Freundschaft – was sie ausmacht

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DER EVANGELISCH-REFORMIERTEN KIRCHE DES KANTONS ST.GALLEN
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THEMA:
Freundschaft –
was sie ausmacht
SEITE 3
SEITE 6
Hisham Maizar Hugenotten
EIN NACHRUF
FLUCHT VOR 300 JAHREN
SEITE 15
Regina Pauli
UNTERWEGS SEIN
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1
IM ANFANG
EDITORIAL
Liebe Leserin, lieber Leser
«Es ist nicht gut, dass der Mensch allein
ist …», heisst es im biblischen Schöpfungsbericht. Darum schuf Gott dem Adam ein
Gegenüber, Eva.
Ja, die Partnerschaft und die daraus wachsende Familie ist wohl das engste Band unter den Menschen – Muster und Übungsfeld
für die Beziehung zu Menschen. Dann aber
folgt bald die Freundschaft, die kaum vertraglich geregelt wird und doch über ein
ganzes Leben halten und nähren kann.
Und mir scheint, dass wir in einer Zeit leben,
in der Freundschaft an Bedeutung gewinnt,
auch wenn die Familie die Basis bleibt.
Sicher hat auch das Christentum mit seiner
Jesus-Überlieferung die Freundschaft aufgewertet. Jesus blieb ehelos. Und so sehr er
seine Mutter Maria bis zuletzt geliebt hat,
ging er zu seiner Familie doch auf Distanz.
Er lebte neue Verbindlichkeiten.
Aus Freundschaft zwischen Frauen kann Grosses entstehen.
Eine Frauenfreundschaft
Text: Ina Prätorius, Wattwil | Foto: as
Wie seine Mutter und Geschwister ihn aufsuchen, schaut er «die im Kreis um ihn sitzen
einen nach dem andern an und spricht: Das
hier ist meine Mutter, und das sind meine
Brüder und Schwestern! Denn wer den
Willen Gottes tut, der ist mir Bruder und
Schwester und Mutter.» (Markus 3, 34f)
Jesus lebte für eine Willens- oder Liebesgemeinschaft, in der Menschen durch ihre
Gottesnähe zu sich selbst und zu andern finden. Für diese Verbundenheit der Menschen
setzte er sein Leben ein. «Euch aber habe
ich Freunde genannt, weil ich euch alles
kundgetan habe, was ich von meinem Vater
gehört habe.» (Joh. 15, 15) So bestärkt uns
Jesus zu Beziehungen in Freiheit und Liebe
– in der Familie und darüber hinaus.
Mit unseren Texten laden wir Sie ein, über
Freundschaft nachzudenken, auch darüber,
was sie ausmacht, was sie uns bedeutet und
wie wir sie pflegen wollen – «denn es ist
nicht gut, dass der Mensch allein ist.» ■
Andreas Schwendener
2 AUSGABE 6–7/2015
« … Maria wanderte eilig durch das
Gebirge in eine Stadt Judäas. Sie
ging in das Haus des Zacharias und
begrüsste Elisabet. Und als Elisabet
den Gruss Marias hörte, da hüpfte
das Kleine in Ihrem Bauch … »
(Lukas 1, 39b–41a, BigS)
Als ich in den Achtzigerjahren des vergangenen
Jahrhunderts meine Doktorarbeit schrieb, habe ich ungefähr 8000 Seiten Theologische Ethik
aus den Jahren 1949 bis 1989 gelesen. Ich wollte wissen, wen Theologen meinen, wenn sie
«der Mensch» sagen. Ich fand heraus: sie meinen erwachsene weisse Männer. Frauen kommen zwar gelegentlich vor: als Menschenwesen, die sich ausschliesslich um Männer und
Kinder kümmern. Beziehungen zwischen
­Frauen aber existieren für die Theologie der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht.
FREUNDSCHAFT DER SCHWANGEREN
Auch in der Bibel sind Frauenfreundschaften,
auf den ersten Blick, kein grosses Thema. Könige, Priester, Propheten, Richter und ihre diversen Händel scheinen wichtiger zu sein. Wer
genauer hinschaut, entdeckt allerdings, dass in
der Bibel ein interessantes Prinzip wirkt: Der
Rand ist meistens wichtiger als die vermeintliche Mitte. Zum Beispiel wird der Heiland nicht
in Jerusalem und schon gar nicht in Rom geboren, sondern im unscheinbaren Dorf Betlehem.
Qualität ist wichtiger als Quantität. Was sich
später als wesentlich herausstellt, geschieht
gerade nicht dort, wo alle hinschauen: nicht im
Krieg, sondern zum Beispiel in der friedlichen
Begegnung einer jungen mit einer alten Frau,
beide unerwartet schwanger, beide bedürftig
nach Austausch und Bestärkung.
DIE GEBURT DES MAGNIFICAT
Maria ist jung und unerfahren. Trotzdem macht
sie sich, anscheinend alleine, auf den Weg von
Nazaret ins judäische Bergland. Das sind mindestens sechzig Kilometer. Gerade hat sie von
ihrer Schwangerschaft erfahren. Warum sie
ausgerechnet ihre Verwandte Elisabet besuchen will, erfahren wir nicht. Maria weiss allerdings, dass auch die viel ältere, bisher kinderlose Frau ein Kind erwartet. Vielleicht will sie
ihr deshalb, wie man so schön sagt, «ihr Herz
ausschütten»: Wie soll sie sich verhalten? Ihrer
Familie, ihrem Dorf, ihrem Verlobten Josef
gegenüber? Was soll sie tun mit der Angst vor
Fehlgeburt, vor Ablehnung, vor übler Nachrede? – Elisabet scheint aber erstmal keine Lust
zu haben, Probleme zu wälzen. Sie freut sich
einfach: über den Besuch, über das gemeinsame Thema. So sehr freut sie sich, dass das Kind
in ihrem Bauch herumspringt. So gross ist die
Begeisterung der Älteren, dass sie Maria zu
einer Theologie inspiriert, die Ihresgleichen
sucht: Das «Magnificat» ist geboren. Aus der
Begegnung zweier Frauen, die einander suchen,
entsteht einer der schönsten Lobpsalmen der
Bibel. Darin erkennt Maria, dass jede Geburt
ein Neuanfang ist, aus dem eine heilvolle
Revolution werden kann. Die Welt wird ihrer
gedenken.
Ich bin inzwischen in einem Alter angekommen, in dem mir beides vertraut ist: das Gespräch als jüngere Frau mit einer älteren, die
schon mehr Erfahrungen gesammelt hat als
ich. Und die Zuwendung als ältere Frau zur jüngeren, die meinen Rat sucht. Und noch immer
kann aus solchen freundschaftlichen Begegnungen Grosses wachsen: Inspiration, Bewegung, überraschend gute Zukunft. ■
IM BRENNPUNKT
Worte zum Abschied
von einem Hoffnungsträger
Text: as
Mit persönlichen Voten von Familie und
Behörden hat am 19. Mai in St.Gallen eine
grosse Trauergemeinde von Dr. med.
­Hisham Maizar Abschied genommen.
Der Sarg ist vor der Friedhofskapelle Feldli
aufgebahrt. Von nah und fern sind mehrere
Hundert Trauernde angereist, darunter viele
VertreterInnen aus Religion und Politik.
Der Sarg wird von Männern – allen voran von
den Söhnen – zu dem erst seit Kurzem errich­
teten Grabfeld für Muslime getragen und in
das Grab versenkt. Vorher verrichten die
Muslime das Totengebet in Richtung Mekka.
Hisham Maizar war ein Herzensmensch mit viel Lebenserfahrung, breitem Wissen und tiefem Glauben.
«Wir sind dankbar für sein Beispiel»
Stellungnahme der Kirchen im Kanton St.Gallen zum Tod von Hisham Maizar
Text: pd | Foto: as
Dr. med. Hisham Maizar, als Muslim für die
Kirchen ein verlässlicher Partner im Inter­
religiösen Dialog, ist am 14. Mai 2015 ver­
storben. Bischof Markus Büchel, im Namen
des Bistums St.Gallen, und Pfarrer Martin
Schmidt, Präsident des Kirchenrates der
evang.-ref. Kirche im Kanton St.Gallen, wür­
digen ihn als Freund, herzlichen Menschen
und Brückenbauer im interreligiösen Dialog,
der schmerzlich fehlen wird.
Nach den Attentaten vom 11. September 2001
warnte der damalige Bischof Ivo Fürer vor Pau­
schalurteilen und rief zur Achtung des Islam auf.
So lernten sich Hisham Maizar und Ivo Fürer ken­
nen und schätzen. Bis dahin gab es auf muslimi­
scher Seite keinen Ansprechpartner für einen ko­
ordinierten Dialog. Maizar wirkte darauf hin, dass
die bisher lose organisierten islamischen Vereine
sich im Dachverband islamischer Gemeinden Ost­
schweiz (Digo) zusammenschlossen. Sein Wir­
kungskreis vergrösserte sich zusehends, bis zu­
letzt war er im Kanton in gutem Kontakt mit den
Kirchen und an vielen Anlässen, auch in grossen
Festgottesdiensten, ganz selbstverständlich prä­
sent. Auf schweizerischer Ebene war er Präsident
der Föderation der islamischen Dachorganisatio­
nen (Fids) und Vorsitzender des Schweizerischen
Rates der Religionen (SCR).
Hisham Maizar war der Erste, der den islami­
schen Gemeinden ein persönliches, aber auch
ein politisches Gesicht gegeben hat. Er wurde ge­
schätzt als ehrlicher, offener Gesprächspartner.
Wir sind dankbar für sein eindrückliches Engage­
ment in der Gesellschaft und seine überzeugende
Art, seine Religion zu leben. Stets hat er den Dia­
log und die Verständigung der Menschen gesucht
und gefördert, der Austausch mit anderen Reli­
gionsgemeinschaften war ihm ein echtes Anlie­
gen. Geprägt hat ihn auch seine Biografie: ur­
sprünglich aus Hebron und Jerusalem stammend,
war der Vater von 3 Kindern lange Jahre mit einer
Katholikin aus Österreich verheiratet und seit
1982 Schweizer Bürger. Als Arzt im Thurgau hat er
vielen Menschen nicht nur fachlich, sondern auch
durch sein freundliches Wesen sehr geholfen.
In Zeiten der zunehmenden Angst vor dem Islam
(wobei die Angst eigentlich dem Islamismus gilt)
in weiten Teilen der Gesellschaft, war er über
viele Jahre für die Kirchen und Religionsgemein­
schaften wie für die Politik ein unentbehrlicher
Gesprächspartner und Vermittler. Hisham Maizar
positionierte sich stets klar gegen jede Form von
Gewalt und gegen radikale Tendenzen von Grup­
pen in der Schweiz und im Ausland.
Hisham Maizar wird uns als vertraute Ansprech­
person im interreligiösen Dialog fehlen. Sein Ver­
mächtnis ist uns Verpflichtung: den interreligiö­
sen Dialog weiterzuführen.
Seiner Familie und den islamischen Gemeinschaf­
ten, mit denen er verbunden war, kondolieren wir
aufrichtig. ■
St.Gallen, 15. Mai 2015
Markus Büchel, Bischof von St.Gallen
Martin Schmidt, Präsident des Kirchenrates
der evang.-ref. Kantonalkirche St.Gallen
Sohn Maroan Maizar bedankt sich für die
grosse Anteilnahme und erzählt von seinem
Vater als einem mit Herz engagierten Land­
arzt und Erzieher zum Dialog. Bei einem Be­
such in Jerusalem hätte der Vater ihm, dem
Achtjährigen, eine Kipa gereicht, um die
Klagemauer zu besuchen, sie hätten in der
Grabeskirche eine Messe erlebt und dann in
der Al-Aqsa-Mosche gebetet. Sohn Karim
Maizar zeigt auf, wie sein Vater den Muslimen
in der Schweiz eine Struktur geben wollte,
die ihnen ermöglicht, sich zu integrieren und
doch ihren Glauben zu leben. Ein Gedicht
von Tochter Nadja tragen sie zu dritt vor.
Der Präsident des Israelitischen Gemeinde­
bunds, Herbert Winter, würdigt Maizar als
echten Freund in Herz und Geist. Diese Ver­
bundenheit habe auch mit der Ähnlichkeit
von Judentum und Islam zu tun. Für die freie
Religionsausübung hätten sie sich gemein­
sam eingesetzt, etwa gegen die Minarettinitia­
tive, für eigene Grabfelder oder die staatliche
Anerkennung. Auch habe Maizar geplant, den
jüdisch-muslimischen Dialog zu stärken.
Der frühere St.Galler Bischof Ivo Führer erin­
nert an Lebensstationen mit Hisham Maizar
und würdigt ihn im Namen der Landeskir­
chen (siehe Text nebenan) als Brückenbauer.
Fürer schliesst mit dem Segen, dass Gott ihm
die ewige Ruhe gebe, sein Licht ihm leuchte.
