An die Stimmberechtigten Wir laden Sie ein, die Vorlagen zu prüfen und darüber brieflich oder an der Urne abzustimmen. Zürich, 7. Dezember 2016 Stadtrat von Zürich Corine Mauch, Stadtpräsidentin Dr. Claudia Cuche-Curti, Stadtschreiberin Vorlagen 1 Volksinitiative «Faires Wahlrecht für Züri – jede Stimme zählt!» ZÜRICH STIMMT AB 12. 2. 2017 2 Konfliktvermittlung und Hilfe im öffentlich zugänglichen Raum, Gemeindebeschluss 3 Neubau Schulanlage Pfingstweid, Escher-WyssQuartier, Objektkredit von 29,4387 Millionen Franken Informationen und Resultate zur Abstimmung finden Sie unter: www.stadt-zuerich.ch/abstimmungen 1D ie Volksinitiative «Faires Wahlrecht für Züri – jede Stimme zählt!» v erlangt die Abschaffung des seit 2005 geltenden 5%-Quorums, das bei der Wahl des Gemeinderats – des 125 Mitglieder zählenden Parlaments der Stadt Zürich – zur Anwendung gelangt. | Seiten 2–6 2D ie Stadt fördert durch Konfliktvermittlung das rücksichtsvolle Ver halten, die gegenseitige Toleranz und damit die Sicherheit aller Personen im öffentlich zugänglichen Raum und in Einrichtungen des Sozialdepartements. Die Arbeit von sip züri, die mit dieser Aufgabe betraut ist, soll fortgeführt und auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt werden. | Seiten 7–11 3M it dem Neubau der Schulanlage Pfingstweid für neun Primar schulklassen kann das starke Wachstum des Stadtteils Zürich-West aufgefangen und eine ganztägige Betreuung der Schülerinnen und Schüler angeboten werden. | Seiten 12–14 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 1 13.3.17 09:39 Abstimmungsvorlage 1 Volksinitiative «Faires Wahlrecht für Züri – jede Stimme zählt!» Der Gemeinderat – das 125 Mitglieder zählende Parlament der Stadt Zürich – wird alle vier Jahre durch die städtischen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger neu gewählt. (Foto: Patrick Hofmann) Das Wichtigste in Kürze Im Nachgang der städtischen Erneuerungswahlen von 2014 lancierte ein überparteiliches Komitee von EVP, EDU, BDP, SD und Piratenpartei eine Volks initiative zur Abschaffung des sogenannten Quorums von 5 Prozent bei der Wahl des Gemeinderats. Dieses Quorum – auch Wahlhürde oder Sperrklausel genannt – bedeutet, dass Parteien und Gruppierungen (Listen), die nicht wenigstens in einem der neun Wahlkreise mindestens 5 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten, bei der Sitzverteilung für das 125-köpfige Stadtparlament nicht berücksichtigt werden. Das geltende städtische Wahlrecht, das auch das 5%-Quorum beinhaltet, ist seit seiner gesetzlichen Einführung 2005 bisher dreimal angewendet worden. Die Initiative verlangt die Abschaffung des 5%Quorums. Das Initiativkomitee führt an, dass durch dieses Quorum nicht sämtliche Wählerinnen und Wähler im Parlament vertreten sind und dass ein Teil der abgegebenen Stimmen wirkungslos wird. I. Initiativtext mit Begründung Am 25. November 2014 wurde die Volksinitiative «Faires Wahlrecht für Züri – jede Stimme zählt!» von einem überparteilichen Initiativkomitee aus Vertreterinnen und Vertretern der EVP, EDU, BDP, SD und Piratenpartei eingereicht. Das Begehren hat folgenden Wortlaut: 2 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 2 Der Stadtrat und die Mehrheit des Gemeinderats sprechen sich gegen die Aufhebung des bestehenden Quorums aus und lehnen die Volksinitiative deshalb ab. Ein Wegfall des 5%-Quorums würde bedeuten, dass auch Kleinstgruppierungen im Parlament Einsitz nehmen könnten, auch wenn die für sie abgegebenen Stimmen nur gerade für einen ein zigen Sitz ausreichen. Das geltende Quorum stellt sicher, dass nur Parteien und Gruppierungen im Gemeinderat vertreten sind, die über einen gewissen Rückhalt bei den Wählerinnen und Wählern verfügen. Mit der Abschaffung des Quorums ist die Gefahr verbunden, dass der Parlamentsbetrieb komplizierter und weniger effizient werden könnte und sich die Kräfte im Parlament zersplittern könnten. Quoren bei der Wahl von Parlamenten und das Anliegen, sie abzuschaffen oder herabzusetzen, waren bereits in der Vergangenheit regelmässig Gegenstand von politischen Diskussionen und Ge richtsentscheiden. So lehnten die Stadtzürcher Stimmberechtigten im Jahr 2011 eine Einzelinitiative, die das 5%-Quorum herabsetzen wollte, deut- Initiativtext «Die Gemeindeordnung der Stadt Zürich vom 26. April 1970 (Gemeindeordnung, AS 101.100) wird betreffend Wahl des Gemeinderats wie folgt geändert: Art. 23 Abs. 4 Jede Listengruppe gemäss kantonalem Recht nimmt unabhängig vom Erreichen des Quorums gemäss § 102 Abs. 3 des Gesetzes über die politischen Rechte an der Sitzverteilung teil.» lich ab. Der Kantonsrat befasste sich bereits im Jahr 2006 zweimal mit dem Anliegen und nahm davon Abstand. Das Bundesgericht schliesslich folgte seiner bisherigen Praxis und bestätigte im Jahr 2014, dass das in der Stadt Zürich angewandte 5%-Quorum sachlich und rechtlich haltbar, also verhältnismässig und verfassungskonform sei. Abstimmungsfrage Auf Ihrem Stimmzettel werden Sie gefragt: Wollen Sie die folgende Vorlage annehmen? Volksinitiative «Faires Wahlrecht für Züri – jede Stimme zählt!» Empfehlung Stadtrat und Gemeinderat empfehlen Ablehnung der Vorlage. Begründung «Der Gemeinderat soll als Parlament der Stadt Zürich die ganze Bevölkerung vertreten. Mit der bisherigen unfairen Wahlregel wird dies verhindert, weil nur jene Parteien Sitze erhalten, die mindestens in einem Wahlkreis 5% aller Stimmen erreichen. Dies schliesst viele Wählerinnen und Wähler von der Vertretung im Parlament aus, obwohl sie an den Wahlen teilgenommen haben. Damit die ganze BevölkeGemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 13.3.17 09:39 rung vertreten ist, muss die 5%-Hürde abgeschafft werden. Dass ohne diese Hürde die Stadt unregierbar würde, ist ein Vorwand der grossen Parteien, die um ihre Macht fürchten. Wenn die breite Vielfalt der ganzen Bevölkerung in unserem Parlament vertreten ist, findet die Politik bessere Lösungen!». Gültigkeit Mit Beschluss vom 7. Januar 2015 hielt der Stadtrat fest, dass die Volksinitiative «Faires Wahlrecht für Züri – jede Stimme zählt!» zustande gekommen ist, und am 6. Mai 2015 bestätigte er die Rechtmässigkeit der Volksinitiative. Gleichzeitig verzichtete der Stadtrat auf die Ausarbeitung eines Gegenvorschlags, sprach sich aber gegen die von der Initiative verlangte Änderung der Gemeindeordnung aus. Partei/ Gruppierung Das Anliegen der Volksinitiative betrifft das Wahlverfahren für den Gemeinderat. Gemäss geltendem Recht nimmt eine Partei oder Gruppierung (Listengruppe; siehe Kasten «Wahlverfahren für den Gemeinderat im Kurzüberblick») an der Verteilung der 125 Sitze im Parlament nur dann teil, wenn sie in wenigstens einem der neun Wahlkreise mindestens 5 Prozent aller Stimmen erhält und damit das so genannte Quorum – auch Wahlhürde oder Sperrklausel genannt – erreicht. Die Volksinitiative fordert, dass dieses Quorum ersatzlos aufgehoben wird, sodass jede Partei oder Gruppierung unabhängig vom Erreichen des Quorums entsprechend den abgegebenen Stimmen Sitze erhält. Rechtliche Grundlagen Das Wahlverfahren für die Parlamente der Gemeinden im Kanton Zürich und damit auch für die Stadt Zürich wird grundsätzlich durch das kantonale Recht geregelt. Die entsprechenden Bestimmungen sind seit 2005 in Kraft und gelangten bei den drei letzten Erneuerungswahlen des Gemeinderats der Stadt Zürich wie auch des Zürcher Kantonsrats zur Anwendung. Dieses Wahlverfahren, das umgangssprachlich «Doppelter Pukelsheim» genannt wird, ist darauf ausgerichtet, dass bei unterschiedlich grossen Wahlkreisen allen Wählerstimmen ein vergleichbares Gewicht zukommt (vgl. Kasten «Wahlver fahren für den Gemeinderat im Kurzüberblick»). Quorum erreicht im Wahlkreis 3 in mindestens einem anderen Wahlkreis SP 54 797 X X SVP 25 663 X X FDP 17 918 X X Grüne 21 915 X X glp 17 746 X X CVP AL 6 873 16 680 EVP 2 379 SD 1 471 BDP Piratenpartei II. Ausgangslage Erzielte Parteistimmen im Wahlkreis 3 X X X 929 3 500 EDU 979 Total 170 850 g Quorum (5%): 8 543 Wenn eine Partei oder Gruppierung in einem einzelnen Wahlkreis das 5%-Quorum nicht erreicht, hat das noch keinen Ausschluss vom Einzug ins Parlament zur Folge. Um an der proportionalen Verteilung der Sitze teilnehmen zu können, genügt es, wenn eine Partei oder Gruppierung in einem einzigen der neun Wahlkreise einen Stimmenanteil von mindestens 5 Prozent erreicht. Dann erfolgt die Teilnahme an der Verteilung der Sitze in allen Wahlkreisen und nicht einzig in jenem Wahlkreis oder in jenen Wahlkreisen, in dem oder in denen das Quorum erreicht worden ist. Die 125 Sitze im Gemeinderat werden nach dem geltenden Wahlverfahren (siehe Kasten rechts) auf jene Parteien verteilt, die das Quorum in mindestens e inem Wahlkreis erreicht haben. Parteien oder Gruppierungen, die in keinem Wahlkreis wenigstens 5 Prozent der Stimmen erreichen, scheiden aus. Wahlverfahren