- Hessenschau

Zuhause
Nr. 02 März • April 2017
Zuhause
Nr. 02 März • April 2017
Heimatkunde: Wiesbaden
„Von Pelzmantel-Damen bis hin zur gefühlt größten Döner-Dichte Deutschlands – die Stadt
hat viele Seiten“, sagt Regionalreporterin Andrea Bonhagen. Sie lebt seit 2008 in Wiesbaden und
berichtet für die hr-Radioprogramme aus und über die Landeshauptstadt. Ihre sieben persönlichen
Tipps für einen Besuch.
hr
Radioreporterin Andrea Bonhagen: „In der Blütezeit um 1900 nannte
sich Wiesbaden noch ‚Weltkurstadt‘. Ich stelle mir gerne vor, wie einst junge Damen mit Schirm
und Reifrock durch Wiesbaden wandelten, auf der Suche nach passenden Herren mit Zylinder. Alle
natürlich auf ‚Trinkkur‘! Das schwefel- und salzhaltige Wasser aus Wiesbadens heißen Quellen
ist übrigens völlig ungenießbar.“
Kassel
„Adel verpflichtet“
g
r k e ti n
nM
a
ba
de
Bad Hersfeld
es
Fo
to
:W
i
Herborn
Alsfeld
Gleiberger Land
Gießen
Fulda
Wiesbaden war um 1900 ein Heiratsmarkt. Familien
kamen mit jungen Töchtern in die Stadt, einzelne
Herren schrieben sich in die Hotels ein. Eine Fremdenliste im Bade-Blatt gab Auskunft über die anwesenden Gäste. Doch was, wenn sich der Herr als Heiratsschwindler entpuppte? Oder die Bankiersfamilie
doch nicht so wohlhabend war? Eine kleine Wiesbadener Theatertruppe lässt die damalige Welt der höflichen Konversation und des vorsichtigen Abtastens
wieder aufleben. Das „Freie Theater Wiesbaden“
spielt „Adel verpflichtet“ am 25. Juni. Schon vorher, am 3. Juni, erzählt das Brunnenmädchen Emma ihre Geschichte. Wer tiefer in die damalige Welt der Wiesbadener
Hotels einsteigen will, muss „Hotel Petersburger Hof“ von Hans Dieter Schreeb lesen.
Ein tolles Buch!
Limburg
Das Ingelheimer Zimmer
Büdingen
Wiesbaden
Foto: Wingert Vinothek
Offenbach
Zu den in blau eingetragenen Städten gibt es bereits
eine „Heimatkunde“; zu finden
unter hr-journal.hr.de
Darmstadt
Das Stadtschloss
der Nassauer
Foto
: Colo
urbo
x.de
Foto: Der Hexer/Wikimedia
• Hessenweit vor Ort: alle hr-Regionalkorrespondenten und
hr-Studios im Überblick unter www.hr.de
• Städtetipps auch bei hessenschau.de (Rubrik Freizeit)
Wer denkt, der Landtag in Wiesbaden sei unroman
tisch, der irrt! Der heutige Landtag war früher das Stadt
schloss der Herzöge von Nassau. Ein Teil der Einrichtung und
die Wandgemälde sind immer noch da. So gibt es noch den Roten Salon, in dem
einst der junge Herzog Adolf von Nassau mit seiner noch jüngeren russischen Großfürstin Elisabeth, einer Nichte des Zaren, auf dem Sofa saß. Es soll Liebe gewesen
sein, heißt es. Er lernte sie auf „Kur“ in Bad Ems
kennen, eingefädelt von Verwandten. Elisabeth
starb im Alter von 18 Jahren bei der Geburt einer
Tochter. Adolf ließ daraufhin eine russische
Kapelle bauen, weithin sichtbar mit goldener
Kuppel. Dort sind Prinzessin und Baby begraben.
Wer die Damast-Tapete der Familie sehen will,
muss eine Führung durch den Landtag besuchen
(samstags 15 Uhr, Gruppen extra)!
Im Wiesbadener Stadtteil Dotzheim liegt das
Schloss Freudenberg. Herzstück der Anlage
ist das „Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne
und des Denkens“. Was erwartet die Besucher
dort im Keller?
(B)Sektdusche und Weinbad
(Z) Dunkelbar und Dunkelgang
(H)Ohrwürmer und Hörgeräte
Foto: Freies Theater Wiesbaden
Fjodor Dostojewski verspielte hier einst sein
Mittagessen
Foto: Radisson Blu Schwarzer Bock Hotel
Michelstadt
Unschuldige Trauben
Auf dem Wiesbadener Hausberg, dem Neroberg,
(L) … liegt der eiskalte Fiatsee.
(A) … steht der sternförmige Mercedesturm.
(I) … thront das hübsche Opelbad.
Eines der wenigen alten Hotels in Wiesbaden, die
noch in Betrieb sind, ist das Hotel Zum Schwarzen
Bock. Gleich rechts ist die leicht mondäne Bar, und
dahinter tritt man ins Ingelheimer Zimmer. Wer fragt, darf es sich
angucken. Die Wände sind holzvertäfelt, mit kostbaren Schnitzereien.
