Die Laudatio im Wortlaut

Ehrung Max Liedtke als Förderer des BLLV
im Rahmen der LDV 2015
15. Mai 2015
Um Max Liedtkes Wirken darzustellen, würden wir eine Wochenendseminar
benötigen. Um seine Forschungsthemen angemessen würdigen zu können,
bräuchten wir ein Fachsymposium mit Biologen, Anthropologen, Pädagogen,
Historikern und auch Gerontologen. Allein seine Publikationsliste als Autor und
als Herausgeber vorzulesen wäre abendfüllend.
Warum ehren wir Max Liedtke?
Max Liedtke ist in die Geschichte des BLLV im Jahr 1989 getreten. Oder anders
ausgedrückt: „Vor 26 Jahren ist der BLLV zu seinem Schicksal geworden“.
Anlass waren die Nürnberger Lehrervereinsprotokolle von 1821 und 1830.
Im Speicher des NLLV wurden die Originalprotokolle des Nürnberger
Lehrervereins gefunden. Max Liedtke war so begeistert von diesem einmaligen
historischen Schatz, dass er diese Protokolle aus dem Sütterlin transkribierte
und ausführlich kommentierte. Sie wurden dann in einer aufwändig redigierten
Ausgabe im Klinkhardt-Verlag veröffentlicht und sind bis heute bedeutende
Quelle der Geschichte der Lehrerbewegung.
Diese Arbeit hat seinen Lebensweg als Wissenschaftler und den Weg des BLLV
zusammengeführt. Seitdem treffen sich Max Liedtke und der BLLV immer
wieder auf ihren Wegen. Sie begegnen sich als Freunde und als Gefährten.
Ausdruck finden diese Begegnungen in einer Reihe von wissenschaftlichen
Forschungen über den BLLV und seine Einrichtungen.
Z. B. Die Geschichte des BLLV beginnt 1823. In dieser Schrift weist Liedtke
nach, dass die Gründungen eines allgemeinen Lehrervereins in Bayern in den
Jahren 1821, 1823 und 1848 direkter Teil der BLLV-Geschichte sind und eng mit
der Gründung im Jahr 1861 in Verbindung stehen.
Max Liedtke beschäftigte sich mit der Geschichte unserer Kinderzeitschrift Floh,
die unter der Bezeichnung Jugendlust 1876 das erste Mal erschienen.
Er forschte über Süddeutschen Lehrerbücherei, die größte Lehrerbibliothek im
süddeutschen Raum,
Aber auch exotischen Themen widmete er sich wie dem Lehrergesangsverein
oder der Lehrerwitwen- und -waisenstiftung.
Im Mittelpunkt seiner Forschungen steht natürlich die Lehrerbewegung in
Mittelfranken und Nürnberg, wo er 1973 bis 1999 an der Universität lehrte.
Die Liste der Themen, der Vorträge, der Publikationen über den BLLLV ist sehr
lang. Die Berührungspunkte mit dem BLLV sind groß.
Allein diese historischen Recherchen und Max Liedtkes Kenntnisreichtum über
die Geschichte des BLLV und der in den Ursprungsjahren agierenden Personen
sind überwältigend und gleichzeitig faszinierend.
Das wäre schon mehr als genug, ihn heute zu ehren.
Aber es gibt noch mehr Gründe:
1. Max Liedtke macht uns die großen Zusammenhänge der BLLVGeschichte am historischen Detail bewusst.
Wer Max Liedtke über die BLLV-Geschichte sprechen hört, hält es kaum für
möglich, über welches enorme Detailwissen er verfügt. Gleichzeitig ruft er uns
dabei aber immer die großen Linien der Lehrerbewegung ins Bewusstsein. Er
bleibt nicht im Detail stehen. Er weiß, man muss sehr genau recherhchiert und
geforscht haben. Sonst wird man als Historiker unglaubwürdig. Er weiß aber
auch, dass das Detailwissen erst im großen Zusammenhang Sinn erhält.
Diese Brücke zu schlagen zwischen dem historischen Detail und
übergeordneten Entwicklungslinien der Lehrerbewegung - das macht Max
Liedtkes Bedeutung für den BLLV aus.
Er bindet seine Untersuchungen immer wieder zurück an die Ideengeschichte
des BLLV, die unseren Verband ausmacht:
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die Idee einer selbstbewussten Selbsthilfeeinrichtung
die Idee eines unabhängigen Interessenvertretung aber auch die
Idee einer pädagogischen Schule und eines Berufsverbandes, der ganz
bewusst gesellschaftliche Verantwortung über die Interessenpolitik
hinaus übernimmt.
Es ist kein Zufall, dass Liedtke über das Thema Evolution und Erziehung
habilitiert hat. Für ihn ist die menschliche Geschichte nur ein Ausschnitt der
umfassenden Evolution. Aber ein Ausschnitt, der vom Menschen mitgestaltet
wird – und verändert wird.
Max Liedtke legt übrigens größten Wert darauf, dass er eigentlich
Evolutionsbiologe ist und dann erst Historiker!
In diesem kleinen Ausschnitt der großen Evolution ist Pädagogik ein zentraler
Teil. Ohne Pädagogik gäbe es keine Schule und ohne Schule gäbe es keine
Lehrer … und ohne Lehrer gäbe es in Bayern keinen BLLV.
