Gabersee: Ärger um Baum 149 So muss sich wohl König Heinrich IV. bei seinem Gang nach Canossa gefühlt haben: Auch wenn Landschaftsarchitekt Simon Wankner gestern bei der Stadtratssitzung immer wieder betonte, dass rechtlich alles einwandfrei sei, seine Zerknirschtheit konnte er vor den Stadträten schlichtweg nicht verbergen. Der Chef des ausführenden Ingenieurbüros an der Großbaustelle der neuen Wasserburger Kliniken in Gabersee musste den Räten die Fällung einer weiteren „kerngesunden“ Eiche beichten. Nach dem großen Wirbel um die erste Fällung (wir berichteten) kein wirklicher Spaß für den Städteplaner. Als ersten Tagesordnungspunkt hatte der Stadtrat die neuerliche Baumfällung auf dem Gelände des Inn-Salzach-Klinikums in Gabersee gestern kurzfristig mit aufs Programm genommen. Der Grund: Nach der unumgänglichen Fällung einer 200 Jahre alten Eiche, die für großen Unmut gesorgt hatte, glaubten Räte und Stadtverwaltung eigentlich, die ausführenden Planer seien für das Thema sensibilisiert. „Und jetzt das!“, machte sich Peter Stenger von der SPD Luft. „Jetzt wurde im Zuge der Bauarbeiten wieder ein kerngesunder, schützenswerter Baum einfach umgsäbelt. Und das, ohne die Stadt vorher zu informieren. Kann denn da jeder einfach machen, was er will. Mit mir nicht!“. Er, so Stenger weiter, habe deshalb ein Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit eingeleitet, wofür Geldbußen bis zu 10.000 verhängt werden könnten. Stenger: „Ja, wo samma denn!“ Landschaftsplaner Simon Wankner war eingangs der Beratung vorsichtshalber schon mal in die Offensive gegangen. „Natürlich haben wir uns erst geärgert, dann haben wir aber festgestellt, dass wir nichts falsch gemacht haben.“ Der Baum mit der Nummer 149 sei tatsächlich im Bebauungsplan als schützenswert festgehalten. Der Bebauungsplan sehe aber Fällungen schützenswerter Bäume vor, wenn dies für den Bau unerlässlich sei. Es müsse dann für Ersatzpflanzungen gesorgt werden. Der Baum habe eine große Krümmung aufgewiesen und die Krone habe sich „in einer Krise“ befunden. Deshalb habe man ihn aus Sicherheitsgründen gefällt. Wankner „stinksauer“: „Ich verstehe nicht, wie man im Vorfeld der heutigen Sitzung so übermäßig mit Schreiben und Klagen reagiert, ohne mit uns gesprochen zu haben.“ Er sei sogar noch „stinksauerer“, erwiderte daraufhin Stadtrat Norbert Bourtesch vom Bürgerforum. „Jetzt hatten wir erst den Ärger wegen der anderen Eiche. Da dachten wir, Sie seien sensibilisiert dafür. Und jetzt passiert das wieder.“ Man habe mit Lorenz Huber im Stadtrat einen Baumsachverständigen. Es sei völlig unverständlich, warum man diesen nicht mit einbezogen habe und die Stadt erst informiert worden sei, als es schon zu spät war. „Herr Wankner, Sie tragen ab sofort ein Vertrauensdefizit mit sich rum!“ Lorenz Huber, ebenfalls Bürgerforum, stieß ins selbe Horn: „Ich bin jetzt zwar nicht wirklich ein Baumsachverständiger, aber ich habe als Umweltreferent der Stadt eine gewissen Sachverstand, wenn es um Bäume geht. Wäre ich rechtzeitig mit eingebunden worden, hätte ich wahrscheinlich gesagt: Haut den krummen Hund um! Das bringt nichts mehr, wenn der krumme Baum alleine ohne die anderen Bäume Wind und Wetter ausgesetzt ist. Aber ohne Vorabinfo stinkt mir das aber wirklich.“ Auch Bürgermeister Michael Kölbl zeigte sich wenig erfreut über das Vorgehen der Verantwortlichen an der Baustelle: „Ganz ehrlich, wir fühlen uns vor den Kopf gestoßen. Es steht sogar der Vorwurf im Raum, dass die Fällung vor der Mitteilung an die Stadt über die Bühne gegangen ist.“ Was natürlich wirklich nicht zu akzeptieren wäre. Über den zeitlichen Ablauf gab CSU-Stadtrat Wolfgang Schmid, seines Zeichens Mitarbeiter am Inn-Salzach-Klinikum in Gabersee und täglich auf dem Gelände unterwegs, Aufschluss: „Am 14. Februar wurde die erste, große Eiche gefällt, am 15. waren dann Aufräumarbeiten angesagt, am 16. fiel vormittags die jetzt betroffene Eiche.“ Erst am 16. sei die Stadt über die Fällung informiert worden, so der Bürgermeister ergänzend. „An diesem Tag waren große ISEK-Beratungen. Wir kamen überhaupt erst am nächsten Tag dazu, uns mit der Fällung zu beschäftigen. Da war es schon zu spät. Der ganze Ärger hätte mit einer rechtzeitigen Meldung verhindert werden können.“ Als sich die Räte nach einstündiger Diskussion Luft gemacht und einhellig das Vorgehen der Bauplaner in Gabersee missbilligt hatten, versuchte Lorenz Huber die Wogen noch etwas zu glätten. An seinen Kollegen Peter Stenger gewandt sagte Huber: „Peter, vielleicht solltest Du über die Anzeige noch eine Nacht schlafen. Das ist vielleicht etwas übers Ziel hinausgeschossen.“ Dazu Stenger unversöhnlich: „Da hab‘ ich schon drüber geschlafen. Das reicht.“ Norbert Bourtesch gab Städteplaner Simon Wankner dann noch eine kleine Anekdote mit auf den Weg: „Sie kennen doch sicher Asterix und Obelix. Da gibt es den kleinen Hund Idefix, der immer laut bellen muss, wenn ein Baum in seiner Gegenwart gefällt wird. Wir sind wie Idefix, wir bellen nur noch lauter.“ HC Lesen Sie auch: http://www.wasserburger-stimme.de/stadt/aus-alter-eiche-wird-ein-kunstwerk/2017/02/15/ http://www.wasserburger-stimme.de/stadt/uns-macht-das-auch-keinen-spass/2016/03/31/ http://www.wasserburger-stimme.de/schlagzeilen/234-millionen-euro-projekt-tinte-ist-trocken/201 6/10/20/
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