Wie läufts ab? - Natur

Wie
läuft’s ab?
„Echt korrekt – dieser Bus“
Ottmar Hartwig/Elisabeth Heeke
„Lumbricus“ – der Umweltbus als regelmäßiger Gast
bei den FÖJ-Seminaren in NRW
Der Umweltbus „Lumbricus“ der Natur- und
Umweltschutz-Akademie NRW, ausgestattet als
mobiler Labor- und Dokumentationsraum, hat mit
seinen attraktiven technischen Möglichkeiten in
jedem der bisherigen Jahrgänge des Freiwilligen
Ökologischen Jahres (FÖJ) – das sind seit 1995
bereits 6! – einige der Bildungstage unterstützt und
dabei viel positives Echo von den jungen Nutzerinnen und Nutzern bekommen. Bisher behandelte
Themen waren dabei: Energie & Umwelt, Elemente der Natur, Mobilität, Projektarbeit zu Boden u.
Gewässern.
Aus der Zusammenarbeit mit diesen Gruppen
und weiteren Kooperationen mit vergleichbaren
Zielgruppen ergeben sich eine Reihe von Erfahrungen für motivierende und zeitgemäße Umweltbildungs-Arbeit, gerade mit so heterogenen Gruppen
wie im FÖJ.
„… das mit der Chemiearbeit hat echt was
gebracht und, dass wir bei den Nitratanalysen auch
noch „Portishead“ (engl. Musikgruppe) über die
Bordanlage hören konnten, fand ich obergeil.“ In
einem abschließenden „Blitzlicht“ bewertete ein
„FÖJler“ so Nutzen und Atmosphäre einer dreitägigen Gewässeruntersuchung mit dem Umweltbus.
Am Beispiel einiger handlungs- und erlebnisbetonter Projekte zur Gewässer- und Landschaftsuntersuchung, die in Zusammenarbeit mit dem Umweltbus „Lumbricus“ durchgeführt wurden, sollen im
folgenden mögliche Wege zu einer zeitgemäßen,
pädagogisch und gesellschaftspolitisch sinnvollen
Verbindung von Jugend- und Umweltbildungsarbeit aufgezeigt werden.
Die Vorbedingungen
Zur Planung von Aktions- und Lernprojekten
gehört neben der Sachthemen- und Methodenauswahl insbesondere in der Jugendarbeit die Zielgruppeneinschätzung. Sozioökonomisches Umfeld,
Vorbildung, motivationale Lage, Sozialverhalten,
Konzentrationsfähigkeit, Vorlieben, Hobbies der
Gruppenmitglieder sind nur einige der Bedingungsfelder, die in eine didaktisch begründete
Auswahl der Aktionsthemen, deren inhaltlicher
„Tiefe“ und deren methodischer Varianten einfließen sollten.
Die durchschnittlich ca. 25 – 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer FÖJ-Jahrgangsgruppe –
meist zwischen 16 und 24 Jahren alt – sind keine
akademische Hauptseminargruppe aus dem Fachbereich Landschaftsökologie. Die FÖJler, von der
Vorbildung, dem sozialen Background und von der
Motivationslage her sehr heterogene Gruppen, stellen pädagogisch gesehen eine oft schwierige Aufgabe dar. Hauptschüler, z.T. ohne große berufliche
Ambitionen und Illusionen, arbeiten zusammen mit
eifrigen Gymnasiasten, die auf einen Medizinstudienplatz warten, wie selbstverständlich mit PC
und Meßgeräten umgehen und schon drei Auslandspraktika absolviert haben. Untergruppenbildung und gewisse vorurteilsbedingte Kontaktprobleme treten erwartungsgemäß auf.
Ein wichtiges soziales Lernziel!
Die über das Einsatzjahr verteilten 25 Seminartage haben sich erfahrungsgemäß bei den meisten Teilnehmergruppen positiv auf das Gemeinschaftsgefühl und das Gruppenklima ausgewirkt.
Die Stimmung und das Engagement waren regelmäßig bei Gruppen, die schon mehrere gemeinsame Seminartage verbracht hatten, besser als bei
solchen, die noch am Anfang ihres Jahres standen.
Eine Reihe von Teilnehmern und Teilnehmerinnen sehen das FÖJ als eine Art Praktikum auf
dem eigenen Weg in einen der verwandten, der
sogenannten „grünen“ Berufe. Doch nicht in allen
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Fällen ist die Meldung zum FÖJ aus dem Interesse
für die ökologische Sache bzw. dem sozialen Engagement hergeleitet. Die Anrechnung von Wartesemestern, Mangel an beruflichen Alternativen, oder
die finanzielle Grundversorgung durch ein sogenanntes Taschengeld bzw. eine Unterkunft mögen
in dem ein oder anderen Fall auch die Entscheidung
für eine FÖJ-Verpflichtung beeinflusst haben.