Dass der Graf von Ingelheim das Zimmer in der Wiesbadener Spielbank
verspielte, ist leider nur eine Legende. Aber Schwarzer Bock und Casino
hatten einen viel berühmteren Gast: Fjodor Dostojewski. Der machte
1865 in Wiesbaden und Bad Homburg so viele Schulden, dass das Hotel
ihm das Mittagessen verweigerte. Er schrieb daraufhin in 24 Tagen den
Roman „Der Spieler“ – und kam so wieder zu Geld.
Frankfurt
„Innocent Grapes died for you“ – „Unschuldige Trauben
sind für Sie gestorben“, mahnt eine Kreidetafel vor der Wingert
Vinothek. Aber auch sonst würde man die Weine wohl wertschätzen. Sie werden ausgesucht und ausgeschenkt von Holger
Schwedler. Er war Dozent an der Hochschule Geisenheim und
kennt sich aus bei den Rheingauer Winzern. In der kleinen
Weinstube gibt es neben Wein, Lesungen und Weinproben auch
eine modern-gemütlich-originelle Atmosphäre und ein bisschen
Humor. Wer die ganz große Weinprobe will, kommt im August zur
Rheingauer Weinwoche nach Wiesbaden. Dort kann man 1.000 verschiedene Weine an 100 Winzer-Ständen probieren. Spätestens nach
dem ersten Glas sind Sie in die Weinwoche verliebt. Zwischendurch
Wasser trinken!
Wiesbaden wird auch „Nizza des Nordens“
genannt. Woher kommt der Zweitname?
(P)Wiesbaden hat die meisten Eisdielen
Deutschlands.
(N)In Wiesbaden gibt es prunkvolle, mondäne
Villengebiete und prachtvolle Alleen.
(I) In Wiesbaden wohnen viele Promis.
Korbach
Ein kochender Brunnen
Tatsächlich: Wer in den
hübschen Pavillon am
Kochbrunnen tritt, sieht
das Wasser dampfen. Die
heißen Quellen in Wiesbaden sprudeln mit 67 Grad Celsius an die Oberfläche. Im heißen
Wasser entspannten früher die
römischen Soldaten. Erst viel später wurde das Wasser zum Trinken
entdeckt. Am Kochbrunnen stand
dann eine fast monumentale TrinkFoto: pa/dpa
halle: neben Kurhaus und Theater
der Ort zum Sehen und Gesehen werden. Umliegende Prachthotels
nutzten das heiße Wasser für ihre Badeanlagen. Heute zapfen
immer noch einige Wiesbadener am Kochbrunnen ein Gläschen.
Es soll gut für die Verdauung sein. Nur nicht zu viel: Im Wasser ist
unter anderem Arsen.
Auf unterhaltsame Weise das Bundesland
kennenlernen – das geht auch mit dem großen
„HessenQuiz“, zu dem Quizmaster Jörg Bombach
immer sonntags um 22.15 Uhr im hr-fernsehen
begrüßt. Wie viel Sie über Wiesbaden wissen,
können Sie schon mal hier im hr-Journal testen:
Ich liebe die Abteilung „Farben“ im Museum
Wiesbaden. Hier sind Schmetterlinge, Vögel
und sogar Bären nach Farben sortiert, und das
sieht wirklich toll aus! Schaukästen erklären
mit Pulverschälchen und Gesteinsbrocken,
woher unsere Farben eigentlich kommen. So
Fotos: pa/dpa (2),
wurden zum Beispiel Kühe in Indien früher mit
Colourbox.de
Mangoblättern gefüttert und bekamen weniger Wasser
(heute verboten). Der Urin der Kühe wurde dann eingedampft, und es
blieben dunkelgelbe Kugeln – der Farbstoff „Indischgelb“!
Zum Rhein!
Wiesbaden hat relativ viele Migranten, was bei all der Kurvergangenheit und dem Image als Beamtenstadt vielleicht gar nicht so bekannt ist. Doch die vielen Dönerbuden am Rande der Innenstadt weisen
darauf hin. Das Westend heißt sogar manchmal „Klein Istanbul“. Auch in Biebrich am Rhein leben viele
Migranten aus Griechenland und anderen Ländern. Für mich Wiesbadens lebendigster und schönster Stadtteil. Ich empfehle zuerst einen Spaziergang am Rhein,
vorbei am Biebricher Schloss, egal bei
welchem Wetter. Danach dann ein
Besuch beim Mexikaner, beim Inder oder
beim Griechen.
Foto: pa/dpa
t
Fo
o:
11
Rat’ mal!
Kuh-Pipi und
Schmetterlinge
Fotos: pa/dpa, Colourbox.de
10
Welche internationale Elite trifft sich zum jährlichen Pfingstturnier im Biebricher Schlosspark?
(Z) Die Reiter
(Y) Die Ritter
(X) Die Turner
Wie heißt das Denkmal vor der Marktkirche, das
Wilhelm von Oranien zeigt?
(A) Der Schweiger
(U)Der Tänzer
(B)Der Denker
Lösungswort