Stadtrat Nino Cozzio, der auch für Regie­
rungsrat Martin Klöti spricht, zeigt sich dank­
bar für Maizars Vermittlungen zwischen Reli­
gion und Staat, es gelte im interreligiösen Dia­
log seinen Spuren zu folgen.
Für Maizars grosse Lebenserfahrung als Prä­
sident der islamischen Dachorganisationen
zeigen sich der Wiler Imam Bekim Alimi und
Generalsekretär Reha Ozkarankas dankbar,
auch mit Segnungen und Gebeten.
Ein Danke geht auch an Maizars Schwester
Adia Abu Mazar, welche ihm daheim zur Sei­
te stand und vieles erst ermöglicht hat. ■
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THEMA
THEMA
zählt, weil sie Verständnis für unsere Situation
haben, uns die Wahrheit zumuten, uns aber
nicht vorschnell verurteilen.
Vergangenheit: Erfahrungen und Erinnerungen,
die man teilt, bilden die Basis für eine gemeinsame Geschichte. Freunde durchleben Vergnügen wie Verdruss miteinander. Was man zusammen erlebt hat, verbindet, schafft Berührungsund Bezugspunkte und trägt zu einer wachsenden und dauerhaften Vertrautheit bei. Auch
wenn man sich längere Zeit aus den Augen verloren hat, stellt sich diese Intimität sofort wieder ein.
Freundschaft wird über die Jahre aufgebaut und erfährt immer wieder Bestätigung durch Wertschätzung.
Vom Wesen der Freundschaft
Text: Daniel Ammann, St.Gallen | Foto: as
Wie viele Freunde braucht der glückliche
Mensch? So fragt nicht etwa ein Zeitgenosse,
der sich über die unzähligen Freundschaften
wundert, die täglich auf Facebook geschlossen werden. Nein, so fragt Aristoteles im
4. Jahrhundert v. Chr. In der Nikomachischen Ethik widmet er zwei ganze Kapitel
dem Thema Freundschaft. Seine Überlegungen sind heute so aktuell wie damals.
Dass Begriffe wie Freund und Freundin in digitalen Netzwerken leichtfertig und inflationär
verwendet werden, tut dem wahren Wesen und
Wert der Freundschaft keinen Abbruch. Wir
können sehr wohl zwischen guten Freunden
und flüchtigen Bekannten unterscheiden. Von
einem richtigen Freund wissen wir ungleich
mehr, als was dieser im Internet oder anderen
Kanälen von sich preisgibt. Im echten Leben
beginnt Freundschaft schliesslich auch nicht
mit einer formellen Freundschaftsanfrage, die
man per Klick annimmt oder ablehnt und die
letztlich kaum Folgen hat. Lässt sich der Beginn einer Freundschaft überhaupt mit einem
Datum beziffern? Gibt es so etwas wie «Freundschaft auf den ersten Blick»?
FREUNDSCHAFT UM IHRER SELBST WILLEN
Für die meisten von uns nimmt eine Beziehung
erst mit der Zeit, durch wachsende Nähe und
gemeinsame Erlebnisse und Interessen freundschaftliche Züge an. Mit den unverbindlichen
Online-Kontakten und zahllosen Alltagsbegegnungen hat das wenig zu tun. Wir bewegen uns
in einem sozialen Gefüge. Dazu gehören nähere
und beiläufige Bekanntschaften, Familienmitglieder, Nachbarn, Kameradinnen und Kameraden aus Vereinen, Angehörige der Glaubensge4 AUSGABE 6–7/2015
meinschaft, zeitweilige Weggefährten, Arbeitsund Stammkollegen, «Gspänli» aus der Schulzeit oder einfach Menschen, mit denen wir uns
aufgrund gemeinsamer Themen (oder Freunde)
verbunden fühlen.
Was hebt nun die Freundschaft aus diesem
Beziehungsnetz heraus? Was braucht es, damit
Freundschaft entsteht und erhalten bleibt?
Schon Aristoteles unterscheidet zwischen
oberflächlichen und tiefen Freundschaften.
Gemeinsame Vergnügungen können für freundschaftlichen Zusammenhalt sorgen, oder Vorteil und Nutzen stehen im Vordergrund. Solche
Freundschaften sind in der Regel nicht von
Dauer, weil es dabei um Annehmlichkeiten und
nicht um den anderen Menschen geht. Anders
verhält es sich mit der Charakterfreundschaft.
«Wahre Freundschaft ist keine blosse Zweckbeziehung», hält der Philosoph Wilhelm Schmid
in seinem Büchlein Vom Glück der Freundschaft
fest, «sie trägt ihren Zweck vielmehr in sich
selbst: Den anderen einfach nur zu mögen und
gerne mit ihm zusammen zu sein.»
FREUNDSCHAFT MIT V
Freundschaft schreibt sich mit F, aber viele der
Eigenschaften und Begriffe, die wir damit assoziieren, beginnen – wie das mittelhochdeutsche
vriuntschaft – mit dem Buchstaben V.
Vertrauen: Freundschaftliche Verbundenheit
gründet in einem tiefen gegenseitigen Vertrauensverhältnis. Dieses wird über die Jahre aufgebaut und erfährt immer wieder Bestätigung
durch Wertschätzung, Wohlwollen und wechselseitigen Austausch. Man zieht Freunde ins
Vertrauen, weil man auf ihre Verschwiegenheit
Verlässlichkeit: Freundinnen und Freunde sind
für uns da, wenn wir in Not sind oder ein offenes Ohr brauchen. Ohne Vertrag oder offizielle
Verpflichtung gilt in der Freundschaft eine unausgesprochene Verbindlichkeit. Auf Freunde
ist Verlass – manchmal bedingungslos und bis
in den Tod. Deshalb sind Verrat und Vertrauensbruch unter Freunden besonders schwer zu
verkraften.
Verständigung: Trotz Unterschieden muss in der
Freundschaft eine gewisse Einigkeit über
Grundwerte herrschen. «Wie viel Verschiedenheit verträgt die Freundschaft?», fragt schon
Aristoteles. Freundschaft duldet individuelle
und gesellschaftliche Gegensätze und kann diese überwinden. Aber Ungleichheit in zentralen
Lebensfragen stört die Eintracht. Umso wichtiger sind deshalb Aufrichtigkeit und das offene
Gespräch – oder stillschweigendes Einverständnis.
«Auch wenn man sich längere Zeit
aus den Augen verloren hat, stellt sich
diese Intimität sofort wieder ein.»
FREUNDSCHAFT ALS LEBENSGEMEINSCHAFT
Wenn Freunde uns verlassen, bedeutet dies
einen schmerzlichen Verlust, denn mit dem
Freund oder der Freundin geht immer auch ein
Teil von uns. Vor allem im fortgeschrittenen Leben hinterlassen enge Freunde eine Lücke, die
schwer zu füllen ist. «Es mehren sich die Toten
als Freundeskreis», heisst es lakonisch in Max
Frischs Erzählung Montauk. Neue Bekanntschaften mag man leicht wieder knüpfen, aber
um eine tiefe und dauerhafte Freundschaft
muss und möchte man sich verdient machen.
Dass wir Freunde brauchen, im Glück wie im
Unglück, steht für Aristoteles ausser Frage. Der
Mensch ist von Natur aus auf das Zusammen­
leben angelegt, und Freundschaft bedeutet Gemeinschaft des Lebens. Intensive Freundschaft
ist allerdings nur mit wenigen möglich. Für
Aristoteles gründet sie – wie im Neuen Testament – auf Selbstliebe und Nächstenliebe:
«Denn die Freundschaft ist eine Gemeinschaft,
und wie ein Mensch sich zu sich selbst verhält,
so verhält er sich auch zum Freund.» ■
INTERVIEW
«Wo befreundete Wege
zusammenlaufen …»
Text: Hans Ruedi Fischer (fis), Wildhaus | Fotos: as
«Heim kommt man nie. Aber wo befreundete
Wege zusammenlaufen, da sieht die ganze Welt
für eine Stunde wie Heimat aus.»
Hermann Hesse
«Häsch mi?» Beinahe wäre die Frage im Hals
des Kindergärtlers stecken geblieben. Die heruntergezogenen Lippen der scheu Angefragten
besagten genug. Mit sechseinhalb Jahren den
ersten Korb eingefangen. Wie lange ich auf eine
positive Antwort einer (andern) heimlich Angebeteten warten musste, weiss ich nicht mehr.
Unbemerkt bleiben konnte die Eroberung nicht
lange: «Die händ denand als Schatz, die händ
denand als Schatz …»
FREUNDSCHAFT IM LEBENSLAUF
Die Frage nach dem Wert der Freundschaft
macht mich hellhörig. Wem soll, wem darf ich
meine Freundschaftspalme zugestehen? Und
überdies: Wessen Freundschaft habe ich verdient? Unzählige Figuren klopfen an die Tür meiner Erinnerungen: Gspänli aus dem Sandkasten,
Nachbars-Gofen, Begleiterinnen und Begleiter
vom Schulweg, Mitstifte, Kumpel aus dem Turnverein, Suchende im Kreis der Jungen Kirche,
Militärkameraden (so bezeichnet, weil dienstvorschriftlich so befohlen), Stammtischbrüder,
Kolleginnen und Vorgesetzte aus allen Phasen
meines Berufslebens, Mitpilger auf dem Camino,
durch Familienbande Nahestehende.
Und zwischen all diese Mädchen und Buben, diese Frauen und Männer, drängelt sich ab und zu
die Katze aus meinem Elternhaus, schmiegt sich
– leider auch nur noch in der Erinnerung – der
Schäferhund-Mischling Charlie, mein Begleiter
während der vergangenen zehn Jahre, an mich.
Seit Jahren wundere ich mich, dass ich immer
wieder in dieselbe Lage gerate: Anfänglich kritische, fast ablehnende Haltung gegenüber bislang fremden Menschen hat sich nicht selten
als gesunder Nährboden für schöne Beziehungen erwiesen. Meinungsverschiedenheiten können ein guter Dünger sein. Wo räumliche und
zeitliche Distanz Verbindungen zu Bruch gehen
liessen, haben Wiederbegegnungen – und seien
sie noch so herbeigewünscht – unterschiedliche Facetten: Mit den einen Leuten lässt sich
so reden, als hätten wir uns erst am Vorabend
unterhalten; anderen, einstmals noch so Vertrauten, hockt man beim Wiedersehen schier
sprachlos gegenüber.
FREUNDSCHAFT IM LEBENSRÜCKBLIK
In diesem Auf und Ab der Gefühle offenbart
Der Prophet von Khalil Gibran eine wunderbare
Erkenntnis: «In der Freundschaft werden alle
Gedanken, alle Wünsche, alle Erwartungen
­ohne Worte geboren und geteilt, mit Freude,
die keinen Beifall braucht. Wenn ihr von eurem
Freund weggeht, trauert ihr nicht, denn was ihr
am meisten an ihm liebt, ist vielleicht in seiner
Abwesenheit klarer, wie der Berg dem Bergsteiger von der Ebene aus klarer erscheint.»
Eben ist mir ein Schulfoto in die Finger geraten,
aufgenommen vor 60 Jahren. Neugierig-kritisch
schauen wir gut Zwölfjährigen in die Kamera.
Kameraden, Gespanen, Mitschüler? Wenn wir
uns im Herbst nach geraumer Zeit im Klassenverband treffen, wird wohl auch die Frage wieder aktuell: Wem soll, wem darf ich meine
Freundschaftspalme zugestehen? Wessen
Freundschaft habe ich verdient? ■
Marc mit seinem besten Freund, Hund Marley.
Freundschaft mit Hund Marley
Text und Foto: as
Menschen können mit Tieren eine Art
Freundschaft erleben – wie bei Marc mit
Hund Marley. Er gibt darüber Auskunft.
Marc, du nennst Marley deinen besten Freund?
Welcher Mensch gibt alles und will nichts zurück?
Woher kommt deine Zuneigung?
Schon immer war mein Lieblingstier der Hund.
Ich hätte gerne einen gehabt. Aber mit der Arbeit ist es kompliziert, einen Hund zu haben.
Wie bist du zu Marley gekommen?
Der Sohn meiner Ex-Freundin wollte unbedingt
einen Chiahuahua. Monatelang versuchte ich
es ihm auszureden: Was machst du, wenn du in
die Lehre kommst, du musst immer raus etc.
Aber plötzlich war halt einer da. Und es kam,
wie es kommen musste, immer mehr war er bei
mir, bis ich ihn eines Tages ganz hatte.
Erzähle über deine Freundschaft mit Marley?
Chiahuahuas sind sehr unterschätzte Tiere. Sie
sind hochintelligent und haben gerne Action.
Zum Thema Freundschaft. Es ist lustig. Wenn
ich schlechte Laune habe, hat er garantiert
auch schlechte Laune und kläfft alles an, was
ihm nicht passt. Wenn ich gute Laune habe,
wedelt er den ganzen Tag und begrüsst alles
freundlich, was über den Weg läuft. Muss er
mal kurz alleine im Auto oder zuhause bleiben,
hat er das Vermiss-dich-Gejaule im Programm.
