternehmen. Die Lehrer_innen selbst sind entscheidend für die Qualität der Bildung, nicht mehr Strukturen und Methoden. Das Lehramtsstudium ist entsprechend aufgewertet, das Berufsimage ist gestiegen. Lehrer_innen können vorübergehend in die freie Wirtschaft wechseln, ohne damit dem Schulsystem für immer verloren zu gehen. Die Schulleiter_innen werden nicht mehr von Behörden und Landeshauptleuten bestimmt, sondern nach öffentlichen Hearings gemeinsam von Lehrer_innen, Eltern, Schüler_innen und Gemeinden, oder von einem privaten Trägerverein gewählt und auf Zeit bestellt. Ihnen wird voller Gestaltungsspielraum bei der Auswahl der Lehrer_innen und der anderen Mitarbeiter_innen sowie bei der Verwendung der Budgets eingeräumt. Die Qualität jeder Schule wird regelmäßig durch Lehrer_innen, Schüler_innen, Eltern und Absolvent_innen evaluiert. Lernen, Wissen zu erwerben Seite Lernen, zusammenzuleben Lernen, zu handeln Lernen, für das Leben Das Erfolgsmodell der dualen Lehrlingsausbildung in Betrieb und Berufsschule wird durch flexible Anschlussmöglichkeiten weiter aufgewertet. Neue Berufsakademien ersetzen teure Meisterkurse. Auch der Zugang zu universitärer Bildung wird weiter erleichtert. Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache treten nicht mehr mit einem Startnachteil ins Schulwesen ein. Der Schlüssel dazu ist sprachliche Frühförderung — sowohl in der jeweiligen Muttersprache als auch auf Deutsch. EXKLUSION INTEGRATION SEPARATION INKLUSION Abb.: Formen einer Gesellschaft mit Menschen umzugehen die „anders“ sind. Die sogenannte Integration (Spalte 3) zeigt auf, wie problematisch das, Zusammenfassen solcher Menschen zu geschlossenen Gruppen innerhalb der Gesellschaft ist. Sei es im Schulwesen oder auch im Lebensalltag, wo wir diese Gruppen nicht als integriert wahrnehmen, sondern von Ghettobildung sprechen. Die Inklusion (Spalte 4) bietet die Möglichkeit, in gesellschaftlicher Vielfalt miteinander zu leben. 31 Seite Themenwelt Bildung So können wir das erreichen Es geht darum, eine breite Allianz aller reformwilligen Kräfte zu schmieden. NEOS hat dazu die überparteiliche Plattform - „Talente blühen“8 etabliert. Folgendes ist notwendig: Die Basis: Wer nicht sät, wird nichts ernten Im Kleinkindalter werden Charakter und Entwicklungspotenziale eines Menschen geprägt. Bildungs-Investitionen in diesem Alterssegment entfalten die größte gesellschaftliche Wirkung. Ausbildung und Bezahlung der Kinderbetreuungsberufe müssen daher aufgewertet werden.9 Die Betreuungsverhältnisse müssen altersgerecht angepasst werden, beginnend mit 1:4 für Einjährige. Schulautonomie: freie Schulen für bessere Qualität Bildungseinrichtungen müssen autonom werden. Die Schulen werden Arbeitgeberinnen der Lehrer_innen, mit vollem Gestaltungsspielraum der Schulleiter_innen in der Zusammenstellung und Weiterentwicklung des Lehrkörpers. Die Zweiteilung in Bundes- und Landeslehrer_innen wird beseitigt – alle Schulen sind Bundessache, aber die Personalauswahl und Personalführung erfolgt lokal in der Schule. Von den Schulen können Sozialarbeiter_innen, Psycholog_innen und Lerncoaches angestellt werden, mit deren Unterstützung die Betreuung der Schüler_innen qualitativ verbessert wird. Kleinere Schulen können für administrative Aufgaben gemeinsam mit anderen Schulen ausgelagerte Service-Einheiten betreiben. Bürokratie: unnötige Schulräte Bezirks- und Landesschulräte werden abgeschafft, die dadurch frei werdenden Mittel zu den Schulen umgeschichtet. Schüler_innen: Talente in den Mittelpunkt Durch eine Vielfalt an autonomen Mittelschulen – oder neunjährigen Grundschulen – sollen die Schüler_innen auf individuellen Wegen zum gemeinsamen Ziel der 8 9 siehe http://www.talentebluehen.at/ siehe https://neos.eu/klub/elementarpaedagogik.pdf 33 Mittleren Reife geführt werden. Die individuellen Talente werden gefördert, entwickelt und die Stärken verstärkt. Fächerübergreifendes Projektdenken muss an die Stelle des nach wie vor überwiegenden Vermittelns von Fachwissen treten. Fachwissen kann man googeln, Projektdenken und Teamfähigkeit muss man lernen. An allen Bildungseinrichtungen sollen kreative Workshops aus allen Bereichen der darstellenden und bildenden Kunst, der Musik und der Literatur angeboten werden. Lehrer_innen: der Schlüssel zum Erfolg Das Lehramtsstudium muss durch selektive Aufnahmeverfahren aufgewertet werden. Gleichzeitig sollte der Lehrberuf durch Imagearbeit im Bewusstsein der Bevölkerung aufgewertet werden. Quereinsteiger_innen aus der Praxis und vielseitige Weiterbildungsmöglichkeiten sichern die Lehrqualität an den autonomen Schulen. Das Lehrpersonal wird von unnötigen Verwaltungsaufgaben befreit. Die Direktor_innen: Profis mit Gestaltungsspielraum Schulleiter_innen dürfen nicht länger nach Parteizugehörigkeit bestellt werden, Sie werden vielmehr – nach öffentlichen Hearings – gemeinsam von Lehrer_innen, Eltern, Schüler_innen und Gemeinden oder von einem privaten Trägerverein gewählt. Sie werden auf Zeit bestellt und bekommen vollen Gestaltungsspielraum bei der Auswahl ihrer Lehrer_innen und ihrer anderen Mitarbeiter_innen sowie bei der Verwendung der Budgets. Die Finanzierung: Freie Schulwahl ohne Schulgeld Die Finanzierung der Schulen ist von der Institution loszulösen und stattdessen an die Schüler_innen zu koppeln. Für jeden Platz, den eine Schule zur Verfügung stellt, erhält sie einen fixen Betrag vom Staat. Es gibt kein Schulgeld. Für Kinder aus bildungsfernen Schichten und mit nichtdeutscher Muttersprache erhält die Schule einen finanziellen Bonus. Damit wird die soziale Vielfalt in den Schulen gefördert. Einen erhöhten Betrag erhalten auch Kleinschulen am Land. Seite Themenwelt Bildung 35 Die Qualitätssicherung: Viele Augen sehen mehr als zwei Die Qualität des Lehrens und Lernens ist systematisch sichtbar zu machen und entsprechend zu fördern. Wie sie es von ihren Schüler_innen erwartet, soll auch die Schule selbst laufend dazulernen. Entscheidend dafür ist eine gute Beziehungs-, Kommunikations- und Feedback-Kultur zwischen allen Gruppen der Schulgemeinschaft. Die Qualität der Schule ist regelmäßig durch Lehrer_innen, Schüler_innen, Eltern und Absolvent_innen zu evaluieren. Ergebnisse werden anonymisiert veröffentlicht. Eine Qualitätssicherungsagentur vernetzt die Schulen und hilft bei Verbesserungsschritten. Die Lehre: faire Weiterbildung und Umstiegsmöglichkeiten Die Lehre soll durch flexible Anschlussmöglichkeiten aufgewertet werden. Umschulungen in andere Berufe sollen erleichtert werden, Berufsakademien die teuren Meisterkurse ersetzen. Berufliche und wissenschaftliche Höherbildung sind gleichzusetzen. Betriebliche Lehrstellen sollen gegenüber oft praxisfernen überbetrieblichen Lehrwerkstätten stärker gefördert werden. Die Anzahl der Lehrabbrecher_innen muss durch rechtzeitiges Coaching mit entsprechenden Förderprogrammen verringert werden. Die Möglichkeiten für die „Lehre mit Matura“ müssen erweitert und kostenfrei für alle angeboten werden. Oberstufenmodelle mit Berufsabschluss und Matura müssen ausgebaut werden. Lehrlinge sollen — wie bei Schüler_innen und Studierenden bereits üblich – zur Fortbildung Auslandsaufenthalte absolvieren können. Lebenslanges Lernen: gebündelte Förderungen Alle Förderungen von Bund, Ländern und Sozialpartnern im Bereich der berufsbezogenen Erwachsenenbildung sind auf einem Bildungskonto zusammenzuführen. Damit wird den Bürger_innen die individuelle Auswahl der für sie passenden Bildungsmaßnahmen erleichtert. Abb.: NEOS Zukunftsperspektive: Ein Bildungssystem, das Talente erblühen lässt. Aus einem Boden, der reich an Nährstoffen unserer Grundwerte ist, erkeimt junges Leben und erhebt sich eingebettet in ein soziales Miteinander aus Familie und pädagogischer Betreuung, um sich kraftvoll zu entfalten. Aus einem mächtigen Stamm der Elementarpädagogik sowie einer Gesamtheit autonomer Schulen, aus diesem Stamm erblühen auf der Krone der „Mittleren Reife“ jene vielfältigen Talente, welche den Reichtum des Miteinanders unserer Gesellschaft darstellen. Das pinkfarbene NEOS-Bienchen verteilt den Nektar der Reichhaltigkeit und lebt eine verantwortungsvolle oberösterreichische Bildungspolitik, welche in die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen investiert, anstatt Gelder in der Schulverwaltung zu verschwenden. Seite Wohin mit meinem Gründergeist? START-UPS* Die Rohstoffe unseres Landes liegen in den Köpfen unserer Menschen. 37 So sieht’s heute aus Land der Gründer_innen? Der bisher florierende Wirtschaftsstandort Oberösterreich verliert zunehmend an Attraktivität. Die Bürger_innen spüren inzwischen die Versäumnisse der Politik der letzten Jahre. Im Vergleich zu den umliegenden Regionen fällt Oberösterreich in der Wettbewerbsfähigkeit stetig zurück.10 Das Potenzial der Bereiche Innovation, Forschung und hochentwickelte Technologien wird bei weitem nicht ausgeschöpft. Im internationalen Wettbewerb hängt die Innovationskraft eines Hochlohnlandes von der Begünstigung des Unternehmergeistes ab. Erfolgreiche Wirtschaftspolitik lässt sich ander Wachstumsgeschwindigkeit und Anzahl von Start-ups ablesen. Doch Hochqualifizierte verlassen das Land, Ungelernte wandern zu: Österreichs hausgemachter Braindrain.11 Systembedingte Fehler erfordern gründliche Reformen! tech2b Fördergesellschaft Die im Mehrheitseigentum des Landes stehende (warum eigentlich?) Fördergesellschaft tech2b ist ein Musterbeispiel für die Verschwendung von Steuergeld. Geschaffen, um Hightech-Gründungen in OÖ zu fördern, wurde sie zum Inbegriff für wirtschaftliches Versagen durch politischen Einfluss. Die nachfolgenden Auszüge aus dem aktuellen Rechnungshofbericht12 sprechen für sich. „Die tech2b verfehlte in den Geschäftsjahren 2007/2008 bis 2011/2012 insgesamt 21 (!) von 25 zu erreichenden Zielwerten bzw. dokumentierte diese nicht.“ Die tech2b verursachte einen hohen Verwaltungsaufwand. Der Anteil an der gesamten Mittelverwendung lag zwischen 26 % und 41 %.“ Im Juni 2013 sanierten die Gesellschafter (mehrheitlich Land OÖ) tech2b durch Gesellschafterzuschüsse in Höhe von rd. 987.000 EUR.“ Die Arbeitswelt der Gegenwart In Wahlkampfzeiten wird von Parteien, Kammern und Gewerkschaften gerne „um jeden Arbeitsplatz gekämpft“. Meist sind damit aber nur das Bewahren von Privilegien und die Verteidigung „wohlerworbener Rechte“ gemeint. Diese Themenwelt konzentriert sich auf Gründungen. Das gesamte NEOS-Wirtschaftsprogramm liegt gesondert vor. Siehe: https://neos.eu/unternehmerisches-oesterreich/ * 10 11 12 www.iv-oberoesterreich.at/b745 www.nzz.ch/wirtschaft/wirtschafts-und-finanzportal/oesterreichs-hausgemachter-braindrain-1.18274548 www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/_jahre/2014/berichte/teilberichte/bund/Bund_2014_15/Bund_2014_15_5.pdf Seite Themenwelt Start-ups Arbeitnehmer_innen und Arbeitgeber_innen werden von Politik und Sozialpartnern immer noch gegeneinander ausgespielt. Die Oberösterreicher_innen sind heute mobiler und autonomer als je zuvor. Die Generation Y rückt nach. Viele Menschen wollen ihren Arbeitsplatz frei gestalten, oft in bewusst gewählter Selbständigkeit oder im Wechsel zwischen angestellten und unternehmerischen Arbeitsphasen. Niemand soll in die Selbstständigkeit gedrängt werden. Aber jene die diesen Weg beschreiten wollen, sollen dabei auf entsprechende Unterstützung setzen können. Der Unternehmergeist in der Flasche Unternehmer_innen sind Menschen, die oft den eigenen sicheren Job riskieren, nicht nur um Geld zu verdienen, sondern auch um neue Arbeitsplätze zu schaffen. Gerade in der Anfangsphase brauchen Selbstständige ein Arbeitsumfeld, das frei von unnötigen Hindernissen ist. Doch genau diese gibt es derzeit in abgaben- und verwaltungsrechtlicher Hinsicht: von der Kammerumlage über die Mindestkörperschaftsteuer bis zu Veröffentlichungspflichten. Bei Gründer_innen wird kräftig abkassiert, noch ehe der erste Euro umgesetzt geschweige denn der erste Gewinn geschrieben ist. Selbstständige werden mit Zwang zu Unselbstständigen umkategorisiert. So wird ein Kampf um Versicherungsbeiträge auf dem Rücken der Versicherten ausgetragen. Verantwortlich dafür ist die aufgeblähte Sozialversicherungsstruktur ein Relikt aus alter Zeit. Alleine diese Parallelstrukturen verschlingen Unsummen an Steuergeld. Privates Risikokapital nimmt den Weg des geringsten Widerstandes Start-ups liefern im heute notwendigen Tempo Lizenzen und Patente. Sie sind in der Umsetzung ihrer Geschäftsideen flexibler und schneller als Konzerne, die Innovationen deshalb häufig zukaufen. Die Gründung und Marktfähigkeit dieser Unternehmen hängt jedoch stark vom Zugang zu Kapital ab. In Oberösterreich wäre ausreichend privates Kapital vorhanden, das beispielsweise von Business Angels investiert werden könnte. Die Voraussetzungen dafür sind derzeit aber alles andere als attraktiv. 39 Da wollen wir hin Die Wirtschaft ist für die Menschen da. Nicht umgekehrt. NEOS steht für die ökologische und soziale Marktwirtschaft, die für nachhaltigen und breiten Wohlstand sorgt. Dieser definiert sich über ausreichend vorhandene Beschäftigung, menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen sowie Chancengerechtigkeit für die Entfaltung von Potenzialen. Wachstum wird nicht mehr rein quantitativ gesehen. Die Menschen gewinnen wieder Vertrauen in die Fiskal- und Wirtschaftspolitik. Es herrscht Gestaltungsfreude statt Zukunftsangst. Mut und neue Ideen sind genauso wie Scheitern und Fehler gesellschaftlich erlaubt. Das optimistische und gleichzeitig fehlertolerante Umfeld im kalifornischen Silicon Valley ist diesbezüglich ein Vorbild. Eine starke Realwirtschaft, die Investor_innen anzieht Die Realwirtschaft gewinnt gegenüber der Finanzwirtschaft wieder an Gewicht. Der Finanzsektor wird unter EU-weiter und globaler Abstimmung transparent geordnet. Eine EU-weit koordinierte Wirtschafts- und Fiskalpolitik bietet den Rahmen für eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung in allen Regionen. Durch flexiblere Unternehmensformen und Investitionsanreize können sich Start-ups, Kleinunternehmen und EPUs auch langfristig in Oberösterreich entwickeln. Wer sein Geld lieber in heimische Unternehmen investiert, statt es in ausländischen Wertpapieren zu parken, wird steuerlich nicht mehr benachteiligt13, sondern mit entsprechenden Anreizen belohnt. Die Gründung und der Betrieb eines Unternehmens werden so weit wie möglich vereinfacht, bürokratische Einschränkungen in der Gewerbeordnung werden abgeschafft. So können sich Gründer_innen vor allem in der Anfangsphase besser auf das Wesentliche konzentrieren. Erneuerte oder neue Unternehmensformen wie die Klein AG oder die GmbH Zero14 erleichtern die Anstellung und Beteiligung von Mitarbeiter_innen. Tausende neue Jobs entstehen – auch durch eine gezielte Reduktion der Lohnnebenkosten für Klein(st)betriebe. 