für den Gemeinderat im Kurzüberblick Nach der Methode des «Doppelten Pukelsheim» werden die Sitze bei der Wahl des Gemeinderats in einem ersten Schritt aufgrund des erreichten Wähleranteils gesamtstädtisch auf jene Listengruppen verteilt, die das 5%-Quorum erreicht haben (sogenannte Oberzuteilung). Eine Listengruppe entspricht dem Zusammenzug aller Listen, die dieselbe Partei oder Gruppierung in den einzelnen Wahlkreisen eingereicht hat. Im anschliessenden zweiten Schritt werden die den jeweiligen Parteien und Gruppierungen im Rahmen der Oberzuteilung zugewiesenen Sitze auf die einzelnen Listen der entsprechenden Parteien und Gruppierungen in den Wahlkreisen weitergegeben (sogenannte Unterzuteilung). Die Kombination von Ober- und Unterzuteilung gleicht die unterschiedlichen Grössen der Wahlkreise und das dadurch bedingte unterschiedliche Gewicht der Stimmen in grossen und in kleinen Wahlkreisen aus. Sie gewährleistet damit die sogenannte Erfolgswertgleichheit der abgegebenen Wählerstimmen. Deshalb haben auch kleine Gruppierungen grundsätzlich eine Chance, an der Sitzverteilung teilzunehmen. Das Wahlverfahren des «Doppelten Pukelsheim» kann mit oder ohne Quorum zur Anwendung ge langen. Das 5%-Quorum, das auch bei der Wahl des Kantonsrats zur Anwendung gelangt, ist allerdings kein zwingender Bestandteil dieses Wahlverfahrens. Das seit 2005 geltende Verfahren kann auch ohne dieses Quorum zur Anwendung kommen. Gemeinden, die wie die Stadt Zürich über mehrere Wahlkreise verfügen, dürfen bei der Wahl ihres Parlaments davon abweichen. Die Stadtzürcher Stimmberechtigten hatten sich im Jahr 2004 im Rahmen der Wahlkreisreform jedoch mit 81 Prozent Ja-Stimmen für die Verankerung eines Quorums von 5 Prozent in der Gemeindeordnung ausgesprochen. Diesen Entscheid bestätigten sie deutlich im Jahr 2011 bei der Volksabstimmung über eine Einzelinitiative zur Herabsetzung des Quorums. Das Quorum Zur Berechnung des Quorums werden pro Wahlkreis sämtliche eingegangenen Parteistimmen zusammengezählt. Aus diesem Total (100 Prozent) wird die Mindeststimmenzahl errechnet, die für das Erreichen des 5%-Quorums nötig ist. Als Beispiel ist die Berechnung des Quorums bei der letzten Gemeinderatswahl von 2014 im Wahlkreis 3 angeführt: Das Rathaus am Limmatquai ist Tagungsort der Parlamente von Stadt und Kanton Zürich. (Bild: Patrick Hofmann) Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 3 3 13.3.17 09:39 III. Bisherige Erfahrungen mit dem Quorum in der Stadt Zürich Das geltende Verfahren für die Wahl des Gemeinderats gelangte in der Stadt Zürich bislang drei Mal zur Anwendung. 2006 verfehlten sechs Parteien und Gruppierungen das 5%-Quorum in sämtlichen Wahlkreisen: die Grünliberale Partei (glp), die Seniorenliste (SL), die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU), die Humanistische Partei (HP) sowie zwei unabhängige Listen. Ohne Quorum hätte die glp damals 3 Sitze erzielt, während im Gegenzug die SP 2 Sitze und die SVP 1 Sitz weniger erhalten hätten. Bei den Wahlen von 2010 scheiterten die Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP), die EDU und die Partei für Zürich (PFZ) am Quorum; ohne dieses wäre ihnen jeweils 1 Sitz zugeteilt worden, wohingegen SP, SVP und FDP mit je 1 Sitz weniger hätten vorliebnehmen müssen. Städtebau (AHS), die Piratenpartei und die EDU. Ohne das 5%-Quorum hätten die EVP 3 Sitze sowie SD, BDP, EDU und Piratenpartei je 1 Sitz erhalten. Im Gegenzug hätten die SP 3 Sitze und die SVP, FDP, Grünen und AL jeweils 1 Sitz weniger erhalten. Stadtweit waren 1 375 916 Parteistimmen abgegeben worden. Davon gingen 78 059 Stimmen (5,67%) an die sechs Parteien und Gruppierungen, die aufgrund des Quorums keinen Sitz erhielten. Diese Stimmen fielen also bei der Sitzverteilung für das Parlament ausser Betracht. Bei den letzten Gemeinderatswahlen 2014 erreichten sechs Parteien und Gruppierungen das Quorum nicht: die Evangelische Volkspartei (EVP), die Schweizer Demokraten (SD), die BDP, die Aktion für humanen Parteistimmen und Quoren der letzten Gemeinderatswahlen von 2014: Listengruppen 5%-Quorum in mindestens einem Wahlkreis erreicht Wa h l k re i s e b e i d e r Wa h l d e s G e m e i n d e r a t s d e r S t a d t Z ü r i c h 1+2 3 4+5 6 7+8 9 10 11 12 Pa r te i s t i m m e n j e L i s t e i m e n t s p re c h e n d e n Wa h l k re i s nom. in % nom. in % nom. in % nom. in % nom. in % nom. in % nom. in % nom. in % nom. 01 SP 30 933 26,57 54 797 32,07 40 953 35,17 29 882 32,87 62 554 24,82 46 248 26,86 40 979 30,05 79 160 27,92 11 448 30,81 Ja 02 SVP 18 882 16,22 25 663 15,02 9 836 8,45 11 132 12,24 34 834 13,82 41 366 24,02 24 261 17,79 70 002 24,69 10 635 28,63 Ja 03 FDP 24 403 20,96 17 918 10,49 10 238 8,79 15 090 16,60 69 163 27,44 21 307 12,37 21 957 16,10 37 123 13,09 3 412 9,18 Ja 04 Grüne 13 239 11,37 21 915 12,83 15 880 13,64 10 034 11,04 28 630 11,36 15 001 8,71 13 598 9,97 22 448 7,92 2 433 6,55 Ja 05 glp 12 202 10,48 17 746 10,39 12 416 10,66 11 024 12,12 26 498 10,51 14 738 8,56 13 901 10,19 29 648 10,46 2 151 5,79 Ja 06 CVP 5 936 5,10 6 873 4,02 3 645 3,13 3 692 4,06 11 017 4,37 10 816 6,28 4 898 3,59 14 852 5,24 2 786 7,50 Ja 07 AL 5 650 4,85 16 680 9,76 17 323 14,88 6 650 7,31 10 082 4,00 8 020 4,66 8 543 6,26 11 655 4,11 1 061 2,86 Ja 08 EVP 2 258 1,94 2 379 1,39 997 0,86 2 173 2,39 6 255 2,48 8 580 4,98 3 894 2,86 9 662 3,41 – – Nein 790 0,68 1 471 0,86 728 0,63 412 0,45 982 0,39 3 834 2,23 823 0,60 3 097 1,09 812 2,19 Nein 09 SD 10 BDP 862 0,74 929 0,54 490 0,42 646 0,71 1 413 0,56 2 298 1,33 1 071 0,79 3 397 1,20 1 239 11 AHS 685 0,59 – – – – – – – – – – – – – – – – – 3 500 2,05 3 638 3,12 – – – – – – 1 920 1,41 – – – 560 0,48 979 0,57 310 0,27 185 0,20 620 0,25 – – 547 0,40 2 448 0,86 1 175 100% 90 920 100% 252 048 100% 172 208 100% 136 392 100% 283 492 100% 37 152 4 546 12 603 8 611 6 820 14 175 12 Piratenpartei 13 EDU Total 5%-Quorum 116 400 100% 170 850 100% 116 454 5 820 8 543 5 823 in % 3,33 Nein – Nein – Nein 3,16 Nein 100% 1 858 5%-Quorum erreicht und damit Teilnahme an der Sitzverteilung für den Gemeinderat Die Tabelle weist aus, welche Parteilisten 2014 das 5%-Quorum erreicht resp. verfehlt haben. Lesebeispiel: Im Wahlkreis 1 + 2 erreichte die SP 30 933 Parteistimmen. Über alle kandidierenden politischen Parteien betrachtet waren in diesem Wahlkreis 116 400 Parteistimmen zu verzeichnen. Entsprechend waren in diesem Wahlkreis für die Erreichung des 5%-Quorums – und damit für die Teilnahme an der Sitzverteilung für den Gemeinderat – 5820 Parteistimmen erforderlich (116 400 x 0,05). IV. Beurteilung des Quorums Die vorliegende Volksinitiative beurteilt das 5%-Quorum als undemokratisch. Ein Teil der Wählerinnen und Wähler sei dadurch im Parlament nicht vertreten, obwohl sie ihre Stimme abgegeben hätten. Dass diese Stimmen bei Nichterreichen des Quorums wertlos werden, sei stossend. Dieser Mechanismus berge auch die Gefahr, dass sich die Wäh- Rechtliche Grundlagen für das geltende Quorum bei der Wahl des Gemeinderats Kantonales Gesetz über die politischen Rechte (GPR, LS 161), § 102 Abs. 3: Festlegung des 5%-Quorums im kantonalen Recht. Kantonales Gemeindegesetz (GG, LS 131.1), § 101 Abs. 4: Ermächtigung der Gemeinden mit mehreren Wahlkreisen, vom Quorum gemäss § 102 Abs. 3 GPR abzuweichen. Diese Bestimmung wird nach Inkrafttreten des revidierten Gemeindegesetzes unverändert ins GPR übertragen werden (§ 111 GPR, neuer Abs. 4). Gemeindeordnung der Stadt Zürich (GO, AS 101.100), Art. 23 Abs. 4: Festlegung des 5%-Quorums im kommunalen Recht. Neuste Bundesgerichtsentscheide zum Quorum: Urteil 1C_369/2014 vom 28. November 2014 Urteil 1C_546/2014 vom 9. Dezember 2014 4 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 4 lerschaft für grössere Parteien ausspreche, nur um das Risiko zu umgehen, dass die für eine kleine Gruppierung abgegebenen Stimmen wertlos würden. Für die politische Diskussion im Parlament würde es sich positiv auswirken, wenn mehr und auch kleinere Gruppierungen mitwirken würden. Der Stadtrat und die Mehrheit des Gemeinderats befürworten die Beibehaltung des bestehenden 5%-Quorums. Aufgrund des Quorums sind nur Parteien und Gruppierungen im Gemeinderat vertreten, die über einen gewissen Rückhalt bei den Wählerinnen und Wählern verfügen. Bei einer Abschaffung des Quorums würden auch Kleinstparteien und -gruppierungen Sitze erhalten, was zu einer Zersplitterung des Parlaments führen kann. Zudem können Kleinstparteien und -gruppierungen in einem Parlament aus eigener Kraft meist keine eigene Fraktion bilden. Im Gemeinderat sind für die Erreichung der Fraktionsstärke und damit für die Beteiligung am parlamentarischen Vorbereitungsund Meinungsbildungsprozess in den Kommissionen mindestens 5 Mitglieder erforderlich. Folglich müssten sich die Mitglieder von Kleinstparteien und -grup pierungen einer anderen Fraktion anschliessen oder zu einer Fraktion zusammenschliessen. Als fraktionslose Mitglieder des Parlaments müssten sie sich dagegen über parlamentarische Vorstösse und Wortmeldungen in den Gemeinderatssitzungen Gehör verschaffen, was den Parlamentsbetrieb verkomplizieren und schwerfälliger gestalten kann. Durch ein Quorum wird bewusst in Kauf genommen, dass eine gewisse Zahl von Stimmen bei der Sitzverteilung unberücksichtigt bleibt. Das 5%-Quorum ist jedoch massvoll, da es lediglich in einem einzigen der neun Wahlkreise erreicht werden muss. Nimmt eine Partei oder Gruppierung in wenigstens einem der neun Wahlkreise diese Hürde, werden bei der Sitzverteilung auch die ihr in den anderen Wahlkreisen zugefallenen Stimmen berücksichtigt. So können auch Parteien oder Gruppierungen, die zwar in einzelnen Stadtkreisen, aber nicht zwingend in der ganzen Stadt gut verankert sind, Parlamentssitze erlangen. Das bestehende Wahlverfahren gewährleistet damit eine hohe Erfolgswertgleichheit der abgegebenen Stimmen. V. Bisherige Entscheide zu einem Quorum bei Parlamentswahlen Stadt Zürich Das 5%-Quorum war 2004 im Rahmen der Volks abstimmung über die Wahlkreisreform mit 81 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen und in der Gemeindeordnung verankert worden (Art. 23 Abs. 4). 