Er ist definitiv nicht gerne alleine. Ich könnte
aber auch nicht mehr ohne Marley sein. Wäre
definitiv zu langweilig und er würde mir fehlen.
Wie kommuniziert ihr miteinander?
Nonverbal. Ich weiss eigentlich immer ziemlich
genau, was Marley will und umgekehrt. Reden
versteht er sicher nicht, aber anhand meines
Blicks oder meiner Gestik weiss er, was ich will,
was er darf oder nicht darf.
Freundschaften pflegen wir durch alle Lebensalter. Zwei Sennenbuben unterhalten sich am Rand einer Viehschau.
Was unterscheidet Freundschaft zwischen
Menschen und Freundschaft zu einem Tier?
Die Freundschaft mit einem Menschen kann
zerbrechen oder falsch sein. Die zu einem Tier
nie, sie ist immer echt. Aber Freundschaft ist
ein grosses Wort. Ich denke, Treue trifft es
eher. Denn ein Hund ist glücklich, wenn er anständig behandelt wird, zu fressen und zu trinken bekommt und genügend Bewegung hat. ■
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FOKUS
Ein Flüchtling stand am Anfang
der St.Galler Stickerei
Von der Last und dem Segen der Flüchtlinge
Text: Philippe Welti | Das Bild von Albert Anker ist im Besitz von Christoph Blocher
Vor über 300 Jahren flüchten über 100 000
Reformierte aus Frankreich, Hugenotten genannt, in die Schweiz. Auch in St.Gallen finden
sie Aufnahme und hinterlassen Spuren. In Erinnerung an die grösste Flüchtlingswelle, die
das Land je gesehen hat, soll ein Kulturwanderweg quer durch die Schweiz entstehen.
Während Jahrhunderten werden die Reformier­
ten in Frankreich verfolgt. Als König Ludwig
XIV. im Jahr 1685 alle Reformierten zu Ketzern
erklärt, verlassen Hunderttausende das Land.
In Anspielung auf das französische Wort «aignos»
(für Eidgenossen) werden sie als Hugenotten
bezeichnet. Zahlreiche Glaubensflüchtlinge flie­
hen zuerst nach Genf, der Stadt ihres Reforma­
tors Calvin. Viele wollen später nach Deutsch­
land weiterreisen, wo fruchtbares Land liegt
und ganze Landstriche nach dem 30-jährigen
Krieg entvölkert sind.
1685 sind die Kantone mit der Aufnahme, Unter­
stützung und Abfertigung von Massen von
Fremden konfrontiert und stossen an ihre Gren­
zen. Sie beschliessen, die Flüchtlinge übers
Land zu verteilen – St.Gallen wurde verpflichtet,
7 Prozent, Appenzell Ausserrhoden 3,5 Prozent
der Ankommenden aufzunehmen. Das ehemali­
ge Kloster St.Katharinen in der streng refor­
mierten Stadt ist die erste Zufluchtsstätte für
die Vertriebenen. Obwohl die meist mittellosen
Flüchtlinge grosszügig unterstützt werden,
sträuben sich die Kantone gegen deren dauer­
hafte Ansiedelung, denn viele Einheimische leb­
ten am Rande des Existenzminimums. Schlech­
te Ernten während der Abkühlung in der Klei­
nen Eiszeit führen immer wieder zu Hungers­
nöten und Preiserhöhungen für Nahrungsmittel.
GRUNDLAGE DER STICKEREIINDUSTRIE
Willkommen hingegen sind Flüchtlinge, die
über Kenntnisse verfügen, die hierzulande un­
bekannt sind. Pierre Bion ist so einer. Er bringt
das Weben mit der Baumwolle und als Misch­
gewebe aus Baumwolle und Leinen den Bar­
chent nach St.Gallen. 1721 beginnt er mit der
Produktion, was nicht überall gerne gesehen
wird. Das Leinengewerbe steht gerade in voller
Blüte, als plötzlich die Baumwolle auf den
Markt drängt. Vehement versuchten die Leinen­
weber den Konkurrenten zu behindern. Bion ist
zudem der Erste, der selbst mit seinen Produk­
ten Handel mit der ganzen Welt zu treiben be­
ginnt. Wie so oft werden auch vor 300 Jahren
wirtschaftliche Umbrüche aufgrund neuer
Materialien oder Technologien zuerst als
Bedrohung verteufelt.
In St.Gallen spezialisierte man sich in der Folge
auf Mousseline, ein besonders feines Baum­
wollgewebe. Schon bald erkennt man, dass
sich dieses vorzüglich zum Besticken eignete.
Heute gilt Bion, der bereits 1717 eingebürgert
wird, als Industrieller, der den Grundstein für
die St.Galler Stickereiindustrie legte. Die Bion­
strasse im Westen der Stadt ist eine späte
Referenz an den einstigen Flüchtling.
BEKLEIDUNG ALS ÄRGERNIS
Die Solidarität der Bevölkerung mit den Glau­
bensbrüdern ist in St.Gallen hoch. Doch immer
wieder kommt es zu kulturellen Reibereien.
Fremde schüren immer Ängste. So rufen der
Wirtschaftsbesuch und der Weinkonsum der
Flüchtlinge Ärger hervor. Den puritanischen
St.Galler Männern verdrehen die Hugenottin­
nen mit ihrer frivolen Kleidung so den Kopf,
dass die Stadt Kleiderverschriften erlässt.
Doch alle Reglementierung nützt nichts.
«Protestantische Flüchtlinge» von Albert Anker
6 AUSGABE 6–7/2015
Auch heute noch finden sich Zeugnisse aus der
damaligen Zeit: Die Eglise Française des Kan­
tons St.Gallen wurde 1685 von Hugenotten und
der Handelskammer St.Gallen gegründet.
AUF DEN SPUREN DER HUGENOTTEN
An die Flucht der Hugenotten erinnert heute
der 1800 Kilometer lange Hugenottenweg
(www.hugenotten-waldenserpfad.eu). Der
Kulturfernwanderweg führt von Südfrank­
reich ins deutsche Bundesland Hessen.
In Frankreich und Deutschland bereits aus­
gebaut, gibt es in der Schweiz noch Lücken.
Die Stiftung «Via – Auf den Spuren der Huge­
notten und Waldenser» (www.stiftung-via.ch)
hat sich zum Ziel gesetzt, einen durchgehen­
den Weg zwischen Genf und Schaffhausen
zu erstellen. Vier Wegstücke sind heute
eröffnet. In der Deutschschweiz im Raum
Schaffhausen sowie im Aargau zwischen
Schafisheim und Lenzburg. Der Verlauf des
Weges ist festgelegt. Die Stiftung ist auf der
Suche nach Sponsoren, die den Ausbau der
restlichen Teilstücke finanzieren.
Seine Vorfahren flüchteten: Fritz Peyrot aus Rorschach
Während ein Grossteil der Flüchtlinge von der
Schweiz aus weiterreist, lassen sich rund 20 000
von ihnen in der Schweiz nieder. Im Kanton
St.Gallen ist beispielsweise der Familienname
Louis hugenottischen Ursprungs. Fritz Peyrot
aus Rorschach ist Nachfahre von Waldensern,
den Reformierten aus dem italienischen Pie­
mont, die mit den Hugenotten in die Schweiz
flüchteten. Seine Vorfahren flüchteten 1685
nach Genf und kehrten später wieder nach Sa­
voyen zurück. Sein Urgrossvater liess sich 1893
als Stricker in Engelburg bei St.Gallen nieder.
Unter dem Strich hat die Schweiz von den
Hugenotten viel bekommen. Die Uhrmacher­
kunst verdankt die Schweiz hugenottischen
Flüchtlingen.
Bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts verlassen
französische Hugenotten ihre Heimat. Refor­
miertes Leben in Frankreich ermöglicht erst das
­Toleranzedikt unter Ludwig XVI. im Jahr 1787. ■
FOKUS
die Letzten sein. Der geringste Bauer wird dem
Kaiser und König vorausgehen.» Hus forderte
eine arme Kirche ohne Hierarchie.
«Hus forderte eine arme Kirche ohne
Hierarchie.»
Zur Begründung seiner Thesen berief er sich
auf die Bibel. Diese, sagte er, sei «ganz wahr
und hinreichend zur Seligkeit». Sie sei der
«Spiegel» und halte uns vor, wie unser ganzes
Leben gestaltet werden müsse. Alle religiöse
Wahrheit sei in ihr enthalten. Die Bibel sei «eine
lebendige Sache» und «ein Buch des Lebens».
Viele seiner Gedanken hatte Hus von John Wy­
clif (1330–1384, Theologieprofessor in Oxford)
übernommen, der als einer der ersten die Bibel
ins Englische übersetzte und ebenfalls als flam­
mender Kirchenkritiker hervortrat. Den «Anti­
christ», von dem die Bibel spricht (fünfmal in
den Johannesbriefen), fand Wyclif im damali­
gen Papsttum.
Ludwig III. von der Pfalz (rechts mit Standarte und Kurhut) überwacht die Hinrichtung von Jan Hus.
Wer war Jan Hus?
Zum Gedenken an den am 6. Juli 1415 hingerichteten tschechischen Reformator der Kirche
Text: Frank Jehle, St.Gallen | Bild: Konstanzer Konzilchronik von Ulrich Richental, um 1430
Am 6. Juli ist es genau 600 Jahre her, seit
der tschechische Theologe und Priester
Johannes Hus vor den Toren der Stadt Konstanz hingerichtet wurde. Es war ein schreckliches und erschütterndes Ereignis. Die Väter
des Konzils, das 1414–1418 in Konstanz tagte
und dessen Aufgabe es gewesen wäre, die
Kirche zu reformieren, sprachen das Todesurteil über Hus. Dieser war in ihren Augen ein
gefährlicher «Ketzer».
In einer demütigenden Zeremonie wurde er sei­
ner priesterlichen Gewänder entkleidet. Seine
Tonsur wurde zerstört. Eine hohe Mütze wurde
ihm aufgesetzt, auf der drei Teufel abgebildet
waren. Und dann wurde er bei lebendigem Leib
verbrannt. Seine sterblichen Überreste wurden
anschliessend in den Rhein geworfen.
HUS’ LETZTES GEBET
Kurz vor seiner Hinrichtung betete Hus: «O du
allergnädigster Herr Jesus Christus! Ziehe uns
Schwache zu dir; denn wo du uns nicht ziehen
wirst, so können wir nicht folgen. Gib uns einen
starken Geist, der da willig sei, obgleich das
Fleisch schwach ist […]. Denn ohne dich ver­
mögen wir nichts zu tun, am allerwenigsten,
um deinetwillen in den Tod zu gehen. Gib uns
einen willigen Geist, ein unerschrockenes Herz
im rechten Glauben, eine feste Hoffnung, dass
wir um deinetwillen auf das Geduldigste und
mit Freuden unser Leben von uns legen. Amen.»
Seine allerletzten Worte waren: «Ich rufe Gott
zum Zeugen an, dass ich das, was falsche Zeu­
gen gegen mich behaupteten, weder gelehrt
noch gepredigt habe! Ich wollte die Menschen
von ihren Sünden abbringen! Was immer ich
sagte und schrieb, war stets für die Wahrheit!»
SCHARFE KIRCHENKRITIK
Hus war um 1370 im heutigen Tschechien gebo­
ren worden. Der Hochbegabte machte eine stei­
le Karriere an der Universität Prag. Hier lehrte
er Philosophie und Theologie und war in den
Jahren 1409–1410 Rektor. An der Kapelle der
unschuldigen Kinder von Bethlehem (ebenfalls
in Prag) hielt er ab 1402 um die 3000 Predigten.
Vor allem seine ätzende Kirchenkritik erregte
grosses Aufsehen. «Unsere heutigen Bischöfe
und Priester […] können leider kaum das Ende
des Gottesdienstes abwarten und eilen aus der
Kirche, die einen in die Wirtshäuser, die andern
hin und her, um sich auf eine der Priester un­
würdige Weise zu unterhalten. Ja sogar um zu
tanzen! So sind diejenigen, welche in der Nach­
folge Christi die ersten sein sollten, die gröss­
ten Feinde unseres Herrn Jesus Christus.» «Un­
sere Päpste und Petri Nachfolger haben sich zu
Henkern und Scharfrichtern ausgebildet, einen
treuen Christen heissen sie einen Ketzer und
verbrennen ihn.» «Die Letzten – das sind die
Niedrigsten und Verachtetsten der Welt! – wer­
den die Ersten sein, und die jetzt in der Welt
die Höchsten oder Ersten sind – aber Gott in
der Einfalt des Herzens nicht dienen! – werden
BESCHÜTZT UND AUSGELIEFERT
In den ersten Jahren seines Wirkens genoss
Hus, der bei der Bevölkerung sehr beliebt war,
den Schutz der königlichen Familie, wogegen er
auf Antrag des Erzbischofs von Prag exkommu­
niziert und seiner Ämter enthoben wurde. Der
nachmalige Kaiser Sigismund (damals bereits
König) sicherte Hus freies Geleit zu und hoffte,
dass auf dem Konzil in Konstanz der für das
ganze Reich gefährliche Konflikt geschlichtet
werden könne. Aber es kam anders heraus.
