Bericht 4

Erfahrungsbericht Wintersemester 2016/ 2017
Universidad Pontificia Comillas Madrid
Die Universität
Wie es auch in den vorherigen Erfahrungsberichten schon zu lesen ist, handelt es sich bei der Pontificia
Comillas um eine Privatuni.
Es gibt eine Art Klassensystem, d. h. die Spanier besuchen alle vom Beginn ihres Studiums an mit den
gleichen Kommilitonen die gleichen Kurse. Auch gibt es eine Art Klassensprecher, „delegado“, der als
Ansprechpartner für die Professoren fungiert, Kursausfälle an die Kommilitonen weiterleitet und
Zusammenfassungen aus vorherigen Kursen herumschickt. An ihn kann man sich auch als ErasmusStudent gut wenden. In meinen auf Spanisch gehaltenen Kursen habe ich die Erfahrung gemacht, dass
sich die Professoren nicht besonders um die Erasmus-Studenten kümmern. Meine Hausaufgaben
wurden bewertet wie die der Spanier und auch sonst habe ich keine Hilfestellungen erhalten.
Ich habe mich teilweise sehr überfordert gefühlt, da ich Kurse auf Spanisch wie Schadensersatzrecht
belegt habe und es schon erhebliche Unterschiede zum deutschen System gibt. Einsteigerkurse wie
„Einführung in das spanische Zivilrecht“ etc. wurden für Erasmus-Studenten schlicht nicht angeboten.
Die Bibliothek der Uni ist sehr schlecht ausgestattet und besitzt (zumindest in den Kursen, die ich belegt
hatte) wenig und dann um mehrere Jahre veraltete Literatur. Die Bücher zu kaufen, wäre teuer, da sie
ab 50 € aufwärts kosten.
Viele Professoren laden ihre Unterlagen jedoch auf einer wie StudIP angelegten Plattform hoch
(Moodle), sodass man teilweise mit diesen Unterlagen auskommt.
In den Kursen auf Spanisch ist es üblich, (benotete) Hausaufgaben abzugeben und Tests während des
Semesters zu schreiben. Ein (reines) „Partysemester“ ist an der Comillas also schwerlich möglich.
Es werden auch Kurse auf Englisch angeboten. Diese finden dann im Gegensatz zu den
spanischsprachigen Kursen am Nachmittag statt. Bei der Vergabe der Kursplätze werden jedoch
Studenten aus englischsprachigen Ländern bevorzugt, sodass ein Platz nicht sicher ist. Ich habe
ebenfalls einen Kurs auf Englisch besucht. In diesem Kurs wurden wir Erasmus-Studenten besser
betreut.
In dem insgesamt riesigen Kursangebot kommt es sehr oft zu zeitlichen Überschneidungen, sodass die
Auswahl letztendlich doch eher begrenzt ist.
Für Erasmus-Studenten werden nachmittags zweimal wöchentlich stattfindende Sprachkurse
angeboten. Diese kann ich nur empfehlen. Meine Lehrerin war sehr kompetent, konnte sehr gut
erklären und schaffte es, einige Themen verständlich zu machen, die mir vorher immer unklar
geblieben waren.
Das Klassensystem macht es auch schwer, mit den Spaniern richtig in Kontakt zu kommen. Sie sind
meist höflich, hilfsbereit, aber immer etwas kurz angebunden. Sie müssen unglaublich viele Kurse pro
Semester belegen und haben in der Klausurenphase im Dezember teilweise 8 bis 12 Prüfungen zu
schreiben.
Die Uni hat eine sehr kleine Sporthalle im Keller, die gegen recht hohe Gebühren genutzt werden kann.
Es ist ein kostenloses Probetraining möglich. Sonst gibt es Angebote im Mannschaftssport und
zahlreiche andere Aktivitäten wie Malen, Theater, Chor etc. In einer Cafeteria mit fairen Preisen kann
man gut frühstücken oder zu Mittag essen. Neben einem „menu del día“ für ca. 7 Euro (zwei kleinere
Hauptspeisen, ein Getränk und ein Nachtisch) gibt es auch zahlreiche Snacks wie belegte Brötchen ca.
2 Euro oder Fastfood wie Hamburger für ca. 5 Euro.
In der ersten Uniwoche gibt es einige Informationsveranstaltungen. Alles Wichtige über den Ablauf des
Erasmus-Semesters wird nochmal erklärt. Außerdem bekommt man die Uni gezeigt und kann an einer
Stadtführung durch Madrids Innenstadt teilnehmen. Die Uni ist bemüht, den Erasmus-Studenten bei
allen aufkommenden Problemen zu helfen. Es gibt jede Menge Flyer zu Unterbringungsmöglichkeiten
und Aktivitäten. Auch Sim-Karten wurden verteilt und Vertreter eines günstigen Mobilfunkanbieters
sind vor Ort.
