Sterben? Sorgen im Angesicht des Todes Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD Petra-Angela Ahrens Hannover, 12. Mai 2015 Anlass: • Die Mehrheit der Bundesbürger spricht sich in Befragungen für eine Beihilfe zur Selbsttötung aus. • Welche Erwartungen, Erfahrungen und Einstellungen im Hintergrund stehen, wurde bisher nicht erforscht. • Unsere von Emnid durchgeführte repräsentative Umfrage gewährt Einblicke in die Gefühlslage der Deutschen beim Thema Sterben. Methodisches • • • Telefonische Befragung (Einschaltung in Mehrthemenumfrage) Stichprobe: 2.052 deutschsprachige Befragte ab 18 Jahren in Deutschland Durchführung: 20. bis 27. April 2015 Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 Vergleich: Meinungen zur "Beihilfe zur Selbsttötung" keine Angabe/weiß nicht 100% 90% 80% eher nein/prinzipiell nie/bin dagegen 6% 3% 16% 18% eher ja/ja/bin dafür 6% 31% 70% 60% 50% 40% 77% 79% 63% 30% 20% 10% 0% ZQP/forsa-omninet (August 2014; Jauch/infratest dimap (Januar n=1.003, ab 14 Jahren)* 2014, n=1.000, ab 18 Jahren)** SI-EKD/Emnid (April 2015; n=2.052, ab 18 Jahren) *Sollte es in Deutschland bei einer schweren, unheilbaren Erkrankung ein Recht auf eine "Beihilfe zur Selbsttötung" geben? **Sollte es ..erlaubt werden, (unheilbar kranke) Menschen (mit eng begrenzter Lebenserwartung), die sich das Leben nehmen wollen, .. dabei zu unterstützen? ***Wie stehen Sie zu der folgenden Möglichkeit, todkranke Menschen am Ende ihres Lebens medizinisch zu begleiten?: Sie erhalten vom Arzt ein Medikament, um damit den eigenen Tod herbeizuführen. Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 Unsere Fragen: • Der Ausgangspunkt: Zur Angst vorm Sterben Eigenes Sterben Sterben von Angehörigen • Wie unterscheiden sich Befürworter/-innen und Gegner/-innen der „Beihilfe auf Selbsttötung“? • Einschätzung der Folgen einer gesetzlichen Regelung der Beihilfe zur Selbsttötung • Vertrauenspersonen für „Entscheidung über eigenen Tod“ • Vorliegen einer Patientenverfügung Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 Wovor haben Sie persönlich besonders Angst, wenn es um ihr eigenes Sterben geht? dass ich unter starken Schmerzen oder schwerer Atemnot leiden muss 41,2% dass ich meinen Angehörigen oder anderen Bezugspersonen zur Last falle 35,2% dass ich nicht in meiner gewohnten Umgebung sterben kann 17,1% dass ich dabei ganz alleine bin 18,6% 13,2% 23,6% dass der Sterbeprozess lange dauert 19,8% 14,4% 28,0% 23,4% 14,4% 9,5% 16,1% 17,9% 11,5% 16,8% 16,8% 18,5% 42,3% dass ich den medizinischen Möglichkeiten zur Lebenserhaltung ausgeliefert bin (künstl. Beatmung… dass mein Leben gegen mein Willen beendet wird 18,9% 19,5% 14,7% 6,9% 13,6% 15,9% 15,6% 33,2% 27,8% 14,4% 8,3% 15,5% 14,5% 17,2% 26,9% 38,9% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% n 1.972 trifft voll zu trifft eher zu teils-teils Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu Ängste in Bezug auf das eigene Sterben nach Alter (Arithmetische Mittelwerte) dass ich unter starken Schmerzen oder schwerer Atemnot leiden muss 18-29 (n > 329) dass ich meinen Angehörigen oder and. Bezugspersonen zur Last falle 30-39 (n > 291) dass ich nicht in meiner gewohnten Umgebung sterben kann 50-59 (n > 359) 40-49 (n (n > 374) 60-69 (n > 251) 70-79 (n > 254) dass ich dabei ganz alleine bin 80+ (n > 94) dass der Sterbeprozess lange dauert dass ich den medizinischen Möglichkeiten zur Lebenserhaltung ausgeliefert bin dass mein Leben gegen meinen Willen beendet wird 5 trifft gar nicht zu 4,5 4 3,5 3 teils-teils Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 2,5 2 1,5 1 trifft voll und ganz zu Zusammenfassung • Am stärksten verbreitet sind: die Angst vor einem langen Sterbeprozess, vor starken Schmerzen oder schwerer Atemnot und die Sorge, der eigenen Familie zur Last zu fallen. • Die Ängste vor dem eigenen Sterben verringern sich mit zunehmendem Alter: Die mindestens 80-Jährigen tendieren schließlich dazu, die meisten Ängste (eher) zu verneinen. • Auch in Bezug auf das Sterben Angehöriger stehen die Angst vor einem langen Sterbeprozess und die vor starken Schmerzen oder schwerer Atemnot an vorderster Stelle. Bei dieser Perspektive auf das Sterben zeigt sich vor allem ein geschlechtsspezifischer Unterschied: Unter Frauen sind die Ängste weitaus stärker verbreitet als unter Männern. Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 Unsere Fragen: • Der Ausgangspunkt: Zur Angst vorm Sterben Eigenes Sterben Sterben von Angehörigen • Welche Aspekte tragen dazu bei, dass „Beihilfe auf Selbsttötung“ befürwortet wird? • Einschätzung der Folgen einer gesetzlichen Regelung der Beihilfe zur Selbsttötung • Vertrauenspersonen für „Entscheidung über eigenen Tod“ • Vorliegen einer Patientenverfügung Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 Altersverteilung nach Position zur "Beihilfe zur Selbsttötung" 30% Befürworter/-innen (n=1.293) Gegner/-innen (n=628) 25% 21,0% 20% 19,5% 18,7% 17,1% 17,4% 16,1% 16,1% 14,4% 15% 13,6% 12,4% 11,3% 11,1% 10% 8,4% 5% 2,8% 0% 18-29 30-39 40-49 50-59 Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 60-69 70-79 80+ Anteile der Befragten mit persönlichen Ängsten vorm Sterben nach Position zur "Beihilfe zur Selbsttötung" 64,4% dass ich unter starken Schmerzen oder schwerer Atemnot leiden muss** 51,7% 59,2% dass ich meinen Angehörigen oder anderen nahen Bezugspersonen zur Last falle** 45,4% 31,3% dass ich nicht in meiner gewohnten Umgebung sterben kann 29,4% 40,6% dass ich dabei ganz alleine bin 34,4% 67,5% dass der Sterbeprozess lange dauert** 50,9% dass ich den medizinischen Möglichkeiten zur Lebenserhaltung ausgeliefert bin, z. B. künstliche Beatmung oder Ernährung durch eine Magensonde** 48,9% 32,5% dass mein Leben gegen meinen Willen beendet wird **= signifikante Unterschiede 0% 10% 20% Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 31,0% Befürworter/-innen 30,2% Gegner/-innen 30% 40% 50% 60% 70% 80% Zusammenfassung • Auch bei der Position zur „Beihilfe zur Selbsttötung“ spielt das Alter eine Rolle: Unter den Befürworter/-innen sind insgesamt die Jüngeren, unter den Gegner/-innen die Älteren überproportional vertreten. • Größte Bedeutung für die eigene Position kommt jedoch der Angst vor dem eigenen Sterben zu: Dies gilt insbesondere für die drei am häufigsten genannten Ängste: vor einem langen Sterbeprozess, vor starken Schmerzen oder schwerer Atemnot, den Angehörigen zu Last zu fallen. Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 Unsere Fragen: • Der Ausgangspunkt: Zur Angst vorm Sterben Eigenes Sterben Sterben von Angehörigen • Welche Aspekte tragen dazu bei, dass „Beihilfe auf Selbsttötung“ befürwortet wird? • Einschätzung der Folgen einer gesetzlichen Regelung der Beihilfe zur Selbsttötung • Vertrauenspersonen für „Entscheidung über eigenen Tod“ • Vorliegen einer Patientenverfügung Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 Was wären Ihrer Meinung nach die Folgen, wenn es Ärzten gesetzlich erlaubt wird, Menschen am Lebensende Medikamente zur Verfügung zu stellen, damit sie den eigenen Tod herbeiführen können? Menschen haben ein Selbstbestimmungsrecht über ihr Leben und ihren Tod. Das würde geachtet. 75,1% 69,8% Es gäbe mehr Sicherheit für ein würdiges Lebensende. Es wäre endlich keine Frage des Geldes mehr…, weil die bisher erforderl. Reise in andere Länder unnötig wird. 63,9% Es würden sich mehr Menschen für einen 'vorzeitigen' Tod entscheiden. 62,7% Menschen würden vermehrt um todbringende Medikamente bitten, weil sie sich als Belastung für Familie od. Gesellschaft fühlen. 60,8% Die Menschen würden sich zu Herrschern über Leben und Tod erklären. 42,5% Die Bemühungen um einen Ausbau von Hospizen und Palliativmedizin würden nachlassen. 42,3% Es würde ein gesellschaftl. Druck entstehen, sich für den selbst herbeigeführten Tod zu entscheiden. 