- Presse - Kunsthistorisches Museum Wien

29. APRIL BIS
4. OKTOBER 2015
SUSAN PHILIPSZ
WAR DAMAGED MUSICAL INSTRUMENTS (PAIR)
Für die diesjährige Ausstellung in der Reihe zu zeitgenössischer Kunst im
Theseustempel wurde die international renommierte schottische Künstlerin
Susan Philipsz vom Kunsthistorischen Museum eingeladen, ein neues Werk
speziell für den Theseustempel zu schaffen.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten arbeitet Philipsz mit dem Medium Klang,
dessen skulpturales und psychisches Potenzial sie zu bestimmten Orten in
Beziehung setzt, um historische Inhalte zu vergegenwärtigen. Sie hat
populäre Melodien, Volkslieder und Balladen arrangiert, sie mit eigener
Stimme umgesetzt und mittels unterschiedlicher Instrumente emotional
aufgeladene historische Kompositionen rekonstruiert. „Klang“, so die
Künstlerin, „ist zwar im materiellen Sinn unsichtbar, aber etwas sehr
Intuitives und Gefühlvolles. Klang kann gleichzeitig einen Raum abstecken
und die Erinnerung in Gang setzen.“
Ihre neue, für den Theseustempel konzipierte Arbeit mit dem Titel WarDamaged Musical Instruments (Pair) präsentiert vor kurzem entstandene
Aufnahmen mit einem Paar Trompeten aus dem 19. Jahrhundert. Die einst
von einem Trompeter eines Kavallerieregiments von Erzherzog Franz
Ferdinand verwendeten Instrumente riefen die Soldaten in der Schlacht zum
Rückzug oder Angriff. Beide Trompeten wurden im Kampf beschädigt und
werden heute in der Sammlung des Münchner Stadtmuseums verwahrt. Sie
sind mehr als hundert Jahre nicht gespielt worden.
Über gleiche, vom Tonnengewölbe des Tempels herabhängende Lautsprecher
hört man eine Reihe stockender, zögerlicher Töne, die sich nach und nach zu
einem den Raum füllenden Klangmuster verbinden. Die sich
herauskristallisierende Melodie ist kaum erkennbar. Es handelt sich um „The
Last Post“ („Der letzte Wachposten“), ein bekanntes militärisches Signal, das
auf dem Schlachtfeld verwundeten oder von ihrer Truppe getrennten
Soldaten anzeigt, dass der Kampf vorbei ist, und ihnen eine klangliche
Orientierung bietet, der sie folgen können, um sich in Sicherheit zu bringen
und Ruhe zu finden.
Mit dieser Arbeit, Teil einer sich fortsetzenden Reihe von Aufnahmen, die in
den letzten Jahren entstanden sind, breitet Philipsz eine Klanglandschaft der
Erinnerung und des Verlusts aus, die der gewalttätigen, militaristischen
Geschichte des Tempels entspricht: einerseits dem Ort, dem Volksgarten,
einer öffentlichen Parkanlage, die auf den Trümmern der alten
Stadtbefestigung entstand, die von den Truppen Napoleons 1809 zerstört
wurde, und andererseits Canovas Darstellung von Theseus im heldenhaften
Kampf gegen den Kentauren.
Die Schau ist die erste Einzelausstellung von Susan Philipsz in Österreich.
Sie wird von Jasper Sharp kuratiert und von den Contemporary Patrons des
Kunsthistorischen Museums sowie vom British Council großzügig unterstützt.
ZEITGENÖSSISCHE
KUNST IM
THESEUSTEMPEL
2012 begann das Kunsthistorische Museum, den Theseustempel im Wiener
Volksgarten für eine Ausstellungsreihe zu nutzen. Der vom kaiserlichen
Hofarchitekten Pietro Nobile zwischen 1819 und 1823 errichtete Tempel war
ursprünglich als Rahmen und Präsentationsort für ein einziges
zeitgenössisches Kunstwerk gedacht: Antonio Canovas monumentale Gruppe
„Theseus erschlägt den Kentauren“. Fast siebzig Jahre lang stand diese
beeindruckende Skulptur aus weißem Marmor allein im Theseustempel, erst
1890 wurde sie in das neu errichtete Kunsthistorische Museum überführt, wo
sie sich noch immer befindet.
