3. Lebenswoche 6. Lebenswoche Nackt-hafer Buch

Bio-Schweine ausreichend mit Eiweiß versorgen
Dr. Friedhelm Deerberg, Fachberatung ökolog. Landbau
Einleitung
Die Nachfrage nach Schweinefleisch aus ökologischer Erzeugung befindet sich aktuell in einem Aufwärtstrend und mit Ablauf des Jahres 2017 könnte der Einsatz konventioneller Eiweißfuttermittel in der
Bio-Schweinhaltung sein endgültiges Ende finden. Aktuell steht der Ökolandbau vor der Herausforderung, dass der Tierhaltungssektor deutlich schneller gewachsen ist als der Pflanzenbau, was mit einem großen Importbedarf an ökologischen Futtermitteln einhergeht. Der einzelne Betrieb steht vor der
Herausforderung mit seinen Standortbedingungen vor Ort, die pflanzenbaulich optimale Fruchtfolge
für die optimale betriebseigene Futterlieferung zu gestalten.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Fütterung von Schweinen, vor allem in der Ferkelaufzucht, hohe
Ansprüche an die Nährstoffversorgung stellt. Neben vergleichsweise hohen Eiweißgehalten kommt es
auch sehr auf die Zusammensetzung des Proteins an, damit die Tiere gemäß alters- und leistungsbedingtem Bedarf, mit den essentiellen Aminosäuren versorgt werden. Der Anbau von Körnerleguminosen war in den vergangenen Jahren im Ökolandbau aufgrund erheblichen Ertrags- und Qualitätsschwankungen rückläufig. Im Rahmen der bundesweiten Eiweißinitiative laufen vielfältige Bestrebungen, den Anbau von Leguminosen im Inland zu unterstützen und weiter auszubauen.
Komponenten
Basis für die Nährstoffversorgung mit betriebseigenen Futtermitteln sind i.d.R. die Komponenten aus
dem Getreide - und Leguminosenanbau und die Presskuchen aus dem Ölpflanzenanbau. Aufgrund
des deutlich geringeren Rohproteingehaltes und der Eiweißzusammensetzung sind die Getreidearten
vordergründig als Energielieferanten einzustufen. Aufgrund neuerer Untersuchungen ist jedoch festzuhalten, dass es durchaus sinnvoll ist, bestimmte Getreidearten aufgrund ihrer Proteinqualität und
dessen Verdaulichkeit in bestimmten Lebensabschnitten gezielt einzusetzen (s. Tab.1)
Tab. 1: Verdaulichkeitswerte (%) für Rohprotein und ausgewählte Aminosäuren in der 3. und 6. Lebenswoche von Masthühnern (Quelle: Grashorn 2014; BÖLN- Projekt 2811OE070 )
3. Lebenswoche
Rohprotein
Methionin
Lysin
Threonin
Tryptophan
Arginin
6. Lebenswoche
Nackt-hafer
Buch-weizen
Dinkel
Sommer-gerste Dinkel
Tritikale
75,6
91,2
72,3
83,7
91,7
88,6
68,1
84,8
78,1
68,2
71,1
88,6
90,7
78,6
54,2
75
87,8
80,2
78,3
87,5
85
80,7
67,8
80,7
85
92,6
82,7
76
70,1
80,3
96
89,4
85,2
81,6
91,5
85,6
Beim Einsatz von Leguminosen in der Fütterung von Monogastern wird traditionell an die direkte Verwendung der Körner gedacht; Ausnahme ist hier die Sojabohne, bei der aufgrund des hohen Fettgehaltes vorzugsweise Öko-Preßkuchen eingesetzt werden.
In der Beliebtheitsskala für die Rezepturplanung für Schweine stehen Futtererbse oben an. Sie können mit Anteilen bis zu 30% eingesetzt werden. Ackerbohnen, Lupien und Sojakuchen werden im
Bereich von 15-20% eingemischt; bei der Sojavollbohne ist der hohe Fettgehalt begrenzender Faktor.
Soja muss aber in jedem Fall vor der Verfütterung thermisch behandelt (="Toasten") werden. Rapsund Sonnenblumenkuchen werden i.d.R nicht über 10% eingesetzt.