13 14 vgl. dazu z. B. KeSt-freie fondsgebundene Lebensversicherungen siehe https://neos.eu/klub/Start-upposition.pdf Seite Themenwelt Start-ups Die „Rohstoffe“ unseres Landes liegen in den Köpfen der Menschen! Oberösterreich wird als internationaler Forschungs- und Innovationsstandort anerkannt und behauptet sich in den europäischen Innovations-Rankings unter den Top 10. Sowohl technologiebasierte Industrieproduktion als auch Gewerbe, Handwerk und der weiterhin wachsende Dienstleistungssektor finden hier eine wirtschaftliche Heimat. Politik und Wirtschaft schaffen es, die Balance zwischen Umweltschutz und den daraus resultierenden Kosten für die Unternehmen zu finden. Im Zentralraum entsteht eine lebendige Szene mit Inkubatoren von Startups und Finanziers – Spirit of Start-up. Oberösterreich ist insgesamt eine vitale, gesunde und wettbewerbsfähige Region mit starkem Fokus auf Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit. So können wir das erreichen Um Oberösterreich zu einem pulsierenden und innovativen Vorreiter-Land zu entwickeln, sind ein zukunftsfähiges Bildungswesen, Räume für Kreativität und Innovation sowie Austausch und Vernetzung zwischen den einzelnen Wirtschaftssektoren notwendig. Viele Maßnahmen müssen zwar auf Bundesebene umgesetzt werden, doch Oberösterreich muss eine Vordenkerrolle übernehmen und den Druck erhöhen. Selbstständiges Österreich: Unternehmerisches Denken spiegelt sich auch in Anstellungsverhältnissen wider. Ein unternehmerfreundliches Klima für kleine Unternehmen äußert sich in Maßnahmen für Gründer_innen und in Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeiter_innen sowie Strukturförderungen für Start-ups. Im Detail: Ein neues Förderprogramm „Freiheit“: Kern sind Mentoring und kommissionelle Aufsicht für eine Auswahl besonders erfolgversprechender Technologie- und Innovations-Start-ups. Diesen werden zwei Jahre Entwicklungs-, gewerberechtlicheund Gebühren-Freiheit geboten. One-Stop-Shops in Fragen von Genehmigungen, Gewerbeberechtigungen, Förderungen, Steuernummer und Firmenbucheintragung möglichst direkt vor Ort in allen Bezirkshauptstädten. 41 Ausbau der Dienste und Serviceleistungen im Internet: Zugriffsmöglichkeiten auf den elektronischen Akt zur Vermeidung unnötiger Behördenwege. Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger, Flexibilisierung der Bezahlungsmodelle der SVA, Abschaffung des Selbstbehalts für Geringverdienende, bürokratische Erleichterungen bei Mehrfachversicherungen. Ende der Abgabenverschleierung – transparenter Lohnzettel. Selbstständige GmbH-Gesellschafter müssen für sich selbst keine Zuschläge (wie bei Angestellten) zahlen. Abschaffung der Veröffentlichungspflicht in Printmedien (Wiener Zeitung) − eine Online-Veröffentlichung genügt. Mitarbeiter_innenbeteiligung erleichtern und Mitarbeiter_innenkapitalbeteiligung erhöhen. Abschaffung des Freien Dienstnehmers, um Anstellungen ebenso wie selbstständige Arbeit mit Werkvertrag zu erleichtern. Jobs statt Restriktionen: Steuern und Abgaben müssen als gerecht empfunden werden, um einerseits Leistungsanreize zu setzen und andererseits Abgabenhinterziehung zu stoppen. Sie müssen einfach und transparent sein, um den Verwaltungsaufwand für alle Seiten gering zu halten. Die Menschen müssen sehen, was ihnen wofür abgezogen wird. Im Detail: Beseitigung von Privilegien und Sonderregelungen durch eine umfassende Bereinigung von Ausnahmen. Freiwillige Mitgliedschaft in der Wirtschaftskammer und Streichung der Kammerumlage II. Seite Themenwelt Start-ups Abschaffung der Mindestkörperschaftsteuer und diverser Bagatellsteuern (z. B. Werbeabgabe). Straffung des Gewerberechts. Moderne Unternehmensformen, Finanzierung und Förderung: An Hochschulen schlummert immenses Potenzial für praxisorientierte Förderung von Unternehmertum. Inkubatoren und Gründerwerkstätten direkt an Hochschulen könnten aktiv die Weiterbildung und Vernetzung unter den Jungunternehmer_innen forcieren. Ein essenzieller Punkt im Start-up-Ökosystem. Im Detail: Klein AG „Start-up AG“ und GmbH Zero als Unternehmensform einführen. Rechtliche Grundlagen für Crowdfunding und Crowdinvestment schaffen. Gezielte Talente-Programme einrichten, um jungen Wissenschaftler_innen und deren Innovationen durch Neugründungen (Spin-offs) den Weg in die Wirtschaft zu ebnen. Möglichkeit zur steuerlichen Abschreibung von Verlusten aus Start-up-Beteiligungen schaffen. Steuererleichterungen für private Investor_innen („Business Angels“) einräumen. Die Förderlandschaft15 völlig neu ordnen und transparent machen. Förderfirmen wie etwa die oberösterreichische Tech2b besser kontrollieren und deren Personalpolitik und Fördervergabe offenlegen. Bildung und Standort: Um Neues zu schaffen, müssen alte Strukturen weichen. Eine nachhaltige Standortentwicklung erfordert Erneuerung und Mut zur Veränderung. Fachhochschulen mit angeschlossenem Businesspark (zum Beispiel der Softwarepark Hagenberg16) sind hier ein starkes Zeichen in die richtige Richtung – Verbindung von Bildung und Innovationsgeist. Im Detail: Flagship-Veranstaltungen in den Bereichen Technologie und Jungunternehmertum sind mitunter eines der wichtigsten Elemente für die Förderung von Start-upGründungen und Investorenfindung. Daher ist es nötig, Start-up-Events in Ober15 16 Details siehe Kapitel „Landesverwaltung/Verschwendung“ www.softwarepark.at 43 österreich zu etablieren, um Gründer und Investoren besser zu vernetzen und Oberösterreich im internationalen Umfeld als Start-up-Hub zu etablieren. Akostart17 oder AXIS Linz — Coworking Loft18, zwei der bekanntesten Linzer Startup-Netzwerke, sind weiter auszubauen, um damit die Wertschöpfung in Oberösterreich langfristig zu erhöhen. Die technischen Disziplinen an den oberösterreichischen Fachhochschulen und der Universität Linz müssen ausgebaut werden. Der FH-Standort Wels muss sich in den Ingenieursdisziplinen nach dem Vorbild Hagenberg zu einer Spitzenfachhochschule entwickeln. Die Johannes Kepler Universität braucht ein Technikum. Die Grundlagen des Unternehmertums müssen in den Schulunterricht integriert werden. Forschung und Entwicklung im Bereich „grüner“ Zukunftstechnologien müssen verstärkt werden. Diesen Zukunftsmarkt19 gilt es zu nutzen. Auslandsaufenthalte (Austauschprogramme) für Jugendliche (Erasmus+) und Erwachsene (Grundtvig)20 müssen stärker unterstützt und gefördert werden. Der Großteil der Betriebe ist klein strukturiert und oft außerhalb von Ballungsräumen angesiedelt. Diese Struktur muss gestärkt und damit die Lebensqualität der Bevölkerung am Land erhalten werden. Daten aufs Land statt Pendler in die Stadt.21 Interkommunale Betriebsansiedlungen (INKOBA)22 müssen gefördert werden. Für Gemeinden müssen Anreize zur Bildung von Wirtschaftsregionen geschaffen werden, um gemeinsame Schwerpunkte zu setzen und eine Region einheitlich zu vermarkten. Oberösterreich muss national und international als Start-up-Region bekannter werden. Leer stehende Bürogebäude sollten jungen Gründern kurzfristig als Starthilfe zur Verfügung gestellt werden. 17 18 www.akostart.at www.axis-linz.at 19 20 22 siehe Themenwelt Umwelt/Energie 21 siehe Themenwelt Mobilität/Raumplanung www.inkoba.at/ www.lebenslanges-lernen.at/home/nationalagentur_lebenslanges_lernen/grundtvig_erwachsenenbildung Seite Warum darf ich nicht arbeiten, wann und wo ich will? ARBEITSCHANCEN Arbeitsqualität bedeutet Lebensqualität. 45 So sieht’s heute aus Erwerbsarbeit hat sich in den letzten 25 Jahren stark verändert. Die Reallöhne sind in kaum einem anderen EU-Land so stark gesunken als in Österreich. Das heimische Bildungssystem entspricht weder den Anforderungen der Wirtschaft noch den Bedürfnissen der einzelnen Personen. Klassische lineare Karriereverläufe gehören der Vergangenheit an. Die Auswirkungen davon sind bereits jetzt spürbar. Um Gröberes abzufedern investiert die oberösterreichische Politik jedes Jahr große Summen in Qualifizierungsmaßnahmen (2014 waren es knapp 240 Millionen Euro). Die Qualifizierungsmaßnahmen zeigen zwar einerseits Wirkung, andererseits sind viele Menschen in Weiterbildungsmaßnahmen, um die Arbeitslosenzahlen künstlich niedrig zu halten. Mit viel finanziellem Aufwand wird am Status quo festgehalten. Es herrscht eine quasireligiöse Fixierung auf eine Form von Lohnarbeit, die noch aus der Zeit der Industrialisierung stammt. Zukunftsweisende Ansätze sind nicht in Sicht. Bildungssystem Das Bildungssystem ist veraltet und muss dringend den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Tatsache ist, dass die Anforderungen an Lehrstellensuchende gestiegen sind. Entsprechend klagt die Wirtschaft über Bewerber, welche die Mindeststandards nicht erfüllen. Damit wird das ganze Ausmaß der Bildungsmisere in Österreich sichtbar23. Das Land Oberösterreich versucht — gemeinsam mit dem AMS — den „Pfusch“ in der Bildung durch Nachqualifikation zu beheben. Im Sinne der kurzfristigen Hebung des allgemeinen Arbeitskräftepotenzials für die heimischen Unternehmen sind diese Maßnahmen sicher richtig. Eine 23 siehe Themenwelt Bildung gangbare Lösung unter Berücksichtigung künftiger Entwicklungen kann darin jedoch nicht gesehen werden. Auch im 180 Seiten starken Strategiepapier „Arbeitsplatz OÖ 2020“ finden sich keine Ansätze, die den gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungen Rechnung tragen. Ideen zur Optimierung des derzeit gültigen Bildungssystems sind nicht vorhanden, alle Maßnahmen setzen erst nach Beendigung der schulischen Laufbahn an. Demografische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Die beruflichen Perspektiven der heute Zwanzigjährigen sind nicht vergleichbar mit den Perspektiven der Men- Seite Themenwelt Arbeitschancen schen früherer Generationen. Ein junger Mensch in den Achtzigern konnte noch davon ausgehen, nach der Schule eine fixe Arbeitsstelle zu bekommen und diese bis zur Pension zu behalten. Lineare Karriereverläufe im Sinne von Schule, Beruf, Pension waren die Regel. Heute wird alle paar Jahre der Job gewechselt. Zeiten von Erwerbstätigkeit wechseln sich mit erwerbslosen Zeiten ab. Ein einzelner Arbeitnehmer ist viel öfter mit einer Bewerbungssituation konfrontiert – und muss jeweils die dem aktuellen Anforderungsprofil entsprechenden Qualifikationen mitbringen. Selbst für Menschen, die sich bemühen, dem Prinzip des lebenslangen Lernens gerecht zu werden, kann diese Aufgabe unlösbar sein. Gesellschafts- und sozialpolitisch betrachtet nimmt auch der demografische Wandel eine bedeutende Stellung für die aktuelle Situation und zukünftige Entwicklung von Erwerbsarbeit ein. Die hohe Lebenserwartung und die niedrigen Geburtenraten werden bewirken, dass die Gesamtbevölkerung relativ konstant bleibt, zugleich jedoch das Durchschnittsalter stark steigen wird. In Relation betrachtet werden Personen mit Migrationshintergrund mehr — ein Pool an teilweise sehr fähigen Arbeitskräften, die heute primär im unqualifizierten Bereich Beschäftigung finden. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren verstärken. Die derzeit existierenden Arbeits- und Sozialsyste- 47 me werden nicht in der Lage sein, das Kommende zu bewältigen. Es sind also Lösungen für einzelne Personen ebenso notwendig wie für das gesamtgesellschaftliche System. Arbeitsmodelle Die gesetzliche Regelung von Erwerbsarbeit geht von einem fixen Arbeitsplatz, fixen Arbeitszeiten und dem Einsatz von Betriebsmitteln des Unternehmers aus. Bezahlt wird für die Arbeitsbereitschaft, sprich Anwesenheit, und nicht für die erbrachte Leistung. Das Arbeitsrecht orientiert sich nach wie vor an dem traditionellen Modell der Vollzeitarbeit und lässt wenig Spielraum für abweichende Arbeitsformen. Jede Flexibilisierungsmaßnahme braucht eine eigene Vereinbarung und ist oftmals mit erheblichem bürokratischen Aufwand verbunden (z. B. Teleworking). Ein wesentlicher Grund für das Festhalten an dem starren Modell ist, dass das gesamte wirtschaftliche und soziale System darauf aufbaut, möglichst viele Menschen viele Jahre in einem vollen Dienstverhältnis erwerbstätig zu halten. Nur so können die bestehenden Konzepte von staatlichen Einnahmen und Ausgaben im Sozialstaat Österreich aufrechterhalten werden. Mit kleinen Reparaturmaßnahmen (in der Steuergesetzgebung, im Arbeitsrecht, …) versucht die Politik, den Status quo weiter zu bewahren und arbeitet so an der Realität von Erwerbsarbeit vorbei. Echte Reformen, die beispielsweise ältere Arbeitnehmer_innen länger im Berufsleben halten, oder verkrustete Strukturen aufbrechen (flexiblere Regelungen von Arbeitszeit, Arbeitsort, Arbeitsform, …), oder die ein nachhaltig tragfähiges Sozialsystem ermöglichen, sind nicht in Sicht. Working Poor Ein Thema, über das die Politik nicht gerne spricht, ist die immer höhere Anzahl von „Working Poor“. In Österreich sind derzeit 12 % der Menschen armutsgefährdet, ohne die staatlichen Transferleistungen wären es 44 %. Diese Zahl zeigt, dass es sich bei diesen Menschen keineswegs nur um Arbeitslose und Alleinerziehende handeln kann. Rund 300.000 unselbstständig Erwerbstätige in Österreich kommen trotz Arbeit und Einkommen nicht über die Armutsschwelle (wobei diese Zahl in Wahrheit noch viel höher ist, da für diese Berechnung das gesamte Haushaltseinkommen herangezogen wird und nicht das der einzelnen Personen). Im Jahr 2014 waren in Oberösterreich 32 % der Erwerbstätigen in einem atypischen Beschäftigungsverhältnis (in Salzburg war es bereits mehr als die Hälfte aller Erwerbstätigen). Das lässt zum einen den Schluss zu, dass das sogenannte Normalarbeitsverhältnis bereits in na- her Zukunft nicht mehr die Normalität darstellen wird und, dass ein auf fixe Vollzeitjobs ausgerichtetes Arbeitsund Sozialsystem inzwischen absolut unzureichend ist. Auch hier müssen dringend Reformen geschehen, die die Menschen in den aktuellen Lebensrealitäten angemessen unterstützen, wobei hier auch die überproportional hohe Besteuerung von Arbeit kritisch hinterfragt und diskutiert werden muss. Psychosoziale Komponente von Arbeit und Arbeitslosigkeit Zu den häufigsten Fragen, die an andere Menschen gestellt werden, gehört die Frage nach dem Job. Beruflicher Erfolg ist das Statussymbol schlechthin. Wer hier keine „schöne Geschichte“ der Selbstvermarktung vorzuweisen hat, senkt in derartigen Situationen beschämt den Kopf und tut sich bei Bewerbungsgesprächen sehr schwer – denn auch künftige Arbeitgeber wollen den perfekten, dynamischen und flexiblen Arbeitnehmer. Doch perfekte Lebensläufe sind immer schwieriger zu erreichen. Junge, auch gut qualifizierte Menschen springen oft jahrelang von einem Projektjob zum nächsten Praktikum. Leistung — früher mit Gehaltssteigerungen und einer Karriere im Unternehmen belohnt — wird zunehmend zur Mindestanforderung. Eine Situation, die für die Psyche nur schwer zu bewältigen ist, denn diese permanente Unsicher- Seite Themenwelt Arbeitschancen heit über die eigene finanzielle Zukunft verhindert die Planbarkeit eines individuellen Lebenskonzepts. Perspektivlosigkeit macht sich breit. Je früher ein Mensch mit derartigen Erfahrungen konfrontiert wird, desto größer sind die Auswirkungen auf sein gesamtes Leben. Jugendliche ohne erfolgreiche Bewerbung auf eine (Lehr-)Stelle geraten so bereits in jungen Jahren in eine Abwärtsspirale aus Ausweglosigkeit und Frustration. Neben der psychosozialen Problematik von Arbeitslosigkeit gehen auch viele Menschen einem Job nach, der nicht ihren Wünschen und Fähigkeiten entspricht. Frustration, Überoder Unterforderung sind mittelfristige Folgen, langfristig wird das Arbeitsverhältnis entweder aufgelöst oder der/die Arbeitende_r bleibt in der ungeliebten Situation gefangen. Auch das hat Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit. All diese Faktoren bewirken, dass Arbeit oft krank macht. Die viel zitierte WorkLife-Balance ist aus den Fugen geraten. Die Balance ist schon lange nicht mehr gegeben. Doch nur, wenn die politisch Verantwortlichen die Köpfe aus dem Sand ziehen und den Problemen nicht länger ausweichen, kann es zu einer (Wieder-)Herstellung einer neuen und gesunden Arbeitswelt kommen. 