Allgemeiner Anzeiger extra DAS WOCHENBLATT FÜR THÜRINGEN REISE · FREIZEIT · WISSEN 3. Jahrgang · 7. Ausgabe · 17. Februar 2017 · www.meinanzeiger.de REISE: Currys und koschere Bagel – Touristen gehen im Londoner East End auf Schlemmertour SEITE 3 WISSEN: Riech mal, wer da frisst – Pflanzen können erkennen, wer an ihnen knabbert und fordern mit Düften Hilfe an SEITE 8 Bitte beachten Sie unser Magazin im Innenteil dieser Ausgabe Acht Arme, drei Köpfe Erzieherinnen wünschen sich besseren Betreuungsschlüssel, statt beitragsfreien letzten Kita-Jahres – das würde Kindern und Eltern helfen Von Axel Heyder Saxofonist Peter Ehwald kommt mit seiner Formation „Double Troble“ nach Ilmenau. Foto: Nicole Müller Mit Saxofon, Piano und Bass-Ukulele Im April steigen 44. Jazztage in Ilmenau Vier Tage lang dreht sich in Ilmenau im April alles um den Jazz. Der Jazzclub lädt ein, vom 20. bis 23. April Neues zu entdecken, Nachdenkliches und Humorvolles, Explosives und Stilles. Es gibt viel zu hören, zu staunen und auch zu tanzen zu den 44. Jazztagen Ilmenau. Den Auftakt am Donnerstag, 20. April, gibt in der Jakobuskirche das Trio „Benares“, das indische klassische Musik und Jazz verbindet. Am gleichen Abend verzaubert in der Goethepassage das Trio „Oléum Camino“ aus Frankreich mit einem Sound zwischen schönen Melodien und hypnotischem Groove. Mit jungem, zeitgenössischen Jazz aus Rostock bringt das Philipp Rücker Quartett am 21. April das Publikum im Helmholtz-Hörsaal der TU Ilmenau zum Schwingen. Das Duo „Frustice“ spielt an diesem Abend in der Baracke 5. Der Name Frustice, den sich Saxofonist Jan Klare und Drumer Alex Schwers gaben, bedeutet Substrat und Reduktion: Frust, Justiz und ICE. Am Samstag, 22. April, tritt im Helmholtz-Hörsaal der TU Ilmenau das DavidHelbock-Trio in Aktion. Begleitet von Bass-Ukulele und Schlagzeug überrascht der Klavier-Virtuose Helbock mit ungewöhnlichen Klängen, wenn er die Klaviersaiten manipuliert. Ungewöhnlich besetzt ist auch die zweite Band des Abends: „Double Trouble“ von Saxofonist Peter Ehwald. Er setzt auf die strukturgebende Kraft des Zusammenspiels zweier Kontrabässe und eines Schlagzeugs. Das Ergebnis? Anders, frei von den Routinen der Konvention und dabei nicht weniger musikalisch. Acht Arme alleine würden Clara* nicht weiter helfen. Denn sie bräuchte noch wenigstens drei Köpfe dazu. Hier läuft eine Nase, ein anderer ist hingefallen, hat sich weh getan und braucht Trost. Ein kleines Mädchen will nur mal schnell was zeigen und der nächste sucht etwas. Bei einer Mutter von Sechslingen würde jeder fragen: Wow, die Arme, wie soll sie das alles gleichzeitig schaffen? Bei Thüringer Kindergärtnerinnen ist es gelebter Alltag, ihr Berufsleben lang. Der ganz normale Wahnsinn beginnt in der Frühdienstwoche gegen 4 Uhr, wenn der Wecker klingelt. Der Kindergarten öffnet 5.30 Uhr, da kann Clara nicht erst eine Minute davor die Tür aufschließen. Wenn die ersten Eltern ihre Kinder bringen, soll alles vorbereitet sein. Dass sie ihre Arbeit nicht so machen kann, wie sie es gern möchte, hat vor allem damit zu tun, dass Thüringen bei der Kinderbetreuung einen im Bundesvergleich schlechten Betreuungsschlüssel hat, wie alle anderen Ostbundesländer auch. Bei Kindern im Alter von einem und zwei Jahren muss sich eine Erzieherin um bis zu sechs von ihnen zeitgleich kümmern. Das klingt im ersten Moment machbar. Nicht aber, wenn man genauer hinschaut. „Allein, wenn eines der Kinder in die Hosen macht, wird es schon schwierig, die anderen im Auge zu behalten. Wir haben ja die Pflicht zur Aufsicht.