Sind die Motivationslagen und die Konzentrationsphasen derart unterschiedlich, bietet sich nicht
nur bei Umweltthemen die arbeitsteilige, projektorientierte Gruppenarbeit an: die Kleingruppen
übernehmen Verantwortung für einen Teilaspekt
des Untersuchungsprogramms, z.B. einer Gewässergüte- oder einer landschaftsökologischen Untersuchung. Dabei ist Ihnen bewußt, dass sie ihre
Arbeit im Plenum gegenüber den anderen darstellen und damit auch qualitativ verantworten müssen. Frontale Stoffvermittlung oder Partnerarbeit
würden in diesem Zusammenhang als „zu schulmäßig“ abgelehnt. Die guten Erfahrungen mit den
FÖJ-Gruppen aus sechs Jahrgängen gehen dahin,
dass die „Freiheiten“ die mit der Freiarbeit im Freiland verbunden sind, in der Regel eher genutzt als
ausgenutzt wurden. So kam eine Gruppe z.B. bei
Kartierarbeiten auf einem landwirtschaftlichen
Gehöft spontan auf die Idee, danach eine verfallene
Natursteinmauer zu restaurieren.
Wichtige Phasengliederung
1. Motivierender Einstieg, Vermittlung von
Grundinformationen,
Problematisierung,
„Sinn der Untersuchung“ verbalisieren,
Arbeitsaufträge gemeinsam entwickeln und
verteilen.
2. Gruppenarbeit (im Freiland, im Labor etc.),
Auswertung und Dokumentation für anschließende Präsentation, gegebenenfalls in unterschiedliche Phasen gegliedert, durch Spielund Ausdrucksphasen untergliedert.
3. Plenum mit Darstellung und Diskussion aller
Gruppenarbeitsergebnisse, Schlusszusammenfassung
Wichtige Steuerungsinstrumente dieser Gruppenarbeit sind: die detaillierte schriftliche oder mündliche Arbeitsanleitung, die Absprache eines Zeit-
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plans, die „rotierende“ Präsenz der Betreuer für
Hilfestellung, „sanfter Druck“ und zeitliche Synchronisation sowie tägliche Zwischenberichte über
den Ergebnisstand.
Arbeiten am konkreten Objekt, vor Ort, mit
einer klaren, zielgruppengerechten Aufgabenstellung und wenn möglich unter Zuhilfenahme
moderner Analyse- und Dokumentationsmedien
(u.a. Schallpegelmesser, Sauerstoffsonde, digitale
Cameras, PC und Videorecorder) vermag auch
schwer motivierbare TeilnehmerInnen für Natur
und Umwelt zu begeistern.
Mitunter ist das Interesse an der angebotenen
Technik oder die Profilierungsmöglichkeit über ein
persönliches Talent der Schlüssel zur Beschäftigung
mit der Ökologie. Wenn, wie im „Lumbricus“, die
mediale Ausstattung auch noch ermöglicht, die
wichtigen Primäreindrücke von den Untersuchungsobjekten zu verstärken (Mikroskopprojektion von kleinsten Lebewesen, Fledermausdetektoren, die die Ultraschalllaute hörbar machen), dann
schaffen diese „Hilfsmittel“ motivierende Einblick
und Schlüsselerlebnisse, die für das momentane
und eventuell das weitere persönliche Engagement
von ausschlaggebender Bedeutung sein können.
„Öko“ ist bei den Jugendlichen z.Zt. nicht
gerade „mega angesagt“. Doch mit den richtigen
Themen und Methoden fällt es nicht schwer, Kinder und Jugendliche für Natur und Umwelt zu
interessieren. Wenn die Umweltbildung sie dort
abholt, wo sie sind und sie anspricht mit Fragestellungen, Methoden und Aufträgen, die weder ober-
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„Echt korrekt – dieser Bus“
lehrerhaft noch trivial, weder zu global noch zu
theoretisch sind, wird Interesse geweckt. Spaß bei
der Arbeit wird mit Eifer, guten Aktionsergebnissen
und Lernerfolg belohnt.
Anschrift der Autoren:
Ottmar Hartwig
Natur- und Umweltschutz-Akademie
des Landes NRW (NUA)
Siemenstr. 5
45659 Recklinghausen,
[email protected]
Elisabeth Heeke
Landschaftsverband Westfalen-Lippe
Landesjugendamt, FÖJ Zentralstelle
Warendorfer Str. 25
48133 Münster
Telefax: 02 51/591 275
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