WOCHENENDE - Neue Zürcher Zeitung

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SftlMtag/Sonntag, 2./.1. Juli 1977
Nr.
WOCHENENDE
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Eine Hauptbeschäftigung der Mapuchenfran ist das Weben, Die Schafwolle wird gewaschen, gesponnen und mit natürlichen Elementen
{Pflanzen, rote Erde, Wätter) getönt. Zwei senkrechte und drei waagrechte Stangen bilden das Weingestell.
9lciif 3iird)cr Mwmft
Der fCaciquc» ist noch he
(Eingebore
des
Die letzten Mapuchen
Geschichte und Gegenwart der südchilenischen Indianer
Toxt: Josef Stöckli
1485 versuchte rd e grosse Inkaherrscher Huayna Capac sein
Imperium gegen Süden auszudehnen. Der siegreiche Vorstoss gelang ihm bis nach Mittelchile. Am Fluss Bio-Bio stand er plötzlich
dem Indianervolk rd e Mapuchen gegenüber und wurde von ihm in
die Flucht geschlagen. Bald darauf landeten die kriegsgewohnten
Spanier in Latein- und Südamerika: Cortez eroberte 1519 das Aztekenreich, Pizarro zwang 1532 das gewaltige Inka-Imperium in
seine Hände. Pedro de Valdivia wollte seinen Landsleuten nicht
nachstehen und versuchte sein Glück in Chile. 1536 prallte er
nördlich des Bio-Bio auf die Mapuchen
das war der Beginn/
'
cines 300jährigen Kampfgeschehens zwischen den 'goldgierigen
Konquistadoren und einem Indianervolk, das den gepanzerten
Fremdlingen nichts anderes als Holz und den nackten Oberkörper
entgegenstellen konnte.
Liebliche Hügellandschaft
/
Bilder: Werner Hügli
So präsentierte sich das Araukancrland (Araukaner = Mapuchen) schon den ersten spanischen Eindringlingen, die von seiner
Schönheit dermassen benommen waren, dass sie sagten, es gebe
auf rd e Erde ein auch nicht annähernd so schönes Flecklein. Und
Pedro de Valdivia rief aus: «Die Landschaft ist lieblich wie ein
Obstgarten und bevölkert wie ein Bienenschwarm. Das einzige,
was fehlt, sind Spanier und Pferde!»
400 Jahre Krieg
Eroberung Amerikas wij -Kalifornien bis Feuerland (ausDie
I
Araukanien) kostete 'die spanische Krone nicht mehr
genommcii
als 500 Menschenleben. Die gefallenen Spanier im Kampf gegen
jedoch schätzt man auf 50 000! Mit Recht heisst
Mapuchen
die
man das Araukancrland deswegen «Friedhof der Spanier». Man
kann das blutige Kampfgeschehen in drei Phasen einteilen: Offen-
sivkrieg,
herausschauen.
Stabilisierungsversuche und Friedensverhandlunger.
Zwei grosse Gestalten gaben den Auftakt zur ersten Phase: Pedro
de Valdivia und Lautaro. Dank einem gutdurchdachten Plan, wonach die Mapuchen die topographischen Gegebenheiten geschickt
auszunutzen wussten, konnte der erst 20jährige Araukanerführcr
Lautaro das spanische Heer bei Tucapel mitsamt seinem Anführer
vernichten (Dezember 1553). Valdivias Nachfolger erging es zuerst
nicht besser: wenige Wochen später schlug der gleiche Lautaro,
der übrigens während einiger Zeit als Page an Valdivias Hof gedient hatte, auch Francisco de Villagra in die Flucht (26. Februar
1554). Der spanische Heerführer, der nur knapp mit dem Leben
davonkam, wollte die Niederlage rächen. Am Morgen des 1. April
1557 überfiel er völlig überraschend das Mapuchenlager bei Peteroa, tötete Lautaro und richtete unter den Indianern ein furchtbares Blutbad an. Doch nach weiteren grossen Niederlagen rd e
Spanier in Lagunillas, Millarapue und Curalaba griffen die Mapuchen alle von den Kolonisten erbauten Städte und Burgen südlich
Ngenechcn und dem Volk, verrichtet
Die Macht, Vermittlerin zwischen
(Indianerhütte).
