Starke Aktionärsrechte Die überarbeitete Aktionärsrechte-Richtlinie verschafft Aktionären mehr Transparenz und mehr Rechte Die europäische Aktionärsrechte-Richtlinie regelt die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften. Schon bei Inkrafttreten der Richtlinie im Jahr 2007 ging es um eine Verbesserung der Corporate Governance, um erweiterte Transparenzregelungen sowie um bessere Vertretungsrechte bei der Ausübung des Stimmrechts. Diese Rechte sind nun nochmals gestärkt worden. Mit einem Beschluss dieser Neuerungen durch das EU-Parlament ist voraussichtlich im März 2017 zu rechnen. Die nationalen Gesetzgeber haben dann 24 Monate Zeit, diese Neuerungen umzusetzen. März 2017, Dr. Florian Brem und Prof. Dr. Peter Fissenewert Transparenz ist eines der größten Themen der Novellierung. Die Ziele der Neuerung sind: 1. Stärkung und Verbesserung der Einbeziehung von Eigentümern und Verwaltern von Vermögenswerten in die Unternehmen, in die sie investieren; 2. Schaffung einer besseren Verknüpfung von Vergütung und Leistung der Mitglieder der Unternehmensleitung; 3. Verbesserung der Transparenz und der Überwachung von Transaktionen mit nahestehenden Unternehmen und Personen durch die Aktionäre; 4. Gewährleistung von Zuverlässigkeit und Qualität der Berater für die Stimmrechtsvertretung; 5. Erleichterung der Übermittlung grenzüberschreitender Informationen entlang der Investitionskette, vor allem durch Identifizierung der Aktionäre. Diese Ziele sollen durch folgende Neuregelungen erreicht werden: Überwachung der Vergütung der Unternehmensleitung Mit Regelungen zur Vergütungspolitik soll die derzeit unzureichende Verknüpfung von Vergütung und Leistung der Mitglieder der Unternehmensleitung verbessert werden. Geplant sind deshalb die Veröffentlichung der Vergütungspolitik sowie die Offenlegung und die Überwachung der tatsächlichen Vergütung der Unternehmensleitung. Während die Hauptversammlung (HV) der börsennotierten Gesellschaft aktuell über die Billigung beziehungsweise die Missbilligung von Vorstandsvergütungssystemen nur beraten und – unverbindlich – beschließen kann, hat sie künftig das Recht, über die Vorstandsvergütung abzustimmen. Anders als im ursprünglichen Richtlinienentwurf, der jeweils einen zwingend verbindlichen Beschluss vorsah, steht es den Mitgliedstaaten nun frei, eine nur „beratende“ Wirkung des HV-Beschlusses vorzusehen („Advisory Vote“). Angesichts der derzeitigen Rechtslage in Deutschland mit lediglich fakultativen „Say on Pay“-Voten ist wahrscheinlich, dass der deutsche Gesetzgeber von diesem Wahlrecht auch Gebrauch machen wird. Transaktionen mit nahestehenden Unternehmen und Personen Der Änderungsentwurf sieht zudem vor, die Transparenz und die Überwachung von Transaktionen börsennotierter Gesellschaften mit nahestehenden Unternehmen und Personen durch die Aktionäre zu verbessern und die bestehenden Vorschriften zu verschärfen. So besteht künftig eine Veröffentlichungspflicht für Transaktionen, die für die Gesellschaft wesentlich sind. Die Veröffentlichung muss Informationen, die eine Bewertung der Angemessenheit aus Sicht der Gesellschaft und der Aktionäre ermöglicht, enthalten. Die Mitgliedsstaaten können auch vorsehen, dass ein unabhängiges Sachverständigengutachten veröffentlicht werden muss, das die Angemessenheit der Transaktion bestätigt. Während der Vorentwurf vorsah, dass eine solche geplante wesentliche Transaktion mit einer nahestehenden Person sogar eine vorherige Zustimmung der Hauptversammlung zwingend erfordere, soll nun alternativ eine Zustimmung des Aufsichtsrates möglich sein. Mehr Transparenz bei Stimmrechtsvertretung Viele institutionelle Anleger und Vermögensverwalter nutzen die Dienste von Beratern für die Stimmrechtsvertretung. Diese Berater führen Untersuchungen durch, beraten und empfehlen, wie ihre Auftraggeber in Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen stimmen sollen. Diese Berater spielen insofern eine wichtige Rolle für die Corporate Governance, als dass sie dazu beitragen, die Kosten für die Analyse von Unternehmensinformationen zu verringern. Allerdings können sie auch das Stimmverhalten der Anleger in erheblichem Maße beeinflussen. Deswegen sollen sie künftig Transparenzanforderungen und einem Verhaltenskodex unterliegen. Zur Erhöhung der Transparenz ist etwa vorgesehen, dass Stimmrechtsberater künftig die Grundsätze der Erstellung von Stimmrechtsempfehlungen sowie die dazu herangezogenen Hauptinformationsquellen offenzulegen haben. Ebenso sollen sie dazu verpflichtet werden, potenzielle Interessenskonflikte unverzüglich anzuzeigen und zu erklären, welche Maßnahmen sie zu deren Abwendung ergreifen wollen. Die Berater sollen zukünftig auch angemessene Maßnahmen ergreifen und umsetzen, damit gewährleistet wird, dass die Stimmempfehlung richtig und zuverlässig ist. Leichtere Ausübung der Aktionärsrechte Finanzintermediäre sollen dazu verpflichtet werden, die Informationen zur Ausübung des Aktionärsrechts direkt und unverzüglich weiterzuleiten. Bei einer sogenannten Verwahrkette, bei der mehr als ein Finanzintermediär eingesetzt werden soll, sollen die Informationen direkt von einem zum nächsten weitergeleitet werden. Sie werden zudem verpflichtet, dem Aktionär alle Informationen des Unternehmens, die er zur Ausübung seiner Rechte benötigt, rechtzeitig und in standardisierter Form zu übermitteln. Gebühren, Preise und Entgelte, die die Finanzintermediäre für erbrachte Dienstleistungen selbst festlegen, sind offenzulegen. Dabei sollen die Gebühren diskriminierungsfrei und verhältnismäßig sein. Ausblick Bei der Corporate Governance für börsennotierte deutsche Unternehmen tut sich derzeit viel. Nachdem es zuletzt insbesondere hinsichtlich der Investorenkommunikation des Aufsichtsratsvorsitzenden im Rahmen der Vorschläge für Änderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex 2017 einige Diskussionen gab, führt nach der Aktienrechtsnovelle 2016 nun auch die Überarbeitung der Aktionärsrichtlinie zu Anpassungsbedarf im AktG. Nun hängt es vom deutschen Gesetzgeber ab, ob und inwieweit er die im letzten Entwurf eingefügten Wahlrechte nutzt und wie stark die Rechte der Aktionäre daher im Detail erweitert werden. Ansprechpartner: Dr. Florian Brem E-Mail: [email protected] | Tel: +49 40 41999-0 Prof. Dr. Peter Fissenewert E-Mail: [email protected] | Tel: +49 30 327942 0 Web Version: http://buse.de/insights/starke-aktionaersrechte/
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