Hus wurde nach seiner Ankunft in der Stadt am
Bodensee unverzüglich verhaftet und in ein
menschenunwürdiges Gefängnis geworfen (der
König traf erst später ein) – bis zur am Anfang
geschilderten Verurteilung und Verbrennung.
Aus heutiger Sicht kam Hus zu früh. (Vielleicht
darf man auch anmerken, dass seine an und für
sich berechtigte Kirchenkritik zu undifferen­
ziert und zu lieblos war.) Erst gut hundert Jahre
später kam es zur Reformation in Deutschland.
Martin Luther berief sich auf Hus, an dessen
Beispiel er zeigte, dass nicht nur Päpste, son­
dern auch Konzile sich irren können und nicht
«unfehlbar» sind.
EINFLUSS AUF DIE ST.GALLER KIRCHE
In Tschechien selbst wurde das Erbe von
Johannes Hus vor allem von den Böhmischen
bzw. Mährischen Brüdern gepflegt (auf die un­
ter anderem auch die Herrnhuter Brüderge­
meine zurückzuführen ist). Für die St.Galler
Kirchengeschichte ist bemerkenswert, dass die
reformierte St.Galler Kirche in den 1520er-Jah­
ren ein Religionslehrmittel drucken liess, das
im Wesentlichen nach dem Vorbild eines Kate­
chismus der Böhmischen Brüder gestaltet wur­
de. Im evangelischen St.Galler Kirchengesang­
buch von 1533 (der ersten derartigen Publikati­
on der Schweiz!) stammt ebenfalls rund ein
Drittel der darin aufgenommenen Lieder von
den Böhmischen Brüdern. ■
WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 7
PANORAMA GEMEINDEN
PANORAMA KANTON
Glocken zum Kriegsende
PANORAMA KANTON
Würde des Embryos bereits auf
Verfassungsstufe
Text: as
Text: pd
In vielen Kirchgemeinden erklangen am Abend
des 8. Mai, zum 70. Jahrestag des Kriegsendes
1945, die Glocken. In St.Gallen Straubenzell
läuteten nicht nur alle drei Glockentürme der
Kirchgemeinde, es wurde auf 19.30 Uhr auch
zu einem Abendgebet in der Kirche Bruggen
eingeladen. Dort wurde all jener Menschen
gedacht, die unter Kriegen leiden, die verfolgt
oder unterdrückt werden, die auf der Flucht
sind.
In Gossau war die Befreiung von der Naziherr­
schaft vor 70 Jahren Anlass, monatlich zu ei­
nem Friedensgebet in die Kirche Haldenbüel
einzuladen. Denn für den Pfarrerkonvent Goss­
au geht es auch darum, gegen Kriege und
Kriegstreiberei jeder Art wachsam zu sein. Dem
Pfarrteam liegen grundsätzlich alle Menschen
am Herzen, die – egal welche religiöse Haltung
sie haben – verfolgt werden und unter der Miss­
achtung von Art. 18 der universellen Erklärung
der Menschenrechte zu leiden haben. ■
Wil: Neue Wege der Werbung
Stellungnahme des Kirchenrates der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St.Gallen zur Verfassungsrevision von Artikel 119
der Bundesverfassung
Studentinnen und Studenten der PHS singen unter der Leitung von Rolf Engler – hier im Hochschulgebäude Hadwig.
PHS-Fachstelle für Menschenrechte
Text und Fotos: as
Das junge Servicepersonal – Jugendliche der Oberstufe – serviert gekonnt das Dessert.
Am 8. Mai, 70 Jahre nach Kriegsende, hat
die Pädagogische Hochschule St.Gallen mit
einem reichen Programm in der Olma-Halle
2.1 ihre «Fachstelle Demokratiebildung und
Menschenrechte» eröffnet.
Text: meka
Neue Wege beschrei­
tet die Kirchgemein­
de Wil: Sie wirbt.
Plakate an vielen
Standorten in der
Stadt und Heckschei­
benkleber auf Autos werben im Monat Juni mit
dem eingängigen Slogan «mittendrin» für die
Gottesdienste mit Band. Mit der Werbeaktion
möchten die Verantwortlichen der breiten Öf­
fentlichkeit nicht nur zeigen, dass der Gottes­
dienst attraktiv und zeitgemäss ist, eben mitten
im Leben, sondern auch, dass es sich lohnt, hin­
zugehen. Zudem soll der Gottesdienst auch zum
Gesprächsthema der Stadt Wil werden. Bereits
sind viele Autos mit dem Heckscheibenkleber
«Gratis auftanken» unterwegs. Im Frühling 2016
zielt die Kampagne auf die Kinder- und Jugend­
programme am Sonntagmorgen. ■
Wildhaus – Alt St.Johann
Text: Reto Neurauter/as | Foto: pd
Pfarrer Tobias Claudy hat am
1. Juni seine Arbeit in Alt
St.Johann aufgenommen –
als Nachfolger von Pfarrer
Martin Böhringer, der jetzt
in Eichberg-Oberriet wirkt.
Tobias Claudy hat mehr als
zwölf Jahre Erfahrung im
Gemeindepfarramt.
Auf 30. Juni wird Pfarrer Christoph Anderegg,
der seine Pfarrstelle in Wildhaus zusammen
mit Ehefrau Eva Anderegg inne hat, aus gesund­
heitlichen Gründen zurücktreten. So weit mög­
lich wird er aber weiterhin ab und zu einen
Gottesdienst gestalten. ■
8 AUSGABE 6–7/2015
Kochen und geniessen für Waisen
Text: Matthias Bertschi | Foto: pd
Das 2. Benefiz-Gala-Dinner der evang.-ref.
Kirchgemeinde Rapperswil-Jona lockte über
120 Gäste an. Sie alle genossen ein einzig­
artiges Menü, zubereitet und serviert im
Rahmen der Erlebnisprogramme von Jugend­
lichen der Oberstufe. Mit dem Erlös werden
Waisenkinder in Tansania unterstützt.
Die Gäste gingen stilgerecht über einen roten
Teppich, als sie am Samstagabend zum 2. Bene­
fiz-Gala-Dinner ins Evangelische Kirchenzent­
rum Jona eintraten. Sogleich wurden sie von
jungem Servicepersonal mit Getränken empfan­
gen. Während die Gäste noch nach ihren Plät­
zen suchten, Bekannte begrüssten und mitein­
ander schwatzten, lief die Crew in der Küche
auf Hochtouren. Unter der Leitung von Frank
Widmer und Diakon Matthias Bertschi zauber­
ten zehn Jugendliche Gang für Gang auf die
Teller. Frank Widmer steht normalerweise als
Chefkoch hinter dem Herd im «Park Hyatt».
Während er das Apfel-Baumnuss-Chutney in
zwei verschiedenen Töpfen rührte, sagte er:
«Grössere Töpfe wären toll.» Auch die Küche
ist eng für so viele Personen und so drängte
sich einer am anderen vorbei.
GUTER SERVICE
Währenddessen servierte das junge Personal
so professionell: Man sah ihm kaum an, dass es
noch am Nachmittag einen Crashkurs machte,
um die wichtigsten Handgriffe im Service zu
verinnerlichen. Joel Brändle, der seine Lehre in
einem renommierten Restaurant am Zürichsee
absolviert, leitete die Jugendlichen an. Er er­
klärte unter anderem, wie man einen Tisch
richtig eindeckt, zeigte, wie man Servietten fal­
tet und wie viel Wein oder Wasser man ein­
schenkt.
ERLÖS GEHT AN WAISENKINDER
Die 26 Jugendlichen der ersten und zweiten
Oberstufe haben sich im Rahmen der Erlebnis­
programme Pfefferstern für diesen Anlass ange­
meldet und unterstützen mit ihrem Engage­
ment indirekt einen guten Zweck. Denn der
Nettoerlös dieses Benefiz-Gala-Dinners geht an
Waisenkinder in Tansania. Johannes Klemm
von der Mission 21, einem evangelischen Mis­
sionswerk aus Basel, berichtete kurz vor dem
Hauptgang über die Situation in Tansania. Dort
würden über eine Million Waisen leben, meist
sind deren Eltern an Aids gestorben. Die Kinder
kämen zwar meist bei Verwandten oder Pasto­
ren unter. Aber oft fehle dann das Geld, um die­
sen Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen.
Deshalb helfe «Mission 21» mit einem dezentral
organisierten Waisenkinderprogramm, um die­
sen Kindern eine Schul- und Berufsausbildung
zu ermöglichen.
AUSSCHLIESSLICH LOB
Nach der offiziellen Verabschiedung durch Mat­
thias Bertschi und Frank Widmer bedankten
sich viele Gäste beim Ausgang persönlich bei
den beiden für diesen gelungenen Abend und
das gute Essen. Sie lobten auch den Einsatz der
Jugendlichen in den höchsten Tönen. Und so
überrascht es nicht, dass für 2016 ein weiteres
Benefiz-Gala-Dinner in Planung ist. ■
Mit der neuen Fachstelle will die Hochschule
auch im pädagogischen Sinne «Erinnerungskul­
tur» pflegen, wie Rektor Erwin Beck sagte.
Während der Philosoph Otfried Höffe ein «Welt­
rechtserbe» aufzeigte, das hoffen lässt, verwies
Ulrich Tilgner auf Fehler der Weltpolitik und
das «Menschenrechtsdesaster im Orient».
Auf die ernüchternde Diagnose muss die hel­
fende Therapie folgen. Fachstellenleiter Tho­
mas Metzger erinnerte an die Allgemeine Erklä­
rung der Menschenrechte 1948, an die Euro­
päische Menschenrechtskonvention und deren
Spiegelung in der Bundesverfassung und im
Lehrplan der Schweizer Schulen.
Die Feier schloss im Hadwigschulhaus, wo der­
zeit die Ausstellung «Flüchtlinge im Hadwig» zu
sehen ist. SchülerInnen erzählten, wie sie mehr
über die nach dem Krieg hier einquartierten
1200 Flüchtlinge zu erfahren suchten. ■
Wechsel im Präsidium bei der CJA
Text: pd | Foto: Adrian Keller
Die Mitgliederversammlung der ChristlichJüdischen Arbeitsgemeinschaft St.Gallen / Ostschweiz vom 29. April wählte den Chef­
redaktor des St.Galler Kirchenboten, Pfarrer
Andreas Schwendener, zum Präsidenten der
Ostschweizer CJA. Sein Vorgänger Pierre
Burgauer aus Rehetobel präsidierte den
Vorstand während dreier Jahre.
Die Verfolgung der Juden im Zweiten Weltkrieg,
ein neuer Blick auf das Alte Testament und die
Wertschätzung jüdischer Kultur in der Schweiz
haben 1946 zur «Christlich-Jüdischen Arbeits­
gemeinschaft in der Schweiz» geführt. Neben
der «Förderung des gegenseitigen Verständnis­
ses» bezweckt der Verein auch «die Bekämp­
fung jeglicher Form von Judenfeindschaft und
religiöser Diskriminierung», wie es in den Ver­
einsstatuten heisst.
Die 1974 gegründete St.Galler Sektion wurde
vom ehemaligen Kirchenratspräsidenten Pfar­
rer Karl Graf angeregt und während 15 Jahren
geleitet. Das Präsidium ging 1989 an den katho­
lischen Pfarrer Roland Strässle, 1997 an Pfarrer
Thomas Scheibler, 2006 an Pfarrerin Beatrix
Andreas Schwendener und Pierre Burgauer im frisch
renovierten Saal der jüdischen Gemeinde St.Gallen.
Jessberger und 2012 an Pierre Burgauer, Rehe­
tobel, den ersten Nichttheologen im Präsidium.
Der von vielen jüdischen Gemeindegliedern
mitgetragene Verein organisierte in den letzten
40 Jahren gegen 300 Veranstaltungen mit nam­
haften Referenten. Seit 2006 ist die St.Galler
Sektion auf neuem Kurs, indem die Arbeitsge­
meinschaft vermehrt zu Exkursionen, Gesprä­
chen, Filmabenden oder Konzerten einlädt (sie­
he Seite 13, erste Spalte).
Neu in den Vorstand wählte die Versammlung
den christkatholischen Pfarrer Daniel Konrad
und Marianne Blumenfeld. ■
Am 14. Juni stimmen Volk und Stände über die
Revision des Verfassungsartikels 119 ab, der
regelt, wie viele Embryonen ausserhalb des
Mutterleibes erzeugt werden dürfen.
