Wie kann proaktives Verhalten gefördert werden - IMVR - Universität

Universität zu Köln
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Medizinsoziologie,
Versorgungsforschung und
Rehabilitationswissenschaft
Standardisierung und
Individualisierung in der Versorgung
von alten Menschen
– Wie kann proaktives Verhalten
gefördert werden?
Univ.-Prof. Dr. Holger Pfaff
11.06.2013 – Universität zu Köln
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IMVR: das Brückeninstitut
IMVR
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Gliederung
1. Altwerden als Stressprozess
2. Proaktives Verhalten als präventives und korrigierendes
Verhalten
3. Standardisierung der Versorgung hemmt proaktives Verhalten
4. Individualisierung fördert proaktives Verhalten
5. Fazit
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Wie „objektiv“ stresshaft und schwerwiegend ist
der Übergang in den Ruhestand, wenn 100 Punkte
die höchste Schwere darstellt?
Rang?
Lebensereignis
Tod des (Ehe-)Partners
Scheidung
Trennung vom Lebenspartner
Gefängnisaufenthalt
Tod eines nahen Familienmitglieds
Schwere Verletzung oder Krankheit
Heirat
Kündigung (Entlassung)
Aussöhnung in der Ehe/Partnerschaft
Übergang in den Ruhestand
Punktwert
100
73
65
63
63
53
50
47
45
45
Holmes, T. H., und Rahe, R. H. (1967). The social adjustment rating scale. Journal of Psychosomatic Research, 11, 213-218.
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Wie „objektiv“ stresshaft und schwerwiegend ist
der Übergang in den Ruhestand, wenn 100 Punkte
die höchste Schwere darstellt?
Rang?
Lebensereignis
Tod des (Ehe-)Partners
Scheidung
Trennung vom Lebenspartner
Gefängnisaufenthalt
Tod eines nahen Familienmitglieds
Schwere Verletzung oder Krankheit
Heirat
Kündigung (Entlassung)
Aussöhnung in der Ehe/Partnerschaft
Übergang in den Ruhestand
Punktwert
100
73
65
63
63
53
50
47
45
45
Holmes, T. H., und Rahe, R. H. (1967). The social adjustment rating scale. Journal of Psychosomatic Research, 11, 213-218.
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These: Stress des Alterns als unspezifische
Stressreaktion
 Stress: Die „unspezifische Reaktion des Organismus auf jegliche
Anforderungen“ (Selye 1983)
 Phasen des generellen
Adaptationssyndroms
 Alarmreaktion
 Widerstand
 Erschöpfung
Frey, D., Graf Hoyos, C., Stahlberg, D. (Hrsg.). Angewandte Psychologie – Ein Lehrbuch. München: Psychologie Verlags Union München-Weinheim,
1988, (S. 429); Selye (1956). The stress of life. New York, McGraw-Hill
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Das Burgmodell: Drei Schutzmauern (soziale,
psychische und biologische Schutzmauer)
Gesundheit
3. Mauer: biologische „Schutzmauer“
2. Mauer: psychische „Schutzmauer“
1. Mauer: soziale „Schutzmauer“
Angriffe auf die Gesundheit: Soziale, psychische und biologische Risiken
Pfaff, H.: 1999
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Der Stress des Alterns kann eine fatale Stresskette
auslösen
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Altern: von der Belastung zum Stress und zur
Bewältigung
 Altersbedingte Erscheinungen als objektive
Belastungen
 Nehme ich diese Belastungen wahr?
 Wie bewerte ich die Belastungen?
 Fühle mich dadurch bedroht?
 Was kann ich dagegen tun?
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Wir sind dem Stress nicht
hilflos ausgeliefert – es gibt
Ressourcen und Bewältigung
Es gilt:
Je weiter die BelastungRessourcen-Schere
auseinander geht, desto
kritischer wird es
gesundheitlich!
Krankheitsanfälligkeit
Bewältigung
Belastung
Beanspruchung/Stress
Bewältigungsprobleme
Ressourcen
 Belastungen erhöhen die Krankheitsanfälligkeit
 Ressourcen senken die Krankheitsanfälligkeit
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Die Bewertung einer Situation: Freund oder Feind
im Alter?
