ICON Schweiz Mai 2015 A R T S 2013 2005 005 1989 ANDERS OVERGAARD SE NS AI AUF DEM COVER: Vor der Galerie „Big images Inc.“ (Foto von Terry O’Neill) trägt Kim eine Weste sowie Lackschuhe von Calvin Klein. Wickeltop: Diesel Black Gold. Rock: Dolce & Gabbana. Collier von Marcia Grostein. Auf dem Töff geht’s vorbei an den Kunstwerken von Terry O’Neill: Kim hat ein Top von Ashish an. Hose: Ralph Lauren. Armreif: Marcia Grostein. Schuhe: MM6. Ohrringe: Iosseliani. Mehr unseres MiamiShootings ab Seite 42 PIONIER DER LUXUS ANTI-AGEING PFLEGE SEIT 1989 Abgefahren! E in ziemlich zweideutiger Begriff. Wer je auf der letzten Treppenstufe vor dem Perron keuchend erkennen musste, dass sich der avisierte Zug gerade in Bewegung setzt, wird sich vielleicht fragen, wieso das Wort „abgefahren“ umgangssprachlich so gern als anerkennendes Lob eingesetzt wird. Echt mal... Aber wir mögen es auch, schon weil wir ein Faible für Begeisterung haben. Und da wir kein Fachmagazin für Verkehrssicherheit sind, dürfen wir sogar Models mit wuchtigen PlateausohlenSandalen von Maison Margiela auf einen Töff steigen lassen. (Psst, auch ohne Helm.) Wie heisst es so schön: Die Freiheit, die ich meine. Und so haben wir diese Ausgabe voller Freude dem Design und der Kunstfertigkeit gewidmet. Und natürlich auch ans Reisen gedacht. Denn es ist wieder hell, der Sommer wird kommen. Bitte, nehmen Sie gern Platz auf dem Sozius unseres Models. Die Historie der Luxuspflege „Und vergessen Sie ja nicht, Ihre Badehose mitzubringen.“ Mit dieser nicht ganz alltäglichen Aufforderung beendete der italienische Architekt und Designer Matteo Thun das Telefonat, in dem er Sven Michaelsen (56) zum Interview in sein Ferienhaus auf Capri einlud. Aus den geplanten zwei Stunden wurden dann zwei Tage. Die beiden schwammen im Pool der Villa, tauchten in Grotten und umrundeten per Boot die Insel. Abends lud Susanne Benger, aus Bregenz stammend und seit 1983 Thuns Frau, ein Dutzend Freunde zum Abendessen auf die Terrasse, die einen Panoramablick auf die vier Faraglioni-Felsen bietet, die Wahrzeichen der Insel. Gefragt, ob er ein Wort kenne, das zusammenfasse, was das Wichtigste im Leben sei, sagte der 62-jährige Thun: „Ich könnte Ihnen die üblichen Verdächtigen nennen: Familie, Gesundheit, Wohlstand. Aber in meinem Fall stimmt das nicht. Ich sage: Interesse. Das Wichtigste ist, neugierig zu sein.“ Mehr ab Seite 28 SVEN MICHAELSEN In den späten Achtzigern lancierte Sensai Ex la Creme. Damit war die erste Luxuspflege und gleichzeitig auch eine Legende geschaffen. Ursprünglich war es nicht vorgesehen, diese aussergewöhnlich kostbare Pflege der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Kosten für diese Entwicklung waren unerheblich. Die höchst mögliche Wirkung einer Creme zu beweisen, war das Ziel von Sensai. Beim ersten Erleben auf der Haut überzeugte Ex la Creme sofort. Für ihre Verwender stellte sie einen unglaublichen Wert dar, so dass sie sich diesen Luxus ANDREAS TÖLKE Seine Artikel sind in über 20 Ländern erschienen, seit einigen Jahren zählt der Autor und „Berliner aus Leidenschaft“ gönnten. Sechzehn Jahre später gelang Sensai ein weiterer Meilenstein. Sensai Premier hielt die Zeit an und Erneuerungsfunktion der Haut über viele Jahre auf höchstem Niveau zu halten. Ultimativer Luxus Basierend auf dem Besten der Vergangenheit schuf Sensai mit Ultimate jetzt das Meisterwerk aus 77 Jahren AntiAgeing-Forschung. Diese aussergewöhnlich, kostbare Pflegelinie sorgt für eine unvergleichbar seidig weiche Haut. Sie bietet maximale Regeneration und Revitalisierung der Hautzellen. Es ist die Antwort für jedes Hautbedürfnis. Ultimativer Luxus beginnt hier. www.sensai-cosmetics.com TITEL: ANDERS OVERGAARD; MARIO TESTINO; JENS SCHWARZ; PRIVAT; MARTIN U.K. LENGEMANN schenkte der Haut Jahre zurück. Der Anspruch dieser Pflege war, die jugendliche Leistungsfähigkeit und natürliche zum ICON-Inventar. Andreas Tölke schreibt nämlich für sein Leben gern über Design. Seit über zwanzig Jahren trifft er die Grossen der internationalen Design-Szene. Von A bis Z, also von Ron Arad bis Zaha Hadid. Dabei kommt er viel herum. Zum Beispiel an die Goldküste, wo er ein Jahr lang gelebt hat. Oder für uns nach Venedig. Dort hat er hinter die Mauern der Palazzi geschaut und die versteckten Gärten der Wasserstadt aufgespürt. Weiter ging’s für ihn zum Genfer See. Schmuckstücke im wörtlichen Sinn sind das Thema beim Mittagessen mit den Scheufele-Geschwistern, den Köpfen von Chopard. Dann zurück nach Berlin, wo man ihn ebenfalls beim Flanieren und Architektur bestaunen antreffen kann. Erkennungszeichen? Seine französische Bulldogge, Herr Müller. Mehr auf den Seiten 44 und 58 Alles begann auf der Strasse. Nämlich als unser Fotograf Anders Overgaard mit zehn Jahren zum ersten Mal eine Kamera in die Hand nahm und Freunde in Schnappschüssen beim Skateboarden festhielt. Oder auch beim Windsurfen. Für unser Shooting in Miami schuf er ebenso flüchtige Momente, in denen er Streetart, Mode und Model zu einer Einheit werden liess. „Ich liebe es, dass man einen ganzen Teil der Stadt der Kunst gewidmet hat.“ Eine Prise Humor durfte auch diesmal nicht fehlen. Sie ist der rote Faden in seinen Arbeiten. Nachdem der Däne aus Helsingor seine Ausbildung an der Graphic Design School Copenhagen abgeschlossen hatte, verschlug es ihn für ein Jahr nach Paris. Aus dem Fotografen wurde ein Modefotograf. Heute arbeitet und lebt er mit seiner Familie in New York. Ab Seite 32 ANDERS OVERGAARD IMPRESSUM ICON SCHWEIZ Chefredaktion: Inga Griese (Ltg), Pierre-André Schmitt (Co-Leitung ICON-Schweiz, verantw.); Textchef: Dr. Philip Cassier; Redaktion: Caroline Börger, Nicola Erdmann, Jennifer Hinz, Silvia Ihring, Mira Wiesinger; Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver; Artdirektorin: Barbara Krämer; Gestaltung: Maria Christina Agerkop, Katja Schroedter, Adrian Staude Fotoredaktion: Julia Sörgel; Elias Gröb Bildbearbeitung: Liane Kühne Kootz, Kerstin Schmidt, Tom Uecker; Verlagsgeschäftsführung: Dr. Thomas Garms, Maike Juchler (Stv. Leitung); Gesamtanzeigenleitung: Musti Asaf, Sandra Bruderer (Stv. Leitung), Franziska Tanner (Head of Sales), Servais Micolot (Verkauf Westschweiz), [email protected]; Marketingleitung: Patrizia Serra, Sabine Carrieu (Lesermarketing), Doris Keller (Vertrieb); Verlag: Axel Springer Schweiz AG Druck: Prinovis Ltd. & Co. KG, Nürnberg Herstellung: Olaf Hopf; Herausgeberin: Axel Springer Schweiz AG, Förrlibuckstrasse 70, 8021 Zürich ICON ist eine Eigenbeilage der BILANZ und der HANDELSZEITUNG und erscheint vier Mal jährlich. Ausgabe 2/2015. Auflage: 120‘000 Exemplare. Die nächste Ausgabe erscheint am 18. September 2015. Sie erreichen uns unter: [email protected]. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit. 3 Ananas to go: Sandaletten von Tory Burch Für SchnitzOhren: buchstäblich süsse Ohrringe von de Grisogono ICON Sommerfrische: Kaschmirpullover von Chinti and Parker MAI 2015 AUSGEWÄHLT 08 14 SOMMER IM ANMARSCH In schnellen Schritten nähern wir uns den warmen Tagen. Unsere Lifestyleweisen wissen und verraten wo man ihn verbringt GARTENGÖTTIN Das Glück liegt vor der Haustür: Icona hat sich passend für ihr grünes Fleckchen Erde eingekleidet Kleidsame Piña Colada: Den MSGM-Rock gibt’s über luxodo.com It’s party time! Das Modell „Original Gent Exotic Taste“ ist von Swatch Süsser Begleiter! Clutch von Charlotte Olympia über net-a-porter.com MODE 16 DAS PH ÄNOMEN KORS US-Designer Michael Kors hat sich sein eigenes Imperium aufgebaut. Nun hat er in Basel seinen neuesten Shop eröffnet 18 BRILLEN-BRÜ DER Wie fünf Männer von Zürich aus versuchen den Brillenmarkt neu zu erfinden, erklärt Dörte Welti 19 VERSPIEGELT In diesem Sommer geht nichts ohne sie – Sonnenbrillen mit verspiegelten Gläsern. Eine fröhlich bunte Auswahl 20 AMAZING RU TH Ruth Chapman, Gründerin von „Matches“, ist eine dieser Frauen, der irgendwie alles gelingt. Und das völlig unaufgeregt 32 66 STREET ART Wir wussten gar nicht, wie viel Strassenkunst es in Miami gibt. Als die Modestrecke ankam, wollten alle gleich los Objekt der Begierde: goldene Zierananas von Pols Potten über byfurnish.com Vorsicht, nicht essen. Nur cremen! „Body Soufflé“ von Crabtree&Evelyn Kirschenzeit: Strickjacke von Alice + Olivia über mytheresa.com WC-Frische: Die fruchtig verpackten Toilettenpapierrollen finden Sie im Onlineshop von latona-m.com Saure Sitzgelegenheit: Kissen „Kiwi“ aus dem Sortiment von design-3000.de DER BAU PLAN Wahres Kunsthandwerk – wir schauten dabei zu, wie die Tischlampe „Hyades“ aus Muranoglas von Armani Casa entsteht PREZIOSEN 44 BUCHERER.COM 47 EINZIGARTIG WIE IHRE EMOTIONEN – SEIT 1888 UHREN SCHMUCK JUWELEN SCH MU CKE FAMIL IE Die Scheufele-Geschwister, Caroline und Karl-Friedrich, sind die Präsidenten von Chopard und haben viel zu erzählen. Andreas Tölke traf sie zum Doppel-Interview IN VOLLER BLÜ TE Nein, bei uns sind die Blumen noch nicht verblüht. Unsere Schmuckauswahl blüht jetzt so richtig auf. Zum Glück Für freche Früchtchen: Kinderrock von Billieblush über smallable.com Cherry up! Die Clutch ist von Saint Laurent Soulfoot: äusserst appetitliche Slip-Ons von Keds 5 NACÁSA & PARTNERS (3) ICON MAI 2015 48 Finden Sie Ihren Work-Life Groove SCH W EIZ-CH INESISCH Eigentlich ist es kein Geheimnis mehr, das die Chinesen auf unsere Uhrmacherkunst stehen. Pierre-André Schmitt traf in Peking den Chef von Vacheron Constantin UNTERWEGS 58 50 TIME OU T Ein Uhrmacher, der in aller Ruhe Uhren fertigt – Ein Besuch bei Roger W. Smith auf der Isle of Man 60 53 BL AU ES STÜ NDCH EN Die Uhrenmanufakturen lieben die Farbe von unseren Seen und unseres Himmels. Wir können das gut verstehen. Eine Auswahl an klar, blauen Uhren VERSTECKSPIEL Modedesigner Paul Smith lebt in London und kennt die Stadt wie seine Westentasche. Uns nennt er seine bevorzugten Gärten und Plätze 62 LONDON DIARY Normalerweise schreiben wir Postkarten aus aller Herren Länder. Dieses Mal kommen sie alle aus der britischen Hauptstadt. Aus unterschiedlichen Hotels, versteht sich KOSMETIK Von ganz entspannt zu beschwingt, finden Sie eine Auswahl an Inspirationen in unserer Business Class. Geniessen Sie feinste Gourmet-Küche, lachen Sie über die neusten Komödien oder verweilen Sie in der Onboard Lounge. Bei uns in der A380 geben Sie den Takt an. emirates.ch Onboard Lounge in der Emirates A380 Kostenloses WLAN in ausgewählten Flugzeugen Erleben Sie die Emirates A380 täglich ab Zürich via Dubai zu über fünfunddreissig Emirates A380-Destinationen weltweit. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte emirates.ch oder wenden Sie sich an Emirates unter Telefon 0844 111 555 oder an Ihr Reisebüro. JENSEITS DER KANÄLE Es grünt so grün. Wo? In den unbekannten Gärten Venedigs. Andreas Tölke durfte einen Blick hinter die Gartenmauern der Lagunenstadt werfen 54 ACE OF BASE Mit Schminke ungeschminkt aussehen. Der No-Make-up-Trend ist nicht aufzuhalten. Wir fanden die passenden Produkte 63 FLANIERE MIT WEILE Das Jahresmotto von Hermès? Flanieren. Inga Griese hat das bei einem Spaziergang durch Notting Hill gleich einmal ausprobiert. Mit einem Plan zum Nachlaufen 55 DER DU FT DES EMPIRES Und es begann am Piccadilly Circus... Wie der britische Parfümeur Penhaligon’s seit 150 Jahren ganz harmonisch „näselt“ 64 GAR NICHT STÖRRISCH Mitten in Zürich nächtigt man bestens im „Widder Hotel“. Esther Strerath durfte Probe schlafen und zog nur wi(d)derwillig wieder aus 56 SCH WARZ U ND EXTREM Tom Ford kleidet bekanntermassen James Bond ein. Mit Parfüm kennt der Wahl-Engländer sich aber auch bestens aus. Inga Griese hat ihm zugehört 65 KLOTZEN, ABER RICHTIG Minimalisten werden sich im „Kameha Grand Hotel“ in Zürich nicht daheim fühlen. Wer’s lieber etwas opulenter hat, dagegen sehr. Ein (Nacht-) Bericht MIU, MEIN MIU Eigentlich entwerfen Herzog & de Meuron keine Geschäfte. Für Prada machte das ArchitektenDuo 2002 in Tokio eine Ausnahme. Und nun erneut. Gleich gegenüber. Für Miu Miu, die französischer angelegte Marke des italienischen Unternehmens, bauten die Schweizer in Abstimmung mit Designerin Miuccia Prada den neuen Flagship-Store mitten im In-Viertel Aoyama. Tief vorgehängt ist das Dach mit den scharfen Kanten aus Stahl, das an die japanischen Tempel erinnern soll. Im Innern des 720 Quadratmeter grossen Ladens wird es mit viel Kupfer, Brokat, Holzboden und hellen Teppichen weicher, weiblicher, verspielter. Es sei eine Box, die entdeckt werden will, so Jacques Herzog. Bitte, treten Sie ein. Und beachten gern auch die Mode. STILISTEN SOMMER? JA, BALD IST ES WIEDER SOWEIT. UNSERE LIFESTYLEWEISEN GEBEN TIPPS PRIDE AND P R O W E S S® Dicker Brummer Der Hirschkäfer zählt zu den grössten Käfern Europas. Die wenigstens von ihnen dürften jedoch aus Weissgold bestehen und mit Brillanten und einem Mondstein besetzt sein. Die „Donnergugi“Brosche von Sévigné bildet eine Ausnahme und lässt sich bevorzugt auf Blusen und Jacken nieder. Mechanical Prowess & Artistic Density AMADEO® FLEURIER 6 T I M E S PAT E N T E D 22-DAY FLYING TOURBILLON WITH RETROGRADE MINUTES AND REVERSED HAND-FITTING F U L LY I N T E G R AT E D C O N V E R T I B L E CA S E SÉVIGNÉ LIMITED EDITION GLASKLARE ANSICHTEN 8 LUZIA SIMONS Wir sind Teilzeitschweizer. Und als solche werden wir immer wieder gefragt, welcher Wellness-Ort dort der schönste sei. Unsere Antwort: keiner. Denn die ganze Schweiz ist pure Wellness. Schon wenn wir über die Grenze fahren, spüren wir, wie unsere Körper – und wichtiger noch unsere Köpfe – in den Entspannungsmodus schalten. Die einzigen „Must-Haves“, die jetzt noch eine Rolle spielen, sind ganz essenziell: Frische Luft, tiefer Schlaf und lange Spaziergänge. Paris und München sind auf einmal nicht mehr nur ein paar Hundert Kilometer entfernt. Sie sind unendlich weit weg. Bye, bye, Hektik, Hype und Hysterie! Grüezi, Good Life! Aus Talbot Runhof werden Johnny und Adrian. Der einzige Stoff, der uns jetzt noch interessiert, ist das Leinen unserer Bettwäsche. Das einzige Design, das wir bewundern, sind die Wolkenformationen, die über uns entlangziehen. Und über die Aussicht von unserer Terrasse hinab über den Zürichsee schweige Johnny Talbot & Adrian Runhof ich jetzt lieber. Weil wir die am liebsten ganz privat nach einer langen Wanderung durchs Designer-Duo des Münchner Modelabels Sihltal, mit einem Glas Freienbacher BlauburTalbot Runhof gunder, der direkt vor unserer Haustür wächst, geniessen. Welche Anwendung wir sonst noch empfehlen, um uns wohlzufühlen? Schweizer Schokolade. Am besten täglich. Denn Serotonin und Endorphine sind für uns das beste Wellness-Treatment. Was wir übrigens völlig selbstlos in intensiven Testreihen bewiesen haben. Kunst 3.0: Die Brasilianerin Luzia Simon malt nicht, sondern scannt Blumen. Ihre Werke werden ab dem 14. Juni in der F&C Walter Galerie in Zürich ausgestellt GENEVA BOVET BOUTIQUE – LES AMBASSADEURS – AIR WATCH CENTER GSTAAD ADLER I INTERLAKEN KIRCHHOFER I LUCERNE EMBASSY I LUGANO - ST-MORITZ - ZÜRICH LES AMBASSADEURS B OV E T F L E U R I E R SWITZERLAND FOUNDING MEMBER OF THE QUALITY FLEURIER CERTIFICATION AND PARTNER OF THE FONDATION DE LA HAUTE HORLOGERIE W W W. B OV E T. C O M GRUEZI, GOOD LIFE! Ich bin wie eine Elster. Wenn ich irgendwo etwas funkeln sehe, muss ich es mir sofort genauer ansehen. Egal wie tief es vergraben ist, wenn es nur ein bisschen glänzt, sehe ich es. So ist es auch mit Glas, alt oder neu, ich liebe es, und zwar in jeder Form. Kürzlich hatte ich das Glück, eine Glaskünstlerin – Felekşan Onar – in Istanbul kennenzulernen. In der Ecke einer Baustelle versteckte sich ein Regal mit wunderschönen Cocktailmixern und Gläsern, die aus recycelten Bierflaschen hergestellt waren. Ich suchte die Stadt so lange ab, bis ich die Person fand, die diese Kunstwerke zu verantworten hatte. Wir trafen uns in ihrem Atelier, einem ruhigen Plätzchen gefüllt mit wunderschönen Dingen. Es fühlte sich sofort besänftigend und überwältigend gleichzeitig an – hauptsächlich deswegen, weil ich alles darin haben wollte. Ich habe Glas immer als ein wunderschönes und gleichzeitig sehr funktionstüchtiges Medium gesehen. Deswegen war ich fasziniert von den künstlerischen Aspekten, die Felekşan Onar dem Material hinzufügte. Ich wollte mehr über sie erfahren. Sie wurde 1966 in Ankara geboren und sammelte schon als Kind Glas. Zunächst studierte sie Wirtschaft und Musik an der Cornell University in New York. Nachdem sie eine Zeit lang im Finanzwesen tätig gewesen war, arbeitete sie in der Jeans-ProduktiChris Glass on. Aber ihr Herz sehnte sich nach Kreativität. So wagte sie den Sprung ins Ungewisse und studierte Glaskunst zuerst in einem privaten Atelier und später am „Glass Fur- European Membership nace“ in Istanbul. 2003 eröffnete sie dann ihr eigenes Atelier in Istanbul. Was Fe- Director „Soho lekşans Werk jedoch am meisten von anderen unterscheidet, ist die Dualität. Trotz House Group“ in der gebrechlichen Form von Glas zeigt sie Stärke in ihren Objekten. Sie benutzt die Berlin Form auch, um Geschichten zu erzählen. Daneben sind ihre Kunstwerke sehr persönlich, gleichzeitig reflektieren sie die Jahreszeiten und ändern sich daher ständig. Auf dem Tisch liegt eine Kollektion aus Vasen, die von Seeigeln inspiriert wurden. Sie sind in wundervollen Juweltönen gefertigt und fangen die Zerbrechlichkeit der Unterwasserkreaturen ein. Die Details sind so kostbar und die Teilchen funkeln, wenn das Licht die abgerundeten Ecken anstrahlt. Das ist einfach grossartig. Ich bin verliebt. NICOLAS DEVEAUX / CUBE CREATIVE PRODUCTIONS Sprung ins kühle Nass TREND- Ich brauche den Überblick. Wenn ich irgendwo neu ankomme, steige ich idealerweise erst einmal auf einen Berg oder einen Turm, um mir einen Eindruck zu verschaffen. Vor drei Monaten bin ich in Zürich in eine Wohnung gezogen, die diesem Bedürfnis sehr entgegenkommt. Beste Lage, im 22. Stock der Hardau-Hochhäuser im Kreis 4. Mit direktem Blick auf den Uetliberg und die umliegenden Berge. Ein Stück vom See ist auch zu sehen. Die Wohnung ist fantastisch. Das Äußere ist ja bekanntlich Geschmackssache, wobei mir die Türme sehr gut gefallen. Innen wurden sie vor kurzem mit Liebe zum Detail renoviert. Am besten gefällt mir die schlammgrün-braune Markise am Balkon, die nach Julian Zigerli unten abschließt. Von Modedesigner außen sieht es dann so aus in Zürich als wäre die Fassade geschlossen. Die Leute, die hier wohnen, entsprechen einem gut durchmischten Viertel: Junge Kreative treffen auf Alteingessesene und Menschen aus aller Welt. Mein Lieblingsausflug führt mich derzeit übrigens auf den Turm vom Uetliberg. Das Beste daran: Von dort aus können Sie mir zuwinken. VON WOLFGANG JOOP Frau Dob Meine Güte, jetzt sind wieder T-Shirts mit dem Displaymaterial von Star Wars angesagt. Als hätten wir nicht genug Krieg auf der Erde, nur bei uns schleppt sich das Happy End ja hin. Schlechter Geschmack, das können nur die Engländer, deren Exzentrik sendet humorvolle Botschaften. Mode ist ja immer auch ein Ausflug. Ich möchte aber nicht das London sehen, das sich der zugereisten „Richness“ hingeworfen hat. Mein Ziel wäre Sissinghurst. Und wie E..T. nach Hause telefonieren will ich auch. Aber nicht im Extorialen. Deine Inspiration für die nächste Kollektion ist Gärtnern? Gummistiefel, Rosenschneiden. Das trägt mich. Ausgestellt: Kunterbunte Glaskunst aus der Gegend Murano 10 Herr Haka B I S 13 . S E P T E M B E R I M M U S E U M BELLERIVE ZÜRICH FOTO: MARTIN ADAM © SAMMLUNG HOLZ JONAS HEGI IM HOCHSITZ BAROMETER Haben Sie schon einmal eine Giraffe vom 10-Meter-Turm springen sehen? Nein? Wir bislang auch nicht. Darum macht der Animationsfilm „5,80 m“ des französischen Künstlers Nicolas Deveaux umso mehr Spass. Über 18 Monate bastelte er an dem Werk. Zu sehen ist es, neben anderen tierischen Kunstwerken, ab dem 30. Mai in der Ausstellung „ Beastly/ Tierisch“ im Fotomuseum Winterthur E-Mobility meets Le Mans. Am Samstag, 13. Juni 2015 in allen Schweizer Porsche Zentren. WUNDERVOLL Zürich im Sommer ist ungefähr so, wie die Kirsche auf dem Rahm auf dem Eis: die Krönung. Ich erinnere mich noch genau, dass ich mich, als ich vor sieben Jahren als direkter Import aus dem Berliner Nachtleben hier ankam, eine Saison lang einfach nur wunderte. Zum Beispiel darüber, warum man zu Eis „Glacé“ sagt, oder warum hier jeder im Sommer einen kleinen Sack mit „Badekleidern“ mit sich herumträgt. Heute weiss ich, dass Alexandra Kruse es das beste Eis in der „Vegelate- Stylistin und Autorin in Zürich ria“, einer veganen Eisdiele im Kreis Vier gibt, und dass man sich nur entscheiden muss, ob man im kristallklaren See oder im Fluss baden möchte. Am stilechtesten ist und bleibt für mich die „Badi Enge“ am See, montags und dienstags ist dort Yoga mit Clive ein Pflichttermin. Am Fluss trinke ich gerne im Frauenbadi einen Eiscafé und lese Magazine. Oben ohne und unter Frauen zu sein ist einfach unbezahlbar. Zürichs Magie im Sommer ist definitiv fliessend und mit dem Element Wasser verbunden. Auf die „kleine Rundfahrt“ mit den offiziellen Zürisee-Schiffen geht es mit einem Ticket des öffentlichen Nahverkehrs, was ein wohl gehütetes Geheimnis ist und nun war. Ich spekuliere diesen Sommer auf die Fähigkeiten meiner Freundin, die im Winter ihren Bootsführerschein gemacht hat. Und irgendwie wundere ich mich immer noch – darüber, dass ich mein Herz in der Schweiz verloren habe. Vernunft und Nervenkitzel liegen näher zusammen, als man denkt. Porsche ist unterwegs in Richtung Zukunft. Mit Rennsporterfahrung für die Serie. Und mit mehr Ideen pro PS. Genauer gesagt mit E-Mobility. Unsere Plug-in-Hybrid-Modelle für die Strasse sowie die Porsche 919 Hybrid-Boliden in Le Mans beweisen, dass Performance und Nachhaltigkeit kein Widerspruch sein müssen. Im Gegenteil. Kommen Sie am Samstag, 13. Juni 2015 in Ihrem Porsche Zentrum vorbei und erleben Sie die volle Ladung Porsche. Mit dem neuen Cayenne S E-Hybrid, dem Panamera S E-Hybrid und der Live-Übertragung des 24-Stunden-Rennens von Le Mans. QR-Code scannen und Probefahrt buchen. Oder unter: www.porsche-lemans.ch, Tel. 0840 356 911, [email protected] Follow us on Normalerweise teile ich an dieser Stelle köstliche Erlebnisse, die mir in verschiedenen Restaurants der Schweiz widerfahren sind. Doch dieses Mal möchte ich, in Vorfreude auf laue Sommerabende, Tipps für das perfekte Grillfest, genauer für die besten Würstchen geben. Denn nein: Wurst ist nicht gleich Wurst! Nicht nur, dass es bei uns, neben der St. Galler Kalbsbratwurst und Cervelat, ohnehin über 32 verschiedene Wurstsorten gibt. Nein, sie schmecken auch noch von Region zu Region unterschiedlich, selbst wenn sie den gleichen Namen tragen. Für mich gibt es zwei Adressen, wenn es um die Wurst geht: Die „Prétôt Delikatessen“ in der Zürcher Kuttelgasse 3 werden seit mehr als 20 Jahren von verschiedenen Dorfmetzgereien aus der Region beliefert. Die Auswahl ist unglaublich und bei jedem Besuch entdeckt man eine neue Delikatesse mit zwei Enden. Kürzlich wollte ich für eine Einladung zum Grillieren den Prétôt-Verkaufsschlager „Zürcher KalbsJ. Philipp bratwurst“ mitbringen, bis mir die Verkäuferin empfahl, doch einmal die Rathgen „Zuger Chriesi Wurst“ zu probieren. Die mit getrockneten Kirschen Autor in verfeinerte Wurst schmeckte unglaublich, denn die Kirschen beginnen Zürich beim Grillen zu karamellisieren und verleihen der Wurst eine besondere Note. Ebenfalls geschmacklich ein Renner ist die „Wiediker” von der Metzgerei Keller an der Mannessestrasse 88, ebenfalls in Zürich. Keller beliefert viele Sternerestaurants. Wenn das kein Prädikat ist! Raffinierte Reisebegleiter: Handgepäck-Koffer von Rimowa in Indischrot (die Farbe gibt’s übrigens nur in der Schweiz, etwa bei Globus) und die Wendetasche von Akris Lichtbrechende Kunst UND SONST NOCH OLIVER BECKMANN TRENDSETTERINNEN, WO SEID IHR? CALLWEY PHOTOGRAPHED BY PRUDENCE CUMING ASSOCIATES © DAMIEN HIRST AND LALIQUE,2015 BEZAUBERNDE BAUTEN: Kleines Land, grosse Architektur: Der Architekturführer Schweiz führt durch spannende Welten von Architekten wie Max Dudler, Le Corbusier oder Mario Botta. Ab Mitte Juni im Callwey Verlag ——— APRÈS-SKI: Pünktlich zur Golfsaison hat sich das Ski- und Golfmodelabel Sportalm eine Ecke in der neuen Jelmoli-Sportwelt Zürich für einen Shop-in-Shop gesichert. Bahnhofstrasse ——— Wiedereröffnung: Grüezi, Sommersaison, heisst es ab dem 26. Juni wieder im Grand Hotel Park in Gstaad. Skier weg, Fahrrad raus! ——— Was für Beine: Im Herzen von Zürich gibt es jetzt eine neue Wolford-Boutique. Strehlgasse 14 12 Zum zweijährigen Jubiläum fördert die Bildhalle Kilchberg den Nachwuchs mit einer Ausstellung FOTOGRAFIE VON C A R M E N M I T R O T TA CARMEN MITROTTA / BILDHALLE Alter Falter Die Zeiten, in denen Schmetterlinge erst gefangen und dann mit einer Nadel rabiat aufgespiesst wurden sind vorbei. Zu barbarisch, zu antiquiert. Der britische Künstler Damien Hirst bannt die flatterhaften Insekten zusammen mit den Kristallexperten von Lalique als Reliefs in Glasfliesen. Das Ergebnis ist ein gläsernes Wandbild. Ebenso dekorativ, nur weniger schmerzhaft - für Objekt und Betrachter. Zu finden, nicht im Naturkundemuseum, sondern in der Lalique Boutique in Zürich, Talstrasse 27. An Symbolkraft ist der Kristall kaum zu überbieten. Er bezwingt das Licht und verzerrt die Perspektive. Bis zum 6. September zeigt das Kunstmuseum Bern die Ausstellung „Stein aus Licht. KristallvisioWENZEL-HABLIK-MUSEUM,ITZEHOE nen in der Kunst", in der Werke von Künstlern aus unterschiedlichen Epochen von Paul Klee bis Robert Zandvliet präsentiert werden. Sie alle bannen die Kraft des Kristalls auf die Leinwand und tragen gleichzeitig zur man sich Pailletten selbst aufs T-Shirt gestickt hat und Fortschreibung seines Mythos bei. Zu Beginn des Frühlings traf ich mich zu einer Mittagverabredung mit einer Kollegin. Mir war nach den vielen kalten Monaten trotz Regens nach leichter Sommermode zu Mute, und so zog ich ein Flatterkleid an, darunter ein Schlauchkleid, um mir keine Erkältung einzuDörte Welti fangen. Die Bekannte empfing mich mit eiJournalistin mit nem „Oh Schatz! Ist das Praaaada?