Nachtzug nach Lissabon

Nachtzug nach Lissabon
Portugiesische Impressionen
Das Programm trägt den Titel des gleichnamigen Romans
von Paul Mercier, da der Ablauf dem eines Tages in dieser
alten Stadt entspricht, der zu Beginn mit „Nachtgedanken“
beginnt. Aus dieser nächtlichen Rückbesinnung entstehen
die vielen historischen und geistig kulturellen Ebenen, die
die heutige Stadt uns offenbart, entlang denen wir unseren
Gang durch die unvergleichliche „Schöne“ antreten.
Jedes Viertel, durch das wir gelangen, hat dabei seine eigenes
topografisches, architektonisches und historisches Gepräge, das
auch durch die subjektive Perspektive berühmter Vertreter der
portugiesischen Literatur atmosphärisch eingefangen wird.
Texte von Fernando Pessoa, Cesario Verde und Luis de Camoes,
ausländische Autoren wie Antonio Tabucchi oder Alfred Döblin,
die sich bewundernd der Stadt verschrieben haben, führen tief
hinein dieses „sentimento ocidental“ am westlichen Ende Europas.
Die Textauszüge aus dem Roman Merciers, der ebenfalls eine
Art intensiver Rückbesinnung gepaart mit vielfältigen philosophischen Reflexionen zur portugiesischen Mentalität darstellt,
korrespondieren mit den Sichtweisen der anderen Autoren.
Da Lissabon der älteste und ausgeprägeste ethnische Schmelztiegel auf dem europäischen Kontinent ist, mit starken Einflüssen aus Brasilien und den ehemaligen afrikanischen Kolonien,
spiegelt der musikalische Teil des Programms diese Vielfalt
entsprechend wider. Ausgehend vom klassischen Fado einer
Amália Rodrigues und portugiesischer Folklore, finden sich
brasilianische Choros, Danzons, Adaptionen der einst sehr
populären Gruppe „Madredeus“, der Fado novo Marizas und
Eigenkompositionen, die der Atmosphäre der Stadt nachspüren.
Mein herzlicher Dank gilt meinen Mitmusikern Thomas Humm
(Klavier), Florian Werther (Kontrabass) und Axel Pape (Schlagzeug),
die bei der musikalischen Verwirklichung unseres bereits fünften
Städteprogramms kompositorisch und musikalisch inspirierend
mitwirken, Alexander Gelhausen mit seinen exzellenten gesanglichen und sprecherischen Fähigkeiten, mit denen er die Texte belebt
und Dominik Prager für die kreative Bearbeitung und Installation
meines Bild- und Filmmaterials.
Axel Grote
Nachtzug nach Lissabon
1. Paul Mercier, Nachtzug nach Lissabon
Comboio da noite (A.Grote)
2. Antonio Tabucchi, Lissabonner Requiem
Notturno (A.Grote)
3. Cesário Verde, Un sentimento dum ocidental
Meu Fado Meu (Mariza)
4. Luis de Camoes, Lusiaden (aus dem 1. und 4. Gesang)
O que me disse a saudade
(D. Camarinha)
Praca do Comercio
5. Werner Herzog, Martinho da Arcada
Fernando Pessoa, Portugals Meer
Comencar de Novo (I.Lins)
6. Paul Mercier, Profundezas incertas
drum-solo (A.Pape)
Baixa
7. Rossio und Café Nicola
Choro do Flauta (Th.Humm)
8. Alfred Döblin, Moderner Großbetrieb
zur Erzeugung von Lärm (aus: Schicksalsreise)
Chorinho (Th. Humm)
Bairro Alto
9. José Cardoso Pires, Nelkenrevolution
Paul Mercier, Ehrfurcht und Abscheu vor Gottes Wort
Choral (Th. Humm)
-PauseLargo do Carmo
10. Hans Magnus Enzensberger, Leben nach dem 25. April
11. Johann Jakob Moritz, Das Erdbeben von Lissabon
Chiado
12. Fernando Pessoa, Autopsicografia
Mouraria
13. Casa do Alentejo
Danzón for my father
(O.Hernández)
Alfama (Madredeus)
Bass-Solo (F.Werther)
Apanheit-te cavaquinho (E.Nazareth)
14. Eléctrico
drums & bass (F.Werther, A.Pape)
15. Camilla Watson, Tribute
Flor de Lis (Djavan)
Alfama
16. Alfama
Alfama (Amália Rodrigues)
Fernando Pessoa, Portugals Meer
Oh salziges Meer, wieviel deines Salzes
formte die Tränen Portugals.
Als wir dich durchkreuzten, wieviele Mütter weinten,
wieviele Söhne und Töchter beteten vergebens.
Wieviele Bräute blieben allein zurück
damit du, o Meer solltest unser sein.
Ob sich das alles lohnte ? – hoch war der Preis,
ja, wert war es im Anblick einer großen Seele.
Wer es wagte, weiter als Kap Bajador zu segeln,
musste Leiden und Schmerzen vertreiben.
Alle Gefahren und Schicksalstiefen gab Gott dem Meere,
doch der Himmel spiegelt diese so schön und klar.