Interview von Jürgen Karl

Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Institut für Film-, Theater- und empirische Kulturwissenschaft
Abt. Kulturanthropologie/Volkskunde
Leitung: Univ.-Prof. Dr. Michael Simon
Interviewerin: Julia Conrad
Interviewpartner: Jürgen Karl
Name: Jürgen Karl
Alter: 70
I = Interviewerin
B = Befragter
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I:
Es geht ja um unser Master-Projekt und da arbeiten wir mit dem Museum für
Kommunikation in Frankfurt zusammen und es geht um das Thema „Handy-Kultur“. Wir
wollen halt so den Gebrauch, auch in verschiedenen Altersgruppen, vom Handy und halt
auch die Meinung darüber, über das – also die persönliche Meinung über das Handy quasi
wissen. Genau. Besitzt du ein Handy oder ein Smartphone?
B: Ein Handy [Ihm ist anscheinend nicht bewusst, dass sein Nokia 500 ein Smartphone ist;
Anm. d. Verf.].
I: Und was für eins also benutzt du gerade?
B: Muss ich gucken. Das kann ich dir nicht sagen. Nokia.
I: Nokia. Du kannst gerne ..
B: Brauchst du das? 500. Nokia 500.
I: Nokia 500.
B: Steht in meinem Auto drin, wenn ich das anmache (lacht).
I: Ja, kannst du vielleicht mal so ein bisschen zeigen und erklären, was du damit so machst
alles?
B: Ich brauche es halt – es ist halt immer an, weil ich auch eine Freisprecheinrichtung im
Auto habe. Es ist mir schon wichtig, wenn ich dann unterwegs angerufen werde, dass das
über das Auto läuft. Dass ich nicht mit der Hand telefonieren – händisch telefoniere. Das
läuft alles automatisch. Das ist schon ein Vorteil und ansonsten brauche ich es eigentlich nur
für Notfälle, ne.
I: Mhm.
B: Ich werde halt – SMS bekomme ich halt von meiner Lebensgefährtin, aber ich selber
schreibe keine SMS jetzt mehr, weil mir die Tastatur einfach zu klein ist. Es ist einfach so.
Wenn du heute jetzt, um auf – willst eine SMS schreiben und es ist einfach so, dass die
Tastatur, wenn du sie jetzt nicht hochkant hast, ist es einfach zu klein, ne.
I: Mhm.
B: Da hier, wenn du das Alphabet jetzt hier siehst und du hast ein bisschen kräftige Finger,
als Mann hat man das ja. Und da kommst du nicht zurecht. Ja, hast also meistens andere
Buchstaben und wenn man älter ist, ich bin ja jetzt schließlich 70, hat man auch nicht mehr
diese Treffsicherheit (lacht).
I: Mhm.
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B: So, ne und hier hochkant ist es noch schlimmer, gell. Dann muss man es dann schon
quer nehmen, dass es dann halt ein bisschen größer wird, aber trotzdem, du hast halt viele
Fehlfunktionen drin, ne. Weil einfach das nicht zu genau ist. Deswegen mach ich es lieber
über Computer, ne, mit normaler Tastatur. Ja, soweit so gut, aber Anrufe – ansonsten selten.
Nur halt wie gesagt, wenn Notfälle sind oder man ist unterwegs, dass man jemanden
verständigen will durch irgendwelche Sachen, dass man kommt oder dass man sich
verspätet oder so, ne, was ich halt auch mehr oder weniger als Notfall empfinde, ne. Wenn
ich jemand zugesagt habe: „Ich bin dann und dann da“, und ich kann es nicht erreichen,
dass ich, sei es im Stau stehe oder irgendwas, dass ich dann sagen kann, hier,
voraussichtlich erst einmal, joa. Oder dass ich irgendjemand anrufe und mein Kommen
avisier, den ich dann vorher nicht erreicht habe, ne. Zu solchen Sachen brauche ich das
eigentlich.
I: Okay.
B: Deswegen habe ich auch keinen festen Vertrag, sondern nur eine Prepaidkarte, so.
