Abstimmungszeitung vom 12. Februar 2017 (PDF, 14

An die Stimmberechtigten
Wir laden Sie ein, die Vorlagen zu prüfen und darüber brieflich
oder an der Urne abzustimmen.
Zürich, 7. Dezember 2016
Stadtrat von Zürich
Corine Mauch, Stadtpräsidentin
Dr. Claudia Cuche-Curti, Stadtschreiberin
Vorlagen
1 Volksinitiative «Faires Wahlrecht für Züri – jede
Stimme zählt!»
ZÜRICH
STIMMT
AB
12. 2. 2017
2 Konfliktvermittlung und Hilfe im öffentlich
­zugänglichen Raum, Gemeindebeschluss
3 Neubau Schulanlage Pfingstweid, Escher-WyssQuartier, Objektkredit von 29,4387 Millionen Franken
Informationen und Resultate zur Abstimmung finden Sie unter:
www.stadt-zuerich.ch/abstimmungen
1D
ie Volksinitiative «Faires Wahlrecht für Züri – jede Stimme zählt!» v
­ erlangt die Abschaffung des seit 2005 geltenden 5%-Quorums, das bei
der Wahl des Gemeinderats – des 125 Mitglieder zählenden Parlaments
der Stadt Zürich – zur Anwendung gelangt. | Seiten 2–6
2D
ie Stadt fördert durch Konfliktvermittlung das rücksichtsvolle Ver­
halten, die gegenseitige Toleranz und damit die Sicherheit aller
­Personen im öffentlich zugänglichen Raum und in Einrichtungen des
Sozialdepartements. Die Arbeit von sip züri, die mit dieser Aufgabe
­betraut ist, soll fortgeführt und auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt
werden. | Seiten 7–11
3M
it dem Neubau der Schulanlage Pfingstweid für neun Primar­
schulklassen kann das starke Wachstum des Stadtteils Zürich-West
aufgefangen und eine ganztägige Betreuung der Schülerinnen und
Schüler angeboten werden. | Seiten 12–14
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 1
13.3.17 09:39
Abstimmungsvorlage 1
Volksinitiative «Faires Wahlrecht für Züri – jede Stimme zählt!»
Der Gemeinderat – das 125 Mitglieder zählende Parlament der Stadt Zürich – wird alle vier Jahre durch die städtischen Stimmbürgerinnen
und Stimmbürger neu gewählt. (Foto: Patrick Hofmann)
Das Wichtigste in Kürze
Im Nachgang der städtischen Erneuerungswahlen
von 2014 lancierte ein überparteiliches Komitee von
EVP, EDU, BDP, SD und ­Piratenpartei eine Volks­
initiative zur Abschaffung des sogenannten Quorums von 5 Prozent bei der Wahl des Gemeinderats. Dieses Quorum – auch Wahlhürde oder Sperrklausel genannt – bedeutet, dass Parteien und
Gruppierungen (Listen), die nicht wenigstens in
­einem der neun Wahlkreise mindestens 5 Prozent
der abgegebenen Stimmen erhalten, bei der Sitzverteilung für das 125-köpfige Stadtparlament nicht
berücksichtigt werden. Das geltende städtische
Wahlrecht, das auch das 5%-Quorum beinhaltet, ist
seit seiner gesetzlichen Einführung 2005 bisher
dreimal angewendet worden.
Die Initiative verlangt die Abschaffung des 5%Quorums. Das Initiativkomitee führt an, dass durch
­dieses Quorum nicht sämtliche Wählerinnen und
Wähler im Parlament vertreten sind und dass ein
Teil der abgegebenen Stimmen wirkungslos wird.
I. Initiativtext mit Begründung
Am 25. November 2014 wurde die Volksinitiative
«Faires Wahlrecht für Züri – jede Stimme zählt!» von
einem überparteilichen Initiativkomitee aus Vertreterinnen und Vertretern der EVP, EDU, BDP, SD und
Piratenpartei eingereicht.
Das Begehren hat folgenden Wortlaut:
2
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 2
Der Stadtrat und die Mehrheit des Gemeinderats
sprechen sich gegen die Aufhebung des bestehenden Quorums aus und lehnen die Volksinitiative
­deshalb ab. Ein Wegfall des 5%-Quorums würde
­bedeuten, dass auch Kleinstgruppierungen im Parlament Einsitz nehmen könnten, auch wenn die für
sie abgegebenen Stimmen nur gerade für einen ein­
zigen Sitz ausreichen. Das geltende Quorum stellt
­sicher, dass nur Parteien und Gruppierungen im Gemeinderat vertreten sind, die über einen gewissen
Rückhalt bei den Wählerinnen und Wählern verfügen. Mit der Abschaffung des Quorums ist die Gefahr verbunden, dass der Parlamentsbetrieb komplizierter und weniger effizient werden könnte und sich
die Kräfte im Parlament zersplittern könnten.
Quoren bei der Wahl von Parlamenten und das
Anliegen, sie abzuschaffen oder herabzusetzen,
­
waren bereits in der Vergangenheit regelmässig
­Gegenstand von politischen Diskussionen und Ge­
richtsentscheiden. So lehnten die Stadtzürcher
Stimmberechtigten im Jahr 2011 eine Einzelinitiative, die das 5%-Quorum herabsetzen wollte, deut-
Initiativtext
«Die Gemeindeordnung der Stadt Zürich vom
26. April 1970 (Gemeindeordnung, AS 101.100) wird
betreffend Wahl des Gemeinderats wie folgt geändert:
Art. 23 Abs. 4
Jede Listengruppe gemäss kantonalem Recht
nimmt unabhängig vom Erreichen des Quorums
gemäss § 102 Abs. 3 des Gesetzes über die politischen Rechte an der Sitzverteilung teil.»
lich ab. Der Kantonsrat befasste sich bereits im
Jahr 2006 zweimal mit dem Anliegen und nahm davon Abstand. Das Bundesgericht schliesslich folgte
seiner bisherigen Praxis und bestätigte im Jahr
2014, dass das in der Stadt Zürich angewandte
5%-Quorum sachlich und rechtlich haltbar, also
verhältnismässig und verfassungskonform sei.
Abstimmungsfrage
Auf Ihrem Stimmzettel werden Sie gefragt:
Wollen Sie die folgende Vorlage annehmen?
Volksinitiative «Faires Wahlrecht für Züri – jede
Stimme zählt!»
Empfehlung
Stadtrat und Gemeinderat empfehlen Ablehnung der Vorlage.
Begründung
«Der Gemeinderat soll als Parlament der Stadt
­Zürich die ganze Bevölkerung vertreten. Mit der bisherigen unfairen Wahlregel wird dies verhindert, weil
nur jene Parteien Sitze erhalten, die mindestens in
einem Wahlkreis 5% aller Stimmen erreichen. Dies
schliesst viele Wählerinnen und Wähler von der Vertretung im Parlament aus, obwohl sie an den Wahlen teilgenommen haben. Damit die ganze BevölkeGemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
13.3.17 09:39
rung vertreten ist, muss die 5%-Hürde abgeschafft
werden. Dass ohne diese Hürde die Stadt unregierbar würde, ist ein Vorwand der grossen Parteien, die
um ihre Macht fürchten. Wenn die breite Vielfalt der
ganzen Bevölkerung in unserem Parlament vertreten
ist, findet die Politik bessere Lösungen!».
Gültigkeit
Mit Beschluss vom 7. Januar 2015 hielt der Stadtrat
fest, dass die Volksinitiative «Faires Wahlrecht für
Züri – jede Stimme zählt!» zustande gekommen ist,
und am 6. Mai 2015 bestätigte er die Rechtmässigkeit der Volksinitiative. Gleichzeitig verzichtete der
Stadtrat auf die Ausarbeitung eines Gegenvorschlags, sprach sich aber gegen die von der Initiative verlangte Änderung der Gemeindeordnung
aus.
Partei/
Gruppierung
Das Anliegen der Volksinitiative betrifft das Wahlverfahren für den Gemeinderat. Gemäss geltendem
Recht nimmt eine Partei oder Gruppierung (Listengruppe; siehe Kasten «Wahlverfahren für den
Gemeinderat im Kurzüberblick») an der Verteilung
­
der 125 Sitze im Parlament nur dann teil, wenn sie in
wenigstens einem der neun Wahlkreise mindestens
5 Prozent aller Stimmen erhält und damit das so­
genannte Quorum – auch Wahlhürde oder Sperrklausel genannt – erreicht. Die Volksinitiative fordert,
dass dieses Quorum ersatzlos aufgehoben wird,
sodass jede Partei oder Gruppierung unabhängig
vom Erreichen des Quorums entsprechend den abgegebenen Stimmen Sitze erhält.
Rechtliche Grundlagen
Das Wahlverfahren für die Parlamente der Gemeinden im Kanton Zürich und damit auch für die Stadt
Zürich wird grundsätzlich durch das kantonale
Recht geregelt. Die entsprechenden Bestimmungen
sind seit 2005 in Kraft und gelangten bei den drei
letzten Erneuerungswahlen des Gemeinderats der
Stadt Zürich wie auch des Zürcher Kantonsrats zur
Anwendung. Dieses Wahlverfahren, das umgangssprachlich «Doppelter Pukelsheim» genannt wird, ist
darauf ausgerichtet, dass bei unterschiedlich grossen Wahlkreisen allen Wählerstimmen ein vergleichbares Gewicht zukommt (vgl. Kasten «Wahlver­
fahren für den Gemeinderat im Kurzüberblick»).
Quorum erreicht
im Wahlkreis 3
in mindestens einem
anderen
Wahlkreis
SP
54 797
X
X
SVP
25 663
X
X
FDP
17 918
X
X
Grüne
21 915
X
X
glp
17 746
X
X
CVP
AL
6 873
16 680
EVP
2 379
SD
1 471
BDP
Piratenpartei
II. Ausgangslage
Erzielte
Parteistimmen
im Wahlkreis 3
X
X
X
929
3 500
EDU
979
Total
170 850
g Quorum (5%): 8 543
Wenn eine Partei oder Gruppierung in einem einzelnen Wahlkreis das 5%-Quorum nicht erreicht, hat das
noch keinen Ausschluss vom Einzug ins Parlament
zur Folge. Um an der proportionalen Verteilung der
Sitze teilnehmen zu können, genügt es, wenn eine
Partei oder Gruppierung in einem einzigen der neun
Wahlkreise einen Stimmenanteil von mindestens
5 Prozent erreicht. Dann erfolgt die Teilnahme an der
Verteilung der Sitze in allen Wahlkreisen und nicht
einzig in jenem Wahlkreis oder in jenen Wahlkreisen,
in dem oder in denen das Quorum erreicht worden ist.
