MITTELBADISCHE PRESSE www.bo.de Samstag, 11. April 2015 REBLAND OT-Dorfcheck Es gibt sogar zwei Metzger im Ort Serie OT-Dorfcheck (3): Rammersweier sieht sich vergleichsweise gut aufgestellt – nur mit den Bauplätzen wird es knapp IN KÜRZE Rammersweier in Zahlen D ie Rebgemeinde wurde erstmals 1242 unter dem Namen »Romeswilre« urkundlich erwähnt. Seit der Eingemeindung zum 1. Dezember 1971 ist das Dorf einer von elf Ortsteilen Offenburgs. Rammersweier zählt 2639 Einwohner. Die Gemarkungsfläche beträgt 385 Hektar, davon sind 55 Hektar Reben und 78 Hektar Wald. Mountainbike als Publikumsmagnet M ehrere Mountainbike-Weltcups oder andere derartige Veranstaltungen haben Rammersweier in den zurückliegenden Jahren in der Sportwelt einen gewissen Bekanntheitsgrad verschafft. »Ich finde, dass es ein Zugewinn für Offenburg war«, sagt Ortsvorsteher Trudpert Hurst. Auch zu dem 2014 eröffneten Mountainbike-Park des Vereins Powersports Offenburg äußert er sich positiv. Auch das Verhältnis von Spaziergängern und Radfahrern im Wald habe sich »normalisiert«, so Hurst. Er habe jedenfalls noch keine Beschwerden gehört. Museum als Zukunftsmusik Z ell-Weierbach hat bereits das Schulmuseum, gut möglich, dass auch in Rammersweier bald etwas ähnliches entsteht. Laut Trudpert Hurst ist der Heimatverein bereits dabei, alte Gegenstände zu sammeln. »Vielleicht entsteht daraus irgendwann mal ein Museum«, sagt der Ortsvorsteher. IHRE MEINUNG Schreiben Sie uns! W ie finden Sie Rammersweier? Was fehlt, was ist gut? Schreiben Sie uns: lokales. [email protected] oder per Fax: 07 81 / 5 04-35 39. SERIEN-INFO Bereits erschienen: 28. März: Zell-Weierbach. 4. April: Fessenbach. HINWEIS: Alle bereits erschienenen Folgen finden Sie unter www.bo.de/OT-Dorfcheck. Wie gut sind unsere Dörfer? Gibt es noch Friseure, Bäcker oder Gaststätten im Ort? Im OT-Dorfcheck nehmen wir die Stärken und Schwächen der Ortschaften unter die Lupe. Heute: Rammersweier. VON F LOR I A N P F LÜGER Offenburg-Rammersweier. Ein großes neues Vereinsheim außerhalb des Orts bauen – und das alte Feuerwehrhaus, wo sich bislang die Vereine treffen, verkaufen: Das wäre doch was, findet Trudpert Hurst. Natürlich ist das für den Ortsvorsteher von Rammersweier, der seit Juli 2014 im Amt ist, »eine Fiktion«. Aber damit wäre aus seiner Sicht viel Platz für alle, und um Lärmbelästigung bräuchte sich auch niemand zu kümmern. Für den 44-Jährigen wäre ein solches Projekt auch sinnvoller als die sichtbare Gestaltung einer Dorfmitte für Feste im Bereich Rathaus und Winzergenossenschaft – ein Thema, das immer wieder zur Diskussion stehe. Schließlich sei ein Zentrum dieser Art in einem Reihendorf wie Rammersweier schwierig. Viele Angebote Mag es auch an einer richtigen Ortsmitte fehlen, insgesamt sieht der Ortsvorsteher Rammersweier gut aufgestellt. Was das Angebot an Lebensmittelgeschäften angeht, dürfte manch ein Amtskollege neidisch werden: Mit dem Pen- ny-Markt hat der Rebort seinen eigenen Supermarkt, es gibt zwei Bäckereien und sogar zwei Metzgereien. In puncto Nahversorgung zahle sich auch die Nähe zu Offenburg aus. Dort sei mit dem EdekaMarkt Timm-Zinth ein weiterer Supermarkt gut zu erreichen. Stolz ist der Ortsvorsteher auch auf das Sportangebot in Rammersweier: Fußball, Tennis, Mountainbike sowie das Breitensportangebot des TuS Rammersweier stehen den Einwohnern zur Auswahl. Und für die Jugendlichen gibt es seit einiger Zeit nach einem Generationenwechsel im alten Kindergarten in Zusammenarbeit mit dem Bunten Haus wieder