1. Primärbewertung eines
Ereignisses / einer
Situation
2. Sekundärbewertung eines
negativen Ereignisses /
einer Situation
 Relevant?
 Bewältigungsfähigkeit?
 Positiv?
 Bewältigungsmöglichkeit?
Falls relevant und negativ:
 Schädigung/Verlust,
 Bedrohung oder
 Herausforderung
3. Neubewertung des
Ereignisses unter
verändertem Blickwinkel
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Stress ist nicht immer „negativ“!
 Eustress = (positiver) Herausforderungs-Stress
Altern als Herausforderung!
 Disstress = (negativer) psychischer Stress
Altern als Bedrohung!
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Person-Umwelt-Passung = ZIEL
 P = Person
 U = Umwelt
P = U => keine Probleme
P < U => Probleme (Überforderung, Stress, Krankheit)
P > U => Probleme (Unterforderung, Langeweile)
P – Umwelt-Fit
P – Tätigkeit- Fit
P – Arbeit –Fit
P – Beruf-Fit
P – Organisation – Fit
P - Arbeitsmarkt-Fit
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Krankheit im Alter: Doppelbelastung mit
Folgeproblemen
Badura, B./Kaufhold, G./Lehmann, H./Pfaff, H./Schott, T./Waltz, M.: Leben mit dem Herzinfarkt, Berlin: Springer, 1978, S. 206
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Beispiel für Folgeprobleme:
Berufliche Krankheitsfolgelasten
Badura, B./Kaufhold, G./Lehmann, H./Pfaff, H./Schott, T./Waltz, M.: Leben mit dem Herzinfarkt, Berlin: Springer, 1978, S. 220
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Ausgangsbeispiel: Angst nach Brustkrebs-OP
Ich hab da hin gefasst und gewusst: die Brust ist weg und (...)
mein erster Gedanke war: um Himmelswillen - mein Mann – wie
wird er das aufnehmen?
Das war schrecklich - diese Angst, dass er mich nicht mehr
- das war das Allerschlimmste - das war fürchterlich!“
Schafft Sabine (1987): Kommunale Sozialpolitik. Psychische und soziale Probleme krebserkrankter Frauen. Saarbrücken: Minerva Publikation München.
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Probleme in der Reha

Man hatte das Gefühl, vollkommen hilflos und alleingestellt zu
sein. Nur ein paar Fachärzte waren da, die sah man gar nicht.“
 „Es fehlt ein Mensch, der einen aufrichtet. Wenn man das nicht
selber tut - … Man lässt uns furchtbar allein.“
 „Diese Kur hat mir nicht geholfen, die hat mir nur geschadet,
das war schlimmer dort als im Gefängnis.“
Friedrich, H. et al. (1980): Verläufe von chronischen Krankheiten in Abhängigkeit von Folgeerscheinungen in der psychosozialen Umwelt – am Beispiel
von Herzinfarkt und Diabetes. Göttingen: Abteilung für Medizinische Soziologie der Universität Göttingen, S. 404.
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Die zentrale Wahlmöglichkeit:
 Arme in den Schoß legen
oder
 aktiv werden!