Die 125 Sitze im Gemeinderat werden nach dem
geltenden Wahlverfahren (siehe Kasten rechts) auf
jene Parteien verteilt, die das Quorum in mindestens
e inem Wahlkreis erreicht haben. Parteien oder
­
Gruppierungen, die in keinem Wahlkreis wenigstens
5 Prozent der Stimmen erreichen, scheiden aus.
Wahlverfahren für den Gemeinderat
im Kurzüberblick
Nach der Methode des «Doppelten Pukelsheim»
werden die Sitze bei der Wahl des Gemeinderats in
einem ersten Schritt aufgrund des erreichten Wähleranteils gesamtstädtisch auf jene Listengruppen
verteilt, die das 5%-Quorum erreicht haben (sogenannte Oberzuteilung). Eine Listengruppe entspricht dem Zusammenzug aller Listen, die dieselbe Partei oder Gruppierung in den einzelnen
Wahlkreisen eingereicht hat. Im anschliessenden
zweiten Schritt werden die den jeweiligen Parteien
und Gruppierungen im Rahmen der Oberzuteilung
zugewiesenen Sitze auf die einzelnen Listen der
entsprechenden Parteien und Gruppierungen in
den Wahlkreisen weitergegeben (sogenannte Unterzuteilung).
Die Kombination von Ober- und Unterzuteilung
gleicht die unterschiedlichen Grössen der Wahlkreise und das dadurch bedingte unterschiedliche
Gewicht der Stimmen in grossen und in kleinen
Wahlkreisen aus. Sie gewährleistet damit die sogenannte Erfolgswertgleichheit der abgegebenen
Wählerstimmen. Deshalb haben auch kleine Gruppierungen grundsätzlich eine Chance, an der Sitzverteilung teilzunehmen.
Das Wahlverfahren des «Doppelten Pukelsheim»
kann mit oder ohne Quorum zur Anwendung ge­
langen.
Das 5%-Quorum, das auch bei der Wahl des Kantonsrats zur Anwendung gelangt, ist allerdings kein
zwingender Bestandteil dieses Wahlverfahrens. Das
seit 2005 geltende Verfahren kann auch ohne dieses Quorum zur Anwendung kommen. Gemeinden,
die wie die Stadt Zürich über mehrere Wahlkreise
verfügen, dürfen bei der Wahl ihres Parlaments davon abweichen. Die Stadtzürcher Stimmberechtigten hatten sich im Jahr 2004 im Rahmen der Wahlkreisreform jedoch mit 81 Prozent Ja-Stimmen für
die Verankerung eines Quorums von 5 Prozent in
der Gemeindeordnung ausgesprochen. Diesen Entscheid bestätigten sie deutlich im Jahr 2011 bei der
Volksabstimmung über eine Einzelinitiative zur Herabsetzung des Quorums.
Das Quorum
Zur Berechnung des Quorums werden pro Wahlkreis sämtliche eingegangenen Parteistimmen zusammengezählt. Aus diesem Total (100 Prozent)
wird die Mindeststimmenzahl errechnet, die für das
Erreichen des 5%-Quorums nötig ist. Als Beispiel ist
die Berechnung des Quorums bei der letzten Gemeinderatswahl von 2014 im Wahlkreis 3 angeführt:
Das Rathaus am Limmatquai ist Tagungsort der Parlamente von Stadt und Kanton Zürich.
(Bild: Patrick Hofmann)
Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 3
3
13.3.17 09:39
III. Bisherige Erfahrungen mit dem Quorum in der Stadt Zürich
Das geltende Verfahren für die Wahl des Gemeinderats gelangte in der Stadt Zürich bislang drei Mal zur
Anwendung. 2006 verfehlten sechs Parteien und
Gruppierungen das 5%-Quorum in sämtlichen
Wahlkreisen: die Grünliberale Partei (glp), die Seniorenliste (SL), die Eidgenössisch-Demokratische
Union (EDU), die Humanistische Partei (HP) sowie
zwei unabhängige Listen. Ohne Quorum hätte die
glp damals 3 Sitze erzielt, während im Gegenzug die
SP 2 Sitze und die SVP 1 Sitz weniger erhalten hätten. Bei den Wahlen von 2010 scheiterten die Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP), die EDU und
die Partei für Zürich (PFZ) am Quorum; ohne dieses
wäre ihnen jeweils 1 Sitz zugeteilt worden, wohingegen SP, SVP und FDP mit je 1 Sitz weniger hätten
vorliebnehmen müssen.
Städtebau (AHS), die Piratenpartei und die EDU. Ohne
das 5%-Quorum hätten die EVP 3 Sitze sowie SD,
BDP, EDU und Piratenpartei je 1 Sitz er­halten. Im Gegenzug hätten die SP 3 Sitze und die SVP, FDP, Grünen und AL jeweils 1 Sitz weniger er­halten. Stadtweit
waren 1 375 916 Parteistimmen ab­gegeben worden.
Davon gingen 78 059 Stimmen (5,67%) an die sechs
Parteien und Gruppierungen, die aufgrund des Quorums keinen Sitz erhielten. Diese Stimmen fielen also
bei der Sitzverteilung für das Parlament ausser Betracht.
Bei den letzten Gemeinderatswahlen 2014 erreichten
sechs Parteien und Gruppierungen das Quorum nicht:
die Evangelische Volkspartei (EVP), die Schweizer
­Demokraten (SD), die BDP, die Aktion für humanen
Parteistimmen und Quoren der letzten Gemeinderatswahlen von 2014:
Listengruppen
5%-Quorum
in mindestens
einem Wahlkreis erreicht
Wa h l k re i s e b e i d e r Wa h l d e s G e m e i n d e r a t s d e r S t a d t Z ü r i c h
1+2
3
4+5
6
7+8
9
10
11
12
Pa r te i s t i m m e n j e L i s t e i m e n t s p re c h e n d e n Wa h l k re i s
nom.
in %
nom.
in %
nom.
in %
nom.
in %
nom.
in %
nom.
in %
nom.
in %
nom.
in %
nom.
01 SP
30 933
26,57
54 797
32,07
40 953
35,17
29 882
32,87
62 554
24,82
46 248
26,86
40 979
30,05
79 160
27,92
11 448
30,81 Ja
02 SVP
18 882
16,22
25 663
15,02
9 836
8,45
11 132
12,24
34 834
13,82
41 366
24,02
24 261
17,79
70 002
24,69
10 635
28,63 Ja
03 FDP
24 403
20,96
17 918
10,49
10 238
8,79
15 090
16,60
69 163
27,44
21 307
12,37
21 957
16,10
37 123
13,09
3 412
9,18
Ja
04 Grüne
13 239
11,37
21 915
12,83
15 880
13,64
10 034
11,04
28 630
11,36
15 001
8,71
13 598
9,97
22 448
7,92
2 433
6,55
Ja
05 glp
12 202
10,48
17 746
10,39
12 416
10,66
11 024
12,12
26 498
10,51
14 738
8,56
13 901
10,19
29 648
10,46
2 151
5,79
Ja
06 CVP
5 936
5,10
6 873
4,02
3 645
3,13
3 692
4,06
11 017
4,37
10 816
6,28
4 898
3,59
14 852
5,24
2 786
7,50
Ja
07 AL
5 650
4,85
16 680
9,76
17 323
14,88
6 650
7,31
10 082
4,00
8 020
4,66
8 543
6,26
11 655
4,11
1 061
2,86
Ja
08 EVP
2 258
1,94
2 379
1,39
997
0,86
2 173
2,39
6 255
2,48
8 580
4,98
3 894
2,86
9 662
3,41
–
–
Nein
790
0,68
1 471
0,86
728
0,63
412
0,45
982
0,39
3 834
2,23
823
0,60
3 097
1,09
812
2,19
Nein
09 SD
10 BDP
862
0,74
929
0,54
490
0,42
646
0,71
1 413
0,56
2 298
1,33
1 071
0,79
3 397
1,20
1 239
11 AHS
685
0,59
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
3 500
2,05
3 638
3,12
–
–
–
–
–
–
1 920
1,41
–
–
–
560
0,48
979
0,57
310
0,27
185
0,20
620
0,25
–
–
547
0,40
2 448
0,86
1 175
100%
90 920
100% 252 048
100% 172 208
100% 136 392
100% 283 492
100%
37 152
4 546
12 603
8 611
6 820
14 175
12 Piratenpartei
13 EDU
Total
5%-Quorum
116 400
100% 170 850
100% 116 454
5 820
8 543
5 823
in %
3,33 Nein
–
Nein
–
Nein
3,16 Nein
100%
1 858
5%-Quorum erreicht und damit Teilnahme an der Sitzverteilung für den Gemeinderat
Die Tabelle weist aus, welche Parteilisten 2014 das 5%-Quorum erreicht resp. verfehlt haben.
Lesebeispiel: Im Wahlkreis 1 + 2 erreichte die SP 30 933 Parteistimmen. Über alle kandidierenden politischen Parteien betrachtet waren in diesem Wahlkreis 116 400 Parteistimmen zu verzeichnen.
Entsprechend waren in diesem Wahlkreis für die Erreichung des 5%-Quorums – und damit für die Teilnahme an der Sitzverteilung für den Gemeinderat – 5820 Parteistimmen erforderlich (116 400 x 0,05).
IV. Beurteilung des Quorums
Die vorliegende Volksinitiative beurteilt das 5%-Quorum als undemokratisch. Ein Teil der Wählerinnen
und Wähler sei dadurch im Parlament nicht vertreten, obwohl sie ihre Stimme abgegeben hätten.
Dass diese Stimmen bei Nichterreichen des Quorums wertlos werden, sei stossend. Dieser Mechanismus berge auch die Gefahr, dass sich die Wäh-
Rechtliche Grundlagen für
das geltende Quorum bei
der Wahl des Gemeinderats
Kantonales Gesetz über die politischen Rechte
(GPR, LS 161), § 102 Abs. 3:
Festlegung des 5%-Quorums im kantonalen Recht.
Kantonales Gemeindegesetz (GG, LS 131.1),
§ 101 Abs. 4:
Ermächtigung der Gemeinden mit mehreren Wahlkreisen, vom Quorum gemäss § 102 Abs. 3 GPR
abzuweichen. Diese Bestimmung wird nach Inkrafttreten des revidierten Gemeinde­gesetzes unverändert ins GPR übertragen werden (§ 111 GPR,
neuer Abs. 4).
Gemeindeordnung der Stadt Zürich (GO, AS
101.100), Art. 23 Abs. 4:
Festlegung des 5%-Quorums im kommunalen
Recht.
Neuste Bundesgerichtsentscheide zum Quorum:
Urteil 1C_369/2014 vom 28. November 2014
Urteil 1C_546/2014 vom 9. Dezember 2014
4
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 4
lerschaft für grössere Parteien ausspreche, nur um
das Risiko zu umgehen, dass die für eine kleine
Gruppierung abgegebenen Stimmen wertlos würden. Für die politische Diskussion im Parlament
würde es sich positiv auswirken, wenn mehr und
auch kleinere Gruppierungen mitwirken würden.
