POLITIK Mittwoch, 28. November 2001 ! 5 „Ich rief: Was zum Teufel ist hier los?“ GEORGE UND LAURA BUSH − so erlebten sie die dramatischen Stunden am 11. September. Nachts holte man sie in den Bunker: Ein Jet sei im Anflug . . . Bush besuchte eine Schulklasse in Florida, als Stabschef Andy Card ihn informierte, dass ein zweites Flugzeug in das World Trade Center geflogen sei. Bush: „Ich habe versucht, diese Nachricht aufzunehmen. Ich hatte niemanden, mit dem ich hätte sprechen können. Ich saß in einer Klasse voller kleiner Kinder und hörte ihre Geschichten, als mir klar wurde, dass ich der Oberbefehlshaber bin und mein Land angegriffen wurde.“ Bush verließ das Klassenzimmer, sah in einem Aufenthaltsraum der London/Hamburg SAD/swa Zehn Wochen Abstand von der Katastrophe waren nötig. Jetzt hat US-Präsident George W. Bush zum ersten Mal erzählt, wie er den 11. September, den Tag der Anschläge von New York und Washington, erlebte. Das US-Nachrichtenmagazin „Newsweek“ hat den Rückblick des Präsidenten und seiner Frau aufgezeichnet. Schule ein Video mit den albtraumhaften Szenen. „Ich war so wütend! Aber ich wusste auch, dass ich einen klaren Kopf bewahren musste.“ Kurz darauf bestieg Bush sein Flugzeug Air Force One, gab erste Anweisungen. „Wir sind im Krieg“, sagte er zu seinen Beratern. Man müsse handeln. „Dafür werden wir bezahlt.“ Aber wo war Laura? Wo die Zwillingstöchter? Als Bush per Bordtelefon seine Frau endlich erreichte, waren alle drei bereits in Sicherheit gebracht worden. „Meine Frau hätte nicht ru- George und Laura Bush mit ihren Hunden „Barney“ und „Spot“ vor der Air Force One, der „fliegenden Festung“. Hier traf Bush am 11. September die ersten Entscheidungen. Bush droht Saddam Hussein: Einlenken oder Krieg Washington/Bagdad − USPräsident George W. Bush hat Irak in scharfer Form gewarnt, durch Massenvernichtungswaffen Terror zu verbreiten. Zusammen mit Russland startete er eine Initiative mit dem Ziel, das Land von UNO-Waffeninspektoren wieder kontrollieren zu lassen. Außenminister Colin Powell sagte, Diktator Saddam Hussein solle Bushs Worte als eine „sehr ernüchternde, beunruhigende Botschaft“ verstehen. Powell fügte hinzu, die internationale Gemeinschaft und der Präsident verfügten über „viele Optionen“. Auf Grund einer gemeinsamen Initiative mit seinem russischen Kollegen Igor Iwanow werde sich der Weltsicherheitsrat erneut mit der Frage befassen. Zuvor hatte Bush gefordert, Saddam müsse zeigen, „dass er keine Massenvernichtungswaffen entwickelt“. Auf die Frage, was im Falle einer Weigerung Saddams geschehe, sagte Bush. „Das wird er herausfinden . . .“ Der Präsident erweiterte seine Warnung auch auf Nordkorea. Das Land solle ebenfalls eine Überprüfung erlauben, ob es Massenvernichtungswaffen herstelle. Politische Beobachter werteten die Äußerung als bisher deutlichsten Hinweis darauf, dass Irak nach Afghanistan in einer „zweiten Phase“ das nächste Ziel des amerikanischen Anti-Terror-Krieges sein könnte. Israels Armee erwartet nach Medienberichten binnen zwei bis drei Monaten US-Militärschläge gegen Irak. Eine Hürde für die Rückkehr der Waffeninspekteure war bisher das Ausbleiben einer Einigung über neue Sanktionen gegen Irak. Bagdad wies gestern die Forderung der USA zurück. Man werde sich „keinen Drohungen beugen“, sagte ein Regierungssprecher. „Jeder der glaubt, Irak kann einen arroganten und einseitigen Willen dieser oder jener Partei akzeptieren, liegt falsch.