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Bewältigungsstrategien nach Lazarus
 Problembezogene Bewältigung:
Ändern der Situation (= Ansatzpunkt „U“)
 Emotionsbezogene Bewältigung:
Ändern der Wahrnehmung und Bewertung der Situation
(= Ansatzpunkt „P“)
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Aktiver Patient:
 Lebertransplantation-Fall
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Gesundheitskompetenz
Item
Wie oft fragen Sie jemanden um Hilfe, wenn es darum geht, Unterlagen Ihres Krankenhauses oder
Ihres Arztes zu lesen? (1=nie, 2=selten, 3=manchmal, 4=oft, 5=immer)
Wie oft haben Sie Schwierigkeiten, sich über Ihren Gesundheitszustand zu informieren, weil die
schriftlichen Informationen schwer verständlich sind? (1=nie, 2=selten, 3=manchmal, 4=oft, 5=immer)
Wie sicher fühlen Sie sich, wenn Sie medizinische Formulare eigenständig ausfüllen müssen? (1=sehr
sicher, 2=ziemlich sicher, 3=teils, teils, 4=wenig sicher, 5=überhaupt nicht sicher)
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Proaktivität
Proaktivität beschreibt ein kreatives Lösen von Problemen bei dem
der alternde Mensch aktiv Einfluss auf seine Umgebung nimmt
(Kahana & Kahana, 1996)
Solch eine Einflussnahme kann auf zwei Ebenen erfolgen (Kahana
& Kahana, 2003):
1. Präventiv
2. Korrektiv
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Pro-Aktivität: Optimierung durch Selektion und
Kompensation (SOR-Modell)
 Selektion = Spezialisierung, d. h. Beschränkung auf Bereiche
von hoher Priorität
 Optimierung = optimale Aufteilung der verfügbaren Ressourcen
 Kompensation der Verluste aus anderen Bereichen
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Optimierung durch Selektion und Kompensation bei
Arthur Rubinstein
Rubinstein beschrieb in einem Fernsehinterview, wie er mit
altersbedingten Schwächen beim Klavierspielen umgehe:
Er habe sein Repertoire reduziert
 Selektion
Er würde die wenigen Stücke häufiger üben
 Optimierung
Er führe vor schnellen Passagen vermehrt ein Ritardando, um die
folgende Passage im Kontrast schneller wirken zu lassen
 Kompensation
Baltes, P. B. & Baltes M. M. Optimierung durch Selektion und Kompensation. Ein psychologisches Modell erfolgreichen Alterns. Zeitschrift für Pädagogik,
35, 85-105.
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Die Person-Umwelt-Passung
Persönliche
Eigenschaften
z. B. Erkrankung
Körperliche und soziale
Präferenzen der Person
z. B.
Sicherheitsbedürfnis in
der Wohnung
Körperliche und soziale
Eigenschaften der
Umwelt
z. B. Sicherheit der
Wohnung
Person-Umwelt-Passung
z. B. Installation von
Sicherheitstechnik in der
Wohnung
Zufriedenheit und
Wohlbefinden
Fazit: Die eigenen Bedürfnisse und die Ausgestaltung der Umwelt müssen in
Einklang gebracht werden!
Kahana (2003): Person-Environment-Fit, p.438.
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Herstellung einer Person-Umwelt-Passung:
Betriebliches Gesundheitsmanagement
Ergonomische Arbeitsplätze im BMW-Werk Dingolfing
Interview mit Jörg Hinsberger (BMW), FAZ 16.05.2013
https://www.press.bmwgroup.com/pressclub/p/de/pressDetail.html?title=alternsgerechte-arbeitspl%C3%A4tze-f%C3%BCr-die-produktion-von-morgenneue-achsgetriebemontage-im-bmw-werk&outputChannelId=7&id=T0097614DE&left_menu_item=node__2378
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Herstellung einer Person-Umwelt-Passung:
„Ambient Assisted Living“
Modellprojekt der TU Kaiserslautern
INTELLIGENTE TECHNIK FÜR DAS WOHNEN IM ALTER. http://www.assistedliving.de/aal_kl.html
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Das proaktive Bewältigungsmodell von Kahana
Das Modell sagt aus, dass der alternde Mensch fünf
Bewältigungsaufgaben zu managen hat:
1.
Kognitive Regulierung
z. B. Kontrolle von Gedanken (Wiedererinnern traumatischer
Ereignisse)
2.
Emotionale Regulierung
z. B. Kontrolle negativer Gefühle
3.
Regulierung sozialer Unterstützung
z. B. mit Nachbarn Hilfe für den „Ernstfall“ absprechen
4.
Proaktives Krankheitsmanagement
z. B. an Behandlungsentscheidungen partizipieren
5.