Der Stadtrat und die Mehrheit des Gemeinderats
befürworten die Beibehaltung des bestehenden
5%-Quorums. Aufgrund des Quorums sind nur Parteien und Gruppierungen im Gemeinderat vertreten,
die über einen gewissen Rückhalt bei den Wählerinnen und Wählern verfügen. Bei einer Abschaffung
des Quorums würden auch Kleinstparteien und
-gruppierungen Sitze erhalten, was zu einer Zersplitterung des Parlaments führen kann.
Zudem können Kleinstparteien und -gruppierungen
in einem Parlament aus eigener Kraft meist keine
­eigene Fraktion bilden. Im Gemeinderat sind für die
Erreichung der Fraktionsstärke und damit für die
Beteiligung am parlamentarischen Vorbereitungsund Meinungsbildungsprozess in den Kommissionen
mindestens 5 Mitglieder erforderlich. Folglich müssten sich die Mitglieder von Kleinstparteien und -grup­
pierungen einer anderen Fraktion anschliessen oder
zu einer Fraktion zusammenschliessen. Als fraktionslose Mitglieder des Parlaments müssten sie sich dagegen über parlamentarische Vorstösse und Wortmeldungen in den Gemeinderatssitzungen Gehör
verschaffen, was den Parlamentsbetrieb verkomplizieren und schwerfälliger gestalten kann.
Durch ein Quorum wird bewusst in Kauf genommen,
dass eine gewisse Zahl von Stimmen bei der Sitzverteilung unberücksichtigt bleibt. Das 5%-Quorum ist
jedoch massvoll, da es lediglich in einem einzigen der
neun Wahlkreise erreicht werden muss. Nimmt eine
Partei oder Gruppierung in wenigstens einem der neun
Wahlkreise diese Hürde, werden bei der Sitzverteilung
auch die ihr in den anderen Wahlkreisen zugefallenen
Stimmen berücksichtigt. So können auch Parteien
oder Gruppierungen, die zwar in einzelnen Stadtkreisen, aber nicht zwingend in der ganzen Stadt gut verankert sind, Parlamentssitze erlangen. Das bestehende
Wahlverfahren gewährleistet damit eine hohe Erfolgswertgleichheit der abgegebenen Stimmen.
V. Bisherige Entscheide zu einem
Quorum bei Parlamentswahlen
Stadt Zürich
Das 5%-Quorum war 2004 im Rahmen der Volks­
abstimmung über die Wahlkreisreform mit 81 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen und in der Gemeindeordnung verankert worden (Art. 23 Abs. 4). 2011
konnten sich die Stimmberechtigten erneut – und
diesmal losgelöst vom Gesamtkontext des Wahlverfahrens – zu diesem Quorum äussern. Eine Einzelinitiative hatte die Herabsetzung dieses Quorums von
5 auf 2 Prozent gefordert. Mit 64,9 Prozent NeinStimmen sprachen sich die Stimmberechtigten trotz
Empfehlung der Mehrheit des Gemeinderats gegen
die Herab­setzung des Quorums aus und bestätigten
damit das 2004 mit dem neuen Wahlverfahren einQuorum. Aufgrund der Volksinitiative, die
geführte ­
Gegenstand dieser Abstimmungsvorlage ist, können
sich die Stimmberechtigten nun ein zweites Mal seit
der Einführung des Wahlverfahrens zum Quorum
­äussern.
Kanton Zürich
Im Kanton Zürich unternahm der Kantonsrat bereits
im Jahr 2006 einen Vorstoss zur Abschaffung des
auch für die Wahl des Kantonsparlaments geltenden
Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
13.3.17 09:39
5%-Quorums. Aufgrund der Stellungnahme des Regierungsrats schrieb der Kantonsrat das Begehren
aber ab. Dies mit der Begründung, dass zu viele
fraktionslose Mitglieder den Parlamentsbetrieb beeinträchtigen könnten, dass das Quorum verfassungsmässig sei und dass grundsätzlich die Vorteile
dieses Systems überwiegen würden. Im gleichen
Jahr wurde im Kantonsrat eine Parlamentarische
Initiative eingereicht, die ein 3%-Quorum – bezogen
auf alle Parteistimmen im Kanton und nicht auf einen
Wahlkreis beschränkt – verlangte. Der Kantonsrat
lehnte den Vorstoss mit der Begründung ab, dass
der Wille der Wählerschaft im geltenden System
ziemlich genau abgebildet werde.
Bundesgericht
Auch das Bundesgericht hatte das 5%-Quorum bei
den Zürcher Gemeinderatswahlen aufgrund einer
Stimmrechtsbeschwerde zu beurteilen. Mit einer
solchen wurde das 5%-Quorum 2014 als verfassungswidrig und willkürlich gerügt. Das Bundesgericht wies die Beschwerde jedoch ab. Es befand,
dass die Einschränkung der Wahlrechtsgleichheit
durch ein 5%-Quorum sachlich haltbar sei. Ein tieferes Quorum oder der Verzicht darauf würde den
Einzug von Kleinstparteien oder -gruppierungen ins
Parlament begünstigen und die Anzahl der im Rat
vertretenen Parteien und Gruppierungen erhöhen.
Dadurch bestehe die Gefahr, dass der Parlamentsbetrieb komplizierter und weniger effizient würde.
Das Bundesgericht erachtet ein Quorum von maximal 10 Prozent grundsätzlich als verhältnismässig
und vertretbar. Es stehe nicht im Widerspruch zur
Bundesverfassung – weder hinsichtlich Art. 8 (Garantie der Rechtsgleichheit) noch Art. 34 (Gewährleistung und Garantie der politischen Rechte) und
Art. 9 (Willkürverbot). Ebenfalls im Jahr 2014 wies
das Bundesgericht auch eine Beschwerde der Piratenpartei des Kantons Zug ab und bestätigte die
Regelung als rechtmässig, wonach eine Listengruppe 5 Prozent aller Stimmen in einem Wahlkreis
oder 3 Prozent im gesamten Kanton erreichen
müsse, um an der Sitzverteilung für den Zuger Kantonsrat teilzunehmen.
VI. Schlussbetrachtung
Das 5%-Quorum bei der Wahl des Gemeinderats
wurde das erste Mal im Jahr 2006 angewendet. Die
Stimmberechtigten der Stadt Zürich haben diese
Regelung zweimal mit deutlichem Mehr gutgeheissen: Im Jahr 2004 haben sie das 5%-Quorum im
Bei den Gemeinderatswahlen 2014 eingegangene Wahllisten, die in einem der neun städtischen Wahlkreise
für die Auszählung vorbereitet worden sind.
Rahmen der Vorlage über die Wahlkreisreform eingeführt, und 2011 lehnten sie eine Einzelinitiative ab,
die eine Herabsetzung des Quorums von 5 Prozent
auf 2 Prozent verlangte. Der Stadtrat erkennt auch
weiterhin keinen Anpassungsbedarf, zumal das geltende Wahlverfahren mit Quorum von den zuständigen Gerichten als sachlich und rechtlich haltbar sowie verhältnismässig qualifiziert wurde und sich ein
vergleichbares System auch auf kantonaler Ebene
bei der Wahl des Kantonsparlaments etabliert hat.
Die Vorteile des geltenden Wahlverfahrens überwiegen deutlich. Der Stadtrat und die Mehrheit des
Gemeinderats lehnen aus diesen Gründen die Volksinitiative ohne Gegenvorschlag ab.
VII. Gegenüberstellung des geltenden Wortlauts von Art. 23 Abs. 4 der Gemeindeordnung und der von der vorliegenden Volksinitiative geforderten Änderung
Wortlaut gemäss geltender Gemeindeordnung
(von Stadtrat und Gemeinderat zur Beibehaltung empfohlen)
Änderung gemäss Forderung der Volksinitiative, die Gegenstand dieser Abstimmungs­
vorlage ist (Änderungen fett)
Eine Listengruppe gemäss kantonalem Recht nimmt
an der Sitzverteilung nur teil, wenn wenigstens eine
ihrer Listen mindestens 5 Prozent aller Parteistimmen
des betreffenden Wahlkreises erhalten hat.
Jede Listengruppe gemäss kantonalem Recht
nimmt unabhängig vom Erreichen des Quorums
gemäss § 102 Abs. 3 des Gesetzes über die
­politischen Rechte an der Sitzver­teilung teil.
Antrag
Empfehlung
Folgendes Begehren wird den Stimmberechtigten
zum Entscheid unterbreitet:
Stadtrat und Gemeinderat empfehlen Ablehnung der Volksinitiative.
Volksinitiative «Faires Wahlrecht für Züri – jede
Stimme zählt!»
Der Gemeinderat lehnte die Volksinitiative am
28. September 2016 mit 69:51 Stimmen ab.
Art. 23 Abs. 4 der Gemeindeordnung wird wie
folgt geändert:
Jede Listengruppe gemäss kantonalem Recht
nimmt unabhängig vom Erreichen des Quorums
gemäss § 102 Abs. 3 des Gesetzes über die politischen Rechte an der Sitzverteilung teil.
Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 5
5
13.3.17 09:39
Stellungnahme des Initiativkomitees
Demokratie für alle Stimmberechtigten!
Die Initiative will in der Gemeindeordnung verankern, dass jede Partei so viele
Sitze im Gemeinderat erhält, wie ihr gemäss ihrem Wähleranteil zustehen. Das
heutige Wahlsystem verhindert dies. Parteien, die nicht in einem Wahlkreis
5 Prozent aller Stimmen erreichen, werden von der Sitzverteilung vollständig
ausgeschlossen. Auch dann, wenn sie genügend Wählerinnen und Wähler für
bis zu sechs Sitze haben! Dieses System führt zum Ausschluss eines beachtlichen Teils der Stimmberechtigten von der politischen Vertretung im Gemeindeparlament. Es lässt sich mit dem Gedanken fairer Wahlen nicht vereinbaren.
Gleiches Recht für Wahlen wie für Abstimmungen
Was für Abstimmungen gilt, soll auch für Wahlen gelten: Jede Stimme zählt!
Jede Stimme soll für das Resultat von Bedeutung sein! Das nennt man Erfolgswertgleichheit. Es darf nicht sein, dass einzelne Wahlzettel «ausser Betracht
fallen», wie das mit der 5%-Hürde geschieht. Sowenig wie bei Abstimmungen
einzelne Stimmzettel «ausser Betracht» fallen dürfen, so wenig dürfen bei Wahlen Stimmen beiseite geschoben werden.