Dieser Mapiichcnknahe spielt die Trutrtica, ein Eisenrohr ohne Mundstück, das in einem Oclisenhorn endet.
Im Süden Chiles, zwischen 37° und 40° südlicher Breite, liegt
das Wohngebiet der Mapuchen, im Westen begrenzt durch dcii
Pazifik und im Osten durch das Hochgebirge der Anden. Die
Zone bildet ein eher ausgeglichenes Rechteck von etwa 350 auf
200 Kilometer. In topographischer Hinsicht hat sie Anteil an der
üblichen Längsteilung Chiles in Küstcnkordillerc, Längssenkc und
Hochkordillere. Die ersten zwei kennzeichnen sich durch unregelmässig angeordnete Hügelgebiete, zum Teil Grund- und Endmoränenablagerungcn, welche durchzogen sind von Terrassentälern.
Die mittleren Höhen liegen bei 600 Metern über dem Meer. An
der östlichen Grenze rd e Längssenke liegen die vielen Andenrandseen, die in Form und Enstehung ganz den Alpenvorlandsccn
entsprechen. Die Hochkordillere zeigt sich im Ucbcrblick als ein
grosses, dunkelgrünes Waldmeer zwischen 1800 und 2000 Metern
Höhe, aus dem einige wenige Gipfelpartien und einige Vulkane
ihre Gebete vor der Ruca
Instanz einer tCoinunldad»
rvat).
Bio-Bio an, und nur wenige Bauwerke hielten dem Ansturm
stand.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war es der Jesuitenpater Luis
Valdivia, der die Rechte der chilenischen Indianer mit allen
Mitteln zu verteidigen versuchte. 1610 erhielt er vom spanischen
König Philipp III. die Genehmigung seiner Pläne. 1612 organisierte Valdivia ein Treffen mit den Mapuchen. bei dem der Verlauf des Flusses Bio-Bio zur Waffenstillstandsgrenze erklärte
de
wurde. Doch wurden zwei wichtige Momente übersehen: unter
den Mapuchen gab es einige Stämme, die bei den Verhandlungen
fehlten, und in den spanischen Militärkreisen gab es Leute, denen
persönliche Vorteile wichtiger waren als Friede. Die ersten fühlten
sich den Abmachungen gegenüber nicht verpflichtet und griffen
erneut spanische Stellungen an, ein Umstand, rd e den zweiten
ausgezeichnet ins Konzept passte: sie konnten ihr schwarzes Geschäft mit dem Verkauf von gefangenen Mapuchen weiter voran
treiben. So zeigte sich bald, dass Valdivias Plan ein Schlag ins
Wasser war. Es folgte eine Periode von ständigen Ueberfällen und
blutigen Kämpfen (175 Angriffe zwischen 1612 und 1621). 1640
passierte dann etwas Eigenartiges: Der Vulkan Villaricca, im Herzen des Araukancrlandes, brach aus und verwüstete weite Gebiete. Die zu Tode erschrockenen Mapuchen interpretierten das Naturereignis mit den ihnen eigenen religiösen Vorstellungen: Die
Seelen der Vorfahren, die in den Vulkanen hausen, verlangten,
dass sie mit den Fremdlingen Frieden schlössen. Den Spaniern
kam dieser Zwischenfall gelegen, brauchten sie doch dringend
eine Ruhepause, um das übrige Chile zu besiedeln und zu entwickeln. So rief Francisco Lopez de Zuiiiga seine Feinde zum
ersten Parlament zusammen (6. Januar 1641). Bei dieser ersten
Friedensverhandlung trafen die Streitparteien drei wichtige Ab-
machungen:
Die Unabhängigkeit der Mapuchen zwischen den Flüssen BioBio im Norden und Toltcn im Süden ist gewährleistet.
Die Missionäre dürfen im Araukancrland den christlichen
Glaubcn predigen.
Die Kriegsgefangenen werden ausgetauscht.