2011 konnten sich die Stimmberechtigten erneut – und diesmal losgelöst vom Gesamtkontext des Wahlverfahrens – zu diesem Quorum äussern. Eine Einzelinitiative hatte die Herabsetzung dieses Quorums von 5 auf 2 Prozent gefordert. Mit 64,9 Prozent NeinStimmen sprachen sich die Stimmberechtigten trotz Empfehlung der Mehrheit des Gemeinderats gegen die Herabsetzung des Quorums aus und bestätigten damit das 2004 mit dem neuen Wahlverfahren einQuorum. Aufgrund der Volksinitiative, die geführte Gegenstand dieser Abstimmungsvorlage ist, können sich die Stimmberechtigten nun ein zweites Mal seit der Einführung des Wahlverfahrens zum Quorum äussern. Kanton Zürich Im Kanton Zürich unternahm der Kantonsrat bereits im Jahr 2006 einen Vorstoss zur Abschaffung des auch für die Wahl des Kantonsparlaments geltenden Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 13.3.17 09:39 5%-Quorums. Aufgrund der Stellungnahme des Regierungsrats schrieb der Kantonsrat das Begehren aber ab. Dies mit der Begründung, dass zu viele fraktionslose Mitglieder den Parlamentsbetrieb beeinträchtigen könnten, dass das Quorum verfassungsmässig sei und dass grundsätzlich die Vorteile dieses Systems überwiegen würden. Im gleichen Jahr wurde im Kantonsrat eine Parlamentarische Initiative eingereicht, die ein 3%-Quorum – bezogen auf alle Parteistimmen im Kanton und nicht auf einen Wahlkreis beschränkt – verlangte. Der Kantonsrat lehnte den Vorstoss mit der Begründung ab, dass der Wille der Wählerschaft im geltenden System ziemlich genau abgebildet werde. Bundesgericht Auch das Bundesgericht hatte das 5%-Quorum bei den Zürcher Gemeinderatswahlen aufgrund einer Stimmrechtsbeschwerde zu beurteilen. Mit einer solchen wurde das 5%-Quorum 2014 als verfassungswidrig und willkürlich gerügt. Das Bundesgericht wies die Beschwerde jedoch ab. Es befand, dass die Einschränkung der Wahlrechtsgleichheit durch ein 5%-Quorum sachlich haltbar sei. Ein tieferes Quorum oder der Verzicht darauf würde den Einzug von Kleinstparteien oder -gruppierungen ins Parlament begünstigen und die Anzahl der im Rat vertretenen Parteien und Gruppierungen erhöhen. Dadurch bestehe die Gefahr, dass der Parlamentsbetrieb komplizierter und weniger effizient würde. Das Bundesgericht erachtet ein Quorum von maximal 10 Prozent grundsätzlich als verhältnismässig und vertretbar. Es stehe nicht im Widerspruch zur Bundesverfassung – weder hinsichtlich Art. 8 (Garantie der Rechtsgleichheit) noch Art. 34 (Gewährleistung und Garantie der politischen Rechte) und Art. 9 (Willkürverbot). Ebenfalls im Jahr 2014 wies das Bundesgericht auch eine Beschwerde der Piratenpartei des Kantons Zug ab und bestätigte die Regelung als rechtmässig, wonach eine Listengruppe 5 Prozent aller Stimmen in einem Wahlkreis oder 3 Prozent im gesamten Kanton erreichen müsse, um an der Sitzverteilung für den Zuger Kantonsrat teilzunehmen. VI. Schlussbetrachtung Das 5%-Quorum bei der Wahl des Gemeinderats wurde das erste Mal im Jahr 2006 angewendet. Die Stimmberechtigten der Stadt Zürich haben diese Regelung zweimal mit deutlichem Mehr gutgeheissen: Im Jahr 2004 haben sie das 5%-Quorum im Bei den Gemeinderatswahlen 2014 eingegangene Wahllisten, die in einem der neun städtischen Wahlkreise für die Auszählung vorbereitet worden sind. Rahmen der Vorlage über die Wahlkreisreform eingeführt, und 2011 lehnten sie eine Einzelinitiative ab, die eine Herabsetzung des Quorums von 5 Prozent auf 2 Prozent verlangte. Der Stadtrat erkennt auch weiterhin keinen Anpassungsbedarf, zumal das geltende Wahlverfahren mit Quorum von den zuständigen Gerichten als sachlich und rechtlich haltbar sowie verhältnismässig qualifiziert wurde und sich ein vergleichbares System auch auf kantonaler Ebene bei der Wahl des Kantonsparlaments etabliert hat. Die Vorteile des geltenden Wahlverfahrens überwiegen deutlich. Der Stadtrat und die Mehrheit des Gemeinderats lehnen aus diesen Gründen die Volksinitiative ohne Gegenvorschlag ab. VII. Gegenüberstellung des geltenden Wortlauts von Art. 23 Abs. 4 der Gemeindeordnung und der von der vorliegenden Volksinitiative geforderten Änderung Wortlaut gemäss geltender Gemeindeordnung (von Stadtrat und Gemeinderat zur Beibehaltung empfohlen) Änderung gemäss Forderung der Volksinitiative, die Gegenstand dieser Abstimmungs vorlage ist (Änderungen fett) Eine Listengruppe gemäss kantonalem Recht nimmt an der Sitzverteilung nur teil, wenn wenigstens eine ihrer Listen mindestens 5 Prozent aller Parteistimmen des betreffenden Wahlkreises erhalten hat. Jede Listengruppe gemäss kantonalem Recht nimmt unabhängig vom Erreichen des Quorums gemäss § 102 Abs. 3 des Gesetzes über die politischen Rechte an der Sitzverteilung teil. Antrag Empfehlung Folgendes Begehren wird den Stimmberechtigten zum Entscheid unterbreitet: Stadtrat und Gemeinderat empfehlen Ablehnung der Volksinitiative. Volksinitiative «Faires Wahlrecht für Züri – jede Stimme zählt!» Der Gemeinderat lehnte die Volksinitiative am 28. September 2016 mit 69:51 Stimmen ab. Art. 23 Abs. 4 der Gemeindeordnung wird wie folgt geändert: Jede Listengruppe gemäss kantonalem Recht nimmt unabhängig vom Erreichen des Quorums gemäss § 102 Abs. 3 des Gesetzes über die politischen Rechte an der Sitzverteilung teil. Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 5 5 13.3.17 09:39 Stellungnahme des Initiativkomitees Demokratie für alle Stimmberechtigten! Die Initiative will in der Gemeindeordnung verankern, dass jede Partei so viele Sitze im Gemeinderat erhält, wie ihr gemäss ihrem Wähleranteil zustehen. Das heutige Wahlsystem verhindert dies. Parteien, die nicht in einem Wahlkreis 5 Prozent aller Stimmen erreichen, werden von der Sitzverteilung vollständig ausgeschlossen. Auch dann, wenn sie genügend Wählerinnen und Wähler für bis zu sechs Sitze haben! Dieses System führt zum Ausschluss eines beachtlichen Teils der Stimmberechtigten von der politischen Vertretung im Gemeindeparlament. Es lässt sich mit dem Gedanken fairer Wahlen nicht vereinbaren. Gleiches Recht für Wahlen wie für Abstimmungen Was für Abstimmungen gilt, soll auch für Wahlen gelten: Jede Stimme zählt! Jede Stimme soll für das Resultat von Bedeutung sein! Das nennt man Erfolgswertgleichheit. Es darf nicht sein, dass einzelne Wahlzettel «ausser Betracht fallen», wie das mit der 5%-Hürde geschieht. Sowenig wie bei Abstimmungen einzelne Stimmzettel «ausser Betracht» fallen dürfen, so wenig dürfen bei Wahlen Stimmen beiseite geschoben werden. Minderheitsmeinung der Fraktionen der Grünen, GLP, AL und CVP Mit dem 2006 eingeführten Wahlsystem «Doppelter Pukelsheim» ist die Bevorzugung grosser Parteien – theoretisch – eliminiert. Die Sitzverteilung geschieht nun aufgrund der gesamtstädtischen Parteienstärke und wird danach wieder auf die Wahlkreise heruntergebrochen. Doch aus Angst vor einer Zersplitterung hat man gleichzeitig ein scharfes Quorum eingeführt, das den kleineren Parteien den Zugang wieder erschwert: In mindestens einem der neun städtischen Wahlkreise muss die 5%-Hürde übersprungen werden. Wir haben es hier mit einer doppelten Absurdität zu tun: Entscheidend für das Erreichen des Quorums ist erstens das Abschneiden in einem einzelnen Wahlkreis und gerade nicht das gesamtstädtische Ergebnis, wie man es beim Doppelproporz-System erwarten dürfte. Zweitens hat man mit dem neuen System für kleine Parteien die Türe einen Spalt breit geöffnet, um sie im gleichen Atemzug mit der Einführung eines Quorums wieder zuzuschlagen. Für die Minderheit des Gemeinderats sprechen folgende Gründe für eine Annahme der Initiative: Gleicher Erfolgswert für alle Stimmen Genau das geschieht aber seit 2006 durch das 5%-Quorum. 