„Mein Wunsch wäre, viel mehr in Netzwerken zusammenzuarbeiten“ Experten plädieren beim 20. Klinikvertretertreffen und 12. TRT-Treffen der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. (DTL) für eine interdisziplinäre Versorgung (Wuppertal, 21.02.2017) In diesem Jahr lud die Deutsche Tinnitus-Liga e. V. (DTL) bereits zum 20. Mal Fachleute aus Tinnitus-Kliniken und ambulanten Tinnitus-Zentren, HNO-Ärzte, Psychotherapeuten sowie Hörgeräteakustiker ein. Am Samstag, den 18. Februar 2017 kamen rund 50 Experten aus ganz Deutschland in die HabichtswaldKlinik in Kassel-Bad Wilhelmshöhe, um sich über Behandlungsmöglichkeiten bei Tinnitus und weiteren Hörbeeinträchtigungen auszutauschen. In der Podiumsdiskussion plädierten die Fachleute für eine gute Vernetzung aller an der Versorgung der Betroffenen beteiligten Akteure. Zum Auftakt hieß die Verwaltungsleiterin der Habichtswald-Klinik Tanja Löwenstein die Teilnehmer herzlich willkommen. DTL-Präsident Volker Albert bedankte sich in seiner Begrüßungsrede bei der Habichtswald-Klinik dafür, „dass wir schon seit 20 Jahren hier so herzlich aufgenommen werden“. DTL-Vizepräsident Prof. Dr. Dr. Gerhard Goebel informierte anschließend über die Ergebnisse aus einer Fragebogenaktion an die Kliniken. Bemerkenswert sei hier der steigende Anteil der Hörgeräteträger in den Kliniken, von 42,59 Prozent in 2015 auf 57,41 Prozent in 2016. Um Hörgeräte ging es auch im Vortrag von Dr. Lars Haab, Universität des Saarlandes, zum Thema „Tinnitus-Filter in Hörgeräten: Studienergebnisse“. In der Studie wurden handelsübliche, digitale Hörgeräte mit sogenannten Kerbfiltern ausgestattet, die die TinnitusFrequenz herausfiltern. Es stellte sich heraus, dass bei Patienten mit kerbgefilterten Hörgeräten die Aufmerksamkeit auf das Ohrgeräusch nicht mehr so hoch war wie zu Beginn der Therapie. Über „Neues und Altes bei Morbus Menière“, einer Drehschwindelerkrankung, sprach Dr. Helmut Schaaf, Leitender Oberarzt der Tinnitus-Klinik Dr. Hesse in Bad Arolsen. Dr. Schaaf berichtete über eine neue Studie, die zu dem Ergebnis kommt, dass sich die intratympanale Gabe von Kortison, also die direkte Gabe durch das Trommelfell ins Mittelohr, als genauso wirksam bei der Schwindelreduktion erweist wie das bei Morbus Menière etablierte Medikament Gentamycin. In der gleichermaßen spannenden wie fruchtbaren Podiumsdiskussion tauschten sich die Teilnehmer darüber aus, wie die Zusammenarbeit der an der Tinnitus-Behandlung beteiligten Akteure – HNO-Arzt, Kliniken und Hörgeräteakustiker – zum Wohle der Betroffenen optimiert werden kann. Dr. Volker Kratzsch von der HELIOS Klinik Am Stiftsberg in Bad Grönenbach sagte, es gebe „keine Verbesserung ohne Veränderung“. In seiner Klinik werde der Patient daher aufgefordert, sich nach der Reha „selbst ein Rezept zu schreiben“, um die eigene Entscheidung des Patienten für die Veränderung der Lebensumstände zu stärken. Dr. Helmut Schaaf zufolge müssten viele Patienten gar nicht in die Klinik, wenn sie zuvor besser über die Tinnitus-Symptomatik aufgeklärt würden und ihnen so die Angst genommen würde. Dr. Bernadette Talartschik kennt als niedergelassene HNO-Ärztin und Leiterin des HNO- Bereichs der Schön Klinik Bad Arolsen beide Seiten. Ihr zufolge