Das Besondere der Physiotherapie oder was genau ist Physiotherapie

Das Besondere der Physiotherapie oder was genau ist Physiotherapie ?
Der folgenden Artikel erschien im Muttenzer Anzeiger. Er vermittelt einen kompakten Einblick in ein
faszinierendes Berufsbild.
Was ist Physiotherapie?
Unter Therapie versteht man ganz allgemein eine „Heilbehandlung“. Anders als die medikamentöse
oder chirurgische Therapie nutzt die Physiotherapie dazu vor allem die natürlichen physikalischen
Energieformen, wie die mechanische Energie (Mechanotherapie), die elektrische Energie (Elektrotherapie) oder die Wärmeenergie (Thermotherapie). Sie ist ein Teilgebiet der physikalischen Medizin.
Was ist der Zweck einer physiotherapeutischen Behandlung?
Wie bei jeder Heilbehandlung wird die Rehabilitation, die „Wiederherstellung“ oder das „wieder fähig
Machen“ des erkrankten und dadurch leidenden Menschen, des Patienten angestrebt. Die Folgen
einer Krankheit, einer Operation, eines Unfalles oder Schmerzen führen zu Bewegungsfunktionsstörungen. Diese werden durch spezielle Massnahmen basierend auf einer genauen Kenntnis der Störungsursache behandelt. Abhängig vom Krankheitsbild kann das vollständig oder nur teilweise gelingen. Immer ist eine gute Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt notwendig.
Wie arbeitet man in der Physiotherapie?
Hauptsächlich wird in der Physiotherapie mit mechanischen Energien und Kräften gearbeitet, welche
gezielt und bewusst angewandt werden. Aus der Sicht der Patienten können diese passiv oder aktiv
erzeugt werden; Behandelt der Therapeut, ist der Patient passiv, muss er sich selbst bewegen ist er
aktiv.
Das passive Behandeln geschieht durch die fühlenden und sensiblen Hände des Therapeuten, der spezielle Handgriffe anwendet. Im Wort Be – hand – eln findet sich der Bezug zur ursprünglichen Bedeutung dieses Begriffes. Abgeleitet vom lateinischen Wort manus – die
Hand wird diese Form allgemein als manuelle Therapie bezeichnet. Im Prinzip das Gleiche
bedeutet der Begriff Chirotherapie, der anstelle des lateinischen den griechischen Begriff für
Hand chiros verwendet.
Diese manuelle Therapie oder Medizin ist schon uralt. Von vielen alten Kulturvölkern kennt
man Berichte über entsprechende Behandlungsmethoden. In der Mitte des 19. Jahrhunderts
entstanden zwei „Schulrichtungen“, die die Manuellen Medizin bis heute geprägt haben: Die
Osteopathie von A.T. Still und die Chiropraktik von D.D. Palmer.
Manuell können fast alle Gewebe des Körpers behandelt werden. Immer bestehen innige
Wechselwirkungen untereinander.
Ursprünglich waren die Gelenke Angriffspunkt der manuellen Therapie, da gestörte Gelenkbewegungen Schmerzen verursachen. Sie werden mittels ausgefeilter Handgriffe normalisiert. Das bekannte „Knacken“ der Gelenke ist keine notwendige Begleiterscheinung.
Schmerzzustände, die durch verspannte Muskeln ausgelöst werden, können durch Massagen oder aktive Entspannungsmethoden gelindert und beseitigt werden. Eine spezielle
Form ist die Bindegewebsmassage, die durch einen besonderen Wirkmechanismus auf die
Funktion innerer Organe einwirkt.
Bei der Lymphdrainage wird eine Normalisation des Flüssigkeitsvolumens im Bindegewebe
angestrebt, welches bei Schwellungen erhöht ist.
Die Craniosacraltherapie ist eine subtile, osteopathische Behandlungsform, die das Cranium
– den Schädel, seine Bestandteile und seinen Inhalt, das Sacrum – das Kreuzbein und die
Verbindung von Beidem, die Wirbelsäule mit Inhalt, behandelt.
Aktive Bewegungen zu Heilzwecken in Form gymnastischer Übungen nennt man Krankengymnastik oder moderner Bewegungstherapie. Dadurch werden die Grundfunktionen - die
Wahrnehmung von Bewegungen, die Beweglichkeit der Gelenke, die Kraft und Geschicklichkeit der Muskulatur verbessert. Eine differenzierte Bewegungstherapie basiert auf präziser
Kenntnis der normalen menschlichen Bewegung, einer exakten Bewegungsanalyse und differenzierter Bewegungsschulung.
Sie ergänzt die passiven Massnahmen und ist unabdingbar für ein optimales Bewegen. In der
Trainingstherapie werden zur Muskelkräftigung zusätzlich Geräte eingesetzt. Solche medicomechanische Geräte kennt man bereits seit über 100 Jahren. Damals wie heute erfreuen
sie sich bei einigen Leuten grosser Beliebtheit. Nach Meinung des Autors wird deren Bedeutung heute aber überbewertet, da differenzierte Bewegungsfähigkeiten so nicht erlernt werden
können. Die hochkomplexe menschliche Bewegung lässt sich nicht auf zweidimensionale
„mechanische“ Bewegungen reduzieren. Auch der Hamster rennt in seinem Rad nur, weil er
der natürlichen, vielfältigen Bewegungen entbehrt.
Wichtiger sind das Studium der Arbeitsbewegungen und der Alltagsbewegungen, die den
Grossteil des menschlichen Bewegungsverhaltens bestimmen. Die Wechselwirkungen zwischen Tätigkeit und Bewegung können zu Störungen der Balance oder des Gleichgewichtes einer Bewegung führen, welche zu Bewegungseinschränkungen und Schmerzen führen
können. Die Methodik der Erkennung und Behandlung dieser Zusammenhänge wurde vom
Autor dieses Artikels in den letzten 15 Jahren erarbeitet und unter dem Namen Ergonic (von
grch. Ergon= Arbeit und Motorik = Bewegung) zusammengefasst.
Markus Friedlin, Dipl. Physiotherapeut, Ergonic Physiotherapie, Muttenz