49 Da wollen wir hin A R B E Positive Balance von Arbeit, Lebensqualität und Leistung I C C H E S A N N F A T L - Die Menschen in Österreich schätzen die Möglichkeit zu arbeiten und sind den neuen Anforderungen der Arbeitswelt zunehmend gewachsen. Sie fühlen sich wertgeschätzt und sind motiviert, Leistungen zu erbringen, weil diese angemessen honoriert werden. Arbeit ist ein wichtiger Bestandteil eines erfüllten Lebens und steht in keinem Widerspruch zu Familie und Kindern. Oberösterreich übernimmt durch bestens ausgebildete und hoch spezialisierte Arbeitskräfte eine Führungsrolle im Bereich Forschung und Innovation. Ü R Modernisierung des Arbeits- und Sozialrechts L E Arbeits- und Sozialrecht wird laufend an geänderte Arbeitswelten angepasst. Flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte (z. B. Teleworking) werden zu normalen Formen von Arbeit, sodass einerseits Unternehmen auf schwankende Auftragslagen reagieren und andererseits Arbeitnehmer_innen die Erwerbsarbeit besser mit ihren privaten Angelegenheiten in Einklang bringen können. So können alle Menschen ihre persönlichen Wünsche und Bedürfnisse viel stärker einbringen. Dadurch wird eine echte Work-LifeBalance gelebt – was sich wiederum positiv auf das Gesundheits- und Pensionssystem auswirkt. Lebenslanges Lernen — Bildung als lebendiges, dynamisches Modell Lebenslanges Lernen gelangt in Oberösterreich zur realen Umsetzung. Aus- und Weiterbildung werden gemeinsam mit den Unternehmen erarbeitet, wodurch auch die Bedürfnisse des Marktes in die Lehr- und Studienpläne einfließen. Die Qualität von Bildung wird evaluiert: Ziele der jeweiligen Bildungsmaßnahme werden festgelegt und bei Bedarf angepasst. Damit ist das System Bildung dynamisch und lebendig. Die jungen Menschen erfüllen mit der mittleren Reife die (Mindest-)Anforderungen, wissen, wo ihre Talente liegen und in welcher Art und Weise sie diese beruflich umsetzen können (siehe Themenwelt Bildung). Die Erwachsenenbildung wird eng mit Unternehmen zusammenarbeiten. Innerbetriebliche Weiterbildung ist die Regel, sodass sich die Notwendigkeit von Qualifizierungsmaßahmen oder Umschulungen von Menschen in Arbeitslosigkeit verringert hat. Seite Themenwelt Arbeitschancen Flexibilisierungs- und Arbeitnehmer_innen 51 Qualifizierungsmaßnahmen für ältere Das starre-lineare System von Berufsleben und Pensionierung ist aufgeweicht. Ältere Arbeitnehmer_innen können wählen, ob und in welchem Ausmaß sie auch nach dem regulären Pensionsantrittsalter erwerbstätig bleiben wollen. Arbeitsmodelle werden speziell an die Bedürfnisse von älteren Menschen angepasst (z. B. Abkehr vom gängigen 8-Stunden-Tag, der 5-Tage-Woche, andere Gestaltung von Arbeitsabläufen), sodass die Anzahl der gesundheitsbedingten Pensionierungen minimiert wird. Sanftes Ausgleiten in die Pension durch Arbeitszeitreduktion ist in vielen Fällen für den Arbeitnehmer_innen, für den Betrieb und für die Pensionskasse günstiger als ein abrupter Ausstieg („Pensionsschock”). Der vorzeitige Austritt aus dem Erwerbsleben wird zudem mit gangbaren Möglichkeiten von beruflicher Umorientierung massiv verringert. Geeignete Qualifizierungsmaßnahmen sind nicht allein Aufgabe des AMS, sondern werden als gesellschaftspolitische und unternehmerische Aufgabe wahrgenommen. So können wir das erreichen Grundsätzlich ist jede Maßnahme zu begrüßen, die der Vermeidung bzw. Verringerung von Arbeitslosigkeit dient, zur Flexibilisierung der Arbeitsmodelle führt, zur Qualifizierung von Menschen aller Altersgruppen beiträgt, die Fähigkeiten und Stärken der Menschen erkennt, den Bedürfnissen der einzelnen Arbeitnehmer_innen gerecht wird, Junge Menschen in modularen Lehrberufen den Menschen genug Einkommen für ein gutes Auskommen bietet, Junge Menschen können sich beruflich verwirklichen. Das Image von Lehrberufen hat sich weiter verbessert und wird als attraktive Möglichkeit wahrgenommen. Eine verschlankte Bürokratie und steuerliche Anreize schaffen die Voraussetzungen für neue Lehrstellen. Angehende Lehrlinge werden durch die Pflichtschule auf die Arbeitsrealität vorbereitet. In der Lehre wird vor allem auf die Fachkompetenz Wert gelegt. Ein modularer Aufbau ermöglicht es, die Ausbildung in einzelne Abschnitte aufzuteilen – von der fundierten, auf fachliche Qualifikation bezogenen (Basis-)Ausbildung bis hin zur Hochschulreife. Aufgrund dieser so entstandenen Durchlässigkeit ist es jedem Lehrling möglich, sich seinen individuellen Fähigkeiten entsprechend weiterzubilden. dafür sorgt, dass Arbeit als positiv, bereichernd und sinnstiftend wahrgenommen wird und Toleranz und Offenheit statt Ausgrenzung fördert. Teilweise Karenzierung statt Austritt aus dem Unternehmen Durch verschiedene Modelle teilweiser Karenzierung ist es möglich, Arbeitnehmer_ innen mit körperlichen und/oder psychischen Beeinträchtigungen im Unternehmen zu behalten. Dadurch wird dem Unternehmen nicht mehr die Arbeitskraft und Erfahrung von einem Tag auf den anderen entzogen und der_die Arbeitende gleitet nicht noch zusätzlich in soziale Isolation. Nur eine Einbeziehung der Disziplinen Bildung, Arbeitsrecht, Sozialrecht, Diversity24, Steuergesetzgebung, Gesundheitswesen und der agierenden Einrichtungen kann zu einem erfolgreichen und modernen Modell von Erwerbsarbeit führen. Handlungsempfehlungen können deshalb sein: Bildung und Qualifikation Anpassung der Lehrinhalte in Schulen an die aktuellen Anforderungen des Berufslebens: Forcierung von Sprachen, technischen Fertigkeiten und Soft Skills. Echte staatliche Förderung von lebenslangem Lernen durch Erarbeitung von Qualifizierungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit den Unternehmen. Förderung der Qualifizierung von Mitarbeiter_innen mit einem Bonus-System. 24 Diversity als Fachterminus für die Nutzbarmachung von Vielseitigkeit Seite Themenwelt Arbeitschancen 53 Engere Anpassung der (AMS-)Qualifizierungsmaßnahmen an die Fähigkeiten und Bedürfnisse der von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen. Hinaufsetzung des Pensionsantrittsalters mithilfe flexiblerer Modelle und lebenslanger Qualifizierung. Weitere Forcierung des dualen Ausbildungssystems in der Lehre unter Einbeziehung modularer Komponenten, sodass die Fachausbildung — je nach Können des jungen Menschen — mehrere Ausprägungen von einer fachspezifischen, handwerklich orientierten Ausbildung bis hin zur umfassenden Bildung inklusive Hochschulreife haben kann. Ausweitung der Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention; neue, nachhaltige Gesamtstrategie zur Verringerung der Anzahl von Burn-outBetroffenen. Überarbeitung bestehender Inhalte in Lehrberufen und Erleichterung der Anerkennung neuer Lehrberufe. Förderung des dualen Ausbildungssystems über Implacementstiftungen oder ähnliche Konzepte auch im Erwachsenenbereich. Unbürokratische, sozialrechtliche Abrechnung von mehreren Jobs (unter anderem durch Zusammenlegung der 22 Sozialversicherungsträger25). Einschleifregelung beim Zuverdienst zur Vergrößerung des Anreizes, eine (Teilzeit-) Arbeit anzunehmen. Abflachung der Lohnkurve bei insgesamt gleich hohem Lebenseinkommen. Intensivierung der Bildungsberatung und Berufsinformation an allen Pflichtschulen; insbesondere mehrsprachige Bildungsberater_innen müssen stärker an Schulen präsent sein. Verbesserung der Beratungstätigkeit des AMS; von der reinen Jobvermittlung zu einer echten Perspektivenberatung. Arbeits- und Sozialmodelle Modernisierung des Arbeitsrechts in Hinblick auf Flexibilisierung von Arbeitszeit. Konkret sollen die uhrzeit- und wochentagsgebundenen Regelungen stark eingeschränkt werden und durch betriebsinterne Vereinbarungen ersetzt werden. Leichte und unbürokratische Ermöglichung von individuellen, personenbezogenen Abweichungen von der vereinbarten Regelarbeitszeit. „ Arbeitsort: Die Kombination von Arbeit im Unternehmen und von zu Hause soll ohne große Hürden vereinbart werden können. Einführung der Flexi-Pension, um dem Pensionsschock entgegenzuwirken und die Selbstverantwortung zu stärken; flexiblere Arbeitszeitmodelle als Übergangsphase bis zur Pensionierung. Nach 9 Jahren Schulpflicht und somit der Beschäftigung mit den eigenen Kompetenzen soll jede_r Jugendliche diese Frage eines Personalisten ganz spontan beantworten können: „Worin bist du besonders gut und was sind deine 3 Stärken? Judith Raab Spitzenkandidatin Landtag NEOS OÖ 25 siehe Themenwelt Landesverwaltung „ Talentorientierung Seite Wo bleibt die Menschlichkeit? ZUSAMMENLEBEN NEOS spricht sich klar für eine Begriffstrennung von Asyl und Zuwanderung aus. Asyl ist ein Menschenrecht und muss für uns außer Streit stehen. Die Zuwanderung hat viel bewusster gesteuert zu werden. Historische Erfahrungen haben gezeigt, dass der Großteil der Asylwerber_innen in andere Länder weiterzog oder wieder in ihre Heimat zurückkehrte, sobald sich die Lage stabilisiert hatte. Zuwanderer sind Menschen, die permanent in diesem Land bleiben wollen. Die ständige Vermischung dieser beiden Begriffe führt zu einer Emotionalisierung der Debatte. 55 Asyl UND Flüchtlinge Auf die Not, die wir sehen, müssen wir eine Antwort finden. So sieht‘s heute aus Oberösterreich ist auf viele seiner Leistungen und Errungenschaften zu Recht stolz. Untragbar ist allerdings, dass ein so wohlhabendes Bundesland die vom Bund vorgegebene Aufnahmequote für Asylsuchende seit Jahren nicht erfüllt. Wie diese beschämende Situation mit christlich-sozialen Kernwerten oder dem bei den Grünen groß auf die Fahnen gehefteten bedingungslosen Einsatz für die Schwächsten in unserer Gesellschaft vereinbar ist, erschließt sich wohl nur unserer schwarz-grünen Regierungskoalition selbst. Asyl ist ein Menschenrecht! Dabei hat Menschen in Not zu helfen in Österreich eine große Tradition. Ob in den 50ern während der Ungarnkrise, den 60ern während des Prager Frühlings oder nach dem Zerfall Jugoslawiens in den 90ern, immer hat Österreich flüchtenden Menschen Obdach gewährt. Wir haben die Ressourcen, um denen einen neuen Start zu ermöglichen, die alles verloren haben. Die Geschichte hat gezeigt, dass die Flüchtlinge diese Ausgaben mit einer hohen Dividende, nicht nur in Form von Steuern und Abgaben, sondern auch in Form von Know-how und Leistungsbereitschaft vergelten und somit zum Wohlstand für uns alle beitragen. Auch die Bevölkerung kann einen großen Beitrag zu einer gelungenen Asylpolitik leisten. Einerseits durch die Bereitschaft, gastfreundlich, verständnisvoll und mitfühlend auf unsere Gäste zuzugehen, andererseits durch persönlichen Einsatz oder Spenden, mit denen eine erste Infrastruktur geschaffen werden kann. Die Initiative geht dabei meist von mutigen Einzelpersonen oder kirchlichen Organisationen wie z. B. Caritas oder Diakonie aus. Sie übernehmen hier in großartiger Weise Aufgaben, die eigentlich in der Verantwortung des Staates lägen. Seite Themenwelt Zusammenleben Da wollen wir hin Oberösterreich betreibt künftig eine bewusste und aktive Asyl- und Flüchtlingspolitik. Einen besonderen Fokus legen wir dabei auf Flüchtlinge, die aufgrund traumatisierender Ereignisse ihre Heimat verlassen mussten. Wir sind davon überzeugt, dass es unsere selbstverständliche Pflicht ist, hier helfend bereitzustehen und vermehrt Möglichkeiten zur Unterbringung für diese Menschen zu schaffen. Unter Einbeziehung der Bevölkerung werden Flüchtlinge in kleinen Wohneinheiten untergebracht und im Alltag begleitet. Durch diese Aufteilung auf viele Orte werden nicht nur die Aufgaben gerechter verteilt, sondern es wird auch die Integration in das tägliche Leben erleichtert. Von Anfang an wird dabei eine gute Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache angeboten, um das gegenseitige Verständnis zu verbessern. Ebenfalls erfolgt ehestmöglich eine Integration in den Arbeitsmarkt. Dies gibt den Betroffenen ihre Selbstständigkeit zurück und hilft, eventuelle Ressentiments abzubauen. So können wir das erreichen Unser Ziel ist die Integration in die Gesellschaft, nicht nur eine vorübergehenden Versorgung. Recht auf angemessene Verfahrensdauer: NEOS fordert eine automatisch unbefristete Aufenthaltsbewilligung ab einer Verfahrensdauer von zwei Jahren. Eine Abschiebung von Menschen, die viele Jahre bei uns gelebt und sich bereits gut integriert haben, halten wir für untragbar. Recht auf Arbeit: NEOS fordert eine Arbeitserlaubnis ab dem 6. Monat des Asylverfahrens. Das derzeit geltende Arbeitsverbot ist nicht nur für die Betroffenen unzumutbar, es führt auch zu Vorurteilen in der ansässigen Bevölkerung. Viele Menschen bekommen aufgrund der geltenden Rechtslage den Eindruck, Flüchtlinge lägen uns bewusst auf der Tasche. Richtig ist jedoch, dass die meisten Flüchtlinge arbeiten wollen, um selbst für ihren Unterhalt aufkommen zu können. Arbeit zu haben, bedeutet für sie, ein Teil der für sie neuen Gesellschaft zu sein und bringt ihnen persönliche Anerkennung und damit Selbstwert. Flexible Angebote (wie z. B. 57 der Dienstleistungsscheck) könnten Unternehmen und öffentlichen Institutionen einfach und unbürokratisch Möglichkeiten bieten, um Flüchtlinge langsam in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren. Auch „Repair Cafés“26 können niederschwellige soziale Anknüpfungsmöglichkeiten sein, aus denen Beschäftigungsverhältnisse entstehen können. Frühzeitige und systematische Einbeziehung der Bevölkerung: Trotz der Forderung nach einem klaren Bekenntnis zu menschlichen Lösungen ist sich NEOS bewusst, dass die Unterbringung von Flüchtlingen bei vielen Menschen Ressentiments hervorruft, die von politischer Seite ernst genommen werden müssen. Daher muss bei der Suche nach Quartieren die Bevölkerung eingebunden werden. NEOS fordert echte Bürger_innenbeteiligung von Anfang an, um die vorhandene Angst vor Unbekanntem abbauen zu können. Notwendig sind Gespräche mit den ansässigen Bürger_innen auf Augenhöhe statt von oben „verordnete“ Quartiere. Viele gelungene Beispiele (Altmünster27, Gallneukirchen) zeigen, wie durch die Einbindung der Bevölkerung viele Schwierigkeiten von vornherein vermieden werden können. Nicht zuletzt aufgrund dieser positiven Erfahrungen erscheint es sinnvoll, kleinere Wohneinheiten (~30 Personen) in verschiedenen Gemeinden anstelle großer Flüchtlingslager zu schaffen. Sprache öffnet Türen und Herzen: Bildung ist ein wesentlicher Bestandteil aktiver Flüchtlingspolitik. Wir sind überzeugt davon, dass von Anfang an eine gute Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache geboten werden muss, um das gegenseitige Verständnis zu verbessern. Deutschkurse von Anfang an, egal in welcher Form, sind die wichtigste Maßnahme für den Start in eine völlig neue Umgebung. Wir wollen Flüchtlingskinder unbürokratisch vorübergehend in den Klassenverband örtlicher Schulen integrieren, um gegenseitig Erfahrungen auszutauschen und die Sprache zu erlernen. 26 Beispiel aus Linz auf http://www.otelo.or.at/news/detailansicht/repair-cafe-linz/7022460e80ed0d02f8c39ada2ced5478/?t x_ttnews%5BbackPid%5D=42, 27 www.plattformaltmuenster.at/page17/index.html Seite Themenwelt Zusammenleben Zuwanderung UND Integration Miteinander statt nebeneinander! So sieht‘s heute aus Oberösterreich ist ein Einwanderungsland. Einige Bereiche (wie z. B. die Pflege) würden ohne die Hilfe von zugewanderten Kräften bereits jetzt kaum mehr funktionieren. Das Zusammenleben muss jedoch aktiv gestaltet werden. Derzeit fühlen sich sowohl Menschen mit Migrationshintergrund als auch eingesessene Bürger_innen im Stich gelassen. Die Folgen sind Verunsicherung, Unverständnis und Misstrauen. Zahlreiche Politiker_innen nutzen Missstände in diesem Bereich, um Zwietracht zu säen. Sie zeigen Probleme zwar auf, bieten aber keine Lösungen und spielen immer wieder Bevölkerungsgruppen gegeneinander aus. Andere verschließen konsequent die Augen vor den Problemen, die eine immer pluralistischere Gesellschaft automatisch mit sich bringt. Statt die Chancen und Möglichkeiten systematisch und kriteriengeleitet zu nutzen, findet Zuwanderung in Oberösterreich zurzeit vielfach ungelenkt statt. Zugewanderte Kinder haben insgesamt schlechtere Chancen im Bildungssystem. Wo mangelnde Bildung, niedrigeres Einkommen und Migrationshintergrund zusammenkommen, entstehen überproportional oft langfristige soziale Probleme. Es bilden sich Ghettos und Parallelgesellschaften. Viele internationale Fachkräfte, die am heimischen Arbeitsmarkt dringend benötigt würden, ziehen ob dieser Tatsachen Oberösterreich als ihre neue Heimat erst gar nicht in Betracht oder scheitern an beinahe unüberwindlichen bürokratischen Hürden. 