Bisher waren es nicht mehr, «als der Mutter
sofort eingepflanzt werden können». Zukünftig
sollen es so viele sein, «als für die medizinisch
unterstützte Fortpflanzung notwendig sind».
Der Kirchenrat der Evangelisch-reformierten
Kirche schliesst sich der Haltung des Schweize­
rischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) an
und empfiehlt den Stimmbürgerinnen und
Stimmbürgern, diese Verfassungsrevision ab­
zulehnen. Der SEK begründet seine Haltung in
einer kurzen Stellungnahme und einem länge­
ren Positionspapier (www.sek.ch).
Dem Kirchenrat ist es sehr wohl bewusst, dass
es für Frauen und Paare, denen sich auf natürli­
che Weise der Kinderwunsch nicht erfüllt, oft
ein langer und schmerzhafter Weg ist, eine
künstliche Befruchtung in Anspruch zu neh­
men. Allerdings befürchtet der Kirchenrat, dass
durch die Verfassungsänderung die Interessen
der Fortpflanzungs- und Biomedizin ein zu
hohes Gewicht erhalten und der eigentliche
Zweck, die Ermöglichung einer Schwanger­
schaft, in den Hintergrund gerät. Denn mit der
Anpassung des Artikels besteht die Gefahr,
dass die Bestimmung der Zahl der erzeugten
Embryonen alleine der Fortpflanzungsmedizin
überlassen ist. Welche Untersuchungen (Präim­
plantationsdiagnostik) an den Embryos vorge­
nommen werden dürfen und was mit überzähli­
gen geschieht, bliebe zudem auf Verfassungs­
stufe ungeklärt.
Daher fordert der Kirchenrat – in Anlehnung an
den SEK – dass mit einem Artikel die Würde
des Embryos explizit unter den Schutz der
Bundesverfassung gestellt wird. Dadurch wäre
bereits auf Verfassungsstufe die Frage der
Selektion von Embryonen geklärt.
Darum empfiehlt der Kirchenrat, die Anpas­
sung des Verfassungsartikels 119 abzulehnen –
in der Hoffnung, dass ungeborenes und gebo­
renes Leben noch besser geschützt ist. ■
Projekte für Zwingli-Preis gesucht
Text: pd
Bis zum 30. Juni 2015 läuft die Frist für die An­
meldung von Projekten, welche zur Erneuerung
in reformierten Kirchgemeinden der Deutsch­
schweiz beitragen. Der Preis wird vom Schwei­
zerischen Protestantischen Volksbund (SPV)
erstmals um den Reformationssonntag verge­
ben. Weitere Infos: www.spv-online.ch ■
WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 9
IN KÜRZE
PANORAMA SCHWEIZ
PANORAMA WELT
IN KÜRZE
Die Türkei und der Armenier-Genozid: «Schizophren und paradox»
Text: Adrian Hartmann
Der Schweizer Reformator Huldrych Zwingli (1484–1531)
«Tumba» im Chor der Basler Predigerkirche
Der Temple de l’Abeille in La Chaux-de-Fonds
ZH: Feier zu Zwingli-Jahrhundertprojekt
BS: Letzte Ruhe
in der Kirche
NE: Reformierte
verkaufen Kirche
In der Basler Predigerkirche, wo im 15. Jahrhundert der berühmte Totentanz die Friedhofsmauer zierte, kann man sich heute wieder beisetzen lassen.
Die Kirche «Temple de l’Abeille» in La Chauxde-Fonds wird für 200 000 Franken an eine
Kulturorganisation verkauft. Die Kirchgemeindeversammlung bewilligte den Verkauf des
1904 erstellten Gebäudes. Der Synodalrat der
Neuenburger reformierten Kirche muss den
Verkauf noch genehmigen.
Text und Bild: ref.ch
Die wissenschaftliche Herausgabe der Werke
Zwinglis wurde 1905 begonnen und erst 2013
abgeschlossen. Der «Zwingliverein» feierte
das Jahrhundertprojekt am 11. Mai in Zürich.
Bereits 1828 habe man mit der Herausgabe der
Werke der Reformatoren Melanchthon, Calvin
und Zwingli im Rahmen eines «Corpus Reformatorum» begonnen, wie das Institut für
schweizerische Reformationsgeschichte mitteilt. Doch die «einzige vollständige Ausgabe
der Werke Zwinglis» habe erst deutlich später
als die anderen Werke in Angriff genommen
werden können: Der erste Band von Zwinglis
sämtlichen Werken sei 1905 erschienen.
108 weitere Jahre habe es gedauert, bis die
Edition zu ihrem Abschluss gelangte. ■
Sterbehilfe im Spital:
Basler Reformierte sind gefordert
Text: ref.ch
Geht es nach dem Kantonsparlament, soll die
Basler Regierung Sterbehilfe in öffentlichen Spitälern sowie Alters- und Pflegeheimen erlauben. Damit wäre Basel-Stadt der erste Deutschschweizer Kanton, der eine Regelung einführt,
die für alle Institutionen verbindlich ist.
Die Basler Kirchen mahnen zur Sorgfalt und
setzen auf «Palliative Care». ■
Quest: Die vereinfachte
Pfarrer-Ausbildung ist gefragt
Text: ref.ch
Im Herbst 2015 startet der erste Studiengang
für den Quereinstieg ins Pfarramt (Quest). In
vier Jahren kommt man auf diesem Weg zur
Ordination. Die neue Pfarrerausbildung stösst
auf Interesse: Rund 40 Personen aus allen
möglichen Berufen haben sich angemeldet.
Diese Leute tragen die Idee schon länger mit
sich herum. Sie haben nun die Möglichkeit, es
mit den gegebenen zeitlichen und finanziellen
Ressourcen auch umzusetzen. ■
10 AUSGABE 6–7/2015
Text und Foto: Karin Müller/kirchenbote-online.ch
Der baselstädtische Friedhof «Hörnli» ist der
grösste der Schweiz. Zehntausende liegen hier
auf rund fünfzig Hektaren zur letzten Ruhe gebettet, unter ihnen Prominente wie der Theologe Karl Barth. Doch viele wünschen sich einen
intimeren Ort für ihr Grab. Diesen bietet die
Basler Predigerkirche. In der ehemaligen
Klosterkirche der Dominikaner aus dem frühen
13. Jahrhundert kann man seine Asche im
«Prediger-Gärtlein» entlang der Kirchenmauer
beisetzen lassen oder in der «Tumba» aus
Sandstein, dem früheren «Dominikus-Grab» im
Chor der Kirche. Dies dürfte einmalig sein in
der Schweiz.
ANKNÜPFEN AN ALTE TRADITION
Die Idee kam Pfarrer Michael Bangert, nachdem er erfahren hatte, dass es dank des liberalen Basler Bestattungswesens möglich ist, die
Asche von Verstorbenen ohne Urne beizusetzen. Bangert will damit an die alte Bestattungstradition anknüpfen, die in der Predigerkirche
bis ins Jahr 1805 Bestand hatte. Bei der Kirche
«gemeinsam mit anderen Gotteskindern» begraben zu sein, sei ein altes christliches Motiv, erklärt der christkatholische Pfarrer.
Er stelle in Gesprächen immer wieder Hilflosigkeit und Unbehagen fest. Viele lehnten die heute übliche Friedhofskultur ab. Das zeige auch
die Nachfrage nach alternativen Bestattungsorten, etwa in der Natur. Manche bewahrten die
Urnen mit der Asche von Angehörigen zu Hause auf, was Bangert nicht wirklich ideal findet.
«Das Thema ‹Tod und Sterben› muss gerade
von der christlichen Kirche angstfrei und spirituell neu akzentuiert werden», fordert er.
Die Gräber stehen allen offen. Die erste Person,
die in der «Tumba» die letzte Ruhe fand, war
ein Reformierter. Angemeldet sind auch Konfessionslose. ■
Text: ref.ch | Foto: EREN/Laurent Borel
Dies berichtet die Westschweizer Agentur «protestinfo» am 7. Mai. Nachdem die Kirchgemeindeversammlung im November 2014 eine Weiterführung der Kirche als «offene Kirche» abgelehnt hatte, blieb nur noch der Verkauf. Die private Kulturorganisation «Evaprod» bekam den
Zuschlag. Sie funktioniert die Kirche zu einem
Veranstaltungsort um, bietet unter anderem
kulturelle Kurse an und produziert dort mehrere Shows pro Jahr.
Der Verkauf der Kirche war nicht einfach, weil
die Fassade unter Denkmalschutz steht.
Evaprod habe zugesichert, so wenig wie möglich im Gebäude zu verändern. Es sollen Vorhänge, ein Soundsystem, eine Beleuchtung, eine Bühne und ein Buffet eingerichtet werden. ■
Korrigenda zur
Nationalhymne
Text: as
In der türkischen Gesellschaft werde heute
offen über den Genozid an den Armeniern
gesprochen, sagte Professor Cengiz Aktar
bei einem Vortrag in Zürich. Zwar sei dies
gesetzlich weiterhin verboten, Verstösse
würden aber nicht mehr geahndet. Von einer
Anerkennung des Genozids sei die türkische
Regierung jedoch «weit entfernt».
Im Interesse einer «homogenen Türkei» wurden
vor hundert Jahren die Christen beinahe ausgerottet. Über zwei Millionen wurden getötet.
Während Jahrzehnten wurde der Genozid von
1915 totgeschwiegen. Mitte der 1980er-Jahre
begannen Muslime und Kurden an diesem Bild
zu kratzen. «Sie halfen mit, die Büchse der
Pandora voller verschiedener Identitäten zu
öffnen», sagte Cengiz Aktar in Zürich.
Der türkische Journalist sprach auf Einladung
von Christian Solidarity International (CSI) zur
«türkischen Politik gegenüber religiösen Minderheiten im hundertsten Jahr des Genozids an
den Armeniern». Er gehört zu den Initianten einer Online-Kampagne, die in der Türkei zur Anerkennung der «Grossen Katastrophe» und zur
Entschuldigung bei den Armeniern aufrief.
GENOZID ALLGEGENWÄRTIG …
«Als ich Student war, war es unmöglich, auch
nur ein einziges Buch über den Genozid zu finden», sagte Aktar. Heute drucke praktisch jeder
Verlag Bücher zu diesem Thema, gerade unter
Doktoranden stosse der Genozid auf grosses
… FÜR DEN STAAT WEITERHIN EIN TABU
Der Diskurs in der türkischen Zivilgesellschaft
sei jedoch nur eine Seite der Medaille, betonte
Aktar. «Der Genozid ist für den türkischen Staat
weiterhin ein Tabu.» Aktar bezeichnete den Umgang der türkischen Regierung mit der Vergangenheit als «schizophren und paradox»: Auf der
einen Seite wird die armenisch-katholische Kirche als juristische Person anerkannt, die Assyrer dürfen – zum ersten Mal seit 1928 – eine eigene Schule eröffnen und der damalige Premierminister Erdogan drückt den Nachkommen der
Getöteten von 1915 sein Beileid aus. Doch zur
gleichen Zeit bleibe etwa das griechisch-orthodoxe Halki-Priesterseminar geschlossen, nichtmuslimische Staatsbürger seien den muslimischen nicht gleichgestellt und das Wort «Genozid» bleibe verboten – Zuwiderhandlungen würden aber immerhin nicht mehr bestraft. ■
Mehr Infos: www.middle-east-minorities.com
Die Rede im Video: https://youtu.be/WGUCHsna44s
Kathedrale Notre-Dame, Paris, gebaut 1163 bis 1345
Frankreich will Religionsstätten
besser schützen
Text: ref.ch, sda | Foto: as
Nach einem vereitelten Terroranschlag auf
Kirchen will Frankreich religiöse Stätten besser
schützen. Nach Regierungschef Manuel Valls
waren Christen Ziel eines mutmasslichen Islamisten. Frankreich werde weiter alle Massnahmen ergreifen, um wichtige Orte wie Kirchen,
Synagogen oder Moscheen zu schützen, sagte
der Premierminister. Die historischen Stätten
Frankreichs müssten weiter für die Öffentlichkeit und Besucher zugänglich bleiben. ■
Interreligiöse Initiative ruft UNO
zum Verbot von Atomwaffen auf
Text: apd
«Atomwaffen sind mit den Werten unserer
jeweiligen Glaubenstraditionen unvereinbar»,
sagten VertreterInnen von rund 50 christlichen,
buddhistischen, muslimischen und jüdischen
Organisationen am 1. Mai vor der UNO. Die
vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK)
mitgetragene interreligiöse Erklärung richtet
sich an die 191 Regierungen, die dem weltweit
grössten Abrüstungsabkommen angehören. ■
Vergessene Opfer der NS-Militärjustiz
Text: pd | Foto: Kirche in Not
An die Opfer der NS-Militärjustiz erinnert der
ehemalige deutsche Wehrmachtdeserteur und
Friedensaktivist Ludwig Baumann in einer «Erklärung zum 70. Jahrestag der Befreiung vom
Nationalsozialismus». Insgesamt seien während
des Zweiten Weltkrieges über 30 000 Deserteure zum Tod verurteilt und davon rund 23 000
hingerichtet worden. Mehr als 100 000 von der
Auf Seite 10 im Mai-Kibo steht, dass Andreas
Marti im Auftrag einer Kommission des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes SEK
«All you need is love» als neue Nationalhymne
vorschlägt. Dieser Text erschien am 1. April auf
ref.ch und war ein Aprilscherz.
