Die Digitalisierung findet statt«

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24.04.2015
wirtschaft
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»Die Digitalisierung findet statt«
August-Wilhelm Scheer steht wieder an der Spitze eines Unternehmens. Die Scheer GmbH will mit einem erweiterten
Portfolio Themen wie Industrie 4.0 und Digitalisierung forcieren sowie Kunden eine ganzheitliche Betreuung anbieten.
wien – Der Universitätsprofessor
August-Wilhelm Scheer hat ab 1984
mit IDS Scheer ein Unternehmen mit
rund 3.000 Mitarbeitern sowie Niederlassungen in 30 Ländern aufgebaut
und stand ein Vierteljahrhundert an
der Spitze der Firma. 2008 verschlechterte sich jedoch die Gewinnsituation
und Scheer verkaufte sein Unternehmen 2009 an die Software AG. Mit dem
Beratungsgeschäft konnte die Software
AG aber offenbar nicht so viel anfangen, denn ziemlich genau fünf Jahre
nach der Übernahme verkaufte sie es
wieder. Die beiden rechtlichen Einheiten, die Österreich und den Raum
Deutschland/Schweiz bedienen, sicherte sich nun wieder Scheer. Im Gespräch
mit der COMPUTERWELT erläutert
der Experte die Beweggründe, warum
er nun doch wieder als Unternehmensleiter tätig ist.
Herr Professor, warum stellen Sie sich
noch einmal an die Spitze eines Unternehmens?
Ich hätte mich nach dem Unternehmensverkauf zur Ruhe setzen und auf
dem Golfplatz Bälle in Löcher kullern
lassen können. Ich betätigte mich als
Businessangel und hatte Minderheitsbeteiligungen bei einigen Unternehmen. Aber ich habe dann gemerkt, dass
wenn man auch strategisch eingreifen
und Synergien herstellen will, man eine
andere Eingriffsmöglichkeit haben
muss. Ich wollte nicht nur der Finanzinvestor sein, sondern selber gestalten.
Im vorigen Jahr habe ich zwei Unternehmen aus der alten IDS wieder zurückgekauft. Zum Einen den österreichischen Bereich, der von Michael
Bergmann geführt wurde und gut gelaufen ist, und zum Anderen den
Deutschland-Teil, der wirtschaftliche
Schwierigkeiten hatte und umstrukturiert werden musste. Jetzt ist auch dieser Teil neu aufgestellt und wirtschaftlich gesund. IDS Scheer Consulting
und Scheer Management wurden dabei
zusammengelegt und werden nun mit
dem Österreich-Teil in ein Unternehmen, der Scheer GmbH, zusammengepackt. Damit haben wir eine schlagkräftige Einheit geschaffen, die Kunden
ganzheitlich bedienen kann.
Was bedeutet das genau?
Ausbildung zum
MCSE: Communication
Details siehe www.wifiwien.at/185124
Kursdauer: 1.6. – 30.6.2015 (80 Lehreinheiten)
Wir können den gesamten Wertschöpfungsprozess des Kunden unterstützen.
Angefangen von der Strategieberatung
und dem Aufsetzen neuer Businessmodelle – auch im Zusammenhang Industrie 4.0 – über die Modellierung mit
dem Produkt Aris bis zur Umsetzung
mit SAP und dem Betrieb auf unseren
Systemen. Der Kunde bekommt auf
diese Weise die Leistung aus der Steckdose. Damit sind wir auch in neuen
Themen wie Cloud Computing drinnen und können darauf die Zukunftsstrategie des Unternehmens aufbauen.
Wir verbinden Brachenkompetenz mit
Technologiekompetenz.
Wie ist das Unternehmen in Österreich
aufgestellt?