59 Da wollen wir hin Kreative, gut ausgebildete Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen fordern uns und versetzen uns damit in die Lage, globale Probleme besser verstehen und bewältigen zu können. Exportorientierte oberösterreichische Unternehmen profitieren von fremdsprachigen und interkulturell kompetenten Mitarbeiter_innen. Oberösterreich versteht Zuwanderung als Chance auf dem Weg zu einer vielfältigen und lebenswerten Gesellschaft. Entsprechend nutzen wir die sich daraus ergebenden Möglichkeiten bewusst und steuern die Zuwanderung nach klaren, transparenten Kriterien. Eine gemeinsame, aus Rechten und Pflichten bestehende Wertebasis wird als verbindlich angesehen und auch nicht aufgeweicht. Durch echte Teilhabe fühlen sich Migrant_innen schon nach kurzer Zeit integriert. Ihre Kinder sind im Schulsystem nicht benachteiligt. Da nicht nur ihre Muttersprache gefördert wird, sondern bereits ab dem Kindergarten Deutsch gelernt wird, haben sie den Vorteil echter Zweisprachigkeit. So können wir das erreichen Gutes Zusammenleben passiert nicht einfach so, es muss aktiv gestaltet werden! Kriteriengeleitet: Klare Kriterien führen zu einer gesteuerten Zuwanderung speziell von hochqualifizierten Fachkräften. Dazu ist z. B. nach dem Vorbild Kanadas28 ein verbindlicher Punktekatalog einzuführen. Bildung, Bildung, Bildung: Der Schlüssel zu gelungener Integration ist Bildung. Hier ist vermehrt zu investieren, um unsere Gesellschaft zu stärken. Der soziale oder ethnische Hintergrund eines Kindes darf nicht für seine Bildungskarriere ausschlaggebend sein.29 28 29 www.destinationkanada.ca/auswandern/ siehe Themenwelt Bildung Seite Themenwelt Zusammenleben 61 Sprache ist ein Menschenrecht: Deutschförderung muss bereits im Kindergarten beginnen. Damit unsere Bildungseinrichtungen ihrem Auftrag nachkommen können, müssen sie mit den nötigen personellen Ressourcen ausgestattet sein. Standorte, an denen in Bezug auf Integration besondere Herausforderungen bestehen, benötigen entsprechend mehr Mittel (indikatorenbasierte Finanzierung30). Vermehrter Einsatz von muttersprachlichen Pädagog_innen, um auch die Erstsprache als wertvolle Ressource sowie als feste Basis für das Erlernen von Deutsch zu fördern. Starke Einbindung der Eltern in der Schule und im Kindergarten. Interkulturelle Projekte stärken das Bildungsbewusstsein in der Familie und im sozialen Umfeld. Erstellung von Begrüßungsmappen in der jeweiligen Sprache der zugewanderten Bürger_innen. Gemeinsam Wohnen: Zusammenleben und Begegnung aktiv gestalten: Gezielter Einsatz von Wohnpartner_innen31 zur Gestaltung guten Zusammenlebens und zur Lösung von Konflikten. Moderierte Mieter_innenversammlungen, bei denen sich die Bewohner_innen in regelmäßigen Abständen gemeinsam auf Regeln des Zusammenlebens einigen und eine Hausvertrauensperson wählen. In der Stadtplanung ist gezielt auf ein soziales und kulturelles Miteinander innerhalb von Stadtteilen, im Sinne einer pluralistischen Gesellschaft, zu achten. Speziell im sozialen Wohnbau ist bei der Wohnungsvergabe auf ethnische Durchmischung Bedacht zu nehmen, um Wohnghettos von vornherein zu verhindern. Patenschaften und laufende Unterstützung für neu Zugezogene unter Berücksichtigung der gesamten Lebenssituation. Persönliche Betreuung schafft Vertrauen! Öffentliche Schreiben, die verständlich und in einfacher Sprache formuliert sind. Verworrenes Amtsdeutsch ist für Zugewanderte ungeeignet. Verbesserung der Beratung zur Anrechenbarkeit von Ausbildungen (Nostrifizierung). Laufende Schulungen und interkulturelle Trainings speziell für Mitarbeiter_innen öffentlicher Einrichtungen (Schulen, Ämter, öffentliche Verkehrsmittel, etc.). Teilhabe stärken: Gezielte Förderung der Beschäftigung und somit Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst. Speziell bei Behörden und im Gesundheitsbereich ist deren vermehrte Einbindung nötig, um die Kommunikation mit allen Teilen der Bevölkerung zu verbessern und die Vielfalt unserer Gesellschaft widerzuspiegeln. Willkommenskultur: Viele Zuwanderer_innen fühlen sich als Menschen zweiter Klasse — nicht zuletzt wegen des ablehnenden Verhaltens mancher Behörden. NEOS fordert die Schaffung eines transparenten Prozesses, der Grundlage für nachvollziehbare Abläufe zwischen den unterschiedlichen Behörden ist. Dazu gehören folgende Maßnahmen: „ Wir können die Betroffenen durch die lange Verfahrensdauer nicht im Wartesaal des Lebens stehen lassen! Judith Raab Spitzenkandidatin Landtag NEOS OÖ 30 31 www.talentebluehen.at www.wohnpartner-wien.at/ „ Verfahrensdauer kürzen Wieso wird meine Gesundheit in die Pfanne gehauen, dass das Fett nur so spritzt? GESUNDHEIT UND PFLEGE Unser Gesundheitssystem ist spitze - kostenmäßig! FINDE Seite HAUPTVERBAND DER ÖSTERREICHISCHEN SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER (HVSV) 63 BUND PENSIONSVERSICHERUNGSTRÄGER KRANKENKASSEN KV-BEITRÄGE PV-BEITRÄGE Bundesgesundheitsagentur BGA BM FÜR FINANZEN ZUSATZBEITRAG IN DER KV HAUPTVERBAND DER ÖSTERREICHISCHEN SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER (HVSV) Ausgleichfonds für die Krankenanstaltenfinanzierung GSBG Mittel (USt., Mittel Bund, Länder, Gemeinden) GESUNDHEITSVORSORGE & REHABILITATION GEMEINDEN LANDESGESUNDHEITSFONDS OÖ LGF PATIENTEN (Kostenbeiträge) STRUKTUR- UND REFORMPOOLMITTEL TRÄGER DER FONDSKRANKENANSTALTEN GESPAG ORDENSSPITÄLER STADT LINZ Fondskrankenanstalten Stationärer Bereich Ausbildung im Gesundheitswesen Rettungsdienste EXTRAMURALER BEREICH (Hausarzt) Öffentliche Gesundheitseinrichtungen Ambulanter Bereich GESPAG, Ordensspitäler, AKH Linz Quelle: Hauptverband, OECD,Wifo. LAND OBERÖSTERREICH KFA DIE € Seite Themenwelt Gesundheit und Pflege 65 So sieht’s heute aus Gut bei der Qualität, aber auch bei den Kosten an der Spitze Das österreichische Gesundheitssystem gilt weltweit als eines der besten. Zu einem hohen Preis: Im Jahr 2012 (Quelle: Statistik Austria) betrugen die Gesundheitsausgaben in Österreich laut „System of Health Accounts“ (SHA) über 34 Milliarden Euro, das sind 10,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im internationalen Vergleich ein Spitzenwert. Verursacher der stetig steigenden Kosten ist nicht zuletzt die demografische Entwicklung. In Österreich lebten mit Jahresbeginn 2014 rund 8,5 Millionen Menschen, bis 2030 werden es mehr als 9 Millionen sein. Hauptgrund dafür ist die steigende Lebenserwartung, die sich innerhalb der letzten dreißig Jahre um mehr als acht Jahre erhöht hat. Ältere Menschen brauchen in der Regel mehr medizinische und pflegerische Leistungen. Um diese Leistungen in der gewohnten Qualität langfristig sicherstellen zu können, sind neben einer Stärkung des Gesundheitsbewusstseins, auch Reformen am Gesundheitssystem notwendig. Interessenkonflikte Die Finanzierung des Gesundheitssystems ist schwer überschaubar (siehe Abbildung). Verschiedenste Finanzströme führen zu Interessenskonflikten zwischen den Körperschaften. Der intramurale Bereich (Spitalsbereich) wird zu einem überwiegenden Teil von den Ländern und Gemeinden finanziert. Diese haben daher Interesse, die Leistungen der Krankenhäuser zu reduzieren. Während bei der Einführung des LKF-Systems (leistungsorientiertes Krankenanstaltenfinanzierungssystem) im Jahr 1997 ein LKF-Punkt noch dem Wert von 1 Euro entsprochen hat, ist aktuell ein LKF-Punkt nur mehr 0,68 Euro wert. Das heißt, die Leistungen der Spitäler im stationären Bereich sind heute weniger wert als noch vor einigen Jahren. Rein wirtschaftlich gedacht müssten die Krankenhäuser daher Leistungen reduzieren. Der extramurale Bereich, also jener der niedergelassenen Ärzte, wird größtenteils von den Krankenkassen finanziert. Je mehr Leistungen im Spital erbracht werden, desto weniger Kosten entstehen im niedergelassenen Bereich und damit für die Sozialversicherungen. Diese wollen tendenziell also — im Gegensatz zu Ländern und Gemeinden — möglichst viele Gesundheitsleistungen von den Spitälern erbracht sehen. Diese Struktur behindert die optimale Verteilung der Patient_innen zwischen niedergelassenem und Spitalsbereich. Entscheidend sollte jedoch allein das Interesse der Patienten sein, nicht die Befindlichkeit der Geldgeber. Ärztemangel — Angstmache oder Tatsache? Laut Statistik gibt es in Österreich keinen Ärzt_innenmangel. Im OECDVergleich liegt Österreich bei der Versorgungsdichte mit 4,8 Ärzt_innen pro 1.000 Einwohner an 3. Stelle. Diese Statistik bildet jedoch nicht die Realität ab. Sie beinhaltet nämlich auch Mediziner_innen, die nicht im System der allgemeinen Gesundheitsversorgung dienen, z. B. Sportmediziner_innen. Im Gegensatz zu diesen leisten Wahlärzt_ innen für Allgemeinmedizin, wenn auch nur für eine sehr begrenzte Gruppe an Patient_innen, einen Beitrag zur allgemeinen Gesundheitsversorgung. Faktum ist somit, dass in Oberösterreich viele offene Stellen in Spitälern und vielerorts Praxen von Hausärzt_innen nicht oder nur mit großen Problemen nachbesetzt werden können. Viele Medizinabsolvent_innen und Ärzt_innen kommen nicht nach Oberösterreich, weil sie in anderen Bundesländern oder im benachbarten Ausland besser bezahlt werden. Zudem bleibt ungeklärt, ob diese Ärzt_innen überhaupt eine entsprechende Turnus-Stelle in Oberösterreich gefunden hätten. Auch bei der Umsetzung der mit 2015 in Kraft getretenen EU-Richtlinie zur Reduzierung der Ärztearbeitszeit auf maximal 48 Stunden war Oberösterreich Schlusslicht. Mitarbeiter_innen im Bereich Pflege — ebenfalls Mangelware Der Pflegeschlüssel im Vergleich zu anderen EU-Staaten ist in Österreich gering. Hierzulande kommen auf 1.000 Einwohner nur 7 Pflegekräfte. In anderen Ländern sind es 8,9 Pflegekräfte. Durch das Modell „Pflege neu“ wanderten immer mehr Aufgaben der Ärzt_innen zum pflegenden Personal. Obwohl damit die Belastungen für die Mitarbeiter_innen der Pflege gestiegen sind, sind die Löhne gesunken. Seit 2006 verzeichnet der öffentliche Dienst und somit auch der öffentliche Pflegesektor ein Minus von 0,5 Prozent. Davon betroffen: 24.000 Menschen in Oberösterreich. In Niederösterreich und Vorarlberg verdienen Krankenschwestern um rund 20 Prozent mehr als in Oberösterreich. Mangelnde Schwerpunktsetzung der Krankenhäuser Schwerpunktsetzung und Spezialisierung sind bei oberösterreichischen Krankenhäusern nicht klar erkennbar. Das führt zu Vertrauensverlust und Unsicherheit bei Patienten. Diese fragen Seite Themenwelt Gesundheit und Pflege — wenn betroffen — wo die wirklich guten Spezialist_innen sitzen. Auch den niedergelassenen Ärzt_innen fehlen dazu oft die nötigen Informationen. Für Krankenhäuser ist das ein Nachteil, da sie ihre Expert_innen nicht optimal einsetzen können, ihr Alleinstellungsmerkmal oder ihre Spezialisierung nicht klar ist und gute Nischen damit nicht besetzt werden können. Unnötig im Heim Aufgrund des undurchschaubaren Kostenträger-Wirrwarrs im Gesundheitssystem und der schlechten Kooperation der Kostenträger müssen viele beeinträchtigte und pflegebedürftige Menschen derzeit unnötigerweise in 67 Heimen und betreuenden Einrichtungen leben. Es gibt weder ausreichend barrierefreie Wohnungen noch ambulante Betreuungsmöglichkeiten oder mobile Dienste. Die in den Heimen und betreuenden Einrichtungen anfallenden Kosten übersteigen jedoch bei Weitem die Kosten für eine ambulante oder teilstationäre Betreuung und Pflege. Beeinträchtigte und pflegebedürftige Menschen beziehungsweise deren Angehörige müssen sich für diverse Hilfeleistungen durch einen Verwaltungs-Dschungel schlagen und oft mehrere Anträge bei verschiedenen Kostenträgern stellen, deren Bearbeitungszeiten erfahrungsgemäß zwischen drei Monaten und einem Jahr liegen. Da wollen wir hin Die „enkelfitte“ Sicherstellung einer flächendeckenden, bedarfsgerechten, aufeinander abgestimmten, hochwertigen medizinischen Versorgung der oberösterreichischen Bevölkerung wird gelingen. Arbeiten im oberösterreichischen Gesundheitswesen wird wieder attraktiver. Für Ärzt_innen und Pflegepersonal ist Oberösterreich ein attraktiver Standort. Das Pflegepersonal wird fair bezahlt und hat familienfreundliche Arbeitszeiten. Das Berufsbild wird breit aufgewertet, die Ausbildung weiter akademisiert. Niedergelassener und stationärer Bereich sind inhaltlich, strukturell und personell besser aufeinander abgestimmt und agieren im Interesse der Patient_innen. Auch im ländlichen Bereich ist die medizinische Versorgung auf hohem Niveau nun sichergestellt. Die Verlagerung aus dem Spitalsbereich in wohnortnahe Gesundheitszentren wird umgesetzt, eine gute Versorgung im Rahmen eines effizienten Gesundheitssystems ist vor Ort gewährleistet. Die Eigenverantwortung des Einzelnen wird gefördert. Bürger_innen sind selbst an ihrer Gesundheit interessiert und nehmen an diversen Projekten zur Gesundheitsförderung und Prävention teil. Die Kostentransparenz für alle medizinischen Leistungen ist gegeben. Die Bürger_innen werden Gewissheit haben, dass ihre Beiträge treffsicher, effizient und überprüfbar verwendet werden. Ältere Menschen können zu Hause bleiben und ihr Leben selbstständig führen, solange dies irgendwie möglich und von ihnen gewünscht ist. Pflegeheime sind die Ausnahme und nicht die Regel. Es wird beim System gespart, nicht beim Menschen. Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Beeinträchtigung wird vollständig umgesetzt. Ihr Leben ist selbstbestimmt und gleichberechtigt. Sie erhalten rasch und unbürokratisch die Hilfen und Hilfsmittel, die sie für ein selbstbestimmtes Leben benötigen. So können wir das erreichen Ende des Finanzierungs-Dschungels: Mit EINER zentralen Finanzierung kann bedarfsorientierter und ökonomischer agiert werden: EIN Krankenkassensystem, Zusammenführung der Krankenkassenbeiträge und Steuern sowie Ausgleichszahlungen, gemeinsame Finanzierung des niedergelassenen und stationären Bereiches32. Die Überarbeitung des derzeitigen LKF-Systems, um die tatsächlichen Kosten abzubilden, ermöglicht einen Vergleich und eine Bewertung der Behandlungskosten im niedergelassenen und stationären Bereich. Der Patient steht im Mittelpunkt, nicht das System: Mit der Errichtung regionaler Gesundheitszentren und dem Ausbau der wohnortnahen Grundversorgung durch mehr niedergelassene Haus- und Fachärzt_innen, mobile Dienste und Hauskrankenpflege wird eine 24-stündige Versorgung im niedergelassenen Bereich ermöglicht. Hausärzt_innen werden als erste Ansprechpartner_innen und zentrale Betreuer_ innen aufgewertet und leistungsgerecht bezahlt. Sie koordinieren die Zusammenarbeit zwischen ALLEN Beteiligten in der Versorgungskette, vom Hauspflegedienst über die Apotheken bis hin zum Schwerpunkt krankenhaus. Durch die speziellen Kenntnisse der Krankengeschichten und der zentralen Rolle können Doppelglei32 siehe auch Themenwelt Landesverwaltung Seite Themenwelt Gesundheit und Pflege sigkeiten vermieden und eine effiziente Behandlung sichergestellt werden. Die Steigerung der Effektivität und der qualitativen Leistung ist durch konsequente Schwerpunktsetzung in den einzelnen Krankenhäusern und Ausbildung von Kompetenzzentren zu gewährleisten. Mit der Etablierung von transparenten, öffentlich zugänglichen Qualitätsstandards und -vergleichen ist für alle Bürger_innen ein objektiver Vergleich zwischen den verschiedenen Gesundheitseinrichtungen möglich. Nachhaltigkeit: Die Gesundheitsförderung und Prävention ist weiter auszubauen (Vorsorge- statt Reparaturmedizin). Diese Gesundheitschecks werden nicht im Spital, sondern in Gruppenpraxen durchgeführt. Die Eigenverantwortung in Fragen des gesundheitsfördernden Lebensstils (Ernährung, Bewegung, Verzicht auf Suchtmittel, etc.) ist weiter zu erhöhen. Ein Beispiel wäre die Einführung eines Gesundheitspasses (ähnlich dem Mutter-Kind-Pass) inklusive positiver Anreize bei Erreichen von erarbeiteten Zielvorgaben und jährlicher Vorsorgeuntersuchung (Bonus-System, siehe z. B. SVA OÖ33). Zur nachhaltigen Attraktivierung des Arzt- und Pflegeberufes müssen neue Rahmenbedingungen geschaffen werden. Ganzheitliche Modelle für familienfreundlichere Arbeitszeiten, faire leistungsgerechte Entlohnung sowie zur Reduktion der psychischen und physischen Dauerbelastung müssen entwickelt und umgesetzt werden. Das medizinische Personal ist im Bereich der administrativen Tätigkeiten zu entlasten: Reduktion der Dokumentation, Anstellung von Sekretär_innen, etc. Pflege: Ambulant vor stationär: Achtzig Prozent der Pflege- und Betreuungsbedürftigen wollen in häuslicher Umgebung gepflegt werden. Daher sind ambulante Pflegestrukturen in einem Nebeneinander von privaten und öffentlichen Einrichtungen massiv auszubauen, sowie neue Formen des Zusammenlebens zu entwickeln, wie beispielsweise betreute Wohngemeinschaften und Mehrgenerationenhäuser. Auflösung des Kostenträgerwirrwarrs im Pflegesystem. Es ist zu verhindern, dass zum Beispiel die Krankenkassen für die Bewilligung von Behelfen (etwa Krücken) zuständig sind und die Gemeinden für die Pflegeheime. In Summe entsteht so durch das Ablehnen eines (günstigeren) Behelfs unnötiger, ungewünschter und letztendlich teurer Pflegebedarf. 