Der Redaktor des Kirchenboten war tatsächlich
so naiv, sich über den ausserordentlichen Vorschlag zu wundern, zu freuen und ihn abzudrucken – gerade, weil der Kommissionspräsident
Andreas Marti eher als strenger Hüter der
traditionellen Kirchenmusik bekannt ist. ■
Interesse. Tabus von früher könne man heute
offen ansprechen. So gebe es etwa ein Dutzend
Publikationen über die «armenischen Grossmütter» – diese waren als junge Frauen aus ihren armenischen Familien gerissen, zwangsislamisiert
und in muslimische Familien zwangsintegriert
worden. Auch besännen sich immer mehr Nachkommen von Armeniern, die zum Islam konvertierten, um ihr Leben zu retten, auf ihre christlichen Wurzeln zurück. Ihre Zahl wird heute auf
über eine Million geschätzt, zwangskonvertiert
wurden 1915 etwa 300 000 Armenier.
Wartebank beim Rotkreuz-Museum in Genf
NS-Militärjustiz verurteilte Soldaten hätten KZ,
Straflager und Strafbataillon nicht überlebt.
Erst in seinem Grundsatzurteil vom 16. November 1995 habe der Bundesgerichtshof die Wehrmachtjustiz als eine «Blutjustiz» gebrandmarkt,
«deren Richter sich wegen Rechtsbeugung in
Tateinheit mit Kapitalverbrechen hätten verantworten müssen». Doch nicht einer der
Wehrmachtrichter sei in der Bundesrepublik
Deutschland jemals bestraft worden.
Nach dem Krieg wären die Opfer der Militär­
justiz als Feiglinge, Kriminelle und Verräter beschimpft und bedroht worden. Als Vorbestrafte
hätten sie keine Chance auf eine sichere Zukunft gehabt. «Viele sind gedemütigt und entwürdigt verstorben», beklagt Baumann. Erst im
Mai 2002 wurden die Urteile wegen Desertion
aufgehoben und erst im September 2009 die
Urteile wegen Kriegsverrat. Das sei gegen den
Widerstand der Bundeswehr geschehen. ■
Die «Stahlkirche» Sainte-Barbe in Crusnes
F: Topmodel kauft sich eine Kirche
Text: ref.ch | Foto: Wikimedia/LesMeloures
Leonore Scherrer, französisches Model und
Künstlerin, hat in Lothringen eine Art-DecoKirche gekauft. Die Stahlkirche Sainte-Barbe,
einst Familienkapelle der Eisenerzmagnaten
De Wendel im Dorf Crusnes, kam für 250 000
Euro unter den Hammer, wie französische
Medien am 7. Mai berichteten. ■
WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 11
PALETTE
Singen, Tanzen
Meditieren
WELLENREITEN
SITZEN IN DER STILLE
Donnerstag, 11./18. Juni und 2./9./23. Juli
Spiritueller 5-Rhythmen-Tanz
Ort: Offene Kirche St.Gallen
Dienstags, 12–13.15 Uhr
Schweigemeditation. Mitten im Alltag aus
Anspannung und Stress heraustreten. Kollekte
Ort: Offene Kirche St.Gallen
PALETTE
Kunst
SCHWÄGALPGOTTESDIENSTE
Jeweils 9.45 Uhr
in der Kapelle auf der Schwägalp
7. Juni: Koni Bruderer, Heiden
14. Juni: Bernhard Rothen, Hundwil
21. Juni: Harald Greve, Schönengrund
28. Juni: Johannes Stäubli, Waldstatt
5. Juli: Dorothee Dettmers, Herisau
12. Juli: Käthi Meier-Schwob, St.Gallen
19. Juli: Andreas Schenk, Appenzell
SINGEND BRÜCKEN BAUEN
Montag, 15. Juni, 17.30–19 Uhr
Wir singen im Kreis ein- und mehrstimmige
Kraftlieder, Volkslieder, Chants und Mantras
aus verschiedenen Kulturen und Kontinenten.
St.Gallen, Rosenbergstrasse 42b, 2. Stock
Kollekte, Info: Sabina Ruhstaller
071 260 20 40 | [email protected]
www.sabinaruhstaller.ch
JAHRESFESTE FEIERN: SOMMERSONNWENDE
Samstag, 20. Juni, 19.30 Uhr
Getanzt wird barfuss oder in Tanzschuhen.
Offeriert werden Tee, Wasser und Über­
raschungen. Bitte etwas fürs Buffet mitbringen.
Eintritt ± Fr. 25.– (Sozialtarif: Fr. 15.–)
Ort: Offene Kirche St.Gallen
Pilgern
PILGERN AUF DEM JAKOBSWEG
Von Konstanz nach Einsiedeln –
von Johannes Hus zu Huldrych Zwingli
Einkehr in Kapellen und Kirchen. Kurze Impulse
aus der Bibel, aus den Schriften von Hus, Luther
und Zwingli. Etwa die Hälfte des Weges gehen
wir schweigend. Wanderzeit je vier Stunden.
27. August: Steg–Rüti ZH–(evtl. Rapperswil)
17. Sept.: Rapperswil–Einsiedeln
Leitung: Walter Hehli, Wattwil, Autor des Buches «Man muss wie Pilger wandeln. Auf dem
Jakobsweg vom Toggenburg bis ans Ende der
Welt». Unkostenbeitrag: Fr. 5.– pro Strecke.
Auskunft und Anmeldung: Walter Hehli,
Tel. 071 988 12 14, E-Mail: [email protected]
MEDITATION IN DER STILLE (ZAZEN)
NACH VIA INTEGRALIS
Mittwoch, 17. Juni, 1. Juli,
jeweils 18–20.30 Uhr
Regelmässiges Sitzen in der Stille (Zazen) ist
ein persönlicher Erfahrungsweg und führt zu
mehr Lebendigkeit. Mit Input und Schulung.
Schnuppern erwünscht.
Ort: Evangelische Kirche Riethüsli-Hofstetten,
Gerhardtstrasse 11, St.Gallen
Anmeldung und Auskunft: Werner Frei,
Tagelswangen, Kontemplationslehrer
[email protected], www.meditation-sg.ch
HEILMEDITATION
Mittwoch, 17. Juni, 14.30 Uhr
Mit Hedda Schurig
Ort: Offene Kirche St.Gallen
Führungen
www.stgaller-geschichten.org
VON HEIDEN ZUM CHINDLISTEIN
Sonntag, 7. Juni, nachmittags
Alte Ritualplätze – mit den Theologen Walter
Frei und Charlie Wenk. 14 Uhr Treff beim
Schwimmbad Heiden. 3 bis 4 Std. unterwegs,
möglicher Treff am Bahnhofplatz St.Gallen um
12.50 Uhr.
Magdalena Graf vor einem ihrer Aquarelle
MAGDALENA GRAF STELLT AUS
Magdalena Graf, St.Gallen, stellt zurzeit im
Offenen Haus an der Greithstrasse 8, St.Gallen,
Aquarelle aus. Mit ihren Blumenmotiven, Landschaften und Stillleben will sie den Menschen,
die ein- und ausgehen, Freude bereiten. Sie hat
auch mehrmals im Kirchenboten illustriert.
Dauer: bis Ende Oktober
Die Ausstellung kann jeweils am Mittwoch-,
Donnerstag- und Freitagmorgen von 10–12 Uhr
besucht werden. Über Tel. 071 245 21 90 oder
bei Frau Graf direkt können andere Möglich­
keiten erfragt werden, Tel. 071 245 77 90
STADTPILGERN ST.GALLEN
Samstag, 20. Juni, 9.30–18 Uhr,
Start Kirche Laurenzen
Lunch mitnehmen, gute Schuhe, wir gehen bei
jedem Wetter. Kosten Fr. 50.–
Auskunft und Anmeldung: Regina Pauli, Pilgerbegleiterin EJW, Tel. Nr. 071 460 29 67,
[email protected] / www.lebenwirken.ch
12.15–12.45 Uhr
10. Juni: Ein Geschenk nach Liverpool mit
Klavier, Violinen, Viola, Violoncello
17. Juni: Im Dialog, Violine und Violoncello
24. Juni: Ludwig van Beethoven, Sonate für
Klavier und Violoncello A-Dur, op. 69
1. Juli: Meine Seele hört im Sehen, Gesang,
Orgel
DAS ALTE KATHARINENKLOSTER
Mittwoch, 10 Juni, 14.30–16 Uhr
Vom Hof der Feldnonnen und Beginen zu den
vier Jahrhunderten St.Galler Frauengemeinschaft und Dominikus-Spiritualität im Zeichen
der heiligen Katharina von Alexandrien.
Treffpunkt: Eingang St.Katharinen
12 AUSGABE 6–7/2015
Dienstag, 16. Juni, 18–19.30 Uhr
Stadtwanderung mit den Theologen Walter Frei
und Charlie Wenk. Treff beim Turm der Kirche
St.Laurenzen. Stadtwanderung.
Szene aus «An der Schwelle zum Himmel»
RUNDGANG IN KONSTANZ
«AN DER SCHWELLE ZUM HIMMEL»
Sonntag, 21. Juni, 14.15–16.15 Uhr
Mit dem Theologen Walter Frei auf den Spuren
von Minnesängern, Glockengiessern, Malern
u.a. Start: Ausgang Schweizerbahnhof Konstanz. Möglicher Treff in St.Gallen 12.45 Uhr in
der Bahnhof-Schalterhalle (Abfahrt 13.04 Uhr)
Montag, 29. Juni, 19–20 Uhr
Ort: Kirche St.Laurenzen, St.Gallen
Das polnische Theaterensemble Logos aus
Lódz besteht aus 9 Schauspielern, 2 Technikern und dem Priester Waldemar Sondka, dem
Gründer und seit 28 Jahren Leiter des Teatr
LOGOS. Die Inspiration zur Entstehung dieses
Stücks war das Buch «Die fünf Menschen,
die dir im Himmel begegnen» (2005) von Mitch
Albom. Sprache: Deutsch und Französisch.
Kollekte für das 19. Christliche Kulturfestival
Lódz im November 2015.
AN DER SITTER VON HAGGEN BIS STOCKEN
Samstag, 27. Juni, 14 Uhr, Schlössli Haggen
Kulturgeschichtliche Nachmittagswanderung
mit dem Theologen Walter Frei. 2½ Std. in geschichtsträchtiger Hügel- und Tobellandschaft.
EGLISE FRANÇAISE
Cultes du dimanche à 10 h à l’église de St-Mangen, sauf le premier dimanche du mois.
Cultes du soir mensuels à Rorschach, Rapperswil et Glaris. Renseignements auprès de Simone Brandt, pasteur, tél. 071 277 08 56 ou
www.eglisefrsg.ch
Eine Welt
MITTWOCH-MITTAGS-KONZERTE
KIRCHE ST.LAURENZEN IN ST.GALLEN
WIE DER KAFFEE NACH ST.GALLEN KAM
Pilgern entlang dem Thema Wasser, Gallusplatz St.Gallen
Gottesdienste
GO2BE
Sonntag, 14. Juni, 18.30–19.30 Uhr
Im Zentrum steht das Lob Gottes mit modernen, populären Liedern, Gebeten, Gottes Wort
und der kreativen Bearbeitung des
Gottesdienst­themas mit Theater oder Kurzfilm.
Ort: Evang. Kirche Buchs, Kirchgasse 1
Veranstalter: Kirchgemeinde Buchs
PUNKT-8–GOTTESDIENST
Freitag, 26. Juni, 20 Uhr
Zeitgemässe Gottesdienstkultur (moderne
Musik, Theater, Film …) für alle, welche sich
mit den bisherigen Gottesdienstformen nicht
anfreunden konnten. Dabei wird eine für alle
verständliche Sprache und Form eingesetzt.
Ort: Evang. KGH Altstätten, Heidenerstrasse 7
Veranstalter: Kirchgemeinde Altstätten
Beratung
EVANGELISCH-REFORMIERTE PAARUND FAMILIENBERATUNG ST.GALLEN
Oberer Graben 31, St.Gallen
Pfr. Menges Achim, Psychotherapeut ASP,
Tel. 071 220 88 00
Imper Andrea, Psychologin FSP,
Tel. 071 220 88 02
EVANGELISCHE FRAUENHILFE
Beratungsstelle für Frauen
Oberer Graben 42, 9000 St.Gallen
Tel. 071 220 81 80, Fax 071 220 81 84
FLUCHTWEGE – AUF DEN SPUREN VON
FLÜCHTLINGEN UND HELFERN
21. Juni, 14 Uhr in Hohenems
Hohenems ist im Jahr 1938 ein mögliches Tor
in die Freiheit für jüdische Flüchtlinge. Viele
versuchen hier den Gräueln des Nationalsozialismus zu entkommen. Wir folgen ihren Spuren.