Management der sozialen Rollen
z. B. bei anstehender Behandlung Vorkehrungen für Arbeitsstelle
treffen
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Präventive und korrektive Pro-Aktivität
(Kahana & Kahana, 2003)
Präventiv
 Gesundheitsförderung (health promotion): Sport
 Vorrausschauendes Planen (planning ahead): Pläne für ein Leben mit
Einschränkungen machen
 Anderen Menschen helfen (helping others): Ehrenamtliche Tätigkeiten,
Freunden und Familie helfen
Korrektiv
 Unterstützung arrangieren (marshalling support): Fremde Hilfe
 Anpassung der Umwelt (environmental modifications): Anpassungen
zum Beispiel der häuslichen Gegebenheiten (z. B. Sitz in der Dusche
installieren).
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Bewältigung & soziale Unterstützung in einer
Brustkrebs-Selbsthilfegruppe
A: „Ich war mein Lebtag nicht krank - und dann krieg‘ ich Krebs! Das ist doch - ich frage mich da
natürlich, was ich falsch gemacht habe, was ich hätte anders machen sollen?!“
B: „Wer sagt Ihnen denn, dass das was mit Ihnen zu tun hat, Frau A. Es hat uns doch alle
getroffen - da fragt man sich doch nicht.“ (Durcheinander reden)
A: „Ja, aber - ich glaub‘s ja auch nicht, aber manchmal denk‘ ich eben doch.“
D: „Na ja, ein bisschen möchte ich da Frau A schon recht recht geben. Ich glaube, wir fragen
uns ja alle, was man vielleicht selbst“ (ins Wort fallend)
B: „ - Aber das kann doch jeden treffen! Und dann, Frau C - ich sehe da auch keinen Sinn drin,
jetzt - sich da, da rumzugrübeln, zu fragen. Niemand weiß da was! Wir sind doch jetzt hier, weil
wir, weil wir es geschafft haben, - weil wir - oder um uns gegenseitig Mut zu machen, da sollten
wir nicht den Fehler machen, uns untereinander noch - und es ist ja auch so, dass wir alle damit
leben, oder - wenn ich Sie jetzt so sehe,
Frau A: Sie sehen blendend aus, es geht Ihnen gut.“
Schafft, S.: 1987
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Unterstützung als Hilfe
…ehm da ist für mich die Welt so zusammen gebrochen, da hab ich
immer gedacht ich will nich mehr, ich will nich mehr, ich (2) ich find da
auch nicht mehr alleine heraus [mh] da hab ich ja hier (2) während
meines Aufenthaltes im Krankenhaus so eine nette Psychologin
gehabt [mhh]. Die hat mich da also ja (2) ¾ herausgeholt aus diesem
Loch, in das ich gefallen bin [mhh]. Es war für mich sehr sehr gut,
dass ich sie jeden Tag zu meiner Seite hatte und konnte auch darüber
sprechen [mhh] ehm ich sach mal mit einem Unbeteiligten der Familie
und eeh eh ja ja es war für mich einfach gut gewesen…
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Passiver Patient: Blinde Compliance
57-jährige Patienten der Chirurgie
P: “...Also Literatur [gemeint sind Lehrbücher und
Fachzeitschriften; Anm. d. d. Verf.] würde ich sagen, die können
schreiben, was Sie wollen, entweder mache ich das oder ich
mache es nicht. Auf der anderen Seite muß ich immer wieder
sagen, es ist ja auch eine Vertrauenssache zu einem Arzt. Wenn
ich ein gewisses Vertrauen habe und er mir rät, das so und so zu
tun oder dies oder jenes zu machen, dann würde ich sagen, dann
mache ich das auch. Da muß ich nicht unbedingt noch irgendwo
[nachlesen, Anm. d. d. Verf.] dann hast du nachher vier oder fünf
Meinungen und weißt gar nichts mehr...” (Interview 39: 4).
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Gliederung
1. Altwerden als Stressprozess
2. Proaktives Verhalten als präventives und korrigierendes
Verhalten
3. Standardisierung der Versorgung hemmt proaktives
Verhalten
4. Individualisierung fördert proaktives Verhalten
5. Fazit
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Standardisierung der Versorgung
In der Gesundheitsversorgung gibt es wie auch in der Gesellschaft
allgemein, einen Trend zur Standardisierung
Beispiele:
 Evidenzbasierte Medizin
 Leitlinien
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Evidenzbasierte Medizin (EbM)
 EbM beschreibt die Integration individueller klinischer Expertise mit der
bestmöglichen externen Evidenz aus systematischer Forschung (David L.