33 http://esv-sva.sozvers.at/portal27/portal/svaportal/content/contentWindow?contentid=10007.713943&action=2 69 Menschen mit Beeinträchtigung: Es ist sicherzustellen, dass für alle Hilfen und Hilfsmittel nur ein Kostenträger zuständig ist. Mit einem einzigen, allgemeingültigen Antrag, dessen Bearbeitungszeit maximal vier Wochen beträgt. Die Ausgleichtaxe als Anreizinstrument für Unternehmen, um beeinträchtigte Menschen einzustellen, ist weiterzuentwickeln, um die Arbeitslosigkeit von beeinträchtigten Menschen zu verringern. Seite Wie lange kann ich mir meine Wohnung noch leisten? WOHNEN Mut zu innovativem Wohnbau für eine vielfältige Gesellschaft. 71 So sieht‘s heute aus Wohnbau und Wohnen ist ein hochkomplexes und durch die Politik ideologisch aufgeladenes Themenfeld. Mangel besteht vor allem in den Ballungsräumen und Städten. Wohnen steht in enger Wechselwirkung mit sinnvoller und ökonomischer Stadtviertelentwicklung. Es ist ein unbestrittenes Ziel der Stadtentwicklung, Durchmischung und somit sozial nachhaltige ausgewogene Viertel zu schaffen. Im Gegensatz dazu hat Segregation langfristig schwer korrigierbare und teure Folgen. Weil Wohnen ein „Grundbedürfnis“ ist, ist leistbarer Wohnraum — ausreichend vorhanden — für alle Bevölkerungsgruppen wichtig und dringend. Die Frage des leistbaren Wohnens ist in den letzten Jahren auch für den Mittelstand in den Fokus gerückt. Das Drehen an kleinen Schräubchen wie z. B. der mit 1.1.2015 eingeführte sogenannte „Standardausstattungskatalog1+2“ ist nicht zielführend. Vielmehr sind drastische Eingriffe am System und echte Innovationen im Bereich der Art des Wohnbaus selbst notwendig. Trotz stolzer Bauleistung sind in Oberösterreich (Stand Okt. 2014) 22.000 Personen auf Wohnungssuche, davon 11.000 allein in Linz. Zusätzlich ist die Einwohnerzahl im Zentralraum und Linz stark steigend. Wohnen ist zu teuer, es steht zu wenig Wohnraum zur Verfügung Die Grundstückspreise sind wegen der Finanzkrise deutlich gestiegen. Die Baukosten sind wegen echter Kostentreiber zu hoch. Kostentreiber sind unnötige und starre Vorschriften und Auflagen der öffentlichen Hand wie Brandschutzbestimmungen, Stellplatzverordnungen, Barrierefreiheit in der jetzigen flächendeckenden Form, Aufzugsverpflichtung (bereits ab 3 Geschossen!) und Normen. Kostentreiber sind aber auch die Genossenschaften selbst, die – meist politisch durchdrungen – teuer arbeiten. Kostentreiber sind außerdem über die Jahrzehnte angewachsene und heute übertriebene Qualitätsstandards wie beispielsweise Haustechnik in der Ausführung. All diese Kostentreiber sind systemimmanent und auf Druck von bestimmten Gruppen entstanden. Das macht es den derzeitigen politischen Akteuren fast unmöglich, maßgebliche positive Änderungen herbeizuführen. In den Ballungsräumen ist die Nachfrage zu hoch und die Produktion von Wohnraum zu gering. Die milliardenschweren Töpfe an Wohnbauförderung werden nicht ausgeschöpft, sondern teilweise zweckentfremdet, weil wie sie nicht mehr zweckgebunden sind. Der „Bedarf“ (Anspruch an Wohnfläche pro Kopf) ist in den letzten Jahrzehnten rasant gestiegen. Dazu steigt auch stetig der Qualitätsanspruch. Pa- Seite Themenwelt Wohnen radoxerweise gibt es daher derzeit so viel bewohnbare Fläche pro Kopf wie noch nie zuvor und trotzdem Mangel an Wohnraum. Zahlreiche unnötige und zu hohe Nebenkosten — dazu gehören diverse Gebühren wie Vertrags- und Verwaltungsgebühren sowie Maklerprovisionen — verteuern das Wohnen. Die Betriebskosten entsprechen oft nicht der tatsächlichen Leistung, sondern sind „Cash Cow“ für Gemeinden, die diese Einnahmen anderweitig einsetzen. Zu viel Stangenware im Neubau, die Qualität stimmt nicht Neben preiswertem und zentral gelegenem Wohnraum fehlt es gerade in Ballungsräumen an einem qualitativ vielfältigen Angebot für die unterschiedlichen Anforderungen unserer Gesellschaft. Der derzeitige Massenwohnbau ist immer noch hauptsächlich Wohnflächenproduktion. Es werden — aus mangelnder Fantasie und Weitsicht — vor allem Wohnungen für die „Normfamilie“ gebaut. Diese gibt es aber immer weniger. Entsprechend fehlen eine Vielfalt von Billigst- und Kleinstwohnungen, große und entsprechend organisierte Wohnungen für WGs und Alters-WGs, durchmischte Wohnhäuser (in Bezug auf Generationen, Herkunft, Wohnungsgröße, Einkommen), Baugrund für selbstinitiierte Baugruppen und Wohnungen für Großfamilien. Trotz der demografischen Entwicklung in Oberösterreich werden noch keine tragfähigen, neuen Modelle des (Zusammen-)Wohnens im Alter entwickelt. Auch mobile Lösungen fehlen weitgehend, um möglichst lange in den eigenen vier Wänden leben zu können. Insgesamt mangelt es drastisch an Innovation im Bereich des (institutionalisierten) Wohnbaus. Genossenschaften und Bauträger produzieren weitgehend unkoordiniert und am zukünftigen und aktuellen Bedarf vorbei. Mangelnde Innovation betrifft aber nicht nur Art und Größe der Wohnungen, sondern auch die Kombination unterschiedlicher Wohnungen (Struktur). Über den Maßstab des Objekts hinaus mangelt es im Wohnbau auch drastisch an städtebaulicher Qualität: Insbesondere bei Stadterweiterungen und großen Siedlungsprojekten entstehen praktisch keine resilienten, robusten Strukturen mit „Nahraumqualität“ sondern „Monokulturen“. 73 Brachliegende Ressourcen Im Wohnbau werden in vielfältiger Weise sehr viel öffentliches Geld und Ressourcen verschwendet. Die Wohnbauförderung ist sozial nicht ausreichend treffsicher und wird – weil nicht mehr zweckgebunden – für andere Zwecke, zum Beispiel für das Stopfen von Budgetlöchern, missbraucht. Wohnbau schafft wesentliche stadtentwicklerische und raumplanerische Grundlagen. Viele tiefgreifende Entscheidungen fallen früh, werden aber (von der öffentlichen Hand) nicht entsprechend gründlich und mit Bürger_innenbeteiligung geplant, sondern an Private oder Genossenschaften delegiert. Dadurch sind neue Quartiere und Stadterweiterungen, Wohn- und Schlafstätten und nicht ganzheitliche Lebensmittelpunkte. Grundsätzliche Fragen werden nicht geklärt: Will eine Stadt sich erweitern oder nach innen wachsen? Soll ein Quartier verdichtet oder revitalisiert/ aufgewertet werden und wie? Versteckte Potenziale in Form von Flächen oder Substanz (Lücken, Brachflächen, Dächer, Altbauten) werden so einerseits nicht ausreichend gehoben, auf der anderen Seite wird aber teuer auf die grüne Wiese erweitert, weil das viel einfacher ist und weil dadurch Pfründe bedient werden. Es gibt enorme Leerstände. In Linz sind das geschätzte 3000 Wohneinheiten. Diese verursachen volkswirtschaftlichen Schaden. Sie belasten das „vorgehaltene“ Netz wie Kanal, öffentlichen Verkehr, Straße, Reinigung und Müllabfuhr, das die öffentliche Hand herstellt. Einnahmen und Gebühren bleiben dafür aber aus, die Effizienz leidet. Leerstände schwächen auch den Straßenraum. Anstatt diese Wohnungen zu „mobilisieren“, wird teure „Stadterweiterung“ betrieben. Auch das Mietrechtsgesetz ist durch seine starre Auslegung verantwortlich für Leerstand. Unflexible Mietgrenzen verhindern Anreize für Sanierung, Immobilienbesitzer lassen ihre Objekte eher leer stehen. Die Zuweisung von Genossenschaftswohnungen läuft zu oft über Beziehungen, nicht über Bedürftigkeit. Die Wertsteigerung umgewidmeter Grundstücke fließt immer noch fast ausschließlich in die Taschen der Verkäufer. Gleichzeitig kommt die öffentliche Hand aber für einen Großteil der Infrastruktur auf. Im Zuge der Baulandwidmung und Aufschließung lässt die öffentliche Hand viele Instrumente der Steuerung brachliegen. Oft steckt die Kommunalpolitik mit den Entwicklern unter einer Decke. Seite Themenwelt Wohnen Da wollen wir hin Günstiger und mehr bauen Es wird ausreichend Wohnraum, sowohl in Form von geförderten Miet- als auch von Eigentumswohnungen in den verschiedenen Preis- und Ausstattungskategorien, geschaffen. Wohnen wird dadurch für alle leistbar. Es ist nicht mehr als ein Drittel des Einkommens dafür nötig. Das betrifft insbesondere junge Menschen, Familien und Alleinerziehende. Dafür wird in den Ballungsräumen ausreichend gebaut sowie vorhandener Wohnraum saniert und mobilisiert. Die Wohnbauförderung wird wieder zweckgewidmet. Vorschriften, Bestimmungen und Normen werden stark auf das Wesentliche, die Sicherheit reduziert. Qualitätsverlust gibt es dadurch keinen. Für den Wohnbau stehen ausreichend Grundstücke zur Verfügung. Kommunen agieren weit im Voraus. Die Preise halten sich dank innovativer und konsequent eingesetzter Instrumente im sinnvollen Rahmen. Innovative Lösungen für die Gesellschaft im Wandel Entsprechend dem laufend stattfindenden gesellschaftlichen Wandel wird innovativer Wohnbau produziert. Dazu wird an vielen Schrauben gedreht. Insbesondere die stark wachsenden Ballungsräume – als Ort der Innovation und der Dynamik – leisten hier einen wesentlichen Beitrag: Standards werden gesenkt, Parkplatzverordnungen radikal überdacht, stattdessen Mobilitätskonzepte entwickelt, Menschen haben dazu die freie Wahl des Verkehrsmittels. Verpflichtende Stellplatzverordnung wird es keine geben, der Nutzer entscheidet darüber, Barrierefreiheit wird ganzheitlich über ein Quartier gedacht. Statt der klassischen Kleinfamilie gibt es diverseste Wahlverwandtschaften. Die Vielfalt der Wohnungen und Quartiere schafft Flexibilität. Mitbestimmung und Partizipation im Neubau werden zur Routine. Sie schaffen nur geringe, vernachlässigbare Planungsmehrkosten, die Zufriedenheit steigt. Der gesellschaftlichen Differenziertheit entsprechend sind eine Vielfalt an Wohnungstypen und -größen vorhanden. Dies sind Kleinst-, Billigst- und beispielsweise WG-Wohnungen. Dies entspricht der Realität und den Bedürfnissen von Alleinerziehenden, Großfamilien oder Patchworkfamilien. Wohnbau wird weit über das eigentlich gebaute Objekt hinaus sorgfältig geplant. Städtebauliche und soziale Aspekte sind wesentlicher 75 Teil. Das schafft ruhige, sichere, kindergerechte Wohn- und Lebensumfelder. Diese Art des Wohnbaus macht die Stadt besonders für junge Familien attraktiv und verhindert Abzug in die Peripherie. Auch die zunehmend älteren Menschen fühlen sich in diesen nachbarschaftlichen Quartieren wohl und können dadurch viel länger in ihren eigenen vier Wänden bleiben. Sogenannte „Baugruppen“ — selbstinitiierte Minigenossenschaften aus 20 bis 40 Parteien — spielen im Wohnbau eine wesentliche Rolle und sind Innovationsträger. Sie bauen selbstbestimmt, billiger und mit dem Mehrwert von Gemeinschaftsfläche (Gästewohnung, Werkstatt, Spielraum, Bibliothek). Die soziale Durchmischung wird gelebt. Menschen verschiedener Generationen, Herkunft und unterschiedlichen kulturellen Backgrounds leben miteinander in ihren Stadtvierteln und schätzen die weltoffene Stimmung. Das stärkt den sozialen Zusammenhalt, schafft Synergien (von der Kinderbetreuung bis zur Altenbetreuung) und macht die Stadt insgesamt resilienter. Dem Wohnen im Alter wird besonderes Augenmerk geschenkt. Altersheime sind ein Auslaufmodell und werden nicht mehr gebaut. Stattdessen wird möglichst lange selbstständig in den eigenen vier Wänden gewohnt. Dafür werden die Voraussetzungen geschaffen. Unter anderem gibt es ausgeklügelte mobile Unterstützung in der ganzen Stadt. Im Idealfall wird in überschaubaren und aktiven Hausgemeinschaften zusammengelebt. Diese neue Form der Alters-WG hat sich etabliert. In ihr liegen kleine Einheiten um einen zentralen gemeinsamen Wohnbereich angeordnet, Einsamkeit gibt es nicht. So wird der demografischen Entwicklung in Oberösterreich mit tragfähigen, finanzierbaren Modellen des Wohnens im Alter entsprochen. Vorhandenen und potenziellen Wohnraum mobilisieren Das Mobilisieren von vorhandenen Ressourcen geht konsequent vor Neubau auf der grünen Wiese. Ziel sind Verdichtung und Lebensorte der kurzen Wege. Dafür werden Leerstände, Dächer, Baulücken und Brachen mobilisiert. So kann viel Wohnraum ohne erhebliche Mehrkosten für die öffentliche Hand geschaffen werden. Um den oberösterreichischen Zentralraum insgesamt als Lebensort zu verbessern, wird Wohnen raumplanerisch, das heißt über die eigenen Stadtgrenzen hinaus entwickelt. Kontraproduktiver Wettbewerb zwischen den Gemeinden wird reduziert. Es entstehen übergeordnete, gemeinsame Strategien. Mittel aus der Wohnbauförderung werden ausschließlich für die Schaffung von Seite Themenwelt Wohnen Wohnraum eingesetzt (Zweckbindung). Ebenso werden die Erträge aus Mieteinnahmen im sozialen und geförderten Wohnbau für Sanierung und Neubau zweckgebunden. Das Mietrechtsgesetz wird transparenter, aber auch flexibler. Dadurch wird Leerstand mobilisiert und Anreiz für Investitionen (Sanierungen) geschaffen. So können wir das erreichen Wohnbaukosten senken: Die Bauordnungen werden entrümpelt, vereinheitlicht (wobei regionale Besonderheiten berücksichtigt werden), vereinfacht und für Bürger_innen verständlich gemacht. Kostentreiber müssen klar identifiziert und beseitigt, Vorschriften und Gesetze auf ihre Notwendigkeit geprüft und „ausgemistet“ werden. Nur so kann die Kostenspirale nach oben unterbrochen werden. Beispielsweise ersetzen Mobilitätskonzepte oder Sammelgaragen (für ein ganzes Quartier) teure und verpflichtende Stellplätze in jedem Haus (ein Stellplatz kostet beispielsweise ein Kinderzimmer!), Haustechnik kann auf das gewünschte Maß reduziert werden, Barrierefreiheit sinnvoll und angemessen erreicht werden. Innovative Lösungen für die Gesellschaft im Wandel: Ein prozentueller Anteil der Wohnbaufördermittel und der zur Verfügung stehenden Fläche (ca. 10 %) wird jährlich für innovative Lösungen im Wohnbau eingesetzt. Hier können neue Ansätze versucht, unter kontrollierten Bedingungen umgesetzt und überprüft werden. Zu Testzwecken werden strenge Richtlinien und Normen, die den Bau verteuern, außer Kraft gesetzt. Derartige Versuchs- und Forschungsprojekte und -orte sind auch für Bauherrengruppen, Kommunen oder für private Organisationen zugänglich. Beispielsweise werden an diesen Orten Billigst-Wohnbau und Kleinstwohnungen (z. B. Tiny House Movement, ...) getestet. Baugruppen sind prädestiniert, diese Innovationsrolle zu übernehmen. Solche Baugruppen, Bauherrenmodelle und kleine Genossenschaften müssen daher gleichrangig gefördert werden. Wohnen im Alter muss günstig und vernetzt, barrierefrei und aktiv ermöglicht werden. Eine Maßnahme gegen Vereinsamung und Pflegenotstand sind Senior_innenWGs in Form von Hausgemeinschaften oder betreubarem Wohnen, ergänzt durch ein breites Angebot an Dienstleistungen im Haus oder innerhalb kurzer Distanzen. 