Boden und Befahrung im Wald - Landwirtschaftskammer Schleswig

Wald & Jagd 55
■ BAUERNBLATT | 18. Februar 2017
ten Laubbäumen. Dies trat auf insgesamt etwa 500 ha im Privatwald
Schleswig-Holsteins auf, nachdem
es zu einer ungewöhnlich starken
Nassschneelage gekommen war.
Seminar zu Wildschäden
Ein ständig vorhandenes Problem
für die Waldbesitzer in SchleswigHolstein sind fast überall Schäden
durch hohe Bestände wiederkäuenden Schalenwildes. Verbiss- und
Schälschäden sind allgegenwärtig
und werden häufig, bedingt durch
die kleinflächige Waldstruktur, als
„unvermeidbar“ hingenommen.
Wegen der besonderen Häufigkeit
dieser Schäden widmet sich ein Seminarangebot der Forstabteilung
an der Lehranstalt für Forstwirtschaft in Bad Segeberg am 28. Februar diesem Thema. Dabei geht es
um Wildschäden im Wald, ihre Vermeidung und Konsequenzen, besonders aber auch um die Aufnah-
me und Bewertung dieser Schäden.
Hierfür wurden jüngst auf Bundes­
ebene einvernehmliche Grundsätze des Waldbesitzes auf der einen
und der Jägerschaft auf der anderen Seite beschlossen. Diese Möglichkeit einer gütlichen Einigung
soll intensiv dargestellt werden.
Pflanzenschutz im Wald
Außerdem sind an der Lehranstalt für Forstwirtschaft zwei
weitere Informationsangebote
geplant, um es Waldbesitzern,
Forstbediensteten und anderen
Interessierten zu erleichtern, die
Waldschutzsituation im Auge zu
behalten und frühzeitig richtig
zu reagieren. Zum einen werden
am 23. und 24. März insgesamt
drei halbtägige Auffrischungen
der Pflanzenschutz-Sachkunde
mit dem Schwerpunkt „Forstwirtschaft“ in Bad Segeberg angeboten. Das Pflanzenschutzrecht for-
dert die Teilnahme an solchen
Auffrischungen spätestens alle
drei Jahre, um eine vorhandene
eigene Sachkunde aufrechtzuerhalten.
zu finden. Dieses steht zum Herunterladen auf der Seite der Landwirtschaftskammer zur Verfügung
(www.lksh.de/Forst/Lehransalt für
Forstwirtschaft/weitere Angebote der LAF), wo auch eine direkte
Waldschutz-Meldeportal Anmeldung zu den Veranstaltungen möglich ist. In Bad Segeberg
Zum anderen ist am 5. April eine können sich Interessierte unter Tel.:
Gemeinschaftsveranstaltung mit 0 45 51-95 98 24 erkundigen und
der Nordwestdeutschen Forst­ auch anmelden.
lichen Versuchsanstalt zum Thema
„Waldschutz – Aktuelles, Arbeit
mit dem Waldschutz-MeldeporOft kommen Schadereignisse
tal“ vorgesehen. Neben aktuellen
im Wald überraschend genug.
Entwicklungen im Bereich der VorDann kann es hilfreich sein,
beugung, Prognose und Gegensich auch in ruhigen Jahren
maßnahmen typischer forstlicher
bereits mit möglichen WaldSchaderreger soll das Waldschutzschäden beschäftigt zu haben.
meldeportal als Monitoringinstrument noch einmal vorgestellt und
seine sehr einfache Anwendung
geübt werden. Weitere InformatiDr. Borris Welcker
onen zu den Veranstaltungen sind
Landwirtschaftskammer
im Internet im Jahresprogramm
Tel.: 0 45 51-95 98 21
der Lehranstalt für Forstwirtschaft
[email protected]
FAZIT
Lehranstalt für Forstwirtschaft aktuell
Boden und Befahrung im Wald
Bodenschäden sind nicht nur in der
Landwirtschaft ein wichtiges Thema, sondern spielen auch bei der
Bewirtschaftung des Waldes eine
zunehmende Rolle. Neben der Suche nach technischen Lösungen
sind vielen Beteiligten die bodenmechanischen Grundlagen in diesem Bereich nicht bewusst.
