W 021/2017 - Bauindustrieverband Hamburg Schleswig

WIRTSCHAFT UND RECHT
W 021/2017 vom 09.03.2017
Weniger Rückforderungen bei Insolvenz
Bundestag erhöht Rechtssicherheit
Wir hatten Ihnen berichtet, dass die Bundesregierung - wegen Protesten auch der Bauwirtschaft - die so genannte „Insolvenzanfechtung“
ändern wollte.
Ziel ist es, die Möglichkeiten des Insolvenzverwalters zu beschränken,
frühere Zahlungen des insolventen Unternehmens, die in den vergangenen zehn Jahren geleistet wurden, von den Zahlungsempfängern zurückzuverlangen.
In der Praxis betrafen die Rückforderungen der Insolvenzverwalter zunehmend auch Bauunternehmen, die ihren inzwischen insolventen Vertragspartnern in der Vergangenheit Zahlungserleichterungen eingeräumt hatten.
In der Gesetzesbegründung heißt es:
„In den vergangenen Jahren ist zunehmend beklagt worden, dass das
geltende Insolvenzanfechtungsrecht, namentlich die Praxis der Vorsatzanfechtung nach § 133 Absatz 1 der Insolvenzordnung, den Wirtschaftsverkehr mit unverhältnismäßigen und unkalkulierbaren Risiken
belaste. Der Geschäftsverkehr sieht sich insbesondere vor die Frage
gestellt, ob und unter welchen Umständen Zahlungserleichterungen
das Risiko einer späteren Vorsatzanfechtung der erhaltenen Zahlungen
begründen...
Die Praxis der Vorsatzanfechtung soll für den Geschäftsverkehr kalkulier- und planbarer werden. Gläubiger, die ihren Schuldnern Zahlungserleichterungen gewähren, sollen künftig gewiss sein können, dass dies
für sich genommen eine Vorsatzanfechtung nicht begründen kann...“
Der Bundestag hat in der letzten Woche den Gesetzentwurf beschlossen. Am 10. März muss der Bundesrat entscheiden, ob er Einwände
erhebt und den Vermittlungsausschuss anruft. Da das Gesetz nicht der
Zustimmung des Bundesrates bedarf, kann das Vorhaben durch Anrufung des Vermittlungsausschusses zwar verzögert, nicht aber gegen
den Willen des Bundestages verhindert werden.
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-2Bis zuletzt umstritten war, ob der Staat mit seinen Forderungen bevorzugt behandelt werden soll. Gut versteckt befand sich dieser Vorschlag
in einer Ergänzung zu § 131 der Insolvenzordnung. Nach heftiger Kritik
seitens der Wirtschaftsverbände wurde das so genannte „Fiskusprivileg“ fallen gelassen und im Bundestag - auf Vorschlag des Rechtsausschusses - aus dem Gesetz gestrichen.
Inhaltlich sind für Bauunternehmen folgende Punkte wichtig:
Die Insolvenzordnung wurde ergänzt, soweit Ansprüche der Vertragspartner des inzwischen insolventen Unternehmens gesichert oder erfüllt
wurden. Unterschieden wird zwischen „inkongruenter“ Deckung, das
heißt, der Vertragspartner erhielt mehr als beansprucht werden durfte,
und „kongruenter“ Deckung im Umfang eines Anspruchs. In § 133 aufgenommen wurde.
„(2) Hat die (vom Insolvenzverwalter später angefochtene) Rechtshandlung (des inzwischen insolventen Unternehmens) dem anderen Teil (also dem Bauunternehmen) eine Sicherung oder Befriedigung gewährt
oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum (für die Insolvenzanfechtung)
nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die (vom Insolvenzverwalter später angefochtene) Rechtshandlung (des inzwischen insolventen Unternehmens) dem anderen Teil (also dem Bauunternehmen) eine Sicherung oder Befriedigung gewährt
oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen
konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des
Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene Zahlungsunfähigkeit.
Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung
getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung
gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.“
Eine solche Beschränkung der Insolvenzanfechtung hat für Bauunternehmen den Vorteil, dass sie bei Zahlungserleichterungen für einen
Vertragspartner - im Falle einer späteren Insolvenz ihres Vertragspartners - nicht mehr zehn Jahre lang damit rechnen müssen, vom Insolvenzverwalter zur Rückzahlung erhaltener Beträge aufgefordert zu
werden.
Es sind also Vorteile für nicht insolvente Bauunternehmen zu erwarten,
denen allerdings gewisse Nachteile (erhöhte Haftungsrisiken) für die
Leitung insolventer Bauunternehmen gegenüberstehen.
Im Falle einer Insolvenz des Bauunternehmens hatte die bisherige Insolvenzanfechtung den Vorteil, dass die Unternehmensleitung nicht
gemäß den Bestimmungen des so genannten „Bauforderungssicherungsgesetzes“ für die ordnungsgemäße Verwendung von „Baugeld“
haftet, falls eine Zahlung - hätte das Unternehmen sie, wie das „Bauforderungssicherungsgesetz“ verlangt, an Lieferanten oder andere
-3Baubeteiligte eines Bauvorhabens geleistet - vom Insolvenzverwalter
später anfechtbar gewesen wäre.
Beigefügt erhalten Sie
• eine Pressemitteilung des Bundestags vom 17. Februar (Anlage 1,
• die vom Bundestag auf Vorschlag des Rechtsausschusses beschlossenen Änderungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs
(Anlage 2),
• den ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung
(Anlage 3).
Anlagen
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