77 In unserer alternden Gesellschaft mit dem drohenden Pflegenotstand sind Lösungen zu finden, durch die ältere Menschen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben können. Dies wird durch eine Erweiterung der Förderung des Sanierungsbonus für Senior_innen zur Adaptierung von Bad, Eingangsbereichen etc. erleichtert. Ressourcen mobilisieren: Die Wohnbauförderung ist beizubehalten. Sie gehört jedoch wieder zweckgebunden. Der effektive Einsatz der Fördergelder im Wohnbau (Sanierung und Neubau) ist zu überprüfen: Werden neu sanierte Altbauwohnungen mit höheren Mieten als bisher versehen, dann sind damit auch Sanierungen finanzierbar und die diesbezüglichen Fördergelder können für den Wohnungsneubau eingesetzt werden. Dadurch wird insgesamt mehr neuer Wohnraum erzielt. Eine Möglichkeit, die Wohnbauförderung transparent zu gestalten, ist der „Wohnbauscheck”. Dieser garantiert ein nachvollziehbares Aufschlüsseln der Einnahmen und Ausgaben. Der „Wohnbauscheck“ fördert Subjekte, also Menschen, statt Objekte. Mit dem Wohnbauscheck kann jede_r — sofern er_sie selbst und das Objekt förderwürdig ist — Wohnraum kaufen oder mieten. Bei den Preisen der Grundstücke kann die öffentliche Hand/Kommune stark eingreifen: Ein Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand ist denkbar, Mehrwertabschöpfung senkt die Ausgaben bei der Erschließung. Die bereits zur Verfügung stehenden Instrumente zur Senkung der Baulandpreise sind konsequent einzusetzen: Vertragsraumordnung, Baulandumlegung, befristete Baulandwidmung, Wertsteigerungsabschöpfung („Kölner Modell“, 2/3 des Wertzuwachses werden zum Zweck der Finanzierung öffentlicher Infrastruktur abgeschöpft, auch im liberalen Basel und Bern wird so vorgegangen). Eine Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ ermöglicht zusätzliche Steuerung zugunsten der Allgemeinheit. Das Mietrechtsgesetz ist zu reformieren. Es wird schlanker,, transparenter und flexibler. Leerstand wird dadurch mobilisiert und Anreize für Investitionen (Sanierungen) geschaffen. Abschaffung der Mietvertragsvergebührung: Abschaffung der Zwangsmaklergebühr: Die Doppelmaklertätigkeit soll fallen. Es soll zukünftig nur mehr der Auftraggeber des Maklers die gesamten Kosten tragen. Im Gegenzug soll es für den Makler künftig zulässig sein, Bestandsprovisionen an den Auftraggeber zu verrechnen (wie derzeit bei den Versicherungsmaklern). Seite Warum staut es sich noch? MOBILITÄT UND RAUMPLANUNG Ein ganzheitliches Verkehrskonzept bedeutet nachhaltige Verkehrspolitik. 79 MOBILITÄT Mut zu nachhaltigen Mobilitätslösungen für OÖ Die stetig steigende Zahl an PKW-Pendler_innen hat den Großraum Linz bei Staumeldungen an die unangefochtene Spitzenposition gebracht. Leidtragende sind einerseits die Pendler_innen selbst, die einer täglichen, unberechenbaren Stausituation mit all ihren Folgeerscheinungen ausgesetzt sind, andererseits alle Linzer Bürger_innen, die durch die Verkehrsbelastung Einbußen in der Lebensqualität (Abgase, Lärm) sowie Parkplatzknappheit in Kauf nehmen müssen. „ Den Pendler_innen kann derzeit in vielen Gebieten Oberösterreichs keine echte Alternative zum PKW angeboten werden. Hier sind innovative Konzepte des öffentlichen Verkehrs gefragt. Leider glänzt die amtierende Regierung nicht durch Innovationsgeist. Judith Raab Spitzenkandidatin Landtag NEOS OÖ „ Wir fordern Alternativen Seite Themenwelt Mobilität und Raumplanung So sieht‘s heute aus Zersiedelung zwingt zu motorisiertem Individualverkehr Eigentlicher Ausgangspunkt der Problematik ist die überproportionale Zersiedelung in OÖ, die auch eine nachhaltige/ökonomische Lösung mit öffentlichem Verkehr (ÖV) erschwert. Dieses System der weit auseinander liegenden Orte der Lebensführung (Wohnen, Bilden, Arbeiten, Erholen) induziert große Autoverkehrsmengen und verursacht Zwangsmobilität. Der motorisierte Individualverkehr verbraucht viel Energie, versiegelt in der Folge Land, verschmutzt Luft und beeinträchtigt durch seine Dominanz das Leben in den Städten und Ortschaften. Die weiter steigenden Autoverkehrsmengen stoßen in den Ballungsräumen immer öfter an die Belastungsgrenzen. Mängel im öffentlichen Verkehr Den Pendler_innen kann derzeit in vielen Gebieten Oberösterreichs keine echte Alternative zum PKW angeboten werden: Der ÖV ist auf Grund mangelnder Erschließung, langer Fahrzeiten und lückenhafter unregelmäßiger Fahrpläne insbesondere am Abend zum PKW nicht konkurrenzfähig. Dabei wären auch ohne kostspielige Baumaßnahmen große Potenziale34 zur sofortigen Verbesserung der Situation vorhanden. Einer Umsetzung steht wenig im Weg, sie wird aber mit dem Hinweis auf ohnehin geplante große Lösungen (Regiotram, Mühlkreisbahn neu, 2. Schienenachse Linz,…) nicht angegangen. Gesamtverkehrskonzept muss umgesetzt werden Mittlerweile existiert ein von der OÖ Landesregierung bei einem Expertenteam in Auftrag gegebenes Gesamtverkehrskonzept für den Großraum Linz, das Lösungsmöglichkeiten aufzeigt. In diesem Konzept wird in mehreren Abschnitten motorisierten Individualverkehrs zurückgenommen (Push) werden. Nur so ist Wirkung zu erzielen. 34 siehe Kapitel Maßnahmen - so können wir das erreichen! 81 Konkret ist ein systematisches In- und Aufeinanderabstimmen aller Verkehrsarten (Fuß- und Radverkehr, ÖV und motorisierter Individualverkehr) sowie die Weiterentwicklung des Schienen- und Bussystems und entsprechender Zubringerlösungen (Park & Ride, Bike & Ride) bei gleichzeitiger verbesserter Straßengestaltung zugunsten des Fußgänger_innen- und Radverkehrs notwendig. Mit verblüffender Offenheit wird im selben Konzept aber festgeschrieben, dass nicht zu schnell entschieden werden müsse: „Teilweise unpopuläre Maßnahmen... für die aus heutiger Sicht eine längerfristige Diskussion erforderlich ist ...“. Zur Umsetzung fehlt offensichtlich der Mut, Entscheidungen werden entsprechend vertagt. Die unvermeidlichen, langen, oft über Legislaturperioden hinausreichenden Planungszeiträume bei derartigen Projekten tun ihr Übriges: Sie verringern den Handlungsdruck für die Politik und erleichtern gegenseitiges Zuweisen der Schuld für die Verzögerungen, in diesem Fall zwischen der Stadt Linz und dem Land OÖ. Der Verweis auf fehlende Finanzierungsmöglichkeiten wird durch die kurz vor der Umsetzung stehende A26 (Westring) ad absurdum geführt: Hier stehen 650 Mio. Euro (davon 15 % aus Mitteln des Landes OÖ und der Stadt Linz) für eine vom Rechnungshof bereits vorab massiv kritisierte, gerade einmal 4,3 km lange vierspurige Tunnelautobahn bereit. Seite Themenwelt Mobilität und Raumplanung 83 Da wollen wir hin Linz hat es ab 1980 geschafft, das Image der grauen Industriestadt abzulegen. Genauso muss es nun zu schaffen sein, die Mobilitätsangebote für den Zentralraum den aktuellen und zukünftigen Erfordernissen anzupassen. Im Detail bedeutet das: • Die Linien des ÖV* werden mit vollwertigen „Angebots-Fahrplänen“ bedient: Auch am Wochenende, auch an den Tagesrandzeiten, mit gleichen, leicht merkbaren Abfahrtszeiten und möglichst dichtem Takt. Bürger_innen spüren, dass der ÖV eine jederzeit verfügbare, verlässliche Alternative ist. • An den ÖV-Hauptachsen sind entsprechende P&R**- und B&R***- Anlagen vorhanden, Pendler_innen sind damit bestenfalls noch für den Weg bis zur nächsten P&R-Anlage auf einen PKW angewiesen. • Innerhalb von Ortschaften werden Busspuren, Radfahrbahnen und SharedSpace-Bereiche massiv ausgebaut, bewusst auch auf Kosten des motorisierten Individualverkehrs: NEOS beweist Mut für neue Prioritätensetzung. • Im ländlichen Raum organisieren die Gemeinden neue Formen des öffentlichen Verkehrs wie z. B. Orts- und Rufbusse, Sammeltaxis, Bürger_innenverkehre, Shuttledienste zu ÖV-Haltestellen, etc. Insgesamt wird durch die Verbesserungen beim ÖV wieder Wahlfreiheit bestehen, für viele Wege ist die Nutzung des KFZ nicht mehr unumgänglich. Weniger motorisierter Individualverkehr bedeutet weniger Energieverbrauch, was zu einer Verbesserung der lokalen Situation (Luftqualität, weniger lokale Schadstoffe, Smog) führt und einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Lebensqualität liefert. Auch das übergeordneten Ziel Österreichs und Europas, die Importabhängigkeit bei Öl und Gas zu verringern, wird dadurch erreicht. Der Besitz einer Netzkarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel ist der Normalzustand: NEOS steht für eine Vereinfachung der Tarife im ÖV, Vorbild dafür sind Modelle aus der Schweiz bzw. aus Wien und Vorarlberg (365-€-Jahreskarten), aber auch das Jugendticket Netz, das heute schon Auszubildenden um 60 € im Jahr Fahrten in ganz OÖ erlaubt. Eine attraktive Jahresnetzkarte (und entsprechendes * Öffentlicher Verkehr ** Park & Ride *** Bike & Ride Fahrplanangebot) kann in vielen Haushalten das vorhandene Zweit- oder Drittauto ersetzen. Echtzeitdaten aus dem gesamten OÖ-Verkehrsverbund werden allen ÖV-Teilnehmer_innen zur Verfügung stehen: Einfachstes Beispiel ist eine Smartphone-App, die auf Basis der aktuellen Verkehrssituation optimale Verbindungen zum gewünschten Fahrziel ermittelt und über eventuelle Verspätungen oder Überlastungen informiert. Auch in die umgekehrte Richtung wäre ein Informationsfluss denkbar, aus der Summe der User-Anfragen könnten Verkehrsbetriebe beispielsweise mögliche Engpässe ableiten und entsprechend für Verbesserungen sorgen. So können wir das erreichen Gesamtverkehrskonzept umsetzen! Das vorliegende Gesamtverkehrskonzept enthält viele gute Ansätze. Eine direkt daraus entnommene Forderung ist die konsequente Verfolgung von Push- und Pull-Maßnahmen zur Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr auf den öffentlichen Verkehr. Diese Forderung ist eine Grundvoraussetzung zur Umsetzung der verkehrspolitischen Leitlinie für den Großraum Linz. Konkrete NEOS-Ansätze dazu: Dem öffentlichen Verkehr Vorrang einräumen: Signalsteuerungen, Vortritts-Schleusen für den ÖV, Bus-Spuren, … In Ortsgebieten durch organisatorische Maßnahmen den Autoverkehr in Menge und Geschwindigkeit unterhalb der Belastungsgrenze halten: Sicherer Verkehrsfluss auf Landstraßen, Dosierung der Verkehrsmengen an den Ortseinfahrten, … Misch-Verkehre in den Innerortsstraßen fördern: Radfahren auf der Fahrbahn, Begegnungs- und Shared-Space-Zonen einrichten. Die Straßen- und Platzräume in den Städten und Ortschaften nach den Bedürfnissen der zu Fuß gehenden Bevölkerung gestalten: Fahrbahnen verschmälern, kompaktere Kreuzungen, mehr Bewegungsraum für Fußgänger_innen, Ideenwettbewerbe durchführen, Bürger_innenbeteiligung ermöglichen. Seite Themenwelt Mobilität und Raumplanung Neue Prioritäten für eine nachhaltige Verkehrspolitik: Keine neuen Straßenprojekte ohne vorherige oder gleichzeitige Schaffung echter ÖV-Alternativen. Das gilt insbesondere für den „Westring“ (A26): Eine nachhaltige Mobilitätslösung für die betroffenen Bürger_innen ist ohne Schienenverbindung nicht denkbar, das bestätigt auch der Rechnungshof. Die bisherige Vorgangsweise bei Planung und Genehmigung ist ein Lehrstück in Sachen Anlassgesetzgebung und Verschwendung von Steuergeld. Die Notwendigkeit einer zusätzlichen Donaubrücke westlich von Linz hingegen wird von uns geteilt. Die Nadelöhre könnten dadurch entlastet und die Niebelungenbrücke z. B. verstärkt für ÖV und Fahrrad bzw. eine bessere Ost-West Verbindung Urfahrs genützt werden. Ähnliches gilt für die projektierte Ostumfahrung von Linz: Auch dieses Projekt ist mit Umsetzung des Generalverkehrsplans (und damit einhergehender Entlastung der A7) hinfällig. NEOS tritt für die Einführung von verlässlichen Angebots-Fahrplänen mit möglichst dichtem Taktverkehr an allen Tagen für alle öffentlichen Verkehrsmittel in OÖ ein, ähnlich wie in weiten Teilen der Schweiz bereits umgesetzt. Bei künftigen Leistungsbestellungen durch den Verkehrsverbund müssen die Schritte zu diesem Taktfahrplan berücksichtigt werden. Es ist eine geeignete Finanzierungsgrundlage für den ÖV zu schaffen. Bei der Abdeckung der Infrastrukturkosten ist der öffentliche Verkehr dem motorisierten Individualverkehr gleichzustellen. Im Gegensatz zum Straßenbau werden beim schienengebundenen ÖV derzeit jeweils nur Einzelprojekte in den Finanzierungsverhandlungen behandelt, wobei die Projektbetreiber (meist Gemeinden und/ oder Verkehrsunternehmen) bei Bund und Land als Bittsteller auftreten. Vorbild könnte das in Deutschland bestehende Gemeinde-Verkehrs-Finanzierungs-Gesetz (GVFG) sein, gemäß dem seit Jahrzehnten der Ausbau des schienengebundenen ÖV (S-Bahn, U-Bahn, Regional- und Straßenbahn) aus gesicherten Finanzmitteln gespeist wird. Diesen Topf füllen zu 80 % der Bund, die restlichen 20 % teilen sich die jeweils betroffenen Länder und Gemeinden. Das garantiert Planungssicherheit und die konsequente und zügige Umsetzung der Projekte. Radikaler Perspektivenwechsel in der Raumplanung: Unabhängig von allen Vorhaben, die allein schon zur Bewältigung der bestehenden Verkehrsbelastung nötig sind, sind im Bereich Raumplanung Maßnahmen umzusetzen, die einer weiteren Zersiedelung entgegenwirken35: Ortszentren stärken, keine neuen Ansiedlungen von Versorgungseinrichtungen (z. B. Einkaufszentren, Freizeitzentren,…), die vorwiegend am Autoverkehr orientiert sind. 35 siehe Kapitel Raumplanung 85 BREITBANDAUSBAU Daten aufs Land statt Pendler in die Stadt! So sieht’s heute aus Dem Regierungsprogramm 2008 zufolge sollte Oberösterreich bereits seit 2013 eine flächendeckende Versorgung mit 25 Mbit/s haben, bis 2018 sollten alle Ballungsgebiete (70 % der Haushalte) über ultraschnelle Breitband-Hochleistungszugänge verfügen. Davon sind wir weit entfernt. Die bisherigen Aktivitäten des BMVIT zur Breitbandoffensive beschränken sich auf die Einrichtung einer Koordinations- und Servicestelle für Gemeinden, Bundesländer und Betreiber sowie auf die Erstellung eines dreistufigen Plans (strategische Maßnahmen, Fördermaßnahmen und begleitende Maßnahmen). Aus Deutschland kommen bereits fundierte Erkenntnisse und Erfahrungen zum Thema Breitbandausbau. So weiß man, dass eine zukunftssichere Anbindung über die bestehende Mobilfunktechnologie nicht immer möglich ist und dass das wesentliche Kostenelement beim kabelgebundenen Breitbandausbau beim Tiefbau liegt. Durch Mitverlegung mit anderen Tiefbauprojekten können die Investitionskosten jedoch deutlich gesenkt werden. Da wollen wir hin Das Internet und die darauf aufbauenden Anwendungen bilden die Grundlage von Wirtschaftswachstum und sozialem Fortschritt. Technologische Hindernisse für Bürger_innen außerhalb von Ballungsräumen werden endgültig beseitigt. Die Möglichkeit, eine neue Geschäftsidee im ersten Schritt als Klein- bzw. Einzelunternehmer_innen (EPU) von zu Hause aus in Angriff nehmen zu können, ist oft der entscheidende Punkt für den Sprung in die Selbstständigkeit. Aber auch für Angestellte sind flexible Beschäftigungsformen, die z. B. auch Home-Office-Tage enthalten, von hohem Interesse. Für beide Gruppen ist die Verfügbarkeit schneller Breitbandverbindungen ein entscheidender Faktor. Nicht zuletzt trägt diese Entwicklung auch zur Verringerung des Verkehrsaufkommens bei: Daten aufs Land statt Pendler_innen in die Stadt! Seite Themenwelt Mobilität und Raumplanung So können wir das erreichen 87 RAUMPLANUNG NEOS fordert einen wettbewerbsfördernden Einsatz öffentlicher Mittel sowie eine Vergabepraxis, von der alle am Markt tätigen Unternehmen profitieren und die einen immerwährenden, gleichberechtigten Zugang für alle Betreiber gewährleistet. Zudem ist eine vermehrte Vernetzung der beteiligten Akteure notwendig (Gemeinden, Netzbetreiber, Telekom-Unternehmen, etc.). Nachhaltige Wirtschafts- und Siedlungsentwicklung: Gemeindekooperationen, Ortskerne stärken Die Verantwortung für den Breitbandausbau muss jedenfalls bis zu den Gemeinden reichen. Die sogenannte letzte Meile (vom öffentlichen Anschlusspunkt zum Endnutzer) braucht eine private bzw. unternehmerische Mitbeteiligung. Entsprechend ist der Ausbau des geförderten Netzes mit den Bedürfnissen der Betreiber, die in dem Gebiet ihre Dienste anbieten oder anbieten wollen, zu koordinieren. Die Fördermittel der „Breitbandmilliarde“ müssen zweckgebunden