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Der Südwesten/Mildes Klima, viel Grün, starke Firmen und gut bezahlte Jobs. Hier scheint alles zu
stimmen, ...
EURO, 22.04.2015, Nr. 5, S. 192 - 203 / Titel
Immobilien-Atlas 2015
Der Südwesten
Mildes Klima, viel Grün, starke Firmen und gut bezahlte Jobs. Hier scheint alles zu
stimmen, wären da nicht die hohen Preise und der Mangel an Bauland. Nicht nur in
Stuttgart wird es eng. Denn der Südwesten lockt viele
STUTTGART
Einwohner: 604 297 +++ Zuwachs privater Haushalte: 7,53 % +++ Arbeitslosenquote: 5,7 % +++ ø Pro-Kopf-Einkommen: 22
739 E/Jahr +++ ø Kaufpreis Wohnung: 2670 E/qm +++ ø Miete: 9,69 E/qm +++ ø Mietrendite 4,4 %
Quelle und Erläuterung siehe Seite 129
AUF EINEN BLICK
Baden-Württembergs Hauptstadt bekommt immer mehr Einwohner. Damit alle neuen Bürger in der Stadt wohnen können,
müssten pro Jahr 2500 Wohnungen entstehen. Doch nur knapp die Hälfte wird wirklich gebaut. Dabei sind über 12 000
Wohnungen geplant, doch die können nicht gebaut werden -Bauland ist teuer und rar. Zahlungskräftige Käufer gäbe es genug,
denn Stuttgarts Firmen geht es blendend
Geht es der Automobilbranche gut, geht es Stuttgart gut. Die drei größten Arbeitgeber der Region - Daimler, Bosch und
Porsche - florieren. Unter den großen Industriezweigen erzielte die Automobilbranche 2014 mit einem Umsatzplus von 6,5
Prozent den höchsten Zuwachs in Deutschland.
Porsche hat in den vergangenen Jahren den Mitarbeiterstamm in Zuffenhausen stark erhöht und plant weitere Einstellungen.
Bosch und Daimler halten sich mit Neueinstellungen zwar seit einigen Jahren zurück. Doch die Frage ist, wie lange noch: Der
schwache Euro ist ein Konjunkturprogramm für die Branche. Autozulieferer wie Mahle und Behr sowie ESG suchen bereits
Mitarbeiter.
Ingenieure und andere qualifizierte Fachkräfte strömen deshalb bereits in Baden-Württembergs Hauptstadt. Allein im
vergangenen Jahr stieg die Einwohnerzahl um 1,6 Prozent. Starke Zuwächse verzeichnen die Innenstadtbezirke Mitte, West,
Ost, Süd und Nord: "In allen fünf Bezirken ist die Zahl der Einwohner im Lauf des Jahres 2014 gestiegen, zum Jahresende
wohnten zusammen etwa 1800 Menschen mehr hier als ein Jahr zuvor", sagt Ansgar Schmitz-Veltin vom Statistischen Amt.
Das hat Gründe: Im vergangenen Jahr wurden in den neuen Einkaufszentren Gerber und Milaneo sowie in anderen
Neubauten viele Neubauwohnungen fertig. Zuvor sind bereits etliche Wohnungen im neuen Europaviertel und auf dem
Killesberg entstanden. "Vor allem in Mitte und Westen wohnen heute deutlich mehr Menschen als noch vor fünf Jahren",
bestätigt der Statistiker.
Trotzdem bleibt die Nachfrage größer als das Angebot. Und das wirkt sich auf die Preise aus: "Für eine Neubauwohnung stieg
der durchschnittliche Kaufpreis von 3830 Euro im Jahr 2013 auf 4250 Euro im vergangenen Jahr -auch aufgrund verbesserter
Standards", sagt Karlheinz Jäger, Vorsitzender des Gutachterausschusses für die Ermittlung von Grundstückswerten in
Stuttgart. Die Preisspanne reicht von 2000 Euro bis 11 530 Euro. Der Spitzenwert wurde vermutlich für eine Luxuswohnung in
dem Hochhaus Cloud No 7 im Europaviertel gezahlt. In Stuttgarts Mitte lag der durchschnittliche Preis bei 5080 Euro, im
Bereich Nord bei 3500, während es im Süden (Filder) 4060 Euro waren.