I: Ja und/ also die Prepaidkarte, das lädst du dann immer ..
B: Das lade ich dann auf, wenn es halt runtergegangen ist und dann hole ich mir wieder
einen gewissen Betrag und lade das auf. Das klappt ganz gut, also da komme ich ganz gut
mit zurecht, ja.
I: Ok und in welchem Rhythmus brauchst du so, also eine Prepaidkarte?
B: Joa, alle zwei bis drei Monate, ne. Und jetzt mein erstes Handy, da hat man ja nur
telefonieren mit können. Das war ein Dienst-Handy, war halt damals so, ne. Da hat man halt
telefonieren – SMS hatte ich mich eigentlich nie mit beschäftigt, das ist erst gekommen,
seitdem ich jetzt dieses Neue bekommen habe, wo ich mich dann – da habe ich mich dann
näher damit befasst und ich bin eigentlich auch ganz gut in die SMS-Geschichte
eingestiegen. Auch mit Bilder versenden und so weiter, ne. Es ging also relativ einfach. Man
muss natürlich auch ein bisschen Zeit und Muße haben sich damit zu befassen und dann
läuft das eigentlich ganz gut. Da ist eigentlich – da hatte ich keine Probleme damit.
I: Mhm ok und benutzt du jetzt außer SMS und Handy – also telefonieren – noch andere,
also Dinge am Handy?
B: Nö, gut ich mach halt mal ein Bild, ne. Wenn ich eins versenden will mit MultimediaNachricht oder wie man das da immer nennt, ne; dass ich dann ein Mal ein Bild mache und
verschicke das dann mit und ohne Text. Aber ansonsten brauche ich eigentlich das Handy
nicht, ne. Nur, dass man halt, wie gesagt, im Notfall – im Alter ist es immer wichtig, dass man
was greifbar hat. Dass man im Notfall jemand erreicht.
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I: Mhm.
B: Ja.
I: Ja und hast du das Handy irgendwie ein bisschen individualisiert mit einem bestimmten
Bild oder mit einer bestimmten Hülle oder so was?
B: Joa, gut ich habe zum Beispiel jetzt – bei mir ist es so, dass ich drei verschiedene Bilder
drin habe und zwar habe ich einmal vom Garten einen Blumenstrauch aufgenommen und
joa, ich will dir das mal zeigen. Jetzt kriege ich es wieder nicht. Schließen. So, das geht
nicht. Jetzt kriege ich es wieder nicht. Jetzt hatte ich es gerade, siehste. Siehste, da ist
einmal ein Bild vom Garten drin, ne. Halt. Und das ist von meiner Lebensgefährtin, ne. Das
habe ich dann, wenn ich ihr eine SMS schreibe, und dann habe ich das gekoppelt zum
Beispiel, ne. Oder wenn sie anruft, kommt ihr Bild.
I: Mhm.
B: Das ist halt das Schöne, was man heute machen kann. Ich weiß genau, wenn sie anruft,
da ist ein Bild von ihr dann da. So ist das, ja. Aber ansonsten, wie gesagt, ich bin kein DauerTelefonierer, ne.
I: Ja, kannst du dir ein Leben ohne Handy vorstellen?
B: Eigentlich nicht (er bekommt eine Nachricht). Es nimmt – es ist ein Stück Sicherheit im
Alter, was sehr wichtig ist. Zumal ich ja schon als Herzpatient schon zwei Mal umgekippt bin,
ne.
I: Mhm.