“ Der Sprecher forderte die sofortige Aufhebung der nach dem Golfkrieg eingerichteten Flugverbotszonen und ein Ende der „Aggressionen“. (dpa/rtr) Friedensschwüre auf dem Petersberg Tag eins der Afghanistan-Konferenz tete auf eine Übersetzung der englischen Rede von Bundesaußenminister Joschka Fischer und der Botschaft von UNO-GeneralDer große runde Tisch war karg sekretär Kofi Annan, die sein Lakhdar gedeckt, als sich die Delegierten Sonderbeauftragter der Afghanistan-Konferenz ges- Brahimi vortrug. Auch der Leiter tern versammelten: Statt Häpp- der aus Pakistan kommenden Dechen und Schnittchen fanden sie legation paschtunischer Stämme, nur Mikrofone und Kopfhörer Sajed Hamed Gailani, hielt seine vor, statt kühlen Sekts gab es nur Rede auf Englisch, die anderen drei Delegationsleiter sprachen warme Worte. Der islamische Fastenmonat Dari, Afghanistans Hochsprache. Die Botschaft, die die vier DeleRamadan verbot bei der Eröffnungsfeier in der festlichen Ro- gationsleiter sowie Fischer und tunde auf dem Petersberg bei Annan vom Petersberg per LiveÜbertragung Bonn jegliche an die internaSpeisen und tionale ÖffentGetränke, die lichkeit sandLage in Afghaten, handelte nistan gebot wortreich von dagegen BeFrieden und kenntnisse zu Einigkeit für Stabilität und das seit über Einheit. 20 Jahren unWer an dieter Krieg und sem nebligen Zwietracht leiNovemberdende afghanimorgen hoch sche Volk und über dem von der BereitRhein im frü- Der einzige Konferenzteilnehschaft, diesem heren Gäste- mer, der einen Turban trug: Zustand durch haus der Bun- Pascha Khan Dzadran aus der Delegation des Ex-Königs. eine gemeinsadesregierung me Lösung ein eine folklorisEnde zu matisch-bunte Versammlung afghanischer chen. Diese Haltung zog sich Stammesführer erwartet hatte, durch die gesamte Eröffnung: wurde enttäuscht. Nur wenige Schon vor dem Beginn der KonfeTeilnehmer waren in traditionel- renz begrüßten sich viele Deleler afghanischer Kleidung er- gierte durch anhaltende Umarschienen − als einziger offizieller mungen − Landessitte, aber auch Delegierter trug Pascha Khan deutliches Symbol eines neuen Dzadran aus der Gesandschaft Anlaufs zum Frieden. Brahimis Sprecher Ahmed des exilierten Königs Mohammed Sahir Schah einen Turban. Auch Fausi wertete die schiere Präsenz unter den beisitzenden Beratern der Delegierten, von denen viele der Delegationen war nur der in verschiedenen Konstellationen paschtunische Stammesführer gegeneinander gekämpft hatten, Hadschi Ataullah Alkozai mit ei- an einem Tisch als Erfolg. Mehr nem langem Pludergewand be- noch als das sah er in den Eröffkleidet, darüber, grau wie sein nungsreden Fortschritte auf dem Bart, der Turban. „Ich bin ein Weg zu einer Einigung. „Wir hatten eine sehr erfolgreiche Eröffechter Afghane“, sagte er dazu. Viele der Afghanen verkörper- nungszeremonie heute“, sagte er. Andere Beobachter teilten ten auf dem Petersberg in ihrer Kleidung die Zwischenwelt zwi- Fausis professionellen Optimisschen afghanischer Tradition mus nur begrenzt. Ein deutscher und westlicher Konvention. Einer Diplomat sagte nach den Eröfftrug über Pluderhose und Ge- nungsreden: „Wenn die Delegierwand sogar einen eleganten An- ten sich an ihre Worte halten, zugsakko. Hadschi Abdul Qadir, sind wir hier in zwei Tagen ferführender Delegierter der Nord- tig.