Sündteure City. Bei Bestandswohnungen liegen die Preise laut Gutachterausschuss baujahrsabhängig im Schnitt zwischen
2190 und 2960 Euro. Während im Norden zum Teil noch unter 1000 Euro gezahlt wurden, waren es in Stuttgart-Mitte teilweise
über 8000 Euro.
Viele weichen da in erschwinglichere Stadtteile Stuttgarts und ins Umland aus. Den stärksten Zuwachs gab es 2014 in der
Filderebene im Süden Stuttgarts, weil dort die meisten Neubauwohnungen entstanden. Hunderte Mieter zogen in den ersten
Abschnitt des Seeparks der Immobiliengruppe GWG nach Möhringen. Seit März können zudem die ersten der 269
Wohnungen eines weiteren Großprojekts der GWG, der Europaplatz im Stadtteil Fasanenhof, bezogen werden. Die
Kaltmieten der Neubauwohnungen liegen hier zwischen zehn und 13 Euro pro Quadratmeter.
Laut Bundesinstitut für Bau-,Stadtund Raumforschung (BBSR) braucht Stuttgart rund neue 2500 Wohneinheiten pro Jahr. In
den vergangenen fünf Jahren kamen allerdings pro Jahr nur zwischen 1163 (im Jahr 2010) und 1393 (2012) neue Wohnungen
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auf den Markt.
Seit 2013 sinkt das Neubauvolumen gemessen an den Zahlen der Baufertigstellungen und Bauanträge sogar. "Damit erfährt
der 2004 einsetzende Anstieg der Bautätigkeit seinen stärksten Einbruch, und das, obwohl die Nachfrage nach Wohnraum in
Stuttgart aufgrund der hohen Zuzugszahlen im selben Zeitraum deutlich angestiegen ist", heißt es in der aktuellen
Wohnungsmarktstudie des Immobilienexperten JLL.
Es fehlt an Bauland. Dabei hat Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) in seinem Programm
Wohnen in Stuttgart Ende 2013 verkündet, dass jährlich 1800 Wohnungen entstehen sollen. Neben dem knappen Baugrund in
den zentralen Lagen Stuttgarts machen den Bauherren aber vor allem die gestiegenen Grundstückspreise zu schaffen. So
wurden 2014 laut Gutachterausschuss nur 60 Grundstücke für Ein- und Zweifamilienhäuser verkauft - der niedrigste Wert seit
zehn Jahren. Bei Grundstücken für Geschosswohnungsbau gab es nur 44 Transaktionen. Der Durchschnittspreis für
Baugrund für Geschossbauten betrug 1023 Euro, der Spitzenwert sogar 4160 Euro. So können kaum Mieten unter zehn Euro
pro Quadratmeter angeboten werden.
Dabei sind zahlreiche Neubauprojekte geplant. "Zu den bis 2013 geplanten Wohnbaugebieten mit rund 12 900 Einheiten
kamen 2014 noch weitere Projekte mit rund 450 Wohnungen hinzu", heißt es im Immobilienmarktbericht des Bankhauses
Ellwanger & Geiger. Die Baulanderschließung schreite jedoch nicht zügig genug voran.
