Zwischen atlantischer Frische und kontinentaler

TEJO
Zwischen
atlantischer Frische
und kontinentaler Kraft
Der Tejo gilt als eines der historischen Anbaugebiete Portugals und umfasst als IGP rund
13.500 ha. Ebenso in die Gebietsdemarkation eingebettet ist die fast gleichnamige und weni­ger bekannte DOP Tejo. Sie ist kongruent mit der Landweinregion ausgelegt, ihr Gütesiegel
wird aber von den meisten Erzeugern bei Weitem nicht so stark genutzt, wie das der IGP.
Der Anteil der internationalen Sorten an der Gesamtfläche beläuft sich auf knapp 15%.
Insgesamt sind am Tejo etwa 80 Abfüllkellereien aktiv, davon entfällt eine große Mehrheit
auf kleine bis mittelgroße Familienbetriebe.
I
WEINWIRTSCHAFT SPEZIAL
G
eographisch gesehen zieht sich das
Anbaugebiet entlang des Flusses
vom östlichen Zentrum des Landes bis in die Nähe der Hauptstadt, wo der
maritime Einfluss deutlich spürbar ist. Der
Fluss ist nach dem Douro Portugals zweitwichtigster Wasserlauf, und seine Bedeutung, historisch ebenso wie wirtschaftlich,
kann gar nicht genug hervorgehoben werden. Schon die Römer siedelten entlang
des Flusstals, der ihnen als Transportweg
und bequemer Zugang zum Zentrum der
Iberischen Halbinsel diente. Sie erkannten
als erste die privilegierte, geschützte Lage
der Flusslandschaften des Tejo und legten
Wein- und Olivengärten im großen Stil an.
Als Versorgungsader für die Hauptstadt
brachte der Fluss kulturellen Reichtum
und wirtschaftliche Macht ins Gebiet. Die
Templerstadt Tomar und die quirlige Provinzkapitale Santarém legen davon Zeugnis ab. Doch nicht nur der Wein hat den
Tejo berühmt gemacht. Portugals berühmteste Pferderasse, der Lusitano, hat dort
ihre Heimat, und der Südosten im Einzugsgebiet der Kleinstadt Coruche gilt als Herkunft für Korkqualitäten erster Güte.
Privilegierte Situation
Im Gegensatz zu den zwei anderen Anbaugebieten im Einzugsbereich der Hauptstadt,
zeigt sich der Tejo insgesamt kontinentaler und damit mehr von der Topographie
und der geologischen Beschaffenheit des
Flussbeckens und seinen Randgebieten
bestimmt, als vom direkten Einfluss des Atlantiks. Nichtsdestotrotz hat natürlich auch
der Ozean vor allem auf den westlichen
bzw. südwestlichen Teil des Anbaugebietes Einfluss. Die nach Westen nicht ganz
so exponierte Lage des Tejo profitiert zwar
noch von den milden Temperaturen des Atlantiks, bewahrt die Winzer aber in niederschlagsreichen Jahren vor allzu viel Regen.
Der Tejo zeigt sich mit etwa 750-780 l pro
Quadratmeter und Jahr für portugiesische
Verhältnisse gemäßigt, zumindest was den
Vergleich mit Norden und dem westlichen
Zentrum des Landes angeht. Dies gilt auch
für die Sonnenstunden, die mit 2.800 niedriger ausfallen als im benachbarten Alentejo,
dafür aber im Mittel über den Werten einiger anderer Appellationen liegen, die sich
direkt an der Küste oberhalb der Hauptstadt
befinden. Die größten Temperaturamplitu-
den zeigen natürlich die am östlichen Rand
gelegen Gemeinden des Tejo-Gebietes, die
schon ins iberische Kernland hineinreichen,
wo eine mediterran-kontinentale Klimasituation herrscht. Bemerkenswerterweise
ist das Gebiet am nördlichen Rand aber
deutlich kühler als die Randgebiete der
spanischen Seite in Extremadura. Die Serra de Aires e Candeeiros macht es möglich
und sorgt für kühlende Witterungseinflüsse
und einen sehr ausgewogenen Vegetationszyklus. Der Norden weist dementsprechend eine andere Topographie auf und
die Weinberge klettern auf Höhen von 400
m. und mehr, was für den iberischen Südwesten durchaus eine stattliche Höhe bedeutet. Kleinere Hügelketten finden sich
auch weiter westlich und sorgen für einen
gewissen Schutz vor den Unbilden des unberechenbaren Atlantiks. So gesehen weist
der Tejo eine privilegierte Situation auf, gleichermaßen geschützt von den extremeren
Klimaverhältnissen des iberischen Inlandes
und den unruhigen Wetterverhältnissen am
Rande des Ozeans.
