Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] UNTERNEHMENSKULTUR Wie Unternehmenskultur entsteht HINTERGRUND. Wie entsteht eine Unternehmenskultur und wie kann man sie analysieren? Unser Autor stellt Ihnen verschiedene Erklärungsansätze vor. Von Jochen Strähle © PICTURE PRESS / ILLUSTRATION 30 I n der Mitte der siebziger Jahre wurde die Unternehmenskultur als wichtige Einflussgröße für den Unternehmenserfolg erkannt. Der Begriff der Kultur wird jedoch auf vielfache Weise definiert und interpretiert, sodass in der Literatur auch kein Mangel an verschiedenen Auslegungen des Begriffs herrscht. Darüber hinaus werden in Theorie und Praxis häufig weitere Ausdrücke verwendet, die inhaltlich mit dem Begriff Unternehmenskultur übereinstimmen, wie zum Beispiel „Firmenkultur“, „Organisationskultur“ oder „Corporate Culture“. Dadurch ist die Diskussion über Unternehmenskultur von Missverständnissen geprägt. Im Folgenden soll daher ein Überblick gegeben werden, wie Unternehmenskultur definiert werden kann (siehe Kasten rechts), wie sie entsteht und welche Schlussfolgerungen für die Unternehmenskulturanalyse daraus gezogen werden können. Das Phasenmodell von Sackmann Wie entsteht eine Unternehmenskultur? Nach Sonja Sackmann entsteht die Kultur eines Unternehmens zunächst während der Errichtung der Organisation durch die Glaubens- und Wertvorstellungen der Gründungsmitglieder. Sie entwickelt sich in verschiedenen Phasen: Gründungs-, Entwicklungs-, Reife- und (potenzielle) Krisenphasen. Die Organisationsgründer prägen in der Gründungsphase aufgrund ihrer Persönlichkeit und Wertevorstellungen die Organisation, indem sie erste grundlegende personalmagazin 01 / 08 Einzelgänger statt Teamarbeiter: Auch das lässt Rückschlüsse auf die Unternehmenskultur zu. Strategien vorgeben, Managementsysteme implementieren, Organisationsstrukturen herausbilden und Symbolsysteme entwickeln. Beeinflusst wird dieser Prozess natürlich auch durch externe Faktoren, wie zum Beispiel soziale, politische, ökonomische oder legale Faktoren. In der Entwicklungsphase ist das Verhalten der Organisationsmitglieder noch unterdeterminiert, das heißt, einige Formen und Regeln haben sich bereits durch Interaktionen herausgebildet, sind aber noch nicht fest und verbindlich etabliert. Entscheidungen und Handlungen, die sich als erfolgreich erweisen, finden ihren Platz im Verhaltensrepertoire der Organisationsmitglieder, erfolgloses Verhalten wird nicht wiederholt. In der Reifephase haben sich Normen und Werte, Riten, Regeln und Symbolsysteme manifestiert und bestimmen fortan den Verhaltensspielraum der Organisationsmitglieder. Mit fortwährender Existenzdauer entwickelt sich ein ideelles und materielles Kulturgut, welches sich um den Kulturkern herum aufbaut, ihn gleichzeitig bewahrt und weiter ausbaut. Die Krisenphase ist dadurch gekennzeichnet, dass die bisher angewandten Verfahren oder Verhaltensweisen nicht mehr erfolgreich sind oder nicht mehr zur Verfügung stehen, eventuell durch Veränderungen der Umwelteinflüsse oder anderer Rahmenbedingungen. In diesem Falle ist das Verhalten in der Organisation überdeterminiert, das heißt, angemessene Handlungen sind aufgrund der bestehenden Denk- und Verhaltensmuster nicht möglich. In diesem Fall sind einzelne Aspekte des Kulturnetzwerks zu verändern und den Anforderungen anzupassen. Das Ebenenmodell von Schein Nach Edgar Schein ist Kultur als ein mehrdimensionales Konstrukt zu interpretieren, das sich auf drei Ebenen manifestiert: Ebene der Artefakte, Ebene der bekundeten Werte und Ebene der Grundprämissen. Zur Ebene der Artefakte zählen „alle Phänomene (...), die man sieht, hört und fühlt, wenn man einer neuen Gruppe mit einer noch unbekannten Kultur begegnet“. Dazu zählen Sprache, Kleidung, Architektur, Rituale (zum Beispiel Morgen-Meeting) oder andere Prozesse, die zwar leicht TITEL UNTERNEHMENSKULTUR DEFINITIONEN Funktionalistisches Kulturverständnis Dem funktionalistischen Kulturverständnis liegt die