“ Nein. Beibesonderem Sinn des Vintage, an das Label kann ich mich nicht für Stil in Zürich mal mehr erinnern, und es war neben dem praktischen Gedanken nur ein Versuch, nicht so auszusehen wie alle anderen. Die Gazetten sind voll von It-Girls in ihren neuesten, meist geliehenen Errungenschaften. Alexa von Irgendwas trägt Vuitton, die della Dingsbums den McQueen, und das Topmodel, das jeden Catwalk eröffnet, wird in Chanel, Dior oder sonst etwas Teurem gesichtet. Aber einen eigenen Stil? Eine verrückte Kombination? Etwas, was noch nie dagewesen ist? Fehlanzeige. Trends werden heute von Medien vorgegeben, die die VIPs fotografieren, die von den Marken eingekleidet werden, die in den Medien präsentiert werden. „Ich war mir damals nicht darüber im Klaren, dass ich einen neuen Look erfunden hatte – ich trug das, was ich mochte und mir gefiel einfach wie ich aussah“, wird Twiggy zitiert. Und genau das fehlt heute. Ein Versuch: Stellen Sie sich an einem Samstagvormittag auf eine belebte Strasse, egal ob Bahnhofstrasse Zürich, Freie Strasse Basel oder die Rue du Rhône in Genf: Alle sehen aus, wie Heidi Klum aussieht, wenn sie samstags einen Kaffee trinken geht oder wie Jennifer Lopez, wenn sie mit ihren Kindern im Park entdeckt wird. Wo sind die Mutigen? Wo ist eine, die ihr Kleid selbst gefärbt und vielleicht sogar selbst genäht hat? Ich bin alt genug, zu erinnern, dass wir aus Fensterledern Röcke und Kleider zusammengebunden haben, dass Stoffflicken zu neuen Maxiröcken montiert hat. Nicht jeder muss selbst nähen können – obwohl, es ist echt cool, wenn so ein Unikat dann fertig ist! Von mir aus kann man auch mit Kartoffelsäcken experimentieren, oder Sweatshirts als Hosen tragen. Aber so ein bitzeli Individualität, das täte dem Strassenbild gut. Ich muss nur die Klatschspalten anschauen, um zu wissen, in welchen Fummeln die Ladies in den Szenebars am Freitag auftauchen werden. Wann genau sind wir zu Kopierern geworden? Wie langweilig. Neulich hatte ich einen unbestechlichen Kritiker im Schlepptau- den grad volljährigen Filius. Bei der ersten Szenedame schaute er noch anerkennend, nach der zwölften raunte er mir zu: „Die sehen ja alle gleich aus!“. Ladies, wollt ihr das? FOTO: © STAATLICHES MUSEUM FÜR BILDENDEN KÜNSTE A.S. PUSCHKIN,MOSKAU WURST OHNE ENDE Auf Reisen mit einem der berühmtesten Künstler aller Zeiten. Die Ausstellung „Paul Gauguin“ läuft bis 28. Juni in der Fondation Beyeler in Basel 13 OH, LOOK! UNSERE ICONA ZEIGT IHRE AKTUELLEN LIEBLINGSTRENDS ILLUSTRATIONEN: JAMES DIGNAN (JAMESDIGNAN.COM) + Agnès Stöckli-Hodel, Nespresso Mitglied seit 2013. GARTENGÖTTIN Blütenzauber: Margeriten-Ohrstecker von Stenzhorn + Icona blüht auf im Kleid von Markus Lupfer + + Flower-Power: Handyhülle von Iphoria Dosierte Natur: Erdbeerpflanze aus der Konserve über design3000.de Ein Brillant! Mini-Gewächshaus von Urban Outfitters + Gewand für die Wand: Schmetterlings-„Wall Sticker“ von H&M Blühende Fantasie: Easy Armchair „Bloom“ von Kenneth Cobonque + + Appetitlich: Parfum „Menthe Fraîche“ von James Heeley Blumenkind: Flats „Rosario“ von Charlotte Olympia via net-a-porter.com = 20.920 CHF BIENENKÖNIGIN Honigsüss! Die Ohrringe sind von Brahmfeld & Gutruf + + Bsssst! Die Sonnenbrille von Dolce&Gabbana ist auf weltweit 70 Stück limitiert + + Wunder-Waben: stapelbare „Storage Boxes“von Bloomingville Insekt der Begierde: „Save the Bees“-Palette von Chantecaille über dsq206.com 14 Mustergültig: Kleid von Mary Katrantzou über matchesfashion.com + Thron: Sessel „Quilt“ von Ronan & Erwan Bouroullec Summ, summ, summ: „Planet Earth“ Becher von Theresienthal über artedona.com + Lockstoff: Guerlains Aqua Allegoria „Mandarine Basilic“ + “Der ideale Ort um meine Nespresso Grands Crus zu bestellen? Mein Sessel natürlich.” WEB/MOBILE WO UND WANN ES IHNEN PASST: BESTELLEN SIE IHRE LIEBSTEN GRANDS CRUS BIS 19:00 UHR, UM SIE AM NÄCHSTEN TAG ZU ERHALTEN*. Goldig: Sandalen von Miu Miu über mytheresa.com = 10.975 CHF * Tarife und Preisbedingungen unter www.nespresso.com Gewinnerin des «Be the Face» Wettbewerbs. crbasel GESCHÄFTE Glamour für jede Gelegenheit Als Taschen-Designer hat es Michael Kors zum Milliardär geschafft. Nun erobert er mit seinen Entwürfen und der Fähigkeit Kundinnen alle Wünsche zu erfüllen auch die Schweiz Das erste Schweizer Michael Kors-Geschäft eröffnete nun in Basel. Unten: Der Self-mademan Michael Kors und ein Look aus seiner aktuellen Kollektion MICHAEL KORS (2); INEZ AND VINOODH Nadine Strittmatter Topmodel M 16 Mr. Moneybag. So nennen sie ihn. Oder den Drei-Millionen-Dollar-Taschen-Mann. Oder einfach nur: Michael. Michael Kors, 55, ist der All-American-Man, vom „Time“-Magazin unter die „100 Einflussreichsten“ gewählt, seit 2013 aufgenommen in den Milliardärsclub von „Forbes“. Sein Stil und ganz besonders seine Handtaschen mit dem baumelnden MK-Goldlogo sind mittlerweile auch in Europa allgegenwärtig. Nun ist die Schweiz dran auf der Weltkarte des Multi-Erfolgreichen. Während der Baselworld im März wurde in bester Lage in der Freien Strasse das erste Geschäft eröffnet, weitere werden noch in diesem Jahr in Genf und Zürich folgen. Schon der kleine Michael hatte einen ausgeprägten Sinn für Mode, fertigte Skizzen, kaum, dass er einen Bleistift halten konnte, ging ausgesprochen gern mit der Mutter zum Shoppen. Nicht etwa in Spielzeugläden, sondern in Boutiquen. „Ich war als Einzelkind umgeben von sehr starken Frauen“, erzählte er im vergangenen Jahr, „und die waren von Mode besessen und hatten alle ihren eigenen Stil. Aber auch die Männer meiner Familie beeinflussten mich. Mein Grossvater war in der Textil-, mein Onkel in der Modebranche. Nur mein Vater hatte mit dieser Welt nichts zu tun. Er führte eine Tankstelle. Ich lernte durch meine Familie früh, dass Mode nicht nur frivoler Zeitvertreib ist, mit ihr bestritt man auch seinen Lebensunterhalt. Mit zwölf eröffnete ich einen Laden im Haus meiner Eltern, im Erdgeschoss. Meine Mutter fand das grossartig. Ich hatte keine Ahnung, ob irgendjemand etwas kaufen würde. Doch sie taten es. Ich stellte Ledertaschen her, Schmuck aus Kupfer, färbte und batikte Dinge.“ Die Grossmutter, Direktorin einer Highschool, war sich stets ihres eleganten Auftritts bewusst. Die Mutter hingegen sei sportiv, entspannt und zurückhaltend gewesen. „Bei meiner Grossmutter ging es nur um Schmuck, Glamour und Extravaganz. Sie wechselte sogar ihre Badeanzüge dreimal am Tag. Natürlich immer mit passender Tasche und passendem PoolDress. Dann hatte ich auch noch eine Tante, die sogar zu meiner Bar-Mizwa im Bikini-Top kam. Ich lernte also früh, wie Frauen mit Mode ihre Stimmung ausdrücken können.“ Sein Stil sind quasi alle drei Frauen in einer. Ständig beobachtete er Mensch und Umwelt und überlegte, wie das Erscheinungsbild zu verbessern wäre. Auch das eigene. Deshalb ist er schon seit seiner Kindheit immer gebräunt. Weil es glamouröser und dynamischer wirkt. Etwas anderes, als Mode zu machen, kam ihm nie in den Sinn. Und etwas Grosses sollte es sein: Das Unternehmen, das er bereits mit 22 Jahren gründete, die nach ihm benannte Holding, hat inzwischen weltweit mehr als 570 Stores, mischt in der Branche mit und ist seit Dezember 2011 börsennotiert. Am Anfang war nur Mut. „Ich lieh mir Geld von Freunden und arbeitete in meiner Einzimmerwohnung in Chelsea. Wir schnitten alle Kleider per Hand, ich hatte kein Geld für ein elektronisches Schneidegerät. Und ich lieferte meine erste Saison an Bergdorf Goodman auf dem Rücksitz des Mercedes-Benz meiner Tante aus. Dort waren sie irritiert, dass ein so junger Kerl bereits genau verstand, was erwach- sene, wohlhabende Damen interessiert. Ich dachte damals schon und denke heute noch, dass glamouröse Dinge nicht over the top sein müssen.“ Er ist keinesfalls ein unnahbarer Tycoon. Kors hat die Angewohnheit, im Vorfeld zu seinen New Yorker Modeschauen in kleiner Runde in den Showroom in der 42. Strasse zu laden. Er erklärt dann seine Inspiration, die er tags darauf in den Spring Studios zeigen wird. Dann sitzt er, die Beine baumelnd, auf einem Tisch. Die Accessoires, die dort zuvor sorgfältig arrangiert lagen, hat er liebevoll beiseite geschoben. Ungezwungen, amüsant, unprätentiös: Der Mann ist wie seine Mode. Es hat etwas Beruhigendes, dass er damit so erfolgreich ist. Die Handtaschen sind ein Renner, die Uhren auch, die Kleider, Anzüge tauchen immer mehr im Strassenbild auf. Das Geheimnis des Erfolges: das Design, der Nimbus amerikanischer Ostküsten-Coolness. Aber auch relativ günstige Preise. Wobei es auch eine teurere Linie gibt. Wie erklärt er sich den Erfolg in Europa? „Dort versteht man Qualität. Die Kunden wünschen sich etwas, das nützlich ist, das aber auch mit Genuss zu tun hat, zugleich aber auch praktisch ist. Ich biete ein Gleichgewicht zwischen diesen beiden Polen. Manchmal denke ich, dass amerikanische Mode zu pragmatisch ist. Aber wenn Sie nach etwas suchten, das geeignet ist für ein schnelles Leben, ergibt es Sinn, sich nach einem amerikanischen Stil umzuschauen.“ Der Amerikaner hat aber noch eine zeitgemässe Botschaft. „Ich mag ja den persönlichen Luxus mehr als den, der einen so anspringt.“ Willkommen in der Inga Griese Schweiz, Mr. Kors. Cornèrcard lady Lernen Sie jetzt die erste von Frauen für Frauen entwickelte Kredit- und Prepaidkarte der Schweiz mit dem gewissen Etwas kennen: Die Cornèrcard Lady MasterCard Karte mit ganz speziellen Leistungen, edlem Design und reizvollen Überraschungen. cornercard.ch/lady FIRMENPORTRAIT Purist isc C l a s s i h : Da s M o d c“ ist v o n V e l l „T h e iu ACCESSOIRES Wahre Weitsicht Moderne Designerbrillen zu bezahlbaren Preisen. Mit diesem ille enbr t o l i P am tter: eckh Jetse ictoria B von V simplen Konzept trifft das Schweizer Brillenlabel Viu einen Nerv und expandiert gerade von der digitalen in die reale Welt. Dörte Welti traf die Macher ganz analog in Zürich Fü r N o s t a lg ik e r : D ie B r is t v o n il le C h r is t ia n D io r Hände hoch: Metallbrille von Police über misterspex.de Ze b r a s t r e if H o lz g e s e n : B r il le m it t e ll v o n Mywood i 18 il le m it ir ls : B r ie s e l G n e ld Fü r G o b ü g e ln v o n D M e t a ll Scharfzeichner: Brille mit polarisierenden Gläsern von Polaroid Geht glatt: Brille in Lack-Optik von Lozza Sonnenuntergang: Brille von Paul Smith VIU (3) K rem Konzept wie die Handilian Wagner und Peter werker in den Dolomiten Käser, Gründer des Brilan den Gestellen, und Ende lenlabels „Viu“, sind 2013 schliesslich ging die amüsiert. Ich bin nicht Homepage online. Heute die erste, die den Flagverschickt Viu im Schnitt shipstore in der zur Zeit 500 Pakete pro Monat, Tenwegen diverser Bausteldenz steigend und ja, es len noch recht unüberkommen immer alle Brilsichtlichen Grüngasse len zurück, es gibt keinen im hippen Züricher Schwund, die Kunden sind „Chreis Cheib“ nicht auf ehrlich. Erfolgsquote: Fünf Anhieb findet. So kann von zehn Kunden kaufen. man sich auch zum GeParallel zum Online-Busiheimtipp stilisieren. ness platzierten die schlauAber das haben Wagner en Strategen kleine Popund Kaeser gar nicht up-Shops in angesagten nötig. In erster Instanz Boutiquen. Weil die Nachwar Viu (wird übrigens frage nach diesen nicht allausgesprochen wie das täglichen Brillen stieg, war englische view) im schnell klar: Ein eigener World Wide Web angeLaden muss her. Vor gut siedelt. einem Jahr eröffnete der Fünf Jahre ist es nun Flagshipstore in Zürich. her, dass Kaeser, der geDas Team hat inzwischen nau wie Wagner Absoleine interessante Erfahvent der Hochschule St. rung gemacht: Ein Drittel Gallen ist, auf die Idee der Kunden, die jetzt in kam, Brillen online anden Laden kommen, haben zubieten. Allerdings mit schon einmal online bei System: Man sucht sich Viu bestellt. Anscheinend online maximal vier funktioniert die sonst so Brillen aus, die einem schwierige Kombination gefallen und lässt sie von online und offline hier sich nach Hause schicbestens. Die vier gleichbeken. „Try at Home“, rechtigten Geschäftspartheisst das Konzept. Ausner erklären sich das Phäprobieren, entscheiden, nomen auch damit, dass und dann das clever dedie Marke von Anfang an signte Paket mit den Von oben: Gezeichnet wird in der Schweiz, gefertigt werden die Brillen in einer Manufaktur in Italien. auf Transparenz gesetzt haBrillen und – wenn es Fünf Blues, äh, Brillen Brothers: die Viu-Gründer um Kilian Wagner und Peter Käser (2. und 3. von links) be. Auf der Homepage wersich bei dem auserwählten Stück um eine Korrekturbrille handelt – Wagner und Käser den Optiker Dominik Mül- den die 80 Arbeitsschritte, die es braucht, bis so ein Gestell fertig ist, wunderschön erklärt. dem entsprechenden Gläserrezept innerhalb ler mit ins Boot. von vier Tagen wieder zurückschicken. Die Der Idee von Viu: Beste Qualität, modischer Dreimal pro Jahr gibt es eine neue Kollektion, Brille wird dann mit den richtigen Gläsern Look, aber bitte zu moderaten Preisen. Viu- viele Modelle sind nur limitiert zu bekommen, versehen, und in sieben bis zehn Tagen be- Träger sollen Wiederholungstäter werden das reizt. Sondermodelle, wie jene, die sie mit kommt man sein gewünschtes Modell – ko- und sich mehr als eine Brille zu verschiede- der Schweizer Designfirma „En Soie“ produstenlos versandt – fertig nach Hause geschickt. nen Outfits oder unterschiedlichen Stim- ziert haben, gehen ebenfalls weg wie warme Die cleveren Geschäftsleute, selbst Brillenträ- mungslagen leisten können. Um das mit der Weggli. Bei Preisen um 195 Franken für die ger, hatten beobachtet, dass die Brille immer Qualität hinzubekommen, begab sich das fertige Korrekturbrille, egal aus welcher Kolmehr zu einem Lifestyle-Objekt geworden ist. Team 2013 auf die Suche und wurde in Italien lektion, und 165 Franken für Sonnenbrillen Die Zeit der Kassengestelle ist passé, aber auf in den Dolomiten, nahe Cortina d’Ampezzo wundert das nicht. die Suchenden warten entweder Billigpro- fündig. Dort gibt es einen Traditionsbetrieb, Schneller als geplant, geht Viu nun auf Expandukte oder sündhaft teure Designer-Nasen- der seit 30 Jahren Brillengestelle auf höch- sionskurs. Ein zweiter Laden in Basel, ebenfahrräder. Um dafür Alternativen zu entwicstem Niveau fertigt, alles nachhaltig gearbei- falls in angesagter Lage, ist bereits eröffnet, keln taten sie sich mit Fabrice Aeberhard und tet. Es ist ein kleiner Betrieb, der die Prototy- genauso wie im Glockenbachviertel in MünChristian Kaegi zusammen, beide Industrie- pen flexibel und schnell herstellen kann. Mehr chen und in der Hauptstadt Bern. Im Juli soll designer von der Zürcher Hochschule der noch, im Archiv der Firma fanden sich Platten Berlin dazu kommen. Die Lokalmatadore von Künste, die sich 2006 mit ihrem Studio „Ae- aus Acetat, ein Gemisch aus Baumwollzellulo- Mykita müssen sich dann warm anziehen. kae“ selbstständig machten. Die beiden Krea- se und ein wenig Plastik, das noch aus den An- Auch online agiert das Team vorausschauend. tiven sind unter anderem für das Taschenlabel fängen der Produktion aus den 80er-und Sie tüfteln bereits an einer „augmented reali„Qwstion“ verantwortlich und auch für ihre 90er-Jahren stammte. Als Rohmaterial für li- ty“-Version, ein System, dass es ermöglicht, auf einem Tablet Brillen virtuell anzuprobieren, Ladengestaltung bekannt, zum Beispiel von mitierte Gestelle – ein Glücksfund. „Making Things“ und „Komplementair“ in Zü- Sieben Monate lang sondierten Weber und in Läden wie auch zu Hause vom Sofa aus. Das rich. Für die handwerkliche Seite holten sich Käser den Markt, beobachteten, feilten an ih- ist doch wahre Weitsicht. unst n ig h t : K t a s e s S u n g la s v o n RTCO il le stoffbr M r. Po tte r m ac ht Fe rie n: M od ell „M uk hi na “ vo n An dy Wol f - Spieglein, Retro-Rot: Brille im 60erLook von Silvian Heach Spieglein Na endlich, wir tauschen Ski- gegen Sonnenbrille. Von nun an wird auf der Promenade mit dem Meer Durch blick: T Kunst ransparen stoffb te Em p o r i l l e v o n rio Ar mani um die Wette geschillert. Mit verspiegelten Sonnenbrillen, versteht sich 19 GUT VERNETZT serdem ist sie ziemlich glamourös. Auch sie mag die grossen Designer wie Fendi oder Balenciaga, aber auch kleinere Labels wie Erdem oder Mary Katrantzou. Ruth Chapman, Chefin von Matches und matchesfashion.com Sehe ich auf Ihrer Website in Zürich eine andere Auswahl an Kleidung als in Hongkong? Nein, man sieht überall auf der Welt das Gleiche. In der Zukunft werden wir aber in der jeweiligen Sprache auf dem Markt erscheinen und auch unsere Mode-Features mehr nach den unterschiedlichen Ländern ausrichten. Sie arbeiten mit Data- und Vor-Ort-Analysen und haben ein ganzes Team von Einkäufern. Inwiefern spielt Ihr persönlicher Stil in Ihrem Unternehmen noch eine Rolle? Historisch hat sicher vieles mit mir begonnen, aber inzwischen tritt mein Stil eher in den Hintergrund. Wir sind ein Team, und meine Rolle ist es, Orientierung zu geben. Bei uns arbeiten Leute in allen Altersgruppen, es gibt Frauen in den Zwanzigern, die wichtige Posten haben und jährlich für Millionen von Pfund Ware einkaufen, aber auch Dreissigund Vierzigjährige und dann natürlich mich. Dieser Mix der Perspektiven ist ganz wichtig. „Unser Job ist es, zu filtern“ Welchen Einfluss hat die digitale Revolution auf die Modewelt? Die Unternehmerin Ruth Chapman war mit matchesfashion.com als eine der Ersten im Internet präsent. Ausserdem gehören elf Boutiquen in London zu Kleid von Jonathan Saunders für matchesfashion.com ihrem Imperium. Heike Blümner sprach mit ihr über den Wert wahrer Individualität im Netz – und natürlich über ihren Kleiderschrank Bestseller online: Schuhe von Joshua Sanders 20 spür für interessante Newcomer. Und auch zu Hause bei den Chapmans ist einiges los: Einen Sohn und zwei Töchter im Alter von 22, 20 und 16 Jahren hat das Paar. Einige typische Generationenkonflikte dürften jedoch bei dieser Mutter nie eine Rolle gespielt haben: Von Mode versteht sie nämlich mindestens genauso viel wie vom digitalen Zeitalter. Das erste Gefühl, das einen in Zusammenhang mit Ihrer Person beschleicht, ist zugegebenermassen Neid: Haben Sie den grössten virtuellen Kleiderschrank der Welt, auf den man nach Lust und Laune Zugriff haben kann? Theoretisch ja, aber da ich so viel arbeite, habe ich wenig Zeit, mich darin in Ruhe umzusehen. Und wenn es dann doch einmal geht, passiert es sehr oft, dass unsere Kundinnen schneller waren als ich und meine Lieblingssachen oft schon weg sind. Wie schafft man es, von einer kleinen Boutique zum Global Player zu werden? Wir haben über die Jahre eine grosse Sensibilität für Luxusartikel entwickelt und ruhen uns nicht auf unserem Status aus. Wenn den Kunden etwas gefällt, füttern wir sie nicht endlos damit an. Wir wollen, dass sie sich und wir uns weiterentwickeln – und das hat funktioniert. Der Händler als Mentor ist ein Traum, der oft nicht in Erfüllung geht, weil die Kunden lieber auf Altbewährtes setzen. Gerade Deutschland ist da vergleichsweise konservativ. Ja, es ist nicht einfach, Kunden anzuleiten. In Deutschland sind sie sehr anspruchsvoll, aber sie neigen auch zu Wiederholungskäufen. Als ich dort war, fiel mir zum Beispiel auf, wie viele Frauen Valentino-Schuhe mit Nietenbesatz trugen. Sie gehören dort scheinbar zur Grundausstattung. In Berlin und München gibt es aber auch Kunden, die die Grenzen weiter ausloten. Was können Sie uns über die Vorlieben der Schweizer und Schweizerinnen sagen? Die Schweiz ist einer unser wichtigsten Märkte, in dem wir zuletzt zweistellige Wachstumsraten hatten. Dort mag man unter anderem Saint Laurent, Isabel Marant und Stella McCartney sehr gerne. Besonders beliebt bei den Schweizerinnen sind Kleider, Schuhe und der Ferien-Bereich auf unser Website, wo wir Bikinis, Sandalen oder Strandkleider präsentieren. Und, was ich besonders interessant finde: In der Schweiz wird auffallend häufig per i-Phone eingekauft. Tasche von Balenciaga exklusiv in Chapmans Online-Shop Und wie muss man sich die britische Kundin vorstellen? Sie kennt sich sehr gut mit Mode aus, bis in die letzten Details. Aus- MATCHESFASHION.COM (5)/INTERTOPICS; FRANTZESCO KANGARIS U Um es gleich vorweg zu sagen: Ja, man würde dieser Frau wohl sofort eine ganze Garderobe abkaufen. Ruth Chapman strahlt genau die Art von Lässigkeit aus, die einem kein Designer der Welt auf den Leib schneidern kann. Sie trägt eine lockere, dezent geblümte Seidenbluse mit Schalkragen zu einer grauen Hose und Plateausandalen und wirkt, als hätte sie sich keine Sekunde darüber den Kopf zerbrochen, und empfängt im Townhouse ihres Unternehmens im Londoner Stadtteil Marylebone. Es ist der Ort, an dem die kaufkräftigste Kundschaft ein und aus geht. Diejenigen, denen eine normale Boutique zu klein und das Internet zu gross ist. In den salonartigen Räumen erhalten diese Kunden Beratung und zu jedem Anlass passende Kleidungsstücke präsentiert. Natürlich nicht mehr von Ruth Chapman persönlich. Als Mitbegründerin und einer der beiden CEOs der vier Londoner „Matches“-Boutiquen, sieben Monobrandshops und der Onlinedestination „matchesfashion.com“ hat sie inzwischen andere Aufgaben. 