klagten viele Patienten darüber, dass HNO-Ärzte den Betroffenen mit Aussagen wie „Sie sind austherapiert“ den Boden unter den Füßen wegzögen. Hier sei es wichtig, andere Worte zu finden. Prof. Dr. Dr. Gerhard Goebel bat HNO-Ärzte und Kliniken darum, den Betroffenen konkrete Hinweise mit Kontaktdaten auf DTL-Selbsthilfegruppen in der Nähe ihres Wohnortes zu geben. Die Hörgeräteakustiker-Meisterin Gabriele Gromke aus Leipzig berichtete, dass es zum Thema Tinnitus schon sehr viele Weiterbildungsmöglichkeiten der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker gebe. „Mein Wunsch wäre, viel mehr in Netzwerken zusammenzuarbeiten“, so Gromke. Dipl.-Ing. Siegrid Meier, Dozentin an der Akademie für Hörakustik in Lübeck, betonte, dass es wichtig sei, dass der Patient von HNO-Arzt, Klinik und Hörakustiker die gleichen Informationen bekomme. In diesem Sinne plädierte sie für gemeinsame Fortbildungen. Am Nachmittag standen drei Workshops zur Auswahl. Um die Frage „Wie motiviere ich als Arzt oder Hörgeräteakustiker Betroffene zur Therapie mit Hörgerät und Tinnitus-Instrument und wie optimiere ich die Zusammenarbeit zwischen Klinik und regionalem Hörgeräteakustiker?“ ging es in dem Workshop von Gabriele Gromke und Dipl.-Ing. Siegrid Meier. DTL-Präsident Volker Albert sprach in seinem Workshop sehr einfühlsam über die Sicht des Betroffenen, über seine Emotionen und Bedürfnisse. „Welche Ansprüche haben Betroffene an ihre Behandlung und eine mögliche Hörgeräte-Versorgung und wie können diese in den Behandlungsablauf integriert werden?“ lautete sein Thema. Den Workshop „Therapie-Dschungel bei Tinnitus: Was ist sinnvoll für wen und wann?“ hielt Prof. Goebel. Bildunterschriften: Fachleute aus ganz Deutschland kamen in die Habichtswald-Klinik in Kassel-Bad Wilhelmshöhe, um sich über Behandlungsmöglichkeiten bei Tinnitus, Morbus Menière und weiteren Hörbeeinträchtigungen auszutauschen. Foto: Sabine Wagner. Die Experten plädierten in der Podiumsdiskussion für eine gute Vernetzung aller an der Versorgung der Betroffenen beteiligten Akteure (v. l. n. r.): Dr. Helmut Schaaf, Dr. Volker Kratzsch, Dipl.-Ing. Siegrid Meier, Prof. Dr. Dr. Gerhard Goebel, Gabriele Gromke und Dr. Bernadette Talartschik. Foto: Sabine Wagner. Über die Deutsche Tinnitus-Liga e. V. (DTL) Die Deutsche Tinnitus-Liga e. V. (DTL) vertritt als gemeinnützige Selbsthilfeorganisation die Interessen der Patienten mit Tinnitus, Hörsturz, Hyperakusis und Morbus Menière sowie ihrer Angehörigen. Rund 12.000 Mitglieder machen die DTL zum größten TinnitusZusammenschluss in Europa und zum anerkannten Partner des Gesundheitswesens in Deutschland. Über 800 Fachleute gehören der DTL als Partner und fördernde Mitglieder an, darunter renommierte Wissenschaftler, HNO-Ärzte, Ärzte weiterer Disziplinen, Hörgeräteakustiker, Psychologen und Therapeuten. Außerdem werden rund 90 Selbsthilfegruppen in Deutschland durch die DTL betreut. Gegründet wurde die Deutsche Tinnitus-Liga e. V. 1986 in Wuppertal. Weitere Infos: www.tinnitus-liga.de Kontakt: Deutsche Tinnitus-Liga e. V. (DTL) · Sabine Wagner Am Lohsiepen 18 · 42369 Wuppertal · Tel.: 0202 24652-24 · Fax: 0202 24652-20 E-Mail: [email protected]
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