An ausgesuchten Stationen kommen Flüchtlinge in Audio-Interviews zu Wort – sie erzählen
von ihrer ganz persönlichen Fluchtgeschichte.
Wir hören auch Schilderungen von Fluchthelfern. Der Weg führt bis in die Schweiz.
Bei sehr schlechter Witterung bietet sich mit
dem Film «Fluchtwege» und der aktuellen
Ausstellung «Endstation Sehnsucht» ein Alternativprogramm an.
Treffpunkt: 13.15 Uhr bei der Post St.Gallen
Neudorf zum Mitfahren oder um 14 Uhr beim
Jüdischen Museum in Hohenems.
Veranstalter: Christ.-jüd. Arbeitsgemeinschaft
St.Gallen, Anmeldung: Tel. 071 244 34 64
Junge Erwachsene
TIPP DES MONATS
BLAUES KREUZ SG-APPENZELL
Fachstelle Alkoholberatung
Kugelgasse 3, Postfach 28,
9004 St.Gallen, Tel. 071 231 00 31
[email protected]
www.blaueskreuz-sg-app.ch
Gespräche nach Vereinbarung
BÜRGSCHAFTEN UND DARLEHEN
Für Familien und Alleinerziehende, Landwirte
und Selbstständige. Gesuche sind zu richten an:
Evang. Bürgschafts- und Darlehensgenossenschaft des Kantons St.Gallen, c/o Bonfida Treuhand AG, Davidstrasse 38, CH-9001 St.Gallen
Tel. 071 226 91 91, [email protected]
www.ebdg-sg.ch
PERSÖNLICHKEITSSCHUTZ
Fühlen Sie sich im Rahmen des kirchlichen
Lebens diskriminiert oder in Ihrer Integrität
verletzt, seelisch oder körperlich ausgenutzt,
sexuell bedrängt, gemobbt oder belastet Sie
ein Abhängigkeitsverhältnis? – Die Kirche bietet Ihnen die Möglichkeit, sich von einer neu­
tralen Fachperson kostenlos beraten zu lassen.
www.ref-sg.ch/persoenlichkeitsschutz
ST.GALLER STADTGEBET
DIE DARGEBOTENE HAND
Telefonseelsorge, Telefon 143, www.143.ch
Donnerstag, 11. Juni: Einsingen 19.15 Uhr,
Beginn 19.30 Uhr
Ort: Kathedrale St.Gallen, Chorraum (vorne)
TELEFON 147 – HELP-O-FON
Nottelefon für Kinder und Jugendliche
Die Staff-Band des Christlichen Musikverbandes
Christliche Musiktage 2015
und «cantars»-Schlusspunkt
«Oh Happy Day»
Vom 6. bis 7. Juni 2015 feiern 1100 Musiker
die Christlichen Musiktage und den Schlusspunkt von «cantars». 80 Konzerte auf 8 Bühnen versprechen einen musikalischen Ohrenschmaus. Hier die Anlässe von «cantars»:
SAMSTAG, 6. JUNI 2015
11 Uhr: Feierlicher Auftakt (Olma-Areal
Arena 8.0) mit CMVS-Vereinen, Chören, VIPs …
12 Uhr: Brass Band «The Tubes»
13 Uhr: Brass Band Blaukreuzmusik Herisau
14 Uhr: Mundart Worship: Toby Meyer & Band
15 Uhr: FEG Brass Band Sulgen
16 Uhr: Züri Oberland Brass Band
17 Uhr: Gossau Gospel Choir
18 Uh: Stego – der tiefgreifende Rap, U. Tanner
19 Uhr: Nordisch, Milya-Rahel Studer & Band
20 Uhr: Stadtkirche St.Laurenzen, Jugend-Sinfonieorchester der Neuapostolischen Kirche
21 Uhr: Stadtkirche St.Laurenzen; «Bachkantaten in Vorarlberg», J. S. Bach (1685-1750): «Es
ist ein trotzig’ und verzagt’ Ding», BWV 176 I
«Die Elenden sollen essen», BWV 75
23 Uhr: Olma-Areal Halle 5.0, Andreas Haus­
ammann Trio, Klassische Kirchenlieder
SONNTAG, 7. JUNI 2015
SCHLUSSPUNKT: Eingeladen zum Fest
des Glaubens (kein Eintritt)
«cantars» feiert den Abschluss zusammen mit
den Christlichen Musiktagen 2015. Damit alle
Platz haben, wird in der grössten Olma-Halle
mit 3900 Plätzen gefeiert.
10 Uhr: Hallenöffnung, Eintreffen, Ansingprobe
11 Uhr: Ökumenischer Festgottesdienst,
Dialogpredigt zwischen Abt Urban Federer OSB
und Kirchenratspräsident Martin Schmidt
12.30 Uhr: Verpflegungsmöglichkeiten vor Ort,
Platzkonzerte verschiedener Formationen
Ab 14 Uhr: Familienkonzerte mit Liedermacher
Christof Fankhauser, 16 Uhr: Ende
Eintritte ins Olma-Areal als Tagesticket oder
«cantars»-Tagespass. Einzeltickets für Abend­
konzerte und Konzerte in St.Laurenzen.
Weitere Konzerte siehe: www.cantars.org
www.christliche-musiktage.ch
WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 13
FORUM DER LESERSCHAFT
Wir vermissten das Bilderverbot
Rolf Spalinger, ein überaus sorgfältiger Leser
des Kirchenboten, fragt in einem Brief an die
Redaktion, ob ihr in der letzten Nummer
nicht ein «Fehler» unterlaufen sei: Unter
dem Titel «Kernsätze» wurden auf Seite 5
die Zehn Gebote abgedruckt. Herr Spalinger
vermisst hier das Bilderverbot. Die Redaktion
bat Frank Jehle, den ehemaligen Universitätspfarrer in St.Gallen, um eine vertiefende
Erklärung.
Was sagen wir heute dazu? Lesen wir das biblische Bilderverbot nach 2. Mose in der heutigen
Zürcher Bibel: «Du sollst dir kein Gottesbild machen noch irgendein Abbild von etwas, was
oben im Himmel, was unten auf der Erde oder
was im Wasser unter der Erde ist. Du sollst dich
nicht niederwerfen vor ihnen und ihnen nicht
dienen.» Die meisten Ausleger sind der Meinung,
dass es hier um Kultbilder geht – Bilder von Osiris, Isis, Baal oder Marduk –, wie sie bei den
Nachbarvölkern des alten Israels üblich waren.
Herr Spalinger hat Recht! Der im Kirchenboten
abgedruckte Text ist eine verkürzte Version
und steht so in Martin Luthers Kleinem Katechismus. Als guter Pädagoge wollte Luther die
Kinder nur ein paar kurze Sätze auswendig lernen lassen und nicht den komplexen Volltext
von 2. Mose 20, 2–17 oder 5. Mose 5, 6–21. Und
zusätzlich war er offenbar der Meinung, dass
das Bilderverbot seit der Menschwerdung
Gottes in Jesus von Nazareth nicht mehr gelte.
Luther stimmte an diesem Punkt mit der
römisch-katholischen und den orthodoxen
Kirchen überein.
Das Alte Testament ist nicht grundsätzlich gegen Malerei und Plastik. Man beachte, wie
prächtig der Tempel in Jerusalem ausgeschmückt war (vgl. 1. Könige 6)! Das Bilderverbot möchte aber einschärfen, dass Gott, «der im
unzugänglichen Licht wohnt [und] den kein
Mensch je gesehen hat noch zu sehen vermag»
(1. Tim. 6, 16), nicht verdinglicht werden kann
und darf. Gemalte, geschnitzte oder gegossene
Gottesbilder sind problematisch, weil Gott grös­
ser und anders als auch das beste Bild ist. Man
darf nicht meinen, man habe ihn «begriffen».
BILDERVERBOT BEI DEN REFORMIERTEN
Im reformierten Raum (in der Schweiz, in
Frankreich, den Niederlanden, Schottland, Ungarn usw.) war man in dieser Hinsicht seit jeher strenger. Man vergleiche den Genfer Katechismus Johannes Calvins von 1542 oder den
Heidelberger Katechismus von 1563. In beiden
bei den Reformierten überaus wichtigen und
einflussreichen Lehrschriften werden die Zehn
Gebote nach 2. Mose 20 ungekürzt zitiert. Damit hängt zusammen, dass man bei den Reformierten während Jahrhunderten Kirchen ohne
Bilder baute. – Im Zusammenhang mit Bibel­
ausgaben sah man es aber anders: Bereits die
Zürcher Bibel von 1531 ist mit Holzschnitten
nach Entwürfen Hans Holbeins geschmückt.
Auch farbige Kirchenfenster liess man gelten.
Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn der
Kirchenbote eine ungekürzte Version der Zehn
Gebote abgedruckt hätte. Allerdings hätte man
dann berücksichtigen müssen, dass der Wortlaut der Gebote in 2. Mose 20 und in 5. Mose 5
von einander abweicht, besonders auffällig in
der Begründung des Sabbatgebots. Auch die
Nummerierung der Gebote ist nicht in allen
Traditionen übereinstimmend. Juden, Katholiken, Lutheraner und Reformierte zählen anders. Solche Unterschiede (wie auch diejenigen
zwischen den vier Evangelien im Neuen Testament) können uns klar machen, dass ein reiner
Buchstabenglaube nicht zielführend ist.
Die Bibel erspart uns das Nachdenken nicht. Es
genügt nicht, dass man sagt, «Es steht geschrieben», und sich dann bequem zurücklehnt. ■
Zur ökumenische Kampagne
Kirchenbote 3/2015
Eigentlich habe ich mich
noch nie damit befasst,
aber diesmal wurde ich
auf den Fastenkalender
2015 aufmerksam. Ich
muss sagen, ich war berührt, wie die Kirche sich
für den Umweltschutz
und Menschen, die durch
den Klimawandel betroffen sind, einsetzt. Ebenso
gibt sie Tipps, wie es uns besser gehen könnte.
Worum es geht? Fleisch und andere Tierprodukte haben die schlechteste Klimabilanz. Im Sekundentakt wird Regenwald gerodet und angezündet, um Tierfutter anzubauen. Wälder schützen den Boden vor Sonne, Regen und Wind.
Wenn Bäume fehlen, können Wüsten entstehen.
SAMMELN SIE POSITIVE GEDANKEN!
Eine ganz tolle Idee finde ich folgende: Da in
den Medien viel mehr über Schlechtes als über
Gutes berichtet wird, sollte man sich in einem
Heft positive Meldungen und schöne Bilder einkleben. Wenn Sie das Bedürfnis haben, können
Sie das Heft nehmen und sich darüber freuen.
Da gibt es weiter im Fastenkalender sogar eine
vorgedruckte Karte, die an die Bundesrätin Doris Leuthard adressiert ist, damit St. Doris, wie
sie genannt wird, konkret etwas gegen den Klimawandel tut. Man verlangt die Umstellung auf
erneuerbare Energien, was sogar möglich wäre!
Auch wird berichtet, wie Kleinbauern in Brasi­
lien ihre Ernte steigern können. Ein Bauer hat
einen Teich angelegt, um auch genügend Wasser zu haben, wenn es nicht regnet, und er ist
auf Hirse umgestiegen, weil diese die Hitze besser verträgt als Mais.
Ich finde sogar Rezepte in diesem Kalender, wie
man Hülsenfrüchte einmacht. Hier steht auch,
dass Hülsenfrüchte teilweise mehr Eiweiss haben als Fleisch. Also kann man auch als Vegetarier genügend Eiweiss einnehmen!
Sogar über Agrar-Barone in Brasilien, die Kleinbauern enteignen, wird berichtet. Häufig sogar
mit Gewalt. Die Grossgrundbesitzer verseuchen mit den Chemikalien der Soja-Plantagen
das Trinkwasser. Arbeitsplätze bieten sie kaum,
da riesige Maschinen die Arbeit machen.
Während Moses die 10 Gebote empfängt, tanzt das Volk um das goldene Kalb. Gemälde von Nicolas Poussin, um 1650.
14 AUSGABE 6–7/2015
Zum Schluss ein Rezept für mehr Liebe statt
Hass: Auch in gemütlicher Runde sitzt der Hass
bisweilen mit am Tisch. Denn Hass beginnt bereits da, wo das Tierfutter der einen die Lebensgrundlage der anderen zerstört. Wo der
Mastochse der Reichen das Gemüse der Armen
frisst, wo das Fleisch auf meinem Teller für leere Teller anderer sorgt. ■
Bernadette Gerber, Amden
NACHGEFRAGT
MONATSPORTRÄT
Vier Fragen an Regina Pauli
FREUNDSCHAFT IST …
… wohltuend, verbindend und verbindlich. Es
ist eine kostbare Bindung/Beziehung, die auch
sehr verletzlich ist. In einer Freundschaft kann
ich ganz mich selber sein und mein Gegenüber
auch. Sie baut auf Vertrauen und dadurch lässt
es sich darin – wie in einem Ohrensessel – ent­
spannt zurücklehnen.