einen regelmäßigen Jugendtreff. Er ist wöchentlich besucht und bietet unter anderem eine Bar und einen Billardtisch. Auch das Gastronomieangebot im Ort kann sich durchaus sehen lassen: Es gibt den Gasthof »Blume«, das »Golfstüble«, den »Rammersweier Hof«, die »Keglerschenke«, die Straußenwirtschaft »Zum Mattebur« und seit Ende Januar das »Rebstüble« in der ehemaligen »Badner Stube«. Keine Frage, der Ortsvorsteher ist zufrieden: »Ich habe bei uns nicht das Gefühl, dass es irgendwo brennt«, sagt Hurst. »Ich kann nicht sagen, dass wir einen Notstand haben«: Ortsvorsteher Trudpert Hurst ist mit der aktuellen Situation in Rammersweier recht zufrieden. Die ein oder andere Herausforderung gibt es aber. Foto: Ulrich Marx bebaut seien. Grundsätzlich sei auch eine Innenverdichtung noch möglich, etwa dann, wenn die Grundstücke alter Ökonomiegebäude neu genutzt würden. Denn viele alte Bauernhäuser stehen derzeit leer. In diesem Zusammenhang muss sich Hurst Gedanken um den Kindergarten und die Schule im Ort machen. So sei die Kleinkindbetreuung in der Kita Am Pflenzinger an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen, auch die Hortbetreuung für die Grundschulkinder sei voll ausgelastet. Aus Sicht des Ortsvorstehers werden in absehbarer Zeit entsprechende Baumaßnahmen nötig sein, etwa ein Anbau ans Schulgebäude. Auf die Frage, was denn wirklich fehlt im Ort, muss Trudpert Hurst, der als Sohn von Alt-Ortsvorsteher Gerhard Hurst selbst in Rammersweier aufgewachsen ist, lange nachdenken. Den kleinen Lebensmittelladen aus seiner Kindheit vermisst er ebenso wenig wie die Tankstelle, die es einst an der Durbacher Straße gegeben hatte. Auch dass es im Ort mittlerweile keine Fremdenzimmer mehr gibt, ist aus seiner Sicht verschmerzbar. Doch eine Sache fällt ihm dann doch noch ein, die den Strukturwandel wegen von der Landwirtschaft deutlich macht, wie er auch in Rammersweier stattgefunden hat: »Was mir persönlich fehlt, sind die Viecher im Ort.« Doch auch der Ortsvorsteher weiß, wo noch Herausforderungen auf ihn und die Ortschaft warten: Es geht um die Themen Bauland und Alter. »Wir haben die älteste Altersstruktur in Offenburg«, stellt Hurst fest. Senioren werden Thema Deshalb rücke das seniorengerechte Wohnen zunehmend auf die Agenda, »weil die Leute, wenn sie alt werden, schon im Ort bleiben möchten«. Er selbst wisse von drei älteren Ehepaaren, die im Alter nach Offenburg gezogen seien, weil sie in Rammersweier nichts Geeignetes gefunden hätten. Auch die ein oder andere Anfrage zur Nachbarschaftshilfe sei schon gekommen. Die gegenseitige Unterstützung funktioniere zwar noch recht gut, sei aber je nach Wohnlage »am Zerbröckeln«. Weil Rammersweier auch weiterhin auf den Zuzug junger Familien angewiesen sei, sei das Thema Bauplätze nach wie vor aktuell. Die 45 Bauplätze im »Schleichgässchen« waren relativ schnell verkauft, momentan gebe es einige wenige Grundstücke, die noch nicht HINWEIS: Lesen Sie nächsten Samstag, was es alles im goldenen Weindorf Durbach gibt. Der »Mattebur« hat die Viehzucht ersetzt Von der Landwirtschaft zur Straußenwirtschaft: Familie Falk hat sich vor zehn Jahren neu orientiert – und das mit Erfolg A ls Berta und Johann Falk im Jahr 2005 ihre Schweine verkauften, war endgültig Schluss für den letzten Viehzuchtbetrieb in Rammersweier. Der eigentliche Einschnitt war allerdings schon mehr als zehn Jahr früher gewesen. Johann Falk erinnert sich, wie Mitte der 90er-Jahre der Metzger kam und alle Rinder, rund 20 an der Zahl, auf einmal mitnehmen wollte. Auch wenn die Falks schon länger vorhatten, aus der Viehzucht auszusteigen – so schnell hatten sie es nicht erwartet. Doch am Ende war man froh über die Entscheidung, die Tiere abzugeben. »Der hatte was gerochen«, sagt Falk rückblickend über das Interesse des Metzgers. Denn nur kurz darauf begann die BSE-Krise. 