Bereits im Bau befindet sich ein Teil des künftigen Rosensteinquartiers in der Nordbahnhofstraße, wo das Siedlungswerk bis
2017 rund 120 Wohnungen in der Preiskategorie von 4000 bis 5000 je Quadratmeter errichtet. In den begehrten Hanglagen
errichtet Projektentwickler Epple den Villengarten am Relenberg mit sieben Häusern. Die 140 Wohnungen werden für 5000 bis
7000 Euro je Quadratmeter angeboten. Auch im Killesberg soll Ende des Jahres auf dem Parkplatz Rote Wand des
ehemaligen Messegeländes ein Wohnquartier entstehen. Und beim Pragsattel wird ebenfalls gebaut: Der Investor Horst Bülow
will mit dem Skyline ein Ensemble aus Bürobau für die Finanzdienstleistungssparte von Daimler sowie Wohnungen in einem
75 Meter hohen Turm miteinander vereinen. Der für Jahresanfang geplante Baustart für das in der Nähe gelegene
Theaterviertel verzögert sich dagegen. Dabei sollten sich Entwickler und Behörden beeilen. Wer weiß, wie lange die
Stuttgarter Unternehmen noch so kräftig boomen wie derzeit.
WEINBAU
In 16 der 23 Stuttgarter Stadtbezirke wird Weinbau betrieben. Stadtweit gibt es rund 500 Winzer, die meisten davon im
Nebenerwerb. Auf knapp der Hälfte der Rebfläche wird Trollinger, die für die Region typische Rebsorte, angebaut
MANNHEIM
Einwohner: 296 690 +++ Zuwachs privater Haushalte: 3,83 % +++ Arbeitslosenquote: 6,4 % +++ ø Pro-Kopf-Einkommen: 18
600 E/Jahr +++ ø Kaufpreis Wohnung: 1983 E/qm +++ ø Miete: 7,91 E/qm +++ ø Mietrendite 5,14 %
Quelle und Erläuterung siehe Seite 129
AUF EINEN BLICK
Mannheim bietet viele Jobs und eine renommierte Uni, doch wer hier arbeitet oder studiert, pendelt lieber -etwa von
Heidelberg aus. Die Stadtoberen wollen das nun ändern. Genügend Platz gibt es dank frei gewordenem Militärgelände.
Mannheim wird sich also wandeln - eine Chance für Investoren
Mannheim soll schöner werden", fordert Martina Löw in ihrer Studie "Die Seele Mannheims." Sie ist Professorin für Architekturund Planungssoziologie an der TU Berlin und berät den Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) in Fragen der
Stadtentwicklung.
Für ihre Studie wollte die Soziologin von den Mannheimern auch wissen, welche Orte ihre Stadt am besten repräsentierten.
Die meisten nannten den Wasserturm am Friedrichsplatz -und das war dann auch schon der einzige für Mannheim typische
Ort. "Verglichen mit anderen Städten ist das sehr wenig", sagt Löw. Sie empfiehlt daher eine Veränderung der Baukultur.
Interessante Neubauprojekte verstärken die Identifikation, gestalten die Stadt attraktiver, stellen Weltbezug her und machen
Mannheim interessant für Touristen.
Obwohl Mannheim ein bedeutender Hochschulstandort ist, wächst die Einwohnerzahl nicht so stark, wie es für deutsche
Groß-und Uni-Städte typisch ist. Die Volkszählung "Zensus 2011" ergab sogar eine Einwohnerzahl unter 300 000. Und laut
einer Umfrage des Spiegel Instituts Mannheim unter den Studenten können sich 61 Prozent der angehenden Akademiker die
Stadt zwar als künftigen Arbeitsort vorstellen, wohnen wollen sie aber woanders.
"Das Angebot an hochwertigen Wohnungen war bislang überschaubar, weshalb sich viele Wohnungssuchende in der Region
eher auf benachbarte Städte wie Heidelberg fokussieren", heißt es im "Immobilienmarkt Baden-Württemberg 2015" der DG
Hyp. Zusammen mit dem moderaten Anstieg der Einwohnerzahlen spiegle sich dies in den relativ niedrigen Mieten und
Kaufpreisen des Mannheimer Wohnungsmarkts wider.
Das Auge baut mit. Der Aufruf der Soziologin Löw trägt offenbar Früchte: Die Stadt versucht, ihr Image mit ansprechender
Architektur aufzupolieren. In der Stadtplanung, der Vergabe städtischer Grundstücke an Projektentwickler und bei
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