Mit dieser neuen Ausstellungsreihe entspricht der Theseustempel nun erneut
seiner ursprünglichen Funktion als Ort, an dem bedeutende Werke eines
zeitgenössischen Künstlers gezeigt werden.
Im Rahmen der Ausstellungsreihe waren bisher Werke von Ugo Rondinone
(2012), Kris Martin (2012), Richard Wright (2013) und Edmund de Waal
(2014) zu sehen.
BIOGRAPHIE
SUSAN PHILIPSZ
Susan Philipsz wurde 1965 in Glasgow, Schottland, geboren. Sie studierte
Bildhauerei und schloss ihr Studium mit einem Master-Diplom an der
University of Ulster, Belfast, ab.
Ihre Arbeiten sind in Einzelausstellungen auf der ganzen Welt und im
Rahmen großer internationaler Kunstveranstaltungen wie Skulptur Projekte,
Münster (2007), der 55th Carnegie International (2008) und der
dOCUMENTA 13, Kassel (2012), gezeigt worden. Ihre Werke finden sich
unter anderem in den Sammlungen des Solomon R. Guggenheim Museum,
New York, der Tate, London, des Hirshhorn Museum and Sculpture Garden,
Washington, D.C., des Museum of Contemporary Art Chicago, des Museo
Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid, des Museum Ludwig Köln, des
Castello di Rivoli, Italien, sowie des Walker Art Center, Minneapolis.
2010 wurde die Künstlerin mit dem renommierten
ausgezeichnet. Zurzeit lebt und arbeitet sie in Berlin.
Turner-Preis
GESCHICHTE DES
THESEUSTEMPELS
Der Theseustempel wurde 1819–1823 von Pietro Nobile (1774–1854,
führender Architekt des Spätklassizismus in Wien) im Rahmen der
Neugestaltung des Volksgartens erbaut. Auftraggeber war Kaiser Franz I. Die
Neuordnung war nötig geworden, nachdem die Franzosen 1809 bei ihrem
Abzug aus Wien die Bastei vor der Hofburg gesprengt hatten. Ursprünglich
als Privatgarten für die Mitglieder der kaiserlichen Familie gedacht, wurde die
Anlage später auf Vorschlag der Hofgartenverwaltung der erste öffentlich
zugängliche Park in Hofbesitz. Seit 1825 ist die Bezeichnung „Volksgarten“
gebräuchlich.
Bei dem spätklassizistischen Bauwerk handelt es sich um eine verkleinerte
Nachbildung des Theseions in Athen, die speziell für die Aufstellung der
Figurengruppe „Theseus besiegt den Kentauren“ von Antonio Canova, eine
der bedeutendsten klassizistischen Monumentalplastiken, gebaut wurde.
Antonio Canova (1757–1822, ein Hauptvertreter des italienischen
Klassizismus) wird auch die Idee zur Gestaltung des Theseustempels in dieser
Form zugeschrieben. 1890 wurde die Theseusgruppe im Rahmen der
Errichtung des Kunsthistorischen Museums in den großen Stiegenaufgang
des Neubaus gebracht, wo sie noch heute zu sehen ist.
In der unter dem Theseustempel liegenden Krypta, die von einem seitlich
liegenden Eingang in Sarkophagform aus betreten werden konnte (er ist
heute nicht mehr erhalten), war ursprünglich ein Teil der Antikensammlung
des österreichischen Kaiserhauses untergebracht. Ab 1901 wurde die so
genannte Cella (der Innenraum) des Theseustempels zunächst zur
Ausstellung von Funden aus Ephesos herangezogen (heute im Ephesos
Museum in der Neuen Burg), später diente sie als Ort für Kunstausstellungen
der Akademie der bildenden Künste und ab 1992 wurde sie durch das
Kunsthistorische Museum genutzt.
