34 Publisher 2 ·2002 Fokus Fontverwaltung unter Windows Wie weiter mit dem Type Manager? Adobes Type Manager war lange Zeit unabdingbar für den Einsatz hochwertiger Schriften. Inzwischen beherrschen die Betriebssysteme jedoch OpenType und Postscript-Fonts: Quo vadis, ATM? ■ MATTHIAS SCHÜSSLER Wenn einer DTP treiben will, dann darf Adobes Type Manager nicht fehlen: Ohne dieses unscheinbare Systemprogramm ist die Ausgabe von Schriften auf Drucker und Belichter mangelhaft. Wenn die Schrift überhaupt erscheint und nicht alle Zeichen in Courier dargestellt werden, dann erkennt jedermann hässliche Pixeltreppchen und ein kritisches Auge sieht die Schönheitsfehler billiger TrueType- oder Bitmapschriften. Doch diese lange Zeit unumstössliche DTP-Regel gilt nicht mehr. Wenn sich das Betriebssystem auf der Höhe der Zeit befindet, kann es ohne Schützenhilfe Fonts anzeigen und drucken – gleichgültig, ob es sich um TrueType-, Postscript- oder OpenType-Schriften handelt (vgl. dazu auch Publisher 5-00, Seite 22: «Erst verfeindet, dann vereint»). Auf der Windows-Seite kamen bisher nur die Anwender der Profi-Variante in den Genuss der OpenTypeUnterstützung, doch mit Windows XP ist auch das Heimbetriebssystem in der Lage, Type1-Schriften ohne ATM anzuzeigen. Mit anderen Worten: Es braucht dieses Werkzeug nicht, der Type-Manager darf getrost aufs Altenteil geschickt werden. Light-Version obsolet, ATM Deluxe weiterhin gefragt Das gilt zumindest für Anwender der Light-Version. Die Gratisvariante ist auf neuen Windows- und Mac-Versionen obsolet. Die Kaufversion des ATM hingegen behält auf Windows-XPSystemen ihre Daseinsberechtigung aus zwei Gründen: Zum einen ist ATM Deluxe notwendig, um Multiple- Master-Schriftfonts zu definieren und Programmen zugänglich zu machen, welche diese flexibel in Breite und Gewicht anpassbaren Schriftarten nicht selbst unterstützen. Zum anderen hilft ATM Deluxe beim Verwalten von Schriften und ermöglicht bei grossen Beständen, die Übersicht zu wahren. In ATM kann der ordnungsliebende Schriftenverwender so genannte «Sätze» erstellen, in die er projektbezogen Schriften einordnen kann. Die projektbezogene Organisation in so genannten Sätzen erlaubt es, mit einem Mausklick alle gerade benötigten Schriften zu aktivieren und nach vollendeter Arbeit auch wieder zu deaktivieren. Auf diese Weise bleibt das Schriftenmenü übersichtlich und die Ressourcen des Betriebssystems werden nicht durch Hunderte von selten benötigten Fonts geschmälert. Der grosse Vorteil ist, dass ATM dabei nicht die Schriften selbst, sondern bloss Referenzen verwaltet: Dadurch kann eine Schrift problemlos in mehreren Sätzen abgelegt sein. Sie kann auch aus dem einen Satz gelöscht werden und bleibt in den anderen erhalten – dieser Komfort bietet auch unter Windows XP kein anderes Programm. Verwaltung mit Gratisprogramm Wer hingegen nicht ganz so viele Schriften zu verwalten hat und ausschliesslich mit TrueType- und OpenType-Schriften arbeitet, kommt sogar mit einem Gratisprogramm über die Runden: Font Xplorer Lite zeigt in einer Liste die installierten Schriften (über View > Character Set, Family & Pitch kann die Auswahl nach verschiedenen ATM läuft auch unter Windows XP – und ist trotz OpenType unabdingbar, wenn etwa Multiple-Master-Schriften zum Einsatz kommen. Kriterien eingeschränkt und übersichtlicher gestaltet werden) und hat eine eingebaute Zeichentabelle. Möchte man Font XPlorer zur Schriftenverwaltung nützen, sollten die Schriften auf der Festplatte, d.h. im Windows-Explorer wunschgemäss in Verzeichnisse abgelegt werden. Über die Befehle im Tools-Menü, «Load Fonts by Folder» und «Unload Fonts by Folder» kann Font XPlorer angewiesen werden, alle Schriften in einem Ordner im System zu registrieren resp. wieder aus dem System zu entfernen. Wenn nicht nur TrueType- und OpenType-, sondern auch Postscript-Schriften organisiert werden sollen, ist Typograf das geeignete SharewareProgramm. Dieses Programm wird vom Autor seit sieben Jahren gepflegt und wird von vielen