Nach all dem, was in den vergangenen hundert Jahren zwischen den verfeindeten Gruppen passiert war, wäre es ein kleines
Wunder gewesen, hätte bereits diese erste Friedensverhandlung
zum Ziele geführt, abgesehen davon, dass man solches weder hier
noch dort bezweckte: die einen brauchten Ruhe, um dann erneut
Dieser eigenartige Gegenstand, eine Reime, deutet darauf hin, dass im
Haus nebenan eine Macht wohnt.
Neue Zürcher Zeitung vom 02.07.1977
Sieur
WOCHENENDE
,oiird|tr ,itilmii\
weiterer Angriffe überzeugen konnte.
Ziemlich genau 400 Jahre lang (1485- I8S2) verteidigte sich
Volk im Süden Chiles gegen seine Widersacher, und
niemandem gelang es, seinen Mut zu brechen. Es war ein Krieg,
sagt, dass er weder Sieger noch Besiegte kannte.
Die Machi
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Überschwemmungen. Die Feier dauert normalerweise von Freitag bis Sonntag.
DU
traditionelle linea besieht aus einem mit Stroh überdeckten Bai'
kengerltst. Der Grundriss ist rechteckig oder kreisförmig.
Stimme Gottes auf Erden
Ein Grossteil des ursprünglichen Kulturgutes geriet im Verlauf
der Jahrhunderte unter zivilisatorischen Einflüssen in Vergessenheit. All die Stürme der Geschichte am besten überlebt hat die
Gestalt der Machi. Auch wenn die Art und Weise ihrer Pflichterfüllung nicht mehr der Urform entspricht, ist das Wichtigste nach
wie vor intakt: Es ist das Gespräch mit Ngenechen. dem höchsten
Gott der Mapuchcn. Er residiert im Himmel, der im Osten liegt,
regiert das Mapuchenvolk und ist sein einziger Herr. Er verkörpert auch die Herkunft der Indianer und ist ihr erster Vorfahre.
Die Machi ist die Vermittlerin zwischen dem Volk und Ngenechen. Sie ist beauftragt, im Gespräch mit rd e höchsten Gottheit
die Ursachen eines hereingebrochenen Unglücks (Krankheit, Naturkatastrophe. Missernte) ausfindig zu machen und nach Lösungsmöglichkeilen zu forschen. Während früher als Frauen verkleidete Manner diesen Beruf ausübten, sind es heute fast ausnahmslos Frauen.
Machi wird man weniger durch Erbfolge als vielmehr durch
Berufung. Hat eine berufene Person die göttliche Offenbarung
entgegengenommen und sind ihre Familienangehörigen einverstanden, kann die Ausbildung unter der Obhut einer oder mehrerer erfahrener Machte beginnen. Die Dauer der Lehrzeit hängt
vom Alter und von den Fähigkeiten der Kandidatin ab. So wird
eine geschickte Frau schon nach wenigen Monaten ihre Weihe
1977
jedes Krautes ist verbunden mit einem
Pflanzen. Das Ausreissen
bestimmten Ritual, bei dem Ngenechen anwesend ist. Bei der Heilung überwacht er das Geschehen, symbolhaft vertreten durch die
Canclo-Zweige, die die Machi bei jeder Zeremonie bei sieh trägi.
Hat die eingeriebene Substanz oder die Krnutmassnge eine heilsame Wirkung gezeitigt, folgert die Machi daraus, dass Gott die
bösen Geister im Körper des Kranken vernichtet hat. Sie reisst
dann mit einer aullallenden Bewegung das Unding aus dem Leib
dos Kranken und zeigt es den Umstehenden in Form cines Tieres
oder eines Gegenstandes, je nachdem, was sie gerade zur Hand
hat. Früher dauerten solche Rituale zwei Tage, und die ganze
Nachbarschaft nahm daran teil: Als Dank bekam die erfolgreiche
Machi ein Tier; heute bezahlt man normalerweise mit Geld.