B: Es ist – es gibt einem ein Stückchen Sicherheit, dass man, wenn man alleine lebt, dass
man nicht ganz abgehängt ist, ne, wie früher. Das ist natürlich das Optimale. Man muss es
natürlich dann auch anlassen und immer in – griffbereit haben, ne, weil es ist eigentlich
besser wie ein Festnetzanschluss. Erstens sind sie größer, die Dinger kannst du nicht überall
mit hin schleifen. Man hat sie zwar griffbereit, ist ja heut auch alles mehr oder weniger
schnurlos, ne. Aber trotzdem ist ein Handy wesentlich praktischer, ne. Du hast viel mehr
Reichweite wie mit so einem Hausanschluss, ne. Da sind nach 200 oder 300 Meter ist da
Schluss, ne, und das kannst du halt überall mit hinnehmen. Und wie gesagt, es ist wichtig,
wenn es einem nicht gut ist oder man ist – man läuft spazieren, ist irgendwo und es passiert
was, man muss nur hinfallen und sich irgendwas brechen, ja, und kein Mensch weit und
breit. Handy ist immer die Verbindung zur Außenwelt, ne. Und das ist schon äußerst wichtig,
dass man das heute hat. Früher hat sich keiner darüber Gedanken gemacht, weil’s – es war
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halt nicht da, ne. Und das ist heute schon ein Plus, ne. Ich würde es also nicht missen
wollen.
I: Mhm. Bist du mit deinem aktuellen Handy zufrieden?
B: Ja.
I: Ok. Was machst du denn so routinemäßig jeden Tag mit dem Handy?
B: Meine SMS abhören.
I: Mhm.
B: Also ablesen oder aufrufen oder abrufen, sagen wir mal so. Ansonsten Anrufe kriege ich
weniger, das wird über das Festnetz abgewickelt, ne. Weil dann die, durch diese ganzen
heute Freibeträge und so weiter ist das halt – heute kann man ja diese ganzen Verträge
abschließen, wo man kostenlos telefonieren kann, dass das über das Festnetz geht, ne. Und
deswegen ist es eigentlich so, dass das Handy praktisch nur halt für den Notfall ist, ne. Aber
die normalen Anrufe laufen alle über das Festnetz.
I: Ok und wie viel Zeit würdest du sagen widmest du täglich deinem Handy?
B: Fünf Minuten, ja. Sagen wir mal zwischen fünf und zehn Minuten. Man guckt ja öfters mal
drauf, wenn man nicht weiß, ob jemand was geschickt hat oder was. Es blinkt ja, aber das
sieht man halt nicht immer, ne. Das wäre halt ein bisschen noch verbesserungswürdig, ne.
Jetzt blinkt es halt, aber man sieht es schlecht, ne.
I: Mhm.
B: Das siehst du ja selber, das hat jetzt – da ist eine Nachricht gekommen, aber joa, gut.
I: Findest du irgendwas überflüssig an deinem Handy?
B: Ja, überflüssig, ja, eigentlich jetzt an diesem jetzt hier – gut, weniger die vielen
Programme, dass man ins Internet einsteigen muss, das brauche ich nicht. Das wäre für
mich .. wir müs- diese SMS-Geschichte und zum Telefonieren würde mir vollkommen
reichen. Diese ganze – ja, es ist schön, dass Musik drauf ist, aber – ich habe es auch schon
mal probiert, aber es ist halt mit dem Stöpsel im Ohr, ist nicht so – die jungen Leute machen
das eher, aber die Älteren brauchen das nicht so. Also ich jedenfalls nicht, ne, wenn ich in
der Natur draußen laufe schon mal gar nicht, ne, und in der Stadt will ich hören, was um
mich herum vorgeht, ne (lacht).
I: Ja.
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B: Ja, deswegen kann ich – würde ich darauf verzichten können, ne, diese ganze
Programm-Geschichte, was da dann alles – was man da alles abrufen kann, ne. Und da ist
ja – da sind ja alle möglichen Sachen drauf, wenn du siehst hier, da sind ja halt die – was
halt wichtig ist, was ich noch nachtragen muss, Fotos. Dass man Fotos machen kann.
I: Mhm.