bleiben und dürfen nicht zur „Allgemeinen Gemeindeförderung“ eingesetzt werden. Offene Ausschreibungen nutzen wettbewerbliche Systeme mit dem Ziel, dass die jeweils bestgeeignete Technologie (Glasfaser, 4G-Mobilfunk, …) zum Einsatz kommt. Auch in diesem Bereich muss die Verschwendung öffentlicher Gelder gestoppt werden: Bei öffentlichen Bauvorhaben und Infrastrukturprojekten müssen in Zukunft Breitbanddatenleitungen und die dafür notwendigen Verrohrungen automatisch mitgeplant und mitverlegt werden. Dadurch kann verhindert werden, dass aufgrund mangelnder Weitsicht Straßen mehrmals hintereinander aufgegraben werden müssen. Trotz besseren Wissens und einer existierenden Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes aus dem Jahr 2002 schreiten die Zersiedelung und sämtliche daran geknüpfte Phänomene munter voran. In den letzten Jahren konnte der Trend zur Versiegelung von Flächen und damit der Verlust von Boden nicht gestoppt werden. Ganz im Gegenteil: Der Verbrauch meist kostbaren landwirtschaftlichen Grunds liegt in Österreich bei ca. 22 ha täglich (statt der als Ziel festgelegten 2,4 ha), der Widmungsgewinn von ca. 3,5 Milliarden Euro jährlich ist dafür Triebfeder. Bürgermeister_innen in ländlichen Gebieten halten ihre Wähler_innen bei Laune, indem sie Bauland weit über den tatsächlichen Bedarf hinaus widmen. Oberösterreich ist dabei Spitzenreiter. Hier ist die Zersiedelung besonders ausgeprägt. Ein Flug nach Bayern oder retour lässt mit freiem Auge sofort die Grenze erkennen und das alleine durch die Beschaffenheit der Siedlungen. So sieht‘s heute aus Eine weitere Triebfeder der Zersiedelung sind öffentliche Förderungen der Erschließungskosten aus Bundes- und Landesmitteln. Sie nehmen in der Regel keinen Bezug auf das Verursacherprinzip. Im Gegenteil. Fördersätze (in % der Investition) steigen sogar progressiv an, wenn die Erschließung besonders teuer ist. Das Einzelhaus mit Doppelgarage weit draußen am Waldrand wird direkt und indirekt mit einem Vielfachen dessen subventioniert, was z. B. die Erschließung eines Reihenhauses kostet, mit dem Baulandreserven im Ortszentrum platzsparend genützt wurden. Die Ausdünnung unserer Siedlungen erzwingt die individuelle Motorisierung, verhindert einen effizienten ÖV und hat dadurch zahlreiche, erwiesene Nachteile auf die gesamte Gesellschaft und die Gemeinden selbst. So können z. B. ältere Menschen Einkaufszentren außerhalb des Ortskerns nur mehr schwer erreichen. Schlechtere Verdienst- und Bildungsmöglichkeiten in Kombination mit mangeln- Seite Themenwelt Mobilität und Raumplanung der ÖV-Anbindung erhöhen den Druck, in Ballungszentren abzuwandern. Diese Zersiedelung ist volkswirtschaftlich, ökologisch und sozial eines der größten Probleme für unsere Zukunft. Verantwortlich dafür sind vor allem gigantische (direkte und indirekte) Förderungen und Anreize, die eine Kostenwahrheit und -transparenz unserer Siedlungsentwicklung und deren Finanzierung durch Gemeinden, Länder und Bund verhindert. In Summe werden zahlreiche Einzelinteressen auf Kosten der Allgemeinheit finanziert. Auch eine mangelnde Zusammenarbeit von Stadt und Umland und den Gemeinden untereinander begünstigt Zersiedelung. Aus Sicht einer zukunftsweisenden („enkelfitten“) Raumordnung zeigt sich, dass die bisherigen Verwaltungsstrukturen von Bund, Land, Bezirk und Gemeinde und die Konkurrenz, die durch den Finanzausgleich entsteht, nicht zielführend sind. Die Instrumente erlauben nicht die dringenden Lösungen für unsere gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Politische Verquickungen (strukturelle Korruption), riesige Gewinne durch Widmungen und Befangenheit der Bürgermeister_innen, die gleichzeitig oberste Planungsinstanz sind, machen viele Bemühungen zunichte. Diese strukturellen Schwächen und Fehlkonstruktionen sind mitverantwortlich für den heutigen Zustand. Die Raumplanung hat insgesamt einen viel zu geringen Stellenwert (politisch, medial, gesellschaftlich) in Bezug auf ihre finanziellen (volkswirtschaftlichen) Auswirkungen. Ihre Wirksamkeit ist entsprechend gering. Eine grundsätzliche und öffentliche Diskussion über die Bedeutung und Qualität, die der „ländliche Raum“ im Oberösterreich von morgen leisten soll, hat noch nicht stattgefunden bzw. wird gezielt verhindert. Der nötige Perspektiven- und Paradigmenwechsel, um beispielsweise vom Modell des Wachstums oder des unbedingten Haltens eines Bevölkerungsstandes wegzukommen, ist nicht eingetreten. (Förder-)Maßnahmen sind eher Symptombekämpfung und der Versuch, mit alten Denkmodellen Lösungen für die heutigen Herausforderungen zu schaffen. 89 Da wollen wir hin In der Politik hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Fehler in der räumlichen Entwicklung des ländlichen Raums und des StadtUmlands inakzeptable Kosten für die derzeitige und eine untragbare Hypothek für kommende Generationen verursacht haben. Die Bedienung von Einzelinteressen, die jahrzehntelang die Zersiedelung gefördert hat, muss vollständig abgebaut werden. Dank kompakter, auf Erschließungskorridore ausgerichteter Siedlungsgebiete werden hochwertige öffentliche Dienstleistungen wieder bezahlbar. Dazu gehört ein dichtes Angebot des öffentlichen Verkehrs, das auch in ländlichen Gebieten jene neuen Regionalzentren erreichbar macht, an denen nun öffentlichen Dienste, Schulen und Betriebs-Ansiedlungsgebiete konzentriert sind. Auch die befürchtete Kostenexplosion der sozialen Infrastruktur — von „Essen auf Rädern“ bis zu mobilen Pflegediensten — kann deutlich eingedämmt werden. Alle Gemeinden werden Mitglieder ihres jeweiligen regionalen Gemeindeverbandes. Dieser legt zum wechselseitigen Nutzen der beteiligten Gemeinden zentralörtliche Funktionen und Standorte – etwa gemeinsame Betriebsansiedlungsgebiete – fest. Die Gemeindeverbände sind zentrale Ansprechpartner für die Betreiber des öffentlichen Verkehrs. Raumplanung wird als Chance und nicht als Verwaltungsaufgabe verstanden (Entwicklungsplanung statt Ordnungsplanung). Die Kompetenzen zwischen Land und Gemeinden sind klarer, es gibt eine strategische Kompetenzverteilung. Des Weiteren werden die zahlreichen schon vorhandenen Instrumente und Gesetze konsequent eingesetzt. Die enormen Baulandreserven werden mobilisiert, wenn nötig mit neuen Instrumenten. Neuwidmungen sind die Ausnahme und müssen sehr gut begründet sein. Bei der Ausweisung neuer Flächen wird der Lückenschließung Vorrang gegeben. Die Zersiedelung wird dadurch entschlossen gebremst. Oberösterreichische Regionen haben klare Identitäten und sind klar erkennbare Wirtschafts- und Lebensräume. Insbesondere die Städte Linz, Wels und Steyr werden hervorragend untereinander und mit ihrem Umland zusammenarbeiten. Zukunftsarbeit wird im gesamten Ballungsraum gemeinsam gemacht. Die Verantwortung dafür liegt bei einem neu geschaffenen Dachverband. Die daraus entstan- Seite Themenwelt Mobilität und Raumplanung denen übergeordneten Zielsetzungen werden den schädlichen Wettbewerb der Gemeinden untereinander aufheben und machen diese Region zur zweitgrößten Stadt Österreichs. Wohnbaugeld wird verstärkt in Gebiete fließen, die ausreichend durch ÖV erschlossen sind. „Bedienstandards“ können benützt werden, um gesetzlich festzulegen, wo a) Flächen für welche Art der Nutzung gewidmet werden dürfen und wo b) Gelder der öffentlichen Hand für Infrastruktur oder Wohnbauförderung fließen dürfen. Negative Folgen der Zersiedelung dürfen nicht länger auf Kosten der Steuerzahler_ innen repariert werden. Als Voraussetzung dafür, dass bestimmte Bedienstandards im öffentlichen Verkehr aus Steuergeldern finanziert werden, haben Gemeinden durch geeignete Siedlungspolitik eine dem gewünschten Bedienstandard entsprechende Mindest-Erreichbarkeit der jeweiligen Haltestelle, das heißt eine ausreichend große Wohnbevölkerung im fußläufigen Einzugsbereich, sicherzustellen. Gut funktionierende Gemeindekooperationen entlasten die Gemeindekassen und steigern die Qualität der Gemeindearbeit. Gemeinsame Betriebsansiedlungen auf regionaler Ebene (Beispiel INKOBA in OÖ) sind integraler Bestandteil der erfolgreichen Zusammenarbeit. Wir denken in funktionierenden Lebens- und Wirtschaftsregionen. Das Land unterstützt in Form von Impulsen, Moderation, Prozessbegleitung und Anreizen. Echte Bürger_innenbeteiligung ist dabei nicht mehr wegzudenken. Unternehmen vor Ort sind ebenfalls Teil des Prozesses. Die Abläufe dafür („Topdown“ als auch „Bottom-up“) werden geklärt und routiniert. Das „Kirchturm-Denken“, bei dem ausschließlich auf die Interessen der eigenen Wahlgemeinde geachtet wird, ist zugunsten einer zusammenhängenden und „enkelfitten“ regionalen Strategie aufzugegeben. 91 So können wir das erreichen Grundsätzlich mangelt es nicht an Wissen oder Instrumenten, um die Raumplanung wirkungsvoller zu machen. Viel eher geht es darum, vorhandene Gesetze konsequent zu exekutieren, sowie bewährte neue Instrumente aus anderen Bundesländern oder aus anderen Ländern Europas einzuführen und einzusetzen. Es muss ein grundlegendes Umdenken und eine Bewusstseinsänderung in der Raumplanung und Politik erfolgen. Dafür müssen kurzfristige Interessen, die nur einzelne Gruppen bevorzugen, durch langfristige und volkswirtschaftliche (also gesellschaftliche) Ziele ersetzt werden. Das Österreichische Raumentwicklungskonzept ÖREK 201136 stellt einen zukunftsfähigen Rahmen für eine nachhaltige Wirtschafts- und Siedlungsentwicklung dar. Auch der Landesrechnungshof weist in seiner 2014 erfolgten Prüfung der Raumplanung auf die vor allem strukturellen Schwächen der Institution und wesentliche Verbesserungsmöglichkeiten hin. Nicht zuletzt macht das Positionspapier der ÖREK-Partnerschaft „Plattform Raumordnung & Verkehr“ zu „Siedlungsentwicklung und ÖV-Erschließung“ (2014) auf den essentiellen Zusammenhang zwischen Siedlungsdichte, öffentlichem Verkehr und das Verknüpfen der Planungsabteilungen für eine erfolgreiche Entwicklung hin. Folgende Maßnahmen müssen konsequent und verknüpft angewendet werden: Koppeln der Widmung und Wohnbauförderung sowie Höhe des Aufschließungsbzw. Umwidmungsbeitrags an bestimmte Bedingungen wie die Erreichbarkeit durch öffentlichen Verkehr oder den energetischen Verbrauch einer ganzen Siedlung (inkl. Mobilität). Fördersätze staffeln (je nach Lage, Nähe ÖV). Neue Instrumente, wie der Energieausweis für Siedlungen in Niederösterreich oder der MORECO-Siedlungsrechner in Salzburg bieten die Chance, Standortbewertungen aus energie-, umwelt- und sozialpolitischer Sicht durchzuführen und gleichzeitig die Folgekosten für die Infrastrukturbereitstellung und -erhaltung durch die Gemeinde sichtbar zu machen. 36 http://www.oerok.gv.at/raum-region/oesterreichisches-raumentwicklungskonzept/oerek-2011.html Seite Themenwelt Mobilität und Raumplanung Siedlungsschwerpunkte mit hohen Dichten und Nutzungen im Einzugsbereich hochrangiger ÖV-Achsen und Stationen konzentrieren (ebenso öffentliche Einrichtungen und Einkaufszentren sowie Betriebsstandorte). Mobilisieren von (oft enormen) Baulandreserven mit bestehenden und neuen Instrumenten. Lückenfüllen und Mobilisierung vor Neuwidmung. Neue Widmungskategorie „Auffüllungsflächen“ vermeidet zusätzliche Siedungssplitter. Zusammenarbeit zwischen Raumplanung und Verkehrsplanung eng verknüpfen durch übergeordnete Dachverbände, Regionalkonferenzen oder regionalen Planungsbeiräte. Rechtsmaterie weiterentwickeln, Beschlussfassung zügig vorantreiben. Zusammenarbeit von Städten und Umland fördern, Regionen für OÖ entwickeln. (Beispiel Dachverband Zürich und Umland, Vision Rheintal). Mindeststandards von ÖV-Angeboten als wesentliche Grundlage für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung definieren. Mindeststandards schaffen Planungssicherheit und geben Orientierung für eine vorrangige Baulandausweitung im Nahbereich von ÖV-Haltestellen bzw. Ortsgebieten. Orientierungshilfen entwickeln (z. B. „Leitfaden Bauland außerhalb des Einzugsbereichs des öffentlichen Verkehrs“ in Salzburg). Dadurch wird Widmen und Bauen außerhalb des Einzugsbereichs des ÖV-Angebotes zu einer begründeten Ausnahme und einem sorgfältigen Abwägungsprozess unterzogen. Aufsichtsrecht des Landes in Bezug auf Flächenwidmungs- und Bebauungspläne konsequent einsetzen. Verstärkt Gemeinden beraten. Alle zehn Jahre Flächenwidmungspläne grundlegend überprüfen. Kostenwahrheit und -verantwortung stärken. Jene Verwaltungsebene (Bund, Land, Gemeinde), die eine verkehrs- oder raumplanerische Entscheidung trifft, hat die damit verbundenen Kosten im eigenen Budget zu tragen. Um die Kosten der Zersiedelung zu reduzieren, müssen auch die Gemeinden stärker in die Pflicht genommen werden. 93 Steuerzahler_innen von Kosten der Siedlungs-Wasserwirtschaft befreien. Der Ausbau der öffentlichen Abwasser-Entsorgung mithilfe von Bundes- und Landesfonds war ab den frühen Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts ein unerlässliches historisches Projekt. Heute ist der Baubestand – soweit sinnvoll – an die zentralen Versorgungs- und Entsorgungsnetze angeschlossen. Bei Neubauten sind Erschließungskosten als selbstverständlicher Teil der Projektkosten von Bauwerbern einzukalkulieren und zu tragen. Die Steuerzahler_innen können von dieser Auflage grundsätzlich befreit werden. Bei Planungs- und Entwicklungsarbeiten verbindliche Partizipationsprozesse einführen, in denen sich auch die kulturelle Vielfalt der Bevölkerung widerspiegelt. Dafür sind neue Instrumente der direkten Demokratie zu schaffen. Seite Wo sind die Green Jobs wirklich? UMWELT UND ENERGIE Oberösterreich, das einstige Vorzeigebundesland ist heute laut Sustainable Europe Research Institute bereits an letzter Stelle: www.seri.at/publications 95 So sieht‘s heute aus Oberösterreich als „grünes“ Vorbild? Das war einmal … Oberösterreich war bei erneuerbarer Energie einst das Vorzeigebundesland. Die Landesregierung versucht weiterhin, dieses Bild öffentlich aufrechtzuerhalten. Die Zahlen sprechen jedoch eine andere Sprache. Oberösterreich wurde — paradoxerweise gerade unter Schwarz-Grün — im Bundesländerranking nach hinten durchgereicht. Im Jahr 2005 lag der Anteil erneuerbarer Energieträger in Oberösterreich noch deutlich über dem Bundesdurchschnitt, mittlerweile liegt er klar darunter37. Der am 12.11.2014 in Brüssel vom Institut SERI (Sustainable Europe Research Institute)38 präsentierte Ökosoziale Energie- und Klimaradar bestätigt diese Zahlen. Er sieht Oberösterreich im Bundesländervergleich bereits an letzter Stelle. Die Regierungsarbeit für die Energiezukunft Oberösterreichs wird von SchwarzGrün weiterhin als Erfolg verkauft, die Wahrheit ist jedoch eine andere. Green Jobs — eine ernüchternde Bilanz Die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energie ist ein Anliegen, über das politischer Konsens herrscht. Es genügt jedoch nicht und ist zu wenig ambitioniert, weitere Dachflächen mit Photovoltaik auszustatten. Strom hat mit nur ca. 25 % einen recht geringen Anteil am Gesamtenergieverbrauch und wird zu ca. 70 % bereits aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen. Die Auswirkungen auf Klimawandel und Energiewende sind in Oberösterreich daher entsprechend begrenzt. International sieht das jedoch völlig anders aus. Hier könnte ein riesiger Exportmarkt entstehen, den es mit verstärkten Investitionen in Forschung und Entwicklung zu nutzen gilt. Oberösterreich ist allerdings drauf und dran, diese Entwicklung zu verschlafen39: Obwohl die Anzahl der Green Jobs bundesweit um über 4.000 Beschäftigte stieg, ist er in Oberösterreich um etwa 500 gesunken. 