36,1% 35,0% das Vertrauen in Ärzte würde Schaden nehmen … 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 Folgeeinschätzungen nach Position zur "Beihilfe zur Selbsttötung" 87,4% Menschen haben ein Selbstbestimmungsrecht über ihr Leben u. ihren Tod. Das würde geachtet 54,4% 85,5% Es gäbe mehr Sicherheit für ein würdiges Lebensende 42,0% 78,0% Es wäre endlich keine Frage des Geldes mehr…, weil die bisher erford. Reise in andere Länder unnötig wird 39,2% 67,2% 58,0% Es würden sich mehr Menschen für einen 'vorzeitigen' Tod entscheiden Menschen würden vermehrt um todbringende Medikamente bitten, weil sie sich als Belastung für Familie od. Gesellschaft fühlen 61,3% 61,0% 39,5% Die Bemühungen um einen Ausbau von Hozpizen und Palliativmedizin werden nachlassen 52,1% 35,8% Die Menschen würden sich zu Herrschern über Leben und Tod erklären 57,1% 48,4% Befürworter/ -innen 49,4% Gegner/innen 31,5% Es würde ein gesellschaftl. Druck entstehen, sich für den selbstr herbeigeführten Tod zu entscheiden 28,0% das Vertrauen in Ärzte würde Schaden nehmen … 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 Ängste in Bezug auf das eigene Sterben nach Folgeeinschätzung: Menschen würden vermehrt um todbringende Medikamente bitten, weil sie sich als Belastung für Familie oder Gesellschaft fühlen (Arithmetische Mittelwerte) dass ich unter starken Schmerzen oder schwerer Atemnot leiden muss MW-Differenzen: 0,37 dass ich meinen Angehörigen oder anderen Bezugspersonen zur Last falle 0,45 dass ich nicht in meiner gewohnten Umgebung sterben kann 0,17 dass ich dabei ganz alleine bin 0,26 dass der Sterbeprozess lange dauert 0,45 dass ich den medizinischen Möglichkeiten zur Lebenserhaltung.. ausgeliefert bin 0,12 dass mein Leben gegen meinen Willen beendet wird 5 trifft gar nicht zu 4,5 4 genannt (n=1.247) nicht genannt (n=805) 0,27 3,5 3 2,5 teils-teils Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 2 1,5 1 trifft voll und ganz zu Zusammenfassung • Unter den Folgeeinschätzungen erreichen die positiv formulierten Aussagen insgesamt die größten Zustimmungen: An erster Stelle steht dabei das Selbstbestimmungsrecht. • Gleichzeitig erwartet eine Mehrheit der Befragten, dass die ‚Nachfrage‘ steigen wird, auch weil sich die Betroffenen als Belastung für Familie oder Gesellschaft fühlen. Und dies ist – im Unterschied zu allen anderen Folgeeinschätzungen – unabhängig von der Position zur „Beihilfe zur Selbsttötung“ der Fall. • Für diese Einschätzung kommen vor allem die Angst, Angehörigen zur Last zu fallen, und die Angst vor einem langen Sterbeprozess zum Tragen. Unsere Fragen: • Der Ausgangspunkt: Zur Angst vorm Sterben Eigenes Sterben Sterben von Angehörigen • Welche Aspekte tragen dazu bei, dass „Beihilfe auf Selbsttötung“ befürwortet wird? • Einschätzung der Folgen einer gesetzlichen Regelung der Beihilfe zur Selbsttötung • Vertrauenspersonen für „Entscheidung über eigenen Tod“ • Vorliegen einer Patientenverfügung Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 Wem vertrauen Sie in dem Fall, dass Sie selbst sich nicht mehr äußern können, eine Entscheidung über Ihren Tod zu treffen, die in Ihrem Sinne ist? 90% 82,6% 80% 71,8% 70% 60% 56,7% 50,9% 50% 40% 30% 33,5% 27,5% 22,7% 20% 10% 5,3% 0% n 1.752 Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 Unsere Fragen: • Der Ausgangspunkt: Zur Angst vorm Sterben Eigenes Sterben Sterben von Angehörigen • Welche Aspekte tragen dazu bei, dass „Beihilfe auf Selbsttötung“ befürwortet wird? • Einschätzung der Folgen einer gesetzlichen Regelung der Beihilfe zur Selbsttötung • Vertrauenspersonen für „Entscheidung über eigenen Tod“ • Vorliegen einer Patientenverfügung Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 Haben Sie selbst mit einer Patientenverfügung festgelegt, wie medizinisch verfahren werden soll, falls Sie selbst sich nicht mehr äußern können? 50% 44,6% 40% 34,9% 30% 20% 16,8% 10% 3,7% 0% ja nein, aber ich habe vor nein, ich habe es auch nicht vor Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 weiß nicht, keine Angabe Vorliegen einer Patientenverfügung nach Alter 100% 3,2% 4,7% 5,2% 90% 80% 25,1% 4,2% 2,9% 9,3% 12,1% 17,4% 4,0% 21,0% 26,7% 26,9% 70% 46,7% 60% 36,6% 17,0% 50,3% 50% 54,4% 40% 56,0% 63,3% 30% 58,0% 48,4% 20% 10% 1,5% 8,4% 39,8% 27,1% 17,3% 12,7% 0% 18-29 (n=342) 30-39 (n=300) 40-49 (n=384) 50-59 (n=377) 60-69 (n=273) 70-79 (n=275) weiß nicht, keine Angabe nein, ich habe es auch nicht vor Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015 nein, aber ich habe vor 80+ (n=100) ja Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Petra-Angela Ahrens, 12. Mai 2015
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