B: Ne, denn es ist ja so, wenn man mit dem Auto unterwegs ist, passiert was, man kann
heute über Fotos sehr viele Beweise festhalten, wenn irgendwas ist, was schon sehr wichtig
ist, ne. Was heute ausschlaggebend ist, wenn heute verkehrsmäßig irgendwas passiert,
dass man das gleich dokumentieren kann, ne. Oder mal ein schönes Bild machen in der
Landschaft, wenn man öfters in die Landschaft kommt. Das ist natürlich das Praktische, dass
das alles da dabei ist, dass man nicht extra einen Foto mitnehmen muss, ne. Ja und halt wie
gesagt, gibt es ja verschiedene Möglichkeiten mit denen Fotos, dass man da alle möglichen
Sachen mit kann. Dass man sie verschicken kann. Das ist mir schon auch schon wichtig,
gell, halt meinen engsten Kreis auch mit beglücken kann.
I: Gibt es dann auch noch Funktionen, die du jetzt vermissen würdest an deinem Handy?
B: Nö, eigentlich nicht. Die direkten Notrufnummern sind ja fest eingespeichert heute in
jedem Handy und deswegen eigentlich – und Standort ermitteln ist heute überhaupt kein
Problem mehr, gell, also von daher wäre es auch nicht sinnvoll, dass man da ein Signal
anbringt, dass das momentane Standort immer bekannt gibt, das geht ja automatisch heute.
Ansonsten, ne. Ansonsten ist alles ok.
I: Okay. Sind Diskussionen über das Handy ein präsentes Thema in deinem Alltag?
B: Ne.
I: Ne, also auch nicht irgendwie mal mitbekommen, dass es, jetzt irgendwie im
Bekanntenkreis oder so, da zu Diskussionen kam?
B: Ne, ne, ne. Diskussionen nicht. Was mich halt stört, ich weiß jetzt nicht, ob das jetzt
schon relevant ist für dich, wenn sie dann die sogenannten wichtigen Leute dann mit dem
Handy durch die Gegend laufen, steigen in den Bus, erzählen kann sie – nicht alleine –
nimmt das Handy gar nicht mehr vom Ohr und dann steigen die wieder aus, gehen über die
Straße und ständig, das ist eigentlich – das stört mich massiv, ne. Das betrifft mich zwar
nicht, aber es ist – man kann – man nimmt ja die Umwelt nicht mehr richtig wahr. Es
passieren Unfälle dadurch und und und, ne. Man nimmt ja gar nicht mehr an der Umwelt teil,
wenn man das Ding am Ohr hat, ne. Joa, das finde ich eigentlich nicht so – das stört mich
eigentlich am Handy, ne. Und was von Vorteil ist, wollte ich nur sagen, wenn ich früher mit
dem Zug gefahren bin und der Zug – die Schüler sind eingestiegen für in die Schule, dann
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war immer Remmidemmi im Zug. Heute hörst du kein Ton mehr, weil jeder dieses Ding hat
und die schicken sich gegenseitig Mails und Bilder und machen ihre Spiele und so weiter,
das kann man positiv oder negativ sehen.
I: Mhm.
B: Also positiv für mich als Mitreisender, es ist Ruhe. Negativ ist es für die Kinder selber, weil
die gar nicht mehr richtig es kommunizieren lernen, ne. So sehe ich das, so.
I: Ja, nutzt du dein Handy im Vergleich zu deinem Umfeld viel oder wenig?
B: Wenig.
I: Wenig. Also die anderen am meisten – auf jeden Fall mehr. Ja, kennst du soziale
Netzwerke? Oder beteiligst du dich an einem sozB: Interessiere ich mich nicht dafür.
I: Erinnerst du dich noch an dein erstes Handy?
B: Das war ein Diensthandy. Ja, gezwungenermaßen, ich wollte es gar nicht haben. Es ist ja
was anderes, ob man ein Diensthandy hat oder ein privates Handy. Diensthandy, da ist man
immer sehr sehr angebunden, auch nach Feierabend. Das war also – das habe ich also –
das erste Handy war – habe ich für mich als nachteilig empfunden. Gewissermaßen hat es
auch Vorteile gehabt, das gebe ich ehrlich zu. Man hat also viele Sachen schneller erledigen
können und hat sich Wege sparen können, aber auf der anderen Seite war man immer
präsent für den Arbeitgeber, ne. Ja.