2014 blieben die Stimmen von rund 5200 Wählerinnen und Wählern für Parteien, die das 5%-Quorum nicht erreicht hatten, wirkungslos. Jede Kandidatin, jeder Kandidat dieser 5200 Wähler hätte rund 742 Wahlberechtigte auf sich vereint, mehr als der Durchschnitt der Gemeinderäte, die nun als gewählt im Parlament sitzen. Dass alle diese Wähler leer ausgingen, obwohl sie aktiv an der Wahl teilgenommen haben, steht im krassen Widerspruch zur Erfolgswertgleichheit, d. h. zum Grundsatz, dass alle abgegebenen Stimmen bei der Auszählung im gleichen Mass zu berücksichtigen sind. Der Gemeinderat der Stadt Zürich hat nach dem Delegationsprinzip die Funktion einer Gemeindeversammlung in kleineren Gemeinden. Unbestrittenermassen sollen an einer Gemeindeversammlung alle Stimmbürgerinnen und Stimmbürger teilnehmen können, um sich Gehör zu verschaffen und ihre Meinung kundzutun. Doch in der Stadt Zürich werden mit dem 5%-Quorum gewisse Ideen und Meinungen ausgeschlossen. Bei den letzten Wahlen sind fünf Gruppierungen am Quorum gescheitert, obwohl sie anteilsmässig mindestens einen Sitz im Gemeinderat erobert hätten. In dieser Legislatur sind also über 5% der Bevölkerung nicht im Gemeinderat repräsentiert. Diese Zahl ist viel zu hoch und vor allem auch demokratiepolitisch bedenklich. Mutiges Ja zur Vielfalt statt Angst vor Zersplitterung So farbig und vielfältig wie eine Gemeindeversammlung, so soll auch unser Gemeinderat sein. Die 5%-Hürde verhindert dies. Sie schliesst die kleineren Gruppierungen und damit zahlreiche Stimmberechtigte von der Vertretung in dieser Versammlung aus. Diese Hürde stammt aus Deutschland, wo Angst vor «Zersplitterung» herrscht. In der Schweiz haben wir andere Verhältnisse. In der direkten Demokratie können alle mitstimmen, und im Parlament sollen alle vertreten sein. Es muss niemand diskriminiert werden, weil er «zu klein» ist. Der Gemeinderat von Zürich hat bereits mehrfach bewiesen, dass er funktioniert, auch wenn kleine Parteien darin vertreten sind oder wenn einzelne Mitglieder sich von ihren Parteien trennen. Auch im übrigen Kanton Zürich gibt es keine einzige Gemeinde mit einer 5%-Sperrklausel (auch nicht in Winterthur). Und dies hat sich bewährt. Zur Verteidigung des Quorums wird häufig aufgeführt, dass damit die Zersplitterung der politischen Kräfte eingedämmt und der Einsitz von politischen «Einzelmasken» verhindert wird. Ohne Quorum wären 2014 jedoch mit Vertreterinnen und Vertretern der EVP, SD, EDU und BDP durchaus etablierte Parteien und nicht etwa Einzelmasken ins Parlament eingezogen. Zudem steht es den kleinen Parteien frei, sich einer bestehenden Fraktion anzuschliessen oder eine eigene Fraktion zu bilden, sodass durchaus gewichtige politische Blöcke entstanden wären. Auch einer konstruktiven Mitarbeit in den Kommissionen wäre damit nichts im Wege gestanden. Es ist wenig überraschend, dass die grösseren, altgedienten Parteien im Gemeinderat sich für die Beibehaltung des Quorums ausgesprochen haben. Es scheint so, als würden sie sich vor dem politischen Ideenwettbewerb und möglichen Sitzverlusten wegen der derzeit geltenden «Übervorteilung» fürchten. Letztlich geht es ihnen um die Verteidigung ihrer Pfründe zur Beibehaltung ihres politischen Einflusses. Ihr Beharren auf dem System ist Ausdruck einer Arroganz der Macht. Das Stimmvolk ernst nehmen heisst aber, sich den verschiedenen Meinungen und politischen Strömungen zu stellen, sodass die überzeugenderen Argumente und Parteiprogramme gewinnen – ohne eine systemfremde und demokratisch fragwürdige Hürde wie das 5%-Quorum. Daher Ja zur Initiative! Mutiges Ja zu mehr Fairness bei Wahlen Die Schweiz mit ihrer Jahrhunderte alten Erfahrung in direkter und indirekter Demokratie braucht keine Sperrklauseln. Sie funktioniert mit einer riesigen Zahl von Beteiligten. Diese Vielfalt ist der Reichtum unseres Landes. Sagen wir deshalb Ja zu Vielfalt und Innovation in unserem Parlament und damit Ja zur Initiative Faires Wahlrecht für Züri! 6 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 6 Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 13.3.17 09:39 Abstimmungsvorlage 2 Konfliktvermittlung und Hilfe im öffentlich zugänglichen Raum, Gemeindebeschluss Teil des mobilen Auftrags von sip züri ist, Menschen in Not Information, direkte Hilfe und Krisenintervention vor Ort zu bieten. Das Wichtigste in Kürze Die Erwartungen und Ansprüche unterschiedlicher Teile der Bevölkerung an die Nutzung des öffentlich zugänglichen Raums sind vielfältig. Dabei kommt es auch immer wieder zu Nutzungskonflikten. Um diese möglichst niederschwellig abzufangen, betreibt die Stadt Zürich seit mehr als fünfzehn Jahren sip züri (Sicherheit, Intervention, Prävention). Diese Gruppe besteht aus 60 geschulten Mitarbeitenden, die sich auf 33,9 Vollzeitstellen verteilen. Sie betreibt Konfliktvermittlung, Beratung und konkrete Hilfeleistungen im öffentlich zugänglichen Raum und beaufsichtigt exponierte soziale Institutionen. sip züri hat das Wohl der gesamten Bevölkerung im Fokus. Die Mitarbeitenden vermitteln bei Streit und Lärm, intervenieren bei Belästigungen und bieten Information und direkte Hilfe vor Ort. Dabei gilt den Bedürfnissen von Jugendlichen ein besonderes Augenmerk. Menschen in offensichtlicher Not werden an unterstützende Einrichtungen, wie zum Beispiel die Notschlafstelle oder Krankenhäuser, vermittelt. Zusätzlich beaufsichtigen die Mitarbeitenden von sip züri exponierte Einrichtungen des Sozialdepar- I. Ausgangslage Die Stadt Zürich verfügt über einen attraktiven und vielfältigen öffentlichen Raum. Nicht minder vielfältig sind die Anliegen und Ansprüche, die an diesen Raum gestellt werden. Meistens ist der Umgang untereinander von Rücksicht geprägt, doch treten immer wieder Nutzungskonflikte auf. Um diese mögGemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 7 tements wie z. B. Anlaufstellen für Drogenabhängige oder den Strichplatz. Die Leistungen von sip züri umfassen somit aufsuchende Sozialarbeit und ordnungsdienstliche Aufgaben. Die Mitarbeitenden von sip züri intervenieren aktiv, appellieren an die Konfliktbeteiligten und unterstützen sie bei der Lösungsfindung; sie haben aber keine polizeilichen Befugnisse. Dennoch entlastet die Arbeit von sip züri die Polizei massgeblich. Die Leistungen von sip züri leiten sich aus einem Gemeindebeschluss von 1990 und drei Beschlüssen des Gemeinderats aus den Jahren 2001, 2002 und 2009 ab. Diese Beschlüsse entstanden jeweils vor dem Hintergrund der damaligen Wahrnehmung von Problemen im öffentlichen Raum. Diese Herausforderungen haben sich seither jedoch ge wandelt. guten interkommunalen Zusammenarbeit auch vor, die Leistungen von sip züri Gemeinden in der Agglomeration in einem begrenzten Ausmass und gegen kostendeckende Abgeltung anzubieten. Der Aufwand für sip züri war für das Jahr 2016 mit netto knapp 2,9 Millionen Franken budgetiert. Der Betrag setzt sich zusammen aus einem effek tiven Aufwand von 4,2 Millionen Franken und Er trägen von 1,3 Millionen Franken (beide Beträge gerundet). Abstimmungsfrage Auf Ihrem Stimmzettel werden Sie gefragt: Wollen Sie die folgende Vorlage annehmen? Die heutigen Aufgaben von sip züri sollen deshalb mit dem hier zur Abstimmung unterbreiteten Gemeindebeschluss eine zeitgemässe neue Grundlage erhalten. Er weist zudem dem Gemeinderat die abschliessende Kompetenz zu, mit dem jähr lichen Budget die benötigten Finanzmittel zu be willigen und so das Leistungsvolumen zu steuern. Der Beschluss sieht schliesslich im Interesse einer Konfliktvermittlung und Hilfe im öffentlich zugänglichen Raum, Gemeindebeschluss lichst niederschwellig abzufangen, Menschen in Not beizustehen und exponierte soziale Einrichtungen zu beaufsichtigen, setzt die Stadt seit fünfzehn Jahren sip züri (Sicherheit, Intervention, Prävention) ein. Grundlage für Auftrag und Leistungen von sip züri sind ein Gemeindebeschluss von 1990 sowie drei Beschlüsse des Gemeinderats aus den Jahren 2001, 2002 und 2009. Alle diese Beschlüsse ent- standen vor dem Hintergrund einer jeweils zeittypischen Wahrnehmung von Problemen im öffentlichen Raum. Es ist deshalb angezeigt, dem Auftrag von sip züri einen neuen, zeitgemässen Gemeindebeschluss zugrunde zu legen. Darin sollen die heute erforderlichen Leistungen festgelegt und die Steuerung der dafür benötigten Finanzmittel bestimmt werden. Empfehlung Stadtrat und Gemeinderat empfehlen Annahme der Vorlage. 