Hochkomplexe Schadenlage endet in Vergleich der Parteien

INGservice, Nr. 1/2017
Mediation als Lösung
www.hdi.de/ingservice
Hochkomplexe Schadenlage endet in
Vergleich der Parteien
Ein aktueller Schadenfall der HDI Versicherung befasst sich
mit der Planung von Anlagen, mit denen Feststoffe aus
Emulsionen abgesondert werden können. Die Darstellung
dieses Schadenfalles soll dazu dienen, einen Lösungsweg
abseits der üblichen gerichtlichen Prozesse zu illustrieren. Einen Lösungsweg, der allen Beteiligten langwierige Gerichtsverhandlungen und ein Urteil erspart hat, das mit hoher
Wahrscheinlichkeit der Sache nur unvollständig gerecht geworden wäre.
Der Schadenfall selbst kann hier nur stark vereinfacht dargestellt werden. Eine detaillierte Darstellung würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Grundsätzlich ging es in dem
Fall darum, dass eine Anlage zur Feststoffabsonderung neu
errichtet werden sollte. Mit der Planung der Anlage beauftragte der Betreiber ein Ingenieurbüro. Technisch sollte die
Anlage an bereits bestehende angelehnt werden, trotzdem
aber einige Neuerungen aufweisen. Zum Beispiel sollte sie
unter anderem spezielle Standards zur Verarbeitung pharmazeutischer Wirkstoffe erfüllen.
Unklarer Auftrag und technische Probleme
Bereits während der Planung war jedoch unklar, ob das Planungsbüro als Gesamtplaner für die Anlage fungierte und
sich hieraus bestimmte Pflichten ergaben. Ein entsprechendes Angebot des Planungsbüros lag zwar vor, dies wurde
aber durch den Anlagenbetreiber nicht unterzeichnet. „De
facto nahm das Planungsbüro jedoch umfangreiche Aufgaben wahr, die in der Regel durch einen Gesamtplaner durchgeführt werden“, erklärt Florian Blohut, Leiter Planungshaftpflicht Schaden der HDI Versicherung. Unter anderem beauftragte das Büro einen weiteren Planer im Unterauftrag.
Der Betreiber der Anlage wiederum vergab Aufträge an verschiedene weitere Firmen, die neben der Bauausführung ih
rerseits wieder Teilplanungen und Detailplanungen übernahmen.
Bei der neu errichteten Anlage traten dann von Anfang an
Probleme auf. Zu einer formalen Abnahme der Neubauten
ist es daher nie gekommen. Unter anderem wurden die
pharmaspezifischen Auflagen nicht erfüllt und ein Filtersystem arbeitete nicht zufriedenstellend. Bei einem Probebetrieb kam es dann zu einer heftigen Explosion, bei der die
neu errichtete Anlage zum größten Teil zerstört wurde. Die
anschließende Suche nach der Ursache für die Explosion gestaltete sich extrem schwierig. Denn aufgrund der hohen
Komplexität des Prozesses, der Vielzahl an Neuerungen und
Problemen bei der Inbetriebnahme war davon auszugehen,
dass die Explosion nicht auf einen einzigen Umstand zurückzuführen war, sondern auf eine Verkettung mehrerer Ursachen.
Der Rechtsweg wird eingeschlagen
Jetzt begannen die Auseinandersetzungen der beteiligten
Parteien um Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten bei
Planung und Errichtung der Anlage. Unter anderem ging es
dabei um Punkte wie die Verantwortung für die eigenständige Entwicklung der Filteranlage, an welcher Stelle des Prozesses Proben entnommen wurden, welche Art Rührwerke
auf wessen Initiative verbaut wurde sowie eine Vielzahl weiterer angeblicher Fehler bei Planung und Errichtung. Außerdem war die Höhe der Schadensumme strittig. Als Folge verklagten die beteiligten Parteien sich gegenseitig.