Sackett)
 Ziel: Die Anwendung unwirksamer oder sogar schädlicher Verfahren zu
verhindern
 Mittel: Systematische Übersichtsarbeiten (systematic reviews) kontrollierter
Studien zur Wirksamkeit von Maßnahmen der medizinischen Versorgung
 Konsequenz: Vereinheitlichung der Versorgung
 Probleme: Externe Validität klinischer Studien
 Individuelle Patientenpräferenzen
 Subgruppen: z. B. Alte
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Evidenzbasierte Leitlinien
http://leitlinien.net/
(NEUE Homepage: http://www.awmf.org/leitlinien/aktuelle-leitlinien.html)
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Nachteile evidenzbasierter Leitlinien
 Konservativ
 Innovationen (Medikamente, Verfahren) werden benachteiligt
 Grund: Neue Verfahren können nicht so eingehend untersucht
und getestet worden sein wie alte
 Standardmedizin
 Für den Patienten: Medizin „von der Stange“ (nicht
„maßgeschneidert“)
 Für den Arzt: rigides Handlungsregime/wenig Handlungs- und
Gestaltungsspielraum
 Probleme bei multimorbiden Patienten
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Passivität aus Überforderung durch
zu viele Standardinformationen (Brustzentren)
…Aber nochmal auf diesen, auf diesen(.) diesen Stapel, auf diesen
dicken Hefter [ja]. Also ich bin ganz ehrlich. Während der Zeit, wo ich hier
gelegen hab [mhh], hab ich nich ein Mal dadrin gelesen [mhh]. Ich konnte
irgendwann, irgendwann vor lauter Aufklärung [mhh] und vor lauter
Informationen [mhh], konnt ich das Wort Krebs nicht mehr hören. …
wenn ich zuhause bin, jetzt nehm ich mir Heftchen für Heftchen [mhh]
vor. Und schau darein und guck dann nach [mhh] und manchen, sach ich
mal, was ich jetzt gelesen hab, hätte mir dann hier im Krankenhaus n
bisschen Angst gemacht. Es wird ja immer alles so detailliert in
medizinischen Abschnitten erzählt ehm aber das macht einem dann
irgendwo eh da ist man einfach als Laie ist man da überfordert einfach
…Ja und eh eh da also da war ich dann froh, dass ich das hier nicht
gelesen habe. ((Lachen))
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Standardisierung durch Bildung von Krebszentren
und Vorgabe von Mindestmengen
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Standardisierung durch Bildung von Krebszentren
und Vorgabe von Mindestmengen
Um die Qualifikation der Mediziner zu garantieren, fordert die
Gesellschaft unter anderem eine jährliche Mindestanzahl von
Ersteingriffen bei Brustkrebs (150 Operationen, 70 Prozent davon
brusterhaltend) sowie von mindestens 2000 Chemotherapiezyklen.
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=medizin3_05_2004
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Gliederung
1. Altwerden als Stressprozess
2. Proaktives Verhalten als präventives und korrigierendes
Verhalten
3. Standardisierung der Versorgung hemmt proaktives Verhalten
4. Individualisierung fördert proaktives Verhalten
5. Fazit
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Thesen
1. Standardisierung bremst Proaktivität
2. Individualisierung fördert Proaktivität
3. Durch Trend zur Standardisierung: Gefahr für Proaktivität
4. Lösung: Individualisierte Standardisierung
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Lösung: Individualisierung der standardisierten
Versorgung
 Partizipative Entscheidungsfindung (Shared decision making)
 Case Management
 Personalisierte Medizin
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Case Management (CM)
„Fallmanagement”:
 Das CM soll den Versorgungsrahmen stärker auf den Patienten
und sein individuelles Krankheitsbild abstimmen.
 Es erfolgt eine Fallführung durch laufende Fallbeobachtung und
eine Optimierung des Behandlungsablaufes
 Wird vor allem im Rahmen des Disease Management bei
chronisch Kranken eingesetzt.