“ Brahimi selbst, dem der Ruf Zurückhaltung allianz und Gouverneur von Jala- bedachtsamer labad, setzte dagegen die pasch- vorauseilt, will sich mehr Zeit lastunische Kopfbedeckung „Pakol“ sen, aber auch nicht endlos verab, die er zum eleganten hell- handeln. Bis zum Wochenende will er zum Ende kommen − mit grauen Anzug getragen hatte. (rtr) Ein Teil der Afghanen verzich- einer Einigung oder ohne. Markus Krah Königswinter <> Nr. 278 Seite 5 2 Schwarz E-Blau E-Rot E-gelb FOTO: AP higer, entschlossener, ja ge- schnappe mir ‚Barney‘ und lassener sein können, was ‚Spot‘ (die beiden Hunde). für mich sehr beruhigend Laura trägt keine Kontaktwar“, sagte Bush gegenüber linsen und hängt sich an mei„Newsweek“. Damals hatte nen Arm.“ In diesem Aufzug er Laura versichert, er sei erschien das Paar wieder in der Bunkeranlage. Dort, so „bald zu Hause“. Ein Irrtum. Was folgte war Bush, habe er gerufen: „Was ein acht Stunden langer zum Teufel ist hier los? Eine Zick-Zack-Flug von Florida neue Attacke?“ Dann kam nach Louisiana, dann nach die Entwarnung. Bush bekennt weiter, dass Nebraska, schließlich zurück nach Washington. In Sport und Gebete derzeit für dieser Zeit, so Bush, „ver- ihn wichtiger denn je seien, um den Stress und suchten wir herden Schock zu auszufinden, was verdauen. Und er tatsächlich pas- „Meine Frau erzählt, dass er siert war. Wir hatsich eine Zurechtten alle möglichen hätte nicht ruweisung durch Berichte. Als mir higer, entseine Frau eingeklar wurde, was schlossener, ja fangen hat, nachgeschehen war, dem er öffentlich konnte ich klarer gelassener erklärt hatte, er denken. Darüber, sein können, wolle Osama bin was wir tun müswas sehr beru- Laden „tot oder sen.“ lebendig“. Sie Sicherheitsbehigend war.“ fragte ihn in tiefamte brachten stem Texas-Slang: Bush in eine Bun- George W. Bush „Bushie, you gonkeranlage neben na git ‘im?“. Überdem Weißen Haus. Dort warteten Vize- setzt: „Bushie, wirst du ihn präsident Dick Cheney und denn überhaupt kriegen?“ Präsident Bush verstand dessen Frau, Außenminister Colin Powell, Mitglieder des die Ironie sofort: „Sie wollte Nationalen Sicherheitsrats − nicht, dass ich zu kriegslusund Laura. „Ich habe sie lan- tig und blutrünstig auftrete. Und ich habe sofort auf sie ge umarmt“, sagte Bush. Am Ende langer Beratun- gehört. Ich kann versichern, gen wollte Bush dann nur sollte ich etwas tun, was ihr noch eines: in sein Bett. Und nicht gefällt, sagt sie es mir.“ Offenbar rechnet Bush zwar in sein eigenes. Geheimdienstagenten versuch- dennoch damit, bin Laden ten vergeblich, Bush und sei- nicht lebendig fangen zu ne Frau davon zu überzeu- können. Nach Angaben aus gen, auf einer Couch in dem Washington haben die USA bereits Verwandte von bin Bunker zu übernachten. 23.30 Uhr, die Bushs wa- Laden − auch dessen Mutter ren gerade im Bett − der − um Gewebeproben gebenächste Alarm: „Herr Präsi- ten. Möglicherweise könne dent, Herr Präsident, ein un- ein DNA-Test der einzige identifiziertes Flugzeug ist Weg sein, den Tod des Topim Anflug auf das Weiße Terroristen zu bestätigen. Ob Bush an seiner Aufgabe Haus!“ Glücklicherweise stellte sich dies als Falsch- gewachsen ist? „Sicher“, meldung heraus. Doch zu- sagte Bush. Aber ich bin jenächst „sind wir wieder raus mand, der mit den Umstänaus dem Bett“, sagte Bush. den umgehen kann. Ich bin „Ich in Shorts und T-Shirt, ein Problem-Löser.“
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