1987 strich sie die Wände ihres ersten „Matches“-Ladens in Wimbledon zusammen mit ihrem Mann Tom noch selbst. Knapp 30 Jahre später haben die beiden aus diesen Anfängen ein globales Modeimperium gebaut. Rund 400 Labels verschicken sie an Kunden und Kundinnen in 195 Länder. Chapman steht für individuelle Beratung und ein sicheres Ge- Trotz aller Vielfalt ist die Modewelt auch langweiliger geworden, weil heutzutage fast alles überall auf der Welt erhältlich ist. Früher fuhr man nach London und kaufte sich ein paar Schuhe, die es nur dort gab. Das ist heute fast unmöglich geworden. Stimmt, das ist ein Problem. Deshalb ist die Auswahl das, was uns ausmacht und von anderen unterscheidet. Es bedeutet, dass wir, wenn wir grosse Marken einkaufen, immer schauen, dass wir eine möglichst aussergewöhnliche Selektion treffen. Wir kaufen nichts, was man zum Beispiel auch an einem Flughafen finden würde. Selbst im Denim-Bereich setzen wir nur auf besondere Stücke. Dann haben wir exklusive Kollaborationen mit Designern, zum Beispiel kommt demnächst eine Taschenkollektion von Mary Katrantzou bei uns heraus. Zusätzlich legen wir grossen Wert darauf, jede Saison neue Talente zu finden und sie bei uns zu präsentieren. Die Suche nach dem Besonderen treibt uns an. Gerade haben wir in Paris das Hutlabel Gigi Burris entdeckt. Wir wollen, dass die Leute sagen: „Wow, toll, wo hast du das denn her?“ Damit überträgt sich die Rolle des Mentors auch auf den Kunden. Was muss ich als junger Designer tun, um von Ihnen zur Kenntnis genommen zu werden? Das Wichtigste ist, dass Sie Ihre eigene DNA haben. Es muss eine grosse Kreativität erkennbar sein. Das Produkt muss gut gemacht sein, und die Produktion muss laufen. Und Sie müssen bereit sein, hart zu arbeiten, denn wir suchen nach Leuten, mit denen wir langfristig etwas aufbauen können. Es reicht jedenfalls nicht, nur eine tolle Idee zu haben. Marcus Almeida ist dafür ein gutes Beispiel. Wir haben mit ihm von Anfang an gearbeitet, viele haben ihn kopiert, aber er ist sich treu geblieben. Oder Manzur Gavriel – sie haben im Prinzip ein geniales Produkt entwickelt, das total zu ihnen passt. Auch sie werden oft kopiert, aber es klappt nicht, denn die Käuferin ist intelligent. Und wenn wir irgendwo anders eine Kopie sehen, würden wir sie nie kaufen, auch wenn sie nur halb so teuer wäre. Auf der anderen Seite gibt es immer noch einige Designer, die ihre Kleidung nicht in einem Online-Shop sehen wollen – egal wie gut die Präsentation ist. Viele haben Angst, dass der Luxusaspekt ihrer Arbeit nicht ausreichend transportiert wird. Aber inzwischen merken sie auch, dass sie ins Hintertreffen geraten werden, wenn sie nicht mitmachen. Deshalb ist es so wichtig, dass Unternehmen wie wir auf jedes Detail achten. Der richtige Vertrieb ist der Dreh- und Angelpunkt einer Marke. Als Sie 2007 matchesfashion.com gründeten, war das noch eine Zeit, als viele Leute sagten, dass es unmöglich sei, hochpreisige Designermode erfolgreich online zu verkaufen. Das hat sich nicht bewahrheitet. Ja, und wir stehen immer noch am Anfang, wir sehen gerade überhaupt nur die Spitze des Eisbergs. Trotzdem glaube ich an das intelligente Zusammenspiel von echten und virtuellen Shops. Beides hat seine Vor- und Nachteile, und es ist gut, beides miteinander zu verbinden. Im Prinzip geht es in beiden Welten um qualitativ hochwertige Erfahrungen. Viele Ladenbesitzer beklagen sich, dass die Verkaufszyklen durch das Onlineangebot immer kürzer werden. Die Sales starten immer früher und schnüren ihnen die Kehle zu. Sie sind in beiden Welten zu Hause. Wie halten Sie es mit dem Problem? Ansatzweise kann ich das nachvollziehen. Bei uns geht der Sale Mitte Juni und kurz nach Weihnachten los – alles andere wäre verrückt. Ich glaube, dass erfolgreiche Händler sich nicht auf zu frühe Daten einlassen sollten, es gefällt auch den Designern überhaupt nicht. Auch sonst beschleunigt sich alles mehr und mehr: Ständig gibt es irgendwo eine neue Kollektion, Fashion Weeks finden in abgelegenen Städten statt. Das Angebot ist so überwältigend, dass man manchmal keine Lust mehr hat, überhaupt noch etwas zu kaufen. Die limitierte Tasche von Mary Katrantzou gibt es nur im Online-Shop Wenn bei uns neue Labels dazukommen, müssen wir uns im Gegenzug von anderen verabschieden. Es kommt alles auf den Zuschnitt an. Es gibt viel Neues und viel Lärm drumherum, es ist unser Job, das zu filtern. Luxuriöse Knappheit: Bikinioberteile von Kini sind schnell ausverkauft Wie gross ist denn nun Ihr echter Kleiderschrank? Nicht so gross, wie man denken würde – obwohl mein Mann das wahrscheinlich anders sieht. Im Schlafzimmer habe ich einen Schrank mit den Sachen, die ich jeden Tag anziehe, und in einem anderen Schlafzimmer steht noch ein Schrank, wo die Sachen aus der jeweils anderen Saison hängen. Zweimal im Jahr wird umgehängt, dabei miste ich aus und füge Neues hinzu. Aber ja, ich gebe tatsächlich viel Geld für Kleidung aus. Interessieren sich Ihre Kinder für Mode? Ja – sie lieben sie, und meine zwanzigjährige Tochter würde am liebsten wie verrückt zuschlagen, wenn sie dürfte. Ab und zu erlaube ich, dass sie sich etwas aussucht. Das Tolle ist: Wenn sie dann etwas bekommt, so wie neulich eine winzige Weste von Saint Laurent oder eine Stella McCartney-Bomberjacke, die sie sich so sehr gewünscht hat, dann zieht sie das Stück gar nicht mehr aus. Wie ist das bei Ihnen? Bekommen Sie noch einen emotionalen Kick von Mode? Total! Im Team kennen wir dieses Gefühl auch. Gerade erst ging es uns so bei der Designerin Grace Wales Bonner. Ihre Show am Central Saint Martins war so wunderschön! Sie ist noch nicht so weit, dass man die Sachen wirklich einkaufen kann, aber als ich nach der Show zurück ins Büro kam, sagte ich zu allen Mitarbeitern: „Packt eure Sachen, geht dort hin und schaut euch die Sachen an.“ Ich bin mir sicher, dass sie es zu etwas bringen wird, denn ihre Vision ist sehr kraftvoll, und die Liebe zum Produkt ist klar zu erkennen. Und bei einzelnen Teilen? Sie können bei mir auch noch eine starke Wirkung entfalten, aber wenn ich etwas nicht bekommen kann, macht es mir nichts mehr aus. Da bin ich sofort drüber hinweg. Lassen Sie die Modewelt manchmal komplett hinter sich? Ja, zuletzt war ich Skifahren. Es ist wichtig, zwischendurch seinen Körper und auch seinen Geist auf andere Art einzusetzen. Das ist das beste Mittel, um abzuschalten. 21 WERKSTATTBESUCH B 2 Form & Familie Die Gebrüder Bouroullec sind sehr beschäftigt und eher verschwiegen. Esther Strerath zeigten die Franzosen trotzdem, wie sie sich Möbel vorstellen, Ein Stuhl ist nicht ein Stuhl, sondern eine komplexe Sache. Dieser ist brandneu und aus der Serie „Belleville“ für Vitra 22 Stephanie Füssenich fotografierte Das Interview verzögert sich um einige Minuten, Ronan Bouroullec hatte spontan eine Idee, die er sofort skizzieren möchte und mit dem Chef eines grossen, italienischen Leuchten-Herstellers via iPhone besprechen muss. Wenige Wochen vor dem Start der weltweit wichtigsten Möbelmesse, dem Mailänder Salone del Mobile, liegt in jedem partizipierenden Design-Studio Spannung in der Luft. Bei Ronan und Erwan Bouroullec fühlt es sich eher so an wie die Ruhe vor dem Sturm. Es ist still in dem kleinen Studio, das in einem Hinterhof des Pariser Stadtteils Belleville liegt. Kein Schild weist auf das Atelier der beiden Brüder hin, aber durch eines der anderen Fenster ist eine Flos-Leuchte zu erkennen, die das Duo 2013 in Mailand vorgestellt hat. Und hinter der gläsernen Eingangstür stapeln sich Kartons des italienischen Möbelherstellers Magis, voilà. Da tritt schon ein Mitarbeiter, Jung-Designer Michel aus der Schweiz, vor die Tür und bietet eine kleine Führung durch die Ideen-Schmiede an. Mon Dieu, das Studio! Wer zeitgenössisches Design schätzt, der fühlt sich hier, als sei er kopfüber in eine Schatzkiste gefallen. Neben einem Vintage-Sideboard, auf dem eine Espressomaschine in unregelmässigen Abständen gurgelt, steht eine blassrote Glasbank von Glasitalia, ein transparenter Plastikstuhl sticht ins Auge und eine Mitarbeiterin sortiert unzählige kleine Muster für eine Teppich-Kollektion, die demnächst weiterentwickelt werden soll. Hier ein Outdoor-Stuhl, dort eine Leuchte in einer Farbe, die es auf dem Markt nicht geben wird, sowie Modelle, von denen man verspricht, sie nicht gesehen zu haben – „top secret“. Die Treppe hinauf sind die neuen Stühle für Vitra aufgereiht, verschiedene Pro3 totypen, einer noch mit einer Art SWISS MADE Weltneuheit P.E.P.© von JURA: Dank Puls-Extraktionsprozess zum perfekten Espresso Schweizer Innovationskraft auf höchstem Niveau: Mit der Z6 hebt JURA die Kaffeespezialitäten-Vollautomaten auf den nächsten Level. Der Puls-Extraktionsprozess (P.E.P.©) optimiert die Extraktionszeit und garantiert Spezialitäten in höchster Kaffeebar-Qualität. Die Zubereitung von Trendspezialitäten gelingt dank automatischen Umschaltens von Milch auf Milchschaum so leicht wie noch nie. Für kultivierte Funktionalität sorgen der frontale Zugang zu Wassertank, Bohnenbehälter und allen Bedienelementen sowie das Intelligent Water System (I.W.S.®), das den Wasserfilter automatisch erkennt. www.jura-z6.com JURA – If you love coffee 3 Knetmasse am Rahmen behaftet. Dahinter, auf einer Fläche, die als Fotostudio dient, stehen die fertigen Versionen, so wie sie in Mailand gezeigt werden. Die Stühle stammen aus der Serie „Belleville“ und Erwan Bouroullec, der jüngere Brüder, nimmt auf einem von ihnen Platz und erklärt: „Der Stuhl ist eine der längsten Entwicklungen, mit denen wir je konfrontiert waren. Es gibt ihn in Schichtholz, oder Kunststoff mit Polyamid-Rahmen, und in einer Version mit Armlehnen. Wir mussten tief in die Technologie eintauchen, um die beste Performance bezüglich der Stabilität und am Ende einen bezahlbaren Preis liefern zu können. Das Wichtigste war, die Eleganz zu erhalten.“ Multi- 24 STEPHANIE FÜSSENICH N AND R & E BOUROULLEC 3 unentwegt, eine Art Meditation sei das und auch Tagebuch. Gemeinsam denken sie viel über das Leben nach. Das kann man als typisch französisch verstehen. Aber es gehört auch zum Profil des Berufs dazu. „Der Design-Prozess ist ein wenig seltsam“, überlegt Erwan. „Man muss sich selbst zu viele Ideen verbieten. Sobald man ein Projekt zugesagt hat, muss man sich konzentrieren, muss, wie bei einem Baum, dessen Zweige ein bisschen schwach sind, immer wieder stutzen. Es vergeht viel Zeit, in der wir Dinge erfinden und zeichnen. Aber dann gibt es wiederum andere Phasen, in der wir immer dieses Ding anschauen und es reduzieren, etwas wegnehmen, wieder schauen, nachdenken. Das ist wie eine Meditation. Dann findet man den stärksten Teil. Man muss lernen, zu warten.“ Umso wichtiger ist ihnen die experimentelle Arbeit ausserhalb dieses Rahmens, für oder mit Kunstgalerien, wie zum Beispiel der Galerie Kreo in Paris. Seit eineinhalb Jahren hängt ein Werk der Bouroullecs in Versailles, das erste zeitgenössische Objekt in dem Barockschloss aus dem 17. Jahrhundert: Ein zwölf Meter langes Geschmeide, aus 800 KristallModulen gefertigt, das an eine gigantische Körperkette erinnert und als fantastischer Chandelier den Eingang des Palastes erhellt. STEPHANIE FÜSSENICH; PAUL TAHO Erwan (links) und Ronan Bouroullec am Eingang ihres Studios in einem Pariser Hinterhof, das beide täglich zu Fuss von zu Hause aus erreichen funktionale Stücke sollen die Stühle aus der Serie „Belleville“ werden, geeignet für drinnen und draussen, für Hotels oder Cafés, aber auch für den Privatgebrauch. So eine Vielfältigkeit möglich macht eine Hybrid-Konstruktion, der Rahmen wurde von der Schale getrennt, was bei Kunststoff sonst nicht üblich ist. „Das ermöglichte uns, radikaler zu sein“, so Bouroullec. Er holt eine ziemlich dünne Sitzschale herbei und demonstriert, wie einfach sie sich in das grazile Gestell klacken lässt. Allmählich ahnt man, seinen ausführlichen Beschreibungen zuhörend, warum das Neuerfinden eines Möbelstücks manchmal mehr als zwei Jahre dauern kann. Weil das Team immer noch überschaubar ist, können sie sich viele Freiheiten erlauben. Seit sie Ende der 90er-Jahre von Giulio Cappellini entdeckt wurden und daraufhin schnell von einem Geheimtipp zu begehrten und erfolgreichen Produkt-Designern aufstiegen, hat sich in dem Studio gar nicht so viel verändert. Während vergleichbar bekannte Kollegen oft Dutzende Angestellte beschäftigen, wollten die Bouroullecs stets klein bleiben. „Wir sind ein bisschen wie eine Rockband“, sagt der zurückhaltende Enddreissiger Erwan. „Wir könnten jederzeit auf Tournee gehen, haben viel Energie. Aber das funktioniert alles nur mit grosser Entourage. Die aber ist nicht leicht zu bewegen. Somit ist unsere Freiheit vielleicht auch eine Einschränkung. Wir können zum Beispiel kein Auto entwerfen.“ Stattdessen aber Tische, Stühle, Sofas, Leuchten, Teppiche und Kacheln – die fünf ProduktDesigner, eine Praktikantin und die Gebrüder arbeiten immer an mehreren Projekten gleichzeitig. Keine der Firmen, mit denen sie kooperieren, gleicht der anderen. Neben Vitra sind auch Beziehungen entstanden zu dem italienischen Familienunternehmen Magis, zu dem Holzspezialisten Mattiazzi, zu der Leuchten-Firma Flos und zum dänischen Möbelhersteller Hay. „Jede Firma ist wie ein menschlicher Körper. Da gibt es die Historie, die man respektieren muss, das sind ihre Füsse. Man kann mit ihnen tanzen, aber man kann sie nicht ändern.“ Ronan Bouroullec wird später noch sagen: „Ich bin polygam, mit vier, fünf Firmen verheiratet, die ich liebe. Vitra ist vermutlich die erste Liebe, aber Cappellini hat mich entdeckt, als ich noch ein Student war. Ende der 90er-Jahre war das, eine andere Zeit, freier irgendwie.“ Damals beschlossen die Brüder, aufgewachsen in der Bretagne und beide Absolventen französischer Hochschulen, gemeinsam zu arbeiten. Heute gibt es nichts, das nur einen von ihnen als Schöpfer ausweist. Erwan Bouroullec erklärt: „In den vergangen Jahren haben wir gelernt, nicht alles immer zu diskutieren. Wir machen alles zusammen, doch mal ist der eine näher an einem Projekt, mal der andere. Derjenige, der von aussen darauf blickt, ist dabei immer genauso wichtig, hat manchmal eine klarere Vision. Wir interagieren immer, aber im Moment verbringen wir etwas weniger Zeit zusammen.“ Während Erwan, der jüngere Bruder, sich zunehmend für Robotik interessiert, vertieft sich der ältere mehr und mehr in die Arbeit mit traditionellen Materialien wie Keramik 3 und Glas. Beide zeichnen eigentlich Sofa-Pausen sind derzeit selten: „Plume“ ist jüngstes Mitglied der hochwandigen „Alcove“Familie, die die Brüder für Vitra entworfen haben. Darunter: Wolken für Wände oder als Raumteiler: „Clouds“ ist ein unendlich erweiterbares und Geräusche schluckendes ModularSystem aus Stoff und mit einem eigens erdachten Fixier-System, das sein Wachsen, einer Pflanze gleich, ganz leicht ermöglicht „Versailles gab uns eine ,Carte Blanche‘ und dann sprachen wir Swarovski an, die uns einmal zu einer Ausstellung, dem ‚Crystal Palace’, eingeladen hatten. Damals haben wir, das hatte Swarovski sicher nicht geplant, nur einen kleinen Stein präsentiert“, erinnert sich Erwan Bouroullec grinsend und formt mit den Händen einen faustgrossen Kiesel. „Er war für uns besonders geschliffen worden und in seinem Inneren leuchteten LEDs, man konnte ihn hintragen, wohin man grad wollte.“ Jetzt wiederum entsteht aus dem Versailler Lüster eine Leuchte für Flos, das Muster eines Teppichs taucht ähnlich bei Kacheln auf, auf der Online-Möbelplattform „The Wrong Shop“ kann man Zeichnungen erwerben, die vielleicht aus Studien hierzu entstanden sind. „Viele Konzepte oder Arbeiten reisen mit uns von einem Projekt zum nächsten.“ Die Grenzen zwischen Kunst und Design verschwimmen in diesem Studio in Belleville, ein Grund, warum die Möbel als Zeitzeugen in Museen wie dem Centre Pompidou, MoMa in New York, dem Art Institute of Chicago, und dem Design Museum in London exponiert sind. Eines der Projekte, das gerade Form annimmt, ist eine Ausstellung in Tel Aviv im kommenden November. Ronan Bouroullec zeigt Zeichnungen und Kollagen: Eine „Promenade“, verschiedene Räume durch bunte, gläserne Wände getrennt, darüber sind Muster gemalt, wie die traditioneller Kacheln. „Wir spielen mit dem Licht in Tel Aviv.“ Vor ihm liegt auch die Idee zu der neuen Flos-Leuchte, „ein Jahr lang verfolgten wir eine idiotische Idee, dann haben wir zufällig eine neue Technik entdeckt. Also habe ich das ganze Wochenende gezeichnet, im Zug, Freitagnacht und dann den Prototyp erhalten. Ich mag das sehr, so zu arbeiten, es ist hart an der Grenze, es ist wie Aquaplaning, es gibt viele Möglichkeiten zu verunglücken“, sagt er lächelnd. Hinter ihm lehnen Schiefertafeln an der Wand, voll gezeichnet mit weisser und rosafarbener Kreide, Bouroullec mag beides, „die Palette der Möglichkeiten in dieser Welt ist gross, also muss man sie intelligent nutzen. Ich habe einen schnellen Computer hier, aber auch eine Tafel. Ich zeichne etwas, benutze mein iPhone und schicke das Bild sofort an jemanden.“ Nur manchmal entzieht er sich dem Rhythmus dieses effektiven Systems, dann fährt er in sein Haus in der Bretagne. „Süpersmall“ sei das, sagt er, wieder zeigt er Fotos: „Es gibt kein Internet, aber es liegt direkt an der See, eine Hütte mit Blick auf das Meer. Es ist kein freundlicher Ort, das Klima ist rau. Ich bin gerne alleine dort, schwimme, surfe. Es ist ein guter Platz, um nachzudenken und zu zeichnen. Aber es ist keine Pause, wenn ich zurückkehre, bin ich erschöpft.“ Auf den Bildern ist sein Sekretär zu sehen, er steht vor einer geöffneten Flügeltür und das wilde Wasser glitzert im Hintergrund. Ronan Bouroullec hat erst kürzlich auf Ebay alte Holzschränke zu einem Schnäppchenpreis ersteigert, die er hat aufarbeiten lassen, sie stehen jetzt in seinem Pariser Atelier. Er drückt einen Anruf weg und gesteht: „Ich hätte gern eine Welt, die so wäre wie die Schränke, ohne Chichi. Das wollen wir ja hier, interessante Dinge schaffen, die lange, lange halten und die so gut sind, dass man weiter nicht viel braucht.“ IN BESTER LAGE Knospengleich: gläserne Leuchten von Maija Puoskari (Salone Satellite) NEUE MÖBEL Einen Blick voraus Von wegen Nostalgie! Auf dem Mailänder Salone del Mobile gab es In seinem Berliner Atelier scheint die Zeit Esther Strerath hat für uns die spannendsten stehen geblieben zu sein. Und dann auch Wohn-Trends herausgesucht wieder nicht. Der Schweizer Sattler Daniel Heer pflegt eigenwillig ein uraltes Handwerk: Er fertigt Rosshaarmatratzen – wie sein Ur-, sein Gross- und sein Vater schon Himmelbett modern: „Letti“ von XAM 26 auf einer gestreiften Matratze, die sein Grossvater einst für ihn gefertigt und sein Vater noch mal aufgearbeitet hat. Dies sei alle 25 Jahre nötig. Dann wird die Matratze geöffnet, das Rosshaar von 43 Pferden, das sind etwa 50 Kilo, entnommen, aufgelockert, an die Luft gelegt und am Abend wieder in die Matratze gefüllt, die meist noch einen neuen Bezug erhält. „Die Matratze ist dann wieder wie neu, das Haar behält seine Elastizität und Sprungkraft. Das ist die Investition“, erklärt Heer. Einmal im Jahr sollte man die Matratze zudem in die Sonne stellen, sie regelmässig wenden und sie nicht klopfen, sondern bürsten. Belohnt werde man dafür mit einem besonders gesunden Schlafklima, denn Rosshaar sei atmungsaktiv, verfüge über eine hohe Feuchtigkeitsaufnahme und Luftzirkulation. Ausserdem sei das Naturmaterial antiseptisch und selbstreinigend: Eine Rosshaarmatratze werde deshalb niemals muffig. Vor allem aber sind Daniel Heers Matratzen schön anzusehen. Längst sind Architekten, Hotels und Concept Stores auf seine Produkte aufmerksam geworden, die er bis nach New York und Sydney verschickt. Seinen Kundenstamm beschreibt er als illuster, bekannte Persönlichkeiten schliefen auf seinen Matratzen. Wer genau, das möchte der diskrete Handwerker dann aber doch nicht preisgeben. Das Bett sei nun mal das privateste aller Möbelstücke. Und doch läge ihm viel daran, die Matratze aus dem Dunklen ans Licht zu holen. Sie nicht länger unter Leintüchern zu verstecken. Das Potenzial dafür haben seine Modelle allemal – und dem würde gewiss auch Urgrossvater BeMira Wiesinger nedikt zustimmen. Spot on: Leuchte „Focus“ von Antje Pesel (Salone Satellite) Kurvig & leicht: „Pegasus“ von NachwuchsDesigner Andrea Borgognis In memoriam: Cassina gedenkt Le Corbusier mit Skulpturen, die auch Tisch sein können, von Jaime Hayon Kein Farbklecks, sondern eine Leuchte: von Lucidi di Pevere für Foscarini Angesagt sind Schränke auf Augenhöhe: „Cabinet“ von XAM Im Palazzo Litta zu sehen: Das Besteck von Gae Aulenti (19292012) war Teil der Ausstellung Design Memorabilia Schräg schön: MiniRegal des Studios „Nendo“ für Moroso Marble-ous: „Greeny“ heisst der neue Esstisch mit Marmorplatte von Bonaldo Doppeldecker: ein Entwurf von Jung-Designer Christoph Friedrich Wagner Noch ein Brasilianer: Stuhl aus Stahl von Waldick Jatobá Das Rosshaar, sortiert nach den Farben Naturblond (etwas weicher) und Schwarz (etwas elastischer), befindet sich zu Zöpfen verdreht in Holzkisten auf einem Regal. Darüber aufgereiht stehen Garnrollen in vielen Farben. „Es geht mir darum, das Material, das Produkt und den Handwerker zu zeigen. Alles was Sie sehen, wird auch verwendet. Die alten Werkzeuge sind keine Dekoration“, so Herr Heer, der sich 2012 nach einer Station in Kreuzberg in der Rosa-Luxemburg-Strasse niederliess. Doch warum fertigt ein junger Mann in Zeiten von Latex-, Kaltschaum- und hochtechnologisierten Vielzonen-Matratzen noch eine aus Rosshaar? „Alles wird schneller und man erfindet immer mehr Dinge, um Zeit zu sparen. Ich mache genau das Entgegengesetzte: Ich investiere in Zeit“, sagt der Schweizer, der selbst einige Jahre brauchte, bis er den Wert des Familienhandwerks schätzen lernte. Schon als Kind hatte er in der Werkstatt gespielt, mit 16 Jahren begann seine Lehre im elterlichen Betrieb in der Nähe von Luzern. Doch er musste erst etwas Distanz gewinnen, bis er sich 2007, zum 100-jährigen Jubiläum der Familientradition, dazu entschloss, das Erbe in Berlin fortzuführen. Diese Zeit der, sagen wir mal: Besinnung, die er in Prag, Warschau, Wien und Berlin verbrachte, nennt er seine Lehr- und Wanderjahre, neun an der Zahl, von denen er bis heute zehre. Vergleichsweise lang dauert es auch, bis eine Rosshaarmatratze fertig ist. Fast vier Tage braucht er für ein Standardmass von ein mal zwei Metern. Rund 2093 Franken kostet das Stück, das dann aber ein ganzes Leben halten soll. Daniel Heer selbst schlafe noch immer SEITE 27 UND 31: STUDIO POINTER; ISABEL ROTTIERS; CARLO LAVATORI; MONTAGE ICON E Es ist Inbegriff seines gesamten Tuns – das Porträt des Urgrossvaters Benedikt. Man möchte meinen, leicht ironisch und doch wohlwollend blickt der Mann von der Wand auf das Schaffen seines Urenkels. Über den alten Werkzeugkisten seiner Ahnen hat Daniel Heer das Gemälde aufgehängt – er hat es für diesen Zweck von einem zeitgenössischen Berliner Maler anfertigen lassen. „Es verbindet die Gegenwart mit der Vergangenheit“, sagt der 37-Jährige, der besonderen Wert darauf legt, dass seine traditionelle Arbeit in einem modernen Kontext erscheint: Der helle Raum ist aufgeräumt und klar strukturiert. Nichts wirkt nostalgisch oder antiquiert. Und man darf ihm auch dabei zuschauen, wie er krauses Rosshaar Schicht um Schicht zwischen jeweils einer Lage Schurwolle und einer Lage Stoff stapelt. Wie er das Ganze von rund 50 auf 15 Zentimeter zusammenschnürt; wie er mit den Händen die runden Kanten der Matratze modelliert und mit dem Sattlerstich vernäht; wie er mit sogenannten Abheftern aus demselben Garn des Bezugsstoffs das Rosshaar fixiert. Nur eine bodentiefe Fensterscheibe trennt ihn dabei von den Passanten auf der Strasse vor seinem Studio in BerlinMitte. Von hier aus kann man auch die fertigen Matratzen bewundern: klassische mit sanften Pastellstreifen oder modern interpretierte in bunten Anzug-Wollstoffen, blauem Denim oder sogar welche, die mit weichem Hirschleder bezogen sind. Kunst zu Füssen: Woll-SeidenTeppich von Federico Pepe für CC-Tapis DANIEL HEER (2) Daniel Heer in seinem Berliner Atelier und Element. Im Hintergrund die Werkzeuge des Urgrossvaters Benedikt und auch dessen wachsamer Blick Luftballons – mundgeblasen aus Muranoglas. Lüster von Emmanuel Babled wieder Möbel-Neuheiten zu bestaunen. Zierlich: Couchtisch von den dänischen DesignGeschwistern Frier & Frier Ess- oder Arbeitstisch: „In Vein“ aus Marmor, Metall und mit LederschlaufenBeinen von Ben Storms Made in Brasil: Stahlsessel aus der Kollektion von Sammler Waldick Jatobá 27 Weiche Liege: Daybed in MarmorOptik von Maurizio Galante und Tal Lancman von Baleri Italia Ganz oben Statt Taschengeld und Spielzeug bekam Matteo Thun nur Ton. Er sollte selbst was machen. Und was er dann alles gemacht hat! Sven Michaelsen hat den Designerstar befragt Sie heissen Matthäus Antonius Maria Graf von Thun und Hohenstein. Warum gaben Sie sich den prosaischen Namen Matteo Thun? Wenn Sie als Italiener Ihre Steuererklärung machen, müssen Sie zig Formulare ausfüllen. Ich war es irgendwann leid, jedes Mal diesen ellenlangen Namen hinschreiben zu müssen. ring-01-Stiften perfekte Zeichnungen anfertigten. Ich dagegen schmierte mit HB-Bleistiften rum, machte alles schmutzig und zweifelte dauernd an mir . Nichtsdestotrotz gelang es mir, für Ettore die meistkopierte Menage der Moderne zu zeichnen, die jahrelang der grösste Umsatzbringer von Alessi war. Sie sind auf zwei Schlössern in Bozen aufgewachsen und sagen: „Es gibt nichts Grauenhafteres, als in einem Schloss zu leben.