Eine primäre Aufgabe hat die Machi beim Nguillatun. Es ist
jene Zeremonie, die heute noch am lebendigsten das Gedankengut
der alten Mapuchen widerspiegelt. Bei elieser Feier bittet man
Ngenechen um Regen oder schönes Wetter, doch können auch
andere Motive die Abhaltung eines Nßuillntuns bewirken: Im Mal
I960 waren es das furchtbare Brdbeben und die nachfolgenden
das kleine
Hierarchie im Diesseits und im Jenseits
Früher war das Mapuchcnvolk eingeteilt in drei Gruppen:
Ganz oben standen die Toquls und die Krieger, ihnen folgten die
Caciques, und den Abschluss bildete das gewöhnliche Volk. Diese
Klassenzugehörigkeit war auch nach dem Tode gültig; weder Tugend noch Laster im Diesseits trugen zur Stellung im Jenseits bei.
Der Toqui war Oberkommandierender im Kriegsfall und
Wurde von den Stammeshäuptlingen gewählt. Nach seiner Bestimmung händigte er jedem Caciquen eine Schnur aus mit so vielen
Knoten, wie Tage bis zur Generalmobilmachung fehlten. Der Caciquc war und ist noch heute der Häuptling eines Stammes. Er
unterschied sich von den Artgenossen durch seinen Einfluss (er
vertrat die Interessen seines Stammes, amtete als Richter in Streitfällen, informierte und gab Richtlinien) und seinen Reichtum (das
Ansehen stieg oder sank proportional mit der Quantität der Ehefrauen und der Tiere, die er sein eigen nennen konnte). Die gewöhnlichen Araukaner wurden in keiner Weise unterdrückt und
lebten absolut unabhängig. Es war ihnen gestattet, den Stamm zu
wechseln, und wer «tüchtig» genug war (erfolgreiche Diebe /. H.
wurden nicht nur nicht bestraft, sondern erfreuten sich eines gewissen Respektes), hatte sogar Aufstiegschancen.
Wie bereits angetönt, lebte diese Dreistufigkeit im Jenseits weiter. Die Seelen der Toquis und Kriegshelden waren auch nach
dem Tode privilegiert: Sie fristeten in den Wolken ein angenehmes
und friedliches Dasein. Nur bei Sturm und Gewitter verwandelten
sie sich in wütende Horden, die aufeinander losprallten. Die Seelen der zweiten Gruppe bewohnten die Gipfel der hohen Berge
und rd e Vulkane. Die Seelen des gewöhnlichen Volkes residierten
auf einer Insel im Westen. Alte Frauen in Walfischform schifften
die Verstorbenen ans andere Ufer, vorausgesetzt, dass rd e Tote die
Transportspesen bezahlen konnte! Wenn man also den Leichnam
in ausgehöhlte Baumstämme (Ataud) bettete, so deswegen, weil
das Jenseits nur übers Wasser erreichbar war.
I./J.Juli
erhalten, während andere Jahre brauchen. Die Ausbildung einer
Machi hat zwei Schwerpunkte: Schulung rd e Konzentrationslähigkeit (frlihcr Hypnose) und Kenntnis der Heilkräuter. Beim
ersten geht es darum, durch systematisches Ueben das Bewusstsein auszuschalten, um das Unbewusste mit einer Vielzahl von
Formeln und Bildern aufzufüllen. In dieser «Schatzkammer» liegen dann die verschiedenen Diagnosen und Heilverfahren «versteckt) und werden erst durch das ergiebige Gespräch mit Ngencdien zum erlösenden Handgriff in die Kräuierkisie
Die Hcilzcrcmonic (Mnchttuh) beginnt mit dem Sammeln der
und mit iloppeltcr Kraft losschlagen zu können, die andern warteten nur den Moment ab, bis sich der Zorn der Vorfuhren gelegt
hatte.
Die Unabhängigkeitskämpfe von 1810 bis ISIS brachten eine
unvorhergesehene Wendling: Die Mnpuchcn stellten sieh auf die
Seite der Spanier und kämpften gegen die Chilenen. Als Gegenleistung für die Waffenhilfe offerierten ihnen die Spanier Unterstützung bei vier Plünderung rd e von den Patrioten bewohnten Dörfer
und Städte. Doch 1818 musste Spanien die chilenische Kolonie
aufgeben. In den folgenden Jahrzehnten kam es noch öfter
zu Zusammenslössen zwischen Araukanern und Chilenen, bis
Oberst Gregor Urrutia im Parlament von Villarrica (31. Dezember
1882) die nach Ruhe verlangenden Indianer von rd e Sinnlosigkeit
vordem man
Samstag/Sonnlae.