Mit der Generalsanierung durch die Burghauptmannschaft in den Jahren
2008–2011 wurde unter Einbeziehung des Bundesdenkmalamtes dem
Theseustempel
sein
ursprüngliches
Erscheinungsbild
in
polierter
Bleiweißfassung zurückgegeben. Dank der neu installierten Beleuchtung des
Gebäudes fügt sich der Theseustempel nun auch sehr ansprechend in die
abendliche Gebäudekulisse des Hofburg- und Ringstraßenensembles ein.
Vor dem Theseustempel ist die Bronzestatue Jugendlicher Athlet von Josef
Müllner (geschaffen 1921) zu sehen.
Deckensanierung im Theseustempel
In den Wintermonaten 2014/2015 wurde die kassettierte Gewölbedecke des
Theseustempels aufwändig saniert. Das Bundesdenkmalamt führte zunächst
eine Farbschichtanalyse durch, um die originale Fassung der Decke zu
bestimmen. Anschließend wurde von einem Stukkateur der Grad der
Beschädigung genau untersucht und festgestellt. Basierend auf dem Ergebnis
beider Untersuchungen wurden schließlich die durchzuführenden
Sanierungsmaßnahmen (Festigen der lockeren Rosetten, Nachgießen von
fehlenden Teilen, Isolieren von Wasserschäden, Entfernen der alten
Farbschichten und neue Beschichtung mit Kalkfarbe) erarbeitet und
durchgeführt. Die Decke konnte so wieder in den Originalzustand
zurückgeführt werden.
PRESSEFOTOS
Die Bilder sind für die aktuelle Berichterstattung kostenlos und stehen
zum Download bereit unter press.khm.at.
Susan Philipsz
War Damaged Musical Instruments (Pair)
2015
Zweikanalklanginstallation
Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin, der Tanya Bonakdar Gallery,
New York, und der Galerie Isabella Bortolozzi, Berlin
© Foto: KHM-Museumsverband
Susan Philipsz
© Foto: Ken Adlard
Naturtrompete in Es (Signaltrompete)
(Paar)
Bayern, 2. Hälfte 19. Jh.
© Foto: Münchner Stadtmuseum
Naturtrompete in Es (Signaltrompete)
(Paar)
Bayern, 2. Hälfte 19. Jh.
© Foto: Münchner Stadtmuseum
Theseustempel
© KHM-Museumsverband
Theseustempel
Beleuchtung bei Nacht
© KHM-Museumsverband
Die frisch renovierte Decke im Theseustempel
2015
© KHM-Museumsverband
Die frisch renovierte Decke im Theseustempel, Detail
2015
© KHM-Museumsverband
Theseustempel, Querschnitt
Zeichnung von Karl Schmidt (1825) nach dem
Entwurf von Pietro Nobile (1820)
Wien, Albertina, Architektursammlung
© Wien, Albertina
Antonia Canova
Theseus und der Kentaur (1804–1819)
Die Gruppe an ihrem ursprünglichen Standort im
Theseustempel
Wien, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung
© Wien, Österreichische Nationalbibliothek
KÜNSTLEREDITION
Künstleredition für das Kunsthistorische Museum
Susan Philipsz
Untitled (Pair)
2015
Polymerheliogravüre auf handgeschöpftem Zerkall-Bütten Papier
56,5 x 40,5 cm
Auflage: 50 Stück + 10 Artist Proofs
Preis: € 1.300 (inkl. Mwst., exkl. Rahmung und Versand)
Information und Kontakt: [email protected], Tel. +43 1 525 24 4035
PRESSEKONTAKT
Ruth Strondl, MAS
Presse & Öffentlichkeitsarbeit
Kunsthistorisches Museum Wien
Burgring 5, 1010 Wien
T +43 1 525 24 – 4024
M +43 664 605 14 4024
[email protected]
www.khm.at