37 Statistik Austria, Energiebilanz OÖ und Ö, siehe http://www.statistik.at/web_de/statistiken/energie_und_umwelt/energie/ energiebilanzen/index.html 38 www.seri.at Statistik Austria, Umweltumsatz und Umweltbeschäftigung in OÖ 2008 bis 2011, siehe http://www.statistik.at/web_de/statistiken/energie_und_umwelt/umwelt/umweltorientierte_produktion_und_dienstleistung/ 39 Seite Themenwelt Umwelt und Energie Energie AG, Linz AG Das Ausmaß der Veränderungen im Energiebereich stellt die beiden großen oberösterreichischen Energieversorger vor enorme Herausforderungen. Jahrzehntelange parteipolitische Macht- und Personalpolitik sind jedoch eine schlechte Ausgangslage für innovative Strategien. Von den Grünen wurde der Postenschacher in den langen Jahren ihrer Regierungsbeteiligung mitgetragen. Die Förderung kultureller und sportlicher Aktivitäten und Vereine stellt grundsätzlich einen wichtigen gesellschaftlichen Wert dar. Die Finanzierung dieses Bereichs sollte aber transparent und nachvollziehbar sein. Die bisher gelebte Praxis, Sportund Kulturvereine durch die Einnahmen der Strom-, Gas- oder Fernwärmkunden zu finanzieren, ist fragwürdig und undurchsichtig für jene, die diese Kosten tragen. Als Mindestanforderung sollte daher ein klarer Prozess stattfinden, in dem definiert wird, ob die überschüssigen Mittel in Sport und Kultur oder Wissenschaft und Forschung investiert werden sollen. Wichtig ist dabei die Einbindung derer, die diese Finanzmittel durch ihre Beiträge aufbringen: die zahlenden Kund_innen der Energieanbieter. In der gesamteuropäischen Sicht sind die Energieversorgungsunternehmen aber selbst Opfer fehlender politischer Rahmenbedingungen. Die zunehmenden Verwerfungen am heimischen Strommarkt sind Auswirkungen internationaler Entwicklungen: Die in Deutschland begonnene Energiewende hat enorme Auswirkungen auf das Gesamtsystem. So sind beispielsweise vorübergehend negative Strompreise — bei denen sogar Geld für den Verbrauch von Strom bezahlt wird — immer häufiger. Gleichzeitig planen Nachbarländer den (geförderten) Ausbau der Atomenergie, die aufgrund des geringen CO2-Ausstoßes in manchen europäischen Staaten sogar als „grün“ eingestuft wird. Zu guter Letzt führt der gescheiterte Emissionshandel (Preisverfall bei CO2-Zertifikaten) dazu, dass sich der Betrieb von hochmodernen und effizienten Gaskraftwerken nicht rechnet. Sogar der weitere Ausbau der aus Systemsicht unschlagbaren, weil 24 Stunden am Tag verfügbaren, Wasserkraft erscheint derzeit unrentabel. Eine völlig skurrile Situation für ein Land wie Oberösterreich, das in erster Linie über die natürliche und wertvolle Ressource Wasser verfügt. Den Konsumenten wird der daraus entstandene Energiemix durch beinahe gratis am Markt verfügbare Ökostromzertifikate als Grünstrom untergejubelt. 97 Bürger_innenbeteiligung bei Infrastrukturprojekten: Meist erst, wenn’s brennt … Die Einbindung von Bürger_innen ist ein zentrales Anliegen von NEOS. Neben anderen wichtigen Kriterien sind Transparenz und rechtzeitige Information der Betroffenen unabdingbare Voraussetzungen für eine gelungene Umsetzung. Allerdings wird bei Investitionen in Energieinfrastruktur, wie z. B. neuen Pumpspeicherkraftwerken oder von für die Dezentralisierung des Energiesystems nötigen Übertragungsleitungen die Kommunikation mit den Bürger_innen derzeit schwer vernachlässigt. Gut gemeinter Einsatz für den lokalen Naturschutz („Keine Leitungen durch unsere Erholungsgebiete!“) hat insgesamt negative Auswirkungen auf den globalen Klimaschutz. Die Grünen geben hier kein gutes Bild ab: Auf der einen Seite werden 100 % erneuerbare Energie gefordert – auf der anderen Seite werden konkrete EnergiewendeProjekte aus Naturschutzgründen bekämpft. Die Gefahr der Importabhängigkeit wird kaum ernst genommen Die geopolitischen Entwicklungen (z. B. in der Ukraine oder den Golfstaaten) haben gezeigt, welche Gefahren Abhängigkeit von Energieimporten speziell bei Verkehr und Wärme mit sich bringt: sie trifft jeden Einzelnen, denn von Benzinpreis und Heizkosten kann man sich nur schwer abkoppeln. Hier40 anzusetzen ist aus mehreren themenübergreifenden Motiven ein Gebot der Stunde: Jeder Euro, der nicht für Energieimporte ausgegeben wird, stärkt die oberösterreichische Wirtschaft. Hier gehen derzeit enorme Summen verloren. Weniger motorisierter Individualverkehr verringert die Smogbelastung und erhöht die Lebensqualität in Ballungsräumen. Verringerte Importabhängigkeit erhöht die Versorgungssicherheit und trägt zu politischer Stabilität bei. Weniger CO2-Ausstoß hilft beim Erreichen der globalen Klimaschutzziele. 40 siehe auch Themenwelt Mobilität und Raumplanung Seite Themenwelt Umwelt und Energie Da wollen wir hin Energiewende — wir alle sind ein Teil davon 99 gieführer bei Implementierung und Betrieb intelligenter Stromnetze, einem weltweit stark nachgefragten Wirtschaftszweig. Was im letzten Jahrhundert der Stahlwerksbau war, ist nun das Energiesystem. NEOS bekennt sich zum Ausbau erneuerbarer Energieformen in OÖ, um so den erhöhten Bedarf auf nachhaltige Weise decken zu können. Gleichzeitig werden fossile Energieträger zurückgedrängt und damit die Abhängigkeit von Energieimporten gesenkt. Den Bürger_innen werden die Bedeutung und die Komplexität der Energiewende aktiv vermittelt, wodurch die Akzeptanz der Bevölkerung bei nötigen Infrastrukturmaßnahmen ständig steigt und diese Maßnahmen schneller umgesetzt werden können. Diese Identifikation erhöht auch die Bereitschaft der Bürger_innen, selbst in dezentrale Bürger_innenenergie-Projekte zu investieren, wodurch zusätzliche private Mittel für Investitionen zur Verfügung stehen. Die damit erreichte Machtverschiebung hin zu den Bürger_innen ist eine gewünschte Auswirkung. Energieeffizienz: Einsparungen erreichen. Maßnahmen gesetzen. Oberösterreichs geografische Lage als Chance im Energiebereich So können wir das erreichen Die geografische Lage Oberösterreichs im Zentrum Europas bietet viele Chancen im Energiesektor. Was für den Norden Europas der Wind ist und für den Süden die Sonne, ist für Österreich die Wasserkraft. Oberösterreich erkennt, dass nationale Alleingänge, wie z. B. das Streben nach regionaler Energieautonomie, völlig kontraproduktiv sind. Grenzüberschreitendes Denken wird sich durchsetzen und zeigen, dass Überkapazitäten und Flexibilitäten wie etwa Pumpspeicherkraftwerke hervorragend geeignet sind, die im Zuge des deutschen Atomausstiegs entstehenden Kapazitätslücken zu decken. Die so erzielten Erlöse stärken die Energieversorger, die Wirtschaft insgesamt und schaffen neuen Spielraum für zukünftige Entwicklungen. Vorreiterstellung in Green Industry Die „Rohstoffe“ eines Landes liegen in den Köpfen der Menschen. Daher wird Oberösterreich voll auf Forschung und Entwicklung setzen, um die enormen Chancen zu nutzen, die die Energiewende auf ökonomischer Seite bietet. Die Politik wird mit Festschreibung dieser Rahmenbedingungen Investitionssicherheit schaffen: Dadurch entstehen echte Green Jobs41, Oberösterreichs Industrie wird Technolo41 Echte Green Jobs in der Industrie, nicht im Handel mit chinesischen Solarmodulen! Energieeffizienz ist eine der wichtigsten Tätigkeitsfelder zeitgemäßer Energiepolitik. Daher werden für alle Gebäude Investitionen in Energiesparmaßnahmen forciert, die sich allein durch die verringerten Betriebskosten der Folgejahre refinanzieren (Contracting). Regionale Betriebe haben dabei eine gute Ausgangsposition, da sie den laufenden Betrieb bestmöglich betreuen und damit optimale Ergebnisse erzielen können. Öffentliche Gebäude spielen hier eine besondere Rolle: Der Zeitpunkt der Investitionen wird zur Steuerung bei kurzfristigen Konjunkturschwankungen und regionalen Arbeitsmarktproblemen genutzt. Transparenz und echte Bürger_innenbeteiligung von Anfang an: Energiepolitische Ziele müssen aktiv kommuniziert werden, dann steht die Bevölkerung auch dahinter. Schluss mit populistischen Versprechen von technisch und ökonomisch unsinnigen Zielen wie regionaler Energieautarkie oder 100 % erneuerbare Energie binnen weniger Jahre. In einer mehrere Tage andauernden windstillen Nebellage werden auch im Jahr 2020 ähnlich viele konventionelle Kraftwerke laufen müssen wie heute, da entsprechend großvolumige Speichermöglichkeiten noch nicht greifbar sind. Infrastrukturmaßnahmen werden immer schwieriger durchzusetzen. Entsprechend großer Stellenwert ist echter Bürger_innenbeteiligung und völliger Transparenz bei diesen Projekten von Anfang an zu geben. Aktuell geschieht das oft erst, wenn die Situation kurz vor der Eskalation steht. Auch das irreführende Kennzeichnen von z. B. durch norwegische Grünstromzertifikate „reingewaschenen“ Stromimporten ist zu beenden. Seite Themenwelt Umwelt und Energie Einfache Energiesparpotenziale im Gebäudebereich nutzen: Transparenz bei Energiekennzahlen erzeugt Druck für wirtschaftliches sowie nachhaltiges Handeln und fördert Innovationen. NEOS will verstärkt Anreize bieten, um Energieverschwendung zu beenden. Energierelevante Daten öffentlicher Gebäude verstauben derzeit in Datenfriedhöfen42. Ziel ist es, diese Daten einfach und übersichtlich für alle zugänglich zu machen. Damit kann man abschätzen, wo ein Fenstertausch, Wärmeverteilung, Anpassung der Gebäudeleittechnik, die Installation von Photovoltaik, ein Kompressor-, Kessel-, Beleuchtungs- oder Motorentausch oder Wärmedämmung sinnvoll sind. Durch die Transparenz dieser Daten erhöht sich die Motivation, diese Maßnahmen auch tatsächlich umzusetzen und damit die Aktivitäten der Klima- und Energiemodellregionen deutlich zu vereinfachen. Durch das neue Energieeffizienzgesetz43 können für entsprechende Maßnahmen zusätzliche Gelder und Förderungen bereitgestellt werden. So können Innovationsprojekte zum Beispiel im Mobilitätsbereich, für Energiespeicherung oder zur Abwärmenutzung mit höherer Wirtschaftlichkeit entwickelt werden. Mit den dadurch gewonnen Erkenntnissen können sich darüber hinaus neue Exportmöglichkeiten ergeben. Förderungen erfolgen dabei technologieneutral, also nach ihrer Wirkung und nicht nach Art der Maßnahme. Der Verwaltungsaufwand wird durch die Erfahrungen der Energieeffizienz-Monitoringstelle gering gehalten. Leider zeigen sich bei der Umsetzung dieses Gesetzes und der Etablierung dieser Monitoringstelle die Schwachstellen der vorherrschenden Politik. Anstelle klarer Vorgaben und Strukturen, wurden hierbei Unternehmen nur weiter verunsichert. Dazu ist eine „Börse“zum Austausch von Energieeffizienz-Leistungen für Oberösterreich notwendig. Parteipolitik raus aus den Energieversorgungsunternehmen: Nur ein schlagkräftiges, nicht von parteipolitischen Machtinteressen beeinflusstes Management kann innovativ und strategisch-langfristig planen. In Anbetracht der bereits kritischen Lage ist dieser harte Schnitt ohne Alternative. Eine Maßnahme, die durch sinkende Energiekosten allen Bürger_innen zugutekommt. Umbruch der Energiewelt als Chance sehen und aktiv gestalten: NEOS will Fördermittel effizienter und transparenter einsetzen. Der weitere Ausbau von Photovoltaik ist zwar zu begrüßen, aber als vorrangiges Ziel ist er nicht mehr zeitgemäß. Ein höherer Anteil erneuerbarer Energie bedarf neuer Strategien https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20003223 http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20008914 44 Diskussion EEG Novelle siehe http://www.agora-energiewende.de/service/publikationen/publikation/pub-action/show/ pub-title/erneuerbare-energien-gesetz-30-konzept-einer-strukturellen-eeg-reform-auf-dem-weg-zu-einem-neuen/ 42 43 101 zur Systemintegration44, um die wetterbedingten Schwankungen in der Erzeugung optimal ausgleichen zu können. Entsprechend werden bevorzugt Technologien gefördert, die hohe Flexibilität auf Erzeugungs- und Nachfrageseite (Lastmanagement) bereitstellen. Ein dazu denkbarer Ansatz ist die Versteigerung erneuerbarer Energie-Fördermengen: Den Zuschlag bekommen jene Projekte, die aus den öffentlichen Geldern den größten Beitrag liefern. Unabhängig davon, welche Basistechnologie (Photovoltaik, Wind, Wasserkraft, Biomasse,…) eingesetzt wird. Über Bewertungs- und Zuschlagskriterien solcher Auktionsverfahren kann dem aktuellen Stand der Technik entsprechend steuernd eingegriffen werden. Auch aus ökonomischer Sicht führt das zu optimalen Ergebnissen. Eine weitere Maßnahme in Richtung aktiver Gestaltung der Energiewende ist das verstärkte Umschichten von Fördergeldern in Forschung und Entwicklung für die Systemintegration. Erneuerbare Energie soll bevorzugt lokal genutzt werden, nicht zuletzt, um das Versorgungsnetz zu entlasten. Entsprechend sind Kommunikationstechnologien nötig, um die einzelnen Erzeuger und Verbraucher innerhalb solcher „Smart Grids“* optimal zu koordinieren. Hier liegt enormes Potenzial für neue Arbeitsplätze, für echte Green Jobs!45 Unter anderem im Bereich Informatik und Elektronik, also in genau jenen Bereichen, in denen Oberösterreich gut ausgebildete Ingenieure hat. In diesem Marktsegment werden auch völlig neue Geschäftsmodelle entstehen: Sogenannte virtuelle Energiedienstleister können sich um diese Aufgabe kümmern und mit den traditionellen Energieversorgern in Wettbewerb treten. Die Folge: sinkende Energiepreise. Europas Energieimportabhängigkeit drastisch reduzieren: Die Bereiche Verkehr und Raumwärme bieten die weitaus größten Potenziale zur Verringerung des Verbrauchs von fossilen Brennstoffen und damit unserer Importabhängigkeit. Konkret sind Verbesserungen durch Maßnahmen im Bereich Mobilität (Stärkung des öffentlichen Verkehrs) und Raumplanung (Verringerung der Zersiedelung und damit der Abhängigkeit vom PKW) zu erreichen. Teilweise sofort und ohne teure Infrastrukturmaßnahmen. Siehe dazu die Themenwelt Mobilität und Raumplanung. Wo Individualverkehr auch langfristig nicht ersetzbar sein wird, kann auch Elektromobilität einen guten Beitrag zur Systemstabilität liefern, da der Ladevorgang recht flexibel ist (Verlagerung in Zeitbereiche mit hohem Ertrag aus erneuerbarer Energie, „Smart Grid“). 44 Diskussion EEG Novelle siehe http://www.agora-energiewende.de/service/publikationen/publikation/pub-action/show/ pub-title/erneuerbare-energien-gesetz-30-konzept-einer-strukturellen-eeg-reform-auf-dem-weg-zu-einem-neuen/ * Intelligente Netze 45 siehe dazu auch die Themenwelt Start-ups Seite Themenwelt Umwelt und Energie 103 Industriestandort OÖ als Beitrag zum globalen Klimaschutz: Die Umweltschutzauflagen für die oberösterreichische Industrie sollten nicht weiter verschärft werden. Eine Verschärfung würde einerseits neue Betriebsansiedlungen verhindern und gleichzeitig ein Abwandern energieintensiver Betriebe in Länder mit weit geringeren Umweltauflagen wahrscheinlicher machen, was den globalen Klimaschutzzielen völlig entgegenarbeiten würde. Oberösterreichs Industrie hat ihre diesbezüglichen Hausaufgaben zum überwiegenden Teil bereits gemacht, die voestalpine ist ein positives Beispiel dafür. Ressourcenschonung: Die Forcierung von Repair Cafés46, z. B. in leerstehenden Innenstadtobjekten, hat neben breiter Bewusstseinsbildung bezüglich unseres Umgangs mit endlichen Ressourcen auch Potenzial im sozialen Bereich. Siehe dazu auch die Themenwelten Arbeitschancen und Zusammenleben. „ Die „Rohstoffe“ unseres Landes liegen in den Köpfen der Menschen. Daher muss Oberösterreich voll auf Forschung und Entwicklung setzen, um die enormen Chancen zu nutzen, die die Energiewende auf ökonomischer Seite bietet. Judith Raab Spitzenkandidatin Landtag NEOS OÖ 46 siehe dazu auch die Themenwelt Start-ups „ Intellekt als Rohstoff nutzen Danksagung In dieses Programm sind die Ideen und das Fachwissen mit Leidenschaft von hunderten Oberösterreicherinnen und Oberösterreichern eingeflossen. Monatelang haben unzählige Bürgerinnen und Bürger ihre Visionen formuliert, Inhalte recherchiert, Gutes verworfen und durch Besseres ersetzt, um schließlich zu dem zu gelangen, was Sie nun in Händen halten. Allen ehrenamtlichen Akteurinnen und Akteuren ein herzliches Dankeschön für ihr Engagement, den Stillstand in Oberösterreich zu beenden. Allen Beteiligten Hochachtung und Dank! 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