 Ziel: Qualität der Versorgung erhöhen, Kosten senken und
Compliance der Patienten verbessern.
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Personalisierte Medizin im weiteren Sinne
In a broader sense, personalized medicine encompasses “individualized
access to the entire course of treatment, thereby optimizing the treatment
of the individual” [Moldrup 2009].
Out of this broader perspective, the future of personalized medicine will
offer, in addition to pharmacogenomic approaches,
 individualized indications,
 individual choices of drugs,
 individual adaptation of drug administration,
 individualized dosage adapted through daily experience,
 individualized information,
 individual therapeutic monitoring and
 individual daily reinforcement [Moldrup 2009].
Moldrup C. Beyond personalized medicine. Personalized Medicine 2009; 6: 231-3.
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Shared Decision Making
 Mindestens 2 Teilnehmer (Patient und Arzt) sind beteiligt.
 Informationsaustausch findet in beide Richtungen statt.
 Beide sind sich bewusst, dass und welche Wahlmöglichkeiten
bezüglich der medizinischen Entscheidung bestehen.
 Beide Partner bringen ihre Entscheidungskriterien aktiv und
gleichberechtigt in den Abwägungs- und Entscheidungsprozess
ein.
 Beide Partner übernehmen für die Entscheidung Verantwortung.
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Patiententypen
Scheibler et al (2003): Der Patient als Kotherapeut? Eine Typologie des Patientenverhaltens. In: Pfaff et al (Hrsg.). Der Kölner Patientenfragebogen (KPF).
Entwicklung und Validierung eines Fragebogens zur Erfassung und Einbindung des Patienten als Kotherapeuten. Sankt Augustin: Asgard-Verlag
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Entscheidungsalternativen bei Brustkrebs
AOK: Brusterhaltende Therapie oder Brustentfernung? Eine Entscheidungshilfe für Frauen mit Brustkrebs.
http://www.aok.de/assets/media/bundesweit/entscheidungshilfebrust.pdf
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AOK: Brusterhaltende Therapie oder Brustentfernung?
Eine Entscheidungshilfe für Frauen mit Brustkrebs. http://www.aok.de/assets/media/bundesweit/entscheidungshilfebrust.pdf
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http://www.breastcancersurgery.cancer.ca/opt14.html
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SDM bei älteren Prostatakrebspatienten
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SDM: Brusterhaltende Therapie ist nicht immer
gewünscht
Unter den weißen Frauen, haben 5 % der PatientInnen eine
vollständige Entfernung der Brust erhalten, wenn der Arzt alleine
entschieden hat.
Haben Arzt und Patientin gemeinsam entschieden, waren es 17 %.
Hat die Patientin alleine entschieden, waren es 27 %.
Katz. S. JCO 2005
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Krankenversorgung im Alter: Individualisierung
oder Unterversorgung?
Leitlinien und Standardversorgung werden bei alten PatientInnen
weniger konsequent angewandt
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Beispiel für individualisierte Standardisierung:
Notfall-Koffer für das Krankenhaus
 Training für Ältere, dem Arzt die richtigen Fragen zu stellen
 Fragezettel in Notfall-Koffer
 Krankheitsvorgeschichte und Krankheitsinformationen im Koffer
 Wärmedecke in Notfall-Koffer
 Hausschuhe in Notfall-Koffer
 Adressen der Angehörigen in Notfall-Koffer
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2. Proaktives Verhalten als präventives und korrigierendes
Verhalten
3. Standardisierung der Versorgung hemmt proaktives Verhalten
4. Individualisierung fördert proaktives Verhalten
5. Fazit
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Fazit
 Altern ist ein Stressprozess
 Proaktives Verhalten hilft diesen Stress zu bewältigen
 Die zunehmende Standardisierung hemmt proaktives Verhalten
 Strategien der Individualisierung, insbesondere Strategien der
individualisierten Standardisierung, fördern proaktives Verhalten
Universität zu Köln
Humanwissenschaftliche Fakultät
Medizinische Fakultät
Institut für
Medizinsoziologie,
Versorgungsforschung und
Rehabilitationswissenschaft
Literatur
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