SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Roderich, Kiesewetter (CDU), Obmann der CDU/CSUBundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, gab heute, 23.02.17,dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema: „Syrien Friedensgespräche in Genf“. Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Pascal Lechler. Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Chefredaktion Nachrichten und Distribution Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Telefon Telefax 07221/929-23981 07221/929-22050 Internet www.swr2.de Datum: 23.02.2017 Lösung in Syrien ohne Assad momentan kaum denkbar Baden-Baden: Der Obmann der Unions-Bundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, Roderich Kiesewetter, hat die Hoffnungen auf einen baldigen Durchbruch bei den heute in Genf beginnenden Syrien-Friedensgesprächen gedämpft. Er rechne mit langwierigen Verhandlungen, so Kiesewetter im SWR2-Tagesgespräch. Eine Lösung des Konflikts ohne Machthaber Baschar al-Assad hält Kiesewetter für kaum mehr denkbar. Wichtig sei jetzt, dass die Europäer den Druck auf Russland aufrecht erhielten, damit Moskau am Ende Assad die Unterstützung entziehe. Außerdem müssten die Europäer der stark geschwächten syrischen Opposition eine Stimme geben. Mit Blick auf die neue Administration in Washington sagte Kiesewetter im SWR, dass es misslich sei, dass die USA als wesentlicher Verhandlungspartner ausfalle. Damit werde auch die Position der Europäer im Syrien-Konflikt geschwächt. Außerdem forderte Kiesewetter im SWR2-Tagesgespräch Schutzzonen für Flüchtlinge. Hier seien die UN gefragt. Wortlaut des Live-Gesprächs: Lechler: Ich denke, die Ausgangslage für Verhandlungen in Genf war noch nie so schwierig wie heute. Der UN-Sondergesandte de Mistura meinte, er rechne nicht mit einem schnellen Durchbruch. Mit was rechnen Sie denn? Kiesewetter: Also zunächst mal ist wichtig, dass nach dieser langen Pause wieder Gespräche stattfinden, das die Opposition mit am Tisch ist. Aber ich dämpfe auch die Erwartungen, weil es Uneinigkeit über die Zukunft von Assad besteht. Die internationale Gemeinschaft möchte, dass der IS bekämpft wird, Russland möchte Assad im Amt halten und dazwischen werden die Menschen umgebracht - 100.000-fach, wie sie auch gerade dargestellt haben. Ich rechne mit langwierigen Verhandlungen. Lechler: Ist eine Lösung ohne Assad überhaupt noch denkbar? Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Kiesewetter: Das glaube ich nicht. Wichtig ist aber, dass es keine militärische Lösung geben kann, aus westlicher Sicht. Also es wird keine Bodentruppen der USA oder Deutschlands oder Europas geben. Entscheidend ist aber, dass wir Europäer mit einer Stimme sprechen. Das wir de Mistura unterstützen und da helfen Alleingänge, wie sie Frankreich im November und so weiter gemacht hat, überhaupt nicht. Das bedeutet also, Prioritätenwechsel Assad aus dem Amt zu verhandeln. Wahrscheinlich wird er dann nach Russland oder in den Iran gehen, und damit Platz zu machen für eine neue Friedensordnung. Die Grundlagen wurden geschaffen, vor anderthalb Jahren. 18 Monate nach Waffenstillstand soll es dann zu Wahlen kommen. Lechler: Wie hinderlich ist es denn, dass die Amerikaner sich immer noch nicht ganz deutlich ausgedrückt haben, was sie eigentlich in Syrien wollen? Kiesewetter: Ja, das ist sehr misslich, weil ein wesentlicher Verhandlungspartner ausfällt. Entscheidend ist ja, dass die Amerikaner bereits seit anderthalb Jahren sich aus der Region zurückgezogen haben. Sie sind energieautark, also unter Obama hat der Rückzug ja begonnen. Und dieses Vakuum hat Russland, das geopolitisch denkt und nicht taktisch, sehr rasch ausgenutzt. Das ist nicht nur misslich, das schwächt auch uns Europäer. Lechler: Herr Trump hat ja zumindest mal angekündigt, er möchte entschiedener gegen den IS vorgehen. Jetzt ist der IS ja nur ein kleines oder ein Teil des Problems in Syrien. Kiesewetter: Entscheidend ist, dass wir uns klar werden, worum es da eigentlich geht. Es geht