Anwendern geschätzt – wegen der zahlreichen wirklich praxisnahen Funktionen, der ausführlichen und informativen Hilfedatei; weniger wegen des nicht sehr ansprechenden Screendesigns. Typograf zeigt nicht nur Zur Organisation von TTF-Schriften kann Font Xplorer Lite eingesetzt werden: Es hat zwar keine eigene Ordnerverwaltung. Das Gratisprogramm lädt oder entlädt jedoch auf Knopfdruck alle Schriften, die sich im gleichen Explorer-Verzeichnis befinden. Das beliebte Sharewareprogramm Typograf bietet, ähnlich wie die Deluxe-Version des Adobe Type Managers, eine Schriftenverwaltung. Fokus Weblinks zu Schriften ausführliche Copyright-, Metrik- und Kerning-Informationen zu einer Schrift an, sondern enthält auch eine Zeichentabelle und ist erste Wahl, wenn es darum geht, Schriftkataloge auszudrucken. Ein weiteres innovatives Feature ist der Schriftvergleich. Auch Windows selbst kann Schriften nebeneinander stellen, indem erst über die Systemsteuerung > Schriftarten der Fontordner angezeigt und dann über Ansicht > Vergleichbare Schriftarten anzeigen die entsprechende Liste ausgewählt wird. Typografs Vergleichsliste ist hingegen deutlich aussagekräftiger, weil die Gegenüberstellung nach verschiedenen Kriterien abgehalten werden kann und bei jeder Schriftart eine kleine Vorschau erscheint. ■ Gratisschriften Die Auswahl an Schriften im Internet ist unübersehbar und die Qualität manchmal nicht über alle Zweifel erhaben. Man kann aber immer mal wieder einen Glückstreffer landen – und notfalls eine Schrift selbst nachbessern (siehe Artikel «Schriften im Laborexperiment»): www.1001fonts.com www.killerfonts.de.vu www.abstractfonts.com/fonts www.fontparadise.com www.cool-fonts.com gratis.fontweb.de www.fontz.de www.fontasy.de Typendatenbank Um Schriften zu organisieren, bringt Typograf eine Verwaltung mit. Sie umfasst zum einen eine Datenbank, in die nicht nur Schriftdateien von der Festplatte, sondern auch solche von CD-ROM oder anderen externen Datenträgern eingelesen werden können. In dieser Datenbank werden der Name der Schrift, wesentliche technische Merkmale und ein Bitmap mit einem Muster gespeichert. Die Datenbankeinträge können nach eigenen Kriterien in Ablagen sortiert werden; die Suche kann aber auch nach einem Stichwort über den ganzen Bestand erfolgen. Wird Typograf fündig, können die Schriften relativ einfach im System aktiviert werden. Um Font-Sammlungen auf CD oder die legendären Corel-Schriftfluten in den Griff zu bekommen, ist diese Funktion Gold wert. Das zweite Werkzeug zum Verwalten von Schriften nennt sich «Schriftgruppen». Analog zu Font Xplorer ent- ■ Sonstige Ressourcen Verzeichnisse mit Schrift-Sites und Links: www.digitalthread.com www.freewarefonts.com www.microsoft.com/typography ■ Profi-Fonts Eine Auswahl an Fonts, die das Internet zum Nulltarif bereithält. Von oben nach unten: Marlboro, Golfball, Adler, Vargas, ActionIs, Amazon, CanGoods, Da Bomb, Over Expose, Walt Disney Script spricht eine solche Schriftgruppe in Typograf einem Festplattenordner, in dem die Fonts für ein bestimmtes Projekt abgelegt sind. Auch bei Typograf können Gruppen per Mausklick aktiviert oder deaktiviert werden. Damit kommt Typograf fast an die Möglich- keiten von ATM Deluxe heran – mit der Einschränkung, dass das Sharewareprogramm keine Referenzen verwalten kann: Wenn eine Schrift in mehreren Projekten Verwendung finden soll, muss sie in jeden Ordner kopiert werden. ■ Wenn der Type Manager nicht mit Windows XP will ... Adobe unterstützt Windows XP – nicht nur das: Das zweitgrösste Softwareunternehmen der USA ist ganz «aufgeregt» (excited) über das neue Betriebssystem des grössten US-Softwareunternehmens, wie man in einem Interview unter Adobe.com nachlesen kann: Executive Vice President Shantanu Narayen lobt die Stabilität des ersten Home-Windows, das keine DOS-Altlasten mehr mit sich schleppt und hält die Integration von Video und die Unterstützung von Digitalkameras für sehr gelungen – ohne zu vergessen, am Ende des Interviews mit Nachdruck darauf