“ Es ist nahezu unmöglich, Schlösser zu heizen, und mit dem Komfort in Bad und Küche steht es auch nicht zum Besten. Meine Mutter verbot mir, am Boden zu spielen, weil der Marmor auch im Sommer eiskalt war. Aber welches Kind spielt schon gern an einem Tisch? Hat Sottsass sofort erkannt, dass da jemand die Gabe des guten Auges hatte? Wenn er dieser Meinung war, hätte er es nie gesagt. Er kam auch nie auf die Idee, mich anzustellen, weil er als radikaler Kommunist aus Prinzip niemanden bezahlen wollte. Ich arbeitete zweieinhalb Jahre gratis für ihn und bekam oft verbale Prügel. Auch die Arbeitsbedingungen waren nicht die besten. Wir hatten keine Sekretärin, keine Fotokopierer, und wenn ich zu Alberto Alessi fuhr, um mit ihm über meinen Öltropfenrücklaufmechanismus zu sprechen, musste ich das Benzin und die Fotokopien selber bezahlen. Später besuchten Sie eine Klosterschule des Franziskanerordens. Wie ging es dort zu? Es herrschten strengste Disziplin und katholische Starrköpfigkeit. Eine lebende Fremdsprache zu lernen war verboten. Nur Esperanto und Stenografie waren erlaubt. Jeden Morgen um sieben war Messe, und am Anfang und am Ende jeder Schulstunde wurde gebetet. Auch bei uns zu Hause herrschte mönchische Askese. Ich bekam kein Spielzeug geschenkt, sondern Ton. Mit ihm sollte ich mir meine Spielzeuge selber machen. Taschengeld gab es auch nicht. Jede Lira wurde in die Keramikwerkstatt meiner Eltern investiert. Ursprünglich wollten Sie Maler werden und waren Schüler von Oskar Kokoschka an der Sommerakademie für Bildende Kunst in Salzburg. War das eine prägende Erfahrung? Kokoschka war schon sehr alt und interessierte sich hauptsächlich für seine Frau Inge, eine fantastische blonde Deutsche. Wir Schüler zeichneten Akte und Porträts. Meine Karriere als Maler endete, als wir die Opernsängerin Anneliese Rothenberger porträtieren sollten. Sie stand uns 20 Minuten lang Modell und war sehr von sich eingenommen. Als sie mein Bild sah, war sie entsetzt und behandelte mich mit Eiseskälte. Ich hatte ihre Pupillen falsch gesetzt, sie schielte. Von diesem Moment an war ich an der Akademie verloren. Der Kreative: Matteo Thun hat als „Memphis“-Mitglied auch die Teekanne der „Rara Avis“-Kollektion entworfen (1982) 28 1978 begann Ihre Zusammenarbeit mit dem 35 Jahre älteren Design-Avantgardisten Ettore Sottsass, der mit seiner leuchtend roten Schreibmaschine für Olivetti zu Weltruhm gelangt war. Wie haben Sie ihn kennengelernt? Er hielt einen Gastvortrag, als ich in Los Angeles Architektur studierte. Er war ein unnahbares Idol, ein Mythos, der es ablehnte, zu unterrichten und Schüler zu haben. Vor seinem Rückflug nach Italien wollte er das Grab von Marilyn Monroe sehen. Ich fuhr ihn hin und besorgte ihm an einer Tankstelle eine Rose für das Grab der Monroe. Während der Fahrt konnte ich ein bisschen an ihn rankommen. Als wir uns am Flughafen verabschiedeten, sagte er, ich solle ihn besuchen, wenn ich mal nach Mailand käme. Ich spürte aber, dass das bloss eine Höflichkeitsfloskel war. Dennoch standen Sie wenig später vor seiner Bürotür. Er tat zumindest so, als würde er sich an mich erinnern und überliess mir eine Arbeit, zu der er gerade keine Lust hatte. Ich sollte für eine damals unbekannte Firma namens Alessi eine Menage für Essig, Öl, Salz und Pfeffer entwerfen. Als Architekt war ich ein Anfänger, und von Design hatte ich auch keine Ahnung. Ich war der Spott der Profis, die mit ihren Rot- Der tonangebende Designer jener Zeit war Dieter Rams mit seinen Entwürfen für Braun. Über einen seiner berühmtesten spotteten Sie: „Meine emotionale Bindung zu einem BraunWecker ist ähnlich einer, die ich zu einer toten grauen Maus haben würde, die mich jeden Morgen um 6.45 Uhr aus dem Schlaf schreckt.“ Ende der Siebziger herrschten überall das Bauhaus und die Ulmer Schule. Alles war mausgrau, ein steriler Funktionalismus ohne Lebensfreude und Witz. Das hat bei Sottsass und mir zu einer explosiven Proteststimmung geführt. Wir waren stinkwütend, dass uns niemand das machen liess, was wir machen wollten. Die Zeit war reif für ein Erdbeben. Eines Tages sagte Sottsass: „Ich habe es satt! Ab jetzt geben wir uns selbst Aufträge.“ In der Praxis sah das so aus, dass ich tagsüber Haartrockner für Wella zeichnete und nachts an eigenen Projekten arbeitete, für die ich in Vorkasse treten musste. Die Nächte endeten mit Rotweinschlachten und weinenden Frauen. Nach Mitternacht beschimpfte Sottsass unsere Frauen als dumme Kühe, weil sie uns Männer von der Arbeit abhalten würden. Zu mir sagte er: „Wenn du heiratest, ist es aus mit uns! Entweder gehörst du zu mir und der gemeinsamen Sache, oder du gehst!“ Die Entwürfe, die nachts in Sottsass’ Büro entstanden, wurden unter dem Namen Memphis weltberühmt. Wie kam eine Gruppe italienischer Designer darauf, sich ausgerechnet nach einer Stadt in Tennessee zu nennen? Das hat mit einer Schallplatte zu tun, die einen Kratzer hatte. Sottsass hatte an jenem Abend Bob Dylan aufgelegt, und es wurde jede Menge Rotwein getrunken. Trotzdem kam keiner von uns auf eine zündende Namensidee. Als die Platte bei der Zeile „With the Memphis blues again“ hängenblieb, notierte Sottsass ganz einfach das Wort „Memphis“. 1981 besuchte Sie Karl Lagerfeld in Mailand. Wie reagierte er auf Memphis? Er hatte von uns gelesen und wollte sich aus Neugier ein paar Objekte ansehen, mehr nicht. Ich tat total gelassen, aber in Wahrheit schlotterten mir die Knie. Wir waren vollkommen pleite, weil wir die Sachen selbst finanziert hatten. Während des Rundgangs blieb Lagerfeld stehen und fragte: „Soll ich etwas kaufen?“ Mit dem Mut der Verzweiflung antwortete ich: „Karl, kaufen Sie doch einfach alles.“ Er sagte: „Gut, schicken Sie mir die Sachen nach Monte Carlo.“ Viele Jahre später hat er die Objekte mit gutem Gewinn wieder verkauft. Sie blicken mit gemischten Gefühlen auf Memphis zurück. Warum? Ich sagte zu Sottsass, nach ein, zwei Jahren müsse Schluss mit Memphis sein. Aber er liess sich durch den unglaublichen Erfolg verführen und machte weiter. Eine Schockwirkung kann aber nie von Dauer sein. Der Futurist Filippo Tommaso Marinetti schrieb mal, ein Rennwagen sei schöner als die Nike von Samothrake. So ein Satz kann im richtigen historischen Moment für kurze Zeit zu produktiven Gedanken führen, aber dann muss man ihn mit der nötigen Distanz betrachten. 2014 zu schreiben, ein Ferrari sei schöner als eine Symphonie von Beethoven, wäre dämlich. 1990 unterschrieben Sie einen Vertrag mit der Uhrenfirma Swatch. Deren Produkte galten damals bei Trendjüngern als hot shit. Ich war dort drei Jahre lang Kreativdirektor für die Kollektionen und neun Jahre für das Design der Läden verantwortlich. Als ich kam, wurden acht Millionen Uhren im Jahr verkauft, als ich ging, 24 Millionen. Für den damaligen Eigentümer war eine Swatch eine Uhr, und Uhren verkauft man in Juweliergeschäften und Kaufhäusern. Für mich dagegen war eine Swatch eine Lifestyle-Deklaration, mit der man nebenbei auch noch die Zeit ablesen konnte. Deshalb wollte ich unsere Uhren in eigenen Läden verkaufen und in die Segmente Basic, Classic und Fashion unterteilen. Den ersten Swatch-Laden liessen wir heimlich an einer Tankstelle in Bellinzo- FRANCESCA LOTTI; MATTEO THUN & PARTNERS (2) INTERVIEW Ich bin allergisch gegen alles, was ich selbst gestaltet habe na bauen. Nach dieser Initialzündung ging es rasant aufwärts. Allein 1995 eröffneten wir weltweit mehrere Tausend Läden. Welche Lehre haben Sie aus Ihren SwatchJahren gezogen? Mein Chef war der Swatch-Erfinder Ernst Thomke. Als ich eine Swatch aus Metall entwickeln sollte, landete ich nach einem Jahr harter Arbeit immer noch beim Vierfachen des vorgegebenen Herstellungspreises. Als ich Thomke um seine Hilfe bat, schimpfte er, ich hätte keine Ahnung von Technik. Es gebe da einen Mann, der ein Pulver bei 800 Grad zu etwas werden lasse, das wie Metall ausschaue. So ist die Swatch-Irony entstanden, bis heute der Umsatzbringer des Unternehmens. Für mich war diese Erfahrung ein unvergesslicher Tritt in den Hintern. Ich hatte ein Jahr lang an einer falschen Strategie gearbeitet, weil ich mich nicht für technische Innovationen interessiert hatte, in diesem Fall für den Sinterprozess. Das ist mir in meinem Leben nie wieder passiert. Warum blicken Sie auch auf Ihre Zeit bei Swatch mit gemischten Gefühlen zurück? Ich habe Tonnen von Plastikuhren auf dem Gewissen, und wie Ihnen jeder Ökologe erklären kann, hat Plastik nun mal diese verdammte Endgültigkeit. Im Nachhinein finde ich es falsch, Kunststoffobjekte zu einem WegwerfGadget gemacht zu haben. Ich war geblendet von der Vision, Millionen von Menschen für 50 D-Mark eine Identität geben zu können. Haben Sie je Swatch-Uhren getragen? Nein. Sie sind sehr laut. Das ist ihr grosser Makel. Ich trage eine Uhr, die ich vor gut zehn Jahren entworfen habe. Sie ist ein No-LogoStatement, weil das Ziffernblatt vollkommen leer ist. Diese Uhr ist für mich ein wahres Designobjekt, weil es keine Auskunft darüber gibt, wann und von wem es gestaltet wurde. Und vor allem ist diese Uhr kein Statussymbol. Der Architekt Rem Koolhaas sagt, er habe noch nie in einem Haus gewohnt, das jünger war als hundert Jahre. Das ist bei mir genauso. Warum ziehen Architekten Altbauten ihren eigenen Kreationen vor? Die Patina alter Gebäude hat eine sensorische Qualität, die etwas Neues nicht haben kann. Das gilt für Optik, Haptik und Geruch. Warum altert nichts schneller als Design? Es stimmt, die Welt ist voller Designkadaver. Aber nur schlechtes Design erscheint uns schon morgen als hässlich. Ein Objekt sollte ästhetische Durabilität und Nachhaltigkeit besitzen und dazu gehört es, den Zeitgeist auf ein Minimum zu reduzieren. Ihn komplett zu ignorieren ist nahezu unmöglich. Ihr weltberühmter Kollege Koolhaas klagt: „Als Architekt wird man nicht reich. Norman Foster vielleicht und Frank Gehry, aber nicht ich. Wir Architekten arbeiten wie in einer mittelalterlichen Gilde. Wir bekommen einen kleinen Prozentsatz von der Bausumme. Und der bleibt gleich, egal wie bekannt man ist.“ Perfekt ausgedrückt. Das kann ich nur unterschreiben. Die Tarife für Architekten sind ein Hungerlohn. Zu Geld kommen nur jene Kollegen, die einmal eine Formel entwickeln und sie dann viele Jahre lang wiederholen. Diese Bauten haben einen phänomenalen Wiedererkennungswert, weil sie alle gleich aussehen. Umgekehrt gibt es Architekten wie Koolhaas oder Herzog & de Meuron, die bei jedem neuen Projekt von vorne beginnen und sich fragen: In welchem Klima baue ich? Wie ist der Genius loci, und welchen Einfluss sollte die Seele des Ortes auf die Formgebung haben? Für diesen höchst bedeutsamen Teil der Arbeit gibt es leider keinen Cent Honorar. Warum gestalten Sie nichts lieber als Bestecke und Klos? Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit der Geschichte der Toilette. Die Nahrungsaufnahme und -abgabe sind anthropologisch die wichtigste Funktion einer Behausung, und es gibt nichts Intimeres als Defäkation und Essen. Gabel und Löffel stecken Sie in den Mund. Die Form dieser Gegenstände muss lippen-, finger- und speisengerecht sein, deshalb ist der Spielraum bei der Gestaltung minimal– eine höchst spannende Aufgabe! Das japanische Unternehmen Toto setzt mit Hightech-Toiletten 25 Milliarden Euro im Jahr um. Die Modelle haben beheizbare Klobrillen, Bidet- und Massagefunktionen, Warmluftgebläse, Raumdeodorierer und eingebaute MP3Player, die die Verdauungsgeräusche mit selbstgewählter Musik übertönen. Einige Modelle leuchten sogar im Dunkeln. Sitzen Sie gern auf diesen Toiletten? Mein Hinterteil braucht kein Licht und muss auch nicht erwärmt werden. Die meisten Attribute von Toto-Toiletten sind bloss Gimmicks, nutzloser Schnickschnack. Ich sage das, weil ich das Dusch-WC für ein zentrales Thema halte. Es säubert gründlich, ist hygienisch und benötigt kein Papier. Wir haben gerade ein Modell entworfen, das intuitives Bedienen ermöglicht. Das Design ist so einfach wie möglich, die Technik bleibt verborgen. „Ethik ist genauso wichtig wie Ästhetik“, lautet ein Credo von Ihnen. Kann Formgebung unser Verhalten positiv beeinflussen? Ja, und ich nenne Ihnen ein Beispiel. Italiener kennen kein Frühstück wie Nordländer. Sie gehen in eine Bar und trinken stehend einen Espresso. An den EspressoMaschinen arbeiten hochbezahlte Superprofis, die einem enormen Druck ausgesetzt sind. Dieser Druck führt dazu, dass es keine Höflichkeit mehr gibt. Einen Während seiner Zeit als Art Director bei Swatch Espresso zu trinentwarf Thun eine Weihnachtsuhr (1992) ken sollte aber ein Ritual sein, ein zelebrierter Genussmoment. Stattdessen wird einem die Tasse auf die Untertasse geknallt. Um höflich bedient zu werden, habe ich für Illy eine Untertasse entwickelt, die in der Mitte nicht wie üblich eine Kuhle hat, sondern ein Höckerchen. Diese kleine Empore zwingt den Barista dazu, mir meinen Espresso mit einer höflichen Bewegung auf die Untertasse zu stellen. Gibt es noch Objekte, die dringend einer neuen Form bedürfen? Nein. Ich bezweifle auch seit Jahren, ob ein Design-Festival wie die Mailänder Möbelmesse noch sinnvoll ist. Die meisten der dort gezeigten Produkte fügen dem Vorhandenen nichts hinzu. Ich finde es zum Beispiel unnötig, einen neuen Stuhl zu produzieren. Bei diesem Produkt gibt es kaum technische Innovation, und die Formgebung scheint mir auch ausgereizt. Die Stühle aus dem ligurischen Fischerdorf Chiavari, Chiavarina genannt, erfüllen alle meine Wünsche. Leben Sie mit Thun-Objekten? Nein. Ich bin allergisch gegen alles, was ich selber gestaltet habe, vielleicht weil bei mir unglücklicherweise etwas von der Askese der Franziskaner hängengeblieben ist. Mein Lehrmeister Sottsass hat es genauso gehalten. Er lebte in einen kleinen Wohnung mit weissen Wänden und schlief auf einer am Boden liegenden Matratze – und er war immerhin der bekannteste Designer des 20. Jahrhunderts. Sind Peinlichkeiten unter Ihren Entwürfen? 3 Mir klappen stets die Fussnägel hoch, 29 Sitzlieblinge Sie hatten mal ein Büro in Riad. Warum haben Sie es wieder geschlossen? Weil ich meine Kunden nie verstanden habe. Beduinen denken anders, und ihr auf dem Prinzip Inschallah beruhendes Zeitverständnis liegt mir auf Effizienz getrimmten Zentraleuropäer nicht. Im arabischen Raum ist die Zeitachse ein Gummiband, und es ist sehr schwer, im dortigen Architekturgeschmack einen roten Faden zu finden. Das Einzige, was momentan gut ankommt, ist Greenwashing, verlogene Ökologie. Man hängt sich ein grünes Mäntelchen um, damit die Sünden nicht sofort ins Auge springen. del Mobile, lassen wir es ruhig angehen. Gern im Sitzen, auf neuesten Sofas und Sesseln. Esther Strerath fand gemütliche Beispiele Sie haben 1995 aufgehört, Ihre Entwürfe zu signieren. Warum? Ich bin kein Freund des Autorendesigns und der Autorenarchitektur. Ich mag auch keine Marken. Wenn auf Schuhen ein Logo prangt, ziehe ich sie nicht an. Startum und grosse Egos sollten wir Popmusikern und Hollywood-Schauspielern überlassen. Ich glaube, dass wir einen fundamentalen Paradigmenwechsel erleben. Für mich war der 11. September auch das endgültige Aus für einen bestimmten Konsumhabitus. Heute zählt für mich nicht mehr Besitz, sondern mentaler Wohlstand. Ich habe in Mailand ein riesiges Archiv mit meinen Arbeiten. Vor KurRegal oder Raumteiler: „Libreria Carlton“ ist zem habe ich ein Entwurf von Ettore Sottsass (1981) Hunderte von Objekten an meine Mitarbeiter verschenkt. Den Rest habe ich mit mehreren Lastwagen auf eine Müllkippe bringen lassen. Mich von meinen Arbeiten zu verabschieden, hat mir den Kopf für Neues frei gemacht. 30 Der bekannteste lebende Designer ist Philippe Starck. Wie erklären Sie einem Laien den Unterschied zwischen Ihnen beiden? Privat sind wir gute Freunde, aber in unserem Beruf verkörpern wir das extremste Gegen- teil, das sich denken lässt. Philippe macht Lifestyle-Design, bei dem man auch im Dunklen erkennt, dass es von ihm ist. Ob Stuhl, Lampe oder Haus, die Starck-Zeichen springen einen in der ersten Sekunde ins Auge. Ich dagegen mache etwas, das man Zero-Design nennen könnte. Meine Gestaltung beginnt mit Vereinfachung, mit der Wegnahme von allem Überflüssigen und der Suche nach dem ikonischen Archetyp. Für mich ist die Reduktion auf das Wesentliche die komplexeste Kunst der Formgebung. Einfachheit ist Wissen plus sehr viel Arbeit. Zukunftsmusik: Noch ist das Sofa „Giubba“ ein Prototyp von Andrea Borgogni Cooles Design aus Tschechien: Schreibtisch von Lucie Koldová für Křehký Zu den Erfahrungen von Reisenden gehört es, dass man selbst in gehobenen Hotels mit absurden Planungs- und Einrichtungssünden konfrontiert wird. Wie erklären Sie das? Ich schlafe über hundert Nächte im Jahr in Hotels, ich weiss, wovon Sie sprechen. Im Badezimmerspiegel sieht man wegen der ungünstigen Beleuchtung aus wie Nosferatu, man weiss nie wohin mit den Hygieneutensilien, und um zu verstehen, wie die Dusche funktioniert, müsste man eine ausführliche Diagonale als Holzrelief: Sideboard von Emmanuel Babled Die bedeutendste ästhetische Revolution der letzten 20 Jahre stammt von dem britischen Apple-Designer Jonathan Ive. Werden wir es bald satthaben, mit einem iPhone zu telefonieren, weil der Mensch neben uns ebenfalls mit einem iPhone telefoniert? Das Problem des iPhones ist nicht der fehlende Distinktionsgewinn. In Fernost erleben Sie, dass Produkte von Samsung vorherrschen. Der Grund ist das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis. Deshalb beherrscht Samsung in Fernost den Markt. Apple zeigt bei der Preisgestaltung und Distribution eine unglaubliche Überheblichkeit. Warum benutzen Sie ein iPhone? Es bedeutet mir nichts. Mit einem Billigtelefon könnte ich genauso gut auskommen. Mein Telefon liegt auf dem Tisch meiner Assistentin. Ich habe mir vor vielen Jahren eine neue Nummer geben lassen und führe nur noch durchschnittlich vier Telefongespräche am Tag. Dass ich überhaupt noch ein Handy habe, hat nur zwei Gründe: Ich will mit meiner Familie in Kontakt treten können und bei einem Unfall Hilfe rufen können. Warum zieht es immer mehr Star-Architekten in ferne Länder? Weil Europa im grossen und ganzen fertig gebaut ist. Das Problem ist das unglaubliche Tempo, mit dem in Ländern wie China gebaut wird. Dieses Tempo geht auf Kosten der Detailqualität, und die ist am Ende entscheidend für die ästhetische und technische Durabilität. ZE MATRAT F EINER U A K E IM ID BE EX®INS MIT GELT GRATIS EIN IE S N E SEN ERHALT SIDE KIS N ®I X E T L GE . ** L H A IHRER W Bugholz(sofa) auf Kuschelkurs: „2002“ ist ein Entwurf von Christian Wagner für Thonet Und er kann auch WC: Für Axent entwarf Thun das „One Shower WC“ (2015) Unterweisung erhalten. Schon der normale Hausverstand müsste einem Planer sagen, dass der Gast nicht erst seine Brille aufsetzen möchte, um herauszufinden, wie man die Wassertemperatur einstellt. Das Schlimmste sind die Lichtanlagen. Wenn man abends im Bett das Licht ausmachen möchte, muss man noch mal eine Runde durchs Zimmer drehen, um auch den letzten Lichtschalter zu finden. Ihr Rat an Kollegen? Die Lehre von Sottsass ist: massima semplicità, so einfach wie möglich. Ettores Einfachheit war seine Genialität. Die echten Genies waren immer einfach. MATTHEO THUN (2); AKG-IMAGES/CDA/GUILLOT; STUDIO AZZURRO, COURTESY OF MEMPHIS 3 wenn mir etwas begegnet, das ich gestaltet habe. Betrete ich ein gerade eröffnetes Hotel von mir, sehe ich mindestens ein Dutzend für mich schwerwiegende Fehler. Weil die aber offenbar keinem anderen auffallen, verschwinden meine Depressionen wieder, und ich denke, vielleicht ist dieses Hotel ja doch einigermassen akzeptabel. FÜR EINEN GUTEN TAG. Nach den hektischen Tagen auf dem Salone „Soll ich etwas kaufen?“, fragte Karl Lagerfeld Die Memphis-Gruppe im Jahr 1981 (oben): Matteo Thun (liegt rechts unten) umringt von Design-Kollegen wie auch Ettore Sottsass (rechts oben) Sieht aus wie ein Ohrring: Hängesessel von Lee Broom Anzeige MÖBELTRENDS 2015 China könnte ein ähnliches Schicksal erleben wie Dubai, das in 20 Jahren eine Ghost Town sein wird. Diese Stadt ist das grösste Umweltfiasko, das der Mensch je zustande gebracht hat. Das Szenario des Films „Blade Runner“ wird man in ein oder zwei Generationen in Dubai ähnlich erleben. Meine Kinder werden ihre Kinder dorthin führen, um ihnen zu zeigen, wie verrückt ihre Grosseltern waren. Knirps ohne Kabel: Tischleuchte „Battery“ von Kartell Alle Fünfe: kesser Couchtisch mit vier Hockern-Kombination von Cappellini Für draussen: Das wasserabweisende Modell „Butterfly“ hat Patricia Urquiola für B&B Italia entworfen SUPERBA MACHT AUSGESCHLAFEN. NACHT FÜR NACHT. Die Jubiläumsmatratze Superba Jubi 90 sorgt für dreifach besseren Schlaf. Perfekte Körperunterstützung, Atmungsaktivität und optimale Druckentlastung für nahezu jeden Körperbau. Die Kombination aus elastischem Gel und luftdurchlässigem Schaum von GELTEX®inside und der besondere Komfort des Taschenfederkerns machen die Superba Jubi 90 so attraktiv. Nacht für Nacht. 