Schloss in Reben: Quinta da Alorna
Komplexe Terroirs verteilt
auf drei Bereiche
Portugals Weine haben auf den Exportmärkten in den vergangenen 20 Jahren eine
rasante Renaissance erlebt. Der enorme
Bestand an autochthonen Rebsorten und
nicht zuletzt natürlich die beeindruckende
Vielfalt der Terroirs faszinieren Profis und
Weinliebhaber auf der ganzen Welt. Der
Tejo macht in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Die ersten von der CVR Tejo geschützten Rebflächen beginnen noch östlich von
Macão unweit der spanischen Grenze und
ziehen sich nach Südwesten fast bis vor die
Tore der Hauptstadt. Tatsächlich sind 20
Gemeinden des Verwaltungsdistrikts Lissabon mit in die Appellation eingebunden.
Eingeteilt ist das Gebiet in drei Bereiche, die
von der zuständigen Weinbaubehörde als
Terroirs bezeichnet werden. Das als Bairro bekannte nördliche Flussufer mit knapp
40% der Rebfläche besteht – der Name
deutet es bereits an – aus Lehmböden mit
kalkhaltigem Untergrund, die im Norden
nahe der historischen Festungsstadt Tomar
in Schiefer übergehen. Das Teilgebiet hat
sich mit strukturierten Rotweinen einen Namen gemacht. Gegenüber auf der südlichen
Seite erstreckt sich das Teilgebiet Charneca
Am ProWein Sonntag, 19. März,
präsentiert Sebastian Bordthäuser um
13:45 Uhr einen Querschnitt der TejoWeinvielfalt am Stand des Meininger
Verlag, Halle 13, B15
Auf der Messe finden Sie folgende
Tejo-Produzenten:
- Quinta da Alorna 13-14
- Fiuza 9-10
- Casal da Coelheira 1
- Adega do Cartaxo 6
- Casa Cadaval 3
- Casal do Conde 15
- Herdade dos Templários 7
- Pinhal da Torre 5
- Quinta da Badula 11
- Quinta da Lagoalva 8
- Quinta da Lapa 4
- Quinta de Vale de Fornos 16
- Quinta do Casal Monteiro 2
- Adega M. Cordeiro
II
FOTO: VITOR NENO
FOTO: VITOR NENO
TEJO
Lebensader der Region: Der Tejo hat für Portugal immense historische und wirtschaftliche Bedeutung
mit 20% der eingetragenen Pflanzungen.
Die Kombination aus kargen Sandböden,
guter Sonneneinstrahlung und maritimer
Feuchtigkeit bringt finessenreiche Weißweine und fruchtbetonte rote Qualitäten hervor. Die vom Meer weiter entfernt gelegen
Weinberge des linken Ufers, die im Süden
an das Alentejo grenzen, weisen naturgemäß die höchsten Temperaturen auf, was
in vielen alten Anlagen für niedrige Erträge
sorgt. Kraftvolle Rotweine mit Extrakt, Konzentration und wärmerem Fruchtausdruck
sind typisch für das südlich-kontinentalere
Charneca. Selbstredend beginnt dort in
der Regel auch die Lese. Als drittes Terroir
treten die Schwemmlandgebiete in unmittelbarer Nähe des Flusses in Erscheinung,
die für frische, sehr fruchtbetonte Weine
mit leichterer Struktur stehen. Viele Produzenten verzichten im Campo auf spürbaren
Einsatz von Holz und geben ihren Weinen
einen puristisch-klaren Charakter mit auf
den Weg. Die Produzenten aus den Terroirs
in unmittelbarer Flussnähe stehen u. a. für
ein attraktives Angebot an sortenreinen
Weinen, die auf den Exportmärkten Europas und in Übersee große Erfolge feiern.
