ERZÄHLUNG Runde 1: Hase vs. Krähe Für die Niederwildhege, vor allem für die Feldhasenbesätze spielt die Raubwildregulierung eine entscheidende Rolle. Als wesentlicher Bestandteil gilt bekanntlich die Krähenjagd. – Manchmal ziehen aber sogar Hasen in den Kampf gegen ihren Todfeind . . . Reinhard Bayer Setzzeit der Hasen „Raubwildbejagung ist nicht alles, aber ohne Raubwildbejagung ist alles nichts!“ FOTOS MICHAEL BREUER Im Februar und März beginnt die Setzzeit der Hasen. Dies ist der Start der intensiven Krähenbejagung im niederösterreichischen Revier Deutsch Haslau. Das Wort „Märzhasen“ stimmt nicht mehr ganz – da sich die Jahreszeiten schon etwas verschoben haben, beginnt die Setzzeit auch schon etwas früher. Im Revier Deutsch Haslau beobachten wir schon seit einigen Jahren, dass es frühzeitig Jung hasen gibt. Hier eine interessante Geschichte dazu: Es war ein Montagmorgen, an dem ich beschloss, mit meiner Hündin Cora in unserem Revier auf Krähenjagd zu gehen. Es war ein klarer Morgen, mit ein paar Grad über null und leichtem Ostwind. Ich wählte einen Platz auf offenem Feld neben einem einzelnen kleinen Strauch aus, welcher zwischen zwei Feldern neben einem Grenzstein gewachsen ist. Der Platz ist etwa fünf hundert Meter von unserer Kompos tierung, welche zwischen Deutsch Has lau und Prellenkirchen liegt, entfernt. In letzter Zeit habe ich viele Krähen in diesem Gebiet beobachtet und schon länger auf geeigneten Wind gewartet. Nach der Wetterprognose des Vortags habe ich diesen Platz nun endlich wählen können. Wind und Wetter entsprachen genau der Prog nose, und ich saß wieder „mit Wind im Rücken“ auf meinem Platz und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Die beiden Felder, auf deren Grenze ich saß, waren mit Roggen und Wintergerste besät. Die Wintergerste war im Herbst üppig gewachsen, und der Roggen war auch recht gut im Bestand. Nach dem Aufbau von Schirm und Lockbild be gann der Flug der Krähen sehr früh. Noch bevor die Sonne über den Hori zont stieg, hatte ich drei Nebelkrähen erbeutet. Der Anflug gestaltete sich so, wie ich es erwartet hatte. Sehr ver traut kamen die Krähen geflogen und konnten mit sauberen Schüssen erlegt werden. Da die Krähen nicht permanent unterwegs sind, entstehen auch einige „Flugpausen“. Diese können sogar bis 26 WEIDWERK 3 | 2016 ww0316_s2627.indd 26 19.02.2016 13:51:25 zu einer halben Stunde lang dauern. Da ist Ausdauer gefragt, denn wenn man glaubt, es kommt keine mehr, dann geht es schon wieder weiter. Dies war auch bei meinem Erlebnis der Fall. Nach einer Flugpause kam eine einzelne Krähe recht hoch geflogen. Ich musste sie ein bisschen kreisen lassen, damit sie etwas näher kam. Wenn man gut getarnt ist, kann die Krähe auch über den Schirm fliegen – und sieht einen nicht! Als sie ihre Flughöhe etwas verrin gerte, entschied ich mich zum Schuss. Der erste ging glatt daneben, der zweite traf die Krähe, jedoch nicht mit der gesamten Garbe. Sie ging in einem Sturzflug, welcher etwa hundert Meter von meinem Stand entfernt endete, zu Boden. Meine Hündin Cora verfolgte den „Absturz“, während sie der be schossenen Krähe nachlief. Als die Krähe aufschlug und der Hund den Absturz im Lauf beinahe erreichte, lief plötzlich – etwa fünfzig Meter vom