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I N WY N WOOD, D E M K U N ST-VI E RTE L VON M IAM I, FA N D E N W I R WÄ H RE N D D E R A RT B A SE L D I E P E RFE K T E K U LI SSE FÜ R U N SE R MOD E SH OOTI N G F OTO: A N D E R S OV E RG A A R D C / O K AT H R I N H OH B E RG S T Y L I N G : N A D I A R AT H ; A S S I S T E N Z : MAT I L DA B E RG S T RÖM MOD E L : K I M R I E K E N B E RG C / O I CON I C MA N AG E ME N T H A A R E / MA K E- U P: N OR B E RT C H E MI N E K C / O K AT H R I N H OH B E RG. MI T PRODU K T E N VON M. A .C COS ME T I C S V I E L E N DA N K A N DA S S E MI N OL E H A R D ROC K H OT E L I N H OL LY W OOD, F LOR I DA U N D I SA B E L SC H A R E N B E RG 32 33 VOR DEM KUNSTWERK „SEAFOAM“ VON ANTONIO MENA TRÄGT KIM EIN TOP VON VERSACE. HOSE: TOM FORD VOR DER GRAFFITI-WAND VON FLORÉ & WESTGARD TRÄGT KIM EINEN MANTEL VON BARBARA BUI. TOP (GEKNOTETES SEIDENCARRÉ): HERMÈS. ROCK: TALBOT&RUNHOF. GÜRTEL: CHANEL. SCHUHE: CHRISTIAN LOUBOUTIN. RING (LINKE HAND): MARCIA GROSTEIN. DAS „DISCO PIG“ AN DER LEINE IST EIN KUNSTWERK VON RÖ BARRAGAN BESTICKTE JACKE UND ARMREIF: CHANEL. LEDERKLEID: TOD’S. SCHUHE: CHRISTIAN LOUBOUTIN. CLUTCH: EMM KUO. RING: MARCIA GROSTEIN. KUNSTWERK IM HINTERGRUND: VON MXYTSPLYK 37 AUF DEM FAHRENDEN KUNSTWERK „LADY BUG“ VON YARROW MAZZETTI TRÄGT KIM EIN SEIDENKLEID VON MAISON MARTIN MARGIELA. DARÜBER: TOP VON TIBI. ROCK UND STIEFEL: MAX MARA. LEDERJACKE: BELSTAFF. RINGE: KÜNSTLERSCHMUCK DER NEW YORKERIN MARCIA GROSTEIN. DIE TYPEN DANEBEN TRAGEN IHRE EIGENEN KLAMOTTEN VOR DEM WOHNWAGEN IN WYNWOOD, EIN KUNSTOBJEKT VON KENNY SCHARF, TRÄGT KIM EINEN MANTEL VON DRIES VAN NOTEN. BLUSE: HUGO BOSS. PULLUNDER: PRADA. ROCK: MICHAEL KORS. SCHUHE: MIU MIU. TASCHE: MULBERRY. RING: BELGISCHES SCHMUCKDUO WOUTERS & HENDRIX KIM VERSTECKT SICH IN EINEM KUNSTWERK NAMENS ASIAN HEAD VON JAMES MATHISON. WESTE VON TORY BURCH. KAPUZENPULLOVER: BOTTEGA VENETA. HOSE: BRUNELLO CUCINELLI. SCHUHE: PAUL SMITH 41 42 VOR DER COLLECTION PRIVÉE GALLERY: JEANSWESTE VON CLOSED. BLUSE: GIORGIO ARMANI. SHORTS: TOMMY HILFIGER. WEDGES: SALVATORE FERRAGAMO. CLUTCH: EMM KUO RECHTE SEITE: IM POP-UP RESTAURANT „THE ANNEX“ TRÄGT KIM EINEN LEDERMANTEL VON CHRISTIAN DIOR. TÜLLKLEID: ANTONIO MARRAS. KOPFSCHMUCK: MARCIA GROSTEIN 43 L unchtermin mit den Geschwistern Caroline und Karl-Friedrich Scheufele, und dann das: Statt vermutetem Ausblick auf den schönen Genfer See mit seiner einhundertvierzig Meter hohen Fontäne, ein Industriegebiet vor den Toren der Stadt. Chopard residiert unscheinbar. Der Luxus verbirgt sich im Inneren. Die Haute Joaillerie, die zu den Oscars getragen wird, hier entsteht sie. Geschmeide, oftmals Einzelstücke, die allesamt von Caroline Scheufele entworfen werden. Die Uhren, die vor allem Männer in Aufregung versetzen, entstehen unweit des Hauptquartiers in Fleurier, im Kanton Jura, in der Werkstatt von Bruder Karl-Friedrich. Die Scheufeles stammen ursprünglich aus Pforzheim, inzwischen führen die Geschwister das Unternehmen Chopard, das ihr Vater Karl Scheufele 1963 von Paul André Chopard kaufte. Beide sind Persönlichkeiten mit ganz eigenem Format: Sie, die Kinobegeisterte, engagiert sich beim Filmfestival in Cannes. Er, der Oldtimer Afficionado, hat die Mille Miglia entstaubt und zum Event erhoben. Mit der „Green Carpet Initiative“ engagiert sich das Unternehmen zudem auch ökologisch. Ohrring von Chopard aus der Kollektion „Golden Diamonds“ aus dem Jahr 2002 FAMILIENBAND „Juwelen dürfen nicht im Tresor verschwinden“ Ihre Firma Chopard steht für Glamour und Luxus. Die Geschwister Scheufele sind dabei stets bodenständig geblieben. Eine gute Mischung, 44 stellte Andreas Tölke bei einem Mittagessen in Genf fest MONTAGE: ICON; CHOPARD (7) Lassen Sie uns mit Ihrer Green Carpet Initiative einsteigen. Karl-Friedrich Scheufele: Es ging 2010 los mit dem 150-jährigen Bestehen von Chopard. Caroline hatte die Idee, 150 Tiere zu entwerfen und ich schlug ihr vor, sich mit dem World Wildlife Fund zusammenzutun. Caroline Scheufele: Der WWF mochte die Idee, wollte aber genau wissen, wie wir in Sachen Nachhaltigkeit aufgestellt sind und zwar bis hin zur Frage, was wir mit unserem Müll in China machen. Nachhaltig zu produzieren, wird bei Firmen oft noch als unbequeme Anforderung der Marketingabteilung empfunden. KFS: Wir haben uns zertifizieren lassen, nicht nur als notwendiger Schritt für die Kooperation, sondern als ganz persönliches Anliegen. Selbst das Gebäude, in dem wir sitzen, entspricht dem höchsten ökologischen Standard der Schweiz. Vom Firmenjubiläum mit einer WWF-Kooperation zu einer Haute Joaillerie-Linie mit fair gehandeltem Gold ist es ein ziemlicher Schritt. CS: Als Colin Firth den Oscar für den Film „The Kings Speech“ bekam, lernte ich seine Frau Livia und ihr Projekt „Eco Age“ kennen. Livia ist sehr engagiert und hat mich gefragt, woher wir unser Gold beziehen. Da hat es bei mir klick gemacht und mittlerweile arbeiten Livia und ich eng zusammen. Warum ist es so schwierig, fair produziertes Gold zu beziehen? CS: Bei Diamanten gibt es zu jedem Stein eine Dokumentation. Der Goldmarkt hingegen ist wenig transparent. Darüber muss man sich aber erst einmal im Klaren sein. Durch Livia habe ich von der „Alliance for Responsible Mining“ erfahren, die Minen zertifiziert, deren Gold nachhaltig abgebaut wird und in denen Arbeiter fair bezahlt werden. Über sie beziehen wir nun unser Gold. Fragen Kunden explizit nach Preziosen aus solchem Handel? CS: Gerade Schauspielerinnen sind sehr sensibilisiert für das Thema. Als ich Cate Blanchett erzählte, woher das Gold und die Steine stammen, sagte sie: „Ich schaue mir die anderen Stücke gar nicht mehr an, ich nehme die!“ Sie trug zur Golden Globe-Verleihung 2014 Ohrringe aus der Green Carpet Collection. Das führt zu der obligatorischen Frage, was für Sie Luxus ist? Und bitte nicht die Standardantwort: Zeit. CS: Die haben wir ja eh nicht. Für mich ist der grösste Luxus, das zu tun was ich gern tue. Ein anderer Luxus ist es, in der Schweiz zu leben, wo die Welt mehr oder weniger in Ordnung ist. Ich bin sieben Monate im Jahr unterwegs, immer wenn der Flieger hier landet, bin ich dankbar für die frische Luft und die schöne Natur. KFS: Für mich ist Luxus, Dinge so perfekt herstellen zu können, wie ich sie mir vorstelle. Und das Leben nach den eigenen Vorstellungen gestalten zu können. Im Beruf und auch sonst. Die Geschwister Karl-Friedrich und Caroline Scheufele sind beide Präsidenten bei Chopard Ist Ihr Perfektionsanspruch Familientradition? KFS: Er ist gewachsen. Das heisst, Sie waren früher „schlamperter“? KFS (lacht): Schlamperter war ich nie. Obwohl – das kann ich auch sein. Wenn Sie mein Büro sehen würden... Grundsätzlich ist mit dem Wissen, das ich heute habe, mein Anspruch gestiegen. Als junger Mann kann man das alles noch nicht beherrschen. Mit zwanzig Jahren in die Firma, als Hobby die „Mille Miglia“, ein Weingut, Geschäfte, die eigenen Weine anbieten, ein Hotel in Paris. Hat Ihr Tag mehr Stunden als meiner? KFS: Natürlich nicht. Aber der Reihe nach: Wir hatten gar keine Ambition, in die Hotellerie einzusteigen. Doch die Adresse „Place Vendôme Nummer Eins“ gibt es weltweit nur einmal. Und der Erhalt dieser Adresse und damit des Geschäfts, war nur über den Kauf des Hotels zu realisieren. Die Leidenschaft für Wein hat sich mit der Zeit entwickelt. Den Weinhandel gibt es seit zwanzig Jahren, mittlerweile mit drei Geschäften. Und der rote Faden zieht sich dort weiter: Wir krempeln unser Weingut gerade um, weil wir in Bio-Qualität produzieren wollen. Auf der Mille Miglia donnern spritfressende Boliden durch die italienische Landschaft – wie passt das zusammen? KFS: Salopp gesagt: die paar Autos, das ist egal. Ausserdem sind wir Teil eines Co2-Kompensationsprogramms. Für mich ist die Mille Miglia vielmehr ein kultureller Event. Das ist ein Museum auf Rädern. Wie begleitet Ihr Vater die Eskapaden seiner Kinder? CS: Von ihm haben wir das ja! Unser Vater hat sich gerade einen Bulli gekauft. Mein Vater im VW Bus... KFS: ... der davon träumt, mit der ganzen Familie eine Tour zu machen. Da entstehen Bilder im Kopf: ein Hippie-Bus, Jimi Hendrix und Haschisch... Sind Sie eigentlich 3 jemals zu Drogen befragt worden? Blümchen-Anhänger aus der aktuellen Kollektion „Happy Diamonds“ Die Uhr „L.U.C. XPS Fairmined“ ist aus nachhaltig hergestelltem Gold gefertigt 45 BLÜTENSCHMUCK Ch an er rti Ca on ev ch os Br el ades on C h o p a rd von Nom R in g v o n . Kö c hert Ring Es scheint nach all den Jahren ja noch sehr harmonisch zwischen Ihnen zu sein. CS: (lacht) Wir sind ja auch nicht verheiratet. Ohrr inge von A. E Und wenn Sie sich mal in die Wolle kriegen? CS: Natürlich streiten wir. Wir sind ja nicht langweilig, sondern kreativ. Aber auf den grossen Linien sind wir immer einer Meinung. Gestern hatte er schlechte Laune, dann lasse ich ihn machen, bis er wieder gute Laune hat. KFS: Ich gehe mit den Hunden und danach reden wir weiter. rin Ohr Haben Sie mal Ladenhüter produziert? KFS: Natürlich. Aber wenn man es mal über die Jahre betrachtet, ist das die absolute Ausnahme. Die uns aber trotzdem sehr ärgert. Es gibt Schmuckstücke, die man zwei, drei Jahre nicht verkauft und plötzlich kommt der Kunde, der gerade dieses Stück liebt. Wir haben es mit Träumen und Leidenschaft zu tun. Es ist nicht die Zahnpasta, die man leicht lila färbt, weil die Marketinganalyse ergeben hat, lila sei grad die Farbe schlechthin. nG Ole Ly n gga ard Rin g vo n Sé vig né ge Oh von Fr i e der ike Ma ria Hol wei Kennen Sie so etwas wie Existenzangst? KFS: Es gibt zum Glück keinen Druck von aussen, aber ich wünsche mir, dass wir unsere Unabhängigkeit bewahren. Das ist eine Frage, die immer im Raum steht, wenn man sich anschaut, wie viele Firmen im Luxussegment mittlerweile Teil eines Konglomerats sind. CS: Es gibt immer ein bisschen Bauchgrimmen, wenn etwas Neues auf den Markt kommt. Wie Lampenfieber vor dem Auftritt. g vo J eorg rrin 46 Was bringt es als Hauptsponsor bei Events wie diesem dabei zu sein? KFS: Wir wären ja nicht fünfundzwanzig Jahre mit der Mille Miglia liiert, wenn das nichts bringen würde. Es kommen Leute aus der ganzen Welt, die sich das auch leisten können. Es ist also eine hochinteressante Plattform, um potenzielle Käufer kennen zu lernen. gv an n V ls o v ring Arpe Ohr eef & Cl Oh Schmuckuhr in Form eines Igels aus der Kollektion „Animal World” Für Sie, Caroline, ist die Dachterrasse des Martinez in Cannes während der Festspiele ihr Wohnzimmer. Ein reines Vergnügen? CS: Ich trete immer mit dem Gefühl an, als läge eine Tonne Gewicht auf meinen Schultern. Mit jedem Tag wird es zwar leichter. Tête-à-têteDinner gibt es leider trotzdem nicht, und gute Freunde wissen, dass ich nicht viel Zeit habe. Rin von Herr Scheufele, Ihre Schwester ruft befreundete Kunden an und Sie trifft man im Verkauf? Ist das ein Erfolgsgeheimnis? KFS: Es kann tatsächlich passieren, dass ich in der Boutique stehe. Gerade an der Place Vendôme. Es ist immer interessant, ins Gespräch zu kommen. Bei Jacky Ickx und mir war das so. Der Verschluss am Armband seiner Freundin ging immer auf, ich habe mich gekümmert. Jacky kam persönlich vorbei, um das Schmuckstück abzuholen. Wir sind zusammen die Mille Miglia gefahren – nach zehn Minuten auf dem Beifahrersitz schlief er ein. Der Vorteil eines Familienunternehmens: Schnelle Entscheidungen. Aber ist eine vertikale Hierarchie nicht anachronistisch? KFS: Familienunternehmen sind 2015 nicht gleichzusetzen mit altmodischem Management. Im Gegenteil. Die Beziehungen sind enger. Zum Mitarbeiter, zum Kunden, zu Projekten. Seit Jahren ist meine Schwester in Cannes persönlich involviert und nicht irgendein CEO, der drei Mal gewechselt hat und darunter einer, der dann sagt: „Cannes, das bringt nichts, das streichen wir jetzt mal.“ ge Wenn man zu Ihren Stammkunden zählt, klingelt vor dem Geburtstag der Frau das Telefon? CS: Ja, ich habe tatsächlich ein kleine Liste. Denn schlimmer als der falsche Schmuck ist doch gar kein Geschenk. Was hat für Sie den Ausschlag gegeben sich in Cannes zu beteiligen? CS: Ich liebe Kino. Und als wir vor achtzehn Jahren die Boutique in Cannes eröffneten, war mir klar, das Opening muss zum Festival passieren. Ich bin zum Direktor des Festivals nach Paris gereist. Bei ihm stand die Palme, die nach fünfzig Jahren dringend einen Facelift brauchte. Mit der Palme unter dem Arm habe ich sein Büro verlassen und stürmte zu meinem Bruder: „Ich gestalte die Palme neu!“ Worauf er nur sagte: „Bist du eigentlich völlig verrückt?“ So fing die Geschichte an. Ohne Berater, ohne Marketingkonzepte und Meetings. rrin Ohrschmuck aus der Kollektion „Haute Joaillerie Temptations“ und Smaragd-Ohrschmuck aus der Kollektion „Red Carpet“ Einige Luxushäuser haben inzwischen limitiert, wie viele Produkte manche Kunden kaufen dürfen. Haben Sie schon mal Kunden abgelehnt? KFS: Nein. Ich bin nur enttäuscht, wenn sich jemand nicht mit den Uhren beschäftigt. Wenn sie nur als Trophäen erworben werden, ohne dass der wirkliche Wert geschätzt wird. CS: Einige wissen nicht, was sie da kaufen. Und Juwelen dürfen nicht in einem Tresor verschwinden. Diamanten müssen getragen werden, auch die Top-Steine, die mit Sicherheit eine Investition sind. Passe nd zu m Fr gibt e ühlin s Blü gsbeg t e nschm inn zarte n Far uck i ben R n den Hellb osa, F lau. E liede ine li r und für so e b l iche nnige Ausw Gemü ahl ter Oh Wie nähern sich Ihnen eigentlich Menschen? Seit 2014 sind sie laut Forbes unter den Milliardären. Wobei: Teilt man die Milliarde durch zwei sind es „nur“ Millionäre vor denen ich sitze. Das entspannt etwas. KFS: Ich hatte nie das Gefühl, dass es Barrieren gibt. Wir haben von unseren Eltern gelernt, bodenständig zu bleiben. Ich empfinde es jeden Tag als Privileg, ein Weingut kaufen zu können und die Dinge machen zu dürfen, die mich zutiefst befriedigen. Es ist aber auch eine Verantwortung. An unserem Erfolg sind viele Menschen beteiligt und wir sind für viele Menschen verantwortlich. Und Sie haben im Kofferraum immer ein paar Uhren dabei? KFS: (lacht) Halten sie mich für so plump? CS: (lacht ebenfalls) Ich habe immer etwas dabei. Oder an mir. Bei mir kann man vom Körper kaufen – das kostet aber ein bisschen mehr. n ZUSAMMENGESTELLT VON LINDA LEITNER UND SARAH LAFER GETTY IMAGES (5); MONTAGE: ICON 3 CS: Noch nie! Ich werde aber dauernd nach meinem Beauty-Rezept gefragt und sage dann immer: Ich rauche nicht und ich nehme keine Drogen. Ich trinke meinen Wein und ab und zu einen Wodka. Es wi r wiede d r so sch ön! rri ng vo nK iki Mc Do no ug h 47 ens en VACHERON CONSTANTIN (6) MARKENGESCHICHTE Liason aus technischer und kunsthandwerklicher Präzision: Aus der Reihe „Métiers d’Art“ die Uhr „Florilège“, Modell „Königin Strelitzie“ Aus der Reihe „Métiers d’Art“, die Uhr „Ornements Fabuleux“, Modell „Indische Handschrift" (oben), historischer Zeitmesser von Vacheron Constantin (unten) Ganz grosse Schweizer Kunst Von wegen Krise. Millionen Chinesen begeistern sich für die Schweizer Uhren. In Peking zieht eine Ausstellung derzeit Tausende Besucher an. Einer der prägendsten Teilnehmer ist Vacheron Constantin. Pierre-André Schmitt schaute sich vor Ort um D 48 ie Zahlen sind gigantisch: Rund 10.000 Menschen besuchen derzeit in Peking eine Ausstellung über Schweizer Uhrmacherei im renommierten Capital Museum – und zwar pro Tag. Sie entdecken dabei unter anderem die berühmte „Grande Complication“ von Vacheron Constantin, die die Schweizer Gemeinde in Ägypten 1929 König Fouad I überreicht hatte. Ein Meisterstück mit Schleppzeiger-Chronograph, Minutenrepetition, grosser und kleiner Sonnerie, Ewigem Kalender, Mondphase und Mondalter. Die feine Mechanik ist in ein Goldgehäuse eingebaut, mit Silberzifferblatt und emailliertem Wappen des Königs auf der Rückseite. Ein schönes Ausnahme-Stück historischer Haute Horlogerie gepaart mit feinstem Kunsthandwerk. Bis zur Finissage der Ausstellung „Geneva at the heart of time“ im August, werden gegen eine Million Chinesen die grosse Schau gesehen haben, eine unbezahlbare Reklame für die Schweizer Uhrmacherei und ein riesiger Erfolg für Juan-Carlos Torres, CEO von Vacheron Constantin. Die Marke, die eben ihr 260-jähriges Bestehen feiert, unterstützt die Ausstellung und ist ihr Star: Ein Drittel der Exponate aus den vergangenen 500 Jahren kommt aus der Heritage-Sammlung des Genfer Traditionshauses. Dass es Torres gelungen ist, die Ausstellung solcherart zu prägen, ist ein geniales Meister- stück. Denn eigentlich fürchtet ein chinesisches Staatsmuseum private Sponsoren. Das Logo von Vacheron auf dem grossen Eingangsplakat muss einigen Chinesen ein bisschen anmuten, wie der Schriftzug eines renommierten Steakhouses auf der Karte eines Veganer-Restaunts – ein Novum in China. Tatsächlich ist Torres ein innovativer Chef. Früh hatte er erkannt, dass eine Luxusmarke wie Vacheron Constantin nicht mit zugekauften Werken brillieren kann und trieb energisch die Vertikalisierung voran. Heute sind praktisch alle Uhren der Maison mit hauseigenen Werken ausgestattet. Ebenso energisch hat Torres aber auch auf die Karte Kunsthandwerk gesetzt. Email, Guillochage oder Gravur – man war bei diesen Trend-Themen schneller als fast alle Mitbewerber auf dem Markt. Schon 2002 wirbt Vacheron Constantin mit dem Begriff Métiers d’Art, dabei war Kunsthandwerk damals in der Uhrmacherei ein exotisches Thema. Heute ist es so selbstverständlich, dass die Marke eine eigene Kollektion mit dem Namen „Métiers d’Art“ im Programm hat. Zu den aktuellen Neuheiten gehört darin etwa die Preziose „Métiers d’Art Méchaniques ajourées“ mit fein skelettiertem Werk. Weil es so schön anzusehen ist, wird die Uhr mit einer Lupe ausgeliefert. Oder die auf 60 Stück limitierte Hommage an Christoph Kolumbus - mit aufwändiger Email-Grand-feu-Dekoration. Auf dem Modell „Univers Infini“ (deutsch: Ewiges Universum) mit Eidechsen-Motiv sind alle klassischen Kunsthandwerke der Uhrmache- rei vereint: Gravur, Guillochage, Edelsteinfassung und Grand-feuEmail. Rein Schwarz-weiss emailiert ist die aktuelle „Hommage à l’art de la danse“ (deutsch: Hommage an die Tanzkunst) mit einem Ballet- Jean-Carlos Torres, Bild. Der Artist deckt CEO von Vacheron hier in der so genannten Constantin Grisaille-Technik zuerst eine Platine ganz mit schwarzem Email zu. Darauf kommen, mit einer Nadel oder einem Pinselchen appliziert, feine weisse Schichten, bis das finale Bild entsteht. Eine Frage an den CEO der Marke: Steht die Vacheron Constantin heute zuerst für Haute Horlogerie, also Spitzenuhrmacherei, oder zuerst für das Kunsthandwerk? „Nun“, sagt Torres, „Kunsthandwerk ist ein Segment der Haute Horlogerie, das Sahnehäubchen, wenn man so will.“ Aber beide Sparten bedingten sich gegenseitig. Bei Vacheron würden deshalb Ingenieure, Designer und Kunsthandwerker von Beginn an im ganzen Prozess zusammen arbeiten. Vacheron Constantin musste in puncto Métiers d’Art übrigens auch mal einen Rückschlag hinnehmen: Als die Genfer Marke eine Kunsthandwerk-Preziose präsentierte, in der nur ein einfaches mechanisches Werk tickte, zeigten Sammler die kalte Schulter und zückten die Kreditkarte nur widerwillig. „Es war ein Fehler“, bilanziert Jean-Carlos Torres. Kunsthandwerk funktioniere nur, wenn als Herz der Uhr Mechanik der Spitzenklasse eingebaut werde. Umgekehrt hingegen gehe durchaus: Feinste Uhrentechnik muss nicht zwingend mit wertvoller Email-Kunst, mit Gravuren oder mit Edelsteinen versehen sein. Dennoch: Bei Vacheron Constantin bleibt das Thema Métiers d’Art ein Leitmotiv. Dabei setzt CEO Jean-Carlos Torres gerne auf renommierte Partner. Seit 2011 etwa unterstützt seine Manufaktur die Arbeit des französischen „Nationalen Instituts für kunsthandwerkliche Berufe“ sowie die „Europäischen Tage der kunsthandwerklichen Berufe“, die sich der Wahrung und Förderung von 217 traditionellen Berufen verschrieben hat, die vom Verschwinden bedroht sind. Erst Ende März sponserte das Haus eine Ausstellung im Pariser Museum „Les Arts Décorativs“ und brachte moderne Kunst mit traditionellem Kunsthandwerk zusammen. Die gezeigten Exponate wurden jeweils von einem Künstler und einem Kunsthandwerker gemeinsam realisiert – als Inspirationsquelle diente dabei jeweils eine alte Kunsthandwerks-Preziose. Auch für Peking spannte man mit Museums-Profis zusammen: Eine Vorschau wurde im Genfer „Musée d’art et d’histoire“ gezeigt. Die Genfer Institution realisierte die Ausstellung in Peking gemeinsam mit den chinesischen Kuratoren. Zur Ausstellung stiftete die Uhrenmarke eine grosse Skulptur, die vom Schweizer Designer Claudio Colucci und dem chinesischen Bronze-Kunsthandwerker Zhu Binren gemeinsam geschaffen wurden. Im Vorfeld erhielten die Schweizer, die an eine edle aber eher kleine Figur gedacht hatten, eine Lektion in Sachen chinesisches Denken. „Sie sind hier in China. Da muss man etwas Grosses machen“, beschied ihnen der Künstler. Und so geschah es: Die emaillierte Bronze-Skulptur ist mannshoch geworden. Vacheron Constantin ist eine der ältesten Schweizer Uhrenmanufakturen und gehört mit Audemars Piguet, Patek Philippe und Breguet historisch zum Quartett der vier Spitzenmarken in der Haute Horlogerie. 1839 trat der Genfer Georges-Auguste Leschot seinen Dienst als Technischer Direktor an. Er war ein Besessener, ein Daniel Düsentrieb der Zahnräder, ein genialer Erfinder seiner Zeit, ein Henry Ford der Uhrenindustrie. Bis dahin, muss man wissen, wurden Uhrenteile von verschiedenen Handwerkern, oft von Bauern in der Vallée de Joux, einzeln angefertigt. Viele von ihnen brachten es zwar zu einer verblüffenden Meisterschaft, ein Problem aber schafften auch die besten nicht aus der Welt: Die Teile waren nicht, wie man damals sagte, „mathematisch gleich“ und folglich nicht auswechselbar. Ging etwa ein Zahnrad kaputt, musste man es einzeln ganz genau nachbauen, allfällige Unregelmässigkeit inklusive. Erst Leschots Erfindung, der so genannte Pantograf, erlaubte es, Werkteile von einem Muster aus tausendfach zu kopieren, exakt gleiche Stücke aus Stahl zu fräsen und Bohrlöcher an Serienteilen am stets gleichen Ort, in der gleichen Grösse und mit identischer Tiefe anzubringen. Mit anderen Worten: Serienproduktion wurde möglich, das wiederum machte die Uhren präziser und verbilligte erst noch ihre Herstellung. Dass ausgerechnet der Wegbereiter der Industrialisierung der Uhrmacherei heute mit kunsthandwerklichen Einzelanfertigungen brilliert, mag ein bisschen Ironie der Geschichte sein. Doch der Erfolg bleibt nicht aus: Im Pekinger Capital-Museum wurden der Guillocheur, der Edelsteinfasser, der Emailleur und der Gravuer, die hier live an Werkbänken arbeiten, von interessierten Besuchern umringt. Und als eine Frau am Tag der Eröffnung dem Graveur ihre Uhr hinstreckte und um das Eingravieren ihres Namens auf den Gehäuseboden bat, tat ihr der Mann den Gefallen gern. Erschwerend kam dabei hinzu: Der Namen musste selbstverständlich in chinesischen Schriftzeichen eingraviert werden. Doch ein erfahrener Kunsthandwerker bei Vacheron Constantin hat schon weit Schwierigeres vollbracht. 49 MASSARBEIT D Mann am tosenden Meer: Roger W. Smith ist auf der Isle of Man den Gezeiten buchstäblich ganz nah as Bild strotzt nur so vor Pathos, man könnte glauben, es sei gestellt – und doch ist alles echt, weil nur die Gezeiten eine solche Szenerie ermöglichen: Da steht er, der Hüter der Zeit, aufrecht am Rande seiner Insel, umtost von den Naturgewalten. Der Sturm schneidet in sein Gesicht, Gischtspritzer vom aufgepeitschten Meer zischen durch die Luft, am Horizont braut sich eine tiefschwarze Regenfront zusammen. Alle Verbindungen zum Mutterland sind an diesem Tag gekappt. Es wäre absurd, dieses Meer bezwingen zu wollen. Deshalb müssten sie beim Mann am Strand doch von ganz allein kommen: die Gedanken übers Ausgeliefertsein, über den dünnen Lack der Zivilisation, darüber, dass es hier vor 10.000 Jahren bei Sturm schon genauso ausgesehen haben muss wie jetzt. „Gosh“, sagt Roger W. Smith. Das heisst „Meine Güte“, und es ist unvorstellbar, dass er je zu rhetorisch härterem Material greifen würde: „Gosh, ich bin ja nun schon eine ganze Weile hier, aber so ein Wetter habe ich noch nicht erlebt.