Minderheitsmeinung der Fraktionen der Grünen, GLP, AL
und CVP
Mit dem 2006 eingeführten Wahlsystem «Doppelter Pukelsheim» ist die Bevorzugung grosser Parteien – theoretisch – eliminiert. Die Sitzverteilung geschieht
nun aufgrund der gesamtstädtischen Parteienstärke und wird danach wieder
auf die Wahlkreise heruntergebrochen. Doch aus Angst vor einer Zersplitterung
hat man gleichzeitig ein scharfes Quorum eingeführt, das den kleineren Parteien den Zugang wieder erschwert: In mindestens einem der neun städtischen
Wahlkreise muss die 5%-Hürde übersprungen werden. Wir haben es hier mit
einer doppelten Absurdität zu tun: Entscheidend für das Erreichen des Quorums ist erstens das Abschneiden in einem einzelnen Wahlkreis und gerade
nicht das gesamtstädtische Ergebnis, wie man es beim Doppelproporz-System
erwarten dürfte. Zweitens hat man mit dem neuen System für kleine Parteien
die Türe einen Spalt breit geöffnet, um sie im gleichen Atemzug mit der Einführung eines Quorums wieder zuzuschlagen.
Für die Minderheit des Gemeinderats sprechen folgende Gründe für eine
­Annahme der Initiative:
Gleicher Erfolgswert für alle Stimmen
Genau das geschieht aber seit 2006 durch das 5%-Quorum. 2014 blieben die
Stimmen von rund 5200 Wählerinnen und Wählern für Parteien, die das
5%-Quorum nicht erreicht hatten, wirkungslos. Jede Kandidatin, jeder Kandidat dieser 5200 Wähler hätte rund 742 Wahlberechtigte auf sich vereint, mehr
als der Durchschnitt der Gemeinderäte, die nun als gewählt im Parlament sitzen. Dass alle diese Wähler leer ausgingen, obwohl sie aktiv an der Wahl teilgenommen haben, steht im krassen Widerspruch zur Erfolgswertgleichheit, d. h.
zum Grundsatz, dass alle abgegebenen Stimmen bei der Auszählung im gleichen Mass zu berücksichtigen sind.
Der Gemeinderat der Stadt Zürich hat nach dem Delegationsprinzip die Funktion einer Gemeindeversammlung in kleineren Gemeinden. Unbestrittenermassen sollen an einer Gemeindeversammlung alle Stimmbürgerinnen und Stimmbürger teilnehmen können, um sich Gehör zu verschaffen und ihre Meinung
kundzutun. Doch in der Stadt Zürich werden mit dem 5%-Quorum gewisse
Ideen und Meinungen ausgeschlossen. Bei den letzten Wahlen sind fünf Gruppierungen am Quorum gescheitert, obwohl sie anteilsmässig mindestens einen
Sitz im Gemeinderat erobert hätten. In dieser Legislatur sind also über 5% der
Bevölkerung nicht im Gemeinderat repräsentiert. Diese Zahl ist viel zu hoch und
vor allem auch demokratiepolitisch bedenklich.
Mutiges Ja zur Vielfalt statt Angst vor Zersplitterung
So farbig und vielfältig wie eine Gemeindeversammlung, so soll auch unser
Gemeinderat sein. Die 5%-Hürde verhindert dies. Sie schliesst die kleineren
Gruppierungen und damit zahlreiche Stimmberechtigte von der Vertretung in
dieser Versammlung aus. Diese Hürde stammt aus Deutschland, wo Angst vor
«Zersplitterung» herrscht. In der Schweiz haben wir andere Verhältnisse. In der
direkten Demokratie können alle mitstimmen, und im Parlament sollen alle vertreten sein. Es muss niemand diskriminiert werden, weil er «zu klein» ist. Der
Gemeinderat von Zürich hat bereits mehrfach bewiesen, dass er funktioniert,
auch wenn kleine Parteien darin vertreten sind oder wenn einzelne Mitglieder
sich von ihren Parteien trennen. Auch im übrigen Kanton Zürich gibt es keine
einzige Gemeinde mit einer 5%-Sperrklausel (auch nicht in Winterthur). Und
dies hat sich bewährt.
Zur Verteidigung des Quorums wird häufig aufgeführt, dass damit die Zersplitterung der politischen Kräfte eingedämmt und der Einsitz von politischen «Einzelmasken» verhindert wird. Ohne Quorum wären 2014 jedoch mit Vertreterinnen und Vertretern der EVP, SD, EDU und BDP durchaus etablierte Parteien
und nicht etwa Einzelmasken ins Parlament eingezogen. Zudem steht es den
kleinen Parteien frei, sich einer bestehenden Fraktion anzuschliessen oder eine
eigene Fraktion zu bilden, sodass durchaus gewichtige politische Blöcke entstanden wären. Auch einer konstruktiven Mitarbeit in den Kommissionen wäre
damit nichts im Wege gestanden.
Es ist wenig überraschend, dass die grösseren, altgedienten Parteien im Gemeinderat sich für die Beibehaltung des Quorums ausgesprochen haben. Es
scheint so, als würden sie sich vor dem politischen Ideenwettbewerb und möglichen Sitzverlusten wegen der derzeit geltenden «Übervorteilung» fürchten. Letztlich geht es ihnen um die Verteidigung ihrer Pfründe zur Beibehaltung ihres politischen Einflusses. Ihr Beharren auf dem System ist Ausdruck einer Arroganz der
Macht. Das Stimmvolk ernst nehmen heisst aber, sich den verschiedenen
­Meinungen und politischen Strömungen zu stellen, sodass die überzeugenderen
Argumente und Parteiprogramme gewinnen – ohne eine systemfremde und
­demokratisch fragwürdige Hürde wie das 5%-Quorum. Daher Ja zur Initiative!
Mutiges Ja zu mehr Fairness bei Wahlen
Die Schweiz mit ihrer Jahrhunderte alten Erfahrung in direkter und indirekter
Demokratie braucht keine Sperrklauseln. Sie funktioniert mit einer riesigen Zahl
von Beteiligten. Diese Vielfalt ist der Reichtum unseres Landes. Sagen wir deshalb Ja zu Vielfalt und Innovation in unserem Parlament und damit Ja zur Initiative Faires Wahlrecht für Züri!
6
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 6
Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
13.3.17 09:39
Abstimmungsvorlage 2
Konfliktvermittlung und Hilfe im öffentlich zugänglichen Raum,
Gemeindebeschluss
Teil des mobilen Auftrags von sip züri ist, Menschen in Not Information, direkte Hilfe und Krisenintervention vor Ort zu bieten.
Das Wichtigste in Kürze
Die Erwartungen und Ansprüche unterschiedlicher
Teile der Bevölkerung an die Nutzung des öffentlich
zugänglichen Raums sind vielfältig. Dabei kommt
es auch immer wieder zu Nutzungskonflikten. Um
diese möglichst niederschwellig abzufangen, betreibt die Stadt Zürich seit mehr als fünfzehn Jahren
sip züri (Sicherheit, Intervention, Prävention). Diese
Gruppe besteht aus 60 geschulten Mitarbeitenden,
die sich auf 33,9 Vollzeitstellen verteilen. Sie betreibt Konfliktvermittlung, Beratung und konkrete
Hilfeleistungen im öffentlich zugänglichen Raum
und beaufsichtigt exponierte soziale Institutionen.
sip züri hat das Wohl der gesamten Bevölkerung im
Fokus. Die Mitarbeitenden vermitteln bei Streit und
Lärm, intervenieren bei Belästigungen und bieten
Information und direkte Hilfe vor Ort. Dabei gilt den
Bedürfnissen von Jugendlichen ein besonderes
Augenmerk. Menschen in offensichtlicher Not
­werden an unterstützende Einrichtungen, wie zum
Beispiel die Notschlafstelle oder Krankenhäuser,
vermittelt.
Zusätzlich beaufsichtigen die Mitarbeitenden von
sip züri exponierte Einrichtungen des Sozialdepar-
I. Ausgangslage
Die Stadt Zürich verfügt über einen attraktiven und
vielfältigen öffentlichen Raum. Nicht minder vielfältig
sind die Anliegen und Ansprüche, die an diesen
Raum gestellt werden. Meistens ist der Umgang
untereinander von Rücksicht geprägt, doch treten
immer wieder Nutzungskonflikte auf. Um diese mögGemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 7
tements wie z. B. Anlaufstellen für Drogenabhängige oder den Strichplatz. Die Leistungen von sip
züri umfassen somit aufsuchende Sozialarbeit und
ordnungsdienstliche Aufgaben. Die Mitarbeitenden
von sip züri intervenieren aktiv, appellieren an die
Konfliktbeteiligten und unterstützen sie bei der
­Lösungsfindung; sie haben aber keine polizeilichen
Befugnisse. Dennoch entlastet die Arbeit von sip
züri die Polizei massgeblich.
Die Leistungen von sip züri leiten sich aus einem
Gemeindebeschluss von 1990 und drei Beschlüssen des Gemeinderats aus den Jahren 2001, 2002
und 2009 ab. Diese Beschlüsse entstanden jeweils
vor dem Hintergrund der damaligen Wahrnehmung
von Problemen im öffentlichen Raum. Diese Herausforderungen haben sich seither jedoch ge­
wandelt.
guten interkommunalen Zusammenarbeit auch vor,
die Leistungen von sip züri Gemeinden in der Agglomeration in einem begrenzten Ausmass und
­gegen kostendeckende Abgeltung anzubieten.
Der Aufwand für sip züri war für das Jahr 2016
mit netto knapp 2,9 Millionen Franken budgetiert.
Der Betrag setzt sich zusammen aus einem effek­
tiven Aufwand von 4,2 Millionen Franken und Er­
trägen von 1,3 Millionen Franken (beide Beträge
gerundet).
Abstimmungsfrage
Auf Ihrem Stimmzettel werden Sie gefragt:
Wollen Sie die folgende Vorlage annehmen?
Die heutigen Aufgaben von sip züri sollen deshalb
mit dem hier zur Abstimmung unterbreiteten Gemeindebeschluss eine zeitgemässe neue Grundlage erhalten. Er weist zudem dem Gemeinderat
die abschliessende Kompetenz zu, mit dem jähr­
lichen Budget die benötigten Finanzmittel zu be­
willigen und so das Leistungsvolumen zu steuern.
Der Beschluss sieht schliesslich im Interesse einer
Konfliktvermittlung und Hilfe im öffentlich zugänglichen Raum, Gemeindebeschluss
lichst niederschwellig abzufangen, Menschen in Not
beizustehen und exponierte soziale Einrichtungen zu
beaufsichtigen, setzt die Stadt seit fünfzehn Jahren
sip züri (Sicherheit, Intervention, Prävention) ein.
Grundlage für Auftrag und Leistungen von sip züri
sind ein Gemeindebeschluss von 1990 sowie drei
Beschlüsse des Gemeinderats aus den Jahren
2001, 2002 und 2009. Alle diese Beschlüsse ent-
standen vor dem Hintergrund einer jeweils zeittypischen Wahrnehmung von Problemen im öffentlichen
Raum. Es ist deshalb angezeigt, dem Auftrag von
sip züri einen neuen, zeitgemässen Gemeindebeschluss zugrunde zu legen. Darin sollen die heute
erforderlichen Leistungen festgelegt und die Steuerung der dafür benötigten Finanzmittel bestimmt
werden.