hinzuweisen, Adobes Enthusiasmus über Windows XP sei nicht etwa grösser als derjenige für MacOS X. Dennoch kann es bei der Installation von Adobe-Software unter Windows XP zu Problemen kommen. Im «Kleingedruckten» zum ATM Deluxe und zu anderen Programmen räumt Adobe ein, Publisher 2 ·2002 dass noch nicht alle Programme fürs Windows-XP-Logo zugeschnitten seien. Daher können die meisten Anwendungen von einem Administrator installiert und/oder ausgeführt werden. Während Windows 2000 dem Benützer in so einem Fall keine Wahl lässt, sich als Administrator einzuloggen – und damit das Sicherheitskonzept zu unterlaufen und das System etwa beim Surfen im Internet einer erhöhten Viren- und Angriffsgefahr auszusetzen –, können unter Windows XP einzelne Anwendungen mit Administratorrechten ausgeführt werden, selbst wenn der Benutzer sich unter Verwendung eines eingeschränkten Benutzerprofils angemeldet hat. Dies geht wie folgt: Legen Sie eine Verknüpfung zu dem Programm an, das mit Administratorrechten ausgeführt werden soll, also z.B. zu Adobe Type Manager. Klicken Sie den Shortcut mit der rechten Maustaste an, wählen Sie «Eigenschaften» aus dem Kontextmenü. Im nachfolgenden Dialog benützen Sie die Schaltfläche «Erweitert» und aktiveren dann die Option «Unter anderen Anmeldeinformationen ausführen». Wenn Sie danach das Programm starten, müssen Sie die Benutzerangaben für das Administratorprofil eintragen, das Sie bei der Windows-XP-Installation angelegt haben. Im Übrigen empfielt Adobe bei einem Umstieg auf Windows XP eine «saubere Installation», d.h. eine Neuinstallation des Betriebssystems, kein Update des Vorgängers. Eine Empfehlung, die den Umstieg sehr viel arbeitsintensiver macht, aber dennoch sinnvoll ist, weil sie eine grosse potenzielle Fehlerquelle ausschaltet. Soll dennoch keine saubere Installation, sondern ein Update auf XP stattfinden, rät Adobe, namentlich die Druckertreiber und andere systemnahe Programme zu deinstallieren und nach dem Upgrade neu einzurichten. Wer keine Experimente mag, sondern auf Qualität setzt, ordert bei diesen Schriftenhäusern: www.linotypelibrary.com www.monotype.com www.adobe.com/type www.fontfont.de www.fonts.com ■ Font Creator Recht preiswerter Font-Editor (Registrierung: 50 US$, ca. 80 Franken): www.high-logic.com ■ Font Xplorer Ein Schriftenverwaltungsprogramm mit vielen Funktionen. Die Lite-Version (800 kb) ist gratis, die Vollversion (840 kb) kostet $19,95 (ca. 35 Franken), die Vorteile sind allerdings marginal: www.moonsoftware.com ■ Typograf Ein Tool zum Installieren und Vergleichen und Organisieren von Schriften (30 Euro oder etwa 46 Franken Registrierungsgebühr, 927 kb): www.neuber.com/typograf ■ Cross-Font 2.1 Konverter von Mac zu Windows und zurück: www.asy.com ■ FontExpert Schriften anhand von Mustern erkennen: www.qbf.de ■ FontExplorer Fonts online identifizieren: www.fontexplorer.com 35 36 Publisher 2 ·2002 Fokus FontLab 4.0 Schriften im Laborexperiment Nicht jeder hat das Zeug zum Schriftendesigner. Dennoch gibt es gute Gründe, sich ein Font-Bearbeitungsprogramm anzuschaffen. Sei es, um die wichtigsten Fonts auf den Euro zu trimmen oder um andere Sonderzeichen bereitzustellen. Fonttools dtp Software Manfred Albracht bietet unter seinem Label dtp Software eine ganze Reihe von Schriftentools an. Das Spitzenprodukt ist FontLab zum professionellen Erstellen und Bearbeiten von Schriften, doch auch für weniger ambitionierte Anwender bietet www.dtpsoft.de massgeschneiderte Tools: ■ FontLab ist ein professioneller Fonteditor mit allen Schikanen: Die Versionen 3.0 für Windows in Deutsch und die Version 3.1 für Mac in Englisch kosten 529 Euro (ca. 782 Franken), die Version 4.0 in Englisch für Windows ist für 729 Euro (1078 Franken) zu haben. ■ TypeTool 1.2 ist ein Mit den leistungsfähigen Transformationswerkzeugen, wie sie in FontLab enthalten sind, können auch unbegabte Schriftendesigner ein Euro-Symbol erstellen, das sich recht gut in eine bestehende Schrift einfügt. ■ MATTHIAS SCHÜSSLER Auch mit so einem