Die Bunte Bande

In 50 Jahren zum Insider-Treff für Nachtschwärmer
entwickelt
74-jährige Inge Sollmann zählt mit ihrem „Treff am Markt“ zu den Urgesteinen des Brockumer
Marktes
BROCKUM. (swa) Inge Sollmann ist
waschechte Brockumerin und eine Frau, die
weiß, was sie will. Als die heute 74-Jährige
1964 in das Wohnhaus an der Straße „Alter
Markt“ umzog, das sie von ihrer Oma geerbt
hatte, kam ihr schnell die Idee, wegen der unmittelbaren Nachbarschaft zum Feierareal aktiv
beim Brockumer Großmarkt mitzumischen.
Gemeinsam mit ihrem Mann Heinz Sollmann,
dem sie kurz zuvor das Ja-Wort für ein fortan
gemeinsames Leben gegeben hatte, beantragte
sie bei den zuständigen Stellen der Gemeinde
Stellplätze für zwei Bierwagen auf dem Areal,
wo seit fast 50 Jahren zum Ausklang des
Marktes der Viehmarkt abgehalten wird. „Dem
Antrag, Essen und Trinken anzubieten, wurde
damals ohne Probleme stattgegeben“, erinnert
sich die körperlich und geistig noch
ausgesprochen fitte „Vier-Tages-Gastronomin“.
Ein Urgestein des Brockumer Großmarktes: Seit genau
50 Jahren bewirtschaftet die 74-jährige Inge Sollmann
am Rande des Viehmarktgeländes den „Treff am
Markt“.
Bei der 456. Auflage des Brockumer Großmarktes, die am Samstag, 1. November, um 10.30 Uhr von
Bürgermeister Marco Lampe eröffnet wird, und am Dienstag, 4. November, traditionell mit dem
Viehmarkt endet, jährt sich der Tag der Erteilung der Ausschankgenehmigung für Inge Sollmann zum 50.
Mal. Für den jungen Chef des kommunalen Marktausschusses vorab Grund genug, eines der Urgesteine
des Brockumer Marktes zu besuchen und schon mal inoffiziell zum bevorstehenden Jubiläum zu
gratulieren. Vermutlich wird der freudige Anlass während des Markttreibens noch von verschiedenen
Seiten offiziell gewürdigt.
In den ersten Jahren, als das heutige Viehmarktgelände noch für die Gewerbeschau genutzt wurde,
bewirtschaften Inge Sollmann und ihr Mann Heinz zwei Getränke-Pavillons. Später wurde –
insbesondere am Viehmarkt-Dienstag - auch der zum Haus gehörende Holzschuppen für den Ausschank
genutzt, und vor 20 Jahren wurde das Platzangebot um einen großzügigen Haus-Anbau erweitert. Wegen
der räumlichen Möglichkeiten am Hause wird heute nur noch ein Pavillon betrieben.
Neben den marktüblichen Getränken bietet Inge Sollmann, die den „Treff am Markt“ seit dem Tode
ihres Mannes im Jahre 2001 allein leitet, auch eine deftige Erbsensuppe mit und ohne Einlage, belegte
Brötchen, heiße Brühe, Ströher Schwarten und andere Heißgetränke an. Weil die Räumlichkeiten am
Rande des Marktgeländes jedes Jahr von Montag auf Dienstag die ganze Nacht geöffnet sind, haben sie
sich im Laufe der Jahre zu einem echten Insider-Treff entwickelt. „Wenn die Zelte und Gaststätten nachts
schließen, kommen bereits viele Besucher auf einen oder mehrere ,Überbrücker` zu uns“, weiß die 74Jährige aus der Vergangenheit. „Und am Viehmarkt-Dienstag sind schon ganz zeitig die Viehhändler zum
Frühstücken da“, ergänzt sie.
Dankbar ist Inge Sollmann den Kindern, Enkeln und Freunden, die sie Jahr für Jahr hinter der Theke und
in der Küche unterstützen. „Ohne deren Hilfe wäre der Arbeitsaufwand in unserem reinen
Familienunternehmen nicht zu wuppen“. Und mit großer Freude weist sie darauf hin, dass sich im Laufe
der Zeit viele Freundschaften mit langjährigen Marktbeschickern ergeben haben.
Wenn Inge Sollmann über die zurückliegenden 50 Jahre spricht, dann hat sie viel zu erzählen. „Es gab
auch schon negative Vorkommnisse, aber überwiegend habe ich Positives erlebt“, sagt sie. Schon oft sei
sie in der Vergangenheit Anlaufstelle für Besucher gewesen, die ihre Autos nicht wiedergefunden hätten,
„und wiederholt musste ich Küken und anderes Kleingetier füttern, das Viehmarktbesucher hinter der
Theke abgestellt und anschließend vergessen hatten.“
In den Topf der weniger schönen Erinnerungen wirft Inge Sollmann ein Vorkommnis aus der jüngeren
Vergangenheit. Einmal hätte in ihrer Küche eine hilflose Seniorin gesessen und bitterlich geweint, weil
sie nicht von ihren Kindern abgeholt würde, erzählt sie. „Mein Anruf bei den Kindern hat mich denn
doch schockiert. Sie wollten ihre Mutter gar nicht wiederhaben. Ich könnte sie behalten und ins
Altersheim stecken, haben sie mir gesagt. Nach einer Stunde waren sie dann aber doch da, um die Mutter
abzuholen. Natürlich habe ich denen ganz kräftig den Marsch geblasen…“.