Wegen allem Organisatorischen bezüglich des Erasmus-Aufenthalts wendet man sich an ein extra dafür
vorgesehenes Büro. Die Betreuung klappt sehr gut!
Madrid und Umgebung
Madrid ist eine sehr vielseitige Stadt, die für jeden Geschmack etwas bietet. Es lohnt sich auch, weniger
touristische Ecken und Museen zu besuchen.
Ganz anders als in Deutschland ist das spanische Nachtleben. Nachts sind die Leute bis ins hohe Alter
bis in die Morgenstunden auf den Straßen und ziehen von Bar zu Bar. Man trinkt ein Bier oder einen
Wein und isst Tapas und zieht dann weiter. Oftmals wird im Stehen gegessen und getrunken.
Für (ausländische) Studenten werden von drei Busunternehmen „Be Madrid“, „Citylife“ und
„Smartinsiders“ kostengünstig Wochenendausflüge nach ganz Spanien angeboten. Ich habe mit „Be
Madrid“ z. B. Tagesausflüge nach Ávila, Toledo, Segovia, Salamanca und Cuenca unternommen. Auch
nach Sevilla bin ich mit „Be Madrid“ gefahren. Das war allerdings eine sehr lange Busfahrt (je 6,5
Stunden hin und zurück), sodass vor Ort trotz einer Übernachtung nur wenig Zeit blieb. Der Vorteil
dieser organisierten Fahrten ist, dass man sich um nichts weiter kümmern muss, der Nachteil, dass
man sich an die geplanten Gruppenaktivitäten halten muss und seine Zeit nicht ganz so frei einteilen
kann.
Auch Wanderausflüge in die Berge nahe Madrids kann ich nur empfehlen.
Mit der Metrokarte gelangt man ebenfalls in einige umliegende Städte. Diese kostet für Studenten
lediglich 20 € im Monat und gilt für alle Zonen. Am besten man lässt sich einen Termin in einem „Oficina
Gestión Tarjeta Transporte Público“ an einer der größeren Metrostationen geben und füllt die
erforderlichen Formulare direkt vor Ort aus (zum Beispiel an der Puerta del Sol). Dann kann man die
Karte direkt mitnehmen.
Es besteht außerdem die Möglichkeit, mit dem Zug oder Auto in umliegende Städte zu gelangen. Damit
habe ich jedoch keine Erfahrungen gemacht.
Wohnungssuche
Ich habe mein Zimmer schon von Deutschland aus gesucht. Damit kann man natürlich Glück oder Pech
haben.
Fakt ist, dass zentrumsnahe Zimmer unglaublich teuer sind und oft sehr klein, ohne Fenster und mit
geteiltem Bad. Trotzdem würde ich die Suche nach einer Wohnung im Zentrum empfehlen. Ich habe
außerhalb gewohnt und hatte jeden Tag lange Fahrtzeiten mit der Metro.
Sonstiges
Ich kann nur dazu raten, eine Zusatzkrankenversicherung für das Ausland abzuschießen. Mit der
europäischen Versichertenkarte (die in der deutschen bereits erhalten ist) wird man zwar von den
öffentlichen Ärzten behandelt, es gibt aber in Spanien viele private Fachärzte. Ein Besuch dort wird
dann teuer.
Macht euch ebenfalls bewusst, warum ihr das Erasmus-Semester machen wollt. Ich rate davon ab, es
nur zu machen, damit man ein Auslandssemester im Lebenslauf vorweisen kann oder weil man als Kind
schon immer ins Ausland wollte. Ein Auslandssemester erfordert viel Kraft. Mich in einer fremden
Stadt, in einem Land mit einer anderen Kultur und Sprache, in einer neuen Uni einzugewöhnen, fiel
mir persönlich nicht leicht. Das ist natürlich auch immer eine Typfrage.
Sprachlich habe ich mich nicht in dem Umfang verbessert, den ich mir gewünscht hätte, obwohl ich
alle bis auf einen Kurs an der Uni auf Spanisch hatte und zusätzlich einen Sprachkurs besucht habe.
Allerdings hatte ich vorher schon Level B2, da nimmt man kleinere Verbesserungen nicht mehr so
intensiv wahr.