GLAUBE IST …
… die Grundsubstanz für das Leben. Gelingt es,
Glauben im Alltag zu leben, d.h. Gott ist an mei­
ner Seite, bin ich überzeugt: we can make a dif­
ference, wie es Columban, ein Christ im 6. Jahr­
hundert, gesagt hat.
Regina Pauli: Mit allem, was sie tut und anbietet, will sie Gott begegnen und Raum für Glaubenserfahrungen schaffen.
«Unterwegs sein mit …»
Text und Foto: Fabienne Beer, Zuzwil
… Regina Pauli. Wer sich mit ihr auf den Weg
macht, geht auch innerlich seinen Weg. Und
vielleicht ist Gott mit von der Partie.
In zwei Sätzen lässt sich das Leben von Regina
Pauli nicht zusammenfassen. Auf ihrem
Lebenslauf finden sich die unterschiedlichsten
Berufe wieder. Prädikantin (Laienpredigerin),
Pilgerbegleiterin, Erwachsenenbildnerin oder
Coach sind da unter anderem aufgelistet. Eine
Frau also mit den unterschiedlichsten Interes­
sen. Und dennoch gibt es einen roten Faden,
der sich durch ihr Leben zieht. Mit allem, was
sie tut und anbietet, will sie Gott begegnen und
Raum für Glaubenserfahrungen schaffen.
AUF DEM PILGERWEG
Pilgern zum Beispiel ist eine Möglichkeit, um
Gott nahe zu sein. Seit gut zehn Jahren wandert
Pauli auf dem Jakobsweg. Da ist sie mit sich
und mit Gott in Einfachheit unterwegs. «Bevor
ich abreise, bin ich innerlich schon am Pilgern.
Und wenn ich dann endlich auf der Strecke bin,
ist es jedes Mal wie ein Höhenflug», erzählt sie
mit leuchtenden Augen. Das Pilgern ist Gehen
mit einem spirituellen Aspekt. Unterwegs sein,
offen sein für alles, was einem auf dem Weg
begegnet, ist am wichtigsten für Pauli. Deshalb
macht sie sich im Voraus auch keine Vorstellun­
gen über ihre Etappen.
«Ich hatte den Drang zu gehen, ohne
ein klares Ziel vor Augen zu haben.»
Auf die Frage, wie sie auf das Pilgern gekom­
men ist, muss sie etwas überlegen. «Das hat
sich einfach ergeben. Ich hatte den Drang zu
gehen, ohne ein klares Ziel vor Augen zu ha­
ben.» Und da der Jakobsweg quasi vor der
Haustür durchführt, bot er sich als ideale
Wegstrecke an. Am Anfang ging Regina Pauli
mit ihrem Vater. Später lief sie alleine und
heute nach 830 Kilometern ist sie bereits in
Frankreich angekommen. Im November will sie
das nächste Mal in Le Puy en Vélay starten und
sehen, wo sie der Weg hinführt.
EINSTIEG FÜR NEU-PILGER
Die meisten wagen es beim ersten Mal nicht, auf
eine längere Pilgertour zu gehen. Zu gross ist
die Angst vor dem Scheitern. Pauli hat für die­
sen Fall die richtigen Angebote zusammenge­
stellt. «Mit meinen Wegstrecken biete ich Inte­
ressierten die Möglichkeit, einen oder zwei Tage
in die Welt des Pilgerns einzutauchen», erklärt
Pauli. Meist reicht diese Erfahrung aus, um sich
für oder gegen eine längere Pilgerstrecke zu ent­
scheiden. Viele Neu-Pilger waren über die An­
dersartigkeit des Gehens überrascht. Ein Pilger
ist meist automatisch achtsamer, fokussierter
und nimmt die Umgebung und das eigene inne­
re Geschehen anders als gewohnt wahr. «Genau
darum geht es», ist Regina Pauli überzeugt. Und
dann können sich Gottesbegegnungen ereignen.
ANMELDEN UND AUSPROBIEREN
Wer sich von Regina Paulis Begeisterung
anstecken lassen will, kann mit ihr auf einen
Probe-Weg gehen. Haben Sie andere Vorlieben
als das Pilgern? Kein Problem. Schreiben Sie
sich für ein Angebot im Bereich Kreativität, Spi­
ritualität oder Natur Pur ein. Alle Angebote ha­
ben dasselbe Ziel. «Ich will die Menschen moti­
vieren, ihren eigenen Weg zu erweitern, sodass
sie Neuentdeckungen in ihrem Leben machen
und ihren Glauben finden können.»
Dieses Statement spricht für sich und aus Erfah­
rung weiss Pauli, dass es funktioniert. ■
GOTT ZEIGT SICH …
… immer wieder anders. Manchmal deutlich
und dann wieder ganz überraschend in kleinen
Dingen oder Gesten. Und es gibt Zeiten, da
muss ich ihn suchen und manchmal meinen
Weg gehen, einfach nur im Wissen, dass er um
mich ist.
SPIRITUALITÄT IST …
… ein Modewort der heutigen Zeit und braucht
eine Definition. Persönlich rede ich immer von
christlicher Spiritualität und meine damit, dass
alles im Leben von Gottes Wirklichkeit erfüllt
ist. Wir können die Gotteserfahrung nicht
machen, aber bei uns Raum dafür bereiten. ■
Regina Paulis Segensgebet
Umfasse mich Gott
Bewahre Hoffnung in mir
Halte Verzweiflung fern
Umfange mich Gott
Bewahre Frieden in mir
Beschirme mich vor Aufruhr
Umkreise mich Gott
bewahre Stärke in mir
Lass Schwäche fern
Alter irischer Segen, David Adam
Regina Pauli – kreativ, spirituell,
lösungsorientiert
Regina Pauli arbeitet hauptsächlich freiberuf­
lich als Erwachsenenbildnerin, Laienpredige­
rin/Prädikantin, Pilgerbegleiterin.
In kreativen Prozessen leitet sie Menschen an,
ihren eigenen persönlichen Glauben zu entfal­
ten oder ihm neu Farbe zu verleihen.
Sie hat sich unter anderem mit der keltisch­
christlichen Spiritualität befasst und lässt in
diesen Kursen die Teilnehmer an diese Wurzeln
anknüpfen.
Als Coach berät sie zudem Menschen in ver­
schiedenen Lebenssituationen und hilft ihnen,
einen Schritt weiterzukommen.
Weitere Informationen zu Angeboten von
­Regina Pauli unter: www.lebenwirken.ch
Siehe auch Seite 12: Stadtpilgern St.Gallen
WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 15
BIBLISCHE NAMEN
Jonathan, der Freund und Förderer Davids
Text: as | Bild: Rembrandt (1606–1669)
Jonathan heisst übersetzt «Gottesgabe»,
«Geschenk Gottes». Der Erstgeborene von
Saul, dem ersten König Israels, trägt diesen
Namen. Jonathan hätte Nachfolger seines
Vaters werden sollen. Aber er sieht die Tragik
seines Vaters und die Qualitäten des Neueinsteigers David, seines besten Freundes, der
das Königtum von Saul beerben wird.
Es ist die Zeit um 1000 vor Christus, als die
Stämme Israels in steter Feindschaft mit den
Philistern sich einen König wünschen und auch
erhalten. Beschrieben ist das im 1. Buch Sa­
muel, das benannt ist nach dem Propheten, der
die Fäden in Sachen Königtum in Händen hält.
David muss sich von Jonathan verabschieden.
seiner Truppe rettet ihn. Saul verspielt sich
durch eine humane Geste auch die Unterstüt­
zung des Propheten Samuel, der insgeheim
David, den Besieger Goliaths, zum neuen König
salbt. Ein anderer Text spricht von Volkswahl.
Zwischen Jonathan und David, der am Hof
Sauls Aufnahme findet, entwickelt sich eine tie­
fe Freundschaft. «Jonathan liebt David wie sein
eigenes Leben» und gibt ihm seine Waffenrüs­
tung. Nun spürte Saul, dass Gottes Segen mit
David ist. Er versucht ihn umzubringen: durch
einen unmöglichen Brautpreis (100 Vorhäute)
für seine Tochter Michal, dann mit seinem
Speerwurf und zuletzt durch eine Verschwö­
rung. Jonathan warnt ihn und hält zu David.
Saul ist, wie auch sein Sohn Jonathan, ein gut
bewaffneter Krieger und Kämpfer. Bald aber
ist Jonathan erfolgreicher und er besiegt eine
Überzahl von Philistern, über die ein «Gottes­
schrecken» kommt. Wie sich Jonathan unwis­
send gegen ein Fastengelübde Sauls hin­
wegsetzt, sollte er sterben. Nur das Eintreten
Doch Jonathan hält auch zu seinem Vater und
fällt mit ihm in einer Schlacht gegen die Philis­
ter. Wie David davon hört, bekennt er tief be­
trübt in seinem Klagelied: «Mein Bruder Jona­
than, du warst mir so lieb, wunderbarer war dei­
ne Liebe für mich als die Liebe von Frauen.» ■
JONATHAN LIEBERHERR, GANTERSCHWIL
Als Kind hat mir mein Name nicht gefallen, ich
meinte, dass er für andere fremdartig wirkte.
Nach meiner landwirtschaftlichen Ausbildung
gab ich Kurse in Flawil. Dort hatte ich teils den
Übernamen «Boskoop» – denn Jonathan ist ja
auch eine Apfelsorte.
Erst als ich gläubig geworden war, entdeckte
ich die Schönheit meines Namens, der «Ge­
schenk Gottes» heisst. Seitdem ich in Beziehung
mit meinem Vater im Himmel leben darf, werde
ich täglich von ihm beschenkt. Ich spüre seinen
reichen Segen auf Hof und Familie. ■
JONATHAN SCHAFFNER, ST. PETERZELL
Meine Eltern achteten darauf, dass alle fünf
Kinder biblische Namen bekamen. Mir gaben
sie den Namen Jonathan, was «Geschenk Got­
tes» heisst. Als Pianist bringe ich diese Bedeu­
tung in Beziehung mit meiner musikalischen
Begabung, meinen Talenten. Ich bin damit be­
schenkt worden und will davon auch etwas
weitergeben. Talente sollen wir ja vermehren,
fruchtbar machen für andere.
Der biblische Jonathan war mit David befreun­
det. So bedeutet auch mir die Bekanntschaft
mit dem Pianisten David Plüss viel. ■
Ich heisse Jonathan
JONATHAN WALT, REBSTEIN
Mein Name ist andernorts bekannter als bei
uns, wie ich bei einem USA-Aufenthalt festge­
stellt habe. Mir hat der Name immer gefallen,
aber durch seine drei Silben verleitet er zu Ab­
kürzungen. In der Sek nannte man mich Jonny.
Das habe ich halbherzig akzeptiert. Jetzt bin
ich wieder ganz Jonathan. Auch die Bedeutung
des Namens freut mich – obwohl ja alle Men­
schen als «Geschenk Gottes» auf die Welt kom­
men – so alle meine Töchter. Beim biblischen
Jonathan beeindruckt mich die Freundschaft
zu David, der eigentlich sein Konkurrent war. ■
Nachrichten aus Ihrer Kirchgemeinde im Mittelbund.
Adressänderungen bitte an Ihre Kirchgemeinde melden.
Zum Titelbild
Freundschaft unter Jugendlichen. Da ist Vertrautheit. Die
Jugendlichen hören ihre Musik
– ihre Verständigung. Die gemeinsame Zeit schafft geteilte
Vergangenheit.
Foto: as, Genf im Jahr 2004.
16 AUSGABE 6–7/2015
Impressum
Herausgegeben im Auftrag der
Synode der Evangelisch-reformierten
Kirche des Kantons St. Gallen.
www.kirchenbote-sg.ch
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Faszination Buddhismus
Erscheint am 17. Juli 2015
Redaktionsschluss: 26. Juni
Redaktion
Pfr. Andreas Schwendener (as)
Rehweidstrasse 2
9010 St. Gallen
Tel. 071 244 34 64
[email protected]
Lokalredaktion
Reto Neurauter (nr), Grabs
Katharina Meier (meka), Lütisburg Station
Claudia Schmid (cis), St. Gallen
6-7 1
5
Druck
galledia ag
9442 Berneck, www.galledia.ch
Altpapieranteil: mind. 50 %,
Auflage: 71 000
Gestaltungskonzept
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9014 St.Gallen
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Abonnementspreis
11 Ausgaben: Fr. 13.–
(wird von den Kirchgemeinden bezahlt)