Österreich ist wie eine Kleinausgabe
des Gesamtunternehmens mit der gleichen Kompetenzstruktur. Noch sind
wir hier als IDS Scheer bekannt, aber
ab Mai firmieren wir als Scheer Austria
und werden das erweiterte Portfolio
anbieten und verstärkt in Richtung
Managementberatung gehen. Das Unternehmen hat die letzen Jahre in Österreich gut überstanden. Wir konnten
die Größe halten und hoffen über die
neuen Themen wie Industrie 4.0 und
SAP auch wieder zu wachsen. Österreich ist ein Industrieland und wir haben hier eine große Kundenbasis, weil
wir viele SAP-Einführungen bei mittelständischen Industriebetrieben durchgeführt haben. Hier ist Industrie 4.0
strategisch ein absoluter Anknüpfungspunkt. Die Zielsetzung ist in
Richtung neuer SAP-Produkte zu gehen.
dungsbereich statt. Man muss sehen,
was die eigentlichen Treiber sind. Einer
ist, dass es immer mehr grenzkostenlose Produkte gibt, also Produkte, die
nichts mehr kosten, wie zum Beispiel
Telefonieren oder Speicherplatz. Das
sind Treiber. Jeremy Rifkin (US-amerikanischer Soziologe, Ökonom und Publizist, Anmerkung der Redaktion) sagt
ja, dass der Kapitalismus damit an seine Grenzen geht. So pessimistisch sehe
ich das nicht. Technologische Veränderungen bringen auch Innovation und
damit neue Berufsbilder, die nicht
schlechter sind als vorherige. Für uns
ist das ein Ansatzpunkt, um zu sehen,
wohin unsere eigene Branche eigentlich hingeht. Es gibt drei Ansatzpunkte:
wie ändern sich die Produkte, wie ändert sich die Logistik und wie ändert
sich der Herstellungsprozess. Neue Unternehmen wie zum Beispiel Uber oder
Airbnb verändern verschiedene Gewerbe, die Welt ist sozusagen hinterher
anders. Was ich eher sehe ist, dass wir
versuchen, die alte Welt mit Regulativen zu verteidigen. Aber die ökonomischen Treiber, die dahinter stehen, sind
so stark, dass sie diese Regelungen
überwinden werden. Die Technologie
wird sich wirtschaftlich durchsetzen,
Technologie wird nicht wieder rückgängig gemacht.
Das Gespräch führte
Christof Baumgartner
Weiterbildung
NEU: Nimble Courses
Details siehe www.wifiwien.at/nimble
Laufend Kursstarts
Ausbildung zum/zur
WIFI-Netzwerkadministrator/-in
Details siehe www.wifiwien.at/182254
Kursdauer: 3.6. – 16.7.2015 (104 Lehreinheiten)
WIFI. Wissen Ist Für Immer.
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T 01 476 77-5555
Währinger Gürtel 97, 1180 Wien
www.wifiwien.at/IT
www.facebook.com/WIFI-IT
In der Vergangenheit hatten wir den
Fokus hauptsächlich auf dem Consultinggeschäft und dem Geschäft mit
SAP-Lizenzen. Was jetzt dazukommt,
ist das Lizenzgeschäft mit unseren eigenen Produkten wie BPaaS und E2E
Bridge. Österreich ist auch sehr eng an
Deutschland angebunden und die
DACH-Region ist sehr eng als Einheit
zu sehen. Daher können wir unsere
Kompetenzen auch besser bündeln.
Knowhow aus Österreich wird in
Deutschland eingesetzt und umgekehrt. Dadurch können wir auch Unternehmen, die in der Region tätig
sind, ganzheitlich betreuen. Die Zusammenarbeit ist sehr intensiv.
Wie betrifft Sie das Thema der
Digitalisierung?
Die Digitalisierung ist nicht nur ein
Schlagwort, sondern findet in vielen
Branchen wie dem Medien- oder Bil-
© Scheer Gmbh
Ändert sich die Unternehmensstrategie?
august-Wilhelm Scheer
Der ehemalige Direktor des Instituts
für Wirtschaftsinformatik an der Universität Saarbrücken gründete im
Rahmen seiner Forschung 1984 IDS
Scheer, ein Spinoff seines Instituts,
und baute die Firma bis 2009 zu einem der größten IT-Unternehmen
Deutschlands aus. Mit dem Rückkauf
von Teilen des Unternehmen stellt sich
Scheer neu auf und will bis Ende des
Jahres 600 Mitarbeiter beschäftigen.