“ Das ist alles. Er stellt sich lieber fürs Foto zurecht, das ist jetzt seine Aufgabe. Haus mit der Werkstatt befindet. Das Örtchen heisst Ballaugh, die Kreuzung „The Cronk“, gefühlt besteht alles hier aus Ferienhäusern für die obere Mittelklasse – und selbst wenn man vor dem richtigen weissen Cottage steht, kann man es übersehen. Es passt so gar nicht zu dem, was man von anderen Anbietern mechanischer Luxusuhren gewöhnt ist: Seit Jahren beschleunigt sich der Wettbewerb, immer zahlreicher werden die Komplikationen wie Mondphasen und Ewige Kalender, immer hochpreisiger die Materialien, immer öfter greift man zum Superlativ; und entsprechend immer edler ausgestattet sind die Messestände und Repräsentationsräume. Auf der Insel tritt der Chef persönlich vor die Tür, der einzige Indikator für Wohlstand ist ein Land Rover vor der Tür. Hinter dem Eingang: ein kurzer Hausflur mit Birkenstocksandalen auf dem Boden, ein paar Fotos von New York an der Wand, daneben ein grosser Merkzettel, der das Zusperr-Prozedere erläutert; ein Einbruch wäre eine Katastrophe. Daneben befinden sich die Werkstätten, rechts die mit den Maschinen für Platinen, Räder und Schrauben, links wird nach Durchqueren einer Küche montiert. Der Hausherr geleitet zuerst in den Maschinenraum – und beantwortet nun geduldig jede Frage. 2003 bei Smith arbeitet. Es klingt, als sei das für ihn ein guter Grund, für immer hierzubleiben. Wer seinem Chef dabei zusieht, wie er beispielsweise einen Stift dreht, der erblickt in jeder Sekunde die Mühen der Lehrzeit: Um feinmotorisch so weit zu kommen, muss man unendlich viel üben. Dabei noch einen Typen wie Daniels im Nacken zu haben, das muss jenseits aller Schmerzgrenzen gewesen sein. Doch Smith hat es geschafft, ein offenes Wesen zu behalten. „Gosh“, sagt er, „bei uns gibt es nun einmal nur richtig und falsch und nichts dazwischen. Aber das wusste ich ja schon, als ich anfing.“ Und selbst der modernste Gegenstand im Raum, ein Computer, hat indirekt mit Daniels zu tun. Zwei Serien hat Smith bisher im Angebot, derzeit arbeitet er an neuen Modellen. Wie sein Lehrmeister denkt er seine Uhren zuerst vom Design des Zifferblatts aus: „Man muss wissen, wie das Modell aussieht, dann kann man sich um die Funktionen kümmern“, sagt Roger W. Smith, die Lupe an seiner Brille wippt im Takt des schnellen Kopfnickens. Bisher sind seine Stücke eher einfach konstruiert: Die Serie II ist ein Handaufzug-Kaliber mit Gangreserveanzeige, kleiner Sekunde 3 und römischen Ziffern. Für die neuen Ein Mann für alle Zeiten Roger W. Smith ist einer der letzten echten Uhrmacher der Welt. Jährlich fertigt er höchstens zwölf Stücke an. Philip Cassier erlebte auf der Isle of Man, wie viel es dazu braucht. Martin U. K. Lengemann fotografierte 50 Es gehört zu den ältesten Missverständnissen im Umgang mit Uhrmachern, zu glauben, sie wären qua Beruf dem Mysterium der Zeit auf der Spur – und damit dem, was die Welt im Innersten zusammenhält. Sie können es gar nicht sein: Hunderte Werkteile, die auf Hundertstel von Millimetern genau gearbeitet sein müssen, in ein akkurates Verhältnis zu setzen, das verlangt ihnen alles ab. Da bleibt kein Raum für allgemeine Reflexionen. Wo heute beinahe alle in diesem Handwerk sich entweder in einer Manufaktur spezialisiert oder sich auf Handel und Reparatur verlegt haben, übt Roger W. Smith seinen Beruf im Wortsinne aus: Jährlich machen er und seine sechs Angestellten zehn bis zwölf Armbanduhren, vom Zahnrad bis zum Zifferblatt; sie beginnen mit nichts und präsentieren am Ende eine individuelle Lösung. „Bespoke“ sagen die Briten zu diesem Verfahren, es stammt aus der Schneiderei, weil dort früher der Schneider dem Kunden nach Absprache ein Stück Stoff zurücklegte. Im Autobau werben Marken wie Rolls-Royce mit dem Wort: Es meint, dass der Kunde fast jedes Detail selbst festlegen kann, sein eigener Designer wird. Smiths Uhren kosten ab 100.000 Pfund aufwärts, und nichts an ihnen wirkt protzig. Darum, wie all das möglich ist, wird sich beim Besuch in seinem Atelier alles drehen – und das ist am Ende mehr, als man erfassen kann. Es beginnt damit, dass man Roger W. Smith und die Seinen kaum findet. Seine Frau Caroline hatte eine Karte per E-Mail geschickt, um mitzuteilen, wo auf der Isle of Man sich das Natürlich kann Smith auf modernstes Gerät zurückgreifen – seine Platinen fräst beispielsweise eine Maschine aus Deutschland, ständig von einem Mitarbeiter überwacht, wie sich versteht. Aber manche Maschinen stammen noch aus dem frühen 19. Jahrhundert. Das erzählt einem mehr über den Mann Roger W. Smith als über seine Technik: Sein Lehrmeister war der Brite George Daniels. Kennern gilt er als der bedeutendste Uhrmacher des 20. Jahrhunderts. Daniels war es, der in den 70erJahren die Co-Axial-Hemmung erfand, sie liess Uhren so viel stabiler laufen, dass Omega sie 1999 übernahm. Als er 2011 auf der Isle of Man starb, übernahm Smith seine Maschinen. Aber nicht nur deshalb ist Daniels überall in der Werkstatt präsent. Smiths Stimme senkt sich ganz unwillkürlich, wenn er über seinen Meister spricht, seine Angestellten beginnen sogar zu flüstern. Zwei Jahre lang hatte Smith, Jahrgang 1970, als Teen auf der Uhrmacherschule in Manchester an seiner ersten Taschenuhr gearbeitet. Daniels blickte hinter seiner dicken Brille hervor und vernichtete ihn mit den Worten „sieht handgemacht aus“. Viele hätten spätestens da hingeschmissen, wären nie wiedergekommen. Doch Smith fühlte sich herausgefordert. Drei Jahre später akzeptierte Daniels das nächste Ergebnis und kümmerte sich fortan um den Jungen. Das gilt in der Werkstatt bis heute als Sensation – Daniels lebte ausschliesslich für seine Uhren, er war nicht von dieser Welt: „Roger war der Einzige, der ihm einigermassen nahekam“, raunt Andy Jones, der mit seinen 49 Jahren seit Das letzte Modell seines Meisters George Daniels fertigt nun Smith 51 TREND 3 Modelle plant Smith Dinge wie Grossdatum und Mondphase, da hat er viel am Computer zu tun. Seit Jahren entwirft und verwirft er, setzt neu an. Auf einige Erfahrungswerte kann er zurückgreifen: Die letzte George-Daniels-Serie verfügte über eine Datumsanzeige – und sie wird nun bei Smith produziert. Britisches Design, so erklärt er mit Blick auf den Flachbildschirm, könne man im Uhrenbau an seiner gewissen Schwere erkennen. Das Gehäuse sei recht dick, das Werk sehr tief konstruiert. An Smiths Handgelenk tickt übrigens das einfachste Rolex-Dreizeiger-Modell mit Stahlgehäuse: Erstens kann er sich seine eigenen Stücke nicht leisten. Und zweitens mag Rolex, was das Image betrifft, noch im- die Isle of Man: Im Sommer kommen Biker aus aller Welt hierher, um sich bei diversen Rennen ihren Geschwindigkeitsrausch abzuholen. Fast jedes Jahr sterben ein paar von ihnen auf den unebenen Strassen. Nichts, woran man hier Anstoss nehmen würde – die Raser hätten ja aufpassen können. Ausserdem kann man es sich einfach nicht leisten, auf das Rennen zu verzichten, noch haben nicht genug zahlungskräftige Touris die Insel als Urlaubsort entdeckt. Smith erzählt, er spiele Feldhockey als Ausgleich zum vielen Stillsitzen. Da geht es ziemlich zur Sache, und er würde es gern mal mit Hurling probieren. Bei dieser Sportart darf man die Kugel aus der Hand schlagen – auch da gibt es Tote. „Über Zeit weiss ich nur, dass ich nicht genügend habe“ MARTIN U.K. LENGEMANN (3) R O G E R W. S M I T H 3_ Jean Richard „JR 39 Bleu“ (2300 CHF) Blaue Stunde Blau ist das neue Schwarz. Zumindest in der Welt der Luxusuhren. Eine kleine Warenkunde 2_ IWC „Portugieser Jahreskalender“ aus Edelstahl (21.000 CHF) Teepause: Vor Smith liegt George Daniels’ Standardwerk über Uhrmacherei – den Stuhl hat Smith auch von ihm geerbt Zur Attraktivität seiner Heimat versucht Smith nach Kräften beizutragen. Er wird sein Geschäft ausbauen und in eine grössere Produktionsstätte umziehen. Mehr als 15 Modelle jährlich wird er allerdings auch dort nicht fertigen; es gibt kaum genügend Leute auf dieser Welt, die dazu in der Lage sind, eine Uhr zu bauen. Deshalb können Jugendliche von der Insel bei ihm in die Lehre gehen – vorausgesetzt, sie bestehen den rigorosen Aufnahmetest: „Es geht nicht so sehr darum, was einer schon kann“, sagt Smith beim Kaffee. „Ich will, dass die Bewerber Fragen stellen, die auf Interesse schliessen lassen. Wer nichts fragt, hat keine Chance.“ – „Wie viele Stunden täglich denken Sie denn an Uhrmacherei, Roger?“ – „Gosh. Ich glaube, es sind 24.“ Smiths jetziger Lehrling heisst Josh Horton. Nach der Rückkehr in die Werkstatt sitzt er über einem Gehäuse und versucht wieder und wieder, ein Zahnrad an die richtige Stelle zu rücken. Ein ernster 25-Jähriger in Jeanshemd und Kittel, der sich auf dem College mit Philosophie beschäftigte, bevor er auf Smiths Anzeige in der Lokalzeitung aufmerksam wurde. In der Schule war er gut in Mathe und handwerklich recht begabt. Doch eine Uhr zu bauen, das sei etwas ganz anderes. Horton erzählt von den Rückschlägen in seiner Lehrzeit. Wie er damit zurechtkomme? „Jedes Mal, wenn ich einen Fehler mache, lerne ich, wie ich’s der Name herausgegeben wird, muss die Person das Zeitliche gesegnet haben, es sei denn, es liegt eine ausdrückliche Erlaubnis vor. Sicher könnte Smith inzwischen höhere Summen für seine Unikate verlangen – komplizierte Uhren aus den grossen Manufakturen kosten oft siebenstellige Beträge: „Daran ist nichts falsch“, sagt er, „aber das wäre für mich der Schritt in eine Welt, die ich nicht mehr verstehe.“ Und doch bleibt beim Tee am grossen Holztisch in der Küche diese gemeine Frage: Angenommen, eine der Schweizer Firmen wie die Swatch Group, Patek Philippe oder Rolex käme – und würde ihm erklären, dass Geld keine Rolle spiele, solange er unter ihrem Namen arbeite? Könnte er widerstehen? „Gosh“, sagt Roger W. Smith, um einen Augenblick zum Nachdenken zu gewinnen. „Man soll im Leben niemals nie sagen. Aber in den kommenden 15, 20 Jahren? Nein. Nein, dazu habe ich selbst einfach zu viel vor.“ Man darf es ihm glauben. Denn selbstverständlich haben wir ihn doch noch auf seinen Zeitbegriff angesprochen, so viel Philosophie musste sein. Und haben nach einem weiteren „Gosh“ die Antwort erhalten, er könne unmöglich antworten: „Über Zeit weiss ich nur, dass ich nicht genügend habe.“ 4_ Skagen „Anita SKW 2307 30MM“ (179 CHF) 1_ Das Zifferblatt dieses Säulenradchronographen mit Tourbillon-Mechanismus von Montblanc besteht aus blauem Aventurin 2_ Fünf Jahre dauerte die Entwicklung des ersten Jahreskalenders in der neuen Portugieser Kollektion von IWC 3_ Jean Richard setzt diese Saison auf jeansartig strukturierte Zifferblätter und Straussenlederbänder 4_ Die Firma Skagen liess sich vom dänischen Nachthimmel für das Zifferblatt der mit Glassteinen besetzten Stahluhr inspirieren 5_ Oris feiert sein jüngstes Modell mit einer neuartigen Mondphasenanzeige, natürlich auf mitternachtsblauem Grund. 6_ Parmigiani verarbeitet für das Zifferblatt dieser Titanuhr erstmals in Säure gebadetes und blau gefärbtes Meteoritengestein 7_ Als Ex-Marineoffizier tritt Filmagent James Bond diesen Herbst erstmals mit der antimagnetischen SeamasterVariante von Omega an 5_ Oris „Tycho Brahe Limited Edition“ (2100 CHF) ZUSAMMENGESTELLT VON JOERN F. KENGELBACH 52 mer etwas speziell sein – doch die Werke der Schweizer Marke sind in ihrer Preisklasse die robustesten und ausgereiftesten überhaupt, das gesteht Smith gern zu. Dass er stets darauf insistiert, nur ein einfacher Uhrmacher zu sein, mag man als „landestypisches Verhalten“ abtun. Aber die Schweizer Manufakturen mit ihren Milliardenumsätzen sind tatsächlich keine Konkurrenz, sie bedienen einen ganz anderen Markt als er. Smith lädt nun zur geistigen Stärkung zum Mittagessen in den nächsten Pub ein. Die Fahrt geht über grüne Hügel und vorbei an noch viel mehr Cottages aller Grössen – beim grossen Rosamunde-Pilcher-Scouting fürs ZDF würde diese Insel in der Irischen See allerdings glatt durchfallen: Der Wind ist zu steif, Meer und Landschaft sind zu rau, als dass hier irgendwelche Deutschen auch nur halbwegs glaubwürdig als Lords und Ladys verkleidet durch die Landschaft hampeln könnten. Überhaupt, sagt Smith, sei seine Heimat ein sehr eigenes Stückchen Erde. Lange Zeit bitterarm, verwaltet sie sich grösstenteils selbst. Es gibt sogar eigene Pfundnoten mit dem Wappen der Insulaner darauf: drei Beine, die Speichen eines Rades bilden und so symbolisieren, dass die Bewohner der Isle of Man immer Boden unter den Füssen finden werden. In England erkennt niemand die Scheine. Im Pub bestellt Smith Rindfleisch-Pie mit Chips und genehmigt sich ein Mittagspint vom Fass, das lokale Bitter. Das ist hier völlig normal; ebenso wie dass es freitags nach Feierabend ein Bier mit den Angestellten gibt, bevor es zur Frau und den zwei Kindern geht. Überall haben sie im Gastraum Fotos von Motorradrennen aufgehängt – dafür kennt man 1_ Montblanc Chronometrie „ExoTourbillon Minute Chronograph Vasco da Gama Limited Edition“ (der Preis variiert täglich) nicht machen soll“, sagt er. Daran müsse er sich allerdings häufig erinnern. Andererseits glaube er, nach der Ausbildung wirklich etwas von Anfang bis Ende zu beherrschen. Wahrscheinlich will sein Meister genau dieses Bemühen sehen. Er kennt es selbst – und die harten Zeiten waren nach der Lehre noch lange nicht zu Ende. Finanziell war die Anfangszeit der eigenen Firma nach der Jahrtausendwende schwierig, als niemand Roger W. Smith kannte und niemand zu ihm kam. Inzwischen hat er so viele Kunden, dass jeder zweieinhalb Jahre lang auf sein Stück warten muss. Smith kennt beinahe jeden persönlich, lädt ihn in seine Werkstatt ein, um die Wünsche zu besprechen: „Und ob Sie’s glauben oder nicht – aber es macht einen Unterschied beim Bauen, wie sehr ich den Kunden mag.“ George Daniels war da noch entschiedener – wen er nicht leiden konnte, der bekam keine Uhr. Seinem Schüler ist aufgefallen, dass kaum Russen und Araber zu ihm kommen. „Die sind es nicht gewohnt, auf ein Produkt zu warten“, sagt Roger W. Smith lächelnd. Seine Klientel besteht zumeist aus Unternehmern und reichen Enthusiasten. Namen nennt er nicht, diese Diskretion ist im Bespoke-Geschäft traditionell im Preis inbegriffen: bevor 6_ Parmigiani „Tonda 1950 Special Edition Meteorite“ (19.500 CHF) 7_ Omega „Seamaster Aqua Terra 150 M James Bond limited Edition“ (6600 CHF) 53 MARKENGESCHICHTE D fast 150 Jahren Noten aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in ihren Düften erklingen. Susanne Opalka begeistert sich für die Harmonien, die sich daraus ergeben 54 Friseur und Parfümeur: Penhaligon’s Anfänge liegen in der Londoner Jermyn Street des 19. Jahrhunderts Den ersten Test hat das neueste Kosmetikprodukt von Giorgio Armani bestanden. Und zwar in Paris, als die Models im Januar in den großen HauteCouture-Roben des Maestros über den Laufsteg liefen. Ihre Gesichter? Makellos. Wahrscheinlich ohnehin. Aber Armanis Make-up-Direktorin Linda Cantello hatte zudem die „Crema Nuda“ schon mal eingesetzt. Sie ist ein Kosmetik-Multi, funktioniert allein (da Feuchtigkeitsspender) oder auch als Make-up-Ersatz, denn Hybrid-Pigmente sollen den Teint strahlen lassen. Für wen sie gedacht ist? Für alle, die ungeschminkt, aber nicht zu natürlich aussehen möchten. Sie wollen mal so richtig glänzen? Nicht falsch verstehen, denn nicht Ihre T-Zone (Stirn, Nase Kinn) soll es, sondern Ihr Teint. Das könnte die „True Radiance“-Formel von Clarins erreichen. In der leichten Foundation (gibt leider kein schöneres deutsches Wort) sind lichtreflektierende Pigmente eingebaut, die die Haut strahlen lassen sollen. Praktischerweise wurde auch ein Sonnenschutzfaktor 15 integriert, damit die UV-Strahlung den hellen Zauberteint nicht wieder ruiniert. Tipp: Schnell und gleichmässig eine kleine Menge mit den Fingerspitzen auftragen und von der Gesichtsmitte nach aussen verteilen. Und jetzt einmal ganz tief einatmen. Nein, nicht Sie sind gemeint, sondern Ihre Haut. Viel zu lange steckte sie doch in der Vergangenheit unter dicken Make-up-Schichten fest. Aber die Zeiten sind glücklicherweise vorüber, und die Kosmetikmarken produzieren mittlerweile ultraleichte Texturen. So auch Dior. „Nude Air Sérum de Teint“ wird mit einer Pipette aufgesogen, und wenige Tropfen des Fluids reichen für ein Gesicht aus. Am besten mit einem Pinsel hauchdünn verteilen. Deckt auch – ohne nach Schminke auszusehen und ist auch noch schön für die Haut. Stiftchen P S SS t ! Die amerikanischen Teenie- und ModelSchwestern Ally und Taylor Frankel, hatten keine Lust (und es auch noch nicht nötig) sich morgens ewig vor dem Spiegel fertig zu machen. Viel lieber wollten sie ihre natürliche Schönheit betonen, Unebenheiten korrigieren. Aber auf eine praktische Weise. Drum gründeten sie im vergangenen Herbst „Nudestix“ und stecken jedes ihrer Produkte, wie etwa den „Moisture Pencil“ (soll an rauen, geröteten Stellen etwa um die Nase herum Linderung schaffen), in Stiftform. Passt noch in jedes Etui. Über beautylish.com S Luftikus Erinnern Sie die orangefarbenen Markenbefeuchter, die in jeder Postfiliale standen, als es noch keine selbstklebenden Briefmarken gab? So ähnlich sieht das neueste Make-up-Familienmitglied „Miracle Cushion“ (also Wunderkissen) von Lancôme aus. Nur verbirgt sich unter dem Schwammkissen nicht Wasser, sondern Farbe. Erst auf leichten Druck (des Fingers oder des mitgelieferten Applikators) reagiert das Kissen und gibt dann eine kleine Menge des getönten Fluids (in sechs Farben) frei. Macht Spaß, deckt ab und kann sogar nachgefüllt werden. Es wurde übrigens zunächst nur für den koreanischen Markt erfunden. ZUSAMMENGESTELLT VON CAROLINE BÖRGER; GETTY IMAGES (2) Die englische Parfüm-Manufaktur Penhaligon’s lässt seit Welch Glanz in der Hütte Ein Hauch von Farbe PENHALIGON (2); GETTY IMAGES Hip Hip Heritage ie Mühsal einer Umzugsreise Ende der 1860erJahre mag man sich heute kaum mehr vorstellen: Wir sind im viktorianischen Zeitalter, es gibt gerade erste Fahrversuche mit einem primitiven benzinbetriebenen Fahrzeug. In Penzance, am Zipfel Cornwalls, macht sich ein junger Mann mit seiner Familie auf, in die 3-Millionen-Metropole London (Zürich hatte rund 57.000Einwohner) umzusiedeln. Die lange Reise endet hinterm Piccadilly Circus, neben einem türkischen Hamam. Auch wenn es die Ära der Entdeckungen und der industriellen Entwicklung ist, von Dekadenz und Extravaganz in der Upper Class Society, in den vom Kohlestaub geschwärzten Strassen riecht es noch übelst nach dunklem Alltag. Doch William Henry Penhaligon, ein moderner Dandy im besten Sinne – traditionelle Werte achtend und voller Neugier auf das Ungewöhnliche –, hat schon etwas anderes vor Augen. Oder besser in der Nase. Kaum findet er 1870 ein geeignetes Ladengeschäft in der Jermyn Street und eröffnet seinen Barber’s Shop, ist die Aristokratie ganz wild auf seine Rasur, die Pomaden und auf seine Wässerchen. Schnell erwirbt William Henry angrenzende Geschäfte. Darunter das bekannte Hamam. Die charakteristischen, neblig-dämmrigen Lavendel-Türkisch-Rose-Schwaden, die ihn täglich umwehen, interpretiert er und bannt sie 1872 in einen Flakon. „Hammam Bouquet“ begründet die Dufthistorie des Hauses und bleibt sein lebenslanger persönlicher Lieblingsduft. „Hammam Bouquet“ steht nach wie vor in London in den Regalen, wie im Flagship Store am Covent Garden. Hinter der historischen Fassade und der weissen Markise wird man schlicht eingesogen in die Bastion für aussergewöhnliche Düfte in der Wellington Street 41. Hier steht seit 1975 gefühlt Penhaligon’s Zentrale. Auch wenn William Henrys Sohn Walter und später sein Enkel Leonard übernahmen, im Zweiten Weltkrieg auch das Hamam zerstört wurde und später verschiedene Inhaber an verschiedenen Orten eröffneten und wieder schlossen: William Henrys handgeschriebene Formeln und Ideen überdauerten die Jahrhunderte. Und hergestellt und abgefüllt wird bis heute fast alles per Handarbeit und ausschliesslich im Vereinigten Königreich. Für die Serie „Bayolea“ beispielsweise nutzte Parfümeur Mike Parrot einen Kassenschlager aus Williams florierendem Shop. In den Archiven fand er die Ur-Formel von „Bay Rum“. Diese Mixtur aus Rum sowie den Beeren und Blättern des Westindischen Lorbeers kommt ursprünglich aus der Karibik. Der gepflegte Mann setzte die Mixtur universell ein – als Aftershave, Cologne, Deodorant, Duft für Rasierseifen und als Gesichtswasser. „Bayolea“ ist eine moderne Auflage der bewährten Formel. So war es immer – so soll es bleiben. Selbst unter dem Dach des spanischen Hauses Puig, das Penhaligon’s inzwischen erworben hat. Schliesslich hat der „Hip Heritage“-Stil sogar ein gebräuchliches Adjektiv kreiert; „this is so penhaligons“ hört man hie und da in Londons Strassen. Grossen Anteil am Bewahren der Kultur hat Nathalie Vinciguerra, die die Duftentwicklung verantwortet und sich stets die Grossen der Branche leistet. Darunter die Meister-Parfümeure Alberto Morillas und Bertrand Duchaufour. So werden die berühmten Kreationen so behutsam wie möglich angepasst. Doch das Hegen der Traditionen im Sinne des Erfinders bedeutet eben neue Wege zu wagen: So wie sich in den Stores poppige Designelemente zum edwardianischen Stil harmonisch fügen, beduftet man seit Jahren die Londoner Fashion. Alberto Morillas arbeitete zwei Jahre lang mit dem English National Ballet zusammen, um das anmutige „Iris Prima“ zu entwickeln: Eine Choreografie der Moleküle, gleichsam Noten und Tanzschritte in olfaktorische Ideen umgesetzt. Über allem die Iris, die so dosiert ist, dass sie das Gefühl heraufbeschwört, wie eine Primaballerina durch die Luft zu schweben. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – ihre Akkorde erklingen auch in der neusten Kollektion „Trade Routes“; inspiriert vom Handel mit den kostbarsten Waren aus aller Welt, die im frühen 19. Jahrhundert in den Londoner Docks lagerten. Ob wertvolle Perlen und Seidenstoffe (in „Empressa“) oder Gewürze, Hölzer, Harze, Rum, Absinth, Safran, Amber, Oud und Patschuli (in „Levantium“). Auf ihnen prangen selbstverständlich die Wappen, die königlichen Zertifikate, die den fortbestehenden Handel mit HRH The Duke of Edinburgh und HRH The Prince of Wales symbolisieren. In der Vergangenheit war es nur das Parfüm, das die Menschen an fernste Orte und exotische Plätze führen konnte. Häuser wie Penhaligon’s lassen uns diese Reisen, diese Emotionen nach wie vor erleben und mehren ihren Erfolg. Obwohl wir heute um die Welt jetten. Oder gerade deswegen. Wir woll’n den Glow Die Ne ulinge Streichelei Bislang war die Londoner Kosmetikmarke Rodial bekannt für Pflegeprodukte mit vielversprechenden Inhaltsstoffen wie Bienengift (soll Falten schneller glätten) oder „Drachenblut“ (Feuchtigkeitsspender). Doch nun wird es äusserlich. Inhaberin Maria Hatzistefanis hat drei Jahre lang an einer eigenen Make-Up Linie gewerkelt. Neben Puder, Primer, Mascara & Co. hat sie auch die jeweils passenden Pinsel dazu entwickelt. Die „Foundation brush“ ist absichtlich aus Kunsthaar, damit die Flüssig-Foundation nicht aufgesogen wird, ein runder Pinselkopf soll für einen ebenmässigen Auftrag sorgen. Tipp: Waschen Sie ihn regelmässig mit einem milden Shampoo aus. Föhnen ist nicht nötig. Gibt’s über niche-beauty.de Ei, ei, ei Statt Frühstücksei: Wie wäre es mal mit einem „Beautyblender“? Dem kleinen latexfreien, mehrfach verwendbaren Schwamm in Eiform, mit dem sich jegliche Art von Concealer oder Make-up leicht und streifenlos auftupfen lässt. Feuchten Sie ihn mit Wasser an (er entspricht etwa der abgebildeten Grösse), stupsen sie ihn kurz auf ein Handtuch, tunken ihn vorsichtig in die Farbe, und los geht’s mit dem Verteilen! Die Farben haben übrigens eine Bedeutung: Schwarz ist für Profis (dafür wurde der Blender übrigens in Hollywood entwickelt), Weiss für ganz Sensible und Pink für alle anderen. Gibt’s etwa über manor.ch Eine für alle Keinen Platz mehr im Schminktäschen? Ruckeln, quetschen, abwägen, ob Make-Up, Concealer, Puder & Co. auch alle hineinpassen? Bobbi Brown schafft nun Abhilfe mit der „Face Touch-Up“Palette, in dem alle notwendigen Helferlein in einer nur Handflächen kleinen (!) Schatulle Platz finden. Aus den beliebtesten Make-up-Kombinationen ihrer Kundinnen hat die Amerikanerin nun 15 dieser Paletten entwickelt. Damit sollen Augenringe in zwei Schritten überdeckt, soll der Teint mit der Skin Foundation überall getüncht werden und zum Schluss das Kompaktpuder ein Absetzen in den Fältchen verhindern. Und was zeigt uns das? Dass wir eben doch alles haben können. 