I: Ok. Weißt du noch was das für ein Modell war?
B: Das war auch ein Nokia, aber das ist schon – das ist in den 90er-Jahren – als das auf den
Markt kam. Weiß ich jetzt nicht mehr. Es war ein altes Nokia, ne.
I: Mhm.
B: Ja und das waren die ersten Handys, die keine Antenne mehr hatten, die also ohne
Antenne, weiß ich nicht, müsste ich jetzt nachgucken. Ich habe es daheim noch liegen, ja.
I: Mhm und wie ging es dann weiter, also mit den Handys?
B: Ja, dann habe ich – der Nachbar hat mir eins, der hat ein neues gekriegt und hat mir eins
geschenkt und dann hatten wir schon zwei gehabt, da hat meine Frau dann eins gekriegt.
War also zu Lebzeiten von meiner Frau, wie sie – wie wir dann in der Stadt unterwegs
waren, sind getrennte Wege gegangen, war das natürlich interessant, dass man sich dann
immer zeitnah verabreden konnte oder sagen konnte: „Hier, ich bin da und da, komm dahin“.
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Das ist natürlich auch ein wesentlicher Vorteil von einem Handy, ne. Und ja und dann wie
gesagt, ich bin halt nur mit alten Handys, weil es mir jetzt gelangt hat einfach nur zu
telefonieren, ne. Daraufhin dann habe ich hier das geschenkt gekriegt, dieses Nokia 500,
und da bin ich eigentlich erst richtig jetzt dann – habe mich erst mit vertraut gemacht mit
diesem SMS schreiben oder Bilder verschicken und so weiter. Das habe ich ja früher nie
gemacht, weil ich kein Interesse hatte, aber jetzt mit diesem ganzen technischen
Möglichkeiten ist es ja viel einfacher heute eine Nachricht zu schicken wie früher, ne, wo
man dann mehrmals auf die einzelnen Knöpfe drücken musste für ein Buchstaben
aufzurufen, ne. Die hat man ja dann gleich die Tastatur, ne, was halt wie gesagt der Nachteil
ist bei kleinen Handys, dass die Tastatur dann so klein ist. Dass dann viel Fehleingaben
rauskommen, ne.
I: Ja, hast du einen bestimmten Favoriten unter den Handys, die du hattest?
B: Nö, das ist jetzt mein bestes.
I: Okay. Ja, und verbindest du vielleicht eine besondere Geschichte mit irgendeinem der
Handys, oder ..?
B: Nein, gar nicht.
I: Okay und diese Umstellung jetzt auf das neuere Modell? Wie hast du das ..
B: Sehr leicht.
I: Sehr leicht. Mhm.
B: Weil es doch relativ einfach ist. Man muss halt nur die Zeit sich nehmen und – um das
mal richtig genau anzugucken und da immer lesen, was die da schreiben. Das meiste ist ja
so, dass hatte ich am Anfang auch beim Computer den Fehler gemacht, ich habe nie
gelesen, was da gestanden hat, was ich als nächstes machen soll, deswegen ist es immer
zu Fehleingaben gekommen und so ist es beim Handy genauso und – aber wenn man das
beachtet und dann klappt das auch, ne.
I: Okay und hat sich dein Kommunikationsverhalten oder dein Nutzungsverhalten verändert
durch das Handy?
B: Nö, wie gesagt, dass ich täglich jetzt mal eine SMS schreibe, aber ansonsten nicht.
I: Okay und ist das Handy eher ein Fluch oder ein Segen für dich?
B: Äh in meinem Fall würde ich es als Segen betrachten, um es wiederzuholen, es – ich
habe es – es ist ständiger Begleiter von mir; als Herzpatient kann man von heute auf morgen
umfallen und dann braucht man sofort Hilfe, wenn keiner in der Nähe ist und dann hat man
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das Handy mit einem Knopf und dann ist man dann mehr oder weniger versorgt, ne. Man
wird gefunden, auch wenn das Handy an ist. Muss natürlich auch an sein, ne. Muss ja ein
Signal abgeben können, sonst ist es uninteressant. Ich würde sagen ja, in dem Fall schon.