tollen Tool wie FontLab sollte man sich nicht der Illusion hingeben, nun Schriften gestalten zu können, die der Frutiger oder Univers den Rang ablaufen. Dies bleibt auch mit dem besten Tool den Künstlern mit dem dafür unabdingbaren Talent vorbehalten. Doch auch ohne überrissene Ambitionen ist eine Schriftbearbeitungssoftware immer mal wieder hilfreich. Aktuelles Beispiel ist die Euro-Einführung: Nur die neuesten Schriften enthalten das runde E mit dem doppelten Querstrich, die Lieblings- und Hausschriften hingegen können nicht mit diesem Symbol aufwarten. Wer häufig Preise in der neuen europäischen Währung setzt, vergeudet jedes Mal Zeit damit, das Währungszeichen in einer anderen, entsprechend ausgerüsteten Schrift zu setzen. Glücklich, wer in diesem Fall einen Fonteditor sein Eigen nennt: mit diesem Programm lässt sich das Zeichen mit recht wenig Aufwand in bestehende Schriften integrieren. In FontLab würde man wie folgt vorgehen; die Prozedur in anderen Schrifteditoren ist analog: In einem ersten Schritt wird die «anzureichernde» Schrift geöffnet. Als Nächstes gilt es, aus einer anderen Schrift das Euro-Zeichen einzukopieren. Gegebenenfalls lässt es sich auch als Vektor-Outline via Zwischenablage übernehmen, indem in Illustrator das Symbol aus einer passenden Schrift gewählt und in Konturen umgewandelt wird. Wichtig: Das Euro-Symbol hat den ANSI-Zeichencode 128 und muss an dieser Stelle abgelegt werden, damit (unter Windows) der Tastaturbefehl «Alt Gr–E» funktioniert. Über die Funktionen Werkzeuge > Transformieren kann FontLab das Aussehen eines Standard-Eurozeichens dem Schriftschnitt angleichen, etwa, indem der Befehl «Fett» oder «Kursiviere» angewendet wird. Euro-E im Akkord Wem diese Arbeit zu aufwändig erscheint oder wenn kein Fonteditor zur Verfügung steht, der kann auch ein eigens für die «Euroisierung» geschaffenes Programm eingesetzt werden: EuroFonter (siehe Kasten rechts). Nicht nur das liebe Geld kann ein Motiv darstellen, Hand an eine Schrift zu legen. Manch einer mag einen Sinn darin sehen, Firmenlogos in eine Schrift abzulegen oder eigens generierte Sinnbilder in Standardschriften einzubauen oder eigene Ikönchen-Fonts anzulegen – denn wenn es darum geht, solche Sinnbilder in einem Lauftext unterzubringen, ist ein richtiges Schriftzeichen viel leichter zu handhaben als eine eingebettete Grafik. Ein Beispiel ist etwa der Mondphasen-Font, welcher in einem Kalender zum Einsatz kommt und je ein eigenes Schriftzeichen für Voll-, Halb- und Leermond bereithält. Wer im Bereich Typografie keine Berührungsängste hat und sich für unkonventionelle Projekte auch im unendlichen Fundus der Internetschriftsammlungen bedient, kann mit dem Fonteditor die oft fehlenden Umlaute und Sonderzeichen nachrüsten – denn ausgerechnet den schönsten und ausgeflipptesten Star-Trek-Fonts fehlen immer die Umlaute oder Akzentzeichen, welche die deutsche oder französische Sprache nun mal benötigt. Doch mit dem Fonteditor sind a, e, o und u schnell kopiert und mit Pünktchen und oder Aigu verziert. ■ abgespeckter Fonteditor, geeignet für Modifikationen bestehender Schriften. Versionen für Windows und Mac für 129 Euro (ca. 191 Franken). ■ EuroFonter 1.0 integriert automatisch das Euro-Zeichen in bestehende Schriften. Wahlweise kann der Benutzer ein Standardsymbol, eine Kombination aus dem C- und dem Gleichheits-Zeichen oder ein eigenhändig dem Design der Schrift angepasstes Zeichen verwenden. Version für Windows 39,90 Euro (ca. 59 Franken). ■ ScanFont 3.1 ist ein Programm, mit dem sich einzelne Symbole oder komplette Zeichensätze einscannen und in eine TrueType- oder Type1-Schriftdatei umsetzen lassen. Windows-Version 259 Euro (383 Franken), die Mac-Version ist nur als Plugin für TypeTool oder FontLab erhältlich und kostet 129 Euro (191 Franken). ■ TransType konvertiert Type-1- und TrueType-Fonts zwischen dem Mac- und dem WindowsFormat. Windows 73,90 Euro (ca. 109 Franken), Mac 129 Euro (ca. 191 Franken).
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