55 INTERVIEW riecht oder nicht. Wann er auf den Markt kommt, ist so egal, ebenso, ob er von Frauen oder Männern getragen wird. A Am Morgen hatte er in Howick Place die Männer-Kollektion gezeigt, in bester ConférencierManier, amüsant und cool wie die Entwürfe. Er beherrscht den perfekten Auftritt, als Designer, als Schauspieler, als Regisseur. Und natürlich beherrscht er die Pose, immer noch, immer besser. Und nervt damit kein bisschen. Seine Umgangsformen sind so britisch, formvollendet, begleitet von subtilem Humor, dass die Herkunft Texas als merkwürdiger Bruch erscheint. Jetzt, am Abend, sitzen wir in einem separaten Raum im angesagten, exklusiven Londoner „Chiltern Firehouse“-Hotel – wo sonst sollte er sein neues Parfum feiern? Ach ... Die einzige Frage ist: Ist es ein toller Duft? Wahrscheinlich ist das eine sehr unromantische Antwort, ich könnte mich auch hinstellen und sagen: „Oh, ja, der Mai ist so ein Wonnemonat, voller Romantik und langer Sommernächte in Paris, in denen es bis 23 Uhr hell ist und viel Zeit ist für die Magie der …“ und so weiter. Aber der Punkt bleibt: Duftet er gut? Und was den strategisch richtigen Zeitpunkt betrifft, also wie häufig und wann man einen Duft auf den Markt bringt: Das muss man ganz realistisch sehen. Man braucht vor allem ein tolles Produkt. Dann überlegt man, welches der passende Zeitpunkt ist: Kommen gerade andere Düfte auf den Markt? Diese pragmatischen Aspekte sind vielleicht unromantisch, aber so sieht die Wirklichkeit aus. Sprechen wir also über Noir Extreme. Ist der Mai ein guter Monat, um einen neuen Duft auf den Markt zu bringen, weil der Sommer vor der Tür steht, mit den warmen Nächten und voller Losgelöstheit? Man weiss nie genau, wann der passende Moment ist. Wenn man beispielsweise ein Produkt „Extreme“ nennt, kann man nie sicher sein, ob nicht irgendetwas Furchtbares passiert und es dann heisst: „Oh Gott, und du hast es ‚Extreme‘ genannt!“ Und man denkt sich: „Wenigstens heisst es nicht ‚Extremiste‘!“ Das klingt jetzt furchtbar, aber unser PR-Team für Düfte schreibt normalerweise wortreiche Texte, doch für mich sind nur meine Idee bei der Duftentwicklung und die Inhaltsstoffe wichtig, und ob er gut riecht oder nicht. Und ich habe das also meinem Fahrer vorgelesen und musste laut lachen (lacht) – das können Sie ruhig schreiben –, denn es ist alles so ein Blödsinn! Wichtig ist nur, ob ein Duft toll „Mein idealer Mann bin ich” Mag jetzt auch die grosse Bescheidenheit angesagt sein: Kaum trifft man Tom Ford, überlegt man, dass ein bisschen mehr Hedonismus eigentlich nichts Schlechtes sein kann. Das Sympathischste an dem Wahl-Engländer aber ist, Interviews mit ihm sind TOM FORD (5); MONTAGE: ICON niemals langweilig, sagt Inga Griese Der Grund, weshalb man Parfüm verwendet, ist wahrscheinlich auch viel unromantischer als verheissen. Gehört es nicht einfach zum Anziehen dazu? Ich bin besessen von Düften, wirklich. Meistens rieche ich wie ein wandelndes Potpourri aus all meinen Düften, weil ich sie alle benutze – ich sprühe sie einfach alle übereinander, in mehreren Schichten. Ich denke, dass es bei all meinen Düften einen gemeinsamen roten Faden gibt. Amber, Patschuli, Vanille, Sandelholz – es gibt einige Noten, die ich immer liebe. Manche finden die schwer, aber für mich sind sie satt und üppig. Und sowohl „Noir“ als auch „Noir Extreme“ sind interessant, denn sie haben würzige Kopfnoten und blumige Herznoten, aber die Basisnote, die den Duft erdet, besteht bei beiden aus Amber, Vanille und Sandelholz. Insofern haben alle meine Düfte ein gemeinsames Thema: Sie sind warm. Manche haben auch eine gewisse kühle Note, aber insgesamt sind sie warm. Ihre Unisex-Idee kam damals gut an, jetzt haben auch Sie Düfte für Frauen und für Männer. Fordert der Markt diese Unterscheidung? Ja, es ist wirklich eine Frage der Markterfordernisse. Vor allem Männer – mehr Männer als Frauen, aber manchmal auch Frauen – fühlen sich beim Kauf eines Dufts sicherer, wenn sie wissen, dass er für sie gedacht ist. Trotzdem wird das Damenparfüm „Black Orchid“ zu etwa 20 bis 25 Prozent von Männern gekauft. Ich habe beruflich mit einem sehr netten Italiener in Mailand zu tun – eindeutig heterosexuell – und eines Tages trug er „Black Orchid“. Ich fragte ihn: „Ist das ,Black Orchid‘?“ Als er das bejahte, meinte ich: „Wusstest du, dass wir das ursprünglich als Frauenduft entwickelt haben?“ Der Mann war ganz aufgeregt. „Wirklich?! Oh Gott! Aber ich finde ihn toll!“ Ich sagte: „Das ist völlig okay! Du findest ihn toll! Und er steht dir super!“ Ich glaube also – nein, ich weiss –, dass sich die Grenzen verwischen. Es ist den Leuten immer weniger wichtig. Sie tragen einfach, was ihnen gefällt. Aber dieser Duft, über den wir jetzt sprechen, ist „Men’s Noir Extreme“. Denken Sie, dass sich auch die Männer in den vergangenen Jahren verändert haben? Grenzen lösen sich ja nicht nur im Parfümregal auf. Auf jeden Fall! Das ist genauso wie mit diesen ganzen jungen Models, die jetzt vielleicht 17, 18, 19, 20 Jahre alt sind. Die haben eine ganz andere Einstellung zu Männlichkeit und Sexualität. Sie sind nicht so festgelegt. Auch bei mir gibt es noch diese Rückstände, die Überreste, die meine Generation prägen. Zum Beispiel bei blumigen Düften: In diesem und auch in anderen unserer Herrendüfte gibt es eine Menge Blumennoten, und in der viktorianischen Zeit wurde das sehr geschätzt. In den 1890er-Jahren war Veilchen ein sehr beliebter Herrenduft. In den 1950ern hiess es dann: Oh nein, Männer tragen keinen Veilchenduft, keine Blumennoten! Heute wird das viel eher akzeptiert. Es ist offener, lockerer. Aber ist das in allen Lebensbereichen so? Ich glaube ja. Sie nicht? Mir kommt es so vor, als ob die Amerikaner immer weniger entspannt sind. Ich lebe ja überwiegend in Europa, aber ja, leider nimmt man die religiösen Rechte wahr und die Amerikaner, die sich sehr lautstark äussern. Es ist lustig, sie kommen zu mir ins Büro und sind alle so laut. Wenn unser New Yorker Team bei uns eintrifft, kann man sie sofort hören. Und das Komische ist, dass ich den amerikanischen Akzent nicht gerne höre, dabei weiss ich, dass ich selber einen habe. Ich finde das besser, als einen falschen englischen Akzent zu haben. Aber er klingt für mich trotzdem schrill. Wie auch immer, ich weiss gar nicht mehr, was ich eigentlich sagen wollte … Ach ja: Sie haben recht – in Amerika gibt es noch diese Rückstände. Und doch: Die Kinder meiner Freunde sind jetzt um die 17, 18, 19, 20 Jahre alt und sind so entspannt, was ihre Kleidung und ihr Aussehen betrifft. Jungs lackieren sich die Fussnägel, sie sehen aus, als wären sie schwul, aber sie sind es nicht. Selbst in Amerika ist es sehr, sehr viel lockerer geworden. Alles, überall. In Grossbritannien gehören eine gewisse Extravaganz und politische Unkorrektheit zum guten Stil. Ihre neue Männer-Kollektion scheint direkt darauf einzuzahlen, sie hat Humor und Eleganz. Dankeschön! Nun, ich lebe schon eine ganze Weile hier und ich fürchte, ich habe mittlerweile etliche britische Eigenheiten. Ich mag diese Mischung aus Skurrilem, Lebensqualität, guten Umgangsformen und Leichtigkeit. Die Briten hatten immer ein Faible für das Exzentrische. Sie lieben Kostümfeste. Man hat hier immer noch einen gewissen Hang dazu, sich herauszuputzen. Anderswo auf der Welt erlebt man es selten, dass alle Menschen auf der Strasse wie aus dem Ei gepellt wirken, aber hier sind Frauen frisch frisiert, haben die angesagten Handtaschen – und schämen sich nicht dafür, dass sie neu sind. Das ist interessant. Sie empfehlen diese Sneaker zum Abendanzug. Eine smarte Idee. Andererseits standen gerade Sie immer sehr für Eleganz. Ich fand, die Models sahen elegant und chic aus in diesen Sneakers. Ich selbst würde sie wahrscheinlich nicht tragen, denn ich bin zu alt. Aber wenn ich 25 wäre und etwas grösser und schlanker: auf jeden Fall. Will nicht jeder grösser und schlanker sein? Ich schon. Jede neue Generation ist grösser als die davor, und ich fühle mich immer kleiner, denn ich schrumpfe, während die Models alle zehn Jahre fünf Zentimeter grösser werden. Nein, ich denke, das ist eine sehr moderne Art der Eleganz. Sehr entspannt. Ich mag diesen Look sehr. Haben Sie ein ideales Männerbild? Nun, ohne narzisstisch klingen zu wollen: Mein idealer Mann bin ich. Wenn ich es nicht selbst bin, so wie ich jetzt aussehe, dann sind es meine Kriterien bei der Arbeit an einen Look. Wenn ich etwas anziehe, überlege ich: „Hm, wenn ich 1,88 gross wäre und sieben Kilo leichter: Ja, okay, das geht.“ Also ist es eine Art Fantasie-Selbstbild mit Fremdanteilen. Wenn ich mir nicht vorstellen kann, ein Stück unter veränderten Körper- oder Altersbedingungen zu tragen, dann fliegt es raus. Selbstvertrauen ist ja nichts Schlechtes. Warum ist es uns oft so suspekt? Ich denke, man braucht immer einen Standpunkt und einen Leitwolf. Unbedingt. Prada sieht immer nach Prada aus, weil es dem Geschmack von Miuccia entspricht. Und man spürt, dass es Miuccia ist. Karl Lagerfelds Sachen sind ganz klar Karl. Erfolgreiche Marken haben einen Standpunkt. Sie sind mal mehr und mal weniger angesagt, aber sie haben immer einen Standpunkt. Fühlen Sie sich von den neuen Medien und ihrem hohen Tempo unter Druck gesetzt? Ja, ein wenig durchaus. Ich nutze Social Media nicht so stark wie viele andere, weil ich denke, dass es einen entzaubert, wenn man zu präsent und verfügbar ist. Ich möchte mich nicht mit George Clooney vergleichen, aber ihn sieht man auch nie, wenn er nicht gerade einen Film promotet. Er ist nicht ständig in der „Hello!“ präsent. Wenn man ihn dann sieht, denkt man: „Oh, wow, George Clooney.“ So erhält man sich … Ich weiss nicht, wie sich das anhört, wenn Sie es aufschreiben, aber es stimmt. Daher denke ich, man muss, besonders, wenn man eine Marke ist, sehr sorgfältig sein. Aber es entspricht auch meinem Wesen. Ich bin ohnehin schon eine öffentliche Person. Ich möchte nicht, dass jeder ständig sehen kann, was ich mache. Ich muss den Leuten nicht zeigen, was mein Sohn und ich zu Abend essen. Wie stellt man es als Mann an, auf kluge Weise älter zu werden? Oh je, darüber habe ich gerade heute nachgedacht, als ich mich umzog. Man muss sehr vorsichtig sein. Ich werde es zulassen müssen, ein klein wenig zu altern. Was gut ist … Es bleibt einem nichts anderes übrig. Was für eine Alternative hat man? Ich möchte nicht jünger aussehen, als ich bin. Ich möchte bestmöglich für mein Alter aussehen. Das habe ich einmal jemanden sagen hören. Ich möchte bestmöglich aussehen, mit 53, mit 55, mit 60, mit 70 und mit 80. Beweglich bleiben, Yoga machen, gesund sein. Wenn man krampfhaft versucht, 20 Jahre jünger auszusehen … ... dann sieht man aus wie ein Idiot. Was für Frauen und Männer gilt? Und darum werde ich auch keine Tennisschuhe zum Smoking tragen. 57 GABRIELE KOSTAS (1), OLIVER MARK (7) Mehr Gärten der Lagunenstadt gibt’s im Bildband „Die geheimen Gärten von Venedig“ (DVA) zu sehen IN VENEDIG Nah am Wasser gebaut Eine nahezu unbekannte Traumwelt Venedigs verbirgt sich hinter den Mauern der Palazzi: die geheimen Gärten. Für Andreas Tölke öffneten sich die Tore – so lernte er die Stadt ganz neu kennen. Oliver Mark begleitete ihn mit der Kamera 58 V or elf Uhr empfängt Contessa Barnabò nicht. Immerhin, kurz vor der vollen Stunde öffnet sich ein Fenster im ersten Stock des Palazzo Cappello Malipiero Barnabò und die Gastgeberin erscheint im Rahmen. Ihr Blick fällt nun nicht nur auf den Canal Grande, er fällt auch auf eine Oase aus Rosen, Oleander, Iris und Hortensien umrandet von Buchsbäumen. Ein wenig französische Gartenkunst und ziemlich viel italienische Grandezza. Contessa Barnabò aber wirkt reserviert, während sie in ihr Idyll schaut – in den Garten, in dem schon Lord Byron und Giacomo Casanova Mussestunden verbrachten. Es ist sehr selten, dass die Gräfin Journalisten eine Audienz gewährt und auch diese kam nur zustande, weil eine Botin im Spiel war. Mariagrazia Dammicco, eine Expertin, öffnet die Türen zu Venedigs exklusivsten Verstecken, den Gärten, die man nur vom – pardon – Vorbeigondeln kennt. Vor allem den von Contessa Anna – wenn sich im Sommer Kaskaden aus weissen Rosen (Snow Carpet) über die Balustrade zum Canal Grande ergiessen. Es ist visuelles Ausruhen von all den opulenten Fassaden am Wasser, die aus dem Vaporetto maximal den Blick in kleine Gassen zwischen den Palazzi freigeben. Aber dann eben das: Der Garten der Contessa mit Statuen aus dem 18. Jahrhundert, eine Allegorie auf die vier Jahreszeiten. Sie schliesst ihre Fensterläden wieder, wir werden auf der Etage empfangen. Im Salon, geschätzte 250 Quadratmeter, plaudert die Hausherrin des 800 Jahre alten Palazzo über die Passion, die sie ergriff, als sie von Paris nach Venedig kam: „Bei meinem Einzug wurde noch Wein angebaut und erst über alte Aufzeichnungen konnte ich mir ein Bild machen, wie der Garten ursprünglich angelegt war. Wir haben ihn dann rekonstruiert.“ Ob ihr Besucher wisse, fragt die Contessa, dass es in Venedig über 500 Gärten gebe? Der ihre, den sie seit drei Dekaden pflegt, gilt auch nach Meinung der begleitenden Expertin Mariagrazia Dammicco als einer der schönsten. So herrlich, dass ihr Nachbar, der Unternehmer und Kunstsammler François Pinault, nach Vernissagen in seinem Museum im Palazzo Grassi gern Gäste in den Garten der Contessa einlädt. Ihr erleichtert das Zubrot den Unterhalt des Hauses, denn obwohl es ein Denkmal ist, gibt es keine Unterstützung von staatlichen Stellen. Venedig wuchs aus der Lagune, umrandet von Salzwasser, da hatten die Gärten zunächst eine ökonomische Funktion: „Die gepflasterten Plätze, die wir heute kennen, waren Anbauflächen für Obst und Gemüse. Erst seit dem Jahr 1500 ist dokumentiert, dass es grüne Oasen rein zum Entspannen gab“, erklärt Mariagrazia Dammicco. Sie ist den Hideaways auf der Spur. Mehr als zehn Jahre hat sie recherchiert, hat mit dem Boot an Toren angelegt, die Grün verhiessen, und geklingelt: „Ich habe noch immer nicht alle Gärten gesehen“, erzählt sie und deutet auf eine Mauer über deren First Äste wippen: „Hier zum Beispiel. Ich kenne die Besitzer, aber sie erlauben keine Besuche.“ So geht es den ganzen Tag. Wenn nur ein Hauch von Pflanze aus einem Kanalgrundstück lugt, hat Mariagrazia Dammicco die Geschichte der Palazzi, der Besitzer und vor allem deren Gärten parat. Das ist ihre Passion. Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Historikerin. Vor 15 Jahren gründete Maria- grazia mit ein paar Enthusiasten den Club „Giardini Storici Veneziani“ – und dieses Jahr hat sie es geschafft, zumindest einige Gärten für ein paar auserwählte Nicht-Mitglieder erlebbar zu machen. Zusammen mit dem „Westin Europa & Regina“ wurde eine Tour für Gäste entwickelt. Das Hotel unweit der Piazza San Marco, ist Start und Ziel, um mit dem Boot fünf bis sechs Gärten zu besuchen. Der Garten von Contessa Barnabò ist ein Höhepunkt. Die mehr als 60 Anlagen, die zur Auswahl stehen, sind während einer VenedigExkursion sowieso nicht zu schaffen. Einen guten Überblick verschaffen sich Gäste mit einem Mix aus Kloster- und Privatgärten. Öffentliche oder Museums-Gärten, wie der des Peggy Guggenheim Museums, kann man getrost in Eigeninitiative besuchen. Doch die Pforte zum Palazzo Nani Bernardo von Contessa Elisabetta Lucheschi-Czarnocki öffnet sich nur mithilfe von Mariagrazia. Eine weitere Contessa, aber ein Garten, der weniger ins Auge springt, eher die klassische Variante. Vom Wasser aus wird angelegt, der Portego, ein Flur, führt quer durch den Palazzo und dann erreicht man den Garten. Splendid Isolation umrandet von Mauern, uneinsichtig für die Nachbarn: Contessa Czarnocki hat von der Terrasse eine Orangerie abgeteilt, die Zitronen blühen: „Oliven und Zitrusfrüchte sind natürlich Teil fast jeder Bepflanzung, aber die Blume Venedigs ist die Rose", sagt Mariagrazia Dammicco. Dabei ist Rosenzucht in Venedig ein Kraftakt, der höchste Aufmerksamkeit erfordert: Der Humus muss im wahrsten Sinne des Wortes herbeigeschippert werden, Süsswasser muss man aus der Leitung nehmen, im Boden ist es in dieser artifiziellen Stadt ja nicht vorhanden. Im Garten des Palazzo Nani Bernado darf die Rose nicht fehlen, auch nicht die abgezirkelten Buchsbaumbeete. Der Liebling der Contessa ist allerdings die Brolo, eine zarte Orchidee, die im hinteren Bereich des Gartens auf den Sommer wartet. Ein Palazzo in venezianischer Gothik aus dem 18. Jahrhundert, ein Garten im Stil der Renaissance, also des 15. Jahrhunderts – da drängt sich die Frage auf, ob es zuerst den Garten gab. „Nein, ganz anders. Hier standen kleine, schäbige Häuser, die vor circa 150 Jahren abgerissen wurden, und erst dann wurde der Garten angelegt“, berichtet Mariagrazia. Und es herrscht Vielfalt: Signora Laura Candianis Garten hat wieder eine ganz andere Geschichte: „Der Palazzo Grimani ai Servi, der aus drei Gebäudeteilen besteht, brannte Anfang des 19. Jahrhunderts nieder, nur die Gärten blieben erhalten“, erzählt sie. Drei Gärten, um genau zu sein. Eine Rasenfläche, eingerahmt von Jasmin und Efeu, ein Garten mit den schon bekannten Buchsbaumhecken und ein Gemüse- und Spielgarten für die Kinder der Grossfamilie. Es ist die Quintessenz der venezianischen Gärten, wie ein paar Kanäle weiter der Garten der Scuola Vecchia della Misericordia zeigt. Hier, im ehemaligen Kloster aus dem 13. Jahrhundert, haben Nonnen ein Armenhaus betrieben und Gemüse angebaut. Hier ist nicht nur eine Anmeldung nötig, der Besuch muss durch die Ausweisvorlage legitimiert werden. Das Vergnügen, so exklusiv es erscheint, ist nach den gesehenen opulenten Anlagen eher spartanisch. Rasenflächen, Rosen, Jasmin und ein paar Pinien. Ein Tag mit Wassertaxi, gegelten Haaren und übergrossen Sonnenbrillen auf den Kanälen neigt sich dem Ende entgegen. Es war ein Tag, der einen neuen Blick auf Venedig freigibt: Auf eine Stadt, in der einem was blüht. Im Garten der Contessa Czarnocki des Palazzo Nani Bernardo (rechts) sitzt die Hauskatze Oben: Signora Laura Candiani im Buchsbaum-Labyrinth des Palazzo Grimani ai Servi. Links: Scuola Vecchia della Misericordia, ein ehemaliger Klostergarten Unten: Contessa Anna Barnabò im PorzellanZimmer ihres Palazzo Malipiero. Links: Noch eine Katze. Rechts: der Portego des Palazzo Nani Bernardo Chiswick House and Gardens Kaktusinstallation in der Paul-Smith-Boutique Exponate im Sir John Soane’s Museum IN LONDON Hidden Places Covent Garden In den 70er-Jahren arbeitete ich als freiberuflicher Designer und hatte den Traum, meinen eigenen Shop zu eröffnen. Mir war nicht klar, dass die Ausgaben viel höher sein würden, als das, was ich zur Verfügung hatte! In Covent Garden kannte ich mich gut aus. Damals war hier ein Obst- und Gemüsemarkt, aber die Verkäufer zogen weg, deshalb gab es all diese leer stehenden Gebäude. In der Gegend spielten viele Bands in Clubs und leeren Lagerhallen, und ich fand mich in diesem Getriebe gut zurecht und wusste, dass das der richtige Ort für mich wäre. Ich leuchtete Briefkästen mit meiner Taschenlampe ab und entdeckte so dieses grossartige Gebäude, von dem ich fasziniert war, weil es aus Beton und nicht aus Backstein war. Ich war ein grosser Fan von Bauhaus und Corbusier, also war es perfekt für mich. Schon 1976 konnte ich es kaufen und glücklicherweise dann drei Jahre später dort mein Geschäft eröffnen. In den ersten Tagen war in dieser Gegend nicht viel los und es war sehr schwierig, sich über Wasser zu halten. Aber nach und nach änderte sich das und bald eröffneten viele wundervolle Läden; alternative Buchshops und Boutiquen von Jungdesignern. Wenn man heute nach Covent Garden kommt, findet man eine sehr beliebte touristische Gegend vor, aber mein Shop steht immer noch in der Floral Street und ist ein verstecktes Juwel im hektischen London. 60 Holland Park Wenn man den Holland Park betritt, im Herzen von Kensington und Chelsea, fühlt man sich sofort, als wäre man auf dem Land. Es ist ganz normal, dort Eichhörnchen oder Hasen zu sehen, früher gab es hier sogar Flamingos und im „Kyoto Garden“ liegen riesige Steine aus Japan. Ab 2016 endet eine Tour durch den Sie glauben, London sei eine Stadt, die touristisch ausgeleuchtet ist? Diese Tipps von Paul Smith eröffnen neue Seiten – Massimo Rodari fotografierte Park nicht mehr im „Commonwealth Institute“, sondern im neuen „Design Museum“, das von seinem jetzigen Standort nahe der Tower Bridge hierher zieht. Dort hatte ich letztes Jahr meine Ausstellung „Hello, My Name is Paul Smith“. Die Restaurierung dieses Gebäudes wurde von dem Architekten John Pawson geleitet, ein Freund von mir. Sir John Soane’s Museum Dies ist eines meiner Lieblingsmuseen, es gibt hier eine verrückte, umfassende Mischung von Dingen, die Sir John Soane sammelte. Er reiste viel und brachte Objekte und Artefakte aus der ganzen Welt mit. Das Museum war einmal sein Haus, das aus drei Häusern zusammengesetzt wurde. Der Hausherr war nämlich Architekt, entwarf auch die „Bank of England“. Er experimentierte auch viel. Wo einst der Speisesaal war, stehen jetzt Hohlspiegel und wenn eine Kerze in diesem Zimmer brennt, erzeugen die Spiegel ein märchenhaftes Licht. Es gibt auch eine riesige Sammlung von Bildern von William Hogarth. Sir John Soane besass so viele davon, dass er die Wände so entwarf, dass sie sich wie Türen öffneten, damit auf beiden Seiten ein Bild von Hogarth Platz hat. Er hat es meisterhaft verstanden, viele Dinge in einem kleinen Raum unterzubringen. Es ist ein magischer Ort. The Wallace Collection Das ist ein kleines, feines Museum, das nicht weit von der Oxford Street am Spanish Place in Marylebone liegt. Die Sammlung stammt aus dem 19. Jahrhundert und gehörte ursprünglich Richard Seymour-Conway. Mir gefällt besonders, dass ein paar der Ausstellungsstücke unter grossen Lederdecken präsentiert werden, um sie vor Licht zu schützen; man schiebt das Leder zur Seite und stösst auf diese wunderschönen Kunstwerke. Chelsea Physic Garden Ein botanischer Garten voller Pflanzen, die von medizinischem Nutzen sind. An einem sonnigen Tag kann man hier eine wunderbare Zeit verbringen. Es gibt ein sehr nettes Café und einen tollen Souvenirshop, der auch Pflanzen verkauft. Chelsea Physic Garden Kyoto Garden im Holland Park Die Wallace Collection in Marylebone Versteckt in den Kew Gardens: Marianne North Gallery Chiswick House and Gardens Ursprünglich wurde das Haus im 19. Jahrhundert von Lord Burlington entworfen, der sehr vom Renaissance-Architekten Andrea Palladio fasziniert war – und es hat auch einen sehr schönen Garten. Ich gehe oft in die Gärten und auch in das Café, das von dem britischen Architekten Caruso St John entworfen wurde, der auch das zeitgenössische Kunstmuseum in meiner Heimatsstadt Nottingham und die Erweiterung der Tate Britain entworfen hatte. Abgesehen davon, dass das Café ein wunderschönes Gebäude ist, gibt es dort auch köstliche Käse-Sandwiches. Kew Gardens Aus der Vogelperspektive kann man Kew Gardens erleben. Auf erhobenen Pfaden spaziert man dort durch die Baumkronen und erhält so eine ganz neue Perspektive auf die Landschaft. Die Marianne North Gallery ist zwar schwer zu finden, aber auf jeden Fall einen Besuch wert. Marianne North war eine Biologin und botanische Künstlerin im viktorianischen Zeitalter. Sie reiste leidenschaftlich gern um die Welt und zeichnete viele Pflanzen, die ihr dabei unterwegs begegneten, die nun vor Ort ausgestellt sind. In Kew Garden gibt es auch die Sackler Bridge, die ebenfalls von Architekt John Pawson entworfen wurde. Sie ist eine elegante Brücke, die aus vertikalen Metallsäulen besteht und sie suggeriert dadurch eine Leichtigkeit, als würde man über den Fluss schweben. MITTWOCH, 13. MAI 2015 London Diary Erinnern Sie sich? An die Zeit, als man statt WhatsApp und E-Mail noch Karten von fremden Orten schrieb? Wir tun es noch immer. Illustrationen von Tim Dinter und Zebedee Helm Der elegante sandfarbene Häuserblock könnte in Paris stehen, wie auch die Platanen, die in der Northumberland Avenue Schatten an die Fassaden zeichnen. Wir sind nicht in Paris. Es ist London am Whitehall Place, direkt an der Themse, über die Hungerford Bridge gelangt man direkt zum London Eye, drei Schritte in die entgegensetzte Richtung, der Trafalgar Square. Zur Seite, Big Ben. An diesem magischen Dreieck steht mit seinem französischen Charme, elegant und unaufgeregt, „The Corinthia“. Eine wunderbare Atmosphäre, Sonnenschein in London. Tief durchatmen und träumen. Man könnte alles vergessen. Aber halt, es gibt natürlich zu dem Gebäude am Whitehall Place sehr viel zu erzählen! Das Hotel wurde 1885, angelehnt an den Pariser Baustil, erbaut. Das damalige „Hôtel Métropole“ war Anfang des 20. Jahrhunderts der Treffpunkt der Londoner Gesellschaft. Prunkvolle Bälle wurden gefeiert, das Cabaret „Midnight Follies“ war ein Highlight in den 20er-Jahren. 