“ Den Ausklang der 44. Ilmenauer Jazztage am 23. April gestaltet eine Band, die in diesem Jahr ihren 44. Geburtstag feiert: „Pro Art“. Zum JazzBrunch im Bahnhof Manebach erwartet Gäste ein Feuerwerk aus Funk, Blues und Jazz, Ähnlich beim Essen, je das von einer achtköpfigen Mannschaft angezündet wird. nach Alter muss manches Kind eben noch gefüttert werden. Doch was machen die anderen fünf in dieser Zeit? INFORMATION „Wir stellen vor allem sicher, www.meinAnzeiger.de dass der Ablauf funktioniert. www.jazzclub-ilmenau.de Aber Kinderbetreuung bedeutet viel mehr als das. Die Kleinen benötigen Liebe und Zuwendung, sie bauen Bindungen auf, brauchen Vertrauen, das geht nicht im Vorbeiflug“, sagt Clara. In Thüringer Kindereinrichtungen fehle den Erzieherinnen oft die Zeit, sich individuell und intensiv mit einem Kind zu beschäftigen, beklagt eine Erziehein und erzählt aus ihrem Arbeitsalltag. Foto: Heyder In Claras Einrichtung arbeiten weniger als 30 Erzieher für rund 180 Kinder, derzeit sind neun Kollegen wegen Urlaubs und Krankheit nicht da. Eine organisatorische Meisterleistung für die Leiterin, die ihre Kräfte von Gruppe zu Gruppe verschiebt und immer wieder selbst einspringen muss. Manchmal werden Kinder auf andere Gruppen aufgeteilt, was Stress für die Kleinen bedeutet. „Schlimmstenfalls bitten wir die Eltern, ihre Kinder später zu bringen oder eher abzuholen“, was keinesfalls ein Lösung des Problems ist. Der Betreuungsschlüssel ist dazu an nur neun Stunden täglich ausgerichtet. Vor Ort sind aber – mit Vor- und Nachbereitung – Erzieher in drei Schichten rund zwölf Stunden in der Einrichtung. Dazu kommt, dass von 27 Kolleginnen nur eine Vollzeit angestellt ist, was üblich ist in dem Beruf. Arbeitsverhältnisse zwischen 20 und 34 Wochenstunden sind die Regel, nicht die Ausnahme. „Ich genieße die wenigen Momente, in denen mal nur vier bis fünf Kinder da sind. Erst dann komme ich dazu, ein Kind länger als zwei bis drei Minuten auf den Schoß zu nehmen und mich individuell und intensiv mit ihm zu beschäftigen, etwa ein Buch mit ihm anzuschauen“, erzählt die 44-Jährige. „Wie soll ich sonst überprüfen können, was in meinem Berufsbild verankert ist: Nämlich, dass ich den Entwicklungsstand des Kindes beurteilen muss.“ Und das ist keine rein freiwillige Aufgabe, denn sie muss Entwicklungsbögen ausfüllen. Noch komplizierter wird es, wenn ein Kind hinzukommt, das eigentlich Förderbedarf hat. „Hier wäre eine Einszu-Eins-Betreuung vonnöten, aber bis in diesem Fall alles geklärt ist, dauert es viel zu lange. In dieser Zeit übernehmen wir das natürlich mit.“ Ebenso, so schildert sie, sei das der Fall, wenn ein Kind zur Eingewöhnung komme. „Eingewöhnung braucht Zeit und Zuwendung. Das Kind ist das erste Mal im Leben mit fremden Menschen in einer neuen Umgebung. Das kann man nicht nebenbei laufen lassen.