I: Okay und du hattest ja vorhin schon ein paar Aspekte angesprochen, aber ich möchte
auch hier noch einmal ein bisschen mehr nachfragen und zwar: Wie würdest du das für die
Gesamtgesellschaft also sehen, in Bezug auf Fluch oder Segen?
B: Das hält sich so die Waage, ne. Teilweise ist es so – es
ist natürlich aus den
vorgenannten Aspekten her betrachtetet sehr wichtig, auch im Alter. Die Jugend natürlich
auch, heute beruflich. Ist natürlich auch ein Fluch, ständig erreichbar sein für den
Arbeitgeber wie gesagt und viele setzen sich halt auch selber unter Druck mit diesen
Geräten, weil sie halt ständig mit irgendwelchen Leuten kommunizieren und irgendwelchen
langweiligen Kram erzählen, was keinen Menschen interessiert, wenn man – man kriegt das
immer mit, wenn man im Bus hockt oder in der Bahn sitzt und was da alles für ein Mist –
Entschuldigung den Ausdruck – aber erzählt wird. Ja, die wirklichen wichtigen Sachen muss
man ja sowieso unter vier Augen klären, beziehungsweise kann man nicht am Handy
machen, aber ja, ist halt so.
I: Mhm. Ok. Gibt es noch irgendwas, was ja, was sich verändert durch den Gebrauch, was
du noch nicht genannt hattest?
B: Nö, ich hab wie gesagt eine gewisse Sicherheit, wenn ich irgendwo hingehe und ich habe
das Handy dabei und ich weiß: ‚Aha es ist – ich kann jederzeit, wenn ich jemanden brauch,
rufen‘.
I: Mhm.
B: Das war früher nicht so, da hat man sich überlegt: ‚Mensch, gehst du allein jetzt‘, wenn du
mal eine größere Wanderung machst, gehst du jetzt allein, da weißt genau: Da hinten laufen
nicht viele Leute, wenn irgendwas ist und dann ist es dann besser, du läufst da, wo viele
Leute sind. Das ist jetzt nicht mehr so, ne.
I: Mhm.
B: Ich kann auch durchaus mal Wege gehen, die nicht so be- häufig frequentiert werden,
weil ich ja halt Verbindung zur Außenwelt habe.
I: Mhm.
B: Das ist halt das Schöne. Und das finde ich halt einfach das Optimale an so einem Handy.
I: Mhm. Ok und soziale Beziehungen, verändern die sich auch?
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B: Nö.
I: Ne, würdest du jetzt nicht – mhm. Ja, gab es Situationen, in denen du das Handy halt nicht
dabei hattest und du dir gewünscht hast, dass es dabei gewesen wäre?
B: Nein, da ist – da war – da sind zu wenig Jahre da. Das ist jetzt bei der Jugend, ist das
was anderes, aber ich hab ja relativ erst spät angefangen mit den Handys, ne. Von daher
waren eigentlich keine Situationen so weit.
I: Ja, darf ich fragen, wann du dein erstes Handy hattest, das hab ich vorhinB: Ja, das war Anfang der Neunziger, Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger, da als
Diensthandy, ne.
I: Mhm.
B: Und erst – ja, da habe ich das gekriegt und zwar, weil ich dann angefangen habe, musst
ich – ich habe es also beantragt, ich hätte es nicht gebraucht, ich habe es aber beantragt
aus dem Grund, weil ich jeden Tag siebzig Kilometer auf die Arbeit gefahren bin und wieder
siebzig Kilometer zurück. Um die Verbindung zur – zum Heim zu haben, ne? Wenn
irgendwas ist, dass die Helga immer wusste, wenn ich nicht rechtzeitig da war, was los ist.