Tab.2: Vergleich von Rohertrag, verdl. Lysin und Methionin von ausgewählten Futtermitteln (verändert
nach Sommer 2014)
Ein Blick auf die Tabelle 2 verdeutlicht, dass die "Futterleguminosen" ( oder "feinsamige Leguminosen" oder "Grünleguminosen") je nach Standort mindestens soviel Ertrag bringen wie Körnerleguminosen; insbesondere wenn man neben dem Massenertrag (dt/ha) auch den "Qualitätsertrag" (kg
Nährstoff/ha) berücksichtigt. So sind Luzerne- und Rotkleebestände in der Lage im Massenertrag und
bei der Lieferung der essentiellen Aminosäuren Lysin und Methionin mit den Körnerleguminosen z.B.
Ackerbohnen mitzuhalten. Dies muss zukünftig mehr Berücksichtigung bei der Fruchtfolgeplanung und
der Rationsplanung finden
Bei der Nutzung von Futterleguminosen gibt es unterschiedliche Ansätze:
1. frisch als Grüngut während Vegetation; z.B. im Rahmen einer Freilandhaltung auf Feldfutterflächen
innerhalb der Fruchtfolge ( "die Schweine kommen zum Futter")
2. als Futterkonserve
siliert ("Feuchtkonserve")
getrocknet
Die Futterkonserven eignen sich sowohl für den eigenen Betrieb als auch für die Vermarktung, wobei
momentan die getrockneten Varianten vom Futterhandel gesucht bzw. eingesetzt werden können. Mit
zunehmenden Alter des Kleebestandes nimmt der Massenertrag zu, aber auch die Rohfaser. Dies
steht der Forderung nach Eiweißqualität, also dem Anteil essentieller Aminosäuren und Anforderungen an Verdaulichkeit entgegen.
Da der Stengel im Verlauf der Pflanzenentwicklung zunehmend "verholzt" treibt er im späteren Futtergut den Rohfasergehalt in die Höhe. Daher gibt es Ansätze entweder eine komplette Trennung von
Blatt und Stengel vorzunehmen oder zumindest den Stengelanteil mit geringerem technischen Aufwand zu verringern.
In der der Tabelle 3 sind die Nährstoffinhalte von getrockneter Luzerne als Ganzpflanze und vorgesiebter Ware gegenübergestellt. Bei der Ganzpflanzen-Variante handelt es sich quasi um die klassische Aufbereitung von Luzernegrünmehl. Mit 2,5g Methionin/kg FM bei 21% Rohfaser und 15% Rohprotein liegt der Wert etwa beim Methioningehalt von Ackerbohnen (s. Tab.3 und 4). Durch die Absiebung von Stengelanteilen erhöht sich der Methioningehalt auf etwa 2,7g Methionin/kg FM; also um
etwa 10%. Der Rohfasergehalt hat sich kaum verändert, während der Rohproteingehalt um ca. 3%
angestiegen ist. Die aufwendigere Trennung von Blatt- und Stengelanteilen wurden in Versuchen der
Universität Kassel in den vergangenen 5 Jahren umfangreich untersucht. Wie aus Tab.4 zu erkennen
ist, können bei 20% Rohproteingehalt in dem "Blattfuttermittel" bis zu 3,1g Methionin/kg FM erreicht
werden; das entspricht bezogen auf den Methioningehalt etwa einer Steigerung von 20% gegenüber
der Ganzpflanze.
Tab.3: Nährstoffzusammensetzung von Luzernetrockengut aus unterschiedlicher Aufbereitung
Ökonomische Bewertung
Die eigene Erzeugung von Futtermitteln ist auch unter dem Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit entweder der Futtermittel auf dem Betrieb oder daraus erzeugte Produkte zu betrachten. Dabei ist der Ertrag
und der Aufwand bis zum eingesetzten Produkt zu berücksichtigen. Am Beispiel der Luzerne ist dies
in der Tab. 4 ersichtlich. Die "normalen" Luzerne-Cobbs mit 15% Rohprotein kosten etwa 28Euo/dt.,
die vorgesiebte Ware mit 17% Rohprotein wird mit einem Marktpreis von 30Euro/dt vorkalkuliert. Das
reine Luzerneblattmehl würde nach Angaben von Sommer 2015 mit mind. 54 Euro/dt zu kalkulieren
sein, um den Aufwand für die Trennung und Verluste abdecken zu können.