“ All das sind Situationen, in denen es keine Pufferzone gibt, bei einem Betreuungsschlüssel, der im Thüringendurchschnitt bei 1:5 liegt, für Kinder unter zwei Jahren. Noch schlechter sieht es nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung nur in den anderen östlichen Bundesländern aus. In Baden-Württemberg indes würden die Eltern Sturm laufen. Dort gönnt man sich einen Schlüssel von weniger als 1: 3. Bedingungen, von denen Thüringer Erzieherinnen nur träumen können. Die Kosten, die für die Einführung eines beitragsfreien letzten Kindergartenjahres aufgewendet werden, würde nach Meinung vieler Erzieher sinnvoller in die Verbesserung des Betreuungsschlüssels gesteckt. So wäre Kindern, Eltern und Erziehern geholfen. Dann könnten sie viel öfter zeigen, was sie wirklich können, wozu aber oft die Zeit fehlt. Das aber, war nun mal kein Wahlversprechen. * Name von der Redaktion geändert. Test mit Rasenrobotern Leitdraht zunächst probeweise auslegen Das Philipp Rücker Quartett ist junger, zeitgenössischer Jazz aus Rostock. Im Foto nicht zu sehen: der vierte Mann am Keybord. Bitte beachten Sie unser wöchentliches -Prospekt in der Freitagsausgabe des Allgeemeiner Anzeiger extra REISE · FREIZEIT · WISSEN Selbstständig mähende Rasenroboter finden ihren Weg über das Grundstück mit Hilfe von Drähten, die zur Begrenzung des Mähbereichs gelegt werden. Hobbygärtner, die den Draht selbst verlegen, sollten die Ausrichtung zunächst versuchsweise vornehmen. Dazu rät die Zeitschrift „Selbst ist der Mann“ (Ausgabe März 2017) nach einem Test von zehn Geräten in Zusammenarbeit mit dem Tüv Rheinland. Bei den ersten Mähversuchen zeigt sich dann, ob an Ecken oder Engstellen nachgebessert werden muss. Auch komme es schon mal zu Verlegefehlern wie überkreuzten Drähten etwa an den Randbereichen von Bäumen inmitten der Rasenfläche. Wichtig ist die Platzierung der Ladestation. Der Expertenrat: Eine Skizze vom Grundstück kann beim Installieren helfen. Festlegen müssen Besitzer von geteilten Rasenflächen oder verwinkelten Grundstücken auch, ob mehrere getrennte Mähbereiche abgesteckt werden und wie der Mähroboter die Felder erreicht. Nach einigen Wochen sollte der Draht möglichst bündig zur Grasnarbe fest verankert werden. Dann kann er einwachsen. Alternativ kann ihn ein Fachbetrieb einen Zentimeter tief im Boden versenken, was ihn vor Schäden durch den Vertikutierer schützt. Richtig ans Grundstück angepasst, mähten die Rasenroboter im Test weitgehend störungsfrei und brauchten nur wenig Eingriffe. Unterschiede stellten die Tester aber bei den Schnittarten fest: Kleine Pendelklingen lassen sich bei Beschädigung durch Metallteile auf dem Rasen schnell und günstig ersetzen. Feste Mähbalken sind zwar weniger empfindlich, der Austausch ist aber teurer und aufwendiger. Beide Systeme unterschieden sich aber nicht „sehr deutlich“ bei der Schnittqualität. Zu den Testsiegern gehören das Modell Miimo HRM 310 von Honda, MI 422 P von Viking und Automower 315 von Husqvarna. (dpa) Zehn Rasenroboter hat die Zeitschrift „Selbst ist der Mann“ gemeinsam mit dem Tüv Rheinland getestet (Ausgabe März 2017). Foto: Selbst ist der Mann / dpa-tmn
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