Empfehlung
Stadtrat und Gemeinderat empfehlen Annahme
der Vorlage.
7
13.3.17 09:39
II. Veränderungen des Stadtlebens
im öffentlichen Raum
1990er-Jahre
In den frühen 1990er-Jahren nutzten Einwohnerinnen
und Einwohner sowie Besucherinnen und Besucher
der Stadt den öffentlichen Raum in ihrer Freizeit noch
vergleichsweise wenig. Die Angebote an Restaurants
und Bars mit langen Öffnungszeiten und Boulevardbetrieb waren bescheiden, Konzerte und Veranstaltungen unter freiem Himmel selten. Auch das spontane Zusammentreffen und Feiern in Parks blieben
eine Seltenheit. Es waren damals vor allem verwahrlost erscheinende und öffentlich konsumierende Drogenabhängige, Drogenprostituierte oder Menschen,
die aus anderen Gründen am Rande der Gesellschaft
lebten, die sich im öffent­lichen Raum aufhielten oder
dort nächtigten. Sie fielen teilweise durch Lärm und
Abfall, Pöbeleien und aggressives Verhalten auf. Später kamen Punks hinzu, die durch ihre bewusst auffällige Erscheinung, ihr Auftreten, ihre Bettelei und
ihre freilaufenden Hunde Anstoss erregten.
2000er-Jahre
In der zweiten Hälfte der 2000er-Jahre gaben vermehrt Gewalttätigkeiten unter Jugendlichen im Ausgang Anlass zur Besorgnis. Sie standen meist unter
Alkohol- und/oder Drogeneinfluss. Die Bevölkerung
fühlte sich durch nächtlichen Lärm und liegengebliebenen Abfall gestört. Anlass zur Besorgnis gaben
aber auch junge Menschen, die aufgrund ihres Zustands dringend auf direkte Hilfe und Unterstützung
angewiesen waren.
Ab etwa 2008 veränderte sich auch das öffentlich
sichtbare Rotlichtmilieu. Neu kamen viele Frauen,
vornehmlich aus osteuropäischen Staaten, nach Zürich in der Hoffnung, mit Strassenprostitution ein
besseres Auskommen zu finden. Sie gingen ihrer Arbeit hauptsächlich am Sihlquai und im Niederdorf
nach. Der Konkurrenzdruck nahm zu. In der Folge
warben die Frauen auffälliger, lauter und teilweise
aggressiver um Kundschaft und erbrachten in der
Not ihre Leistungen auch im öffentlich zugänglichen
Raum. Gleichzeitig machten sich verschiedentlich
junge, häufig angetrunkene Männer ein Vergnügen
daraus, die Frauen zu provozieren, auch wenn sie
keinerlei Absichten hegten, deren Dienste zu beanspruchen. Klagen der Anwohnerinnen und Anwohner
über dieses laute Treiben wurden immer häufiger.
lige in Not» von 1990 entstand unter dem Zeichen der
damaligen Drogenszene mit ihren sozialen Folgewirkungen und Notsituationen. Im Fokus standen die
Hilfe und Unterstützung von Drogenabhängigen, die
sich zahlreich im öffentlichen Raum aufhielten. Dazu
kamen Randständige, die primär unter psychischen
Problemen litten, sich in Notsituationen befanden und
sich sozial auffällig verhielten. Der Beschluss bildet
die Grundlage für die Einrichtung von sozialen An­
geboten in den Bereichen Wohnen und Unterkunft,
Arbeit und Beschäftigung, Kontaktpflege, Verpflegung, aber auch Beratung und Information. Die Notschlafstelle, das Begleitete Wohnen und die Kontaktund Anlaufstellen für Drogenabhängige sind Beispiele
für solche Angebote, die auch heute noch ihren
Zweck erfüllen.
Für die heutigen Leistungen von sip züri bildet dieser
Beschluss jedoch keine vollständige Rechtsgrundlage mehr. Hingegen ist er insbesondere für die Angebote in den Bereichen Wohnen und Unterbringung,
Arbeit und Beschäftigung weiterhin gültig. Er bleibt
deshalb bestehen.
Gemeinderatsbeschlüsse vom 11. April 2001 und
vom 2. Oktober 2002
Im Jahr 2000 führte der Stadtrat aufgrund der intensiven Nutzung des öffentlichen Raums und der sich
abzeichnenden Entwicklung hin zur 24-Stunden-­
Gesellschaft im Rahmen eines Pilotprojekts sip züri
(Sicherheit, Intervention, Prävention) mit folgenden
Zielsetzungen ein:
–Prävention vor Repression: Immissionen und Belästigungen werden verringert, die Eskalation von
Konflikten wird vermieden.
–Verhaltensänderung durch Kommunikation: Besucherinnen und Besucher öffentlicher Anlagen zeigen mehr Rücksichtnahme aufeinander sowie auf
Anwohnerinnen und Anwohner.
– Information und Vermittlung von Hilfsangeboten: Die
vorhandenen Hilfs-, Unterstützungs- und Be­
ratungsangebote sind bekannt; wer Hilfe oder Beratung sucht, wird an die zuständigen Stellen vermittelt.
2001 beschloss der Gemeinderat eine Verlängerung
des Pilotprojekts bis Ende 2002 und bewilligte dafür
Ausgaben von insgesamt gut 2,5 Millionen Franken.
Die Einsatzzeiten von sip züri wurden auf sieben Tage
je Woche ausgedehnt. Zudem wurde die Möglichkeit
geschaffen, dass Einwohnerinnen und Einwohner bei
Problemen im öffentlichen Raum direkt mit sip züri
Kontakt aufnehmen können, ohne umgehend an die
Polizei gelangen zu müssen.
Im Herbst 2002 bewilligte der Gemeinderat die definitive Einrichtung von sip züri mit jährlich wiederkehrenden, unbefristeten Ausgaben von 1,782 Millionen
Franken.
Gemeinderatsbeschluss vom 23. September 2009
2007 kam es zu verschiedenen Gewaltvorfällen unter
Jugendlichen im öffentlichen Raum und im Umfeld der
Partyszene. Der Stadtrat beauftragte daraufhin sip
lichen
züri, an öffentlichen Treffpunkten von Jugend­
präsent zu sein, aktiv bei exzessivem Alkoholkonsum,
Konflikten, Gewalt und Littering zu intervenieren und
bei Bedarf Eltern, Sanität, Polizei oder zuständige
tionen von sip
Fachstellen beizuziehen. Die Interven­
züri waren erfolgreich. Der Gemeinderat bewilligte
deshalb 2009 zusätzlich jährlich wiederkehrende Ausgaben von 1,16 Millionen Franken für die Interventionen
gegen Jugendgewalt und exzes­siven Alkoholkonsum.
IV. Leistungen und Aufgaben von sip züri
Die Arbeit von sip züri hat sich sehr bewährt. Sie soll
deshalb fortgeführt und auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt werden.
Wie bisher liegt auch heute der Fokus der Arbeit von
sip züri auf dem guten Zusammenleben der gesamten Bevölkerung, sowohl der sozial integrierten als
auch der randständigen Menschen. Ein besonderes
Augenmerk gilt den Bedürfnissen von Jugendlichen.
Die Konfliktvermittlung erfolgt einerseits in mobiler
Form (mobiler Auftrag) und andererseits im Rahmen
eines Präsenzauftrags vor exponierten Einrichtungen
des Sozialdepartements.
Die Leistungen von sip züri gehen weit über diejenigen
von Sicherheitsdiensten hinaus. Ihre Mitarbeitenden
Jüngere Vergangenheit und Gegenwart
In den letzten Jahren hat auch das Nachtleben in Zürich nochmals an Schwung gewonnen. Tausende von
mehrheitlich jungen Leuten kommen in die Stadt, um
sich zu vergnügen. Das Nachtleben findet nicht nur in
den zahlreichen Bars und Clubs statt, sondern auch
im öffentlichen Raum: spontan auf der Strasse, in
Parkanlagen und auf Plätzen. Es wird laut, der Alkohol
fliesst und die Abfallberge türmen sich. Regelmässig
benötigen Feiernde Hilfe oder es kommt zu Pöbeleien
und Gewalttätigkeiten. Manche Anwohnerinnen und
Anwohner der betroffenen Quartiere fühlen sich zunehmend durch den regelmässigen, meist bis in die
frühen Morgenstunden dauernden Lärm, den Abfall
und die durch Alkoholkonsum aufgeheizte Stimmung
gestört und belästigt. Die Anwohnerinnen und Anwohner sind sich in der Mehrheit durchaus bewusst,
dass sie in lebendigen Quartieren leben, und sind
deshalb auch sehr tolerant. Doch hat das Mass des
Erträglichen auch für sie eine Grenze erreicht.
III. Bisherige Rechtsgrundlagen
Gemeindebeschluss vom 2. Dezember 1990
Der Gemeindebeschluss «Sozialhilfe an Suchtmittelabhängige, psychisch Behinderte und sozial Auffäl8
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 8
Die Mitarbeitenden von sip züri suchen regelmässig Orte in Zürich auf, an denen besonders oft Nutzungs­
konflikte zwischen Bevölkerungsgruppen auftreten, und schlichten und vermitteln bei Streit und Lärm.
Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
13.3.17 09:39
sind durch ihre Dienstkleidung gut erkennbar, haben
aber keine polizeilichen Befugnisse. Deshalb wird in
kritischen Situationen die Stadtpolizei beigezogen.
Mobiler Auftrag
Die Mitarbeitenden von sip züri im mobilen Auftrag
verfügen über eine berufliche Ausbildung in Sozial­
arbeit, Sozialpädagogik, Pflege, Psychologie oder
Sozialbegleitung und jene im Präsenzauftrag über
eine abgeschlossene Berufsausbildung und über
Erfahrungen in der Konfliktvermittlung und/oder im
­
Sicherheitsdienst. Sie kommunizieren ihren Auftrag
­
und der jeweiligen Situation angepasste Regeln zur
Förderung des gegenseitigen Verständnisses und der
Rücksichtnahme. Sie schlichten Konflikte ruhig und
sachlich im Gespräch und unterbreiten Vorschläge,
wie die Situation zur Zufriedenheit aller Beteiligten
entspannt werden kann. Sie helfen auch Menschen,
die in Notlagen geraten sind, auf unkomplizierte Weise
vor Ort oder begleiten sie bei Bedarf an spezialisierte
Stellen für weiterführende Unterstützung.
