Entstehen des vertraglichen Erfüllungsanspruchs

AS S . IU R. A NDREAS BA RTHOL OMÄ, M. A. ( CANTAB. )
L EHR STU HL FÜ R RÖMIS CHES RECHT,
AN TIKE RECHTSG ES CHICHTE U N D BÜR GERL ICHES RECHT
Übersicht: Entstehen des vertraglichen Erfüllungsanspruchs
[Stand: WiSe 2016/17]
I.
1
Anspruch entstanden
2
1. Vertrag
ü Def.: Ein Vertrag kommt durch mindestens zwei übereinstimmende Willenserklärungen, idR
Antrag und Annahme iSd. §§ 145 ff. BGB zustande, wobei die Annahme rechtzeitig erfolgen muss
(vgl. Köhler, BGB AT, § 8 Rn. 1).
Ø
Zwei mögliche Varianten:
(1) Vertragsschluss durch gemeinsame Erklärung
Ø nicht im Gesetz geregelt; aber vom Gesetz vorausgesetzt
(2) Vertragsschluss durch Antrag und Annahme, §§ 145 ff. BGB
3
a) Antrag
ü Def.: Antrag ist eine auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete empfangsbedürftige Willenserklärung, die inhaltlich derart konkretisiert ist, dass der
Empfänger den Vertrag durch bloße Zustimmung zustande bringen kann, arg. e
§ 150 II BGB (vgl. Köhler, BGB AT, § 8 Rn. 9).
1
2
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i.
Tatbestand einer Willenserklärung (à Übersicht: Willenserklärung)
ü Def.: Willenserklärung ist die Willensäußerung einer Person, die
unmittelbar auf die Herbeiführung einer privatrechtlichen Rechtsfolge
gerichtet ist (vgl. BGH NJW 2001, 289 [290]).
Ø Abgrenzung zu Gefälligkeitszusage & invitatio ad offerendum (fehlender
Rechtsbindungswille [objektiver Tatbestand])
ii.
Inhalt (essentialia negotii) – Auslegung, §§ 133, 157 BGB:
a. Vertragspartner (idR Antragender & Empfänger; anders bei Stellvertretung,
§§ 164 ff. BGB)
Ø Antrag an einen nicht näher bestimmten Personenkreis möglich
(Offerte ad incertas personas)
b. Vertragsgegenstand (zB Kauf-, Mietsache)
c. Ob entgeltlich & ggf. Höhe des Entgelts
Ø wichtige Ausnahme: §§ 612 I, II (Dienst-), 632 I, II BGB (Werkvertrag)
iii.
Wirksamwerden des Antrags (à Übersicht: Wirksamwerden von Willenserklärungen)
a. Unter Abwesenden: Abgabe und Zugang, § 130 I 1 BGB
b. Unter Anwesenden: Eingeschränkte Vernehmungstheorie (hM; str.)
Str. ob ein vertraglicher Erfüllungsanspruch aus dem Vertrag selbst oder dem Gesetz, etwa § 433 II BGB, folgt. Daher zu
empfehlen: „V könnte gegen K einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus Kaufvertrag gem. § 433 II BGB haben.“; vgl.
Leenen, BGB AT § 25 Rn 5.
„Einigung“ anstelle von „Vertrag“ wird teilweise unter Hinweis auf die Einigung iSd. §§ 929 ff. BGB kritisiert.
„Angebot“ anstelle von „Antrag“ – so viele Lehrbücher – entspricht nicht der Diktion des Gesetzes, weil es selbst in §§ 293
ff. BGB vom „Angebot“ (anderer Zusammenhang) spricht.
LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN
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b) Annahme
ü Def.: Annahme ist eine grds. empfangsbedürftige Willenserklärung, die das
vorbehaltlose Einverständnis mit dem Antrag enthält.
i.
Tatbestand einer Willenserklärung (s. a) i.)
ii.
Inhalt (vorbehaltloses Einverständnis) – Auslegung, §§ 133, 157 BGB
Ø Fälle der abändernden Annahme, § 150 II BGB
iii.
Wirksamwerden der Annahme
Ø grds. empfangsbedürftige Willenserklärung (s. a) iii.)
Ø Ausnahme: Fälle des § 151 S. 1 BGB: Annahme nicht empfangsbedürftig;
aber Willensbetätigung erforderlich (à Übersicht: Wirksamwerden von
Willenserklärungen)
Ø (P) Zugang beim beschränkt Geschäftsfähigen, § 131 II 1 BGB: Lösung über
§ 108 I BGB (hM; str.; à Übersicht: Beschränkte Geschäftsfähigkeit)
c) Rechtzeitigkeit der Annahme
i.
Grundsätze
Ø Unter Anwesenden, § 147 I BGB nur sofort
Ø unter Abwesenden, § 147 II BGB
Ø Tod & spätere Geschäftsunfähigkeit des Antragenden unerheblich,
§ 153 BGB
ii.
Ausnahme
Ø Bestimmung einer Annahmefrist, § 148 BGB
iii.
Rechtsfolge verspäteter Annahme
a. Erlöschen des Antrags, § 146 Alt. 2 BGB
b. Annahme = Neuer Antrag, § 150 I BGB
Ø verspäteter Zugang der Annahmeerklärung, § 149 BGB
d) Bei Streit über Inhalt des Vertrages: Konsens / Dissens
Ø Auslegung der Erklärungen
i.
Natürlicher Konsens („falsa demonstratio non nocet“) oder
ii.
Normativer Konsens (à ggf. Anfechtung), sonst
Ø Dissens über essentialia negotii („Totaldissens“) à kein Vertrag
Ø Dissens über accidentalia negotii: „offener“ Einigungsmangel “ à § 154
BGB („im Zweifel“); „versteckter“ Einigungsmangel („Teildissens“)
à § 155 BGB
2. Keine Wirksamkeitshindernisse, insbesondere
a) Nichtigkeit wegen Formmangels, § 125 S. 1 BGB
b) Gesetzliches Verbot, Sittenwidrigkeit, Wucher, §§ 134, 138 I, II BGB
c) § 108 I BGB (à Übersicht: Beschränkte Geschäftsfähigkeit)
II.
Anspruch nicht erloschen
1. ...
III.
Anspruch durchsetzbar
1. ...