7 13.3.17 09:39 II. Veränderungen des Stadtlebens im öffentlichen Raum 1990er-Jahre In den frühen 1990er-Jahren nutzten Einwohnerinnen und Einwohner sowie Besucherinnen und Besucher der Stadt den öffentlichen Raum in ihrer Freizeit noch vergleichsweise wenig. Die Angebote an Restaurants und Bars mit langen Öffnungszeiten und Boulevardbetrieb waren bescheiden, Konzerte und Veranstaltungen unter freiem Himmel selten. Auch das spontane Zusammentreffen und Feiern in Parks blieben eine Seltenheit. Es waren damals vor allem verwahrlost erscheinende und öffentlich konsumierende Drogenabhängige, Drogenprostituierte oder Menschen, die aus anderen Gründen am Rande der Gesellschaft lebten, die sich im öffentlichen Raum aufhielten oder dort nächtigten. Sie fielen teilweise durch Lärm und Abfall, Pöbeleien und aggressives Verhalten auf. Später kamen Punks hinzu, die durch ihre bewusst auffällige Erscheinung, ihr Auftreten, ihre Bettelei und ihre freilaufenden Hunde Anstoss erregten. 2000er-Jahre In der zweiten Hälfte der 2000er-Jahre gaben vermehrt Gewalttätigkeiten unter Jugendlichen im Ausgang Anlass zur Besorgnis. Sie standen meist unter Alkohol- und/oder Drogeneinfluss. Die Bevölkerung fühlte sich durch nächtlichen Lärm und liegengebliebenen Abfall gestört. Anlass zur Besorgnis gaben aber auch junge Menschen, die aufgrund ihres Zustands dringend auf direkte Hilfe und Unterstützung angewiesen waren. Ab etwa 2008 veränderte sich auch das öffentlich sichtbare Rotlichtmilieu. Neu kamen viele Frauen, vornehmlich aus osteuropäischen Staaten, nach Zürich in der Hoffnung, mit Strassenprostitution ein besseres Auskommen zu finden. Sie gingen ihrer Arbeit hauptsächlich am Sihlquai und im Niederdorf nach. Der Konkurrenzdruck nahm zu. In der Folge warben die Frauen auffälliger, lauter und teilweise aggressiver um Kundschaft und erbrachten in der Not ihre Leistungen auch im öffentlich zugänglichen Raum. Gleichzeitig machten sich verschiedentlich junge, häufig angetrunkene Männer ein Vergnügen daraus, die Frauen zu provozieren, auch wenn sie keinerlei Absichten hegten, deren Dienste zu beanspruchen. Klagen der Anwohnerinnen und Anwohner über dieses laute Treiben wurden immer häufiger. lige in Not» von 1990 entstand unter dem Zeichen der damaligen Drogenszene mit ihren sozialen Folgewirkungen und Notsituationen. Im Fokus standen die Hilfe und Unterstützung von Drogenabhängigen, die sich zahlreich im öffentlichen Raum aufhielten. Dazu kamen Randständige, die primär unter psychischen Problemen litten, sich in Notsituationen befanden und sich sozial auffällig verhielten. Der Beschluss bildet die Grundlage für die Einrichtung von sozialen An geboten in den Bereichen Wohnen und Unterkunft, Arbeit und Beschäftigung, Kontaktpflege, Verpflegung, aber auch Beratung und Information. Die Notschlafstelle, das Begleitete Wohnen und die Kontaktund Anlaufstellen für Drogenabhängige sind Beispiele für solche Angebote, die auch heute noch ihren Zweck erfüllen. Für die heutigen Leistungen von sip züri bildet dieser Beschluss jedoch keine vollständige Rechtsgrundlage mehr. Hingegen ist er insbesondere für die Angebote in den Bereichen Wohnen und Unterbringung, Arbeit und Beschäftigung weiterhin gültig. Er bleibt deshalb bestehen. Gemeinderatsbeschlüsse vom 11. April 2001 und vom 2. Oktober 2002 Im Jahr 2000 führte der Stadtrat aufgrund der intensiven Nutzung des öffentlichen Raums und der sich abzeichnenden Entwicklung hin zur 24-Stunden- Gesellschaft im Rahmen eines Pilotprojekts sip züri (Sicherheit, Intervention, Prävention) mit folgenden Zielsetzungen ein: –Prävention vor Repression: Immissionen und Belästigungen werden verringert, die Eskalation von Konflikten wird vermieden. –Verhaltensänderung durch Kommunikation: Besucherinnen und Besucher öffentlicher Anlagen zeigen mehr Rücksichtnahme aufeinander sowie auf Anwohnerinnen und Anwohner. – Information und Vermittlung von Hilfsangeboten: Die vorhandenen Hilfs-, Unterstützungs- und Be ratungsangebote sind bekannt; wer Hilfe oder Beratung sucht, wird an die zuständigen Stellen vermittelt. 2001 beschloss der Gemeinderat eine Verlängerung des Pilotprojekts bis Ende 2002 und bewilligte dafür Ausgaben von insgesamt gut 2,5 Millionen Franken. Die Einsatzzeiten von sip züri wurden auf sieben Tage je Woche ausgedehnt. Zudem wurde die Möglichkeit geschaffen, dass Einwohnerinnen und Einwohner bei Problemen im öffentlichen Raum direkt mit sip züri Kontakt aufnehmen können, ohne umgehend an die Polizei gelangen zu müssen. Im Herbst 2002 bewilligte der Gemeinderat die definitive Einrichtung von sip züri mit jährlich wiederkehrenden, unbefristeten Ausgaben von 1,782 Millionen Franken. Gemeinderatsbeschluss vom 23. September 2009 2007 kam es zu verschiedenen Gewaltvorfällen unter Jugendlichen im öffentlichen Raum und im Umfeld der Partyszene. Der Stadtrat beauftragte daraufhin sip lichen züri, an öffentlichen Treffpunkten von Jugend präsent zu sein, aktiv bei exzessivem Alkoholkonsum, Konflikten, Gewalt und Littering zu intervenieren und bei Bedarf Eltern, Sanität, Polizei oder zuständige tionen von sip Fachstellen beizuziehen. Die Interven züri waren erfolgreich. Der Gemeinderat bewilligte deshalb 2009 zusätzlich jährlich wiederkehrende Ausgaben von 1,16 Millionen Franken für die Interventionen gegen Jugendgewalt und exzessiven Alkoholkonsum. IV. Leistungen und Aufgaben von sip züri Die Arbeit von sip züri hat sich sehr bewährt. Sie soll deshalb fortgeführt und auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt werden. Wie bisher liegt auch heute der Fokus der Arbeit von sip züri auf dem guten Zusammenleben der gesamten Bevölkerung, sowohl der sozial integrierten als auch der randständigen Menschen. Ein besonderes Augenmerk gilt den Bedürfnissen von Jugendlichen. Die Konfliktvermittlung erfolgt einerseits in mobiler Form (mobiler Auftrag) und andererseits im Rahmen eines Präsenzauftrags vor exponierten Einrichtungen des Sozialdepartements. Die Leistungen von sip züri gehen weit über diejenigen von Sicherheitsdiensten hinaus. Ihre Mitarbeitenden Jüngere Vergangenheit und Gegenwart In den letzten Jahren hat auch das Nachtleben in Zürich nochmals an Schwung gewonnen. Tausende von mehrheitlich jungen Leuten kommen in die Stadt, um sich zu vergnügen. Das Nachtleben findet nicht nur in den zahlreichen Bars und Clubs statt, sondern auch im öffentlichen Raum: spontan auf der Strasse, in Parkanlagen und auf Plätzen. Es wird laut, der Alkohol fliesst und die Abfallberge türmen sich. Regelmässig benötigen Feiernde Hilfe oder es kommt zu Pöbeleien und Gewalttätigkeiten. Manche Anwohnerinnen und Anwohner der betroffenen Quartiere fühlen sich zunehmend durch den regelmässigen, meist bis in die frühen Morgenstunden dauernden Lärm, den Abfall und die durch Alkoholkonsum aufgeheizte Stimmung gestört und belästigt. Die Anwohnerinnen und Anwohner sind sich in der Mehrheit durchaus bewusst, dass sie in lebendigen Quartieren leben, und sind deshalb auch sehr tolerant. Doch hat das Mass des Erträglichen auch für sie eine Grenze erreicht. III. Bisherige Rechtsgrundlagen Gemeindebeschluss vom 2. Dezember 1990 Der Gemeindebeschluss «Sozialhilfe an Suchtmittelabhängige, psychisch Behinderte und sozial Auffäl8 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 8 Die Mitarbeitenden von sip züri suchen regelmässig Orte in Zürich auf, an denen besonders oft Nutzungs konflikte zwischen Bevölkerungsgruppen auftreten, und schlichten und vermitteln bei Streit und Lärm. Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 13.3.17 09:39 sind durch ihre Dienstkleidung gut erkennbar, haben aber keine polizeilichen Befugnisse. Deshalb wird in kritischen Situationen die Stadtpolizei beigezogen. Mobiler Auftrag Die Mitarbeitenden von sip züri im mobilen Auftrag verfügen über eine berufliche Ausbildung in Sozial arbeit, Sozialpädagogik, Pflege, Psychologie oder Sozialbegleitung und jene im Präsenzauftrag über eine abgeschlossene Berufsausbildung und über Erfahrungen in der Konfliktvermittlung und/oder im Sicherheitsdienst. Sie kommunizieren ihren Auftrag und der jeweiligen Situation angepasste Regeln zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses und der Rücksichtnahme. Sie schlichten Konflikte ruhig und sachlich im Gespräch und unterbreiten Vorschläge, wie die Situation zur Zufriedenheit aller Beteiligten entspannt werden kann. Sie helfen auch Menschen, die in Notlagen geraten sind, auf unkomplizierte Weise vor Ort oder begleiten sie bei Bedarf an spezialisierte Stellen für weiterführende Unterstützung. Die Mitarbeitenden von sip züri besuchen im Rahmen ihres mobilen Auftrags mindestens zu zweit regelmässig Orte in Zürich, an denen besonders oft Nutzungskonflikte auftreten – so zum Beispiel den Raum Militär-/ Langstrasse, den Stadelhoferplatz oder die Allmend Brunau. Diese Nutzungskonflikte entstehen unter anderem, wenn sich Anwohnende oder Passantinnen und Passanten durch das Verhalten von Drogenkonsumierenden, Jugendlichen oder Party-Besuchenden belästigt fühlen, Hunde nicht angeleint sind oder lauter Streit entsteht. sip züri wird auch durch die Bevölkerung, die Verwaltung und soziale Institutionen um Unterstützung gebeten, etwa bei Jugendlichen, die spätnachts