Die Mitarbeitenden von sip züri besuchen im Rahmen
ihres mobilen Auftrags mindestens zu zweit regelmässig Orte in Zürich, an denen besonders oft Nutzungskonflikte auftreten – so zum Beispiel den Raum Militär-/
Langstrasse, den Stadelhoferplatz oder die Allmend
Brunau. Diese Nutzungskonflikte entstehen unter anderem, wenn sich Anwohnende oder Passantinnen und
Passanten durch das Verhalten von Drogenkonsumierenden, Jugendlichen oder Party-Besuchenden belästigt fühlen, Hunde nicht angeleint sind oder lauter Streit
entsteht. sip züri wird auch durch die Bevölkerung, die
Verwaltung und soziale Institutionen um Unterstützung
gebeten, etwa bei Jugendlichen, die spätnachts im Innenhof einer Wohnsiedlung trotz Beschwerden laut
Musik hören, bei nicht ansprech­baren Personen, die auf
öffentlichem Grund aufgefunden worden sind, oder
orientierungslosen Personen, die an die Zentrale Abklärungs- und Vermittlungsstelle der Sozialen Dienste der
Stadt Zürich verwiesen werden müssen.
Pro Tag werden rund drei Störmeldungen und Reklamationen der Bevölkerung in der sip züri-Zentrale
aufgenommen. Wenn sich das Anliegen nicht tele­
fonisch klären lässt, beispielsweise mit Verhaltensempfehlungen, wird nach Möglichkeit eine Patrouille
von sip züri vor Ort geschickt. Die breite Erfahrung in
der Konfliktvermittlung von sip züri fliesst auch bei der
sip züri beaufsichtigt im Rahmen des Präsenzauftrags exponierte Einrichtungen des Sozialdepartements wie
die vier Kontakt- und Anlaufstellen oder den Strichplatz Depotweg.
Entwicklung von Konzepten der Stadt ein, wie beispielsweise bei der Bewilligung von Jugendpartys im
Freien oder beim Umgang mit Lärmklagen. Durchschnittlich fünfmal pro Jahr verfassen Mitarbeitende
von sip züri eine Gefährdungsmeldung an die Kindesund Erwachsenenschutzbehörde (KESB), wenn sie
auf Personen treffen, die offensichtlich nicht mehr in
der Lage sind, ihren Alltag selbstbestimmt und ohne
Eigengefährdung zu organisieren.
sip züri arbeitet beim mobilen Auftrag mit vielen städtischen und privaten Institutionen zusammen. Eng ist
die Zusammenarbeit mit der Stadtpolizei Zürich, die
jährlich rund 50 Mal in kritischen Situationen beigezogen wird. Umgekehrt nimmt sich sip züri auf Meldung
der Stadtpolizei fast täglich hilfloser Personen an, sie
sorgt dafür, dass nachts angetroffene Kinder zu ihren
Eltern zurückfinden, oder geht Reklamationen aus der
Nachbarschaft nach. Damit kann sip züri zahlreiche
Situationen mit direkter Hilfe und Konfliktvermittlung
abschliessend und einvernehmlich lösen und entlastet
die Polizei damit erheblich.
Im Jahr 2015 war sip züri während 12 800 Stunden für
Patrouillen und Konfliktvermittlungen unterwegs.
Präsenzauftrag
Mitarbeitende von sip züri beaufsichtigen zudem im
Rahmen des Präsenzauftrags alleine oder zu zweit
exponierte soziale Einrichtungen wie die vier Kontakt- und Anlaufstellen oder den Strichplatz. Sie
stellen ­
sicher, dass die Hausordnung respektiert
wird, nur befugte Personen Einlass erhalten und die
nähere Umgebung der Einrichtungen nicht durch
Drogenhandel oder Prostitution belastet wird.
sip züri sorgte im Jahr 2015 während 15 900 Stunden
bei ­Kontakt- und Anlaufstellen und am Strichplatz für
Ordnung.
Kooperation mit anderen Gemeinden
Das Konzept von sip züri stiess sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Fachwelt auf grosses Inte­
resse. In Biel, Luzern und Bern sind Organisationen
mit vergleichbarem Auftrag entstanden. Auch Gemeinden in der Region Zürich interessieren sich für
das Modell. Für kleinere Gemeinden lohnt sich der
Aufbau einer eigenen Organisation jedoch nicht,
weshalb sie in der Regel eine Kooperation suchen.
Ak­tuell verfügt die Stadt Zürich über entsprechende
Leistungsvereinbarungen mit den Gemeinden Wädenswil, Kloten, Dübendorf, Oberengstringen und
Dietikon. Die Leistungen von sip züri werden mit
­einem Ansatz von 120 Franken pro Stunde zu Vollkosten verrechnet. Diese Leistungen an Drittgemeinden verschaffen sip züri keinen finanziellen Gewinn,
verhelfen ihr aber dazu, Auslastungsschwankungen
auszugleichen, die Kosten für ihre in der Stadt Zürich
erbrachten Leistungen niedrig zu halten und die Akzeptanz der städtischen Sozialpolitik ausserhalb der
Stadt zu stärken.
V. Neue Rechtsgrundlage
Der neue Gemeindebeschluss beschreibt die Ziel­
setzung der Konfliktvermittlung durch sip züri: För­
derung der gegenseitigen Toleranz und Rücksichtnahme sowie der Sicherheit. Zur Erfüllung des Auftrags werden der mobile Auftrag einerseits und der
Präsenzauftrag andererseits umschrieben.
sip-Mitarbeitende vermitteln Obdachlosen und Randständigen in Not Kontakte zu Hilfseinrichtungen.
Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 9
Zum mobilen Auftrag gehören Konfliktschlichtung,
vermittelndes Einschreiten bei Streit, Lärm, Intervention bei Littering, Information, direkte Hilfe vor Ort
9
13.3.17 09:39
und Begleitung sowie ambulante Beratung, Vermittlung und Krisenintervention. Es wurden bewusst
keine Zielgruppen für die Leistungen beschrieben.
Denn die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich diese
Zielgruppen in einer offenen, lebendigen Stadt mit
der Zeit verändern: Es kommen neue hinzu, andere
treten in den Hintergrund. Entscheidend ist, dass der
Fokus in der Arbeit von sip züri auch künftig bedarfsgerecht verschoben werden kann.
Bezüglich des Präsenzauftrags wird die Beaufsich­
tigung von exponierten Einrichtungen explizit auf Einrichtungen des Sozialdepartements beschränkt. Sollte
sich bei einer weiteren bestehenden oder allenfalls
künftigen Einrichtung des Sozialdepartements eine
­Beaufsichtigung durch sip züri für die ordentliche Betriebsführung als nötig erweisen, sind hierfür die Grundlagen gegeben. Nicht möglich wäre hingegen beispielsweise die Zutrittskontrolle im Asylzentrum Juchareal im
Auftrag der Asyl-Organisation Zürich (AOZ) oder bei
Zivilschutzanlagen, Fussballspielen oder an der Züspa.
VI. Kosten
Mit der neuen Rechtsgrundlage wird zudem dem
Gemeinderat die abschliessende Kompetenz übertragen, um mit dem jeweiligen Budget (Voranschlag)
die jährlichen Mittel für sip züri festzulegen. Schliesslich wird explizit auch die Möglichkeit geregelt, die
Leistungen von sip unter dem Prinzip der Kosten­
Antrag
Folgender Antrag wird den Stimmberechtigten zum
Entscheid unterbreitet:
Konfliktvermittlung und Hilfe im öffentlich zugänglichen Raum, Gemeindebeschluss
1. D
ie Stadt fördert durch Konfliktvermittlung
das rücksichtsvolle Verhalten, die gegenseitige Toleranz und damit die Sicherheit aller
Personen im öffentlich zugänglichen Raum
und in Einrichtungen des für das Soziale zuständigen Departements. Dies geschieht
durch einen mobilen Auftrag und einen Präsenzauftrag.
2. Im Rahmen des mobilen Auftrags werden
regelmässig und auf Meldung hin expo-
10
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 10
deckung auch Drittgemeinden anzubieten. Der zulässige Umfang von solchen Dienstleistungen für
Dritte wird jedoch zurückhaltend definiert und entsprechend bei einer Obergrenze von fünf Prozent
des jährlichen Bruttoaufwands von sip züri begrenzt.
nierte, öffentlich zugängliche Orte besucht,
um:
a.Nutzungskonflikte zu schlichten;
b. bei Streit und Lärm zu vermitteln und bei
Littering einzuschreiten;
c. Information, direkte Hilfe vor Ort und Begleitung zu bieten;
d. ambulante Sozialarbeit in Form von Beratung, Vermittlung und Krisenintervention
zu leisten.
3.
Im Rahmen des Präsenzauftrags werden
exponierte Einrichtungen des für das So­
ziale zuständigen Departements beaufsichtigt.
4. D
ie Leistungen gemäss Ziff. 2 können gegen kostendeckende Verrechnung für andere Gemeinden im Kanton Zürich erbracht
Für das Jahr 2016 hat der Gemeinderat Nettoausgaben von 2,8746 Millionen Franken bewilligt. Dieser
Betrag setzt sich aus Aufwendungen von 4,1797 Millionen Franken und Erträgen von 1,3051 Millionen
Franken zusammen.
werden, sofern deren Aufträge insgesamt
nicht mehr als 5 Prozent des gesamten
Bruttoaufwands ausmachen.
5. D
ie Mittel für die Leistungen gemäss Ziff. 2
und 3 werden vom Gemeinderat im Rahmen
des Voranschlags bewilligt.
6.
Der Stadtrat setzt diesen Gemeindebeschluss in Kraft.
Empfehlung
Stadtrat und Gemeinderat empfehlen Annahme
der Vorlage.
Der Gemeinderat stimmte am 5. Oktober 2016 mit
69:49 Stimmen zu.
Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
13.3.17 09:39
Minderheitsmeinung der SVP-Fraktion
Minderheitsmeinung der AL-Fraktion
Die SIP ist eine «formelle Sicherheitsorganisation», die dem Sozialdepartement
unterstellt ist und den erklärten Anspruch hat, ein Sicherheitsdienst zu sein. Die
Realität sieht aber anders aus.
Erlaubt ist, was den Stadtrat nicht stört!
Ordnungsdienstliche Aufgaben bestehen nicht nur darin, unverbindlich um
Ruhe und Ordnung zu bitten, sondern dies auch konsequent durchzusetzen.
Gerade aber bei der Durchsetzung kommt die SIP nicht zum Einsatz. Wird einer
Aufforderung der SIP nicht Folge geleistet, bleibt dies für die Betroffenen folgenlos.
Anhand eines Beispiels wird dies deutlich: Wenn ein paar Jugendliche auf einem Schulplatz übermässig viel Lärm verursachen, wird in der Regel zuerst die
SIP aufgeboten. Diese bittet um Ruhe. Wird dieser höflichen Bitte aber nicht
nachgekommen, folgt keine Wegweisung oder ein Platzverweis, was von einem
Sicherheitsdienst erwartet werden kann. Als Folge davon muss für die Durchsetzung von Ruhe und Ordnung extra die Polizei aufgeboten werden, die eine
Wegweisung durchsetzt.