Tab.4: Ausgewählte betriebseigene Futterkomponenten im Vergleich (Preisstand 2015)
Bei Einsatz von Luzerne-Cobbs von der Ganzpflanze kostet das Kilogramm Rohprotein etwa 1,87
Euro; bei der vorgesiebten Ware kostet das Kilogramm Rohprotein etwa 1,76 Euro, ist also trotz höheren Einkaufspreises preiswürdiger. Da wir aber auch die Proteinqualität in Form von Methionin würdigen wollen, zeigt sich, das der höhere Rohproteingehalt der vorgesiebten Ware nicht sehr stark auf
die Kosten je Kilogramm Methionin auswirkt. Beide Varianten liegen bei etwa 111-112 Euro/kg Methionin im Futtermittel. Damit wäre Luzerne bezogen auf die Methioninlieferung deutlich günstiger als
die Körnerleguminosen und Getreide vom eigenen Hof.
Die vollständige Trennung des Blattes führt zu Rohproteinkosten von ca. 2,70Euro/kg und trotz deutlich höherem Methioningehalt zu Methioninkosten von ca. 174Euro/kg Methionin im Luzerneblatt. Damit liegen die Lieferkosten für Methionin aus der Blatttrennung auf dem Niveau der Ackerbohne und
Getreide.
In der Tabelle 5 sind eiweißreiche Einzelfuttermittel zusammengestellt, die für die für einen Eiweißausgleich der betriebseigenen Futtermittel eingesetzt bzw. in Diskussion stehen. Es zeigt sich, dass
Kartoffeleiweiß aufgrund seiner Eiweißzusammensetzung trotz aktuell hohem Preisniveau der günstigste Lysin- und Methioninlieferant ist. Das zurzeit hochwertigste Eiweißfuttermittel in Ökoqualität
wäre Kaseinpulver (höchste Lysin- und Methioningehalte). Für Futter das in großen Menge benötigt
wird wie z.B. Mastfutter ist es preislich nicht konkurrenzfähig, für überschaubare Menge wie Ferkeslstarter ist es hingegen schon einsatzwürdig. Das trifft auch für die anderen Öko-Milchfuttermittel zu.
Tab.5: Ausgewählte Eiweißkomponenten im Vergleich (Preisstand 2015)
Als Lysinlieferant ist die Ackerbohne bei dem Preisgefüge sogar noch mit dem Fischmehl konkurrenzfähig; für Methionin jedoch nicht. Mit Caseinpulver steht ein hochwertiger Eiweißlieferant aus ökologischer Erzeugung mit den mit Abstand höchsten Lysin- und Methioningehalten zur Verfügung. Wie aus
Tab.5 ersichtlich ist der Marktpreis so hoch, dass das Caseinpulver für große Einsatzmengen nicht
preiswürdig ist
Die zwei Sojakuchenherkünfte in Tabelle 5 sind durch ihre unterschiedliche Herkunft gekennzeichnet.
Sojakuchen für 70 Euro/dt entspricht dem Einkauf von importiertem Soja; Soja für 110Euro/dt entspricht inländischer Erzeugung und Aufbereitung. Zum einen zeigt sich das die Kosten je Kilogramm
Methionin im importierten Soja mit 127Euro/kg über den Kosten von Luzerne mit 111-112Euro/kg Methionin liegen und damit das Futterpflanzen-Methionin mit dem importierten Soja-Methionin mithalten
kann. Andererseits zeigt sich das die inländische Sojaproduktion kein günstigeres Methionin liefert als
die Futterleguminosen. Dies ist insbesondere auf solchen Standorten zu berücksichtigen, auf denen
die Ertragssituation des Sojaanbaus unterdurchschnittlich und risikobehafteter ist.
Fazit
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in der aktuellen Situation muss es darum gehen einen höheren Anteil inländischer Futtermittel
zu erzeugen
Futterleguminosen können dazu einen beachtlichen Teil beisteuern
da es zunächst um Mengenersatz (Import) geht, können Massenerträge von Futterleguminosen erhebliche Mengen essentielles Methionin liefern
für die betriebliche Eiweißversorgung sind stabile Erträge in einer standortangepassten
Fruchtfolge zunächst vorrangig.
Konserven von Futterleguminosen müssen marktgängig werden
die Fütterungstechnik in den Ställen ist dafür ggf. noch abzustimmen
für Ackerbaubetriebe gilt: Futterleguminosen erst durch den Tiermagen und dann zu Biogas