im Innenhof einer Wohnsiedlung trotz Beschwerden laut Musik hören, bei nicht ansprechbaren Personen, die auf öffentlichem Grund aufgefunden worden sind, oder orientierungslosen Personen, die an die Zentrale Abklärungs- und Vermittlungsstelle der Sozialen Dienste der Stadt Zürich verwiesen werden müssen. Pro Tag werden rund drei Störmeldungen und Reklamationen der Bevölkerung in der sip züri-Zentrale aufgenommen. Wenn sich das Anliegen nicht tele fonisch klären lässt, beispielsweise mit Verhaltensempfehlungen, wird nach Möglichkeit eine Patrouille von sip züri vor Ort geschickt. Die breite Erfahrung in der Konfliktvermittlung von sip züri fliesst auch bei der sip züri beaufsichtigt im Rahmen des Präsenzauftrags exponierte Einrichtungen des Sozialdepartements wie die vier Kontakt- und Anlaufstellen oder den Strichplatz Depotweg. Entwicklung von Konzepten der Stadt ein, wie beispielsweise bei der Bewilligung von Jugendpartys im Freien oder beim Umgang mit Lärmklagen. Durchschnittlich fünfmal pro Jahr verfassen Mitarbeitende von sip züri eine Gefährdungsmeldung an die Kindesund Erwachsenenschutzbehörde (KESB), wenn sie auf Personen treffen, die offensichtlich nicht mehr in der Lage sind, ihren Alltag selbstbestimmt und ohne Eigengefährdung zu organisieren. sip züri arbeitet beim mobilen Auftrag mit vielen städtischen und privaten Institutionen zusammen. Eng ist die Zusammenarbeit mit der Stadtpolizei Zürich, die jährlich rund 50 Mal in kritischen Situationen beigezogen wird. Umgekehrt nimmt sich sip züri auf Meldung der Stadtpolizei fast täglich hilfloser Personen an, sie sorgt dafür, dass nachts angetroffene Kinder zu ihren Eltern zurückfinden, oder geht Reklamationen aus der Nachbarschaft nach. Damit kann sip züri zahlreiche Situationen mit direkter Hilfe und Konfliktvermittlung abschliessend und einvernehmlich lösen und entlastet die Polizei damit erheblich. Im Jahr 2015 war sip züri während 12 800 Stunden für Patrouillen und Konfliktvermittlungen unterwegs. Präsenzauftrag Mitarbeitende von sip züri beaufsichtigen zudem im Rahmen des Präsenzauftrags alleine oder zu zweit exponierte soziale Einrichtungen wie die vier Kontakt- und Anlaufstellen oder den Strichplatz. Sie stellen sicher, dass die Hausordnung respektiert wird, nur befugte Personen Einlass erhalten und die nähere Umgebung der Einrichtungen nicht durch Drogenhandel oder Prostitution belastet wird. sip züri sorgte im Jahr 2015 während 15 900 Stunden bei Kontakt- und Anlaufstellen und am Strichplatz für Ordnung. Kooperation mit anderen Gemeinden Das Konzept von sip züri stiess sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Fachwelt auf grosses Inte resse. In Biel, Luzern und Bern sind Organisationen mit vergleichbarem Auftrag entstanden. Auch Gemeinden in der Region Zürich interessieren sich für das Modell. Für kleinere Gemeinden lohnt sich der Aufbau einer eigenen Organisation jedoch nicht, weshalb sie in der Regel eine Kooperation suchen. Aktuell verfügt die Stadt Zürich über entsprechende Leistungsvereinbarungen mit den Gemeinden Wädenswil, Kloten, Dübendorf, Oberengstringen und Dietikon. Die Leistungen von sip züri werden mit einem Ansatz von 120 Franken pro Stunde zu Vollkosten verrechnet. Diese Leistungen an Drittgemeinden verschaffen sip züri keinen finanziellen Gewinn, verhelfen ihr aber dazu, Auslastungsschwankungen auszugleichen, die Kosten für ihre in der Stadt Zürich erbrachten Leistungen niedrig zu halten und die Akzeptanz der städtischen Sozialpolitik ausserhalb der Stadt zu stärken. V. Neue Rechtsgrundlage Der neue Gemeindebeschluss beschreibt die Ziel setzung der Konfliktvermittlung durch sip züri: För derung der gegenseitigen Toleranz und Rücksichtnahme sowie der Sicherheit. Zur Erfüllung des Auftrags werden der mobile Auftrag einerseits und der Präsenzauftrag andererseits umschrieben. sip-Mitarbeitende vermitteln Obdachlosen und Randständigen in Not Kontakte zu Hilfseinrichtungen. Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 9 Zum mobilen Auftrag gehören Konfliktschlichtung, vermittelndes Einschreiten bei Streit, Lärm, Intervention bei Littering, Information, direkte Hilfe vor Ort 9 13.3.17 09:39 und Begleitung sowie ambulante Beratung, Vermittlung und Krisenintervention. Es wurden bewusst keine Zielgruppen für die Leistungen beschrieben. Denn die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich diese Zielgruppen in einer offenen, lebendigen Stadt mit der Zeit verändern: Es kommen neue hinzu, andere treten in den Hintergrund. Entscheidend ist, dass der Fokus in der Arbeit von sip züri auch künftig bedarfsgerecht verschoben werden kann. Bezüglich des Präsenzauftrags wird die Beaufsich tigung von exponierten Einrichtungen explizit auf Einrichtungen des Sozialdepartements beschränkt. Sollte sich bei einer weiteren bestehenden oder allenfalls künftigen Einrichtung des Sozialdepartements eine Beaufsichtigung durch sip züri für die ordentliche Betriebsführung als nötig erweisen, sind hierfür die Grundlagen gegeben. Nicht möglich wäre hingegen beispielsweise die Zutrittskontrolle im Asylzentrum Juchareal im Auftrag der Asyl-Organisation Zürich (AOZ) oder bei Zivilschutzanlagen, Fussballspielen oder an der Züspa. VI. Kosten Mit der neuen Rechtsgrundlage wird zudem dem Gemeinderat die abschliessende Kompetenz übertragen, um mit dem jeweiligen Budget (Voranschlag) die jährlichen Mittel für sip züri festzulegen. Schliesslich wird explizit auch die Möglichkeit geregelt, die Leistungen von sip unter dem Prinzip der Kosten Antrag Folgender Antrag wird den Stimmberechtigten zum Entscheid unterbreitet: Konfliktvermittlung und Hilfe im öffentlich zugänglichen Raum, Gemeindebeschluss 1. D ie Stadt fördert durch Konfliktvermittlung das rücksichtsvolle Verhalten, die gegenseitige Toleranz und damit die Sicherheit aller Personen im öffentlich zugänglichen Raum und in Einrichtungen des für das Soziale zuständigen Departements. Dies geschieht durch einen mobilen Auftrag und einen Präsenzauftrag. 2. Im Rahmen des mobilen Auftrags werden regelmässig und auf Meldung hin expo- 10 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 10 deckung auch Drittgemeinden anzubieten. Der zulässige Umfang von solchen Dienstleistungen für Dritte wird jedoch zurückhaltend definiert und entsprechend bei einer Obergrenze von fünf Prozent des jährlichen Bruttoaufwands von sip züri begrenzt. nierte, öffentlich zugängliche Orte besucht, um: a.Nutzungskonflikte zu schlichten; b. bei Streit und Lärm zu vermitteln und bei Littering einzuschreiten; c. Information, direkte Hilfe vor Ort und Begleitung zu bieten; d. ambulante Sozialarbeit in Form von Beratung, Vermittlung und Krisenintervention zu leisten. 3. Im Rahmen des Präsenzauftrags werden exponierte Einrichtungen des für das So ziale zuständigen Departements beaufsichtigt. 4. D ie Leistungen gemäss Ziff. 2 können gegen kostendeckende Verrechnung für andere Gemeinden im Kanton Zürich erbracht Für das Jahr 2016 hat der Gemeinderat Nettoausgaben von 2,8746 Millionen Franken bewilligt. Dieser Betrag setzt sich aus Aufwendungen von 4,1797 Millionen Franken und Erträgen von 1,3051 Millionen Franken zusammen. werden, sofern deren Aufträge insgesamt nicht mehr als 5 Prozent des gesamten Bruttoaufwands ausmachen. 5. D ie Mittel für die Leistungen gemäss Ziff. 2 und 3 werden vom Gemeinderat im Rahmen des Voranschlags bewilligt. 6. Der Stadtrat setzt diesen Gemeindebeschluss in Kraft. Empfehlung Stadtrat und Gemeinderat empfehlen Annahme der Vorlage. Der Gemeinderat stimmte am 5. Oktober 2016 mit 69:49 Stimmen zu. Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 13.3.17 09:39 Minderheitsmeinung der SVP-Fraktion Minderheitsmeinung der AL-Fraktion Die SIP ist eine «formelle Sicherheitsorganisation», die dem Sozialdepartement unterstellt ist und den erklärten Anspruch hat, ein Sicherheitsdienst zu sein. Die Realität sieht aber anders aus. Erlaubt ist, was den Stadtrat nicht stört! Ordnungsdienstliche Aufgaben bestehen nicht nur darin, unverbindlich um Ruhe und Ordnung zu bitten, sondern dies auch konsequent durchzusetzen. Gerade aber bei der Durchsetzung kommt die SIP nicht zum Einsatz. Wird einer Aufforderung der SIP nicht Folge geleistet, bleibt dies für die Betroffenen folgenlos. Anhand eines Beispiels wird dies deutlich: Wenn ein paar Jugendliche auf einem Schulplatz übermässig viel Lärm verursachen, wird in der Regel zuerst die SIP aufgeboten. Diese bittet um Ruhe. Wird dieser höflichen Bitte aber nicht nachgekommen, folgt keine Wegweisung oder ein Platzverweis, was von einem Sicherheitsdienst erwartet werden kann. Als Folge davon muss für die Durchsetzung von Ruhe und Ordnung extra die Polizei aufgeboten werden, die eine Wegweisung durchsetzt. Der öffentliche Raum ist, im Unterschied zum privaten Raum, ein Ort, welcher allen offensteht. Im öffentlichen Raum lernen die Menschen als Gemeinschaft zu funktionieren. Dieser Raum muss nicht ständig konfliktfrei sein, er muss von SozialarbeiterInnen und Polizei nicht «zurechtgemacht» werden. Kommunizierte Repression Die Mitarbeitenden der sip züri patrouillieren in ihren blauen Uniformen durch die Stadt und erinnern nicht nur optisch an die Stadtpolizei. Durch Kommuni kation wird versucht, eine Verhaltensänderung herbeizuführen – sollte diese sanfte Repression nichts bringen, wird «in kritischen Situationen die Stadtpolizei beigezogen». Die sip züri schreitet ein, wenn sich Anwohnende durch das Verhalten von Drogenkonsumierenden belästigt fühlen, wenn zwei sich laut streiten oder auch mal, wenn Hunde nicht angeleint sind. Laut dem Betriebs leiter der sip züri übernimmt die sip die soziale Kontrolle im öffentlichen Raum. Die eingesetzten Methoden der sip bezeichnet er in einer Präsentation im November 2012 als «kommunizierte Repression». Die Behauptungen, die SIP habe keine rechtliche Handhabung, um Wegweisungen auszusprechen, weist die SVP entschlossen zurück. Es steht der Stadt Zürich jederzeit frei, der SIP das Recht und die Befugnis nach ZGB Art. 926 zu übertragen. Dies, um auf den einzelnen städtischen Arealen wie Schulen, Sportplätzen etc. Wegweisungen und Hausverbote aussprechen und durchsetzen zu können. Aus politischen Gründen wird jedoch auf eine Erteilung einer solchen Befugnis an die SIP verzichtet. 1990, zur Zeit der offenen Drogenszene, sind Angebote wie die Notschlafstelle und die Kontakt- und Anlaufstellen für Drogenkonsumierende entstanden. Auf den damaligen Gemeindebeschluss zur Überlebenshilfe stützte sich der Stadtrat – reichlich gewagt – als Rechtsgrundlage für die im Jahr 2000 eingeführte Verhaltenspolizei, die sip züri. Deshalb ist die SIP kein eigentlicher Sicherheitsdienst, sondern vielmehr eine mobile Sozialarbeit. Und für eine mobile Sozialarbeit ist die SVP nicht bereit, jährlich 4 Millionen Franken auszugeben. Fass ohne Boden Über die Jahre hinweg ist die sip züri ständig weiter ausgebaut worden. Sie startete mit 6,4 Stellenwerten und einem Budget von 1 267 000 Franken und ist heute bei 33,9 Stellenwerten angekommen, mit einem Budget von 4 179 700 Franken. Ein ähnliches Bild zeigt sich anhand eines Beispiels im Zusammenhang mit dem Präsenzauftrag der SIP vor Kontakt- und Anlaufstellen für Süchtige. Stellt die SIP eine Straftat fest, macht sie nicht von der Möglichkeit des vorläufigen Festnahmerechts nach Art. 218 der Strafprozessordnung (StPO) Gebrauch, um die Täterin oder den Täter anschliessend der Polizei zu übergeben. Die SIP verzichtet bei Straftaten explizit auf diese Möglichkeit. Auch hier wird wieder eine Ressourcenverschwendung deutlich. Für die Durchführung von gewaltlosen Konfliktlösungen im öffentlichen Raum, und dazu gehören nach Auffassung der SVP auch die Durchsetzung von Wegweisungen und das Aussprechen von Platz- und Hausverboten, sind die SIPMitarbeitenden besonders psychologisch und sozial geschult. Genau hier sollte der Mehrwert der SIP gegenüber der Polizei liegen. Da dieses Potential mangels Kompetenzen nicht ausgeschöpft werden kann, ist dies nicht der Fall. Zudem ist die SIP im Einsatz genauso teuer wie die Polizei. Da die Kernkompetenzen der SIP-Mitarbeitenden aus politischen Gründen nicht vollumfänglich zum Einsatz kommen und ungenügend sind, lehnt die SVP die Weisung zu den neuen rechtlichen Grundlagen für die SIP ab. Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 11 Der sip-Auftrag wurde so offen formuliert, dass fast schrankenlos ständig neue Aufgaben hinzukommen können. Anfänglich standen Drogen- und Alkoholkonsumierende, aber auch Punks im Fokus. Später waren betrunkene Jugendliche ein Problem, 2008 das öffentlich sichtbare Rotlichtmilieu, 2014 Asylsuchende im Zentrum Juch. Die heutigen Störfaktoren seien hauptsächlich Drogenkonsumierende, sozial Marginalisierte, Jugendliche und PartygängerInnen. Aber damit nicht genug: sip züri beaufsichtigte die Allmend Brunau und die Limmat auen Werdhölzli und übernimmt Sicherheitsaufträge für andere Gemeinden wie Wädenswil, Dietikon oder Kloten. Da die Stadtregierung die finanziellen Mittel der sip züri, entgegen den Bemühungen der AL, nicht begrenzen will, kann das Budget der sip züri jederzeit mit einem Beschluss, der nicht referendumsfähig ist, erhöht werden. Ein Fass ohne Boden! Paternalistische Verhaltenspolizei Aus Sicht der AL hat soziale Arbeit nichts mit Ordnungsdienst zu tun. Der Gemeindebeschluss aus dem Jahr 1990 ermöglicht weiterhin wichtige Angebote wie die Kältepatrouillen der sip züri. Für einen öffentlichen Raum, der partizi pativ, demokratisch und inklusiv ist, braucht es aber keine paternalistische Verhaltenspolizei. 11 13.3.17 09:39 Abstimmungsvorlage 3 Neubau Schulanlage Pfingstweid, Escher-Wyss-Quartier, Objektkredit von 29,4387 Millionen Franken Die Klassenzimmer und Aufenthaltsräume der Schulanlage Pfingstweid sind auf den ruhigen Park ausgerichtet. Die Aussenanlage mit Pausenbereich und Allwetter platz verbindet die Schulanlage direkt mit dem Park. (Visualisierung: Baumann Roserens Architekten, Zürich) Das Wichtigste in Kürze Im Industriequartier Zürich-West (Kreis 5) soll auf dem Areal zwischen Pfingstweidpark und Pfingstweidstrasse bis 2019 eine neue Schulanlage für die Primarstufe mit Sporthalle, Betreuungsräumen, Mehrzwecksaal und Bibliothek entstehen. Der Bau eines Primarschulhauses für neun Klassen ist notwendig, da Zürich-West zu den am stärksten wachsenden Stadtteilen Zürichs gehört. Mit der Fertigstellung verschiedener Wohnbauten wird die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner und damit auch die der Kinder im Quartier weiter steigen. Bis 2023/2024 ist dort mit einer Zunahme der Anzahl Schülerinnen und Schüler um 46% zu rechnen. I. Ausgangslage Das frühere Industriequartier im Umkreis von EscherWyss-Platz und Hardturm im Kreis 5 hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten verändert wie kaum ein anderes Gebiet in Zürich. Seit dem Rückgang von Industriearbeitsplätzen werden auf den Gross arealen bestehende Bauten umgenutzt oder neue Gebäude errichtet. Neben Geschäftshäusern, Bildungsinstitu tionen, Hotels und Restaurants, Theatern, Kinos und Läden sind auch Wohnsiedlungen entstanden. Parallel dazu hat sich die Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner im westlichen Teil des Kreises 5 innert der letzten 20 Jahre von 1600 auf 5400 mehr als verdreifacht. Dementsprechend 12 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 12 Deshalb ist die Stadt auf neue Schulräume im Quartier angewiesen. Das riegelförmige Schulhaus wird aufgrund seiner Positionierung und seiner Abwendung von der Pfingstweidstrasse vor den Immissionen des Verkehrs geschützt sein. Gleichzeitig werden wertvolle Bezüge zwischen Park und Schule geschaffen. So sind sämtliche Schulzimmer auf den Park aus gerichtet, und auch der Aussenbereich der Schule grenzt direkt an diesen an. Abstimmungsfrage Auf Ihrem Stimmzettel werden Sie gefragt: Wollen Sie die folgende Vorlage annehmen? Neubau Schulanlage Pfingstweid, Escher-WyssQuartier, Objektkredit von 29,4387 Millionen Franken Empfehlung Die Kosten für das Bauvorhaben inklusive Reserven betragen 29,4387 Millionen Franken. Der entsprechende Objektkredit ist Gegenstand dieser Abstimmungsvorlage. benötigt Zürich-West auch mehr Schulraum, denn bis 2023/2024 soll die Anzahl Schülerinnen und Schüler um 46% steigen. Aus diesem Grund möchte die Stadt auf dem Pfingstweidareal eine Primarschulanlage für bis zu neun Klassen erstellen. 180 Kinder aus dem Einzugsgebiet Zürich-West des Schulkreises Limmattal sowie 30–40 Lehr- und Betreuungspersonen sollen darin Platz finden. Dazu kommen eine Einfachsporthalle, Betreuungsräume, ein Mehrzwecksaal und eine Bibliothek. Die Schulanlage ist für das nordöstliche Ende des Pfingstweidareals entlang der Pfingstweidstrasse vorgesehen. Sie grenzt direkt an den im Herbst 2015 eröffneten Quartierpark an. Stadtrat und Gemeinderat empfehlen Annahme der Vorlage. Schulraumbedarf Bis vor wenigen Jahren war der westliche Teil des Industriequartiers mit wenigen Ausnahmen noch kein Wohnquartier, sondern vor allem ein Industrie- und Gewerbegebiet. Entsprechend gering war der Bedarf an Schulraum. Dies hat sich als Folge der Wohnbautätigkeit in Zürich-West und des dadurch entstehenden Zuzugs von Familien mit Kindern geändert. Mit dem Abschluss verschiedener Bauvorhaben im EscherWyss-Quartier wird die Bevölkerungszahl und damit auch die Zahl der Kinder weiter steigen. Dies hat Auswirkungen auf den Schulraumbedarf im Quartier. Heute gehen die Kinder in Zürich-West im Schulhaus Am Wasser respektive im Pavillon auf dem Areal Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 13.3.17 09:39 Du ttw eile rstr ass e Tur bin Pfing idstra enp latz sse Pfing stwe idpark Ha rdb rüc ke Duttw eiler brücke stwe Die Schulanlage bettet sich ins rasch wachsende Escher-Wyss-Quartier ein und grenzt direkt an den Pfingstweidpark an. Die Gebäudekonzeption und die Grundrisse tragen zudem der Nähe zur stark befahrenen Pfingstweidstrasse Rechnung. (Situationsplan: Baumann Roserens Architekten, Zürich) Bah nho Schütze zur Schule. Ab 2019 wäre dann mit dem bereits von den Stimmberechtigten bewilligten Schulhaus Schütze und der Schulanlage Pfingstweid, die Gegenstand dieser Abstimmungsvorlage ist, genügend Schulraum für alle Schülerinnen und Schüler im Quartier vorhanden. In der Schulanlage Pfingstweid sollen die Kinder zur Schule gehen, die im Einzugs gebiet Zürich-West des Schulkreises Limmattal wohnen. Dieses umfasst den Bereich zwischen der Hardbrücke und dem ehemaligen Stadion Hardturm sowie nördlich der Bahngleise bis zur Limmat. Langfristig ist im Kreis 5 in den vier Schulanlagen Limmat, Kornhaus, Schütze und Pfingstweid mit einem Schulraumbedarf von rund 30 Primarklassen und 16 Kindergärten zu rechnen. Darin enthalten sind zwei zusätzliche Klassen, von denen im Fall einer Realisierung des Stadions Hardturm und damit auch der Wohnsiedlung auszugehen ist. Diese zusätzlichen Klassen könnten ebenfalls in der Schulanlage Pfingstweid untergebracht werden. 