Annahme zugrunde, dass ein Unternehmen eine Kultur hat, ähnlich wie es über Planungs- und Kontrollsysteme oder über bestimmte Technologien verfügt. Unternehmenskultur wird als eine organisatorische Variable verstanden, die durch das Management gezielt veränderbar und steuerbar ist. Unternehmenskultur ist demnach eine instrumentelle Funktion der Unternehmensführung zur Umsetzung der Unternehmensstrategie. Gemäß der funktionalistischen Perspektive ist Unternehmenskultur auch objektiv erfass- und damit messbar, da ansonsten eine gezielte Steuerung nicht möglich wäre. Die Ausprägungen der Unternehmenskultur, die sogenannten Artefakte, lassen aus funktionalistischer Sicht einen direkten Rückschluss auf die entsprechenden Normen und Werte zu. Deterministisches Kulturverständnis Das deterministische Kulturverständnis basiert auf der These, dass ein Unternehmen eine Kultur ist. Kultur ist demnach eine Metapher für ein System geteilter Symbole und Bedeutungen innerhalb einer Organisation. Unternehmenskultur wird als eine soziale Konstruktion der organisatorischen Wirklichkeit verstanden. Sie vollzieht sich primär in den Köpfen der Organisationsmitglieder. Die Mitglieder eines Unternehmens sind direkt an der Entwicklung der Unternehmenskultur beteiligt, ebenso, wie sie direkt Teil der Kultur sind. Kultur stellt sich aus Sicht der „Kulturalisten“ als eine organisch gewachsene Lebenswelt dar, die, beispielsweise durch Lenkungseinflüsse des Managements, nicht gezielt verändert werden kann. Im Zentrum des Interesses liegen folglich weniger die Funktionen einer Kultur, als vielmehr das Verständnis der ablaufenden Prozesse, die zur Etablierung einer gemeinsamen Realität, das heißt eines geteilten Weltbilds der Mitglieder der Gruppe führen. Erkennbare Artefakte lassen danach konsequenterweise keinen direkten Rückschluss auf die geteilten Normen- und Wertvorstellungen zu. Eine Analyse von Unternehmenskultur gestaltet sich nach dem deterministischen Kulturverständnis als kaum möglich, da die Handlungen der Beteiligten nicht prognostizierbar sind. Integratives Kulturverständnis Die dritte Forschungsperspektive, das integrative Kulturverständnis, kann als Synthese der beiden obigen Ansätze betrachtet werden. Danach sind Unternehmen Kulturen und haben zugleich kulturelle Aspekte. Kultur entsteht durch dynamische Interaktionen der Gruppenmitglieder und manifestiert sich in unterschiedlichen ideellen und materiellen Aspekten. Eine Unternehmenskultur ist demzufolge sowohl Resultat als auch Mittel sozialer Interaktion, die sich in Organisationsformen, Strategien, realen Produkten oder Dienstleistungen niederschlägt. Die Kultur ist somit für jedes Unternehmen charakteristisch und einzigartig. Artefakte sind demnach zum einen Ausdruck der Kultur, die jedoch auf ihren Sinnzusammenhang hin interpretiert werden müssen und gleichzeitig kulturbildend sind. Die Position der Vertreter dieser Forschungsrichtung bezeichnet Georg Schreyögg auch mit dem Stichwort „Kurskorrektor“, das heißt, dass ein Wandel der Unternehmenskultur durch externe Eingriffe im Rahmen eines prinzipiell offenen Entwicklungsprozesses möglich ist. Beeinflussbar ist die Kultur jedoch nur über einen längeren Zeitraum. Das integrative Kulturverständnis erfüllt zum einen eine erklärende, zum anderen aber auch eine gestalterische Funktion. Die Abkehr von den Extrempositionen der Forschungsrichtung ermöglicht ein umfassenderes Verständnis für Unternehmenskultur und zugleich eine pragmatische Herangehensweise aus praktischer Sicht. zu beobachten, aber schwer zu interpretieren sind. Unter der wahrnehmbaren Oberfläche befindet sich die Ebene der bekundeten Werte. Führen bestimmte Vorgehensweisen zum Erfolg, so werden diese von der Gruppe als „richtig“ eingestuft und von den Mitgliedern verinnerlicht. Kann ein Problem durch eine bestimmte Vorgehensweise immer gelöst werden, wird diese als selbstverständlich betrachtet und damit zu einer Grundprämisse des Handelns. Damit