um den iranischen Einfluss, dass er über Irak, Syrien und den Libanon, wo er den Staatspräsident unterstützt, einen Bogen hat mit Zugang zum Mittelmeer. Zweitens, dass Russland seine Militärbasen Tartus und Latakia in Syrien halten will und drittens, dass die Europäer das Flüchtlingsproblem dort in den Griff bekommen und wir endlich an eine Rückkehr der Flüchtlinge denken können. Schlüsselrolle spielt dabei die Türkei, die ist gegen Assad, nimmt 3 1/2 Millionen Flüchtlinge auf. Ich glaube, so schwierig die Lage mit der Türkei ist, was Syrienpolitik angeht, kann man hier die Türkei unterstützen. Lechler: Wie hilfreich sind denn die Versuche gewesen der Türkei und Russlands, da Parallelverhandlungen in Astana zu führen? Kiesewetter: Zumindest haben diese Parallelverhandlungen dazu geführt, weil die Amerikaner sich herausgehalten haben, dass die Verhandlungen jetzt in Genf ermöglicht wurden und da wir Deutsche auch auf eine diplomatische Lösung drängen, hat dies eine diplomatische Lösung näher gebracht. Pervers ist aber, und ich nutze bewusst dieses Wort, dass in der Zwischenzeit Assad 2/3 der Bevölkerung beherrscht, 1/3 des Landes und, dass Assad seine Machtposition ausgebaut hat und dadurch die Opposition geschwächt. Das heißt, Assad sitzt ganz stark mit am Tisch, wenn dem die Opposition schwächer als bei den letzten Verhandlungen. Und hier können wir insofern helfen, als wir der Opposition eine Stimme geben. Lechler: Jetzt melden die Agenturen wieder Bombardements auf Damaskus. Auch die Opposition wirft der Regierung in Damaskus vor, weiter mit Gewalt gegen sie vorzugehen und damit auch die Gespräche in Genf zu unterminieren. Werden wir nicht wahrscheinlich zuschauen müssen, bis Assad wirklich gewonnen hat, bis er wieder die Kontrolle über das ganze Land bekommen hat? Kiesewetter: Das ist das Ziel Assads, aber wir haben Hinweise, dass Russland seinen Druck aufrecht erhält. Das Assad wenigstens für die Dauer der Verhandlungen das Bombardement einstellt. Hier können wir Russland auf die Bühne schieben und sehr klar sagen, was wollt ihr eigentlich? Russland ist derjenige, der Assad stabilisiert hat, durch den Militäreingriff seit Oktober 2015. Nur dadurch ist Assad noch an der Macht. Die russische Glaubwürdigkeit leidet unter dem Vorgehen und wir sollten uns sehr im Klaren sein, dass Russland hier Machtpolitik durchsetzt. Wir sehen das auch in Ukraine. Also in jeden Fall müssen wir auch den Druck auf Russland aufrecht erhalten, da wir keine militärische Lösung wollen. Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Lechler: Die UN wollen in Genf über eine Übergangsregierung, eine neue Verfassung und Wahlen verhandeln. Ist das nicht unrealistisch letztlich, wenn man sich die Ausgangslage anschaut. Sollte man nicht eher über humanitäre Fragen erst mal reden? Kiesewetter: Der Punkt ist ja, was ist die Alternative? Wenn sie keine Aussichten haben, humanitäre Hilfe zu leisten oder auf das russische Kalkül wann Waffenstillstand ist, angewiesen zu sein, hilft es nicht. Wir brauchen noch eine zweite Ebene, das ist die Ebene des Internationalen Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds. Hier müssen wir weltweit darauf drängen, dass es Schutzzonen gibt, die von der Türkei, von Libanon und von Jordanien aus eingerichtet werden und hier ist die UN gefragt. Diese lässt sich blockieren durch die VetoMächte. Also wir sehen hier die ganze missliche Lage und deshalb ist es so wichtig, dass wenigstens Verhandlungen mit der Opposition und der Regierung stattfinden. Ich würde mir das auch wünsche, aber die Wirklichkeit ist eben so, dass im Krieg und in solchen Fällen die Zivilbevölkerung am meisten leidet. Das kann die Stärke Europas sein, hier stärker zu fordern. Dazu muss aber Europa aber mit einer Stimme sprechen und schauen Sie mal, was gerade in Frankreich oder Italien los ist. Also hier ist auch wieder deutsche Außenpolitik gefordert. - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
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