0 10 20 30 40 50 schen Aussenraums mit dem grosszügigen Quartierpark. Durch die Platzierung und die Form des Gebäudes sowie die Organisation der Räume kann auf die besondere Situation zwischen der stark befahrenen Strasse und dem Park reagiert werden. So werden die Räume mit einer geringen Lärmempfindlichkeit (Korridorzonen) strassenseitig und die lärmempfind liche Räume (Klassenzimmer und Gruppenräume) parkseitig angeordnet. Zwischen Park und Schulgebäude kommt die Aussenanlage mit Pausenbereich f Ha rdb rüc ke und Allwetterplatz zu liegen, die mit dem Park als zusammenhängender Raum konzipiert ist. Gleichzeitig besteht eine genügende Trennung für die notwendige Überschaubarkeit des Schulbetriebs auf den Aussenlagen. Unter- und Erdgeschoss des dreistöckigen Gebäudes werden aufgrund des hohen Grundwasser spiegels in massiver Betonbauweise erstellt. Für die Obergeschosse wird hingegen eine leichte Konstruktion aus Holz gewählt. Statisch wäre es möglich, später bei Bedarf ein weiteres Geschoss aufzubauen. II. Bauprojekt und Umsetzung Als Standort für die Schulanlage Pfingstweid ist das 6500m2 grosse Teilgrundstück am nordöstlichen Ende des Pfingstweidareals zwischen der Pfingstweidstrasse, dem Gleisbogen und der Überbauung «City-West» vorgesehen. Dem Standortentscheid gingen in den Jahren 2004 bis 2009 umfangreiche Prüfungen städtischer und privater Grundstücke in Bezug auf ihre Erreichbarkeit, Qualität und Grösse, Wirtschaftlichkeit und ihren Beitrag zur Quartierentwicklung voraus. Das Pfingstweidareal hat sich dabei als bestmöglicher Standort erwiesen, gerade auch im Hinblick auf die Kombination des schuliGemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 13 Die Laubengänge der Schulanlage verlaufen entlang der südseitigen Fassade zum Pfingstweidpark. Sie bilden einen natürlichen Sonnenschutz. (Visualisierung: Baumann Roserens Architekten, Zürich) 13 13.3.17 09:39 Die Fassade wird strassen- und stirnseitig mit einem Metallblech und Metalllamellen verkleidet. Die süd seitige Fassade öffnet sich über einen Laubengang mit Sonnenstoren zum Park hin. Der Laubengang trägt zur Verschattung der Fassade bei und erleichtert deren Reinigung und Unterhalt. Im Inneren ist das Treppenhaus in Sichtbeton gehalten, in den Schulzimmern werden die Möbeleinbauten und die Unterzüge in Holz ausgeführt. Die Schulanlage Pfingstweid ist als wirtschaftlich vorbildliches Projekt geplant worden, das niedrige Erstellungskosten und einen kostengünstigen Betrieb und Unterhalt über den ganzen Lebenszyklus verspricht. Der Schulhaus-Neubau entspricht den städtischen Anforderungen an das umwelt- und energiegerechte Bauen. Dank der effizienten Energieerzeugung, der sehr gut gedämmten Gebäudehülle sowie der ge ringen Erstellungsenergie erfüllt das Schulhaus die Anforderungen der 2000-Watt-Gesellschaft. Wärmepumpen dienen der Deckung des Wärme- und Kältebedarfs, und eine CO2-gesteuerte Lüftungsanlage versorgt alle Räume mit vorschriftsgemäss gefilterter und gegebenenfalls temperierter Aussenluft. Die Schule Pfingstweid ist als Tagesschule konzipiert. Für die Betreuung der Schülerinnen und Schüler über Mittag mit Mittagessen werden rund 180 Betreuungsplätze angeboten. Dafür ist ein grosser Aufenthalts- und Verpflegungsraum vorgesehen. Auch weitere Räume wie Mehrzwecksaal oder Sporthalle können für die Betreuung genutzt werden. Termine Bei einer Zustimmung der Stimmberechtigten zu dieser Vorlage würde voraussichtlich Mitte 2017 mit dem Bau begonnen werden. Die Inbetriebnahme ist auf Sommer 2019 vorgesehen. Der Pfingstweidpark bleibt der Öffentlichkeit während der gesamten Bauzeit zugänglich. III. Kosten Baukosten Für den Bau der Schulanlage ergibt sich gesamthaft ein Objektkredit von 29,4387 Millionen Franken, der sich wie folgt zusammensetzt: Franken Raumprogramm und Betrieb Das Projekt sieht eine kompakte und flexible Organisation des Raumprogramms vor, da aufgrund der schwierig vorhersehbaren Entwicklung der Kinderzahlen in Zürich-West eine gewisse Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in der Gebäudekonzeption notwendig ist. Das Raumprogramm der Schule Pfingstweid umfasst 1,5 Klassenzüge (neun Klassen), die auf drei Nutzungseinheiten (Cluster) aufgeteilt werden. Eine Nutzungseinheit besteht jeweils aus drei Klassenzimmern, zwei Gruppenräumen und einem Aufenthaltsraum, der auch als dritter Gruppenraum genutzt werden kann. Zusätzlich sind eine Sporthalle, Handarbeits- und Werkräume, ein Zimmer für den musikalischen Unterricht sowie ein Mehrzweckraum/Singsaal und eine Bibliothek geplant. Grundstück 310 000 Vorbereitungsarbeiten 870 000 Gebäude 18 940 000 Betriebseinrichtung 560 000 Umgebung 2 780 000 Baunebenkosten 1 520 000 Ausstattung 1 778 700 Zwischentotal Erstellungskosten 26 758 700 Reserven für Berechnungs ungenauigkeiten (5%) und Unvorhergesehenes (5%) Total Kredit 2 680 000 29 438 700 Sparmassnahmen Gemäss dem im August 2015 verabschiedeten Programm «Kosten- und Flächenreduktion» müssen bei Schulhaus-Neubauten die Kosten um 10 Prozent gesenkt werden, hauptsächlich durch eine Flächenreduktion um 15 Prozent. Obwohl die Projektierung der Schulanlage Pfingstweid noch vor Abschluss des städträtlichen Projekts «Baukosten Hochbau überprüfen» erfolgte, wurden die Kosten und der Flächenkonsumbedarf in der Projektierungsphase in enger Zusammenarbeit mit dem Schul- und Sportdepartement optimiert und überarbeitet. Da die Wettbewerbe für den Park und die Schulanlage zusammen ausgerichtet wurden, konnten Synergien in der Planung genutzt werden. Aufgrund der aus dem Wettbewerb hervorgegangenen begrenzten Kubatur der Schulanlage kann das Raumprogramm sehr kompakt und damit kostengünstiger umgesetzt werden. IV. Folgekosten Die jährlichen Folgekosten des Neubaus betragen 4,28 Millionen Franken und setzen sich wie folgt zusammen: –Kapitalfolgekosten von 2,95 Millionen Franken (10 Prozent der Nettoinvestition); –Betriebliche Folgekosten für Unterhalt, Erneuerungsunterhalt, Reinigung und Hauswartung von 590 000 Franken (2 Prozent der Nettoinvestition); –Folgekosten für die Betreuung von 1,08 Millionen Franken (davon 960 000 Franken Personalkosten und 120 000 Franken Sachaufwand). Davon werden 340 000 Franken durch Elternbeiträge finanziert werden. Antrag Folgender Antrag wird den Stimmberechtigten zum Entscheid unterbreitet: Für den Neubau der Schulanlage Pfingstweid, Escher-Wyss-Quartier, wird ein Objektkredit von 29,4387 Millionen Franken bewilligt. Die Kreditsumme erhöht oder vermindert sich entsprechend der Änderung des Baukosten indexes zwischen der Aufstellung des Kostenvoranschlags (1. April 2015) und der Bauausführung. Empfehlung Stadtrat und Gemeinderat empfehlen Annahme der Vorlage. Der Gemeinderat stimmte am 5. Oktober 2016 mit 119:0 Stimmen zu. Über Mittag werden in der Schulanlage rund 180 Betreuungsplätze angeboten. Dank einer mobilen Trennwand zwischen dem Verpflegungsraum und dem Mehrzweckraum steht bei Bedarf ein grosser Raum zur Verfügung, der für Veranstaltungen aller Art genutzt werden kann.(Visualisierung: Baumann Roserens Architekten, Zürich) Informationen Weitere Informationen und Aktenauflage im Stadthaus, Stadthausquai 17, 8001 Zürich, Stadtbüro, Erdgeschoss (Schalter 01–03). Öffnungszeiten: Mo–Fr 8.00–18.00, Sa 8.00–12.00 Uhr Blinde, seh- oder lesebehinderte Stimmberechtigte können die Abstimmungszeitung als DAISY-Hörzeitschrift abonnieren: Tel. 044 412 30 69. 14 A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 14 Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017 13.3.17 09:39
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