Der öffentliche Raum ist, im Unterschied zum privaten Raum, ein Ort, welcher
allen offensteht. Im öffentlichen Raum lernen die Menschen als Gemeinschaft
zu funktionieren. Dieser Raum muss nicht ständig konfliktfrei sein, er muss von
SozialarbeiterInnen und Polizei nicht «zurechtgemacht» werden.
Kommunizierte Repression
Die Mitarbeitenden der sip züri patrouillieren in ihren blauen Uniformen durch
die Stadt und erinnern nicht nur optisch an die Stadtpolizei. Durch Kommuni­
kation wird versucht, eine Verhaltensänderung herbeizuführen – sollte diese
sanfte Repression nichts bringen, wird «in kritischen Situationen die Stadtpolizei beigezogen». Die sip züri schreitet ein, wenn sich Anwohnende durch das
Verhalten von Drogenkonsumierenden belästigt fühlen, wenn zwei sich laut
streiten oder auch mal, wenn Hunde nicht angeleint sind. Laut dem Betriebs­
leiter der sip züri übernimmt die sip die soziale Kontrolle im öffentlichen Raum.
Die eingesetzten Methoden der sip bezeichnet er in einer Präsentation im
­November 2012 als «kommunizierte Repression».
Die Behauptungen, die SIP habe keine rechtliche Handhabung, um Wegweisungen auszusprechen, weist die SVP entschlossen zurück. Es steht der Stadt
­Zürich jederzeit frei, der SIP das Recht und die Befugnis nach ZGB Art. 926 zu
übertragen. Dies, um auf den einzelnen städtischen Arealen wie Schulen,
Sportplätzen etc. Wegweisungen und Hausverbote aussprechen und durchsetzen zu können. Aus politischen Gründen wird jedoch auf eine Erteilung einer
solchen Befugnis an die SIP verzichtet.
1990, zur Zeit der offenen Drogenszene, sind Angebote wie die Notschlafstelle
und die Kontakt- und Anlaufstellen für Drogenkonsumierende entstanden. Auf
den damaligen Gemeindebeschluss zur Überlebenshilfe stützte sich der Stadtrat – reichlich gewagt – als Rechtsgrundlage für die im Jahr 2000 eingeführte
Verhaltenspolizei, die sip züri.
Deshalb ist die SIP kein eigentlicher Sicherheitsdienst, sondern vielmehr eine
mobile Sozialarbeit. Und für eine mobile Sozialarbeit ist die SVP nicht bereit,
jährlich 4 Millionen Franken auszugeben.
Fass ohne Boden
Über die Jahre hinweg ist die sip züri ständig weiter ausgebaut worden. Sie
startete mit 6,4 Stellenwerten und einem Budget von 1 267 000 Franken und ist
heute bei 33,9 Stellenwerten angekommen, mit einem Budget von 4 179 700
Franken.
Ein ähnliches Bild zeigt sich anhand eines Beispiels im Zusammenhang mit
dem Präsenzauftrag der SIP vor Kontakt- und Anlaufstellen für Süchtige. Stellt
die SIP eine Straftat fest, macht sie nicht von der Möglichkeit des vorläufigen
Festnahmerechts nach Art. 218 der Strafprozessordnung (StPO) Gebrauch,
um die Täterin oder den Täter anschliessend der Polizei zu übergeben. Die SIP
verzichtet bei Straftaten explizit auf diese Möglichkeit. Auch hier wird wieder
eine Ressourcenverschwendung deutlich.
Für die Durchführung von gewaltlosen Konfliktlösungen im öffentlichen Raum,
und dazu gehören nach Auffassung der SVP auch die Durchsetzung von Wegweisungen und das Aussprechen von Platz- und Hausverboten, sind die SIPMitarbeitenden besonders psychologisch und sozial geschult. Genau hier sollte
der Mehrwert der SIP gegenüber der Polizei liegen. Da dieses Potential mangels Kompetenzen nicht ausgeschöpft werden kann, ist dies nicht der Fall. Zudem ist die SIP im Einsatz genauso teuer wie die Polizei.
Da die Kernkompetenzen der SIP-Mitarbeitenden aus politischen Gründen
nicht vollumfänglich zum Einsatz kommen und ungenügend sind, lehnt die SVP
die Weisung zu den neuen rechtlichen Grundlagen für die SIP ab.
Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 11
Der sip-Auftrag wurde so offen formuliert, dass fast schrankenlos ständig neue
Aufgaben hinzukommen können. Anfänglich standen Drogen- und Alkoholkonsumierende, aber auch Punks im Fokus. Später waren betrunkene Jugendliche
ein Problem, 2008 das öffentlich sichtbare Rotlichtmilieu, 2014 Asylsuchende
im Zentrum Juch. Die heutigen Störfaktoren seien hauptsächlich Drogenkonsumierende, sozial Marginalisierte, Jugendliche und PartygängerInnen. Aber damit nicht genug: sip züri beaufsichtigte die Allmend Brunau und die Limmat­
auen Werdhölzli und übernimmt Sicherheitsaufträge für andere Gemeinden wie
Wädenswil, Dietikon oder Kloten.
Da die Stadtregierung die finanziellen Mittel der sip züri, entgegen den Bemühungen der AL, nicht begrenzen will, kann das Budget der sip züri jederzeit mit
einem Beschluss, der nicht referendumsfähig ist, erhöht werden. Ein Fass ohne
Boden!
Paternalistische Verhaltenspolizei
Aus Sicht der AL hat soziale Arbeit nichts mit Ordnungsdienst zu tun. Der Gemeindebeschluss aus dem Jahr 1990 ermöglicht weiterhin wichtige Angebote
wie die Kältepatrouillen der sip züri. Für einen öffentlichen Raum, der partizi­
pativ, demokratisch und inklusiv ist, braucht es aber keine paternalistische Verhaltenspolizei.
11
13.3.17 09:39
Abstimmungsvorlage 3
Neubau Schulanlage Pfingstweid, Escher-Wyss-Quartier,
Objektkredit von 29,4387 Millionen Franken
Die Klassenzimmer und Aufenthaltsräume der Schulanlage Pfingstweid sind auf den ruhigen Park ausgerichtet. Die Aussenanlage mit Pausenbereich und Allwetter­
platz verbindet die Schulanlage direkt mit dem Park.
(Visualisierung: Baumann Roserens Architekten, Zürich)
Das Wichtigste in Kürze
Im Industriequartier Zürich-West (Kreis 5) soll auf
dem Areal zwischen Pfingstweidpark und Pfingstweidstrasse bis 2019 eine neue Schulanlage für
die Primarstufe mit Sporthalle, Betreuungsräumen,
Mehrzwecksaal und Bibliothek entstehen. Der Bau
eines Primarschulhauses für neun Klassen ist notwendig, da Zürich-West zu den am stärksten wachsenden Stadtteilen Zürichs gehört. Mit der Fertigstellung verschiedener Wohnbauten wird die Zahl
der Einwohnerinnen und Einwohner und damit
auch die der Kinder im Quartier weiter steigen. Bis
2023/2024 ist dort mit einer Zunahme der Anzahl
Schülerinnen und Schüler um 46% zu rechnen.
I. Ausgangslage
Das frühere Industriequartier im Umkreis von EscherWyss-Platz und Hardturm im Kreis 5 hat sich in
den letzten beiden Jahrzehnten verändert wie kaum
ein anderes Gebiet in Zürich. Seit dem Rückgang
von Industriearbeitsplätzen werden auf den Gross­
arealen bestehende Bauten umgenutzt oder neue
Gebäude errichtet. Neben Geschäftshäusern,
Bildungsinstitu­
tionen, Hotels und Restaurants,
Thea­tern, Kinos und Läden sind auch Wohnsiedlungen entstanden. Parallel dazu hat sich die Zahl der
Bewohnerinnen und Bewohner im westlichen Teil
des Kreises 5 innert der letzten 20 Jahre von 1600
auf 5400 mehr als verdreifacht. Dementsprechend
12
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 12
Deshalb ist die Stadt auf neue Schulräume im
Quartier angewiesen.
Das riegelförmige Schulhaus wird aufgrund seiner
Positionierung und seiner Abwendung von der
Pfingstweidstrasse vor den Immissionen des Verkehrs geschützt sein. Gleichzeitig werden wertvolle
Bezüge zwischen Park und Schule geschaffen. So
sind sämtliche Schulzimmer auf den Park aus­
gerichtet, und auch der Aussenbereich der Schule
grenzt direkt an diesen an.
Abstimmungsfrage
Auf Ihrem Stimmzettel werden Sie gefragt:
Wollen Sie die folgende Vorlage annehmen?
Neubau Schulanlage Pfingstweid, Escher-WyssQuartier, Objektkredit von 29,4387 Millionen
Franken
Empfehlung
Die Kosten für das Bauvorhaben inklusive Reserven
betragen 29,4387 Millionen Franken. Der entsprechende Objektkredit ist Gegenstand dieser Abstimmungsvorlage.
benötigt Zürich-West auch mehr Schulraum, denn
bis 2023/2024 soll die Anzahl Schülerinnen und
Schüler um 46% steigen. Aus diesem Grund möchte
die Stadt auf dem Pfingstweidareal eine Primarschulanlage für bis zu neun Klassen erstellen. 180
Kinder aus dem Einzugsgebiet Zürich-West des
Schulkreises Limmattal sowie 30–40 Lehr- und Betreuungspersonen sollen darin Platz finden. Dazu
kommen eine Einfachsporthalle, Betreuungsräume,
ein Mehrzwecksaal und eine Bibliothek.
Die Schulanlage ist für das nordöstliche Ende des
Pfingstweidareals entlang der Pfingstweidstrasse
vorgesehen. Sie grenzt direkt an den im Herbst 2015
eröffneten Quartierpark an.
Stadtrat und Gemeinderat empfehlen Annahme
der Vorlage.
Schulraumbedarf
Bis vor wenigen Jahren war der westliche Teil des
­Industriequartiers mit wenigen Ausnahmen noch kein
Wohnquartier, sondern vor allem ein Industrie- und
Gewerbegebiet. Entsprechend gering war der Bedarf
an Schulraum. Dies hat sich als Folge der Wohnbautätigkeit in Zürich-West und des dadurch entstehenden
Zuzugs von Familien mit Kindern geändert. Mit dem
Abschluss verschiedener Bauvorhaben im EscherWyss-Quartier wird die Bevölkerungszahl und damit
auch die Zahl der Kinder weiter steigen. Dies hat Auswirkungen auf den Schulraumbedarf im Quartier.
Heute gehen die Kinder in Zürich-West im Schulhaus
Am Wasser respektive im Pavillon auf dem Areal
Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
13.3.17 09:39
Du
ttw
eile
rstr
ass
e
Tur
bin
Pfing
idstra
enp
latz
sse
Pfing
stwe
idpark
Ha
rdb
rüc
ke
Duttw
eiler
brücke
stwe
Die Schulanlage bettet sich ins rasch wachsende Escher-Wyss-Quartier ein und grenzt direkt an den Pfingstweidpark an. Die Gebäudekonzeption und die Grundrisse
tragen zudem der Nähe zur stark befahrenen Pfingstweidstrasse Rechnung.