Die HDI Versicherung, Berufshaftpflichtversicherer des Planungsbüros, sah bei diesem Vorgehen die realistische Gefahr, dass man sich in jahrelangen kostspieligen Gerichtsverfahren gegenüberstehen würde. „Wir gingen außerdem davon aus, dass die Schuldfrage aufgrund der komplexen und
ineinandergreifenden Vorgänge, die letztendlich zu dem
Schaden führten, wenn überhaupt, dann nur mit sehr hohem Aufwand gänzlich geklärt werden könnte“, ergänzt
HDI Abteilungsleiter Blohut.
Von Beginn an arbeitete man bei dem Versicherer daher auf
einen Vergleich hin, der den Interessen aller beteiligten Parteien gerecht werden könnte.
Mediation bringt die Beteiligten an
einen Tisch
Bei der Suche nach einer Lösung kam unter anderem die
Methode der Mediation zum Einsatz. Hierunter versteht man
ein strukturiertes, freiwilliges Verfahren zur konstruktiven
Beilegung eines Konflikts. Unabhängige Dritte begleiten dabei die Konfliktparteien in ihrem Lösungsprozess. Die Parteien versuchen, zu einer gemeinsamen Lösung zu gelangen,
die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Im hier
dargestellten Schadenfall übernahm einer der an den verschiedenen Gerichtsverfahren beteiligten Richter die Rolle
des unabhängigen Mediators.
Im Bereich Schaden der HDI Versicherung hat bereits eine
Reihe von Führungskräften ebenfalls die Ausbildung zum
Mediator absolviert und vertritt die Interessen des Versicherers. Auch wenn die HDI Mitarbeiter in einem solchen Fall
nicht unparteiisch sind, hat sich die Methode dennoch bewährt. Denn die Kenntnisse der Grundlagen einer Mediation
können helfen, in einem Konflikt auch die Interessen der anderen Seite zu erkennen und auf diese qualifiziert einzugehen.
Mit der Ausbildung der Mediatoren hat der Versicherer bereits vor einiger Zeit auf vermehrte Anfragen von Kunden reagiert, die sich dafür interessierten, ob er bei Streitigkeiten
zwischen Versicherungsnehmern und Anspruchstellern auch
die Möglichkeiten außergerichtlicher Lösungswege wahrnehme. Zu diesen gehören zum Beispiel Schlichtungs- und
Schiedsverfahren und eben auch das Verfahren der Mediation. HDI nutzt seitdem verschiedene Elemente der Mediation
als Verfahren zur Konfliktbeilegung.
Schlichtung und Vergleich
Ein wichtiges Element der Mediation ist unter anderem der
Perspektivenwechsel. So hilft es häufig bereits, den Parteien
aufzuzeigen, dass ein Konflikt an sich nicht negativ ist und
viel erreicht werden kann, indem der Blick auf die andere
Seite geschärft und die Interessen des jeweils anderen geprüft werden. Auch Emotionen spielen bei Schadenfällen
häufig eine zentrale Rolle. „Es gibt Schadenfälle, bei denen
die gestörte Beziehung unter den Beteiligten eine Lösung
fast unmöglich macht. Und gerade bei emotional aufgeladenen Konflikten kann die Mediation sehr hilfreich sein und
Lösungswege aufzeigen“, berichtet Florian Blohut.
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Auch bei dem hier betrachteten Schadenfall war dies der
Fall. Nachdem es gelungen war, die Beteiligten wieder an einen Tisch zu bringen, konnte eine sachgerechte Lösung gefunden werden. Ein sonst mit Sicherheit jahrelang andauernder und für alle Seiten sehr kostenintensiver Rechtsstreit
konnte so innerhalb kurzer Zeit beigelegt werden.
Letztlich wurden die Rechtsstreite in dem oben geschilderten Schadenfall in dem Mediationsverfahren am zuständigen
Landgericht durch Vergleich beendet. Dieser sah eine den
jeweiligen Verursachungsanteilen entsprechende Verteilung
des Schadens auf die Beteiligten vor. Die HDI Versicherung
übernahm den Anteil ihres Kunden.