Anders ausgedrückt: Lehrer sind die Berufsgruppe, die ein wenig dazu
beitragen kann und soll, dass der Weg der Evolution in dem ganz kleinen
Abschnitt, den wir in unserer Biografie erleben, etwas menschlicher wird.
Diese Hoffnung verbindet Max Liedtke als Mensch und Wissenschaftler mit der
Ideengeschichte des BLLV .
2. Max Liedtke hilft uns bei der historischen Selbstvergewisserung
Max Liedtke hilft uns mit seinen Arbeiten, unsere historischen Wurzeln und
damit unser Überzeugungen nicht aus den Augen zu verlieren. Immer wieder
sind wir im Tagesgeschäft in dieser Gefahr.
Seine vielen Publikationen und Vorträge über den BLLV führen uns immer
wieder zurück zu unseren Ideen als Pädagogen und als Selbsthilfeeinrichtung.
Sie machen uns immer wieder unsere große Tradition und unsere große
historische Verantwortung bewusst.
Höhepunkt ist die 160seitige Festschrift, die Max Liedtke für den
Bezirksverband Mittelfranken anlässlich seines 150-jährigen Jubiläums verfasst
hat.
Her Liedtke, Sie sind hierbei auch an die gesundheitlichen Grenzen gegangen –
Sie haben selbst auf dem Krankenbett weiter über den BLLV geforscht und
geschrieben. Das muss ich Ihnen als Präsidentin in Zukunft verbieten!
Diese Festschrift fasst auf regionaler Ebene zusammen, was diesen BLLV als
Ganzes bewegt hat. Sie illustriert, wie die Idee einer pädagogischen Schule und
eines gerechten Status für Volksschullehrer weitergetragen wurde. Und sie
zeigt, welche Rolle dieses Wirken des BLLV für die Professionalität des
Lehrerberufs gespielt hat.
Max Liedtke zeigt uns immer wieder die unterschiedlichsten Facetten unseres
unendlich vielfältigen, bunten Verbandes. Er holt uns damit zurück aus dem
Getriebe der Tagespolitik und mahnt uns, vergesst die pädagogischen,
humanistischen und demokratischen Ursprünge dieses Verbandes nicht. Sie
erinnern uns diese pädagogischen Ideen auch weiter ernst zu nehmen. Sie
machen die Stärke und die Bedeutung des BLLV aus.
3. Max Liedtke tritt ein für eine Erinnerungskultur im BLLV
In der Festschrift zum 150jährigen Bestehen des BLLV –Mittelfranken hat Max
Liedtke ein letztes Kapitel eingefügt mit dem Titel „Lasten und die Suche nach
Entlastendem“.
Er hat uns damit ermahnt, uns der Kolleginnen und Kollegen, die während der
Nazidiktatur verfolgt und teilweise auch ermordet wurden, zu erinnern. Bis
jetzt haben wir sie vergessen. Wir haben sie einfach aus unserem kollektiven
Verbandsgedächtnis verdrängt. Das waren Kollegen, die aufgrund ihrer
politischen Überzeugung, ihrer kritischen Einstellung zur Nazidiktatur, ihrer
religiösen Einstellung oder ihres jüdischen Glaubens aus der Schule verjagt und
verfolgt wurden.
Mit dem Projekt Aufstehen: Gegen Vergessen und Unrecht haben wir im
Rahmen der 150 Jahr Feier des BLLV begonnen, uns endlich der verfolgten,
emigrierten und ermordeten jüdischen Kolleginnen und Kollegen zu erinnern.
Wir haben dies bis jetzt aber nicht getan mit den anderen verfolgten Kollegen.
Max Liedtke hat in den Archiven vier von Ihnen ausfindig gemacht.
Es handelt sich um Kollegen, die höchsten Mut gezeigt haben, die zu ihren
politischen Überzeugungen gestanden haben, die oft ihre Arbeit verloren
haben, ihren Beamtenstatus und damit ihre Versorgung, die verfolgt wurden
und in Gefängnisse und KZs gesteckt wurden, weil sie gegen Unmenschlichkeit
und Diktatur aufgestanden sind und für Freiheit und Gerechtigkeit.
Mit dieser Arbeit erinnert uns Max Liedtke auch an unsere historische
Verantwortung als BLLV. Er fordert uns auf, weiter zu recherchieren, die Namen
dieser Kollegen ausfindig zu machen und ihnen endlich einen würdigen Platz in
der Geschichte des BLLV zuzuweisen.
Schluss
Max Liedtke hat uns über 25 Jahre hinweg sein Wissen, seine Kompetenz, seine
Zeit, seine Ideen im besten Sinne des Wortes selbstlos zur Verfügung gestellt.
Er hat dies getan ohne Auftrag, ohne Honorar, ohne Eigennutz.
Er hat dies getan aus Überzeugung, dass das das Wirken des BLLV diese
Gesellschaft ein Stück gerechter und ein Stück menschlicher macht.
Er tut dies in großer Bescheidenheit, aber mit viel Engagement. Und er ist nicht
nur ein beeindruckender Wissenschaftler und überzeugter Humanist. Er ist
einfach auch ein unglaublich charmanter und liebenswerter Mensch.
Es ist dem BLLV eine große Ehre, Sie als Förderer und Freund zu haben. Wir sind
Ihnen zu größtem Dank verpflichtet.
<Übergabe Medaille – Förderer des BLLV>
Zu seinem Geschenk:
Er erhält ein Xylophon. Er musiziert regelmäßig für und mit Demenzkranken.