(Situationsplan: Baumann Roserens Architekten, Zürich)
Bah
nho
Schütze zur Schule. Ab 2019 wäre dann mit dem
bereits von den Stimmberechtigten bewilligten Schulhaus Schütze und der Schulanlage Pfingstweid, die
Gegenstand dieser Abstimmungsvorlage ist, genügend Schulraum für alle Schülerinnen und Schüler im
Quartier vorhanden. In der Schulanlage Pfingstweid
sollen die Kinder zur Schule gehen, die im Einzugs­
gebiet Zürich-West des Schulkreises Limmattal wohnen. Dieses umfasst den Bereich zwischen der Hardbrücke und dem ehemaligen Stadion Hardturm sowie
nördlich der Bahngleise bis zur Limmat. Langfristig ist
im Kreis 5 in den vier Schulanlagen Limmat, Kornhaus, Schütze und Pfingstweid mit einem Schulraumbedarf von rund 30 Primarklassen und 16 Kindergärten zu rechnen. Darin enthalten sind zwei
­zusätzliche Klassen, von denen im Fall einer Realisierung des Stadions Hardturm und damit auch der
Wohnsiedlung auszugehen ist. Diese zusätzlichen
Klassen könnten ebenfalls in der Schulanlage Pfingstweid untergebracht werden.
0
10 20 30 40 50
schen Aussenraums mit dem grosszügigen Quartierpark.
Durch die Platzierung und die Form des Gebäudes
sowie die Organisation der Räume kann auf die besondere Situation zwischen der stark befahrenen
Strasse und dem Park reagiert werden. So werden
die Räume mit einer geringen Lärmempfindlichkeit
(Korridorzonen) strassenseitig und die lärmempfind­
liche Räume (Klassenzimmer und Gruppenräume)
park­seitig angeordnet. Zwischen Park und Schulgebäude kommt die Aussenanlage mit Pausenbereich
f Ha
rdb
rüc
ke
und Allwetterplatz zu liegen, die mit dem Park als
zusammenhängender Raum konzipiert ist. Gleichzeitig besteht eine genügende Trennung für die notwendige Überschaubarkeit des Schulbetriebs auf den
Aussenlagen.
Unter- und Erdgeschoss des dreistöckigen Gebäudes werden aufgrund des hohen Grundwasser­
spiegels in massiver Betonbauweise erstellt. Für die
Obergeschosse wird hingegen eine leichte Konstruktion aus Holz gewählt. Statisch wäre es möglich,
später bei Bedarf ein weiteres Geschoss aufzubauen.
II. Bauprojekt und Umsetzung
Als Standort für die Schulanlage Pfingstweid ist das
6500m2 grosse Teilgrundstück am nordöstlichen
Ende des Pfingstweidareals zwischen der Pfingstweidstrasse, dem Gleisbogen und der Überbauung
«City-West» vorgesehen. Dem Standortentscheid
gingen in den Jahren 2004 bis 2009 umfangreiche
Prüfungen städtischer und privater Grundstücke in
Bezug auf ihre Erreichbarkeit, Qualität und Grösse,
Wirtschaftlichkeit und ihren Beitrag zur Quartierentwicklung voraus. Das Pfingstweidareal hat sich dabei als bestmöglicher Standort erwiesen, gerade
auch im Hinblick auf die Kombination des schuliGemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 13
Die Laubengänge der Schulanlage verlaufen entlang der südseitigen Fassade zum Pfingstweidpark. Sie bilden
einen natürlichen Sonnenschutz.
(Visualisierung: Baumann Roserens Architekten, Zürich)
13
13.3.17 09:39
Die Fassade wird strassen- und stirnseitig mit einem
Metallblech und Metalllamellen verkleidet. Die süd­
seitige Fassade öffnet sich über einen Laubengang
mit Sonnenstoren zum Park hin. Der Laubengang
trägt zur Verschattung der Fassade bei und erleichtert deren Reinigung und Unterhalt. Im Inneren ist das
Treppenhaus in Sichtbeton gehalten, in den Schulzimmern werden die Möbeleinbauten und die Unterzüge in Holz ausgeführt.
Die Schulanlage Pfingstweid ist als wirtschaftlich vorbildliches Projekt geplant worden, das niedrige Erstellungskosten und einen kostengünstigen Betrieb und
Unterhalt über den ganzen Lebenszyklus verspricht.
Der Schulhaus-Neubau entspricht den städtischen
Anforderungen an das umwelt- und energiegerechte
Bauen. Dank der effizienten Energieerzeugung, der
sehr gut gedämmten Gebäudehülle sowie der ge­
ringen Erstellungsenergie erfüllt das Schulhaus die
Anforderungen der 2000-Watt-Gesellschaft. Wärmepumpen dienen der Deckung des Wärme- und Kältebedarfs, und eine CO2-gesteuerte Lüftungs­anlage
versorgt alle Räume mit vorschriftsgemäss gefilterter
und gegebenenfalls temperierter Aussenluft.
Die Schule Pfingstweid ist als Tagesschule konzipiert.
Für die Betreuung der Schülerinnen und Schüler über
Mittag mit Mittagessen werden rund 180 Betreuungsplätze angeboten. Dafür ist ein grosser Aufenthalts- und Verpflegungsraum vorgesehen. Auch weitere Räume wie Mehrzwecksaal oder Sporthalle
können für die Betreuung genutzt werden.
Termine
Bei einer Zustimmung der Stimmberechtigten zu dieser Vorlage würde voraussichtlich Mitte 2017 mit dem
Bau begonnen werden. Die Inbetriebnahme ist auf
Sommer 2019 vorgesehen. Der Pfingstweidpark
bleibt der Öffentlichkeit während der gesamten Bauzeit zugänglich.
III. Kosten
Baukosten
Für den Bau der Schulanlage ergibt sich gesamthaft
ein Objektkredit von 29,4387 Millionen Franken, der
sich wie folgt zusammensetzt:
Franken
Raumprogramm und Betrieb
Das Projekt sieht eine kompakte und flexible Organisation des Raumprogramms vor, da aufgrund der schwierig vorhersehbaren Entwicklung der Kinderzahlen in
Zürich-West eine gewisse Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in der Gebäudekonzeption notwendig ist.
Das Raumprogramm der Schule Pfingstweid umfasst
1,5 Klassenzüge (neun Klassen), die auf drei Nutzungseinheiten (Cluster) aufgeteilt werden. Eine Nutzungseinheit besteht jeweils aus drei Klassenzimmern,
zwei Gruppenräumen und einem Aufenthaltsraum, der
auch als dritter Gruppenraum genutzt werden kann.
Zusätzlich sind eine Sporthalle, Handarbeits- und
Werkräume, ein Zimmer für den musi­kalischen Unterricht sowie ein Mehrzweckraum/Singsaal und eine
Bibliothek geplant.
Grundstück
310 000
Vorbereitungsarbeiten
870 000
Gebäude
18 940 000
Betriebseinrichtung
560 000
Umgebung
2 780 000
Baunebenkosten
1 520 000
Ausstattung
1 778 700
Zwischentotal Erstellungskosten
26 758 700
Reserven für Berechnungs­
ungenauigkeiten (5%) und
­Unvorhergesehenes (5%)
Total Kredit
2 680 000
29 438 700
Sparmassnahmen
Gemäss dem im August 2015 verabschiedeten
­Programm «Kosten- und Flächenreduktion» müssen
bei Schulhaus-Neubauten die Kosten um 10 Prozent
gesenkt werden, hauptsächlich durch eine Flächenreduktion um 15 Prozent. Obwohl die Projektierung
der Schulanlage Pfingstweid noch vor Abschluss
des städträtlichen Projekts «Baukosten Hochbau
überprüfen» erfolgte, wurden die Kosten und der
Flächenkonsumbedarf in der Projektierungsphase in
enger Zusammenarbeit mit dem Schul- und Sportdepartement optimiert und überarbeitet. Da die
Wettbewerbe für den Park und die Schulanlage zusammen ausgerichtet wurden, konnten Synergien in
der Planung genutzt werden. Aufgrund der aus dem
Wettbewerb hervorgegangenen begrenzten Kubatur
der Schulanlage kann das Raumprogramm sehr
kompakt und damit kostengünstiger umgesetzt
werden.
IV. Folgekosten
Die jährlichen Folgekosten des Neubaus betragen
4,28 Millionen Franken und setzen sich wie folgt zusammen:
–Kapitalfolgekosten von 2,95 Millionen Franken
(10 Prozent der Nettoinvestition);
–Betriebliche Folgekosten für Unterhalt, Erneuerungsunterhalt, Reinigung und Hauswartung von
590 000 Franken (2 Prozent der Nettoinvestition);
–Folgekosten für die Betreuung von 1,08 Millionen
Franken (davon 960 000 Franken Personalkosten
und 120 000 Franken Sachaufwand). Davon werden 340 000 Franken durch Elternbeiträge finanziert werden.
Antrag
Folgender Antrag wird den Stimmberechtigten zum
Entscheid unterbreitet:
Für den Neubau der Schulanlage Pfingstweid,
Escher-Wyss-Quartier, wird ein Objektkredit
von 29,4387 Millionen Franken bewilligt. Die
Kreditsumme erhöht oder vermindert sich
entsprechend der Änderung des Baukosten­
­
indexes zwischen der Aufstellung des Kostenvoranschlags (1. April 2015) und der Bauausführung.
Empfehlung
Stadtrat und Gemeinderat empfehlen Annahme
der Vorlage.
Der Gemeinderat stimmte am 5. Oktober 2016 mit
119:0 Stimmen zu.
Über Mittag werden in der Schulanlage rund 180 Betreuungsplätze angeboten. Dank einer mobilen Trennwand
zwischen dem Verpflegungsraum und dem Mehrzweckraum steht bei Bedarf ein grosser Raum zur Verfügung,
der für ­Veranstaltungen aller Art genutzt werden kann.(Visualisierung: Baumann Roserens Architekten, Zürich)
Informationen
Weitere Informationen und Aktenauflage im Stadthaus, Stadthausquai 17, 8001 Zürich,
­Stadtbüro, Erdgeschoss (Schalter 01–03).
Öffnungszeiten: Mo–Fr 8.00–18.00, Sa 8.00–12.00 Uhr
Blinde, seh- oder lesebehinderte Stimmberechtigte können die Abstimmungszeitung als DAISY-­Hörzeitschrift
abonnieren: Tel. 044 412 30 69.
14
A161064_Abstimmungszeitung_1-2017_S3_NEU.indd 14
Gemeindeabstimmung vom 12. Februar 2017
13.3.17 09:39