Obwohl die flache topographische Situation
der Campo-Weinberge hohe Temperaturen
vermuten lässt, ist das Flusstal sehr gut
durchlüftet, was der Frische der Weine aus
dem Campo-Bereich zugutekommt. Gerade
dort zeigt sich der Kontrastreichtum der
Tejo-Weine und die Erfahrung der Winzer,
die sich mit ihren Weinstilen perfekt an die
Gegebenheiten der verschiedenen Terroirs
angepasst haben und bei aller Vielseitigkeit
unverkennbar auf die elegante und saftige
Art zentralportugiesischer Weine setzten.
Wie fast überall in Portugal präsentiert sich
das Terroir auch in der Tejo-Appellation
komplex und vielseitig und ermöglicht den
Typisch Tejo: Lusitanos
und weite Weinberge
III
Produzenten, eine beeindruckende Produktvielfalt zu entwickeln. Neben den Vinhos Brancos, Rosés und Tintos schützt die
IGP die Bereitung von Qualitätsschaumweinen ebenso wie die von alkoholverstärkten
Süßweinen. Für Stillweine können die gängigen Qualitätsbezeichnungen Colheita Selecionada, Escolha und Garrafeira bei der
Vermarktung von IGP- und DOP-Gewächsen gleichermaßen genutzt werden. Immerhin werden etwa 25% aller Weine des
Großgebietes als DOP-Qualität vermarktet.
Schaumweine entstehen im Übrigen vor allem aus Lesegut der Weingärten des Campo
direkt entlang des Flusses und den mineralischen Sandböden des maritimeren Teils des
Charneca. Festgeschrieben sind mindestens
neun Monate Hefelager auf der Flasche, üblich sind aber 12 Monate und mehr.
Attraktiver Sortenfächer
Der Tejo ist berühmt für die Vielseitigkeit
seiner Weine, was nicht zuletzt dem kontrastreichen Sortenfächer zu verdanken ist.
Im Vordergrund stehen die autochthonen
Sorten, weiß wie rot, ergänzt durch einige internationale Trauben. Noch vor zehn Jahren
setzten viele Winzer auf die komplementäre
Bestockung mit ausländischen Sorten, heute hat sich der Wind deutlich gedreht. Die
Produzenten wenden sich auf breiter Front
wieder ihren angestammten Traubensorten
zu. Insbesondere die kleineren und mittleren Familienbetriebe arbeiten inzwischen
bevorzugt mit traditionellem Traubenma-
WEINWIRTSCHAFT SPEZIAL
terial. Das Verhältnis von weißen und roten
Trauben liegt bei jeweils 50%.
Gerade im weißen Bereich kann das Anbaugebiet auf zwei der wichtigsten portugiesischen „castas“ verweisen. Fernão Pires
–flächenmäßig die Nummer eins - und Arinto sind nicht nur bestens an die Rahmenbedingungen angepasst, beide gelten auch
als hervorragende Interpreten ihrer Böden.
Arinto verkörpert wie kaum eine weiße
Sorte des Landes die Vorzüge des frischen
atlantischen Weißweinstils Portugals. Gute
und vor allem stabile Säure, knackige Zitrusfrucht gepaart mit einem mineralischen
Fluss machen die Arinto zu einem Allrounder, der zudem ein gewisses Lagerpotenzial
aufweist, wenn die Erträge entsprechend
niedrig gehalten werden. Leider immer noch
unterschätzt ist das Potenzial der zweiten
Traube, die im Norden des Landes auch unter dem Namen Maria Gomes geführt wird.