Böden und insbesondere Waldböden als bisher nur wenig gestörte Standorte gelten in Deutschland als erhaltenswertes Kulturgut (Ebel, 2006). Die Bevölkerung
ist zudem zunehmend sensibilisiert für die Waldbewirtschaftung,
und das nicht nur bei der Bewirtschaftung stadtnaher Wälder, sondern auch im ländlichen Bereich.
Neben dem heute nur noch selten
und dann auf kleineren Flächen betriebenen Kahlschlag sind Veränderungen („Schäden“) des Bodens in
Form von Fahrspuren ein für jeden
Waldbesucher sichtbares Ergebnis der Waldbewirtschaftung. Das
geht dann schnell mit dem Reflex
einher, dass früher doch alles besser war und heute die großen und
Ein moderner Harvester bei der E
­ rnte
und Holzaufarbeitung im winterlichen Wald
vor allem schweren Maschinen den
Wald zerstören.
Ähnlich, wenn auch im Vergleich
zur Landwirtschaft etwas verzögert, werden heute zahlreiche Arbeiten im Wald mit maschineller
Unterstützung erledigt. Das beginnt bei der Motorsäge und endet bei Vollerntemaschinen, soge-
nannten Harvestern, die Bäume
fällen, entasten und dann in verwertbare Holzsortimente einteilen. Sowohl bei der (motor-)manuellen Holzernte als auch beim
Harvestereinsatz erfolgt die Bringung des Holzes aus dem Wald
heute nur noch in seltenen Fällen durch Rückepferde. Letztere
sind seit vielen Jahrzehnten durch
den Maschineneinsatz verdrängt.
Der Einsatz von Großtechnik geht
dabei nicht nur mit einem deutlichen Anstieg der Leistungsfähigkeit einher, sondern dieser Maschineneinsatz ist auch ein wichtiger
Baustein der Arbeitssicherheit im
Walde, denn Waldarbeit war und
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Die Reifen schaffen mit ihrem Profil
„Startblöcke“, die bei höherem Zug­
kraftbedarf abgeschert werden.
Fotos (2): Dr. Jörg Hittenbeck
Druckverteilung in einer Feinsandschicht 20 cm unter einem F­ orstreifen
(600/55 – 26,5) bei 3 bar (li.) und 1 bar (r.) Reifeninnendruck ­sowie einer
Radlast von jeweils 30 kN (3 t)
Foto: Abteilung Arbeitswissenschaft und Verfahrenstechnologie, Göttingen
ist immer noch eine sehr gefährliche Tätigkeit.
Hat man einmal akzeptiert, dass
die Bewirtschaftung des Waldes
einen Maschineneinsatz bedingt,
stellt sich die Frage, welche Ursachen verantwortlich für die heute
vielfach diskutierten Bodenschäden sind. Auch hier wird schnell
wieder das reine Gewicht der Maschinen als Schadursache ausgemacht. Das greift jedoch deutlich
zu kurz. So lässt sich die schädigende Wirkung einer Befahrung auf
zwei Hauptvorgänge verteilen.
Das ist zum einen das Zusammendrücken des Bodens durch den Bodendruck der Maschinen und zum
anderen die oft vernachlässigte
Scherbelastung des Bodens. Während Bodendruck als Resultat von
Gewicht (Auflast) und Aufstandsfläche jedem geläufig ist, lässt
sich die Scherbelastung weit weniger einfach beschreiben. Es handelt sich dabei um die Belastung
des Bodens durch die Abstützung
der Zugkräfte entgegen der Fahrtrichtung. Um sich und Lasten auf
dem Untergrund zu bewegen, bilden die Profile der Reifen (selten
Raupen) im Oberboden „Startblöcke“ und stützen dort die erforderlichen Kräfte zum Vorwärtsschieben der Maschine ab. Genügt die Stabilität des Bodens
hier nicht, werden die obersten
Bodenschichten abgeschert und
liegen ohne Verbindung zum Untergrund auf.
