Was tun, wenn der Nacken schmerzt? - JB-Racketservice

Was tun, wenn der
Nacken schmerzt?
Nackenschmerzen beim Tennis können verschiedene
Ursachen haben. Genauso vielfältig: die Behandlungsmöglichkeiten.
I
m Februar 2009 trat die Österreicherin Sybille Bammer
beim Turnier von Pattaya nicht gegen ihre Gegnerin, die
Polin Urszula Radwanska an. Der Grund: starke Nackenschmerzen, welche zu Problemen beim Servieren und beim
Drehen zur Seite führten.
So wie dieser Spielerin geht es vielen Sportlern. Im Grunde
eignet sich Tennis für jede Altersstufe und hält zudem gesund
und fit, da es viel körperliche Kraft und Ausdauer verlangt.
Unter Umständen zeigen sich jedoch nicht nur positive Auswirkungen auf die Gesundheit, da es komplexe Koordinationen von Bewegungen wie Laufen, plötzlichen Stopps und
diversen Schlagbewegungen erfordert. Daraus resultiert die
Gefahr von Nackenschmerzen, bedingt durch Schäden der
Halswirbelsäule.
Symptome
Nackenschmerzen während und nach dem Tennis sind sehr
unangenehm, von diffuser Natur und ohne ursächlichen
Auslöser. Zudem gehen sie oftmals mit Einschränkungen der
Halswirbelsäulenbeweglichkeit einher. Als weiteres typisches
Symptom stellen sich häufig Kopfschmerzen ein. Ursachen für
Nackenschmerzen gestalten sich vielfältig. Oftmals liegt der
Grund in muskulären Verspannungen. Auch Überbelastungen,
Muskelzerrungen oder falsche Bewegungen kommen als
Auslöser in Betracht. Hier helfen gezieltes Muskeltraining,
etwa Gymnastik, und Massagen. Dadurch lässt sich sowohl
eine Stärkung der Rückenmuskulatur als auch eine Linderung
der Schmerzen erzielen. Zusätzlich gelten Wärmetherapien
und Akupunktur als wirksame Heilmittel. Liegen verschafft
dabei nur kurzzeitig das Gefühl einer Besserung.
Insgesamt lässt sich bei Nackenschmerzen durch oben
genannte Auslöser die bestmögliche Hilfe mit Bewegung und
Wärme erlangen.
Problem Halswirbelsäule?
Bringen diese Maßnahmen keine Erleichterung oder liegt
etwa ein Unfall vor, sollte immer die Konsultation eines Facharztes aus dem Bereich Orthopädie oder Sportmedizin
erfolgen, da auch schwerwiegendere Krankheiten Nackenschmerzen auslösen können. Hierzu zählen beispielsweise
akute oder chronische Schulterentzündungen, welche ihren
Ursprung häufig in Überlastungen beim Tennisspielen haben.
Schultergelenkarthrosen, Entzündungen der das Schultergelenk umgebenden Schleimbeutel, Risse der diesen Bereich
stabilisierenden Sehnen sowie sonstige Schulterverletzungen
zählen zu dieser Kategorie. Diese gehen oft nicht nur mit
Nackenschmerzen einher, sondern auch mit Problemen der
Unterarmmuskulatur und Ellenbogen. Als weitere und s
chwerwiegendste Ursache gelten jedoch Bandscheibenschäden an der Halswirbelsäule, welche unter anderem durch
unkontrollierte Bewegungen ausgelöst werden. Daraus folgt,
dass unspezifische Nackenschmerzen durch degenerative
Verschleißprozesse an der Wirbelsäule entstehen können,
woraus häufig Bandscheibenvorfälle resultieren. Eine Ursache
dafür bilden unterentwickelte Muskeln, was jedoch im Sport
eher selten der Fall ist, aber auch falsche Bewegungen, so
zum Beispiel durch falsch angeeignete Schlagtechniken. Liegt
der Grund für die Nackenschmerzen in Bandscheibenschäden
an der Halswirbelsäule, zeigt sich dies vielfach dadurch, dass
sie sich im Lauf der Zeit verstärken.
Beschwerden treten dabei einseitig auf und können auch
Schulter, Arm, Hand und Finger betreffen. Schmerzausstrahlungen entsprechen dabei dem Verlauf der Nerven, welche durch den Bandscheibenvorfall komprimiert worden. Im
Nackenbereich besteht zusätzlich zu Schmerzen auch die
Möglichkeit, dass ein sogenannter „steifer Rücken“ entsteht.
Alternativen
Degenerative Verschleißerscheinungen oder leichte
Bandscheibenvorfälle lassen sich in den meisten Fällen durch
konservative Anwendungen wie Injektionen, Strom, Massagen
oder Medikamente behandeln. Erst wenn diese nicht ausreichen, beispielsweise bei starken Bandscheibenvorfällen,
greifen weitere Therapien, je nach Befund und Diagnose, Alter
und Fitnesslevel.
Mikrochirurgie stellt eine Behandlungsoption dar. Ihr
Vorteil besteht darin, dass sie eine relativ schnelle Rückkehr
zum Sport ermöglicht. Im Gegensatz zu herkömmlichen
Operationsverfahren genügt bei der Mikrochirurgie ein
kleiner Schnitt von ein bis drei Zentimetern Länge, was die
Gefahr der Nabenbildung verringert. Bei der Methode erfolgt
eine Einführung der Sonde direkt an den betroffenen Wirbel
oder die betroffene Bandscheibe, wo eine Entfernung des
überstehenden Gewebes und eine leichte Erweiterung der
betroffenen Stelle stattfinden. Daraus folgt eine Erleichterung
des Wirbelkanals und eine Entlastung der Nervenwurzeln:
Eine Schmerzminderung tritt ein. Die Behandlungsdauer bei
einem Bandscheibenvorfall beträgt circa 20 bis 40 Minuten.