Aufschlagort entfernt – ein Hase aus der Sasse. Der Krumme lief genau zu jener Stelle, an der die Krähe lag, blieb etwa zwei Meter davor stehen und machte einen Kegel. Mein Hund er reichte ebenfalls den Aufschlagort und sah sich nun einer Krähe und einem Hasen gegenüber. Cora apportierte die Krähe und sah dabei den Hasen ver wundert an, welcher nicht von seinem Platz gewichen war. Es waren eigen artige Sekunden, die ich erlebte. Der Hund wusste nicht, was er vom Ver halten des Hasen halten sollte. Der Hase hüpfte zuerst langsam ein paar Schritte weg und schaute nochmals dem Hund nach. Dieser drehte sich wiederum mehrmals nach dem Hasen um und brachte dann die Krähe zu mir in den Tarnschirm. Der Ansitz dauerte schließlich noch etwa eine halbe Stunde. Mit insgesamt sechs Nebel- und zwei Rabenkrähen konnte dieser Morgen als sehr erfolgreich bezeichnet werden. Nachdem sämtliche Utensilien wieder im Auto verstaut waren, ging ich zur Absturzstelle und fand Federn der Krähe vor. Von dort aus ging ich vorsichtig in die Richtung, aus der der Hase gekommen war. Ich stieß auf ein frisches Lager im Nachbarfeld, welches im vorigen Herbst gepflügt worden war. Dort lag – gut getarnt – ein „fri scher“ Satz Junghasen, die durch ihre Färbung bei nahe nicht zu sehen waren. Vorsichtig verließ ich den Acker, um die Junghasen nicht zu vergrämen und sie ihre Tarnung durch ihre Be wegung im Feld verlie ren würden. Lange habe ich über dieses Ereignis nachgedacht. Ich konnte mir nicht wirklich erklären, was ich da erlebt hatte. Nach einigen Gesprächen mit an deren Krähenjägern und bei meinen Seminaren wurde mir einiges gewiss. Die Häsin hat ihren frischen Satz ver teidigt – gegen eine einzelne Krähe hat eine Häsin gute Chancen! Da die Krä hen jedoch des Öfteren zu zweit oder zu dritt (Eltern mit Jungen) im Revier auf Beutezug sind, ist eine Häsin fast chancenlos gegen diese Feinde. Deshalb ist dies die wichtigste Zeit für ein Niederwildrevier. Diesen Beu tegreifer muss man vom Anfang bis zum Ende der Schusszeiten so in tensiv wie möglich bejagen. Nicht nur das Niederwild wird mit dieser Jagd form gehegt. An oberster Stelle steht für den Jäger hier der Artenschutz. Viele Freunde und Bekannte sprechen mich auf die Sinn haftigkeit der Krähenjagd an. Meine Erklärung, dass sie zum Schutz des Niederwildes, der Boden- und Baumbrüter dient, lässt folgenden Schluss zu: „So viel Vogel gezwitscher wie in Deutsch Haslau hört man sonst nicht so oft.“ Nicht nur das Niederwild, wie Rebhuhn, Fasan und Feldhase, sondern Einen Film zum Thema Krähenjagd finden Sie in der WEIDWERK-App! auch Amsel, Lerche, Triel, Brachpieper usw. finden durch die Bejagung der Krähen bessere Überlebenschancen der Brut vor. Diese kann aber nur durch die Raubwildregulierung und die Ökologie im Revier abgerundet werden. In den kleinen Feldstreifen, die bei uns neben Windschutzgürteln oder im offenen Feld angelegt wurden, findet das Niederwild Überlebens- und Rückzugsmöglichkeiten vor. Dort fin det es auch das tierische Eiweiß, das zur Aufzucht der Jungtiere notwendig ist. Und natürlich die Gräser- und Klee mischung, welche für jede Wildart eine Bereicherung sind . . . 27 WEIDWERK 3 | 2016 ww0316_s2627.indd 27 19.02.2016 13:51:28
© Copyright 2024 ExpyDoc