Als meistgepflanzte weiße Sorte Portugals
bringt sie sehr unterschiedliche Qualitäten
und Stile hervor. Die immer größer werdende Fangemeinde der Fernão Pires ist sich
indes einig, dass mit die besten Gewächse
im zentralen Westen entstehen, mit den
Tejo-Winzern als herausragenden Akteuren.
Die Sorte läuft auf sandigen, kargen Böden
mit guter Durchlüftung zu ihrer Höchstform
auf. Ihr prononciert blumiger Charakter,
getragen von Rosen- und Akazienblüten,
oft eingerahmt von zarter Zitrusfrucht und
Orangen machen gut gearbeitete Weine auf
Fernão-Pires-Basis zu einem elegant-leichten Trinkvergnügen, insbesondere dann,
wenn der für die Traube so typische dezent
saline Charakter dazukommt. Beide Sorten
treten auch als Protagonisten in Cuvées auf,
sei es im Verbund mit anderen nationalen
Barriques sind Teil des Stilspektrums
Traubensorten wie der Malvasía Fina oder
mit Sauvignon blanc und Chardonnay. Die
Fernão Pires wird auch als Colheita Tardia,
d.h. als spät gelesenes Gewächs mit Restzucker bereitet, eine auf den europäischen
Exportmärkten eher weniger bekannte Spezialität des Gebietes.
Tejo rot hingegen bedeutet Castelão, Trincadeira und Aragonez, wobei auch die vielgerühmte Touriga Nacional zunehmend an
Bedeutung gewinnt. Die Palette der roten
Sorten ist beeindruckend, und man stößt
auch auf Trauben, die man nicht unbedingt
am Tejo vermutet hätte, wie beispielsweise
die Touriga Franca, auch wenn sie nur eine
Statistenrolle spielt. Ein beträchtlicher Teil
der roten Tejos wird von der im Gebiet dominierenden Castelão getragen, einer Sorte, die im gesamten Lissaboner Umfeld eine
große Verbreitung findet. Moderat im Alkohol, nur mit mittlerer Farbintensität ausgestattet, erbringt sie fleischige Weine mit
markantem Tannin. An zweiter Stelle steht
die Trincadeira. Eine saftige Mundpräsenz
und rote Beeren sind ihre Markenzeichen.
Sie verliert aufgrund ihrer unregelmäßigen
Erträge in der südlichen Nachbar-Appellation Alentejo an Beliebtheit. Am Tejo dagegen
ist ihre Popularität ungebrochen. Zu Recht,
denn sie zählt zu den wenigen iberischen
Sorten, die auch bei starker Sonneneinstrahlung und hohen Temperaturen nicht schwächelt und zuverlässig ihren ansprechenden
und disziplinierten Charakter beibehält.
Die warmfruchtige, balsamische Sorte Aragonez, die kräftig-farbdichte Alfrocheiro
sowie Touriga Nacional runden das rote
Programm ab. Die aus dem Norden zugewanderte Prestige-Sorte erfreut sich großer
Popularität unter den Tejo-Winzern, wobei
die von Kennern so geschätzte üppige und
satte Art eher in geschützten und trockeneren Teilen des Anbaugebietes gewährleistet
ist. Die Touriga Nacional markiert sicherlich
einen Trend am Tejo, zusammen mit der
Alicante Bouschet, die ebenso ein warmes
Terroir benötigt. Darüber hinaus findet ein
ganzer Reigen an erfolgreichen internationalen Sorten in der IGP Verwendung. Angefangen bei der Pinot Noir über Merlot und
Cabernet bis hin zur Syrah. Die Stärke des
Tejo liegt vor allem in der Bereitung fruchtiger und zugänglicher Rotweine, bei denen
Holz in vielen Fällen keine Rolle spielt. Wer
Struktur und Kraft sucht, wird dagegen bei
Erzeugern in der Gegend von Tomar fündig.
Das kontinentalere Klima und die Schieferböden erbringen komplexe Rotweineleganz
mit Tiefgang. Die Rebanlagen des Tejo verteilen sich auf drei Bereiche, mit Bodenstrukturen von kalkig-lehmig über sandig bis Schwemmland
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