1936 zieht das Verteidigungsministerium in den französischen „Häuserblock“. Das Ministerium verstaute 600 Büros. Eine Legende besagt, es existierte ein Tunnel direkt zur Downing Street. Eine historische Verantwortung, als 2008 die Renovierung des Gebäudes beginnt und es wieder zu einem Hotel umgestaltet werden soll. Die 125 Jahre zählende Sandsteinfassade wird detailgetreu restauriert. Innen angenehm modern, nicht unterkühlt. Geschickt werden die vergangenen Zeiten in kleinen Details zitiert. Aus den 600 Büros werden 294 Zimmer, ein fabelhaftes Spa in ebenso fantastischer Grösse von 3300 m2 und wieder einem prunkvollen Ballsaal. Bemerkenswert der violett/orangefarbene Teppich, der den Raum dominiert. Das hat Stil. Man kann nicht umhin, sich dort die Feste vorzustellen, wie sie im „Métropole“ stattfanden. Die beeindruckenden Räume mit den meterhohen Decken einer Beletage beherbergen das „Northall“-Restaurant, dessen britische Küche einfach ausgezeichnet ist, und das „Massimo“-Restaurant. Sehr nett ist dort der Service, eine kleine Leselampe zur Menükarte zu bekommen. So sitzen viele Gäste wie in einer ehrwürdigen Bibliothek über ihren Büchern. Gut studiert, bestens italienisch gegessen, am weltbesten Tiramisu kommt man gar nicht vorbei. Die Dolci sind eine Vorliebe des Chefkochs. In der Kuppel der Lobby Lounge eine Lichtinstallation aus 1001 Kugeln französischen Kristalls, natürlich: Baccarat. Angekommen im 21. Jahrhundert. Bleibt nur eine Frage: Wie kann man London geniessen, ohne das Hotel verlassen zu müssen? Ganz einfach in eine der Penthousesuiten einchecken und von der Dachterrasse aus einen Blick auf das Panorama nehmen; ein hellblau-grau-weisses Gemälde, hinter sich die romantische französische Dachgaube. Magic! Jetzt darf man wirklich getrost alles vergessen. Barbara Krämer will beim nächsten Trip wenigstens einmal vor die Tür Ausschneiden, nachlaufen. Der Typ unten ist, richtig: Spike aus dem HollywoodHit „Notting Hill“ THE CORINTHIA THE HALKIN UNTERWEGS MIT HERMÈS WEILE OHNE EILE Das Bedürfnis, vor die Tür zu gehen, schleicht sich im „Connaught“-Hotel über die dicken Teppiche auf leisen Sohlen davon. Zum Glück ist es Sonntag, auch die exklusiven Boutiquen in der angrenzenden Mountstreet gönnen sich eine Verschnaufpause. Die „Library Suite“ bietet Lesestoff für ein halbes Semester, einen Postkartenblick über die Dächer von London sowie eine grosse Lichtsäule, um die der Wind pfeift wie an der Nordsee. Fast sehnt man aus Gemütlichkeitsgründen den Regen herbei – einer der wenigen Wünsche, die der Etagen-Butler vermutlich nicht erfüllen könnte. Dafür: Tee! Und Obst und Kekse und das Sofa, in das man sich fallen lässt wie in die Arme eines riesigen Teddybären. Im Erdgeschoss betreibt die französische Köchin Hélène Darroze ihre Zwei-Sterne-Küche. Im Hotelrestaurant „Espelette“ gibt es frische Brasseriekost mit britischem Einschlag und dazu den Blick auf ein Wasserspiel des japanischen Stararchitekten Tadao Ando. Die geheimen Kammern des „Connaught“ liegen jedoch zwei Stockwerke unter der Erde: Hier gibt es einen badewannenwarmen Pool, eine Dampfsauna, Gym und asiatisch inspirierte Körperbehandlungen im „Aman“-Spa. Der Rückweg wird zum Slapstick: Halb benommen vor Entspannung taumelt man leicht orientierungslos durch die Marmorgänge der Lobby. Da hilft nur: Tee! Und die aufsteigende Energie, die einem sagt, nun bereit für die Grossstadt zu sein. Heike Blümner empfiehlt für Wellnessurlaube ab sofort London ZEBEDEE HELM FOR HERMÈS; INGA GRIESE (2) CONNAUGHT ILLUSTRATIONEN: TIM DINTER 62 Das Erstaunliche an Hotels ist ja häufig, dass sie nichts für ihre Scheusslichkeiten rechts und links können. Auf Abbildungen wirken sie womöglich elegant – aber dann steht man mit seinem Rollkoffer vor dem Gebäude und fragt sich, wie man die Baustelle oder die Ruine daneben ausblenden konnte. Das „The Halkin“ ist ein Boutique-Hotel; kein Design-Hochhaus, sondern ein feines, altenglisches Gemäuer, das 41 Zimmer und Suiten hinter einer georgischen Fassade beherbergt. Das Beste daran: Es liegt im Belgravia-Viertel, ein Stadtteil an der Hyde Park Corner, in der Halkin Street, in der nichts den Schönheitssinn stört. Blühende Magnolien, Botschaften, keine Shops, alles flüstert Diskretion. Und diese elegante Distanz setzt sich auch im Inneren des Hotels fort. Hier tummeln sich keine Hipster-Bärte an einer Bar, hier kehren internationale Geschäftsleute ein, die effizient arbeiten und mit Klasse absteigen möchten. Zu der trägt auch der entspannte Blick nach aussen bei, der in den bepflanzten Hinterhof führt, während man in den zeitlos sandfarbenen Zimmern zur Ruhe kommt. Ruhe ist ein gutes Stichwort, es herrscht eine distinguierte Haltung, die im besten Sinne altmodisch wirkt. Morgens liegt die Zeitung unaufdringlich in einem kleinen Leinenbeutel vor der Tür, daran befestigt eine Notiz mit der Wettervorhersage für diesen Tag: „Partly cloudy sky“. Und auch das baskische Restaurant „Ametsa“, das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist, besticht nicht mit vermeintlich cooler Lounge-Musik oder Kellnern, die sich für Stars halten, sondern mit einer erstklassigen Küche und Personal, das einem gern Rätsel aufgibt: Wählen Sie die „Sea Bass with Celery Illusion.“ – „Bitte, was ist das, eine Sellerie-Illusion?“ Da müssen Sie schon selbst drauf kommen. Und dann schmeckt man hin, rätselt, wirft Apfel in den Raum und der Ober nickt anerkennend. Was noch? Lauch? Richtig. Und? Köstlich! Ach, und erwähnten wir die Patata trufada? Die alleine ist die Reise wert. Susanne Kaloff sehnt sich nun stets nach etwas eleganter Distanz Ein Pool! Auf die Idee muss man erst mal kommen. Aber Sophie Hicks ist nun einmal eine renommierte Architektin – und so verwandelte sie kurzerhand das ganze Souterrain ihres Backsteinhauses in Powis Mews, das nicht besonders tief, dafür aber breit ist, in ein langes, schmales Schwimmbecken. Darüber führt, an gläsernen Wänden vorbei, eine Betontreppe in die nächsten Etagen. Die lange Küche mit dem mächtigen Edelstahlherd ganz oben wirkt wie ein Wintergarten, ist gerahmt von lauschigen Terrassen, der Blick rüber zu den Nachbarn ist unverhangen. „Ich stell mir immer vor, wer sie so sind.“ Sophie Hicks ist eine ziemlich coole Frau, sie hat als Moderedakteurin, und Stylistin gearbeitet, besonders für Azzedine Alaïa, hatte einen kurzen Schauspielmoment mit Fellini, bis sie Architektur studierte und seither mit ihrem Studio auch, klar, für grosse Modemarken tätig ist. Mehr als hundert Geschäfte in den Weltmetropolen sind es bereits – und auch Paul Smith zählt zu ihren Auftraggebern, für ihn designt sie auch Parfüm-Flakons. Sie wohnt schon immer in der schmalen Strasse, von der ihr inzwischen eine ganzes Stück gehört – und in der David Hockney auch schon ewig ist. Heute ist sie unsere persönliche Führerin, eine leider einmalige Tour. Auf Einladung von Hermès zeigt sie uns ihr Notting Hill. Manche aus der international gemischten Gruppe tragen demonstrativ den Button am Revers, der Stararchitektin Sophie Hicks wohnt schon ewig in Notting Hill uns als „Flaneur forever“ ausweist. Es ist das Jahresthema der Franzosen, die Jahr für Jahr ihre Arbeit dem Motto unterwerfen, das Kreativdirektor Pierre-Alexis Dumas lange Zeit im Voraus sorgfältig überlegt hat. Seidencarrés werden danach bemalt und Porzellan, Dekorationen werden erdacht und die braunen Bänder bedruckt, mit denen die orangefarbenen Kartons traditionell verschnürt werden. Das Ganze wird so ernst genommen, abgewogen und ausgetüftelt, wie es üblich ist bei Hermès. Ein ganz besonderer Spaziergang durch London, damit sollte das Motto gefeiert werden. Auch, weil gerade in der New Bond Street das alte, neue Geschäft wiedereröffnet worden ist. Und so kam es, dass Ina Delcourt, die Kommunikationschefin von Hermès, vor vielen Monaten bei Sophie Hicks anrief. Man kannte sich nicht. Mrs. Hicks hatte gerade einen „besonders grauenhaften Tag“ hinter sich, als die Französin am Telefon „so reizend war, das einzig nette Gespräch an diesem Tag“ und mitreissend von der Flaneur-Idee erzählte. Was, ausser „Ja!“ hätte sie antworten sollen. Und so schlendern wir nun an einem sonnigen April-Tag durch den Kunst- und Kult-Bezirk, den Sophie als Kind nicht betreten durfte, weil es als eher dubiose Gegend galt. Gleich um die Ecke von Mrs. Hicks’ Haus und Büro ist das „Globe“, einst Treffpunkt der karibischen Einwanderer, an die auch der berühmte dreitägige Sommer-Karneval erinnert. Jimmy Hendrix soll im „Globe“ gestorben sein, wird gemunkelt. Sophie erzählt, wir lassen uns treiben. Über die immer noch authentische Portobello Road, durch versteckte Parks und entlang des Flusses, auf dem Hausboote mit kleinen Gärten auf dem Dach ankern, bis schliesslich zur „Dock Kitchen“ von Tom Dixon. Im Electric Cinema bleibt die Zeit stehen; die Tür, die Spike ahnungslos und in oller Unterhose den Reportern in „Notting Hill“ öffnet, ist blau wie eh und je. Der hässliche Trellick Tower entpuppt sich innen als architektonisches Juwel, der Blick ist fantastisch. Dahinter ist ein wilder Garten angelegt, als vorübergehendes Projekt auf einer Brache geplant, „Meanwhile Garden“, seit mehr als zehn Jahren nun schon. Ein Entenpärchen arbeitet intensiv am Nest in der Mitte des Tümpels. Der Wettergott wollte, dass wir alles sehr geniessen. Nein, Flanieren hat nichts mit Sport, Tourismus, Pragmatismus zu tun. Es ist, wie Pierre-Alexis Dumas sagt „kein Zeitverlust, sondern die Entdeckung der Zeit.“ Der Flaneur „hamstert, sammelt, pflückt“. Er nimmt die flüchtigen Momente wahr, sieht, was wir Eilenden übersehen, was wir vergessen haben wahrzunehmen. Botschaft verstanden. Inga Griese 63 Zunftig in Zürich Neun Häuser, ein Gedanke: Das neu dekorierte Hotel „Widder“ verbindet Historie, Innovation und sorglose Eleganz. Esther Strerath weiss jetzt, wo es langgeht 64 Im Zeichen des Widders: Die Zimmer des Hotels in der Zürcher Altstadt sind gemütlich, keinesfalls überladen eingerichtet Es ist von Vorteil, den niederländischen Designer Marcel Wanders nicht zu kennen, wenn man das von ihm gestaltete Kameha Grand in Zürich erstmals betritt. Sonst wäre der Überraschungseffekt ob der – sagen wir mal üppigen – Dekoration und Ausstattung des Hotels womöglich nicht so überwältigend. Wanders klotzt mit seinem ganz eigenen Humor, von überdimensionalen Kuhglocken als Lampenschirme bis hin zu riesigen japanischen Blumenvasen. Der Hotelkomplex umfasst 224 Zimmer, zwei ExecutiveSuiten, sechs Business-Suiten, Konferenzräume, einen Eventsaal, der an ein XXLSchwimmbad erinnert, ein italienisches und ein japanisches Restaurant, eine Bar, eine Smoker’s und eine Shisha Lounge, ein Spa und elf Themensuiten – alles völlig „verwanderst“. Mir hat man die Princess Suite zum Probeschlafen zugeteilt. Und als ich sie betrete, bin ich heilfroh, dass ich nicht die Burlesque Suite bekommen habe. Das Interieur meiner Prinzessinnen-Räume lässt erahnen, was Wanders mit den anderen zehn angestellt hat. Während der Designer vom Flatscreen aus zur Begrüssung in höchsten Tönen über Design allgemein und speziell sein eigenes Design schwärmt, zeigt der Empfangschef den Schminktisch, der zugleich als Schreibtisch dient und preist das üppige Blumendekor als „neobarock“. Dann zeigt er verschmitzt lächelnd auf die brokatbezogene Schneiderbüste – es wurde wirklich an alles gedacht. Sogar an einen kleinen Willkommensgruss für Prinzessinnen: drei Fläschchen mit Nagellack. Wieder allein inspiziere ich die Hotelunterlagen. Als Erstes fällt mir eine Leseprobe entgegen. Sie stammt von Carsten K. Rath. Er ist der Rockstar unter den Hoteliers, die treibende Kraft hinter der „LH & E Group“ und Gründer und Geschäftsführer der Hotelgesellschaft Kameha Hotels & Resort mit weiteren Ablegern in Bonn und Frankfurt am Main. Der Redner, Unternehmer und langjährige Hotelier hat seine 25 Jahre Hotelerfahrung in einem Buch namens „Sex bitte nur in der Suite“ festgehalten. Die Leseprobe lässt auf einige nicht ganz jugendfreie Erlebnisse schliessen. Wer im „Kameha Grand Zürich“ nächtigt, sollte grosses Kino mögen. Der MotivationsSpruch „Life is Grand“ – von Chef Rath lanciert – befindet sich überall im Haus, auf Broschüren, Wänden, auf den Handtüchern und in Zeichnungen integriert. Ausserdem darf man als Gast gern Humor haben: Das Bitte-nichtstören-Schild zieren in meiner Suite die Worte „got a little crazy last night“ (bin ein wenig durchgeknallt letzte Nacht). Crazy war es vergangene Nacht zwar nicht, aber gut gegessen habe ich im japanischen Restaurant „Yu Nijyo“ bei Sternekoch Norman Fischer – bis auf die Gänseleber, nicht wegen der Qualität, aber das ist heute nicht mehr wirklich schick. Danach habe ich geschlafen wie eine Prinzessin und am nächsten Morgen gab es im Spa eine sensationelle Massage bei Dame Africa Cuero aus Ecuador. Noch ist das Areal rund um das Hotel eine Baustelle, das 128.000 Quadratmeter grosse Entwicklungsgebiet „Glattpark“. Hier entsteht ein komplett neuer Stadtteil von Zürich. Und das wird leider auch noch eine Weile so bleiben. Da ist es gar nicht so schlecht, dass man im „Kameha" in eine andere, buntere Welt eintauchen kann. KAMEHA GRAND ZÜRICH (4) E WIDDER HOTEL ZURICH P UNTERWEGS lötzlich steht man in einem Flur zwischen fünf Häusern. Und doch nicht im Freien. Geradezu geht es zum „Haus zum Bankknecht“, links ist das „Haus zum Tatzfuss“, die Treppe hinauf liegt das „Haus der Widderzunft“, jedes hat eine andere Farbe – das Hotel „Widder“ in der Züricher Altstadt ist ein kleines Labyrinth, doch ein grossartiges. Moderne Treppenhäuser mit hellen Steinböden führen in verschiedene Epochen, ein gläserner Fahrstuhl verbindet neun Ebenen. Das 1995 eröffnete und jetzt neu überarbeitete Hotel besteht aus neun Gebäuden – aus sieben Jahrhunderten. Kleine Schilder weisen den Weg zu Zielen wie „Loos Stube“ (Originaleinrichtung des Architekten Adolf Loos) oder der Bibliothek, in der bauchige Gläser Gäste mit Süssigkeiten versorgen. Einem Gast wurde einmal an der Rezeption ein buntes Wollknäuel in die Hand gedrückt, als GPS. „Komplex und kompliziert“ charakterisiert Architektin Tilla Theus das Ensemble. „Ich bilde mir ein, dass die Gäste es lieb gewinnen, dass es keine schnurgeraden Korridore gibt, sondern ein Spiel, das neugierig macht.“ Keines der 49 Zimmer gleicht dem anderen, in jedem trifft Alt auf Neu. In „A 15“ zieren Wandgemälde aus dem 17. Jahrhundert (von Conrad Meyer) den Raum. Man kann sie am besten auf der Charlotte-Perriand-Liege in Rückenlage betrachten und dabei die Bang-&Olufsen-Anlage anwerfen. In anderen Räumen flirten Bauhaus-Klassiker mit Himmelbetten, ergänzt altes Mauerwerk einen Schreibtisch um eine Ablage, manche Zimmer haben Kachelöfen, alle einen Fernseher im Badezimmerspiegel und Regenduschen. Die schweren Bettüberwürfe aus Leder wurden jüngst durch Stoffe in Rautenmustern ersetzt, Corbusier-Sessel passend in Mintgrün oder Rot bezogen. Tilla Theus hat auch jetzt, beim Makeover, jedes Detail konzipiert. „Das Textile gestalte ich gerne mit, weil es atmosphärisch prägt. Es hat doch keinen Sinn, dass ich mich als Frau um die Baugrube kümmere und dann kommt ein anderer Designer und gestaltet meine Räume. Das mache ich lieber selbst“, erklärt sie resolut. Dabei ist mancher Blickfang, wie die stählernen Säulen in der Lobby, der baulichen Notwendigkeit geschuldet. „Die Stahlstützen sind kein dekoratives Element, sondern Statik mit einem dekorativen Touch – damit es verträglich wird“, so die Architektin, die auch zugibt: „Ich möchte nicht, dass man meine Arbeit so schnell umbauen kann. Alte Häuser verlieren schnell ihr Gesicht.“ Um sie aber ihrer ursprünglichen Schönheit zurückzuführen, bedarf es Forschung. Darin ist Theus, Architektin bei „Home of FIFA“, Spezialistin. „Wir gehen in Archive, suchen Personen, die in dem Haus gearbeitet oder gelebt haben. Sie haben oft Bildmaterial, auf dem man hinter der Grossmutter oder dem Kinderwagen etwas entdeckt. So habe ich etwa über ein altes Foto vom ‚Haus zur Widderzunft‘, wo jetzt das Penthouse ist, herausgefunden, dass dort früher eine Waschküche war, also Nutzfläche. Deshalb, das besagt die Bestandsgarantie nach altem Zürcher Baurecht, konnten wir die Suite bauen, ohne die das Hotel im sechsten Stock aufhören würde“, erläutert Theus den höchsten Bau der Züricher Altstadt. Auch die tiefsten Etagen des Viertels zählen zur „Widder“-Welt, die bis zu neun Meter unter dem Wasserspiegel liegt. Nun wird unter Tage gewaschen und gebügelt, auch die Technik ist in den Tiefen untergebracht. In den 70er-Jahren hatte die USBBank die Häuser der „Widderzunft“ (die Gilde der Metzger, 1401 gegründet) gekauft. Sie plante Büros, doch die Stadt bestand auf Erhaltung der 60 Prozent Wohnanteil im Quartier. So entstand die Idee eines Hotels. Die gebürtige Bündnerin kennt jeden Winkel der Gebäude – vor 30 Jahren war sie für den Umbau engagiert worden. Ihr Auftrag: ein klassisches, zeitloses Hotel zu entwerfen. „Es ist ja so“, erklärt sie rückblickend, „im Normalfall werden Fünf-Sterne-Häuser alle fünf Jahre auf den neuesten Trend gebracht. Das wollten wir nicht. 1985 hiess ‚Fünf Sterne‘ Brokat, Baluster und roter Samt. Wir hatten damals die Möglichkeit, zu zeigen, dass es eben nicht so sein muss, dass es Authentizität gibt und man dem Gast Echtheit zumuten kann. Das war völlig neu“, erinnert sie sich. Auch daran, dass sie mehrere Male aus dem Projekt entfernt worden ist, „weil man den Eindruck hatte, ich sei nicht in der Lage, diesen Spirit zu entwickeln. Ich hatte bis dato nur Seniorenheime gebaut, was sich mehr ähnelt, als man denkt.“ „Ich brauche die Reibung, eigentlich etwas, das mich stört“, verrät sie. Mal ist es die Bauaufsicht, mal der Denkmalschutz, der sie nicht lässt, wie sie mag. Kurz vor der Eröffnung 1995 wollte der Denkmalschutz noch eine Veränderung in der Fassadenmalerei. „Da hatte ich genug“, blickt Theus, selbst 38 Jahre Mitglied der Kantonal-Kommission, zurück. „Es war ein Freitag, am Dienstag wollten wir abrüsten. Gesagt, getan. Doch dann erreichte mich ein Telefonat, es gäbe Sprayereien an der Hausfassade.“ Diese entpuppten sich jedoch als Hommage: Die Denkmalpfleger hatten unbemerkt an der Hauswand einen Gruss an die Architektin verewigt: Dort sitzt nun eine schwarze, gemalte Katze, „mit meiner Brille, als Symbol, weil ich diese Häuser bemuttert habe wie eine Katze.“ Ein wenig wacht sie auch heute noch über den „Widder“. „Dreimal im Jahr mache ich Schulungen für das Personal. Es ist mir ein Anliegen, dass sie das Hotel verstehen. Ich zeige ihnen Bilder von früher, erkläre, dass jedes Haus sein eigenes Holz und seinen eigenen Stein hat. Aus diesem Grund müssen sie in einem Zimmer anders reinigen als in dem daneben, das wäre sonst fatal. Das gibt ihnen eine Kompetenz, die der Gast spürt. Wenn ein Gast eine Frage hat, werde ich häufig persönlich von den Mitarbeitern angerufen. Das wäre eigentlich nicht nötig. Aber ich finde es fantastisch.“ STADTHOTEL Gross Nächtigen Das neue „Kameha Grand Zürich“ ist nichts für Minimalisten. Die ortsansässige Dörte Welti versuchte sich dort im Ausser-Haus-Schlafen Wenn überdimensionale Teller an der Decke kleben (ganz oben) und riesige Kuhglocken über der Rezeption zu Lampen werden, dann ist man Gast im „Kameha Grand Zürich“. In der „Smoker’s Lounge“ wird auch getrunken und im Spa (unten) darf nur entspannt werden 65 TRANSPHERE SA BAUPLAN 3 1 6 5 natürliche Eleganz 2 8 9 10 GIORGIO ARMANI 7 4 DIE „HYADES“LAMPE VON ARMANI CASA In den Ateliers und Manufakturen dieser Welt werden weiterhin Handwerkskünste gepflegt, und wir schauen zu Wer die hohe Glaskunst sucht, muss im Kleinen schauen – auf den Murano-Inseln nordöstlich der Altstadt von Venedig. Im 14. Jahrhundert auf dem Zenit, gibt es dort heute nur noch einige wenige Manufakturen, die Glas nach traditionellem Muster verarbeiten. Für das Haus Armani entsteht in der alten Handwerkskunst die Hyades-Lampe aus der Armani Casa-Kollektion, verarbeitet mit Blattgold und Puderblau, inspiriert von Laternen aus dem Fernen Osten. Ihre Herstellung nimmt über 14 Stunden in Anspruch. Mehrere Viererteams legen gemeinsam Hand an. Es wird geformt, gehärtet, geschnitten und zusammengesetzt. Das Ergebnis sei ein überdurchschnittlich schönes Stück Handwerkskunst, sagt Giorgio Armani. Aber sehen Sie selbst, wir zeigen die wichtigsten zehn Schritte: 1. Auf dem Papier geht es los mit einer massstabsgerechten Zeichnung. 2. Im Brennofen wird Sand bei rund 1800°C geschmolzen. Eine kleine Menge des entstandenen klaren Glases wird mit dem oberen Ende des Rohres gesammelt. 3. Zusammen mit einer weiteren Portion Glasmasse wird die Mixtur auf einem Bronzino (einem Metalltisch für Glasarbeiten) verflochten. 4. Das Glas wird noch einmal mundgeblasen, bevor es in eine Holzform gegeben wird. 5. Um dem Glas, aus dem am Ende der Lampenfuss werden soll, die Form eines Zylinders zu geben, wird es in eine weitere Holzform geblasen. 6. Etwas später kann die Gussform geöffnet werden. 7. Mit einem Muffelbrenner wird der Lampenfuss für 12 Stunden ausgeglüht. Das bis dahin spröde Glas gewinnt dadurch an Flexibilität und Festigkeit. 8. Nachdem der Lampenschirm auf die gleiche Weise wie der Fuss hergestellt wurde, darf auch er aus der Gussform. 9. Vorsichtig wird der Lampenfuss durchbohrt, um später Ober- und Unterteil zu verbinden. 10. Zum Schluss wird der Guss des Lampenschirms noch zugeschnitten. Übrigens: Die Tischlampe mit 47 Zentimeter Höhe gibt’s online über armanicasa.com www.bongenie-grieder.ch
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