Kinder bis zu zwei Jahren verpackt man in tragbare Wiegen (Copiilhue). Das Gestell
findet überall Platz: an eine Wand oder einen Baum
gelehnt oder in hangender Position an einem Ast.
Mit dem Ochsenkarren bringt man nicht mir Kohle und Gemüse in die
Integrierung und Dekadenz
Eine rasch um sich greifende Dekaden/, auf sozialem, ökonomischen und kulturellem Gebiet wird von Jahr zu Jahr augenfälliger. Um diese Entwicklung in ihrer ganzen Breite verstehen zu
können, müssen wir dorthin zurückblenden, wo das Mapuchenvolk aufgehört hat, seine Unabhängigkeit gegen fremde Eindringlinge zu behaupten: Am 1. Januar 1883 wurde das Araukancrland
offiziell in den chilenischen Staat integriert. Die Indianer durften
rund 300 000 ha Land behalten, etwa einen Achtel ihres Gebietes,
während der grösste Teil an den Staat ging, der seinerseits weite
Gebiete zum öffentlichen Verkauf ausschrieb. Chile war sehwach
bevölkert, und es gab nicht genug Leute, um das Mapuchcnland
urbar ZU machen. Deshalb richtete man in verschiedenen europäischen Ländern Vermittlungsagenturen ein. um Siedler anzuwerben. Jeder Einwanderer erhielt 40 Hektaren Land, dazu 20 Hektaren für jeden Sohn, der älter war als 16 Jahre, ein Paar Ochsen,
einen Pflug, verschiedene
landwirtschaftliche Geräte und
300 Bretter und Nägel, um eine erste Unterkunft ZU bauen. Im
ersten Jahr gab es dazu noch monatlich eine angemessene Pension, um die ersten Auslagen decken zu können. Nach fünf Jahren, wenn rd e Siedler das zinslose Darlehen zurückgezahlt hatte,
war er Eigentümer seines Bodens. 1883 versuchten die ersten Pioniere (Schweizer, Deutsche, Franzosen. Engländer u. a.) ihr Glück
im chilenischen Süden, u:ul es ging ilmen naeb (Umfänglichen
Schwierigkeiten immer besser, erwies sich doch die Araukaner
Erde als sehr fruchtbar.
Um allfällige weitere Mapiichenaufständc zu verunmöglichen
oder mindestens ZU erschweren, wurden die nach den blutigen
Kriegen noch verbleibenden Indianer (rund 60 000) in Reservate
umgesiedelt, die weit voneinander getrennt lagen. Diese harte
Massnahme bedeutete den Anfang vom lindo der chilenischen
Eingeborenen: ein Volk, das seines ausgeprägten Zusammengehörigkeitsgefühls wegen Krieg und Eroberungsversuche überlebt
hatte, wollte sich in der Isolation kaum mehr rühren. Stolz und
Selbstbewusstsein schrumpfen seit 1950 immer mehr zusammen.
Heute sind die alten Werte, von ein paar erfreulichen Ausnahmen
abgesehen, kaum mehr vorhanden. Manche finden es sogar
schimpflich, indianischer Abstammung zu sein.
Verschiedene Institutionen sind daran, zu retten, was noch zu
retten ist. Mit finanzieller Unterstützung und technischer Beratung will man rd e Arbeitsunlust begegnen, die zweifelsohne eine
Folge rd e aufdiktierten Versklavung ist, Ertragreichere Ernten
sollen dann auch die immer mehr um sieh greifende Verarmung
lindern. Was jedoch trotz aller Unterstützung an Ursprünglichem
noch bleiben wird.' ist schwer abzuschätzen, da das unentwegte
Vorwärts unserer Zivilisation mehr und mehr auch die chilenischen Indianer erfasst.
nächstgrössere Stadt, man holt damit auch fällige Gäste ab.
Neue Zürcher Zeitung vom 02.07.1977