1987 hatte Johann Falk den Betrieb in der Weinstraße von seinem Vater August übernommen und erweitert. Der ausgebildete Winzer bewirt- schaftete mit Unterstützung aus der Familie zwölf Hektar Ackerfläche mit Getreide und Mais, kümmerte sich um die Rinder und Schweine von kleinauf und kultivierte bis zu vier Hektar Reben. Dazu kam noch das Obst und Gemüse, das die Falks aber im Wesentlichen für sich nutzten. »Wir waren eigentlich Selbstversorger«, sagt Berta Falk. Strauße 2006 eröffnet Längst hat Familie Falk ein neues Betätigungsfeld: ihre eigene Straußenwirtschaft, »Zum Mattebur«. Im Jahr 2006, rund eineinhalb Jahre nach dem Verkauf der Schweine, wurde sie eröffnet. Dabei war Berta Falk die treibende Kraft. »Ich habe es mir ein bisschen erkämpfen müssen«, sagt die 59-Jährige, die eigentlich ausgebildete Familienpflegerin ist. Sie brachte ihren Mann dazu, zusammen einige Straußen- OT-Dorfcheck wirtschaften in der Region zu besuchen und auch ihn von der Idee zu überzeugen – mit Erfolg. Ein Teil der Garage sowie der ehemalige Kuh- und Schweinestall wurden größtenteils in Eigenarbeit und mit Unterstützung der Kinder und der Feuerwehrkollegen umgebaut. Entstanden ist eine Gaststube mit 40 Plätzen und großer Küche. Draußen können die Gäste zuschauen, wie im Steinofen Flammenkuchen gebacken wird. Der ist, und darauf sind die Falks besonders stolz, aus einem selbst hergestellten Teig gemacht. »Ich denke, wir bereuen es nicht«, resümiert Berta Falk die Eröffnung der Strauße. Die 40 Plätze in der Gaststube sind häufig belegt, und die Leute kommen auch von weiter her. Wenn es nicht schon die Nummernschilder auf den Autos verraten, dass die Gäste aus Freudenstadt, Stuttgart oder aus der Pfalz kommen, dann stellt sich das spätestens im persönlichen Gespräch heraus. Das ist es, was Berta Falk besonders schätzt. »Es Nachdem sie vor zehn Jahren die Viehzucht aufgaben, haben sich Berta und Johann Falk verstärkt ihrer Foto: Ulrich Marx Strauße gewidmet. mitarbeitet, bereits angekündigt, die Straußenwirtschaft weiterführen zu wollen. Heute sind Hasen und Hühner die einzigen Tiere auf dem Hof von Familie Falk. Ob sie die Viehzucht vermissen? »Manchmal kommt schon ein gewisser Schmerz«, gibt Johann Falk zu. Dafür hat er jetzt mehr Zeit für die Reben. Die Fläche ist nämlich mittlerweile auf sechs Hektar gewachsen. flo lohnt sich, es ist wetterunabhängig und es macht Spaß mit den Leuten«, fasst sie die Vorzüge der Strauße zusammen. »Wir werden älter« Und es war auch eine Vorsorge: »Wir werden alle älter«, stellt Berta Falk fest. Die viele Arbeit auf dem Feld sei eben dauerhaft nicht möglich. Außerdem hat Sohn Andreas, der ebenfalls gelernter Winzer ist und im Familienbetrieb D I E C H EC K LI STE : DAS HAT R AM M E RSW E I E R Z U B I E TE N GASTRONOMIE: 6 – A LT E R S -/P F L E G E H E I M : S P I E L P L AT Z : 4 Serie CAFE: P O S T: SPORTHALLE: 1 1 1 BÄCKEREI: FRISEUR: S P O R TA N L A G E : 2 1 5 METZGEREI: TA N K S T E L L E : MUSEUM: 2 – - LEBENSMITTEL: B A U P L ÄT Z E : J U G E N D T R E F F: 1 – 1 APOTHEKE: SCHULE: 1 – NACHBARSCHAF TSHILFE: ÄRZTE: KINDERGARTEN: W O C H E N M A R K T: 1 1 –
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