stellt diese Ebene die Basis der Kultur dar. Die hier verankerten Eigenheiten sind langfristig manifestiert und bilden ein „kulturell-kollektives Gedächtnis“, welches eine Gruppe im Inneren formt, organisiert und ihr die Grundlage für ihre Identität verleiht. Auf ihr wiederum bauen sich Normen und Werte auf, die dann wieder durch wahrnehmbare Phänomene sichtbar werden. Das Schichtenmodell von Dülfer Das Schichtenmodell von Eberhard Dülfer wurde ursprünglich zur Umweltberücksichtigung im Rahmen von Internationalisierungsstrategien entwickelt, bietet aber zum einen einen guten Erklärungsansatz zum Aufbau einer Kultur und ihrer Entstehung und zum anderen eine gute Ausgangsposition zur eigentlichen Kulturanalyse, insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer prozessorientierten Betrachtung und der Multikausalität des Phänomens Kultur. Nach Dülfer wird die Kultur eines Unternehmens durch Interaktionen und Einflüsse geprägt, die sich sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Ebene vollziehen. Auf horizontaler Ebene wird die Kultur durch die Interaktionen zwischen dem Unternehmen und seiner Aufgaben-Umwelt geprägt, das heißt, die Institutionen und Behörden, mit denen ein Unternehmen im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenarbeitet. Darunter fallen Lieferanten, Kunden, Banken, Gewerkschaften, Wettbewerber, Netzwerkpartner, Öffentlichkeit, religiöse Autoritäten, ethnische Nobilitäten und Behörden. 01 / 08 personalmagazin 31 Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 32 UNTERNEHMENSKULTUR Dabei wird das Unternehmen selbst als eigenständiges Subjekt aufgefasst, innerhalb dessen unterschiedliche Interessensgruppen, wie zum Beispiel Manager, Kapitalgeber, Kooperationspartner und Mitarbeiter, agieren. Die Identifikation der internen Interaktionspartner kann von Kultur zu Kultur variieren und beeinflusst damit die Entscheidung über das Zielsystem eines Unternehmens, da der Einfluss der verschiedenen Interaktionspartner, je nach Kultur, unterschiedlich stark sein kann. Auf vertikaler Ebene wird die Kultur durch die globale Umwelt beeinflusst. Ausgehend von „natürlichen Gegebenheiten“, sind zunächst Fähigkeiten nötig, um – im ökologischen Sinne – natürliche Gegebenheiten zu verändern, das heißt, Zusammenhänge zu erkennen, Wissen zu kommunizieren und Veränderungen technologisch umzusetzen. Diese unterste Schicht wird daher mit „Stand der Realitätserkenntnis und Technologie“ bezeichnet. Erst mittels Sprach- und Erkenntnissystemen können sich „kulturell bedingte Wertvorstellungen“, wie zum Beispiel Glaube, Einstellungen und Prinzipien, herausbilden. Basierend auf diesen Wertvorstellungen, ist es dann ein Einfluss zunächst von „unten nach oben“ vollzieht, wobei selbstverständlich Interdependenzen zwischen den einzelnen Schichten bestehen und sich diese auch gegenseitig beeinflussen. Nicht nur das gesamte Unternehmen, sondern auch die einzelnen Mitarbeiter sind von der globalen Umwelt beeinflusst. Als wesentliches Element des Schichtenmodells gilt, dass sich die Einwirkungen, sowohl der „globalen Umwelt“ als auch der „Aufgaben-Umwelt“ nicht sukzessive, sondern simultan vollziehen und dadurch deutlich wird, warum Kultur auch nur als multikausales Konstrukt verstanden werden kann. Daraus folgt auch zwangsläufig, dass die Kultur eines Unternehmens aufgrund der vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten zwischen globaler und Aufgaben-Umwelt, sowie innerhalb der Umwelteinflüsse, einzigartig sein muss. Der tägliche Umgang mit Kultur Für den Umgang mit Unternehmenskultur lassen sich aus den Ausführungen folgende Schlüsse ziehen. Erstens: Grundsätzlich sollte dem integrativen Kulturansatz gefolgt werden, das heißt, Unternehmen sind als Kulturen Aufgrund der Vielzahl an Einflussfaktoren kann eine Kulturanalyse keine „exakten“ Ergebnisse liefern. Sie ist vielmehr ein explorativer Prozess. erst möglich, „soziale Beziehungen und Bindungen“ aufzubauen, da diese als maßgeblich für die Organisation von Gruppen betrachtet werden können. Durch „rechtlich-politische Normen“ werden die anerkannten und geteilten Kommunikations- und Verhaltensweisen verfestigt und manifestiert. Innerhalb dieses Rahmens befindet sich nun die „Aufgaben-Umwelt“, in der das Unternehmen auf vertikaler Ebene mit seinen Partnern in Interaktion tritt. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass sich personalmagazin 01 / 08 mit gleichzeitigen kulturellen Aspekten zu betrachten. Die Begründung hierfür liegt zum einen in der Tatsache, dass sich Kultur durch die Interaktion zwischen Individuen begründet und dadurch auch veränderbar ist. Insbesondere wird dies bei der Gründung eines Unternehmens und der dabei entstehenden Prägung seitens des Unternehmensgründers deutlich. Es kann zum anderen darüber hinaus aber auch als realistisch angesehen werden, dass sich langfristig etablierte kulturelle Denkschemata und Verhaltensweisen beeinflussend auf einzelne Individuen auswirken und somit richtungsweisend für deren Verhalten sind. In diesem Moment prägt die Kultur das Handeln der Organisationsmitglieder und damit ebenso Aspekte eines Unternehmens, wie zum Beispiel die Strategie oder die Organisation. Es besteht somit eine Wechselwirkung zwischen den Ausprägungsformen eines Unternehmens und seiner Kultur. Insofern bietet sich die integrative Sichtweise an, weil sie sowohl funktionale als auch deterministische Aspekte berücksichtigt. Damit ermöglicht sie nicht nur ein Verständnis für Kultur als Objekt, sondern auch eine pragmatische Herangehensweise zur Kulturanalyse. Das Phänomen „Kultur“ ist komplex Zweitens: Es wird auch deutlich, dass die Kultur eines Unternehmens erst durch eine individuelle und situationsbezogene Betrachtung verstanden werden kann. Neben den internen kulturbeeinflussenden Faktoren sind es vor allem externe Einflussfaktoren, welche die Entwicklung mitbestimmen. Wie das Schichtenmodell von Dülfer zeigt, zählen hierzu neben den unmittelbaren Interaktionsbeziehungen des Unternehmens aufgrund seiner geschäftlichen Tätigkeit eben auch geografische, ökonomische, geschichtliche oder politische Rahmenbedingungen. Die jeweilige Abhängigkeit der Ausprägungen der Kultur vom eigenen Aufgabengebiet macht ebenso deutlich, dass die Ausprägungen von Kulturen und Subkulturen in einem Unternehmen systematisch untersucht werden können. Drittens: Es wird auch deutlich, dass von Artefakten nicht direkt auf die Kultur eines Unternehmens geschlossen werden kann. Aufgrund der Multikausalität und Interdependenzen von Kultur kann bei einer Kulturbetrachtung oder -analyse nur interpretativ vorgegangen werden, um der Komplexität des Phänomens Kultur gerecht zu werden. Damit sind mechanistische Kulturmodelle, die stereotypenhaft verschiedene Kulturen in ein starres Ty- TITEL UNTERNEHMENSKULTUR Literaturempfehlungen Dülfer, Eberhard (2001): Internationales Management in unterschiedlichen Kulturbereichen, 6. Aufl., München, 2001. Sackmann, Sonja A. (1990): Möglichkeiten der Gestaltung von Unternehmenskultur, in: Lattmann, Charles (Hrsg.) (1990): Die Unternehmenskultur: Ihre Grundlagen und ihre Bedeutung für die Führung der Unternehmung, Heidelberg, 1990, S. 151-188. Schein, Edgar H. (1995): Unternehmenskultur – Ein Handbuch für Führungskräfte, Frankfurt, 1995. Strähle, Jochen (2004): Cultural Due Diligence, Marburg, 2004. inhaltlicher Schritt als eine prozessuale Grundeinstellung: Eine stichhaltige Analyse muss sich als ein offener, reflektiver und hermeneutischer Prozess vollziehen. Grundsätzlich stehen bei dem vorliegenden Kulturanalyseverfahren nach der Datensammlung folgende Fragestellungen im Vordergrund, wie sie in Fragenkatalogen detailliert werden können: 1. Welche Strategien, Ziele und Philosophien begründen die Artefakte beziehungsweise liegen diesen zugrunde? (Ebene der bekundeten Werte) 2. Was sind die Ausgangspunkte der ermittelten strategischen Überlegungen? Welche Grundannahmen des Handelns führen