Ja, und ich hab es öfters gebraucht gehabt. Sei es der Stau oder durch irgendwelche
schweren Schneefälle und so weiter, wo ich dann hängen geblieben bin, das ist natürlich ein
Segen.
I: Mhm.
B: So was, ne. Man kann den Partner beruhigen, man ist da und da und es ist alles in
Ordnung.
I: Mhm. Gut, stell dir folgende Situation vor, du bist verabredet mit einem Bekannten an
einem bestimmten Treffpunkt und hast den Zug verpasst und merkst, dass du nicht mehr
pünktlich zum Treffpunkt kommen kannst und hast – und merkst halt auch, dass du dein
Handy vergessen hast. Wie reagierst du?
B: Da ich sehr viel Wert auf Pünktlichkeit lege, würde ich versuchen mir entweder eine
Telefonzelle zu suchen, was ja heute sehr schwierig ist, beziehungsweise würde eine mir
unbekannte Person notfalls fragen, ob ich ein kurzes Telefongespräch führen kann.
I: Ok, und du hättest aber auch die Telefonnummer so präsent, dass du die ..?
B: Ja.
I: Ja.
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B: Ja, wenn ich mit Leuten mich treffe, dann kenne ich auch die Telefonnummer.
I: Mhm, ok.
I: Gut, dann ... in welchen Situationen fühlst du dich von deinem Handy gestört oder
belastet?
B: Äh, eigentlich gar nicht, weil ich entsprechende Vorkehrungen treffe, dass ich nicht
gestört werde. Das heißt also, wenn ich jetzt privat jetzt bin und da stelle ich es aus oder es
ist nicht da, ne, dass es dann außer Reichweite liegt, ne, und es ist leise geschaltet, also,
dass es auch die anderen nicht stört, ne.
I: Mhm.
B: Also von daher gehend, ich muss nicht immer erreichbar sein.
I: Ok gut, dann sind wir eigentlich auch schon am Ende des Interviews angekommen. Ich
möchte einfach dich nochmal fragen, ob du noch irgendwas zum Thema Handy sagen
möchtest, was ich vergessen habe anzusprechen?
B: Ne, eigentlich ist alles ok.
I: Mhm, könntest du das nochmal so in drei Stichwörtern vielleicht zusammenfasen, ja, wie
du das Handy siehst oder welche Gedanken du über das Handy hast?
B: Es ist eine technische Neuerung, die man heute – technische Neuerung, die zweckmäßig
ist, die man braucht für sehr viele Situationen und die auch leider sehr viel missbraucht
werden, diese Situation, beziehungsweise das Handy wird auch sehr viel missbraucht.
I: Mhm.
B: In sehr vielen Situationen, wo man eigentlich sagt: „Was soll der Quatsch?“ Sei es, um
unnötige Anrufe zu tätigen, die – das eigentlich nicht relevant ist, ne? Es gibt also gerade
viele Beispiele dafür, ne. Aber sehr wahrscheinlich hängt es damit zusammen, dass halt –
das bringt die Zeit mit sich, das Handy ist halt so da und dann telefoniert man, erzählt allen
möglichen Mist – Entschuldigung wieder – aber es ist so, wenn man da mal zuhört, was da
alles für ein Mist erzählt wird und dass die Leute dann, die da drumherum sitzen und das
noch mit anhören müssen, das ist ja halt, das Störendste eigentlich da dabei, ne.
Andererseits ist wieder ein Handy sehr – in sehr vielen Situationen heute, sehr wichtig. Sei
dem, um sich Wege zu ersparen, ne, oder halt jemand einen Termin abzusagen oder
beziehungsweise meinen Arzt zu rufen oder .. gibt tausend Möglichkeiten, ne. Aber ebenso
viel tausend Möglichkeiten gibt es auch, wo man es nicht braucht und es wird trotzdem
genutzt, ne. Und da den Mittelweg zu finden, ja, ist schon schwierig, ne. Okay?
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I: Gut, wunderbar. Dann war es das. Dann bedanke ich mich ganz herzlich für das Interview
und dass du dich dazu bereit erklärt hast.
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