Während direkt nach der Entlassung aus der Klinik Rückenschwimmen hilfreich ist, sollte eine Wiederaufnahme des
Tennissports erst circa vier Monate nach der Operation und
nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.
Ein anderes Therapiebeispiel stellt die „perkutane
Laserdiskusdekompression“ (PLDD) dar. Hierbei handelt es
sich um ein schonendes und minimalinvasives Verfahren,
welches besonders bei starken Bandscheibenvorfällen in der
Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule Anwendung findet. Oft
greift diese Methode, wenn mikrochirurgische Eingriffe noch
nicht indiziert sind. Bei der PLDD bleiben Schnitte aus, da sie
„perkutan“, also durch Punktion der Haut, und unter örtlicher
Betäubung erfolgt. Unter Computertomographie oder
Bildwandler führt der behandelnde Arzt eine Laser-Glasfaser
bis zur Mitte der Vorwölbung ein, diese lässt die inneren Teile
des Vorfalls im Anschluss durch die abgegebene Energie verdampfen. Daraus resultiert eine Volumen- oder Druckminderung, welche zur Entlastung der Neuralstrukturen beiträgt.
Die Behandlungsdauer beträgt circa 30 Minuten. Nach zwei
bis drei Wochen besteht die Möglichkeit mit Krankengymnastik zu beginnen, eine Rückkehr zum Sport ist nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt zwei bis drei Monate
nach der Behandlung möglich.
Bandscheibenzüchtung
Um dem andauernden Verschleißprozess vorzubeugen,
bietet sich zudem eine weitere Therapie an: die Bandscheibenzüchtung. Durch den Verschleiß verlieren
Bandscheiben ihre Fähigkeit, Wasser im Gewebe zu halten,
und büßen dadurch Höhe ein. Deshalb dämpfen sie die
Reibung zwischen den Wirbeln nicht mehr: Auch hier können,
neben oben beschriebenen Ursachen, Bandscheibenvorfälle
die Folge sein. Mithilfe dieses Verfahrens kann das Volumen
der Bandscheiben erhalten und ihre Elastizität wieder hergestellt werden. Vorteilhaft dabei bleibt zudem, dass nicht nur
Symptome, sondern auch Ursachen der Krankheit eine
Behandlung erfahren. Beim Eingriff erfolgt unter örtlicher
Betäubung und Bildwandlerkontrolle die Entnahme von Bandscheibengewebe und einer Blutprobe. In einem Speziallabor
isolieren Experten im Anschluss unter höchsten Sicherheitsstandards gesunde Zellen aus dem Gewebe und vermehren
diese. Einige Woche später injizieren Ärzte in einem erneuten
Eingriff unter Lokalanästhesie die neu gezüchteten Zellen in
den Bandscheibenkern. Bereits nach kurzer Zeit nehmen diese
dort ihre ursprüngliche Stoßdämpferfunktion wahr. Die Dauer
der Behandlung beträgt in diesem Fall nur ca. 15 bis 30 Minuten
und bereits nach vier Wochen besteht die Möglichkeit, nach
Rücksprache mit dem Arzt wieder schmerzfrei mit dem Sport
zu beginnen.
Prävention
Ingesamt bleibt jedoch festzuhalten, dass Prävention sich
als unerlässlich darstellt, um therapeutische Maßnahmen zu
vermeiden. Gezielte Stärkung der Muskulatur lassen Verletzungen im Bereich der Halswirbelsäule gar nicht erst auftreten. Insbesondere das Aufwärmen beim Tennis bleibt
unerlässlich.
Beginnen sollte man dabei mit Lockerungsübungen für
Muskeln, Sehnen und Gelenken, wodurch sich eine bessere
Geschmeidigkeit der Muskeln erzielen lässt. Im Anschluss
sollte ein kurzes Dehnprogramm erfolgen. Speziell der
Oberkörper, mit der Schulter- und Rückenpartie, und die
Beine sollten dabei ausgiebig gestretcht werden. Im Anschluss
mit einem lockeren Schlagtraining beginnen. Dieses sollte von
der Servicelinie zur Basislinie verlaufen und erst nach dem
Einschlagen auch Volleys und Überkopfschläge umfassen.
Doch nicht nur ausreichendes Aufwärmtraining dient der
Prävention: Die Tennisausrüstung ist genauso entscheidend.
So übertragen beispielsweise Schläger mit einer harten
Bespannung höhere Kraftanforderungen auf Ellenbogen und
Rücken, genauso verhält es sich mit harten oder nassen
Bällen. An diesem Beispiel zeigt sich zudem, dass sich auch
richtig erlernte Spieltechniken als elementar erweisen.
Durch exakte Berücksichtigung von Stand und Haltung beim
Schlagen werden Nacken und Rücken geschont. Noch ein
hilfreicher Tipp: Beidhändige Schlagtechniken entlasten
zusätzlich.
Dr. Munther Sabarini
Der Autor:
Dr. Munther Sabarini ist Facharzt für Neurochirurgier und Begründer
der Internationalen Wirbelsäulenklinik Berlin.
Infos: www.spine-clinic.de