zu diesen strategischen Überlegungen? (Ebene der Grundprämissen) 3. Welche horizontalen und vertikalen Interaktionsmuster beeinflussen auf welche Art und Weise die ermittelten Ebenen? (Schichtenmodell der Umweltberücksichtigung) Interpretation der Ergebnisse penmodell (Kulturtyp A, Kulturtyp B et cetera) einreihen und miteinander vergleichen, als realitätsfern zu bewerten. Vielmehr gilt es, Kultur als vielschichtiges Konzept zu begreifen, zu dem ein Zugang allein durch eine holistische Analyse der Interaktionen der beteiligten Individuen und den zugrunde liegenden Rahmenbedingungen gefunden werden kann. Ansätze für eine Kulturanalyse Die Struktur einer Kulturanalyse könnte sich demnach wie folgt vollziehen: Zunächst wird auf der Ebene der Artefakte der kulturelle Ist-Stand des Unternehmens analysiert. Die Fragestellungen beziehungsweise Themenkomplexe umfassen dabei im Wesentlichen die Bereiche Strategie und Geschäftstätigkeit, Organisation, Personal, Recht, Finanzen sowie den Rahmen, in dem das Unternehmen eingebettet ist, also die „Aufgabenumwelt“ und die „Globale Umwelt“ und die Marktentwicklung. Die eigentliche Kulturanalyse ist nun weniger ein Auf der Ebene der Artefakte sind die gewonnenen Aspekte der Wettbewerbs- und Umfeldanalyse zu systematisieren. Das Ziel ist eine Clusterung kultureller Ausprägungen. Dabei kann es sich durchaus um Elemente verschiedener Untersuchungsbereiche handeln, wie zum Beispiel eine Verbindung aus Rechtsform, Entlohnungssystem, Organisationsform und Kapitalmarkt. Wesentlich ist, dass die zusammengefassten Elemente einen hohen Erklärungsgehalt für die anstehenden Interpretationen besitzen. In der Kulturanalyse sind nun diese einzelnen Gruppen zusammenzuführen, das heißt, bestimmte kulturelle Ausprägungen des Unternehmens sind in Verbindung mit geeigneten Clustern aus der Wettbewerbs- und Umfeldanalyse zu setzen. Daraus ergeben sich unternehmensspezifische artefaktische Kulturmuster. Nach diesem Prozessschritt wandelt sich die Perspektive von einer horizontalen zu einer vertikalen Analyse: Der Gutachter hat nun zu einem interpretativen Vorgehen zu greifen, um die artefaktischen Ausprägungen zu erklären. Die gefundenen Kulturcluster sind also auf die zugrunde liegenden Normen und Werte zu verdichten. Diese Bereiche sind die Begründungen für das Handeln der Mitarbeiter. Sie beinhalten die grundlegenden Strategien und Ziele ihres Schaffens. Die Notwendigkeit dieses Schritts zeigt sich vor allem daran, dass unterschiedliche Ausprägungen auf der Ebene der Artefakte auf gleiche Normen und Werte zurückgeführt werden können und vice versa, das heißt, identische Ausprägungen auf der Ebene der Artefakte bei zwei Unternehmen aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen, zufälliger Interaktionen und verschiedener Strategien entstanden sein können. Im letzten Analyseschritt sind diese Kulturbereiche in einem weiteren Interpretationsprozess auf die den bekundeten Normen und Werten zugrunde liegenden Grundprämissen zurückzuführen und zu verdichten. Diese dienen als Erklärungsmuster dafür, warum bestimmte Ziele von einem Unternehmen und seinen Mitarbeitern für erstrebenswert gehalten werden und andere nicht. Es wird deutlich, dass es sich bei einer Kulturanalyse aufgrund der Unzahl möglicher Einflussfaktoren nicht um eine exakte Beschreibung im Sinne einer mathematisch berechenbaren Kulturstruktur oder Ähnlichem handeln kann, sondern sie als explorativer Prozess anzusehen ist, der ein erhöhtes Verständnis für die Handlungen der Mitarbeiter entwickelt und damit auch für das „Warum?“ der IstKultur ermöglicht. Dr. Jochen Strähle ist Vorstand der Neckermann Versand Österreich AG und Fachbuchautor zum Thema Unternehmenskultur und internationale Fusionen und Übernahmen. Er beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit verschiedenen Aspekten der Unternehmenskultur und ihren Ausprägungen. 01 / 08 personalmagazin 33
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