Die Druckbelastung des Bodens
wird durch eine Vielzahl tech-
nischer Faktoren bestimmt. Untersuchungen der Abteilung Arbeitswissenschaften und Verfahrenstechnologie der Georg-August-Universität Göttingen haben
sich beispielsweise sehr intensiv
mit der Verteilung des Drucks unter Forstmaschinen beschäftigt.
Dabei zeigt sich, dass der Druck
maßgeblich durch die Faktoren
Auflast, Reifeninnendruck, Reifenbreite und Raddurchmesser bestimmt wird. Angesichts typischer,
anscheinend bewährter Maschinengrößen und damit auch Maschinengewichte bleiben mit den
Reifendimensionen und dem Innendruck noch technische Optionen, um auf die Druckverteilung
Einfluss zu nehmen. Das oben stehende Foto zeigt exemplarisch die
Auswirkungen eines reduzierten
Reifeninnendrucks für einen typischen Forstreifen mit 600 mm Reifenbreite. Die deutlich vergrößerte Kontaktfläche geht technisch jedoch mit einem ebenfalls vergrößerten Risiko für Reifenschäden
einher.
Die Scherbelastung des Bodens
dagegen variiert sehr stark mit den
Einsatzbedingungen. Unter Flachlandvoraussetzungen ist bei Maschinen, die lediglich tragen, aber
nicht ziehen müssen, die Scherbelastung des Bodens eher gering.
Wird jedoch mehr Traktion benötigt, um entweder Steigungen zu
überwinden oder aber um Lasten
ziehend zu transportieren, steigt
Seilschlepper bei der Langholz­
rückung Foto: Werkbild HSM
die Krafteinwirkung auf den Boden stark an und kann dessen Stabilität schnell überfordern. Dies
betrifft den Seilschleppereinsatz
deutlich stärker als die tragende
Bringung des Holzes mit dem Forwarder. Für den Boden kann daher
die Belastung durch den vermeintlich leichteren Seilschlepper deutlich über der Beanspruchung durch
einen beladen eventuell doppelt so
schweren Forwarder sein.
Bei den heutigen Arbeitsverfahren im Wald wird versucht, den
beschriebenen Schadursachen für
den Boden sowohl mit verschiedenen technischen als auch organisatorischen Mitteln zu begegnen. Technische Lösungen zielen
häufig darauf ab, die Kontaktfläche mit dem Boden zu vergrößern, um so gleichzeitig den Bodendruck zu verringern und die
punktuelle Scherbelastung des
Bodens zu minimieren. Organisatorisch wäre eine zeitliche Verschiebung der Holzernte auf Zeiträume mit günstigen (trockenen)
Bodenbedingungen wünschenswert. Der ganzjährige Holzbedarf
seitens der verarbeitenden Industrie, Bewirtschaftungseinschränkung im Sommer durch die Zertifizierung sowie das Fehlen von
länger andauernde Frostperioden
im Winter engen den Spielraum jedoch stark ein.
TERMIN
Die Landwirtschaftskammer
Schleswig-Holstein bietet am
30. März an der Lehranstalt
für Forstwirtschaft das Seminar „Boden und Befahrung
– Vorstellungen und Realitäten“ zu diesem Konfliktfeld
der Waldbewirtschaftung und
den Möglichkeiten des Bodenschutzes bei der Holzernte an.
Neben dem Blick auf die Bodenschadfaktoren und die resultierenden Auswirkungen
auf den Untergrund berichten
Wissenschaftler und Praktiker
von ihren Erfahrungen mit
verschiedenen Bogiebändern
sowie innovativen Maschinenkonzepten. Interessierte können sich unter Tel.: 0 45 5195 98 24 oder im Internet
unter www.lksh.de/forst/lehr​
anstalt-fuer-forstwirtschaft/
informieren und anmelden.
Dr. Jörg Hittenbeck
Landwirtschaftskammer
Tel.: 0 45 51-95 98 23
[email protected]